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Vorwort: |
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In dem Folgenden will ich eine Auswahl der philosophischen
Bemerkungen veröffentlichen, die ich im Laufe der letzten neun Jahre
niedergeschrieben habe.
Sie betreffen viele der Gebiete der philosophischen
Spekulation: den Begriff der Bedeutung, des Verstehens, des Satzes,
der Logik, die Grundlagen der Mathematik, die Sinnesdaten,
den Gegensatz zwi⌊s⌋chen Idealismus und Realismus, und
anderes.
Ich habe alle
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Vor etwa 4 Jahren machte ich den ersten Versuch zu so
einer Zusammenfassung.
Das Ergebnis war ein unbefriedigendes, und ich machte weitere
Versuche.
Bis ich endlich (einige Jahre später) zur Überzeugung gelangte,
dass es vergebens sei; und ich alle solche
Versuche aufzugeben hätte.
Es zeigte sich mir, dass das
[b|B]este, was ich schreiben konnte, immer nur philosophische
Bemerkungen bleiben würden; dass meine Gedanken
bald erlahmten, wenn ich versuchte, sie, gegen ihre natürliche
Neigung, einem Gleise entlang II weiterzuzwingen // in
einer Richtung
weiterzuzwingen // .
Dies hing allerdings auch mit der Natur des Gegenstands selbst
zusammen.
Dieser Gegenstand zwingt uns, das Gedankengebiet kreuz und
quer, nach allen Richtungen hin ˇzu durchreisen(;dass die Gedanken ˇin
ihm in einem verwickelten Netz von Beziehungen zueinander
stehen). // |
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Ich beginne diese Veröffentlichung mit dem Fragment meines letzten
Versuchs, meine philosophischen Gedanken in eine Reihe zu ordnen.
Dies Fragment hat vielleicht den Vorzug,
verhältnismässig leicht einen Begriff von meiner
Methode vermitteln zu können.
Diesem Fragment will ich eine Masse von Bemerkungen in mehr oder
weniger loser Anordnung folgen lassen.
Die Zusammenhänge der Bemerkungen aber, dort, wo ihre Anordnung sie
nicht erkennen lässt, will ich durch eine
Numerierung erklären.
Jede Bemerkung soll eine laufende Nummer und
ausserdem die Nummern solcher Bemerkungen
tragen, die zu ihr in wichtigen Beziehungen stehen. |
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Ich wollte, alle diese Bemerkungen wären besser, als sie sind. –
Es fehlt ihnen – um es kurz zu sagen – an Kraft und an
Präzision.
Ich veröffentliche diejenigen hier, die mir nicht zu öde
erscheinen. |
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Ich hatte, bis vor kurzem, den Gedanken an ihre Veröffentlichung zu
meinen Lebzeiten eigentlich aufgegeben.
Er wurde aber wieder rege gemacht, und zwar wohl hauptsächlich
dadurch, dass ich erfahren
musste, dass die Resultate meiner
Arbeit, die ich in Vorlesungen und Diskussionen mündlich weitergegeben
hatte, vielfach missverstanden, mehr oder
weniger verwässert, oder verstümmelt im Umlauf waren. –
Hierdurch wurde meine Eitelkeit aufgeregt und sie drohte mir immer
wieder die Ruhe zu rauben, wenn ich die Sache III nicht (wenigstens für
mich) durch eine Publikation erledigte.
Und dies schien auch in anderer Beziehung das Wünschenswerteste.
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Aus verschiedenen Gründen wird, was ich hier
veröffentliche, sich mit dem berühren, was Andere heute
schreiben.
Tragen meine Bemerkungen keinen Stempel an sich, der sie als die meinen
kennzeichnet, – so will ich sie auch weiter nicht als mein Eigentum
beanspruchen. |
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Ich habe, seit ich vor 10 Jahren wieder mich mit Philosophie zu
beschäftigen anfing, schwere Irrtümer in dem einsehen
müssen, was ich seinerzeit in der
‘Logisch-Philosophischen
Abhandlung’ niedergelegt hatte.
Diese Irrtümer einzusehen, dazu hat mir – in einem
Masse, dass ich kaum selbst zu beurteilen
vermag – die Kritik geholfen, die meine Ideen durch
Frank Ramsey erfahren
haben: mit welchem ich sie, während der zwei letzten Jahre seines
Lebens, in zahllosen Diskussionen erörtert habe. –
Mehr noch als dieser, stets kraftvollen und sichern, Kritik verdanke
ich derjenigen, die ein Lehrer der Nationalökonomie dieser
Universität, Herr P. Sraffa,
unablässig an meinen Gedanken geüubt hat.
Diesem Ansporn schulde ich die folgereichsten der hier
mitgeteilten Gedanken. |
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Ich übergebe sie nicht ohne zweifelhafte Gefühle der
Öffentlichkeit.
Ich wage nicht, zu hoffen, dass es dieser
dürftigen Arbeit – in unserm dunkeln Zeitalter – beschieden
sein könnte, Licht in das eine oder andere Gehirn zu werfen.
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Ich möchte nicht mit meiner Schrift Andern das Denken IV ersparen; sondern, wenn es möglich wäre,
jemand zu eigenen Gedanken anregen. |
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Cambridge, im August
1938. |
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