– 1 –
Bemerkungen
I.


  
10
 
1. 18
     Wenn ich jemandem einen Befehl gebe, so ist es mir ganz genug, ihm Zeichen zu geben. Und ich würde nie sagen: Das sind ja nur Worte, und ich muß hinter die Worte dringen. Ebenso, wenn ich jemand etwas gefragt habe || hätte und er gibt mir eine Antwort (also ein Zeichen), bin ich zufrieden – das war es, was ich erwartete – und wende nicht ein: Das ist ja eine bloße Antwort.

12, 17
  
10
 
2.
19
     Wenn man aber sagt: “Wie soll ich wissen, was er meint, ich sehe ja nur seine Zeichen”, so sage ich: “Wie soll er wissen, was er meint, er hat ja auch nur seine Zeichen”.

  
11
 
3.
23
     “Du hast mit der Hand eine Bewegung gemacht; hast du etwas damit gemeint? – Ich dachte, du meintest, ich solle zu dir kommen.”
     Also er konnte etwas meinen, oder auch nichts meinen. Und wenn das erstere: dann eben seine Handbewegung, – oder etwas Anderes? Hat er mit seinem Ausdruck etwas Anderes, als diesen, gemeint?, || ? oder hat er nur seinen Ausdruck, – gemeint?

  
11
 
4.
24
     Könnte man auch antworten: “Ich habe etwas mit dieser Bewegung gemeint, was ich nur durch diese Bewegung ausdrücken kann”? (Musik, musikalischer Gedanke.) Man lernt die Bedeutung eines Zeichens nicht nur durch Übersetzung; sondern auch, indem man sein Eingreifen in das Leben verstehen lernt. Cf.113/406

(24)
   
5.
     Ein Satz sei mir in einer Chiffre gegeben und auch ihr Schlüssel; dann ist mir natürlich in einer Beziehung alles zum Verständnis des Satzes gegeben. Und doch würde ich auf die Frage “Verstehst du diesen Satz?” antworten: Nein, noch nicht; ich muß ihn erst entziffern. Und erst, wenn ich ihn, z.B., ins Deutsche übertragen hätte, würde ich sagen “Jetzt verstehe ich ihn”.
     Wenn man nun die Frage stellt: || stellt “In welchem Moment der Übertragung verstehe ich nun den Satz?”, würde man einen Einblick in das Wesen dessen erhalten was wir “verstehen” nennen.
– 2 –


   
6.
     Ich sage einen Satz: “Ich sehe einen schwarzen Kreis”; aber auf die besondern Worte kommt es doch nicht an – || aber die Worte sind doch willkürliche Zeichen – setzen wir also statt ihrer || an ihrer Statt diese: “a b c d e”. Aber nun kann ich, wenn ich dies lese, mit ihm nicht ohne Weiteres den obigen Sinn verbinden. – Ich bin nicht gewöhnt, könnte ich sagen, statt “ich” “a” und statt “sehe” “b” zu setzen || sagen etc.. Aber damit meine ich nicht, ich sei nicht gewöhnt, mit “a” sofort das Wort “ich” zu assoziieren, sondern ich bin nicht gewöhnt, “a” an der Stelle von “ich” zu gebrauchen – in der Bedeutung von “ich”.

  
10˙1
 
7.
20
     “Ich sage das nicht nur, ich meine auch etwas damit.” – Wenn man sich überlegt, was dabei in uns vorgeht, wenn wir Worte meinen (und nicht nur sagen), so ist es uns, als wäre dann etwas mit diesen Worten gekuppelt, während sie sonst leerliefen. – Als ob sie gleichsam in uns eingriffen.

(6, 41x 54x 24x 10 11 45 25)
  
10˙1
 
8.
21
     Der Satz, wenn ich ihn verstehe, bekommt für mich Tiefe, – eine neue Dimension || eine weitere Dimension.

  
10˙2
 
9.
55
     “Nachdem er das gesagt hatte, verließ er sie wie am vorigen Tage.” – Verstehe ich diesen Satz? Verstehe ich ihn ebenso, wie ich es täte, wenn ich ihn im Laufe einer Erzählung läse? Steht er isoliert da, so würde ich sagen, ich weiß nicht, wovon er handelt. Ich wüßte aber doch, wie man diesen Satz etwa gebrauchen könnte; ich könnte selbst einen Zusammenhang für ihn erfinden.

(24)
  
24
 
10.
54
     Was heißt es, ein Bild, eine Zeichnung zu verstehen? Auch || auch da gibt es Verstehen und Nichtverstehen. Und auch da können diese Ausdrücke verschiedenerlei bedeuten. Das Bild soll ein Stilleben sein; einen Teil davon aber verstehe ich nicht: ich bin nicht fähig, dort Körper zu sehen, sondern sehe nur Farbflecke auf der Leinwand. – Oder ich sehe
– 3 –
alles körperlich, aber es sind Gegenstände, die ich nicht kenne (sie schauen etwa aus wie Geräte, aber ich kenne ihren Gebrauch nicht.). – Vielleicht aber kenne ich die Gegenstände, verstehe aber – in anderem Sinne – ihre Anordnung nicht.

  
24
 
11.
32
     Chinesische Gebärden verstehen wir so wenig, wie chinesische Sätze.

   
12.
     “Ich sage das nicht nur, ich meine etwas damit.” – Soll man darauf fragen “Was?” ‒ ‒ ‒ dann kommt wieder ein Satz zur Antwort. – Oder kann man nicht so fragen, da der Satz etwa sagte “Ich sage das nicht nur, sondern es bewegt mich auch.”

  
34
 
13.
110
     (Was heißt das:) “Meine Tränen, mein Gesicht, meine Worte, können dir nie mitteilen, wie traurig ich bin”? Was heißt es: ‘das mitteilen’? – “Worte sind eben nur Worte, sie können einen Gedanken nicht mitteilen.”
     Man kann den Geschmack einer Speise durch Worte mitteilen, aber auch dadurch daß man dem Andern von ihr zu kosten gibt. Man könnte es nennen “Mitteilen, was ich fühle || fühle”, wenn man dem Andern einen Zahn ausschlägt. Ist es nun richtig zu sagen: “Nur so kann ich ihm mitteilen, welchen Schmerz ich fühle; nicht durch Worte.” Was ist das Kriterium dafür, daß es eine rechte || eigentliche Mitteilung war?

   
14.
     Ich verstehe dieses Bild genau, ich könnte es plastisch darstellen || in Ton modellieren. – Ich verstehe diese Beschreibung genau, ich könnte eine Zeichnung nach ihr machen || anfertigen.
     Man könnte in vielen Fällen als Kriterium des Verstehens festsetzen, daß man den Sinn des Satzes muß zeichnerisch
– 4 –
darstellen können. (Ich denke etwa an einen offiziell festgelegten Test des Verstehens.) Wie wird man || jemand im Kartenlesen geprüft, im Verstehen einer Landkarte?

   
15.
     Daraus folgt nicht, daß Verstehen die Tätigkeit ist, durch die wir unser Verständnis zeigen || erweisen. Die Frage, ob es diese Tätigkeit ist, ist irreführend || irreleitend. Sie darf || soll nicht so aufgefaßt werden: “Ist also das Verstehen diese Tätigkeit – ist es nicht doch eine andere?” – Sondern so: “Wird ‘Verstehen’ zur Bezeichnung dieser Tätigkeit gebraucht – wird es nicht anders gebraucht?”

  
23
 
16.
33
     Es ist sonderbar: Unser Verstehen einer Geste möchten wir durch ihre Übersetzung in Worte erklären, und das Verstehen von Worten durch eine Übersetzung in Gesten || Übersetzung in eine Geste. (So werden wir hin und her geworfen, wenn wir suchen wollen, wo das Verstehen eigentlich liegt.)1
     Und wirklich werden wir Worte durch eine Geste, und eine Geste durch Worte erklären.

(23˙1)
  
23
 
17.
103
     Muß ich einen Befehl verstehen, ehe ich nach ihm handeln kann? – Gewiß! sonst wüßtest du ja nicht, was du zu tun hast. – Aber vom Wissen zum Tun ist ja wieder ein Sprung! –

23˙1
  
﹖23
 
18.
104
     Der Satz “Ich muß den Befehl verstehen, ehe ich nach ihm handeln kann” hat natürlich einen guten Sinn; aber wieder keinen metalogischen.

23˙1
  
﹖23
 
19.
107
     Die Idee, die man dabei vom Verstehen hat, ist etwa, daß man dadurch von den Worten näher an die Ausführung
– 5 –
heran kommt. – In welchem Sinne ist das richtig?

  
23
 
20.
106
     “Aber ich muß einen Befehl verstehen, um nach ihm handeln zu können.” Hier ist das “Muß” verdächtig. –
     Denk auch an die Frage: “Wie lange vor dem Befolgen mußt du den Befehl verstehen?”

(23˙1)
  
23
 
21.
187
     “Zwischen dem Befehl und der Ausführung ist eine Kluft. Sie muß durch das Verstehen geschlossen werden.”
     “Erst im Verstehen heißt es, das wir das zu tun haben. Der Befehl: das sind ja nur Laute, Tintenstriche. –”

(33, 61, 63)
   
22.
     Eine Deutung ist doch etwas, was im Zeichen gegeben wird. Es ist diese Deutung, im Gegensatz zu einer anderen (die anders lautet). – Wenn man also sagen wollte “Jeder Satz bedarf noch einer Deutung”, so hieße das: kein Satz kann ohne einen Zusatz verstanden werden.

  
23
 
23.
100
     “Ich kann den Befehl nicht ausführen, weil ich nicht verstehe, was du meinst. ‒ ‒ ‒ Ja, jetzt verstehe ich dich.” – Was ging da vor, als ich plötzlich den Andern verstand? Da gab es viele Möglichkeiten. Der Befehl konnte, z.B., mit falscher Betonung gegeben worden sein; und es fiel mir plötzlich die richtige Betonung ein. Einem Dritten würde ich dann sagen “Jetzt verstehe ich ihn, er meint … ” und würde den Befehl in richtiger Betonung wiederholen. Und in der richtigen Betonung verstünde ich ihn nun; d.h., ich müßte nun nicht noch einen Sinn erfassen (etwas außerhalb des Satzes, also ätherisches), sondern es genügt mir vollkommen der wohlbekannte deutsche Wortlaut. – Oder, der Befehl ist mir
– 6 –
in verständlichem Deutsch gegeben worden, schien mir aber ungereimt; dann || . Dann fällt mir eine Erklärung ein; und nun kann ich ihn ausführen. – Oder es konnten mir mehrere Deutungen vorschweben, für deren eine ich mich endlich entscheide.

10
   
24.
     Was heißt es: verstehen, daß etwas ein Befehl ist, wenn man auch den Befehl selber noch nicht versteht? (“Er meint: ich soll etwas tun – aber was er wünscht, weiß ich nicht.”)

  
23
 
25.
102
     Der Zerstreute, der auf den Befehl “Rechtsum!” sich nach links dreht, und nun, an die Stirn greifend, sagt “ach so – rechtsum!” und rechtsum macht. – Ist ihm eine Deutung eingefallen?

(23˙1)
  
23[11/3]
 
26.
101
     Ich deute die Worte; wohl – aber || . Wohl – aber … deute ich auch die Mienen? Deute ich einen Gesichtsausdruck als drohend, oder freundlich? – Es kann geschehen.
     Wenn ich nun sagte: “Es ist nicht genug, daß ich das drohende Gesicht wahrnehme, sondern ich muß es erst deuten.” – Es zückt jemand das Messer auf mich, und ich sage: “Ich fasse das als eine Drohung auf.”

  
23˙1
 
27.
480
     Kann man jemand befehlen, einen Satz zu verstehen? Warum kann man Einem nicht befehlen: “Versteh das!”? Könnte ich nicht den Befehl “Versteh diesen griechischen Satz!” dadurch befolgen, daß ich griechisch lernte? – Ähnlich: Man kann sagen “Rufe dir Schmerzen hervor!”, aber nicht “Habe Schmerzen!”. Cf 173/646

   
28.
     Der Satz: “Es dürfte jetzt 3 Uhr sein”. Seelische Begleiterscheinungen.
– 7 –


   
29.
     “Ich sehe zwar hier nichts Violettes, aber wenn du mir einen Farbkasten gibst, so kann ich's dir darin zeigen.” Wie kann man wissen, daß man es zeigen kann, wenn … – daß man es also erkennen kann, wenn man es sieht?
     Wie weiß ich von meiner Vorstellung her, wie die Farbe wirklich ausschaut?
     Wie weiß ich, daß ich etwas werde tun können? d.h. daß der Zustand, in welchem ich jetzt bin, der ist: jenes tun zu können?

  
№ 296˙1 61
 
30.
184
     “Die Vorstellung muß ihrem Gegenstand ähnlicher sein als jedes Bild: Denn, wie ähnlich ich auch das Bild dem mache, was es darstellen soll, es kann immer noch das Bild von etwas anderem sein. Aber die Vorstellung hat es in sich, daß sie die Vorstellung von diesem, und von nichts anderem ist.” Man könnte so dahinkommen, die Vorstellung als ein Über-Bildnis zu sehen.

   
31.
     Wie ist es, wenn ich jemand den Befehl gebe “Stell dir einen roten Kreis vor!” – und nun sage: den Befehl verstehen, heiße, wissen, wie es ist, wenn er ausgeführt ist; oder gar: sich vorstellen können, wie es ist, wenn …?

   
32.
     Angenommen, ich wollte auf einmal alle Wörter meiner Sprache durch andere ersetzen; wie könnte ich wissen, an welcher Stelle eines der neuen Wörter steht? Sind es die Vorstellungen, die die Plätze der Wörter halten?

  
25
 
33.
87
     Ich bin geneigt zu sagen: Ich ‘zeige’ in verschiedenem Sinne auf diesen Körper, auf
– 8 –
seine Gestalt, auf seine Farbe, etc..– Was heißt das? Es scheint zu heißen daß beim Zeigen doch etwas anderes vorgeht, oder hinter dem Zeigen.
     Was heißt es: Ich ‘höre’ in anderm Sinne: das Klavier, seinen Klang, das Musikstück, den Klavierspieler, seine Geläufigkeit? Es heißt nur daß einer dieser Ausdrücke durch seine Verschwägerung mit einem andern erklärt werden kann. Ich ‘heirate’, in einem Sinne, eine Frau, in einem andern, ihr Geld.

25, 6, 12
  
6˙1
 
34.
17
     “Ist die Bedeutung, das Verstehen des Wortes in der Erklärung der Bedeutung niedergelegt; oder nur durch sie bewirkt, wie die Krankheit durch das || ein Gift? Wie wirkt die Erklärung das Verstehen?” – Wie wirkt die Erklärung? D.h.: was bewirkt sie; und wie wendet man sie an? (Nicht alles, was das Verstehen bewirkt, heißt “Erklärung”.)

(5, 6, 7)
   
35.
     “Die Bedeutung des Wortes ist das, was die Erklärung der Bedeutung erklärt.” D.h.: willst du den Gebrauch des Worts “Bedeutung” verstehen, so sieh vor allem, was man “Erklärung der Bedeutung” nennt.

   
36.
     Wie geht es vor sich: die Worte “Das ist blau” einmal als Aussage über den Gegenstand, auf den man zeigt – einmal als Erklärung des Wortes “blau” meinen? Im zweiten Falle meint man also eigentlich “Das heißt ‘blau’”. – Kann man also das Wort “ist” einmal als “heißt” meinen, und das Wort “blau” als “‘blau’”? und ein andermal das “ist” wirklich als “ist”?
     Es kann auch geschehen, daß jemand aus dem, was als Mitteilung gemeint war, eine Worterklärung zieht.

  
7
 
37.
105
     Mißverständnis – Unverständnis. Verständnis wird durch Erklärung bewirkt; aber auch durch Abrichtung.
  
17
 
37˙
Warum kann man einer Katze nicht das Apportieren beibringen? Versteht sie nicht, was man will? Und worin besteht
– 9 –
hier Verstehen und Unverständnis?

  
10˙2
 
38.
328
     Wie soll er wissen, welche Farbe er zu wählen hat, wenn er “rot” hört? – Sehr einfach: er soll die Farbe nehmen, deren Bild ihm beim Hören des Wortes einfällt. – Aber wie soll er wissen, welche Farbe das ist, ‘deren Bild ihm einfällt’? Braucht es dafür ein weiteres Kriterium? (Es gibt allerdings einen Vorgang: die Farbe wählen, welche einem beim Wort … einfällt.)
     “‘Rot’ bedeutet die Farbe, die mir beim Hören des Wortes ‘rot’ einfällt” wäre eine Definition. – Keine Erklärung des Wesens des Bedeutens eines Wortes.
     (Bezieht sich auf das, was Frege, und gelegentlich Ramsey, vom Wiedererkennen als einer Bedingung des Symbolisierens sagten. Was ist das Kriterium dafür, daß ich die Farbe richtig wiedererkannt habe? Etwa so etwas wie das Erlebnis der Freude beim Wiedererkennen?)

7, 6˙1, 31
  
﹖ 10˙2
 
39.
329
     Die psychologischen – trivialen – Erörterungen über Erwartung, Assoziation, u.s.w., lassen immer das eigentlich Merkwürdige aus, und man merkt ihnen an, daß sie herumreden, ohne den springenden Punkt zu berühren.

7, 6˙1
   
40.
     “Warum verlangst du Erklärungen? Wenn diese gegeben sein werden, wirst du ja doch wieder vor einem Ende stehen. Sie können dich nicht weiterführen, als du jetzt bist”.

  
17
 
41.
163
     Man kann einen roten Gegenstand als Muster für das Malen eines rötlichen Weiß, oder eines rötlichen Gelb (etc.) verwenden – aber kann man es auch als Muster für das Malen eines blaugrünen Farbtones, z.B.,
– 10 –
verwenden? – Wie, wenn ich jemand, mit allen äußern Zeichen des genauen Kopierens, einen roten Fleck blaugrün ‘wiedergeben’ sähe? – Ich würde sagen “Ich weiß nicht, wie er es macht!” Oder auch “Ich weiß nicht, was er macht”. – Aber angenommen, er ‘kopierte’ nun diesen Ton von Rot bei verschiedenen Gelegenheiten in Blaugrün, und etwa andere Töne von Rot regelmäßig in andern blaugrünen Tönen – soll ich nun sagen, er kopiere, oder er kopiere nicht?
     Was heißt es aber, daß ich nicht weiß, ‘was er macht’? Sehe ich denn nicht, was er macht? – Aber ich sehe nicht in ihn hinein. – Nur dieses Gleichnis nicht! Wenn ich ihn Rot in Rot kopieren sehe, – was weiß ich denn da? Weiß ich, wie ich es mache? Freilich, man sagt: ich male eben die gleiche Farbe. – Aber wie, wenn er sagt “Und ich male die Quint zu dieser Farbe”? Sehe ich einen besonderen Vorgang der Vermittlung, wenn ich die ‘gleiche’ Farbe male?
     Nimm an, ich kenne diesen Menschen || ihn als einen ehrlichen Menschen; er gibt, wie ich es beschrieben habe, ein Rot durch ein Blaugrün wieder – aber nun nicht den gleichen Ton immer durch den gleichen, sondern einmal durch einen, einmal durch einen andern Ton. – Soll ich sagen “Ich weiß nicht was er macht”? – Er macht, was ich sehe – aber ich würde es nie tun; ich weiß nicht, warum er es tut; seine Handlungsweise ‘ist mir unverständlich’.

(2˙1)
  
17
 
42.
164
     “Wie kann es denn Sinn haben, von einer mir ganz neuen Art der Sinneswahrnehmung zu reden, die ich vielleicht einmal haben werde? Wenn du nicht etwa vom Sinnesorgan reden willst.” Ramsey pflegte auf solche Fragen zu antworten: es sei eben doch möglich, so etwas zu denken. So etwa, wie man sagt “Die Technik
– 11 –
leistet heute eben Dinge, die du dir gar nicht vorstellen kannst.” ‒ ‒ ‒ Nun, da muß man herausfinden, was du dabei denkst. (Daß du versicherst || man uns versichert, diese Phrase ließe sich denken was kann ich damit machen? Darauf kommt es ja nicht an. Ihr Zweck ist ja nicht der, Nebel in deiner || seiner Seele aufsteigen zu lassen.) Was du meinst – wie ist es herauszufinden? Wir müssen geduldig prüfen, wie dieser Satz angewandt werden soll. Wie rund um ihn alles aussieht. Da wird sich sein Sinn zeigen.

42
   
   
44.
     “Du hast einen falschen Begriff. – Aber aufklären läßt sich die Sache nicht dadurch, daß ich gegen deine Worte wettere; sondern nur dadurch, daß ich versuche, deine Aufmerksamkeit von gewissen Ausdrücken, Illustrationen, Vorstellungen, weg, und auf die Verwendung der Wörter hin zu lenken.”

  
42
 
45.
363
     Hardy: “That ‘the finite cannot understand the infinite’ should surely be a theological and not a mathematical war-cry.” Es ist wahr, dieser Ausdruck ist ungeschickt. Aber was Leute || man damit sagen wollen || will ist: “Es muß hier doch mit rechten Dingen zugehen! Woher dieser Sprung vom Endlichen zum Unendlichen?” Und so ganz unsinnig ist die Ausdrucksweise auch nicht – nur ist das
– 12 –
‘Endliche’, was das Unendliche nicht soll denken können, nicht ‘der Mensch’ oder ‘unser Verstand’, sondern der Kalkül. Und was dieser das ‘Unendliche’ denkt, dies ist wohl einer Untersuchung wert. Und die ist zu vergleichen der genauen Untersuchung und Klärung der Geschäftsgebarung eines Unternehmens durch einen chartered Accountant. Das Ziel ist eine übersichtliche vergleichende Darstellung aller Anwendungen, Illustrationen, Auffassungen, des Kalküls. Die vollkommene Übersicht über alles, was Unklarheit schaffen kann. Und diese Übersicht muß sich auf ein weites Gebiet erstrecken, denn die Wurzeln unserer Ideen reichen weit. – “Das Endliche kann nicht das Unendliche verstehen” heißt hier: So kann es nicht zugehen, wie ihr es, in charakteristischer Oberflächlichkeit, darstellt.
     Der Gedanke kann gleichsam fliegen, er braucht nicht zu gehen. Du verstehst, d.h. übersiehst, deine Transaktionen nicht, und projizierst, quasi, dein Unverständnis in die Idee eines Mediums, in dem das Erstaunlichste möglich ist.

  
№ 134
29
 
46. 53
     Denke dir diese Sprache: Wörter und Grammatik sind die des Deutschen, aber die Wörter im Satz stehen in der entgegengesetzten Reihenfolge. Ein Satz dieser Sprache klingt also wie ein deutscher Satz, den man vom Schlußpunkt zum Anfang hin liest. Die Ausdrucksmöglichkeiten haben also die gleiche Mannigfaltigkeit, wie im Deutschen. Aber was wir als Satzklang kennen, ist gänzlich vernichtet.

  
14
 
47.
114
     Betrachte diese Ausdrucksform: “Mein Buch hat soviel Seiten, wie die Gleichung x3 + 2x ‒ 3 = 0 ergibt.” Oder: “Die Zahl meiner Freunde ist n und n2 + 2n + 2 = 0.”
– 13 –
Hat dieser Satz Sinn? Es ist ihm unmittelbar nicht anzuerkennen. Man sieht an diesem Beispiel, wie es zugeht || zugehen kann, daß etwas aussehen kann || aussieht wie ein Satz, den wir verstehen || daß etwas wie ein Satz aussieht, den wir verstehen, was doch keinen Sinn ergibt.
     (Dies wirft ein Licht darauf, was es heißt, einen Satz verstehen oder meinen.)

28, 25
   
48.
     Wie mach ich's denn, um ein Wort immer richtig, d.h., sinnvoll anzuwenden; schau ich immer in der Grammatik nach? Nein: daß ich etwas meine – was ich meine, hindert mich, Unsinn zu sagen.” – “Ich meine etwas mit den Worten” heißt hier: Ich weiß, daß ich sie anwenden kann.
     Ich kann aber glauben, sie anwenden zu können, und es zeigt sich, daß ich im Irrtum war.

   
49.
     Was heißt es denn: “entdecken, daß ein Satz keinen Sinn hat”?
     Und was heißt das: “wenn ich etwas damit meine, muß es doch Sinn haben”?
     Das erste heißt doch: sich durch die Erscheinung eines Satzes nicht irren lassen und seine Anwendung im Sprachspiel untersuchen.
     Und “wenn ich etwas damit meine” – heißt das etwas Ähnliches wie: “wenn ich mir etwas dabei vorstellen kann”? – Von der Vorstellung führt oft ein Weg zur weiteren Verwendung.

  
61
 
50.
214
     “Eine Erwartung ist so gemacht, daß, was immer kommt, mit ihr übereinstimmen muß oder nicht.”
– 14 –


  
63
 
51.
186
     “Lege einen Maßstab an diesen Körper an; er sagt nicht, daß der Körper so lang ist. Vielmehr ist er an sich – ich möchte sagen – tot, und leistet nichts von dem, was der Gedanke leistet.” – Es ist, als hätten wir uns eingebildet, das Wesentliche am lebenden Menschen sei die äußere Gestalt, und hätten nun einen Holzblock von dieser Gestalt hergestellt und sähen mit Beschämung den toten Klotz, der auch keine Ähnlichkeit mit einem Lebewesen hat.

   
  
63
 
53.
192
     Mein Gedanke ist hier: Wenn Einer die Erwartung selbst sehen könnte – er müßte sehen, was erwartet wird. (So aber, daß es nicht noch einer Projektionsmethode, Vergleichsmethode, bedürfte, um von dem, was er sieht, zu der Tatsache zu kommen, die erwartet wird.)
     Aber so ist es ja auch: Wer den Ausdruck der Erwartung sieht, sieht ‘was erwartet wird’.

(65)
   
54.
     Wenn man es für selbstverständlich hält, daß der Mensch sich an seiner Phantasie vergnügt, so bedenke man, daß die Phantasie nicht einem gemalten Bild, einer Plastik, oder einem Film entspricht, sondern einem komplexen Gebilde aus heterogenen Bestandteilen – Zeichen und Bildern.

  
63
 
55.
201
     Erkläre Einem, die Zeigerstellung, die du aufgezeichnet hast, solle ausdrücken: die Zeiger dieser Uhr
– 15 –
stünden jetzt so. ‒ ‒ ‒ Die Unbeholfenheit, mit der das Zeichen, wie ein Stummer, durch allerlei suggestive Gebärden sich verständlich zu machen sucht – sie verschwindet, wenn wir erkennen, daß es aufs System ankommt, dem das Zeichen angehört.
     Man wollte sagen: nur der Gedanke kann es sagen, das Zeichen nicht.

64
  
33
 
56.
212
     “Der Plan ist als Plan etwas Unbefriedigtes. (Wie der Wunsch, die Erwartung, die Vermutung, u.s.f..)”
     Und hier meine ich: die Erwartung ist unbefriedigt, weil sie die Erwartung von etwas ist; der Glaube, die Meinung, unbefriedigt, weil sie die Meinung ist, daß etwas der Fall ist, etwas Wirkliches, etwas außerhalb dem Vorgang des Meinens.

64
  
63
 
57.
191
     Der Wunsch scheint schon zu wissen, was ihn erfüllen wird, oder würde; der Satz, der Gedanke, was ihn wahr macht, auch wenn es gar nicht wahr || da ist! Woher dieses Bestimmen, dessen, was noch nicht da ist? Dieses despotische Fordern? (Vergl. ‘Härte des logischen Muß’.)

64 65
  
63
 
58.
199
     “Der Befehl befiehlt seine Befolgung”. So kennt er seine Befolgung, schon ehe sie da ist? – Aber es ist ein grammatischer Satz, und er sagt: Wenn ein Befehl lautet “Tue das und das!”, dann nennt man “das und das tun” das Befolgen dieses Befehls.

  
63
 
59.
200
     Wir sagen “Der Befehl befiehlt dies” – und tun es; aber auch: “Der Befehl befiehlt dies: ich soll das und das tun. || : …” & nun erklären wir ihn.
     Wir übertragen ihn einmal in einen Satz, einmal in
– 16 –
eine Demonstration || Vorführung, und einmal die Tat.

65
   
   
61.
     Wenn der Befehl nicht befolgt wird –wo ist dann der Schatten seiner Befolgung, den du zu sehen meintest; weil dir die Form vorschwebte: Er befiehlt das und das.

   
62.
     “Er hat das getan, was ich ihm befohlen habe.” – Warum soll man hier nicht sagen: es sei eine Identität der Handlung und der Worte?! Wozu soll ich einen Schatten zwischen die beiden stellen? Wir haben ja eine Projektionsmethode. – Nur ist es eine andere Identität: “Ich habe das getan, was er getan hat” und anderseits “Ich habe das getan, was er befohlen hat”.

  
16
 
63.
161
     Was bedeutet es, wenn man sagt || wir sagen: “Ich kann mir das Gegenteil davon nicht vorstellen”, oder: “Wie wäre es denn, wenn's anders wäre?” – z.B., wenn jemand gesagt hat, daß meine Vorstellungen privat seien, oder, daß nur ich selbst wissen kann, ob ich Schmerzen empfinde, und dergleichen.
     “Ich kann mir nicht vorstellen …” heißt hier natürlich nicht: meine Vorstellungskraft reicht nicht hin. Wir gebrauchen diese Entgegnung zur Abwehr gegen eine Aussage, die in Wirklichkeit eine grammatische ist, uns aber eine Feststellung vortäuscht, das Faktische (der Schmerzen etwa) betreffend.
     Aber warum sage ich “Ich kann mir das Gegenteil nicht vorstellen”, warum nicht “Ich kann mir, was du sagst, nicht vorstellen”?
     Ein Beispiel: “Jeder Stab hat eine Länge” – daß heißt
– 17 –
etwa: Wir nennen etwas (oder, dies) ‘die Länge eines Stabes’ (aber nichts ‘die Länge einer Kugel’). Kann ich mir nun nicht vorstellen, das ‘jeder Stab eine Länge hat’? Nun, ich stelle mir eben einen Stab vor – und das ist alles. Nur spielt dieses Bild in Verbindung mit diesem Satz eine ganz andere Rolle, als ein Bild in Verbindung mit dem Satz: “Dieser Tisch hat die gleiche Länge, wie der dort”. Denn hier versteh ich, was es heißt, sich ein Bild vom Gegenteil zu machen (und es muß kein Vorstellungsbild sein).2
     Das Bild aber zum grammatischen Satz || grammatikalischen Satz konnte nur etwa dazu dienen, an ihm zu zeigen, was man “Länge eines Stabes” nennt. Und was sollte davon das entgegengesetzte Bild sein? (Vgl. Bemerkungen über die Verneinung eines Satzes a priori.)

  
18
 
64.
157
     Es scheint, als könnte man sagen: “Die Wortsprache läßt unsinnige Wortzusammenstellungen zu, die Sprache der Vorstellung aber nicht unsinnige Vorstellungen.”. – Also die Sprache der Zeichnung auch nicht unsinnige Zeichnungen? Denke, es wären Zeichnungen, nach denen Körper modelliert werden sollen. Dann haben manche Zeichnungen Sinn, manche keinen. Wie, wenn ich mir unsinnige Wortzusammenstellungen vorstelle!

19, 16
  
16
 
65.
162
     Wir könnten auf den Satz “Dieser Körper hat eine Ausdehnung” antworten: “Unsinn!” – neigen aber dazu, zu antworten: “Freilich!” –. Warum?

19, 45, 16
   
66.
     “Ich habe tatsächlich nie gesehen, daß ein schwarzer Fleck allmählich heller wird, bis er weiß ist, dann das Weiß immer rötlicher, bis er rot ist. Aber ich weiß, daß es möglich ist, weil ich es mir vorstellen kann.”
     “Ich weiß, daß es möglich ist, dieses Schloß mit dem Sperrhaken aufzuschließen, weil ich solche
– 18 –
Schlösser schon so aufgesperrt habe.” – Sind diese beiden Fälle analog?

  
19
 
67.
155
     Wenn gesagt wird, ein Satz sei sinnlos, so ist nicht, quasi, sein Sinn sinnlos. Sondern der Satz || Sondern dieser Wortausdruck || Ausdruck wird aus der Sprache ausgeschaltet || ausgeschieden.

   
68.
     Ich versuche etwas, kann es aber nicht. – Was heißt es aber: “etwas nicht versuchen können”? ‒ ‒ ‒ “Wir können auch nicht einmal versuchen, uns ein rundes Viereck vorzustellen.”

  
19
 
69. 160
     Wenn man auch den Satz als Bild eines möglichen Sachverhalts auffaßt und sagt, er zeige die Möglichkeit der Tatsache || des Sachverhalts, so kann doch der Satz bestenfalls tun, was ein gemaltes, oder ein plastisches Bild, oder ein Film tut; und er kann also jedenfalls nicht hinstellen, was nicht der Fall ist. Also hängt es ganz von unserer Grammatik ab, was (logisch) möglich genannt wird, und was nicht, – nämlich eben was sie zuläßt? Aber das ist doch willkürlich! – Ist es willkürlich? – Nicht mit jeder satzähnlichen Bildung kann ich etwas anfangen, nicht jedes Spiel ist nützlich, und wenn ich versucht bin, etwas ganz Unnützes als Satz zuzulassen, so geschieht es meistens, weil ich mir seine Anwendung nicht genügend überlegt habe. (“Unendlich lange Baumreihe” – wie ist es zu verifizieren, daß eine solche Reihe unendlich lang ist?)

63
63, 20, 19
  
66
 
70.
218
     “Wenn ich sage, ich habe heute Nacht nicht geträumt, so muß ich doch wissen, wo nach dem Traum zu suchen wäre (d.h., der Satz ‘Ich habe geträumt’ darf, auf die tatsächliche Situation angewendet, falsch, aber nicht unsinnig
– 19 –
sein).”
     Heißt das also, daß du doch etwas gespürt hast, sozusagen die Andeutung eines Traums, die dir die Stelle bewußt macht, an der ein Traum gestanden wäre?
     Oder: Wenn ich sage “Ich habe keine Schmerzen im Arm”, heißt das, daß ich einen Schatten eines Schmerzgefühls habe, der gleichsam die Stelle andeutet, in die der Schmerz eintreten würde?
     In wiefern enthält der gegenwärtige, schmerzlose Zustand die Möglichkeit der Schmerzen?
     Wenn Einer sagt “Damit das Wort ‘Schmerzen’ Bedeutung habe, ist es notwendig, daß man Schmerzen als solche erkennt, wenn sie auftreten” – so kann man antworten: “Es ist nicht notwendiger, als daß man das Fehlen der Schmerzen erkennt”.

66, 16
   
71.
219
     “Aber muß ich nicht wissen, wie es wäre wenn ich Schmerzen hätte?” – Man kommt nicht davon weg, daß die Benützung des Satzes darin besteht, daß man sich bei jedem Wort etwas vorstelle.
     Die Anwendung des Satzes ist nicht die, die ein solches Vorstellen fordert. Immer wieder möchte man sich den Sinn eines Satzes, also seine Verwendung, in einem solchen seelischen Zustand des Redenden oder Hörenden konzentriert denken. Man denkt nicht, daß man mit den Worten rechnet, operiert, sie mit der Zeit in dies oder jenes Bild überführt. – Sondern ihr Sinn, d.i. aber ihr Zweck, soll in einer Art Bild liegen, das sie im Geist des Sprechers erzeugen. Es ist ganz so, als glaubte man, daß etwas die schriftliche Anweisung auf eine Kuh, die mir Einer ausfolgen soll, immer von einer Vorstellung einer Kuh begleitet sein || werden müsse, damit diese Anweisung
– 20 –
nicht ihren Sinn verliere.
     Wenn wir dem Arzt mitteilen, wir hätten Schmerzen – in welchen Fällen ist es nützlich, daß er sich einen Schmerz vorstelle? – Und geschieht dies nicht auf sehr mannigfache Weise? (So mannigfach, wie: sich an einen Schmerz erinnern.)

   
72.
220
     Man kommt nicht davon weg, daß der Sinn des Satzes den Satz begleitet; bei dem Satz steht.

65, 16, 25
  
40
 
73.
90
     Ist die Verneinung eines Satzes identisch mit der Disjunktion der nicht ausgeschlossenen Fälle? Sie ist es in manchen Fällen. (Z.B. in diesem: “Die Permutation der Elemente A, B, C, die er anschrieb, war nicht ACB.”)

  
40
 
74.
81
     Verneinen: eine ‘geistige Tätigkeit’. – Verneine etwas, und beobachte, was du tust! – Schüttelst du etwa innerlich den Kopf? Und wenn es so ist – ist dieser Vorgang nun unseres Interesses würdiger, als der etwa, ein Verneinungszeichen vor einen Satz zu schreiben? Kannst || Kennst du jetzt das Wesen der Negation?

  
40
 
75.
79
     “Wie kann das Wort ‘nicht’ verneinen?!” – “Das Zeichen ‘nicht’ deutet an, du sollst, was darauf folgt, negativ auffassen.” Man möchte sagen: Das Zeichen der Verneinung ist nur eine Veranlassung, etwas, möglicherweise sehr Kompliziertes, zu tun. Es ist als veranlaßte uns das Zeichen der Negation zu etwas. Aber wozu? Das wird nicht gesagt. Es ist, als brauchte es nur angedeutet werden; als wüßten wir es schon. Als sei eine Erklärung unnötig, da wir die Sache ohnehin schon kennen.

  
40
 
76.
80
     Was ist der Unterschied zwischen den beiden Vorgängen:
– 21 –
Wünschen, daß etwas geschehe – und Wünschen, daß dasselbe nicht geschehe?
     Will man es bildlich darstellen, so wird man mit dem Bild des Ereignisses Verschiedenes vornehmen: es durchstreichen, es abzäumen, und dergleichen. Aber das, kommt uns vor, ist eine rohe Methode des Ausdrucks. In der Wortsprache gar verwenden wir das Zeichen “nicht”. Dies ist wie ein ungeschickter Behelf. Man meint: im Denken geschieht es schon anders.

  
40
 
77.
87
     Die Negation, könnte man sagen, ist eine ausschließende, abweisende, Gebärde. Aber eine solche || Aber die verwenden wir in gar vielerlei Fällen!

44, 6
  
40
 
78.
82
     “Ist es die gleiche Verneinung: ‘Eisen schmilzt nicht bei 100 Grad C’ und ‘2 mal 2 ist nicht 5’?” Soll das durch Introspektion festgestellt werden; dadurch, daß wir zu sehen trachten, was wir bei beiden Sätzen denken?

6
  
23˙1
 
79.
477
     Ist ‘ein Wort verstehen’ ein seelischer Zustand? Betrübnis, Aufregung, Schmerzen, nennen wir seelische Zustände. Mache diese grammatische Betrachtung: Wir sagen
“Er war den ganzen Tag betrübt”
“Er war den ganzen Tag in großer Aufregung || aufgeregt
“Er hatte seit gestern || den ganzen Tag ununterbrochen Schmerzen”. – Wir sagen auch “Ich verstehe dieses Wort seit gestern”. Aber “ununterbrochen”? – Ja, man kann von einer Unterbrechung des Verstehens reden. Aber in welchen Fällen? Vergleiche: “Wann haben deine Schmerzen nachgelassen?” und “Wann hast du aufgehört, das Wort zu verstehen?”.

10˙1, 23˙1, 10˙3
   
80.
     Vergleiche:
– 22 –

     “Ich habe seit gestern Schmerzen”
     “Ich habe ihn seit gestern erwartet”
     “Ich wußte seit gestern, daß er kommen wird”
     “Ich kann seit gestern integrieren”
     “Ich verstehe das Wort seit gestern”.
Unterscheide die Fälle, in denen es Sinn hat, das Wort “ununterbrochen” in den Satz einzufügen, von denen in welchen dies keinen Sinn hat. Du machst damit eine grammatische Unterscheidung.


  
10˙3
 
81.
478
     Zustände: ‘Einen Berg ersteigen können’ kann man einen Zustand meines Körpers nennen. Ich sage: “Ich kann hinaufsteigen ich meine, || : ich bin stark genug dazu”. Vergleiche damit diesen Zustand des Könnens: “Ja, ich kann dorthin gehen – ich meine: ich habe Zeit dazu.”

  
14
 
82.
113
     Muß ich wissen, ob ich ein Wort verstehe? Geschieht es nicht auch, daß ich mir einbilde, ein Wort zu verstehen (nicht anders, als eine Rechnungsart zu verstehen) und nun daraufkomme, daß ich es nicht verstanden habe? (“Ich habe geglaubt, ich weiß, was ‘relative’ und ‘absolute’ Bewegung heißt, aber ich sehe, ich weiß es nicht.”)

   
83.
     Denk dir dieses Spiel: Eine Liste von Wörtern verschiedener Sprachen und von sinnlosen Lautreihen wird mir vorgelesen. Ich soll nach jedem sagen, ob ich es verstehe, oder nicht; Auch, was beim Verstehen oder Nichtverstehen in mir vorging. – Auf das Wort “Baum” werde ich, ohne mich zu bedenken, mit “ja” antworten (ein Bild mag mir dabei vorschweben); auf eine Lautzusammenstellung, die ich noch nie gehört habe, antworte ich ebenso unbedenklich mit “Nein”. Bei Wörtern, die einen speziellen Farbton bezeichnen wird häufig ein Vorstellen der Antwort vorhergehen; bei seltenen Wörtern (“Kontinuum” etwa) ein Überlegen; bei Wörtern wie der Artikel “das” etwa ein Achselzucken; Wörter einer fremden Sprache werde ich manchmal ins Deutsche übersetzen;
– 23 –
schweben mir Bilder vor, so sind es manchmal die der Gegenstände, die von den Worten bezeichnet werden (wieder tausenderlei Fälle), manchmal andere Bilder.
     Dies Spiel könnte man durch eines ergänzen, in welchem Einer die Namen von Tätigkeiten nennt und bei jeder fragt: “Kannst du das?” – Das Subjekt soll angeben, welche Gründe es hatte, die Frage mit “ja” oder “nein” zu beantworten.

  
51˙1
 
84.
     “Wenn ich gefragt werde ‘Siehst du dort eine Kugel?’, ein andermal ‘Siehst du dort die Halbkugel?’, so kann, was ich sehe, beide Male das gleiche sein, und wenn ich antworte ‘Ja’, so unterscheide ich doch zwischen den beiden Hypothesen. Wie ich im Schachspiel zwischen einem Bauer und dem König unterscheide, auch wenn der gegenwärtige Zug einer ist, den beide machen könnten, und wenn selbst eine Königsfigur als Bauer fungierte.” – Man ist in der Philosophie immer in Gefahr, einen Mythus des Symbolismus zu geben || zu erzeugen || produzieren, oder einen der seelischen Vorgänge. Statt || : statt einfach zu sagen, was Jeder weiß und zugeben muß.

51, 2˙1, 37, 49
   
85.
     “Solange die Temperatur des Stabes nicht unter … herabsinkt, kann man ihn schmieden”. Es hat also Sinn zu sagen: “ich kann von 5 bis 6 Uhr schmieden”. Oder: “Ich kann von 5 bis 6 Schach spielen”, d.h. ich habe von 5 bis 6 Zeit. – “Solange mein Duld nicht unter … herabsinkt, kann ich die Rechnung ausführen.” Diese Rechnung braucht 1 1/2 Minuten; wie lange braucht es aber: sie ausführen können? Und wenn du sie eine Stunde lang rechnen kannst, fängst du da immer wieder von Frischem an?
– 24 –


  
10˙3
 
86.
479
     Wie, wenn man fragte: Wann kannst du Schach spielen? Immer? Oder während du einen Zug machst? Und während jedes Zuges das ganze Schach? – Und wie seltsam, daß Schachspielenkönnen so kurze Zeit braucht und eine Partie soviel länger. (Und nun überlege Dir den alltäglichen Gebrauch von “Warum kannst Du Schach spielen?!”)

23˙1
   
87.
     Wie seltsam: Es scheint, als ob zwar eine physische (mechanische) Führung versagen, Unvorhergesehenes zulassen könnte, aber eine Regel nicht! Sie wäre sozusagen die einzig verläßliche Führung. aber || Aber worin besteht es, daß eine Führung eine Bewegung nicht zuläßt, und worin, daß eine Regel sie nicht zuläßt? – Wie weiß man das eine, und wie das andere?

   
88.
7
     Es stört uns gleichsam, daß der Gedanke eines Satzes in keinem Moment ganz vorhanden ist. Wir sehen ihn wie einen Gegenstand an, den wir erzeugen, und nie ganz besitzen, denn kaum entsteht ein Teil, so verschwindet ein anderer.

  
24
 
89.
60
     Das Verstehen eines Satzes der Sprache ist dem Verstehen eines Themas in der Musik viel verwandter, als man etwa glaubt. Ich meine es aber so: daß das Verstehen des sprachlichen Satzes näher als man denkt dem liegt, was man gewöhnlich Verstehen des musikalischen Ausdrucks nennt. || Verstehen des Musikstücks nennt. Warum will || wünsche ich den Wechsel der Stärke und des Tempos gerade auf diesen Rhythmus bringen, warum gerade diese Linie zeichnen? || gerade diese Linie der Stärke & des Tempos? Man möchte sagen: “weil ich weiß, was das || dies alles heißt”. Aber was heißt es? ich wüßte es nicht zu sagen. Zur ‘Erklärung’ könnte ich es nur mit etwas anderem vergleichen, was denselben Rhythmus (ich meine, dieselbe
– 25 –
Linie) hat. (Man kann sagen: “Siehst du nicht: das ist als würde eine Schlußfolgerung gezogen”, oder: “das ist gleichsam eine Parenthese,” etc. Wie begründet man solche Vergleiche? Da gibt es sehr verschiedenartige Begründungen.)

11
  
﹖ 28
 
90. 93
     “Denken” nennen wir wohl manchmal, den Satz mit einem seelischen Vorgang begleiten, aber “Gedanke” nennen wir nicht jene Begleitung. ‒ ‒ ‒ Sprich einen Satz und denke ihn; sprich ihn mit Verständnis! – Und nun sprich ihn nicht, und tu nur das, womit du ihn beim verständnisvollen Sprechen begleitet hast! – (Singe dies Lied mit Ausdruck ‒ ‒ ‒ und nun sing es nicht, aber wiederhole den Ausdruck! – Und man könnte auch hier etwas wiederholen; z.B. Schwingungen des Körpers, langsameres und schnelleres Atmen etc.)

25, 23˙1
  
11
 
91.
28
     “Dieser Satz hat Sinn.” – “Welchen?”
     Vergleiche damit: “Diese Wortreihe ist ein Satz.” – “Welcher?”

  
51˙1
 
92.
122
     “Daß drei Verneinungen wieder eine Verneinung ergeben, muß doch in der einen Verneinung, die ich jetzt gebrauche, liegen.” (Die Versuchung, einen Mythus des ‘Bedeutens’ zu erfinden.)

40
  
51˙1
 
93.
123
     Es hat den Anschein; als würde aus der Natur der Negation folgen, daß eine doppelte Verneinung eine Bejahung ist. (Und etwas Richtiges ist daran. Was? Unsre Natur hängt mit beiden zusammen.)

40
  
11
 
94.
27
     Denke dir einen Satz der Wortsprache durch Zeichen der Gebärdensprache ersetzt. Fühlen wir hier noch immer
– 26 –
dasselbe Bedürfnis nach Erklärung – wie bei den Worten?

  
34˙2
 
95.
330
     Wie kann man sich zur Probe, ob man das Wort “blau” versteht, ein blaues Vorstellungsbild vor die Seele rufen? Denn wie kann mir das Wort “blau” zeigen, welche Farbe aus dem Farbenkasten meiner Vorstellung ich zu wählen habe, und wie kann mir die Farbe, die sich mir darbietet, zeigen, daß sie die richtige ist?
     Wähle ich denn also eine Vorstellung, die zum Worte “blau” paßt? – Und kann nicht die unrechte Vorstellung kommen? Und wie zeigt sich das?

31, 34˙2, 10˙2
   
  
6
 
97.
152
     “Wenn du einmal weißt, was das Wort bezeichnet, verstehst du es, kennst seine ganze Anwendung.”

  
10˙1
 
98.
     Die Bedeutung eines Wortes vergessen – sich wieder an sie erinnern. Was für Vorgänge gibt es da? An was erinnert man sich, was fällt einem da ein, wenn man sich wieder daran erinnert, was das englische Wort “perhaps” bedeutet? ‒ ‒ ‒ Wie geht so etwas vor sich: ich sage “jetzt weiß ich zum ersten Mal, was die Worte ‘der blaue Äther’ bedeuten”?

10˙1
  
12
 
99.
331
     Wie kann ich es rechtfertigen, daß ich mir auf diese Worte hin diese Vorstellungen mache?
     Hat mir jemand die Vorstellung der blauen Farbe
– 27 –
gezeigt und gesagt, daß sie es sei?
     Was bedeuten aber die Worte “diese Vorstellung”? Wie zeigt man auf eine Vorstellung? Wie zeigt man zweimal auf die gleiche Vorstellung?

33
   
100.
     (Zu Nr. 94). Ist also die Gebärdensprache keiner Erklärung fähig? – Gewiß z.B. durch die Wortsprache.

   
101.
     “Wie alles Metaphysische, ist die ‘Harmonie zwischen Denken und Wirklichkeit’ in der Grammatik der Sprache aufzusuchen.”

  
61
 
102.
227
     Zweideutiger Gebrauch von “Bild”. Man will sagen: ein Befehl sei ein Bild der Handlung, die nach ihm ausgeführt wurde; aber auch, ein Bild der Handlung, die nach ihm ausgeführt werden soll.

24, 61
  
﹖ 61
 
103.
228
     “Verbindung des Bildes mit dem Abgebildeten” könnte man die Projektionsstrahlen nennen; aber auch die Technik des Projizierens.

61, 26˙2
  
62
 
104.
181
     Die Harmonie zwischen Denken & Wirklichkeit. “Die Möglichkeit der Übereinstimmung bedingt schon eine Übereinstimmung.” – Denke, jemand sagte: “Schachspielenkönnen ist eine Art des Schachspielens”!

  
25
 
105.
406
     Wie, wenn wir jemanden fragten: “Inwiefern sind diese Worte eine Beschreibung dessen, was du siehst? und er antwortet: “Ich meine das mit diesen Worten”. (Er sah etwa auf eine Landschaft.) Warum ist diese Antwort “Ich meine das … ” gar keine Antwort?
     Wie meint man, was man vor sich sieht, mit Worten?
     Denke, ich sagte “a b c d”, und meinte damit: Das
– 28 –
Wetter ist schön. Ich hatte nämlich beim Aussprechen dieser Zeichen das Erlebnis, welches normalerweise nur der hätte, der jahraus jahrein “a” in der Bedeutung von “das”, “b” in der Bedeutung von “Wetter”, u.s.w., gebraucht hätte || hat. – Sagt dann “a b c d”: das Wetter ist schön? ||

Denke, ich sagte “a b c d” und meine damit: das Wetter ist schön ‒ ‒ ‒ nämlich, ich habe beim Aussprechen jener Zeichen das gleiche Erlebnis, welches man sonst nur hätte, wenn man “a” jahraus jahrein in der Bedeutung von “das” gebraucht hätte, “b” in der Bedeutung von “Wetter”, u.s.w.. – Heißt nun “abcd”: das Wetter ist schön?


26, 25, 10˙1, 50
   
106.
     Kann ich denn nicht mit Worten meinen, was ich will? – Schau auf die Tür deines Zimmers, sage dabei eine Reihe beliebiger Laute, und meine damit eine Beschreibung dieser Tür! –

   
  
26
 
108.
408
     Denke, jemand zeigte mit dem Gesichtsausdruck des Schmerzes auf seine Wange und sagte dabei “abrakadabra!” – Wir fragen “Was meinst du?” und er antwortet: “Ich meinte damit ‘Zahnschmerzen’.” – Du denkst dir sofort: wie kann man denn mit diesem Wort ‘Zahnschmerzen meinen? || oder was hieß es denn: Schmerzen mit dem Wort meinen? Und doch hättest du, in anderem Zusammenhang, behauptet, daß die geistige Tätigkeit, das und das zu meinen, gerade das Wichtigste beim Gebrauch der Sprache sei.
     Aber wie, – kann ich denn nicht sagen: “Mit ‘abrakadabra’ meine ich Zahnschmerzen? || ? Freilich; aber das ist eine Definition; nicht eine Beschreibung dessen, was in mir beim Aussprechen des Wortes vorgeht.
– 29 –


25
  
25
 
109.
399
     Man könnte in Gebrauch eines Worts eine ‘Oberflächengrammatik’ von einer ‘Tiefengrammatik’ unterscheiden. Das, was sie uns an Gebrauch eines Worts unmittelbar einprägt ist seine Verwendungsweise in Satzbau, der Teil seines Gebrauches – könnte man sagen – den man mit dem Ohr erfassen kann ‒ ‒ ‒ Und nun vergleiche die Tiefengrammatik des Wortes ‘meinen’ etwa; mit dem, was seine Oberflächengrammatik uns würde || sollte vermuten lassen. Kein Wunder, wenn man es schwer findet, sich auszukennen.

41
   
   
111.
     Der Begriff des Lebewesens hat die gleiche Unbestimmtheit, wie der der Sprache.

  
28
 
112.
71
     “Der Zweck der Sprache ist, Gedanken auszudrücken” – So ist es wohl der Zweck jedes Satzes, einen Gedanken auszudrücken. Welchen Gedanken drückt also z.B. der Satz “Es regnet” aus? ‒ ‒ ‒

29
  
5
 
113.
8
     Nicht: “Ohne Sprache könnten wir uns nicht miteinander verständigen” – Wohl aber: ohne Sprache können wir Menschen nicht so und so beeinflussen, können wir nicht Straßen und Maschinen bauen, etc.. Und auch: Ohne den Gebrauch der Rede und der Schrift könnten sich Menschen nicht verständigen.

4
  
5
 
114.
9
     Vergleiche: Ein Spiel erfinden – eine Sprache erfinden – eine Maschine erfinden.
– 30 –


4
  
20
 
115.
127
     Man kann die Regeln der Grammatik “willkürlich” nennen, wenn damit gesagt sein soll, der Zweck der Grammatik sei nur der der Sprache.
     Wenn Einer sagt “Hätte unsere Sprache nicht diese Grammatik, so könnte sie diese Tatsachen nicht ausdrücken” so frage man sich, was hier das “könnte” bedeutet.

4,5
  
34˙1
 
116.
323
     Teile ich mir etwas mit, wenn ich, auf dieses Papier sehend, sage: “Dieses Papier ist weiß”?
     Und was heißt es eigentlich “etwas zu sich selbst sagen”? Sagt man alles zu sich selbst, was man ausspricht, wenn niemand sonst zugegen ist?

  
21˙1
 
117.
358
     “Ich nehme an, es schwebe ihm ein Bild vor.” – Könnte ich auch annehmen, es schwebe diesem Ofen ein Bild vor? – Und warum scheint dies unmöglich? Ist denn also die menschliche Gestalt dazu nötig? –

38, 21˙1, 33, 47
   
118.
359
     “Aber diese Annahme hat doch gewiß einen guten Sinn!” – Ja; diese Worte und dies Bild haben unter gewöhnlichen Umständen eine uns geläufige Anwendung. – Nehmen wir aber einen Fall an, in welchem diese Anwendung wegfällt, so werden wir uns nun gleichsam zum ersten Male || erst der Nacktheit der Worte und des Bildes bewußt.

14˙1
   
119.
361
     “Aber wenn ich annehme, er habe, etwa, Schmerzen, so nehme ich einfach an, er habe dasselbe, was ich sooft gehabt habe!” – Das führt uns nicht weiter. Es ist, als sagte ich: “Du weist doch, was es heißt ‘Es ist hier fünf Uhr’ – dann weißt du auch, was es heißt, es sei auf der Sonne fünf Uhr; es heißt eben, es sei dort ebensoviel Uhr, wie hier, wenn es hier fünf Uhr ist.” Die Erklärung mittels der Gleichheit funktioniert hier nicht, weil ich zwar
– 31 –
weiß, daß man fünf Uhr hier “die gleiche Zeit” nennen kann, wie fünf Uhr dort, aber eben nicht weiß, in welchem Falle man von Zeitgleichheit hier und dort spricht. Gerade so ist es keine Erklärung, zu sagen: die Annahme, er habe Schmerzen, sei eben die Annahme, er habe das Gleiche wie ich. Denn dieser Teil der Grammatik ist mir wohl klar; || : daß man nämlich sagen werde, der Ofen habe das gleiche Erlebnis wie ich, wenn man sagt, er habe Schmerzen und ich habe Schmerzen.

33
  
47
 
120.
362
     Wir möchten doch immer sagen: “Erinnerungsbild ist Erinnerungsbild! ob er es hat, oder ich es habe; und wie immer ich erfahre, ob er eines hat, oder nicht.” – Damit könnte ich mich einverstanden erklären. – Und wenn du mich fragst “Weißt du denn nicht, was ich meine, wenn ich sage, er habe ein Erinnerungsbild?” – so kann ich antworten: “Ich stelle mir bei diesen Worten wohl etwas vor ‒ ‒ ‒ aber weiter geht der Nutzen dieser Worte in diesem Falle nicht. Und ich kann mir auch etwas bei den Worten vorstellen “Es war gerade fünf Uhr Nachmittag auf der Sonne” – nämlich etwa eine Pendeluhr, die auf fünf zeigt. – Noch besser wäre vielleicht das Beispiel der Anwendung von “oben” und “unten” auf die Erdkugel. Hier haben wir alle eine ganz deutliche Vorstellung davon, was “oben” und “unten” bedeutet. Ich sehe doch, daß ich oben bin; die Erde ist doch unter mir! (Lächle ja nicht über dieses Beispiel. Es wird uns zwar schon in der Volksschule beigebracht, daß es dumm sei, so etwas zu sagen. Aber es ist eben viel leichter, ein Problem zuzuschütten, als es zu lösen.) Und erst eine Überlegung zeigt uns, daß wir das gewöhnliche Spiel mit “oben” und “unten” hier nicht spielen können, daß wir es hier umändern müssen, wenn wir diese Worte anwenden wollen. (Daß wir also z.B. von den Antipoden als
– 32 –
den Menschen ‘unter’ unserem Erdteil können, es aber nun auch für richtig anerkennen, wenn sie auf uns den gleichen Ausdruck anwenden.)

   
121.
360
     Hier geschieht es nun, daß uns unser Denken einen seltsamen Streich spielt. Wir wollen nämlich das Gesetz des ausgeschlossen Dritten zitieren und sagen: “Entweder es hat ihm ein solches Bild vorgeschwebt, oder nicht – ein Drittes gibt es nicht!” – Dieses seltsame Argument treffen wir auch in andern Gebieten der Philosophie. “In der unendlichen Entwicklung dieser Irrationalzahl kommt einmal die Gruppe “77777” vor, oder nicht – ein Drittes gibt es nicht”. (Siehe Weyl). D.h. Gott sieht es – aber wir wissen es nicht. Was bedeutet denn das? – Wir gebrauchen ein Bild; das Bild einer sichtbaren Reihe, die der Eine übersieht, der Andre nicht. Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten sagt hier: Es muß entweder so ausschaun, oder so. Er sagt also eigentlich – und das ist ja selbstverständlich – garnichts, sondern gibt uns ein Bild. Und das Problem soll nun sein, ob die Wirklichkeit mit dem Bild übereinstimme, oder nicht. Und dies Bild scheint nun, was wir zu tun, wie und wonach wir zu suchen haben, zu bestimmen, – tut es aber nicht, weil wir eben nicht wissen, wie es zu applizieren ist. || anzuwenden ist. Wenn wir hier sagen “es gibt kein Drittes”, oder “es gibt doch kein Drittes” so drückt sich darin aus, daß wir den Blick von diesem Bild nicht wenden können, das ausschaut, als müßte in ihm schon das Problem und seine Lösung liegen, während wir doch fühlen, daß es nicht der Fall ist.
     Ebenso, wenn man sagt “Entweder hat er diese Empfindung, oder er hat sie nicht!” – so schwebt uns dabei vor allem ein Bild vor, das schon den Sinn der Aussagen unmißverständlich
– 33 –
zu bestimmen scheint. “Du weißt jetzt, worum es sich handelt” – möchte man sagen. Und gerade das weiß er damit noch nicht. (Überhaupt wäre der Satz vom ausgeschlossenen Dritten am ehesten so zu verwenden: Wir geben z.B. Einem eine Zeichnung und sagen “Geh dorthin und schau nach, ob es so ausschaut, oder nicht”. Der Zusatz “Ein Drittes gibt es nicht” könnte dann heißen: ich wünsche nur die Antwort “ja” oder “nein”, und keine andere.)

14˙1
  
9
 
122.
315
     Wenn ich das Wort “Schmerz” ganz für das in Anspruch nähme, was ich bis dahin “meinen Schmerz” genannt habe, und was Andere “den Schmerz des L.W.” genannt haben, so geschähe den Andern damit kein Unrecht, solange nur eine Notation vorgesehen wäre, in der Ausfall des Wortes “Schmerz” in anderen Verbindungen irgendwie ersetzt wird || würde. Die Andern werden dann dennoch bedauert, vom Arzt behandelt, etc. Es wäre natürlich auch kein Einwand gegen diese Ausdrucksweise, zu sagen: “aber die Andern haben ja genau dasselbe, was du hast!”
     Aber was hätte ich dann von dieser neuen Art des Ausdrucks? Nichts. Aber der Solipsist will ja auch keine praktischen Vorteile, wenn er seine Anschauung vertritt!

  
9
 
123.
307
     Ich möchte || bin geneigt zu sagen: “Wenn ich sage || Mit den Worten ‘ich habe Schmerzen’, weise ich nicht auf eine Person, die die Schmerzen hat, da ich in gewissem Sinne garnicht weiß, wer sie hat.” – Und daß läßt sich rechtfertigen. Denn vor allem: ich sagte ja nicht, die und die Person habe Schmerzen, sondern “ich habe …”. Nun, damit nenne ich ja keine Person. So wenig, wie, wenn ich vor Schmerzen stöhne. Obwohl der Andere aus dem Stöhnen ersieht, wer Schmerzen
– 34 –
fühlt.
     Was heißt es denn: wissen, wer Schmerzen fühlt? Es heißt, z.B., wissen, welcher Mensch in diesem Zimmer Schmerzen hat: also, der dort sitzt, oder der in dieser Ecke steht, der Lange mit den blonden Haaren dort, oder der Dicke, etc. etc..– Worauf will ich hinaus? Darauf, daß es sehr verschiedene Kriterien der ‘Identität’ der Person gibt.
     Nun, welches ist es, das mich bestimmt, zu sagen, ‘ich’ habe Schmerzen? Gar keins.

  
9
 
124.
308
     “Aber du willst doch jedenfalls, wenn du sagst “ich habe Schmerzen”, die Aufmerksamkeit der Andern auf eine bestimmte Person lenken.” – Die Antwort könnte sein: Nein; ich will sie nur auf mich lenken. –

  
9
 
125.
309
     “Aber du willst doch durch die Worte ‘Ich habe …’ zwischen dir und dem || dem Andern unterscheiden.” – Kann man das in allen Fällen sagen? auch, wenn ich bloß stöhne? Und auch wenn ich zwischen mir und dem Andern ‘unterscheiden will’, – will ich damit zwischen den Personen L.W. und N.N. unterscheiden?

  
14˙1
 
126.
356
     … Während wir nämlich in unzähligen Fällen uns bemühen, ein Bild zu finden, und ist dieses gefunden, die Anwendung sich gleichsam von selbst macht, so haben wir hier bereits ein Bild, das sich uns auf Schritt und Tritt aufdrängt, uns aber nicht aus der Schwierigkeit hilft, die nun erst anfängt.
     Frage ich z.B.: “Wie soll ich es mir vorstellen, daß dieser Mechanismus in dieses Gehäuse
– 35 –
geht?” – so kann als || zur Antwort, etwa eine Zeichnung in verkleinertem Maßstab dienen. Man kann mir dann sagen “Siehst du, so geht er hinein”; oder vielleicht auch: “Warum wundert es dich? So, wie du es hier siehst, so geht es auch dort.” – Das letztere erklärt freilich nichts mehr, sondern fordert dich nur auf, nun die Anwendung von dem Bild, das ich dir gegeben habe, zu machen.

  
14˙1
 
127.
357
     Ein Bild wird heraufbeschworen, das eindeutig den Sinn zu bestimmen scheint. Die wirkliche Verwendung scheint etwas Verunreinigtes der gegenüber, die das Bild uns zeigt. || Bild klar vorzeichnet. Es geht hier wieder, wie in der Mengenlehre: die Ausdrucksform scheint für einen Gott zugeschnitten zu sein, der weiß, was wir nicht wissen können, er sieht die ganzen unendlichen Reihen und sieht in das Bewußtsein des Menschen hinein. Für uns freilich sind diese Ausdrucksformen quasi ein Ornat, das wir wohl anlegen, mit dem wir aber nicht viel anfangen können, da uns die reale Macht fehlt, die dieser Kleidung Sinn und Zweck geben würde.
     In der wirklichen Verwendung der Ausdrücke machen wir gleichsam Umwege, gehen durch Nebengassen; während wir wohl die gerade breite Straße vor uns sehen, sie aber nie || aber freilich nicht benützen können, weil sie permanent gesperrt ist.

43
  
9
 
   
  
9
 
130.
310
     Die Klage sagt nicht, wer klagt.

   
131.
311
     “Du zweifelst doch nicht, ob du sie, oder der Andere sie hat!” – Der Satz “Ich weiß nicht, ob ich, oder der Andre Schmerzen hat” wäre ein logisches Produkt, dessen ein Faktor “Ich weiß nicht, ob ich Schmerzen habe, oder nicht”; und dies ist kein sinnvoller Satz.

  
9
 
132. 312
     Denke, mehrere Leute stehen in einem Kreis, darunter auch ich. Irgendeiner von uns, einmal der, einmal jener, wird mit den Polen einer Elektrisiermaschine verbunden, ohne daß wir es sehen können. Ich trachte zu erkennen, welcher von uns jetzt gerade elektrisiert wird. Einmal sage ich: “Jetzt weiß ich, welcher es ist; ich bin's nämlich.” In diesem Sinne könnte ich auch sagen: “Jetzt weiß ich, wer die Schläge spürt; ich nämlich”. Dies wäre eine etwas seltsame Ausdrucksweise. Wenn ich die Schläge aber auch an einem Ort außerhalb meines Körpers fühlen kann, sodaß mit der Äußerung, daß ich sie fühle, auch || noch nicht gesagt ist, welchen Körper der Kontakt berührt, dann scheint die Ausdrucksweise “Jetzt weiß ich, wer … ” gänzlich inadäquat.

9
  
9
 
133.
313
     Wenn ich, als Einleitung zu einer Mitteilung sage “Ich sage dir”, teile ich ihm erst mit, wer redet? Wenn ich aber sage “Ich rede undeutlich”, so teile ich ihm mit, wer dies tut. Der Satz ist eine Behauptung, ein Ausdruck der Meinung, oder des Wissens. Die Einleitung “Ich sage dir” ist es nicht.
– 37 – 134


   
134.
     Das “ich habe” in “ich habe Schmerzen” ist das Charakteristikum des Empfindungssignals || der Empfindungsäußerung. Das heißt eben: es bedeutet hier etwas anderes, als in den Behauptungen “Ich habe … ”: wo nämlich eine Beziehung einer Sache zu meinem Körper festgestellt wird. – Das Empfindungssignal nennt mich nicht; weil es auch nichts von mir, d.h. von meinem Körper, aussagt.

  
39
 
135.
304
     Die Äußerung der Empfindung eine Behauptung zu nennen, ist dadurch irreführend, daß mit dem Wort “Behauptung” die ‘Prüfung’, die ‘Begründung’, die ‘Bestätigung’, die ‘Entkräftung’ der Behauptung im Sprachspiel verbunden ist.

21, 39˙2, 39
   
136.
     Wozu dient etwa die Aussage: “Ich habe doch etwas, wenn ich Schmerzen habe”?

   
137.
     Statt “man kann nicht”, sage: “es gibt in diesem Spiel nicht”. Statt “man kann im Damespiel nicht rochieren” – “es gibt im Damespiel kein Rochieren”; statt “ich kann meine Empfindung nicht vorzeigen” – “es gibt in der Verwendung des Worts ‘Empfindung’ kein Vorzeigen dessen, was man hat”; statt “man kann nicht alle Kardinalzahlen aufzählen” – “es gibt hier kein Aufzählen aller Glieder”.

  
39˙2
 
138. 338
     Der Satz “Empfindungen sind privat” ist von der Art: Patience spielt man allein.

39˙2
  
9
 
139. 314
     Überlege: Wie können diese Fragen angewendet, und wie entschieden werden:
     1) “Sind diese Bücher meine Bücher?”
     2) “Ist dieser Fuß mein Fuß?”
– 38 –

     3) “Ist dieser Körper mein Körper?”
     4) “Ist diese Empfindung meine Empfindung?”
     Zu 2): Denk an Fälle, in denen mein Fuß anästhesiert, oder gelähmt ist. Unter gewissen Umständen könnte die Frage dadurch entschieden werden, daß festgestellt wird, ob ich in diesem Fuß Schmerzen empfinde.
     Zu 3): Dabei könnte man auf ein Bild im Spiegel weisen. Unter gewissen Umständen aber könnte man einen Körper betasten und die Frage stellen. Unter andern Umständen bedeutet sie das gleiche, wie: “Sieht so mein Körper aus?”
     Zu 4): Welche ist denn diese Empfindung? d.h.: wie verwendet man denn hier das hinweisende Fürwort? Doch anders, als z.B. im ersten Beispiel! Verirrungen entstehen hier wieder dadurch, daß man sich einbildet, auf eine Empfindung zu zeigen, indem man die Aufmerksamkeit auf sie richtet.

  
67
 
140.
542
     Es gibt nicht eine Methode der Philosophie, wohl aber gibt es Methoden, gleichsam verschiedene Therapien.

  
26˙1
 
141.
419
     Denke, du habest Schmerzen und zugleich hörst du, wie nebenan Klavier gestimmt wird. Du sagst “Es wird bald aufhören”. Es ist doch wohl ein Unterschied, ob du den Schmerz meinst, oder das Klavierstimmen! – Freilich; aber worin besteht dieser Unterschied? Ich gebe zu: es wird in vielen Fällen der Meinung eine Richtung der Aufmerksamkeit entsprechen, so wie auch oft ein Blick, eine Geste, oder ein Schließen der Augen, das man ein “Nach-innen-blicken” nennen könnte.

26, 26˙1, 25, 27
  
26˙1
 
142.
420
     Denke, es simuliert Einer Schmerzen und sagt nun
– 39 –
“Es wird bald nachlassen” – kann man nicht von ihm sagen, er meine den Schmerz; und doch konzentriert er seine Aufmerksamkeit auf keinen Schmerz. – Und wie, wenn ich endlich sage: “Er hat schon aufgehört”?

25
  
26˙1
 
143.
421
     Aber kann man nicht auch so lügen, indem man sagt “Es wird bald aufhören” und den Schmerz meint, – aber auf die Frage “Was hast du gemeint?” zur Antwort gibt: “Den Lärm im Nebenzimmer”? In Fällen dieser Art sagt man etwa: “Ich wollte antworten … , habe mir's aber überlegt und geantwortet …”.

25
  
26˙1
 
144.
422
     Man kann sich beim Sprechen auf einen Gegenstand beziehen, indem man auf ihn zeigt. Das Zeigen ist hier ein Teil des Sprachspiels. Und nun kommt es uns vor, als spreche man von einer Empfindung dadurch, daß man seine Aufmerksamkeit beim Sprechen auf sie richtet. Aber wo ist die Analogie? Sie liegt offenbar darin, daß man durch schauen und horchen auf etwas zeigen kann.
     Aber auch auf den Gegenstand zeigen, von dem man spricht, kann ja für das Sprachspiel, für den Gedanken, unter Umständen ganz unwesentlich sein.

36, 25
   
145.
424
     Und auf was zeige ich denn durch die innere Tätigkeit des Horchens? Auf den Laut, der mir zu Ohren kommt, und auf die Stille, wenn ich nichts höre?
     Das Horchen sucht gleichsam einen Gehöreindruck und kann daher auf ihn nicht zeigen, sondern nur auf den Ort, wo es ihn sucht.

36, 25
   
146.
425
     Wenn die rezeptive Einstellung ein ‘Hinweisen’ auf
– 40 –
etwas genannt wird, – dann nicht auf das, was wir durch diese Einstellung erhalten. || dann nicht auf die Empfindung, die wir dadurch erhalten.

36
   
147.
426
     Die geistige Einstellung ‘begleitet’ das Wort nicht in demselben Sinne, wie eine Gebärde es begleitet. (Ähnlich, wie Einer allein reisen kann, und doch von meinen Wünschen begleitet, und wie ein Raum leer sein kann und doch von Licht durchflossen.)

  
26˙3
 
148.
423
     Denk, du telephonierst jemandem und sagst ihm: “Dieser Tisch ist zu hoch” – wobei du mit dem Finger auf den Tisch zeigst ‒ ‒ ‒ welche Rolle spielt hier dies Zeigen? Kann ich sagen: ich meine den betreffenden Tisch, indem ich auf ihn zeige? Wozu dieses Zeigen, und wozu diese Worte und was sonst sie begleiten mag?

25 25˙1
  
36
 
149.
318
     Das innere Hinblicken auf die Empfindung – welche Verbindung soll es denn zwischen Wort und Empfindung herstellen; wozu soll denn diese Verbindung dienen? Wurde ich das gelehrt, als ich diesen Satz gebrauchen, diesen Gedanken denken lernte? (Der Gedanke || Denken ist ist ja etwas, was ich lernen mußte.) || was ich lernte. || Der Gedanke ist ja eine Handlung, die ich lernte.
     Wir lernen allerdings auch dies, unsre Aufmerksamkeit auf Dinge, und auf Empfindungen, richten. Wir lernen beobachten und die Beobachtung beschreiben. Aber wie lehrt man mich dies; wie wird in diesem Falle meine ‘innere Tätigkeit’ kontrolliert? Wonach wird beurteilt, ob ich wirklich Acht gegeben habe?

47, 25˙1
  
27
 
150.
393
     Sagt man z.B.: “Ich habe jetzt eigentlich nicht meinen
– 41 –
Schmerz gemeint, ich habe nicht genügend auf ihn Acht gegeben”? Frage ich mich etwa: “Was habe ich denn jetzt mit diesem Wort gemeint? meine Aufmerksamkeit war zwischen meinem Schmerz und dem Lärm geteilt. –”

26
  
27
 
151.
394
     “Sag mir, was ist in dir vorgegangen, als du die Worte …aussprachst?” – Darauf ist die Antwort nicht: “Ich habe … gemeint”!

   
152.
395
     Anderseits: “Als du vorhin fluchtest, hast du es wirklich gemeint?” Dies heißt etwa soviel wie: “Warst du dabei wirklich ärgerlich?” – Und die Antwort kann auf Grund einer Introspektion gegeben werden und ist oft von der Art: “Ich habe es nicht sehr ernst gemeint”, “Ich habe es halb im Scherz gemeint”, etc.; hier gibt es Gradunterschiede.
     Und man sagt allerdings auch: “Ich habe bei diesem Wort halb und halb an ihn gedacht”.

  
32
 
153.
158
     Das Vorstellungsbild ist das Bild, das beschrieben wird, wenn Einer seine Vorstellung beschreibt.

  
57
 
154.
321
     Freilich, wenn das Wasser im Topf kocht, so steigt der Dampf aus dem Topf und auch das Bild des Dampfes steigt aus dem Bild des Topfes. Aber wie, wenn man sagen wollte, im Bild des Topfes müsse auch etwas kochen?

  
34˙2
 
155.
332
     Wenn du sagst, er sähe ein privates Bild vor sich, das er beschreibe, so hast du immerhin eine Annahme gemacht über das, was er vor sich hat. Und das heißt, das du es näher beschreiben kannst, oder beschreibst. Gibst du zu, daß du gar keine Ahnung hast, von welcher Art, was er vor sich hat, sein könnte, – was verführt dich dann dennoch, zu sagen er habe etwas vor sich? Ist das nicht, als
sagtest du || sagte ich von einem: “Er hat etwas– aber || . Aber ob es Geld, oder Schulden, oder eine leere Kasse ist, weiß ich nicht.
[Beispiel vom Käfer in der Schachtel]

39˙2, 34˙2
  
39˙2
 
156.
377
     “Aber wenn ich mir etwas vorstelle, oder auch wirkliche Gegenstände sähe, so habe ich doch etwas, was mein Nachbar nicht hat.” – Ich verstehe dich. Du willst um dich schauen und sagen: “Nur ich habe doch dieses.” – Aber wozu diese Worte? sie taugen zu nichts. Ja, kannst du nicht auch sagen: “Es ist hier von einem ‘Sehen’ – und daher auch von einem ‘Haben’ – und von einem Subjekt, also auch vom Ich, nicht die Rede”? Könnte ich dich nicht fragen: Das, wovon du redest und sagst, nur du habest es – in wiefern hast du es denn? Besitzt du es? Du siehst es nicht einmal. Ja, müßtest du nicht davon sagen: niemand habe es? Es ist ja auch klar: wenn du logisch ausschließt, daß ein Andrer etwas hat, so verliert es auch seinen Sinn, zu sagen, du habest es.
     Aber was ist dann das, wovon du redest? Ich sagte ja: ich wisse in meinem Innern, wovon du redest. Aber das hieß nicht, ich könne den Gegenstand zeigen, von dem du gesprochen hast. Aber ich weiß, wie du diesen Gegenstand aufzufassen, zu sehen, wie du ihn sozusagen durch Blick und Gesten zu bezeichnen meintest. Ich weiß, in welcher Weise man in diesem Fall vor sich und um sich schaut, und anderes. – Ich glaube, man kann sagen: Du redest (wenn du z.B. im Zimmer sitzt) von dem ‘visuellen Zimmer’. Das, was keinen Besitzer hat, ist das ‘visuelle Zimmer’. Ich kann es so wenig besitzen, als ich darin umhergehen, oder es anschaun, oder darauf zeigen kann. Es gehört in sofern nicht mir an, als es niemand andern angehören kann; oder: es gehört insofern nicht mir an, als ich ja
– 43 –
darauf die gleiche Ausdrucksform verwenden will, wie auf das materielle Zimmer selbst, in dem ich sitze. Die Beschreibung des letztern braucht keinen Besitzer zu erwähnen, ja es muß auch keinen Besitzer haben. Dann aber kann das visuelle Zimmer keinen Besitzer haben. “Denn es hat keinen Herrn außer sich und keinen in sich” – könnte man sagen. Denk dir ein Landschaftsbild, eine Phantasielandschaft, und in ihr ein Haus – und jemand fragte “Wem gehört das Haus?” (Es könnte übrigens die Antwort darauf sein: “Dem Bauer, der auf der Bank davor sitzt”. Aber dieser kann sein Haus dann, z.B. nicht betreten.)

41
   
  
8
 
158.
305
     Es ist richtig, wenn auch paradox, zu sagen: “Ich” bezeichnet keine Person. (In dem Sinne nämlich, in welchem “hier” keinen Ort bezeichnet.)

9
  
25
 
159.
500
     Vorsichtig, wie auf brüchigem Eis, muß man vorwärtsgehen; überall nach Verwendung fragen, nirgends dem Schein des Ausdrucks trauen. Denn jeder der geläufigen Ausdrücke legt eine andere als die tatsächliche Verwendung nahe.

27, 25, 14˙1, 43, 49, 50, 39˙1
  
25
 
160.
501
     Hundert irreleitende Bilder kommen hier zusammen, und das macht die Schwierigkeit der philosophischen Situation aus. Wohin wir treten, wankt wieder der Boden. Die ‘großen’, schwierigen Probleme der Philosophie sind es nicht etwa dadurch, daß hier ein unerhört subtiler und geheimnisvoller Sachverhalt ist, den wir erforschen sollen, sondern dadurch, daß sich an dieser Stelle eine große Menge || Zahl von irreführenden || irreführender Ausdrucksformen sich kreuzen. || treffen.

27, 14˙1, 39˙1
  
14˙1
 
161.
118
     Du denkst, du mußt doch einen Stoff weben: weil du vor einem (wenngleich leeren) Webstuhl sitzt und die Bewegungen des Webens machst.

   
  
39˙2
 
163.
382
     “Das visuelle Zimmer hat keinen Besitzer” heißt soviel als: es hat keinen Nachbar.

   
164.
383
     Was der, der gleichsam das ‘visuelle Zimmer’ entdeckt zu haben schien – was der gefunden hatte, war eine neue Ausdrucksform || Sprechweise, ein neuer Vergleich; und man könnte auch sagen, eine neue Empfindung.

41 45
   
165.
384
     Denk dir, jemand, der auf die Sonne schaut, hätte plötzlich die Empfindung, daß nicht sie sich bewegt, – sondern wir an ihr vorüberziehen. Nun will er sagen, er habe einen neuen Bewegungszustand gesehen, in dem wir uns befinden; und denke, er zeigt nun, durch Gebärden, welche Bewegung er meint, und daß es nicht die der Sonne ist. – Wir hätten es hier mit zwei verschiedenen Anwendungen des Wortes “Bewegung” zu tun.

   
166.
385
     Du deutest die neue Auffassung als das Sehen eines neuen Gegenstands. Du deutest eine grammatische Bewegung, die du gemacht hast, – als quasi-physikalische Erscheinung, die du beobachtest. (Denke z.B. an die Frage “Sind Sinnesdaten der Baustoff des Universums?”)
     Aber mein Ausdruck ist nicht einwandfrei: du habest eine ‘grammatische’ Bewegung gemacht. Du hast vor allem eine neue Auffassung gefunden. So, als hättest du eine neue Malweise erfunden; oder auch ein neues Metrum, oder eine neue Art der Gesänge. –

41 45
  
39˙1
 
167.
     Mann || Man kann doch einen Spiegel besitzen; besitzt man dann auch das Spiegelbild, das sich in ihm zeigt?

  
39˙3
 
168.
112 303
     “Sätze dienen ja dazu, zu beschreiben, wie sich alles verhält”, denken wir. Der Satz als Bild. Und das ist
– 46 –
recht schön, aber es gibt doch Stilleben, Porträts, Landschaftsbilder, mythologische Darstellungen, Ornamente, Landkarten, Diagramme, etc. etc.

44, 4,
   
169.
     Vergleiche: Eine Schachpartie im Kopf spielen – Ein Fußballmatch im Kopf spielen. – Sich selbst zum Geburtstag etwas schenken – Sich selbst ein Haus abkaufen.

   
170.
     “Die Annahme, daß dieser Mensch – der sich ganz normal benimmt – dennoch blind ist, hat doch Sinn!” – D.h.: ‘es ist doch eine Annahme’, ‘ich kann doch so etwas wirklich annehmen’. Und das heißt: ich mache mir doch ein Bild von dem, was ich annehme. Wohl; aber geht es weiter? Wenn ich die Annahme, daß Einer blind ist, unter andern Umständen mache, bestätige ich mir doch nie, daß diese Annahme wirklich Sinn hat. Und daß ich mir dabei wirklich etwas denke, ein Bild habe, spielt dann gar keine Rolle. Dieses Bild wird erst hier wichtig, wo es sozusagen der einzige Anhaltspunkt dafür ist, daß ich wirklich eine Annahme gemacht habe. Ja es ist alles, was von einer Annahme hier noch übrig ist.

  
39˙2
 
171.
380
     “Nichts im Gesichtsfeld deutet darauf hin … ” (Log. Phil. Abh.) Das heißt sozusagen: Du wirst vergebens im Gesichtsraum nach dem Seher ausschauen. Er ist nirgends im Gesichtsraum zu finden. – Aber die Wahrheit ist: Du tust nur, || : als suchtest du nach einer Person, nach einem Etwas, welches nicht da ist.

41
  
39˙2
 
172.
381
     “Im visuellen Raum gehen keine Lichtstrahlen von einem Objekt zu einem Auge.” – Wenn ich das sage, so habe ich doch förmlich ein Bild von dieser Tatsache. Und ich
– 47 –
habe ein Bild vom visuellen Raum, ein anderes vom physikalischen Raum. Die Bilder aber sind die, zweier verschiedener Räumlichkeiten. Im einen ist der leere Raum gleichsam von Konstruktionslinien durchzogen; im andern ist er im strengen Sinne leer – gleichsam dunkel. (Und diese Worte selbst beschreiben nicht sowohl die beiden Bilder, sondern gehören selbst zu diesen Bildern.)
     Erinnere dich nun daran, daß wir in unserm Satz etwas über die ‘Natur’ des visuellen Raumes ausgesagt, – aber dadurch von dem Ausdruck “der visuelle Raum” noch keinen praktischen Gebrauch gemacht haben. Wie wollen wir den Ausdruck nun anwenden? Wohl bei der Mitteilung des subjektiven Gesichtseindrucks: z.B. in einem psychologischen Experiment. Wir sagen etwa: “In meinem visuellen Raum stehen Gegenstände in folgender Anordnung: …”
     Und statt “in meinem visuellen Raum” kann man einfach “im visuellen Raum” sagen, und das besitzanzeigende Fürwort durch die Praxis der Anwendung des Ausdrucks ausscheiden. Es ist leicht, sich die Regeln einer solchen Anwendung auszudenken. – Und wem sich diese Darstellungsart (aus irgend welchen Gründen) aufdrängt, der wird geneigt sein, zu sagen: es gibt nicht ‘meinen’ und ‘seinen’ Gesichtsraum; es gibt nur den Gesichtsraum.
     Denken wir an Beschreibung eines Bildes. Es sei ein Landschaftsbild; zwei Formen der Beschreibung sind möglich. In der einen heißt es: Die Abendsonne beleuchtet die Gipfel der Berge … die Bäume werfen lange Schatten … im See spiegeln sich die Wolken, etc.. In der andern: Die Sonne ist knapp über dem Horizont … die Gipfel der Berge sind hell … die Bäume haben lange
– 48 –
Schlagschatten … im See sieht man blauen Himmel und Wolken, etc..
     (Vielleicht wird man sagen, die erste Art der Beschreibung sei nur dort anzuwenden, wo die Lichter und Schatten, etc. wirklich im Bild motiviert seien. So ist es aber nicht. Wäre z.B. an einer Stelle des Bildes eine unmotivierte Helligkeit, so könnten wir einfach sagen “Von einer unsichtbaren Quelle fällt Licht auf …”)
     Wenn nun Einer sagte: “In dem Raum eines Bildes fällt kein Licht von einem Gegenstand auf einen andern” – was könnte er mit dieser Aussage wollen? Ist es nicht eine besondere Betrachtungsweise, die er uns vorhält? Der Satz ist zeitlos; ich will nicht sagen “Im Bildraum fällt nie Licht … ”, noch “Die Erfahrung lehrt … ”, sondern: es ist im Wesen des Bildraumes.
     Man könnte den Satz aber auch so verwenden: “Es nützt nichts, daß du die Sonne auf diesem Bild noch heller malst, die Berge werden dadurch nicht heller.”
     Die Betrachtungsweise, die uns vorgehalten wurde, ist etwa die: Auch im Bilde gibt es ein Rechts und Links, ein Vorn und Hinten, und räumliche Gegenstände; sie sind hier hell, hier dunkel; aber es gibt nicht die (uns wohlbekannten) kausalen Zusammenhänge zwischen den Helligkeiten und Dunkelheiten. – Eine Analogie wird also hervorgehoben, eine andere unterdrückt. Der Ausdruck “im Bildraum fällt kein Licht etc.” zieht uns aber in anderer Richtung, (setzt uns auf ein anderes Denkgeleise). Wir stellen uns eine physikalische Räumlichkeit vor, in der die Gegenstände eine magische Helligkeit besitzen, und nicht auf einander durch ihre Helligkeit wirken.
     Wenn Einer sagt “Im Gesichtsraum gehen keine Lichtstrahlen … ” – so weiß ich zunächst noch nicht sicher,
– 49 –
wie er diese Aussage verwenden will. Er könnte ja z.B. fortfahren: “ich will damit sagen, daß nicht in allen Fällen, in denen gesehen wird, mit dem Auge gesehen wird.”
     Aber ich kann den Satz wohl am besten so erklären: “Im Gesichtsraum gehen Strahlen von da dorthin” heiße, es ziehen leuchtende Linien durch den Raum; wo solche nicht zu sehen sind, wo (wie man auch sagen kann) solche im Gesichtsraum nicht vorhanden sind, spreche man nicht von ‘Strahlen im Gesichtsraum’.
     Ich will zeigen, wie leicht es ist, durch natürliche Übergänge || durch natürlich sich uns darbietende Übergänge von einer Darstellungsweise zur andern zu einem Satz zu gelangen, der ganz den Charakter einer Aussage über eine fremdartige Welt trägt; und der uns doch nur ein fremdartiges Bild vorhält zur Darstellung wohlvertrauter Dinge.

64
  
39˙3
 
173.
386
     Wo sehe ich das Haus: hier in meinem Auge, oder dort, wo es steht? Angenommen, ich entschiede mich für eine der beiden Antworten, – welche Konsequenz hätte die Entscheidung?
     Aufgabe: Man sagt “ich sehe dort ein Haus”; wie wird dieser Satz angewendet? Und wie könnte man den anwenden: “Ich sehe das Haus hier” (wobei auf ein Auge, oder auf beide Augen zeigt)? – Vergleiche damit: “Wenn ich mit einem Stock diesen Gegenstand abtaste, habe ich die Tastempfindung in der Spitze des Stockes, nicht in der Hand, die ihn hält.” Wenn Einer sagt “Ich habe nicht hier in der Hand, sondern im Handgelenk Schmerzen”, so ist die Konsequenz, daß der Arzt das Handgelenk untersucht. Welchen Unterschied macht es aber, ob ich sage, ich fühle die Härte des Gegenstands in der Stockspitze; oder in der Hand? Heißt, was ich sage: “Es ist, als hätte
– 50 –
ich Nervenenden in der Stockspitze”? Inwiefern ist es so? – Nun, ich bin jedenfalls geneigt, zu sagen “Ich fühle die Härte, etc. in der Stockspitze”; und damit geht zusammen, daß ich beim Abtasten nicht auf meine Hand, sondern auf die Stockspitze sehe, daß ich, was ich fühle, mit den Worten beschreibe “Ich fühle dort etwas Hartes, Rundes” – nicht, indem ich sage “Ich fühle einen Druck gegen die Fingerspitzen des Daumens, Mittelfingers und Zeigefingers ….” Wenn mich etwa jemand fragte “Was fühlst du jetzt in den Fingern, die die Sonde halten?”, so könnte ich ihm antworten: “Ich weiß nicht ‒ ‒ ‒ ich fühle dort etwas Hartes, Rauhes.” [Vgl.: Fühlt mein Körper Schmerzen oder ich in ihm?]

33, 34, 39˙3
  
47
 
174.
374
     Wenn ich mir im Innern das ABC vorsage, was ist das Kriterium dafür, daß ich das Gleiche tue, wie ein Andrer, der es sich im Stillen vorsagt? Es könnte gefunden werden, daß in meinem Kehlkopf und seinem das Gleiche dabei vorgeht. (Und ebenso, wenn wir beide an das Gleiche denken, das Gleiche wünschen, etc..) Aber lernten wir denn die Verwendung der Worte “sich im Stillen das und das vorsagen”, indem auf einen Vorgang im Kehlkopf, oder im Gehirn hingewiesen wurde? Ist es nicht auch ganz gut || auch wohl möglich, daß meiner Vorstellung vom Laut a und seiner verschiedene physiologische Vorgänge entsprechen? Die Frage ist: wie vergleicht man Vorstellungen?

48, 33
  
34˙3
 
175.
368
     Die große Schwierigkeit ist hier, die Sache nicht so darzustellen, als könne man etwas nicht. Als wäre da also zwar ein Gegenstand || Als wäre da wohl ein Gegenstand, von dem ich die Beschreibung abziehe, aber ich wäre nicht im Stande, ihn jemandem zu zeigen. – Und das Beste, was ich vorschlagen kann, ist wohl, daß wir der Versuchung, dies Bild zu gebrauchen, nachgeben: aber nun
– 51 –
untersuchen, wie es sich weiter anwenden läßt. || nachgeben, aber nun untersuchen, wie die Anwendung dieses Bildes aussieht.


34˙2 39˙1 39˙3 30
  
39˙1
 
176.
347
     Warum soll ich denn leugnen, daß ein geistiger Vorgang da ist?! Nur heißt “Es hat jetzt in mir der geistige Vorgang der Erinnerung an … stattgefunden” eben: “Ich habe mich jetzt an … erinnert”. Den geistigen Vorgang leugnen, hieße die Erinnerung || das Erinnern leugnen; leugnen, daß irgend jemand sich je an irgend etwas erinnert.

49
  
34˙3
 
177.
319
     Denken wir uns eine Tabelle, die nur in unsrer Vorstellung existiert. Etwa ein Wörterbuch. Mittels eines Wörterbuchs kann man die Übersetzung des Wortes X durch ein Wort Y rechtfertigen. Sollen wir es aber auch eine Rechtfertigung nennen, wenn diese Tabelle nur in der Vorstellung nachgeschlagen wird? – “Nun, es ist dann eben eine subjektive Rechtfertigung.” – Aber die Rechtfertigung bestand || besteht doch darin, daß man eine unabhängige Stelle appelliert. – “Aber ich kann doch von meiner Erinnerung || von meinem Erinnern eines Sachverhalts an mein Erinnerungsbild eines andern || eine andre appellieren. Ich weiß – z.B. – nicht, ob ich mir die Abfahrzeit des Zuges richtig gemerkt habe und rufe mir zur Kontrolle das Bild der Tabelle des Fahrplans ins Gedächtnis. Haben wir hier nicht den gleichen Fall?” – Nein; denn es ist wesentlich, daß dieser Vorgang wirklich hilft, die richtige Erinnerung hervorzurufen || dieser Vorgang muß nun wirklich die richtige Erinnerung hervorrufen. Wäre das Vorstellungsbild des Fahrplans nicht selbst auf seine Richtigkeit zu prüfen, wie könnte es eine Bestätigung der Richtigkeit der ersten Erinnerung sein? Als || Dann wäre es als kaufte Einer mehrere Exemplare der heutigen Morgenzeitung, um sich zu vergewissern,
– 52 –
ob sie die Wahrheit schreibt.)
     In der Vorstellung eine Tabelle nachschlagen ist so wenig ein Nachschlagen einer Tabelle, wie die Vorstellung des Resultats eines vorgestellten Experiments das Resultat eines Experiments ist.

   
178.
     Ähnlich wäre es fast, wenn man beim Würfeln, wieviel ein Wurf gelten soll, durch einen weitern Wurf bestimmte.

  
34˙2
 
179.
320
     Angenommen, man wollte die Dimensionierung einer Brücke, die in unsrer Vorstellung gebaut wird, dadurch rechtfertigen, daß man zuerst in der Vorstellung Zerreißproben mit dem Material in der Brücke macht. Dies wäre natürlich die Vorstellung von dem, was man die Rechtfertigung der Dimensionierung einer Brücke nennt; aber würden wir es auch ein Rechtfertigung der Vorstellung einer Dimensionierung nennen || wäre es auch eine Rechtfertigung der Vorstellung einer Dimensionierung?

57, 34˙3
  
34˙3
 
180.
316
     “Ich kann mir (im Innern) doch vornehmen, in Zukunft das ‘Schmerz’ zu nennen.” – “Aber hast du es dir auch gewiß vorgenommen? Bist du sicher, daß es dazu genug war, die Aufmerksamkeit auf dein Gefühl zu konzentrieren?” – Seltsame Frage. –

  
﹖ 34˙3
 
181.
324
     Warum kann meine rechte Hand nicht meiner linken Geld schenken? – Nun, es läßt sich tun. Meine || meine rechte Hand kann es in meine linke geben. Ja meine rechte Hand könnte eine Schenkungsurkunde schreiben und meine linke eine Quittung. – Aber die weiteren praktischen Folgen wären nicht die einer Schenkung. Wenn die linke Hand das Geld von der rechten genommen, die Quittung geschrieben ist, || hat etc. – wird man fragen: “Nun, und was dann || Und was ist damit geschehen?”
– 53 –
Und das Gleiche könnte man Fragen, wenn Einer sich eine private Worterklärung gegeben hat; ich meine: wenn er sich ein Wort vorsagt dabei seine Aufmerksamkeit auf eine Empfindung konzentriert.

36
  
49
 
182.
346
     “Aber du kannst doch nicht leugnen, daß beim Erinnern ein innerer Vorgang stattfindet.” – Warum macht es denn den Eindruck, als wollten wir etwas leugnen? Wenn man sagt “Es findet doch dabei ein innerer Vorgang statt”, so will || möchte man fortsetzen: “Du siehst es doch.” Und es ist doch dieser innere Vorgang, den man mit dem Wort “sich erinnern” meint. – Es macht den Eindruck, daß wir etwas leugnen wollen, weil wir uns gegen das Bild vom ‘innern Vorgang’ wenden. || Der Eindruck, als wollten wir etwas leugnen, rührt daher, daß wir uns gegen das Bild vom ‘innern Vorgang’ wenden. Was wir leugnen ist, daß das Bild vom innern Vorgang uns die richtige Idee von der Verwendung des Wortes “erinnern” gibt. Ja wir sagen, daß dieses Bild mit seinen Ramifikation || Verzweigungen uns verhindert, die Verwendung des Wortes zu sehen, wie sie ist.

39
  
55
 
183.
45
     Eine Hauptursache philosophischer Krankheiten – einzige || einseitige Diät: man nährt sein Denken mit nur einer Art von Beispielen.

55, 4, 42,
   
184.
     Nennst du den Gedanken ein ‘Erlebnis’, so ist er das Erlebnis des Gedankenausdrucks.

   
185.
     Denken wir uns eine Variante des Tennisspiels: es wird in die Regeln dieses Spiels die aufgenommen, der Spieler habe sich bei gewissen Spielhandlungen das und das vorzustellen! (Der Zweck dieser Regel sei, das Spiel zu erschweren.) Der erste Einwand ist: man könne in diesem Spiel zu leicht schwindeln. Aber dem
– 54 –
wird mit der Annahme begegnet, das Spiel werde nur von ehrlichen und zuverlässigen Menschen gespielt. Hier haben wir also ein Spiel mit innern Spielhandlungen. –
     Welcher Art ist nun die innere Spielhandlung, worin besteht sie? Darin, daß er – der Spielregel gemäß – sich … vorstellt. – Könnte man aber nicht auch sagen: Wir wissen nicht, welcher Art die innere Spielhandlung ist, die er der Regel gemäß ausführt; wir kennen nur ihre Äußerungen? Die innere Spielhandlung sei ein X, dessen Natur wir nicht kennen. Oder: Es gibt || gebe auch hier nur äußere Spielhandlungen: die Mitteilung der Spielregel und das was man die ‘Äußerung des innern Vorgangs’ nennt. ‒ ‒ ‒ Nun, kann man das Spiel nicht auf alle drei Arten beschreiben? Auch das mit dem ‘unbekannten’ ist eine ganz mögliche Beschreibungsart. Der Eine sagt, die sogenannte ‘innere’ Spielhandlung sei mit einer Spielhandlung im gewöhnlichen Sinne nicht vergleichbar – der Andre sagt, sie sei mit einer solchen vergleichbar – der Dritte: sie sei vergleichbar nur mit einer Handlung, die im Geheimen geschieht und die niemand kennt, als der Handelnde.
     Wichtig ist für uns, daß wir die Gefahren des Ausdrucks “innere Spielhandlung” sehen. Er ist gefährlich, weil er Verwirrung hervorruft || anrichtet.

   
186.
     Das Achselzucken, Kopfschütteln, Nicken, u.s.f., nennen wir Zeichen vor allem darum, weil sie in dem Gebrauch unsrer Wortsprache eingebettet sind.

   
   
  
38˙1
 
189.
25
     “Der Hund meint etwas mit seinem Wedeln.” – Wie würde man das begründen? – Sagt man auch: “Die Pflanze, wenn sie ihre Blätter hängen läßt, meint damit, daß sie Wasser braucht”? –

24, 50, 25, 33, 26˙2
  
38˙1
 
190.
26
     Wir würden kaum fragen, ob das Krokodil etwas damit meint, wenn es mit offenem Rachen auf einen Menschen zukommt. Und wir würden erklären: das Krokodil könne nicht denken, und darum sei eigentlich hier von einem Meinen keine Rede.

24 33
  
27˙01
 
191.
401
     “Du sagtest ‘Es wird bald aufhören’ – Hast du an den Lärm gedacht, oder an deine Schmerzen?” Wenn er nun antwortet “Ich habe ans Klavierstimmen gedacht”, konstatiert er, es habe diese Verbindung bestanden, oder schlägt er sie mit diesen Worten? – Kann ich nicht beides sagen? Wenn, was er sagte, wahr war, bestand da nicht jene Verbindung? Und schlägt er nicht dennoch eine, die
– 56 –
nicht bestand?

   
192.
     Ich zeige mit der Hand und sage “Komm her!”. A fragt “Hast du mich gemeint?” Ich sage “Nein; den B.” – Was ging da vor, als ich den B meinte (da doch mein Zeigen es zweifelhaft ließ, welchen ich meinte)? – Ich sagte diese Worte, machte diese Handbewegung; || . Mußte noch mehr vorgehen, daß das Sprachspiel vor sich gehen konnte? || Gehörte noch mehr dazu, daß das Sprachspiel gespielt werden konnte? Aber wußte ich nicht schon während des Zeigens, wen ich meinte? Wußte? Ich hätte z.B. auf B. gezeigt, auch wenn A nicht in seiner Nähe gestanden wäre. || Wußte? Freilich, – nach den üblichen || gewöhnlichen Kriterien des Wissens.

  
27
 
193.
390
     “Freilich habe ich B gemeint; – ich habe garnicht an A gedacht!”
     “Ich wollte, B sollte zu mir kommen, damit …” – Alles dies || Dies deutet auf einen größern Zusammenhang.

  
﹖ 27
 
194.
391
     Ist es nicht genau so mit dem Verbum “Verstehen”? Es erklärt mir jemand die Route, die ich dort und dort hin zu nehmen habe. Er fragt “Hast du mich verstanden?” Ich antworte “Ich hab's verstanden.” – Will ich ihm mitteilen, was in mir während seiner Erklärung vorging || vorgegangen ist? – Und doch ließe sich auch das mitteilen. Wie würde so eine Mitteilung lauten.

   
195.
     Ich sage “Komm her!” und zeige in der Richtung des A. B, der neben || bei ihm steht, macht einen Schritt auf mich zu. Ich sage: “Nein; A soll kommen.” Wird man das nun als eine Mitteilung über meine innern Erlebnisse || meine Seelenvorgänge auffassen? Gewiß nicht. – Und könnte man nicht doch daraus Schlüsse auf Vorgänge ziehen,
– 57 –
die in mir beim Aussprechen des Befehls stattgefunden haben? || des Befehls “Komm her!” stattgefunden haben?
     Aber auf was für Vorgänge? Könnte man nicht mutmaßen, ich habe bei meinem Befehl auf A geschaut; mein Gedankengang habe mich zu ihm geleitet? Aber vielleicht kenne ich den B überhaupt nicht, stehe nur mit A in Verbindung. Dann hätte also, wer meine seelischen Vorgänge mutmaßte, ganz irregehen können, und hätte dennoch verstanden, daß ich den A und nicht den B gemeint habe.

  
26
 
196.
414
     Wenn ich das Gesicht des N nach dem Gedächtnis für mich hin zeichne, so kann man doch sagen, ich meine ihn mit meiner Zeichnung. Aber von welchem Vorgang, der während des Zeichnens stattfindet, könnte ich sagen, er wäre das Meinen?
     Denn man möchte natürlich sagen: als er ihn meinte, habe er auf ihn gezielt. Wie aber macht das Einer, wenn er sich das Gesicht des Andern in die Erinnerung ruft?
     Ich meine, wie ruft er sich ihn ins Gedächtnis? Wie ruft er ihn?

  
54
 
197.
443
     Wir sagen “Ich erwarte ihn”, wenn wir glauben, er werde kommen, sein Kommen uns aber nicht weiter beschäftigt. Man könnte sagen, daß “erwarten” sich hier nicht auf einen Zustand bezieht, in welchem ich mich befinde. Wir sagen aber auch “Ich erwarte ihn”, wenn dies heißen soll: Ich harre auf ihn. Wir könnten uns eine Sprache denken, die in diesen Fällen verschiedene Verben benützt. Und ebenso mehr als ein Verbum dort, wo wir von ‘glauben’, ‘hoffen’ etc. reden. Die Begriffe dieser Sprache wären für ein Verständnis der Psychologie viel geeigneter, als die Begriffe unsrer Sprache.
– 58 –


58, 59
  
27˙01
 
198.
403
     Wenn die Verbindung des Meinens vor dem Befehl hergestellt werden konnte, dann auch nach dem Befehl.

   
199.411
     In manchen spiritistischen Handlungen ist es wesentlich, daß man an eine bestimmte Person denke. Und wir haben hier den Eindruck, als wäre ‘an ihn denken’ gleichsam, ihn mit meinen Gedanken aufspießen. Oder es ist, als stäche ich immer wieder mit den Gedanken nach ihm hin. Denn sie schweifen etwa immer wieder ein wenig von ihm ab.

  
27
 
200.
396
     Wenn du mir sagst, du habest geflucht und dabei den N gemeint, so wird es mir gleichgültig sein, ob du dabei sein Bild ansahst || anschautest || angeschaut, ob du der ihn vorstelltest || vorgestellt, seinen Namen aussprachst || ausgesprochen hast, etc. Die Schlüsse aus dem Faktum, die mich interessieren, haben damit nichts zu tun. Anderseits aber könnte es sein, daß Einer mir erklärt, der Fluch sei nur dann wirksam, wenn man sich den Menschen klar vorstellt, oder seinen Namen laut ausspricht. Und hier könnte man vielleicht || etwa sagen “Es kommt darauf an, wie der Fluchende sein Opfer meint.” Aber das ist nicht die gewöhnliche Verwendung von “meinen”.

   
201.
397
     Man fragt natürlich auch nicht: “Bist du sicher, daß du ihn verflucht hast, daß die Verbindung mit ihm hergestellt war?”
     So ist also wohl diese Verbindung sehr leicht herzustellen, daß man ihrer so sicher sein kann?! wissen kann, daß sie nicht daneben geht. – Nun, kann es mir passieren, daß ich an den Einen schreiben will und tatsächlich an den Andern schreibe? und wie könnte das geschehen?
– 59 –


26
   
202.
     Wenn ich zwei Freunde gleichen Namens habe, und ich schreibe einem von ihnen einen Brief; worin liegt es, daß ich ihn nicht dem andern schreibe? Am Inhalt? Aber der könnte für beide passen. (Die Adresse habe ich noch nicht geschrieben.) Nun, die Verbindung kann in der Vorgeschichte liegen. Dann aber auch in dem, was dem Schreiben folgt. Wenn mich nun jemand fragt “An welchen der beiden schreibst du?” und ich antworte ihm, – schließe ich die Antwort aus der Vorgeschichte? Gebe ich sie nicht beinahe, wie ich sage “Ich habe Zahnschmerzen”? – Könnte ich im Zweifel darüber sein, welchem von beiden ich schreibe? Und wie sieht so ein Zweifelsfall aus? – Ja, wäre nicht auch der Fall einer Täuschung möglich: ich glaube dem Einen zu schreiben und schreibe dem Andern? Und wie sähe der Fall einer solchen Täuschung aus?
     (Man sagt manchmal: “Was wollte ich nur in dieser
Lade suchen? – Ach ja, die Photographie!” Und wenn uns dies einfällt, erinnern wir uns wieder an den Zusammenhang unsrer Handlung mit dem, was vorherging. Es könnte aber auch den Fall geben: Ich öffne die Lade und krame in ihr; endlich komme ich gleichsam zur Besinnung und frage mich “Warum suche ich nur in dieser Lade herum?” Und dann kommt die Antwort “Ich will die Photographie des … sehen”. “Ich will”, nicht “Ich wollte”. Das Öffnen der Lade, etc. geschah dann sozusagen automatisch und erhielt später || nachträglich eine Interpretation.)

  
26˙4
 
203.
198
     Man möchte fragen: “Hätte Einer, der in dein Inneres zu sehen im Stande wäre, dort sehen können, daß du das sagen wolltest?”
     Angenommen, ich hätte mir meinen Vorsatz auf einem
– 60 –
Zettel notiert, so hätte ein Andrer meinen Vorsatz dort lesen können. Und kann ich mir denken, daß er ihn auf irgend einem Wege hatte sicherer erfahren können? || , als so? Gewiß nicht.

26˙4
  
53
 
204.
462
     Ich erinnere mich, ihn gemeint zu haben. Erinnere ich mich eines Vorgangs; oder Zustands? Wann fing er an, wie verlief er, etc.?

  
14˙1
 
205.
350
     Woran glaube ich, wenn ich an eine Seele im Menschen glaube? Woran glaube ich, wenn ich glaube, diese Substanz enthalte zwei Ringe von Kohlenstoff-Atomen? In beiden Fällen ist ein Bild im Vordergrund, der Sinn aber weit im Hintergrund; d.h., die Anwendung des Bildes nicht leicht zu übersehen.

  
27
 
206.
398
     Gedanken erraten. Spielkarten liegen auf einem Tisch. Ich will, daß der Andre eine von ihnen berühren soll. Ich schließe die Augen und denke an eine dieser Karten; der Andre soll erraten, welche ich meine. – Er läßt sich darauf etwa eine Karte einfallen, und wünscht, meine Meinung zu treffen. Er berührt die Karte und ich sage “Ja, sie || die war's”, oder sie war's nicht. Eine Variante dieses Spiels wäre es, daß ich auf eine bestimmte Karte sehe || schaue, so zwar, daß der Andre die Richtung meines Blicks nicht sieht, und daß er nun die Karte erraten muß, auf die ich schaue. Daß dies eine Variante des ersten Spiels ist, ist wichtig. Es kann hier wichtig sein, wie ich an die Karte denke, weil es sich zeigen könnte, daß davon die Zuverlässigkeit des Erratens abhängt. Sage ich aber im gewöhnlichen Leben “Ich dachte soeben an N”, so fragt man mich nicht “Wie hast du an ihn gedacht?”.
– 61 – – 56 –
  
26˙3
 
207.
457
     Wenn ich sage “Ich habe in diesem Zimmer einen Sessel gesehen”, so kann ich mich meistens nur sehr beiläufig an das besondere Gesichtsbild erinnern, und es hat in den meisten Fällen auch gar keine Bedeutung. Der Gebrauch, der von dem Satz gemacht wird, geht an dieser Besonderheit vorbei. || Das Gesichtsbild, das ich erhielt, tritt in den Gebrauch des Satzes nicht ein. Ist es nun so auch, wenn ich sage “Ich habe den N gemeint”? Geht dieser Satz in der gleichen Weise an den Besonderheiten des Vorgangs vorbei?

   
  
26˙3
 
209.
435
     Wenn ich sage “Ich meinte ihn”, da mag mir wohl ein Bild vorschweben, etwa davon, wie ich ihn ansah, etc.; aber das Bild ist nur, wie eine Illustration zu einer Geschichte. Aus ihr allein wäre meistens gar nichts zu erschließen; erst wenn man die Geschichte kennt, weiß man, was es mit dem Bild soll.
     (Denke, ich sähe eine Illustration, wüßte aber nicht, ob sie eine Situation der Haupterzählung, oder eine Erinnerung, einen Wunsch, einen Traum des Helden, oder einer andern Person, darstellt.)

  
53
 
210.
464
     Wozu sage ich jemandem, ich hätte früher den und den Wunsch gehabt?
     Sieh auf das Sprachspiel als das Primäre! Und auf die Gefühle, etc., als auf eine Betrachtungsweise ||
– 62 –
Deutung
des Sprachspiels!
     Man könnte fragen: Wie ist der Mensch je dahin gekommen, eine sprachliche Äußerung zu machen, die wir “Berichten eines vergangenen Wunsches” nennen können?

   
211.
465
     Denken wir uns, diese Äußerung nehme immer die Form an: “Ich sagte mir: ‘wenn ich nur länger bleiben könnte!’”
     Der Zweck einer solchen Mitteilung könnte sein, den Andern meine Reaktionen kennen zu lehren. (Vergleiche die Grammatik von “meinen” und “vouloir dire”.)

   
212.
     Wenn Max sagt “Der Fürst trägt Vatersorge für die Truppen”, so meint er Wallenstein. – Angenommen, jemand sagte: Wir wissen nicht, ob er Wallenstein meint; er könne in diesem Satz auch einen andern Fürsten meinen.

  
27˙01
 
213.
400
     Ich zeichne einen Kopf. Du fragst mich “Wen soll das vorstellen?” – Ich: “Das soll N sein.” Du: “Es sieht ihm aber nicht ähnlich. Eher noch dem M.” – Als ich sagte, es stelle den N vor, – machte ich einen Zusammenhang, oder berichtete ich von einem || oder berichte ich einen? Welcher Zusammenhang hatte denn bestanden?

   
  
53
 
215.
441
     Erinnere ich mich daran, daß ich das und das für
– 62 –
einen Augenblick habe sagen wollen, so erinnere ich mich oft auch an gewisse ‘Einzelheiten’. Diese Einzelheiten sind nicht irrelevant in dem Sinne, in welchem andere Umstände, an die ich mich auch erinnern kann, es sind. Aber wem ich mitteile “Ich wollte für einen Augenblick sagen … ”, der erfährt dadurch diese Einzelheiten nicht und muß auch nicht erraten. Er muß z.B. nicht wissen, daß ich schon den Mund zum Sprechen geöffnet hatte. Er kann sich aber den Vorgang so ‘ausmalen’.

  
53
 
216.
442
     Die Grammatik des Ausdruckes “etwas sagen wollen” ist verwandt der des Ausdrucks “etwas sagen können” || “Ich wollte damals sagen … ” ist verwandt der von “Ich hätte damals fortsetzen können”.
     Im einen Fall die Erinnerung an eine Absicht, im andern, an ein Verstehen.

2˙2 2˙1
  
26˙2
 
217.
183
     Man kann doch nur etwas sagen, wenn man sprechen gelernt hat: || . Wer also etwas sagen will, muß dazu auch gelernt haben, eine Sprache zu beherrschen; und doch ist es klar, daß er beim Sprechenwollen nicht sprechen mußte. Wie er auch beim Tanzenwollen nicht tanzt.
     Und wenn man darüber nachdenkt, so greift der Geist nach der Vorstellung des Tanzens, Redens etc..

   
   
  
53
 
220.
443
     “Ich wollte sagen …” – Du erinnerst dich an verschiedene Einzelheiten. Aber sie alle zeigen nicht diese Absicht. Es ist, als wäre das Bild einer Scene aufgenommen worden, aber es sind von ihm nur einige verstreute Einzelheiten zu sehen; hier eine Hand, dort ein Stück eines Gesichts, oder eine Haut, – das übrige ist dunkel. Und nun ist es, als wüßte ich doch ganz gewiß, was das ganze Bild darstellt. Als könnte ich das Dunkel lesen.

   
221.
     Sage ich “Ich wollte damals das und das tun” und beruht diese Aussage auf den Gedanken, Vorstellungen, etc., an die ich mich erinnere, so muß ein Andrer, dem ich nur diese Gedanken, Vorstellungen, etc. mitteile, daraus mit ebensolcher Sicherheit schließen können, ich hätte damals das und das tun wollen. – Er könnte das aber nicht. Ja, schlösse ich selbst nun aus dieser Evidenz auf meine Absicht, so würde der Andre mit Recht sagen, dieser Schluß
– 65 –
sei sehr unsicher.

  
53
 
222.
463
     Warum will ich außer dem, was ich tat, auch noch eine Intention mitteilen? – Nicht, weil die Intention auch etwas war, was damals stattfand. Sondern, weil ich etwas über mich mitteilen will, was über das hinausgeht, was damals geschah. Ich erschließe ihm mein Inneres, wenn ich sage, was ich tun wollte. – Nicht aber auf Grund von Selbstbeobachtung sondern durch eine Reaktion (man könnte es auch eine Intuition nennen).

  
27
 
223.
409
     Kann ich mit dem Wort “bububu” meinen “Wenn es nicht regnet, werde ich spazieren gehen”? – Nur in einer Sprache kann ich etwas mit etwas meinen. Das zeigt klar, daß die Grammatik von “meinen” nicht ähnlich der ist des Ausdrucks “sich etwas vorstellen” und dergl..

  
26
 
224.
415
     “Ich denke an N.” “Ich rede von N.” Wie rede ich von N? Ich sage etwa “Ich muß heute N besuchen.” ‒ ‒ ‒ Aber das ist doch nicht genug! Mit “N” könnte ich doch verschiedene Personen meinen, die diesen Namen haben. “Also muß noch eine andere Verbindung meiner Rede mit dem N bestehen, denn sonst hätte ich doch nicht ihn gemeint.”
     Gewiß, eine solche Verbindung besteht; nur nicht, wie du sie dir vorstellst: nämlich durch einen geistigen Mechanismus.
     (Man vergleicht “ihn meinen” mit “auf ihn zielen”.)

27˙01
  
26˙3
 
225.
456
     Wenn ich mit einer Bemerkung auf N anspiele, so mag sich dies – wenn bestimmte Umstände gegeben sind – aus meinem Blick, Gesichtsausdruck, etc. ersehen lassen.
– 66 –
Und teile ich jemand dazu noch meine Gefühle, Vorstellungen, etc., während dieser Anspielung || des Sprechens mit, so mögen diese das typische Bild des Anspielens (oder ein solches Bild) vervollständigen. Aber daraus folgt nicht, daß der Ausdruck “auf N anspielen” bedeute: sich so benehmen, und dies fühlen, und sich dies vorstellen, etc.. Und hier wird Mancher sagen: “Freilich nicht! Das haben wir immer schon gesehen. Und es muß sich eben ein roter Faden durch alle diese Erscheinungen ziehen. Er ist mit ihnen gleichsam umsponnen, und daher schwer auffindbar.” – Und das ist auch nicht wahr.
Aber es wäre || ist auch falsch, zu sagen, “anspielen” bezeichne eine Familie von geistigen und anderen Vorgängen. – Denn man frägt nicht: “Wie hast du auf ihn angespielt? War es mit einer Miene, Geste, mit Gedanken?” – Wie man wohl fragen kann: “Wie hast du auf ihn gezeigt? Mit dem Finger, mit einer Kopfbewegung?”

  
23
 
226.
     “Ich habe in meiner Rede auf ihn angespielt.” – “Mit welchen Worten?” – “Ich habe auf ihn angespielt, als ich von einem Mann redete, der …”
     “Ich habe auf ihn angespielt” heißt ungefähr: Ich wollte, daß jemand bei diesen Worten an ihn denken solle. Aber “Ich wollte” ist nicht die Beschreibung eines Seelenzustandes, und “verstehen, daß N gemeint war” ist es auch nicht.

  
55
 
227.
504
     Wenn ich meinen Arm ‘willkürlich’ bewege, so bediene ich mich nicht eines Mittels, die Bewegung herbeizuführen. Auch mein Wunsch ist nicht ein solches Mittel.

  
﹖ 55
 
228.
505
     Betrachte diese Beschreibung einer willkürlichen Handlung: “Ich fasse den Entschluß, um 5 Uhr die Glocke zu
– 67 –
ziehen; und wenn es 5 schlägt, macht nun mein Arm einfach diese Bewegung.” – Ist das die richtige Beschreibung? Und nicht die: “und wenn es 5 schlägt, hebe ich meinen Arm”? ‒ ‒ ‒ Die erste Beschreibung möchte man so ergänzen: “und siehe da, mein Arm hebt sich, wenn es 5 schlägt”. Und dies “siehe da” ist gerade, was hier wegfällt. Wir sagen nicht: “Sieh, mein Arm hebt sich!”, wenn wir den Arm heben.

  
55
 
229.
506
     Man könnte also sagen: die willkürliche Bewegung sei durch die Abwesenheit des Staunens charakterisiert. Und nun will ich nicht, daß man frägt “Aber warum erstaunt man hier nicht?”

   
  
39
 
231.
125
     Begriffe leiten uns zu Untersuchungen. Sind der Ausdruck unseres Interesses, und bestimmen || lenken unser Interesse.

  
17
 
232.
174
     Kannst du dir absolutes Gehör vorstellen, wenn du es nicht hast? – Kannst du es dir vorstellen, wenn du es hast? – Kann ein Blinder sich das Sehen vorstellen? Kann ich mir es vorstellen? – Kann ich mir vorstellen, daß ich so und so spontan reagiere, wenn ich's nicht tue? – Kann ich mir's besser vorstellen, wenn ich's tue?
– 68 –


  
16
 
233.
351
     Könnte man sich vorstellen, daß ein Stein Bewußtsein hätte? Und wenn's Einer kann – warum soll das nicht bloß beweisen, daß dieses Vorstellen für uns keinen Wert hat? || daß ein solches || dieses Vorstellen || diese Vorstellerei für uns kein Interesse hat?

   
234.
     Wenn die Situation zweideutig ist; ist es dann zweifelhaft, ob ich ihn meine? Bei meiner Aussage, ich habe ihn, oder ihn nicht gemeint, urteile ich nicht nach der Situation. Und wenn ich nun nicht nach der Situation urteile, wonach urteile ich? Scheinbar nach gar nichts. Denn ich erinnere mich wohl an die Situation, aber deute sie. Ich kann z.B. meinen Seitenblick auf ihn jetzt nachahmen, aber das Meinen erscheint als eine ganz ungreifbare, feine Atmosphäre des Sprechens und Handelns. (Ein verdächtiges Bild!)

   
235.
     “Als ich das sagte, wollte ich nur ihm einen Wink geben.” – Wie kann ich wissen, daß ich es nur sagte, um ihm einen Wink zu geben? Nun, die Worte “Als ich es sagte etc.” beschreiben eine bestimmte uns verständliche Situation. Wie schaut die Situation aus? Um sie zu beschreiben, muß ich einen Zusammenhang beschreiben.

  
25
 
236.
410
     “Ich wollte mit dieser Bemerkung ihn treffen.” Wenn ich das höre, so kann ich mir dazu eine Situation und ihre Geschichte vorstellen. Ich könnte sie auf dem Theater darstellen, mich in den Seelenzustand versetzen, in dem ich ‘ihn treffen’ will. – Aber wie ist dieser Seelenzustand zu beschreiben? also zu identifizieren? – Ich denke mich in die Situation hinein, nehme eine gewisse Miene und Stimme an, etc.. Was verbindet meine Worte mit
– 69 –
ihm? Die Situation und meine Gedanken. Und meine Gedanken nicht anders, als Worte, die ich ausspreche.

25, 26˙3, 50
   
237.
402
     “Ich mußte plötzlich an ihn denken.” Sein Bild schwebte mir etwa plötzlich vor. Wußte ich, daß es sein, des N, Bild war? Ich sagte es mir nicht. Worin lag es also, daß es das seine war? Vielleicht in dem, was ich später sagte, oder tat.

  
27
 
238.
387
     Wie, wenn ich einmal eine scheinbar unschuldige Bemerkung mache und sie mit einem verstohlenen Seitenblick auf jemand begleite – ein andermal, vor mich hin sehend, offen über den Anwesenden rede, indem ich seinen Namen nenne ‒ ‒ ‒ denke ich wirklich eigens an ihn, wenn ich seinen Namen gebrauche?

26 29 28
  
﹖ 26
 
239.
416
     Wie tritt er in diese Vorgänge ein:
     ich stach nach ihm,
     ich sprach zu ihm,
     ich rief ihn,
     ich sprach über ihn || von ihm,
     ich stellte mir ihn vor,
     ich achte ihn?

  
26
 
240.
417
     Es ist hier ein ähnlicher Fall, wie wenn jemand sich vorstellt, man könne einen Satz mit der merkwürdigen Wortstellung der deutschen oder lateinischen Sprache nicht einfach denken, wie er dasteht. Man müsse ihn zuerst denken und dann bringt man die Wörter in jene seltsame Ordnung. (Ein französischer Politiker schrieb vor einigen Jahren, es sei eine Eigenheit || Eigentümlichkeit der französischen Sprache, daß in ihr die Worte in der Ordnung stehen, in der man sie denkt.)
– 70 –


28
  
26˙2
 
241.
418
     Aber habe ich nicht die Gesamtform des Satzes, z.B., schon an seinem Anfang beabsichtigt? Also war er mir doch schon im Geiste, ehe er noch ausgesprochen war! – Wenn er mir im Geiste war, dann, im allgemeinen, nicht mit anderer Wortstellung. Aber wir machen uns hier wieder ein irreführendes Bild vom ‘Beabsichtigen’; d.h., vom Gebrauch dieses Worts. Die Absicht ist eingebettet in der Situation, den menschlichen Gepflogenheiten und Institutionen. Gäbe es nicht die Technik des Schachspiels, so könnte ich nicht beabsichtigen, eine Schachpartie zu spielen. Soweit ich die Satzform im Voraus beabsichtige, ist dies dadurch ermöglicht || beruht das darauf, daß ich deutsch sprechen kann.

26˙2, 29
   
242.
     Ich erwarte jeden Augenblick eine Explosion. Ich bin nicht im Stande, einer andern Sache meine volle Aufmerksamkeit zu schenken; schaue in ein Buch, aber ohne zu lesen. Auf die Frage, warum ich zerstreut, oder nervös scheine, sage ich, ich erwarte jeden Augenblick die Explosion. – Wie war es nun: Beschrieb dieser Satz eben jenes Verhalten? Aber wie unterscheidet sich dann der Vorgang des Erwartens der Explosion vom Vorgang des Erwartens eines ganz andern Ereignisses, z.B. eines bestimmten Signals? Und wie unterscheidet sich die Erwartung eines Signals von der Erwartung eines etwas andern || eines um weniges verschiedenen Signals? Oder war meine Handlungsweise nur Nebenerscheinung der eigentlichen Erwartung, und diese ein geistiger Vorgang? || ein besonderer geistiger Vorgang? Und war dieser Vorgang homogen, oder gegliedert wie ein Satz (mit internem Anfang und Ende)? – Wie weiß aber der, in dem er vorgeht, welches Ereignisses Erwartung der Vorgang ist? Erscheint nämlich
– 71 –
nicht darüber im Ungewissen. Es ist nicht, als konstatierte er einen seelischen, oder andern Zustand und machte eine Vermutung über dessen Ursache. Er mag wohl sagen “Ich weiß nicht, ist es nur diese Erwartung, die mich heute so unruhig macht”; aber er wird nicht sagen: “Ich weiß nicht, ist dieser Seelenzustand die Erwartung einer Explosion, oder von etwas anderm.”
     Die Aussage “Ich erwarte jeden Moment einen Knall” ist eine Äußerung der Erwartung. Diese Wortreaktion ist der Ausschlag des Zeigers, der das Erwartete anzeigt. || der den Gegenstand der Erwartung anzeigt.

   
  
27˙1
 
244.
233
     Wir sind durch eine bestimmte Abrichtung, Erziehung, so eingestellt, daß wir unter bestimmten Umständen Wunschäußerungen von uns geben. (Ein solcher ‘Umstand’ ist natürlich nicht der Wunsch.) Eine Frage, ob ich weiß, was ich wünsche, ehe mein Wunsch erfüllt ist, kann in diesem Spiele gar nicht auftreten. Und daß ein Ereignis meinen Wunsch zum Schweigen bringt, bedeutet nicht, daß es den Wunsch erfüllt. Ich wäre vielleicht nicht befriedigt, wäre mein Wunsch befriedigt worden.
     Anderseits wird auch das Wort “wünschen” so gebraucht: Man sagt “Ich weiß selbst nicht, was ich mir wünsche”. (“Denn die Wünsche verhüllen uns selbst das Gewünschte.”)
– 72 –


  
10˙2
 
245.
429
     Das Fehlen der Ungewißheit deuten wir als ein Wissen.

   
246.
433
     Wie ein Wort funktioniert, kann man nicht erraten. Man muß seine Anwendung ansehen und daraus lernen. Die Schwierigkeit aber ist, das Vorurteil zu beseitigen, das diesem Lernen entgegensteht. (Es ist kein dummes Vorurteil.)

  
27
 
247.
389
     Der Ausruf “Da ist er!” muß nicht als Mitteilung dienen. Und nicht als Mitteilung gemeint sein. Und wie unterscheidet sich der eine Fall vom andern? Nicht immer auf gleiche Weise. – Ich erwarte die Ankunft eines Freundes. Ich stehe auf dem Bahnsteig unter lauter fremden Menschen. Ich werde meinen Freund gewahr und rufe “Da ist er!”: || . Nimm an ich will mich dabei aus irgend einem seltsamen Grunde an die Fremden um mich wenden. Stell dir den Fall vor! Und nun diesen: Bekannte erwarten mit mir die Ankunft des Freundes. Ich sehe ihn zuerst und rufe “Da ist er!” Es ist hier schwer, mich nicht dabei an die Andern zu wenden; mich gänzlich zu isolieren.

34˙1, 26˙3 27
  
59
 
248.
475
     Ich pfeife, und jemand fragt mich, warum ich guter Dinge bin. Ich antworte “Ich hoffe, N wird heute kommen.” – Aber während ich pfiff, dachte ich nicht an ihn. Und doch wäre es falsch zu sagen: ich hätte aufgehört zu hoffen, als ich zu pfeifen anfing.

29
  
59
 
249.
476
     Wenn Einer sagt “Ich hoffe, er wird kommen” – ist das ein Bericht über seinen Seelenzustand, oder eine Äußerung seiner Hoffnung? – Ich kann es z.B. zu mir selbst sagen. Und mir mache ich doch keine Mitteilung. Es kann ein Seufzer sein; aber muß kein Seufzer sein. Sage ich jemandem
– 73 –
“Ich kann heute meine Gedanken nicht bei der Arbeit halten; ich denke immer an sein Kommen” – so wird man das eine Beschreibung meines Seelenzustandes nennen.

  
58
 
250.
470
     Auch “glauben” heißt nicht denken. Als ich mich auf diesen Stuhl setze, glaubte ich natürlich, er werde mich tragen. Ich dachte gar nicht, daß er zusammenbrechen könnte.
     Aber: “Trotz allem, was er tat, hielt ich an dem Glauben fest, …”. Hier wird gedacht, und etwa immer wieder eine bestimmte Einstellung erkämpft.
     Aber alles das sagt uns ja nicht, was glauben ist. Es ist keine Definition des Wortes “glauben”; und ich kann keine geben; weil es keine gibt. Wir haben eben hier eine Familie von Fällen. Sie beschreiben heißt, uns die Anwendung des Wortes “glauben” lehren.

  
﹖ 58
 
251.
471
     Nun könnte man aber so sagen: Das Gesicht eines Menschen ist durchaus nicht immer dieselbe Gestalt. Es ändert sich von Minute zu Minute; manchmal wenig, manchmal bis zur Unkenntlichkeit. Dennoch ist es möglich, das Bild seiner Physiognomie zu zeichnen. Freilich, ein Bild, auf dem das Gesicht lächelt, zeigt nicht, wie es weinend aussieht. Aber es läßt darauf immerhin Schlüsse ziehen || zu. – Und so wäre es auch möglich, eine Art ungefähre Physiognomie des Glaubens (z.B.) zu beschreiben.

  
39˙21
 
252.
439
     Warum kann ein Hund nicht Schmerzen heucheln? Ist er zu ehrlich? Könnte man einen Hund Schmerzen heucheln lehren? Man kann ihm vielleicht beibringen, bei bestimmten Gelegenheiten wie im Schmerz aufzuschreien, ohne daß er Schmerzen fühlt. Aber zum eigentlichen Heucheln fehlte
– 74 –
diesem Benehmen noch immer die richtige Umgebung.

50, 26˙2, 39˙1, 39˙2 38˙1, 44, 49, 4, 38
  
50
 
253.
49
     “Aber du sprichst ja, als hoffte ich nicht eigentlich jetzt, – da ich zu hoffen glaube. Als wäre, was jetzt geschieht, ohne tiefe Bedeutung.” – Was heißt es: “Was jetzt geschieht, hat Bedeutung”, oder “hat tiefe Bedeutung”? Was ist eine tiefe Empfindung? Könnte Einer eine Sekunde lang innige Liebe oder Hoffnung empfinden, was immer dieser Sekunde vorangeht || vorausging || voranging, oder ihr folgt? Was jetzt geschieht, hat Bedeutung – in dieser Umgebung. Die Umgebung gibt ihm die Wichtigkeit. Und das Wort “hoffen” bezieht sich auf ein Phänomen in der menschlichen Lebensweise. || im menschlichen Leben. (Ein lächelnder Mund lächelt nur im menschlichen Gesicht.)

  
50
 
254.
50
     Wenn ich nun in meinem Zimmer sitze und hoffe, N werde kommen und mir Geld bringen || ; und eine Minute dieses Hoffens könnte isoliert, aus ihrem Zusammenhang herausgeschnitten werden: wäre, was in dieser Minute geschieht, dann kein Hoffen? – Denke, z.B., an die Worte, die du etwa in dieser Minute aussprichst. Sie gehören nun nicht mehr zu dieser Sprache. Vielleicht zu einer, in der sie etwas gänzlich anderes bedeuten. Und die Institution des Geldes gibt es in einer andern Umgebung auch nicht. U.s.w..
     Eine Königskrönung ist das Bild der Pracht und Würde. Nimm || Schneide eine Minute dieses Vorgangs aus ihrer Umgebung heraus: Dem König im goldgewirkten Krönungsmantel wird die Krone aufs Haupt gesetzt. ‒ ‒ ‒ In einer andern Umgebung nun ist Gold das billigste Metall. Das Gewebe des Mantels ist durch die vorhandenen Maschinen billig herzustellen; etc. etc.. Die || , die Krone wird als Parodie eines
– 75 –
anständigen Hutes empfunden und einem zum Spott aufgesetzt. || Schneide ein kurzes Stück dieses Vorgangs aus seiner Umgebung heraus: Dem König im Krönungsmantel wird die Krone aufs Haupt gesetzt. – In einer andern Umgebung nun, sagen wir, auf dem Mars || einem andern Planeten, ist Gold das billigste Metall. Das Gewebe des Mantels ist durch die vorhandenen Maschinen billig herzustellen; etc. etc.. Die || , die Krone wird als Parodie eines anständigen Hutes empfunden und einem zum Spott aufgesetzt.


  
44˙2
 
255.
451
     Wir sagen, der Hund fürchtet, sein Herr werde ihn schlagen; aber nicht: er fürchte || fürchtet, sein Herr werde ihn morgen schlagen. Warum nicht? 44, 44˙1, 38˙1

   
256.
293
     Wir erwarten dies und werden von dem überrascht; aber die Kette der Gründe hat ein Ende.

   
   
258.
348
     “Bist du nicht doch ein verkappter Behaviourist? Sagst du nicht doch im Grunde, daß alles Fiktion ist, außer dem menschlichen Benehmen?” – Wenn ich von einer Fiktion rede, dann von einer grammatischen Fiktion.

  
39
 
259.
366
     Den Begriff des Schmerzes hast du mit
– 76 –
der Sprache gelernt. || Den Begriff ‘Schmerz’ hast du mit der Sprache gelernt.


44, 44˙1, 39
  
33
 
260.
373
     Du gibst jemandem ein Signal, wenn du dir etwas vorstellst; du || ihr benützt verschiedene Signale für verschiedene Vorstellungen. – Wie vereinbart ihr, was jedes Signal bedeuten soll?

44˙1
  
33
 
261.
370
     Was ist das Kriterium der Gleichheit zweier Vorstellungen? D.h.: wie werden Vorstellungen verglichen? – Ein Logiker denkt vielleicht: Gleich ist gleich ‒ ‒ ‒ es ist eine psychologische Frage: wie der Mensch sich von der Gleichheit überzeugt. (Höhe ist Höhe – es gehört in die Psychologie, daß der Mensch sie manchmal sieht, manchmal hört.)
     Was ist das Kriterium der Gleichheit zweier Vorstellungen? – Was ist das Kriterium der Röte einer Vorstellung? Für mich, wenn der Andre sie hat, – was er sagt und tut. Für mich, wenn ich sie habe,(gar) nichts. Und was für “rot” gilt, gilt auch für “gleich”.

  
﹖ 35
 
262.
335
     Wie erkenne ich, daß dies rot ist? – Ich bin in Verlegenheit, was ich sagen soll. ‒ ‒ ‒ Wie erkenne ich, das diese zwei Bäume gleich hoch sind? Hier bin || komme ich nicht in Verlegenheit. Ich weiß verschiedene Antworten. –
     Wie erkenne ich, daß dies rot ist? Ich wollte etwa sagen: Ich schaue; und sehe, es ist so. Und davon gehe ich nun zu dem Wort über.
     Ich sehe, daß es diese Farbe ist; und nun weiß ich, daß diese Farbe so heißt. Diese? – Welche?! Welche Art der Antwort hat auf diese Frage Sinn?
     (Du steuerst immer wieder auf eine innere hinweisende Erklärung hin.)
– 77 –

     Auf den privaten Übergang von dem Gesehenen zum Wort könnte ich keine Regeln anwenden. Hier hingen die Regeln wirklich in der Luft; da die Institution ihrer Anwendung fehlt.

34˙3
  
35
 
263.
333
     “Ehe ich urteile, daß zwei meiner Vorstellungen gleich sind, muß ich sie doch als gleich erkennen.” Und wenn das geschehen ist, wie werde ich dann wissen, daß das Wort “gleich” meine Erkenntnis beschreibt? Nur dann, wenn ich diese Erkenntnis auf andre Weise ausdrücken, und ein Andrer mich lehren kann, daß hier “gleich” das richtige Wort ist.
     Denn, bedarf ich einer Berechtigung dafür, ein Wort zu gebrauchen, dann muß es eine auch für den Andern sein.

35
  
35
 
264.
334
     Ich erkenne es erst als das; und nun erinnere ich mich daran, wie das genannt wird. – Bedenke: In welchen Fällen kann man das wirklich sagen?

   
   
  
67
 
267.
336
     Die Sprache ist ein Labyrinth von Wegen. Du kommst von einer Seite und kennst dich aus; du kommst von einer andern zur selben Stelle, und kennst dich nicht mehr aus.

  
13
 
268.
64
     Es ist hier nützlich, sich zu überlegen, was man über ein Phänomen, wie das folgende, sagt:
Die Figur F einmal als F, einmal als sein Spiegelbild sehen.
     Nun will ich fragen: Worin besteht es, die Figur einmal so, einmal anders sehen? – Sehe ich wirklich jedesmal etwas anderes? oder deute ich nur, was ich sehe, auf verschiedene Weise? – Ich bin geneigt, das erste zu sagen. Aber warum? Nun, Deuten ist eine Handlung. Es kann z.B. darin bestehen, daß Einer sagt “Das soll ein F sein”; oder daß er's nicht sagt, aber das Zeichen beim Kopieren durch ein F ersetzt; oder sich überlegt: “Was mag das wohl sein? Es wird ein F sein, das dem Schreiber mißglückt ist.” – Sehen ist keine Handlung, sondern ein Zustand. Und wenn ich es nie für etwas,
– 79 –
anderes als ein F gehalten, mir nie überlegt habe, was es wohl sein mag, so wird man sagen, ich sehe das Zeichen als F; wenn man nämlich weiß, daß es sich auch anders sehen läßt.
     Wie ist man denn überhaupt zu dem Begriff des ‘Etwas als Etwas sehen’ gekommen? Bei welchen Gelegenheiten war für ihn ein Bedürfnis? || Bedarf (Sehr häufig in der Kunst.) Dort überall, wo es sich um ein Phrasieren durchs Aug oder Ohr handelt. Wir sagen “Du mußt diese Takte als Einleitung hören,” “Du mußt nach dieser Tonart hin hören”, “Wenn man diese Figur einmal als … gesehen hat, ist es schwer, sie anders zu sehen”, etc. etc. “ich höre das französische ‘ne … pas’ als zweiteilige Verneinung, aber nicht als ‘nicht ein Schritt’” || ‘nicht einmal ein Schritt’”, etc. etc.. Ist es nun ein wirkliches Sehen oder Hören? Nun: so nennen wir es; mit diesen Worten reagieren wir in bestimmten Situationen. Und auf diese Worte reagieren wir wieder durch bestimmte Handlungen.

  
47
269.1
38 75
 
269.
375
     Wie lehrt man jemand, leise für sich selbst lesen? Wie weiß man, wenn er's kann? Wie weiß er selbst, daß er tut, was man von ihm verlangt? || was man ihn tun heißt? ⟶ Wenn der Andre ein Automat sein könnte; dann ich auch. –

31
   
  
12
 
271.
40
     Wenn man aber sagt “Ich hoffe, er wird kommen”, gibt das Gefühl nicht dem Worte “hoffen” seine Bedeutung? (Und wie ist es mit dem Satz “Ich hoffe nicht mehr, daß er kommen wird”?) Das Gefühl gibt dem Worte “hoffen” vielleicht seinen besondern Klang. – Wenn das Gefühl dem Wort seine Bedeutung gibt, so heißt “Bedeutung” hier: das, worauf es ankommt. Warum aber kommt es auf's Gefühl an?

59
  
12
 
272.
41
     Warum soll ich nicht sagen: der Schrei, das Lachen, seien voll Bedeutung?
     Und das heißt ungefähr: Es ließe sich viel aus ihnen ablesen.

  
﹖ 33
 
273.
376
     Unter welchen Umständen werde ich sagen, ein Stamm habe einen Häuptling? Und der Häuptling muß doch Bewußtsein haben. Er darf doch nicht ohne Bewußtsein sein!

38˙1
   
  
﹖ 1
 
275.
234
     Ich gebe ihm also einen Befehl: Setze die Reihe – … – … – … fort. Nun, was will ich, daß er tun soll? Die beste Antwort, die ich mir selbst darauf geben kann, ist, diesen Befehl (selber) ein Stück weit auszuführen. Oder glaubst du, ein algebraischer Ausdruck dieser Regel setze weniger voraus?
– 81 –


30 2˙2
  
﹖ 1
 
276.
243
     Hier ist die Versuchung überwältigend, noch etwas zu sagen, wenn schon alles beschrieben ist. – Woher dieser Drang? Welche Analogie, welche falsche Interpretation erzeugt ihn?

  
1
 
277.
262
     Es bricht kein Streit darüber aus (z.B. zwischen Mathematikern), ob der Regel gemäß vorgegangen wurde, oder nicht. Es kommt darüber z.B. nicht zu Tätlichkeiten. Das gehört zu dem Gerüst, von welchem aus unsere Sprache wirkt (z.B. eine Beschreibung gibt).

  
﹖ 2˙2
 
278.
236
     Was wir, in einer Umgebung, die zu beschreiben sehr || äußerst kompliziert || langwierig wäre, “einer Regel folgen” nennen, würden wir, wenn es isoliert dastünde, gewiß nicht so nennen.

3,
  
1
 
279.
263
     Zur Verständigung durch die Sprache gehört nicht nur eine Übereinstimmung in den Definitionen, sondern (so seltsam dies klingen mag) eine Übereinstimmung in Urteilen. || in den Urteilen. Dies scheint die Logik aufzuheben; hebt sie aber nicht auf. – Eines ist, die Meßmethode festzulegen || zu beschreiben, ein Anderes, Messungsergebnisse zu finden und auszusprechen. Aber was wir “messen” nennen, ist auch || nun auch durch eine gewisse Konstanz der Messungsergebnisse bestimmt.

  
10˙1
 
280.
34
     Ein Wort in dieser Bedeutung hören. Wie seltsam, daß es so etwas gibt!
     So phrasiert, so betont, so gehört, ist der Satz der Anfang eines Übergangs zu diesen Sätzen, Bildern, Handlungen.

13, 14˙1, 10˙1, 10˙3
   
281.
35
     Denke, statt Momentphotographien unserer Bekannten benützten wir eine Art kinematographischer Bilder, die
– 82 –
eine ganz kleine Bewegung wiedergäben. Und das nennten wir bloß ein ‘lebendes’ Bildnis, im Gegensatz zu einem ‘toten’, und faßten es nicht als Bild einer Bewegung, einer Lageveränderung, auf.

  
1
 
282.
256
     Das Wort “Übereinstimmung” und das Wort “Regel” sind miteinander verwandt, sie sind Vettern. Lehre ich Einen den Gebrauch des einen Wortes, so lernt er damit auch den Gebrauch des andern.

  
50
 
283.
494
     Soll ich sagen, wer eine Absicht hat, erlebt eine Tendenz? Es gebe bestimmte Tendenzerlebnisse? – Erinnere dich an diesen Fall: Wenn man in einer Diskussion dringend eine Bemerkung, einen Einwurf, machen will, geschieht es häufig, daß man den Mund öffnet, den Atem einzieht und anhält. Entscheidet man sich dann, den Einwurf zu unterlassen, so läßt man den Atem aus. Das Erlebnis dieses Vorgangs ist offenbar das Erlebnis eines || einer Tendenz, zu sprechen. Wer mich beobachtet, wird erkennen, daß ich etwas sagen wollte und mich dann anders besonnen habe. In dieser Situation nämlich. In einer andern würde er mein Benehmen so nicht deuten, so sehr charakteristisch es auch in der gegenwärtigen Situation für die Absicht zu sprechen || etwas zu sagen ist. Und ist irgend ein Grund vorhanden, anzunehmen, dieses selbe Erlebnis könnte in einer ganz andern Situation nicht auftreten, wo es keinerlei Tendenz anzeigt? || auftreten? in der es mit einer Tendenz nichts zu tun hat?

27, 26˙2, 50
   
284.
486
     Wie ist das?: die Absicht haben, etwas zu tun? – Was kann ich drauf antworten? Eine Art der Antwort wäre: einen Romanschriftsteller, Dostojewskij etwa, zu zitieren, wenn
– 83 –
er die Seelenzustände einer Person beschreibt, die eine (bestimmte) Absicht hat. – Es wird in dieser Beschreibung vielleicht nirgends der Ausdruck gebraucht, die Person habe diese Absicht. Aber wenn wir den Gang des Romans erzählen, werden wir dies etwa || es vielleicht sagen.

   
  
54
 
286.
466
     Ich schaue auf die brennende Lunte, folge mit höchster Spannung dem Fortschreiten des Brandes und wie er
– 84 –
sich dem Explosivstoff nähert. Ich denke vielleicht überhaupt nichts, oder eine Menge abgerissener Gedanken. Das ist gewiß ein Fall des Erwartens.

54
  
54
 
287.
467
     Wenn Einer, statt zu sagen “Ich erwarte jeden Moment die Explosion”, flüstert: “Es wird gleich losgehen!”, so beschreiben doch seine Worte keine Empfindung; obgleich sie und ihr Ton eine Äußerung seiner Empfindung sein können.

  
54
 
288.
468
     Wenn ich nun sage “Ich erwarte … ” – ist das die Feststellung: die Situation, meine Handlungen, Gedanken, etc. seien die des Erwartens dieses Ereignisses; oder gehören die Worte “Ich erwarte … ” zum Vorgang des Erwartens?
     Unter gewissen Umständen werden diese Worte einfach heißen (ersetzt werden können durch) “Ich glaube, das und das wird eintreten”. Manchmal auch: “Mach dich darauf gefaßt, daß …”.
     Ich sage jemandem: “Ich habe gehört, er wird kommen; ich erwarte ihn schon den ganzen Tag.” Dies ist ein Bericht darüber, wie ich den Tag verbracht habe.
     Ich komme in einem Gedankengang || Gespräch zum Ergebnis, daß ein bestimmtes Ereignis zu erwarten sei, und ziehe diesen Schluß mit den Worten “Ich muß also jetzt || sein Kommen erwarten”. Das kann man den ersten Gedanken, den ersten Akt, dieser Erwartung nennen.
     Der Ausruf “Ich erwarte ihn sehnsüchtig!” ist ein Akt des Erwartens, wenn sich die Spannung der Erwartung in ihm Luft macht. Ich kann aber dieselben Worte als das Resultat einer Selbstbeobachtung aussprechen, und sie hießen dann etwa: “Also nach allem, was vorgegangen ist erwarte ich ihn dennoch mit Sehnsucht”. Es kommt
– 85 –
darauf an: Wie ist es zu diesen Worten gekommen?

  
54
 
289.
482
     Erwartung ist, grammatisch || grammatikalisch, ein Zustand. Wie: einer Meinung sein, etwas hoffen, etwas wissen, etwas können. Aber um die Grammatik dieser Zustände zu verstehen, muß man fragen: “Was gilt als Kriterium dafür, daß sich jemand in diesem Zustand befindet?” (Zustand der Härte, des Gewichts, des Passens.) || Zusammenpassens.)

33
  
26˙3
 
290.
434
     “Wie kannst du sicher sein, daß du einen Augenblick lang ihn betrügen wolltest? Waren nicht deine Handlungen und Gedanken viel zu rudimentär?”
     Kann denn die Evidenz nicht zu spärlich sein? Ja, wenn man ihr nachgeht, scheint sie oft außerordentlich spärlich; aber das ist vielleicht, weil man die Vorgeschichte dieser Evidenz außer Acht läßt. Wenn ich einen Augenblick lang die Absicht hatte, dem Andern Unwohlsein vorzuheucheln, so brauchte es dazu eine Vorgeschichte.

26˙2, 26˙3, 53
  
53
 
291.
455
     “Dieser Gedanke knüpft an Gedanken an, die ich früher einmal gehabt habe.” – Wie tut er das? Durch ein Gefühl der Anknüpfung? Aber wie kann das Gefühl die Gedanken wirklich verknüpfen? – Das Wort “Gefühl” ist hier sehr irreleitend. Aber es ist möglich, daß Einer mit Sicherheit sagt: “Dieser Gedanke hängt mit jenem früheren zusammen”, ohne daß er doch den Zusammenhang anzugeben vermag. || , ohne doch den Zusammenhang angeben zu können. || Aber es ist manchmal möglich, mit Sicherheit zu sagen: “Dieser Gedanke hängt mit jenen früheren zusammen”, ohne daß man doch im Stande ist, den Zusammenhang zu zeigen. Dies gelingt vielleicht später.

26, 51, 53
  
53
 
292.
436
     “Wenn ich die Worte gesagt hätte ‘Ich will ihn jetzt betrügen’, hätte ich die Absicht nicht gewisser gehabt, als so.” – Aber wenn du jene Worte gesagt hättest, mußtest
– 86 –
du sie da im vollen Ernste meinen || gemeint haben? (So ist also der am meisten explizite Ausdruck der Absicht allein keine genügende Evidenz der Absicht.)
     [Ist die Evidenz nicht zu spärlich?]

50
   
  
26˙3
 
294.
437
     Wenn ich mich nun des Vorfalls schäme, schäme ich mich des Ganzen: der Worte, des giftigen Tones; u.s.w..

   
295.
438
     “Ich schäme mich nicht dessen, was ich damals tat, sondern der Absicht, die ich hatte.” – Aber lag die Absicht nicht auch in dem, was ich tat? Worin lag das Beabsichtigen? Nur in dem, was ich damals dachte, zu mir selber sagte? Wodurch ist die Absicht gegeben? Durch die ganze Geschichte.

  
 
296.
     Die Worte “Gottlob! Noch etwas weniges hat man geflüchtet – vor den Fingern der Kroaten”, mit ihrem Ton und Blick, scheinen allerdings schon jede Nuance ihrer Bedeutung in sich zu tragen. Nur darum aber, weil wir sie als Teil einer bestimmten Scene kennen. (Eine Menge wohlbekannte Pfade führen von diesen Worten aus in allen Richtungen.) – Man könnte aber eine ganz andere Scene um diese Worte (im gleichen Tone gesprochen) bauen; um zu zeigen, wie ihre besondere Seele in der Geschichte liegt, zu der sie gehören.
– 87 –

     (Darum sagt man auch: “Es kommt drauf an, wer es sagt.”)

   
297.
     Laß einen Menschen zornig, hochmütig, ironisch, blicken; und nun verhäng sein Gesicht, daß nur die Augen frei bleiben, – in denen der ganze Ausdruck vereint schien: Ihr Ausdruck ist nun überraschend vieldeutig.

  
63
 
298.
202
     “Es liegt alles schon in …” Wie kommt es, daß der Pfeil → zeigt? Scheint er nicht schon etwas außerhalb seiner selbst in sich zu tragen? – “Nein, es ist nicht der tote Strich; nur das Psychische, die Bedeutung, kann dies.” – Das ist wahr und falsch. Der Pfeil zeigt nur der Anwendung, die das Lebewesen von ihm macht.
     Diese Zeigen ist nicht ein Hocus Pocus, das nur die Seele vollziehen kann.

10˙1, 64
  
﹖ 23
 
299.
73
     “Er maß ihn mit feindseligem Blick und sagte …”. Der Leser der Erzählung versteht dies; er hat keinen Zweifel in seiner Seele. Nun sagst du: “Wohl, er denkt sich die Bedeutung hinzu, er errät sie.” – Im allgemeinen: Nein. Im Allgemeinen denkt er sich nichts hinzu, errät || erratet nichts. – Es ist aber auch möglich, daß der feindselige Blick und die Worte sich später als Verstellung erweisen, oder daß der Leser im Zweifel darüber gehalten wird, ob sie es sind, oder nicht, und daß er also wirklich auf eine mögliche Deutung rät. – Aber dann rät er vor allem auf einen Zusammenhang. Er sagt sich etwa: die Beiden, die hier so feindlich tun, sind in Wirklichkeit Freunde, etc. etc..

  
53
 
300.
459
     “Einen Augenblick lang wollte ich …” D.h., ich hatte ein bestimmtes Gefühl, inneres Erlebnis; und ich erinnere mich daran. ‒ ‒ ‒ Und nun erinnere dich recht genau. Da scheint das ‘innere Erlebnis’ des Wollens wieder
– 88 –
zu verschwinden. Stattdessen erinnert man sich an Gedanken, Gefühle, Bewegungen, auch an Zusammenhänge mit früheren Situationen.
     Es ist, als hätte man die Einstellung des || eines Mikroskops verändert, und was jetzt im Brennpunkt liegt, lag früher außerhalb. || Es ist, als hätte man die Einstellung des Mikroskops geändert, und was jetzt im Brennpunkt liegt, sah man früher nicht.

26˙3
   
301.
460
     “Nun, das zeigt nur, daß du dein Mikroskop falsch eingestellt hast. Du solltest eine bestimmte Schicht des Präparats anschaun, und siehst nun eine andere.”

  
53
 
302.
461
     Daran ist etwas richtig. Aber nimm an, ich erinnerte mich (mit einer bestimmten Einstellung der Linsen) an eine Empfindung; wie darf ich sagen, daß sie das ist, was ich die ‘Absicht’ nenne? Es könnte sein, daß ein bestimmter Kitzel (z.B.) jede meiner Absichten begleitete.
     Was ist der natürliche Ausdruck der || einer Absicht? – Sieh eine Katze an, wenn sie sich an einen Vogel heranschleicht; oder ein Tier, wenn es entfliehen will. (Verbindung mit Sätzen über Empfindungen.)

26˙2, 50, 33
  
53
 
303.
449
     “Ich erinnere mich nicht mehr meiner Worte, wohl aber der Absicht, in der ich sie sprach.” – Ein andrer sagt etwa darauf: “Das kann ich bezeugen; du sagtest damals …”
     Ebenso kann man manchmal sagen: “Ich erinnere mich nicht mehr meiner Worte, aber wohl an den Geist meiner Worte.”
“Ich erinnere mich nicht mehr an meine Worte, aber ich erinnere mich genau an meine Absicht: ich wollte ihn mit meinen Worten beruhigen.” Was zeigt mir meine Erinnerung; was führt sie mir vor die Seele? Nun, wenn sie nichts täte, als mir diese Worte einzugeben! und vielleicht noch andere, die die Situation noch genauer ausmalen. –
– 304 –
26˙3
   
304.
450
     Die Worte, mit denen ich meine Erinnerung ausdrücke, sind meine Erinnerungsreaktion.

  
26˙2
 
305.
339
     “Nur du kannst wissen, ob du die Absicht hattest.” Das könnte man jemandem sagen, wenn man ihn die Bedeutung des Wortes “Absicht” erklärt. Es heißt dann nämlich: so gebrauchen wir es.
     (Und “wissen” heißt || sagt hier, daß der Ausdruck der Ungewißheit sinnlos ist.)

  
53
 
306.
458
     Er stand auf und trat ans Fenster. Später sagt er “Ich stand auf, um von diesen Leuten wegzukommen.” Ein Andrer sagt: “Das legst du jetzt hinein. Du bist nur aufgestanden, um deine Glieder zu strecken.” – Aber was soll er also hineingelegt haben? Jenes Ungreifbare, – die Absicht?
     Und warum scheint sie uns ungreifbar; noch um einen Grad ungreifbarer, als etwa eine Schmerzempfindung? – Es muß daher kommen, daß wir versucht sind, eine Art der Beschreibung hier anzuwenden, – sie aber fallen lassen. Und dies nun so deuten: wir hätten versucht, etwas anzufassen und es habe sich als ungreifbar erwiesen.

26˙2, 53
   
307.
     “Ich habe die Absicht, morgen zu verreisen.” – Wann hast du die Absicht? Die ganze Zeit; oder intermittierend?
     Schau in die Lade, in der du sie zu finden glaubst. Die Lade ist leer. – Ich glaube, du hast sie unter den Empfindungen gesucht.
     Überlege, was das eigentlich heißen würde “eine Absicht intermittierend haben”. Es hieße etwa: die || sie haben; sie fallen lassen; sie wieder aufnehmen u.s.f.

  
53
 
308.
445
     Wie kommt es, daß ich dann trotzdem geneigt bin, ein Deuten darin zu sehen, wenn ich sage “Einen Augenblick lang wollte ich ihn betrügen”? Ist es, weil ich das, was in jenem Augenblick geschah, durch die Umgebung und Vorgeschichte
– 90 –
deute, d.h., mit dieser zusammen nur, als Absicht charakterisiere?

  
35
 
309.
337
     Glaub nicht immer, daß du die || deine Worte von Tatsachen abliest: diese nach Regel in Worte abbildest! Denn die Anwendung der Regel im besondern Fall müßtest du ja doch ohne Führung machen.

  
60˙1
 
310.
487
     “Ich wälze den Entschluß in mir herum, morgen abzureisen.” (Dies kann man eine Beschreibung des Gemütszustandes nennen.)
     “Deine Gründe überzeugen mich nicht; ich bin noch immer der Absicht, morgen abzureisen.” Hier wird die Versuchung bestehen, die Absicht als ein Gefühl zu bezeichnen. || Hier wird man versucht sein, die Absicht ein Gefühl zu nennen. Das Gefühl ist das einer gewissen Steifigkeit; des unabänderlichen Entschlusses. (Aber es gibt auch hier viele verschiedene charakteristische Gefühle, und Haltungen.)
     Man fragt mich: “Wie lang bleibst du hier?” Ich antworte: “Morgen reise ich ab; meine Ferien gehen zu Ende.”
     Dagegen aber: Ich sage am Ende eines Streits “Nun gut; dann reise ich morgen ab!” Ich fasse einen Entschluß.

26˙2, 26˙3
   
311.
488
     Dieser letzte Fall ist ähnlich dem: “Ich werde dir ein Zeichen geben: ich werde die Hand heben.” – Es würde Jeden überraschen, wenn ich stattdessen sagte “Meine Hand wird sich heben”, obwohl doch auch diese Voraussage erfüllt wird, wenn ich meine Hand hebe.
     Sagt also der Satz “Ich werde meine Hand heben” in Wirklichkeit etwas sehr schwer Verständliches; was nur – zu seinem Glück – dem Laien, der den Satz gebraucht, verborgen bleibt? || dem Laien, der dies sagt, verborgen ist || bleibt? || dem Laien, der diese Worte gebraucht, …

  
55
 
312.
489
     Betrachte die beiden Sprachspiele:
– 91 –

a) Einer gibt einem Andern || Der Turnlehrer gibt dem Schüler den Befehl, bestimmte Armbewegungen zu machen, oder Körperstellungen einzunehmen. (Turnlehrer und Schüler). Eine Variante dieses Sprachspiels ist dieses: Der Schüler gibt sich selbst Befehle und führt sie, etwa nach einer kurzen Pause, aus. || , und führt sie dann aus.
     b) Jemand beobachtet gewisse regelmäßige Vorgänge – z.B. die Reaktionen verschiedener Metalle auf Säuren – und macht daraufhin Vorhersagen über die Reaktionen, die in bestimmten Fällen eintreten werden.
     Es ist zwischen diesen beiden Sprachspielen eine offenbare Verwandtschaft, und auch Grundverschiedenheit. In beiden könnte man die Worte || könnte man, was gesprochen wird, Voraussagen || Vorhersagen” nennen. (Ein Befehl lautet oft “Du wirst das und das tun”.) Vergleiche aber || Vergleichen wir die Abrichtung die zu der ersten Technik führt mit der Abrichtung für die zweite.

60˙1
  
55
 
313.
490
     “Ich werde jetzt zwei Pulver einnehmen; eine halbe Stunde darauf werde ich erbrechen.” – Es erklärt nichts, wenn ich sage, im ersten Fall sei ich das agens, im zweiten bloß der Beobachter. Oder: im ersten Falle sähe ich den kausalen Zusammenhang von innen, im zweiten von außen. Und vieles Ähnliche.
     Es ist auch nicht zur Sache, zu sagen, daß eine Vorhersage der ersten Art so wenig unfehlbar ist, wie eine der zweiten Art.
     Nicht auf Grund von Beobachtungen meines Verhaltens sagte ich, ich würde jetzt zwei Pulver einnehmen. Die Antezedenzien dieses Satzes waren ganz andere. Ich meine die Gedanken, Handlungen, etc., die zu ihm hinleiten; und es ist nur irreführend, zu sagen: “Die einzige wesentliche Voraussetzung deiner Äußerung war eben dein Entschluß.”

  
55
 
314.
491
     Ich will nicht sagen: im Falle der Willensäußerung “Ich werde Pulver einnehmen” sei die Voraussage Ursache –
– 92 –
und ihre Erfüllung der Effekt. (Das könnte vielleicht eine physiologische Untersuchung entscheiden.) Soviel aber ist wahr: Wir können häufig aus der Äußerung des Entschlusses die Handlung eines Menschen vorhersagen. Ein wichtiges Sprachspiel.

  
60˙1
 
315.
492
     “Aber wenn du sagst ‘Ich habe die Absicht, abzureisen’, so meinst du's doch! Es ist eben hier wieder das geistige Meinen, das den Satz belebt. Sprichst du den Satz bloß einem Andern nach, etwa um seine Sprechweise zu verspotten || verhöhnen, so sprichst du ihn ohne jenes geistige Meinen aus. so sprichst du ihn ohne dieses Meinen.” Wenn wir philosophieren, so scheint es so. || Wenn wir philosophieren, so kann es manchmal so scheinen. Aber denken wir uns doch wirklich verschiedene Situationen aus, und Gespräche, und wie jener Satz in ihnen ausgesprochen wird. – “Ich entdecke immer einen geistigen Unterton; vielleicht nicht immer den gleichen.” – Und war da kein Unterton vorhanden, als du den Satz einem Andern nachsprachst? Und warum nun ‘Unterton’ von dem übrigen Erlebnis des Sprechens trennen?

52
  
10˙1 60˙1
 
316.
493
     Es ist uns natürlich, den Satz in diesem Zusammenhang auszusprechen; und unnatürlich, ihn isoliert zu sagen. Sollen wir sagen: Es gibt ein bestimmtes Gefühl, daß das Aussprechen jedes Satzes begleitet, dessen Aussprechen uns natürlich ist?

51, 50, 27, 10˙1, 10, 12, 51˙2,
  
60˙1
 
317.
448
     “Du wurdest früher unterbrochen; weißt du noch, was du sagen wolltest?” – Wenn ich's nun weiß und es sage heißt das, daß ich es schon früher gedacht, und nur nicht gesagt hatte? Nein. Es sei denn, daß du die Sicherheit, mit der ich den unterbrochenen Satz weiterführe, als Kriterium dafür nimmst, daß der Gedanke damals bereits fertig war. – Aber es lag freilich schon alles Mögliche in der Situation
– 93 –
und in meinen Gedanken, das dem Satz weiterhilft.

53, 60˙1
  
53
 
318.
446
     Wenn ich den unterbrochenen Satz fortsetze und sage, so hätte ich ihn damals fortsetzen wollen, so ist das ähnlich, wie wenn ich einen Gedankengang nach kurzen Notizen ausführe.
     Und deute ich also diese Notizen nicht? War nur eine Fortsetzung unter jenen Umständen möglich? Gewiß nicht. Aber ich wählte nicht unter diesen Deutungen. Ich erinnerte mich: daß ich das sagen wollte.



53 60˙1
   
319.
     “Ich wollte in meiner Erklärung auf … lossteuern.” Mir schwebte dieses Ziel vor. Ich sah im Geist die Stelle des Buchs, auf die ich hinzielte. || zuging.
     Die Absicht zu schreiben || beschreiben, heißt, was vorging, unter einem bestimmten Gesichtspunkte, für einen bestimmten Zweck, beschreiben. Ich male ein bestimmtes Porträt der Vorgänge; bringe bestimmte Züge heraus.

  
60˙1
 
320.
432
     “Suche das Buch A” heißt nicht “Suche das Buch B”. Aber ich mag, indem ich die beiden Befehle befolge, genau das gleiche tun.
     Zu sagen, es müsse dabei etwas anderes geschehen, wäre ähnlich, als sagte man, die Sätze || Aussagen “Heute ist mein Geburtstag” und “Am 26. April ist mein Geburtstag” müßten sich auf verschiedene Tage beziehen, da ihr Sinn nicht der gleiche sei || denn ihr Sinn sei nicht der gleiche.

27, 41
   
  
27˙01
 
322.
404
     Die Meinung, möchte man sagen, entwickelt sich. Aber auch darin liegt ein Fehler.
– 94 –


53, 60˙1, 27˙01
   
323.
     In Laufe eines || des Gespräches will ich auf etwas zeigen; ich habe bereits den Anfang einer Zeigebewegung gemacht; führe sie aber nicht aus. Später sage ich: “Ich wollte damals darauf zeigen. Ich erinnere mich noch deutlich, das ich schon den Finger aufgehoben hatte.” In dem Strom dieser Vorgänge, Gedanken und Empfindungen war dies der Anfang einer Gebärde des Zeigens.
     Ja, wenn ich die ganze Gebärde machte und sagte “Er liegt dort drüben”, so wäre das kein Zeigen, wenn nicht diese Worte zu einer Sprache gehörten.

  
﹖ 30
 
324.
499
     Die Frage “Was geht da vor, wenn … ?” (in dieser Art von Untersuchung) ist gänzlich irreführend. Die philosophische Frage selbst verstellt den Weg zur Klarheit.

  
27
 
35
  
25
 
326.
483
     Eine Meinung haben ist ein Zustand. – Ein Zustand wessen? Der Seele? des Geistes? Nun, wovon sagt man, es habe eine Meinung? Vom Herrn N.N. z.B. || zum Beispiel. Das ist die richtige Antwort.
     Man darf eben von der Antwort auf jene || die Frage noch keinen philosophischen Aufschluß erwarten. Fragen die tiefer dringen, sind: Was sehen wir in besondern Fällen als Kriterien dafür an, daß Einer die und die Meinung hat? Wann sagen wir: er sei damals zu dieser Meinung gekommen? wann: er habe seine Meinung geändert? U.s.w.. Das Bild, welches die Antworten auf diese Fragen uns geben, zeigt, was hier grammatisch
– 95 –
als Zustand behandelt wird.

33
  
10˙1
 
327.
46
     “Ist es nicht eigentümlich, daß ich nicht sollte denken können, es werde bald aufhören zu regnen, ohne die Existenz der Institution der Sprache und ihrer ganzen Umgebung?” – Willst du sagen, es ist seltsam, daß du dir diese Worte nicht solltest sagen können und sie meinen ohne jene Umgebung?
     Nehmen wir an, jemand rufe, auf den Himmel weisend, eine Reihe unverständlicher Worte aus. Da wir ihn fragen, was er meint, sagt er, das heiße “Gottlob, es wird bald aufhören zu regnen”. Ja, er erklärt uns auch, was die einzelnen Wörter bedeuten. – Ich nehme an, er käme gleichsam plötzlich zu sich und sagte: jener Satz sei völliger Unsinn gewesen, sei ihm aber, als er ihn sprach, als Satz einer ihm geläufigen Sprache erschienen. (Ja etwa, wie ein wohlbekanntes Zitat.) – || Ja vielleicht, wie ein … – Was soll ich nun sagen? Hat er diesen Satz nicht verstanden, als er ihn sagte? Trug der Satz nicht seine ganze Bedeutung in sich?

10˙1, 44˙2, 28, 27˙01, 26
  
10˙1
 
328.
47
     Aber worin lag jenes Verstehen und die Bedeutung? Er sprach die Lautreihen in erfreutem Tone, indem er auf den Himmel zeigte, während es noch regnete, aber schon lichter wurde; später machte er eine Verbindung seiner Worte mit den deutschen Worten.

10˙1, 27˙01, 28, 26
  
10˙1
 
329.
48
     “Aber seine Worte fühlten sich eben wie die Worte einer ihm wohlbekannten Sprache an.” – Ja; das Kriterium dafür ist, daß er dies später sagte. Und nun sag ja nicht: “Die Wörter einer uns geläufigen Sprache fühlen sich eben in ganz bestimmter Weise an.”
     (Was ist der Ausdruck dieses Gefühls?)

10˙1, 28, 51, 12
   
330.
     Ich hatte mit Absicht ein Beispiel gewählt, in dem der Mensch einer Empfindung Ausdruck gibt. Denn in diesem
– –
Fall sagt man, Laute, die keiner Sprache angehören, seien voll von Bedeutung.

  
10˙1
 
331.
42
     So sind die Worte “Möchte er doch kommen!” mit meinem Wunsche geladen. Und Worte können sich uns entringen, wie ein Schrei. Worte können schwer auszusprechen sein: Worte, mit denen man auf etwas Verzicht leistet, etwa, oder eine Schwäche eingesteht.

10˙1, 12
   
332.
43
     Man könnte sich Menschen denken, die etwas einer Sprache nicht ganz unähnliches besäßen: Lautgebärden; ohne Wortschatz oder Grammatik. (‘Mit Zungen reden’?)

10˙1
   
333.
     Worte eines Dichters können uns durch und durch gehen. Und das hängt, kausal, natürlich mit dem Gebrauch zusammen, den sie in unserm Leben haben. Und es hängt auch damit zusammen, daß wir, diesem Gebrauch gemäß, unsere Gedanken dorthin und dahin in die wohlbekannte Umgebung der Worte schweifen lassen.

  
10˙1
 
334.
44
     “Was wäre aber hier die Bedeutung der Laute?” – Was ist sie in der Musik? Wenn ich auch gar nicht sagen will, daß diese Sprache der klanglichen Gebärden mit Musik verglichen werden müßte. [Dazu die Bemerkung von der einseitigen Diät]

  
14˙1
 
335.
210
     Ich sehe ein Bild: es stellt einen alten Mann dar, der, auf einen Stock gestützt einen steilen Weg aufwärts geht. – Und wie das? Konnte es nicht auch so aussehen, wenn er in dieser Stellung die Straße hinunterrutschte? – Ein Marsbewohner würde das Bild vielleicht so beschreiben. Ich brauche nicht zu erklären, warum wir es nicht so beschreiben.

50
  
1, 2
 
336.
237
     Damit es mir erscheinen kann, als hätte die Regel alle ihre Folgesätze zum Voraus erzeugt, müssen sie mir
– 97 –
selbstverständlich sein || erscheinen. So selbstverständlich, wie es mir ist, diese Farbe “blau” zu nennen. (Kriterien dafür daß dies mir ‘selbstverständlich’ ist.)

2, 61, 41,
  
1
 
337.
238
     Woher die Idee, es wäre die angefangene Reihe ein sichtbares Stück unsichtbar bis ins Unendliche gelegter Geleise? Nun, statt der Regel könnten wir uns Geleise denken || die Regel führt uns wie ein Geleise. Und der nicht begrenzten Anwendung der Regel entsprechen unendlich lange || unendliche Geleise.

65, 41
   
  
2
 
339.
250
     Man fühlt nicht, daß man immer des Winkes (der Einflüsterung) der Regel gewärtig sein muß. Im Gegenteil. Wir sind nicht gespannt darauf, was sie uns jetzt sagen wird, sondern sie sagt uns immer dasselbe, und wir tun, was sie uns sagt.
     Man könnte sagen: wir sehen, was wir beim Befolgen der Regel tun, unter dem Gesichtspunkt des immer Gleichen an.
     Man könnte dem, den man abrichtet, sagen, || : “Sieh, ich tue immer das Gleiche: ich …”

   
340.
130
     (Faraday “The Chemical History of a Candle”): “Water is one individual thing – it never changes”.

  
2˙2
 
341.
235
     Einem beschreiben, wie man einer Regel folgt, heißt, ihn lehren, Regeln zu folgen.

  
38˙1
 
342.
76
     Aber eine Maschine kann doch nicht denken! – Ist das ein Erfahrungssatz? Nein. Wir sagen nur vom Menschen, und was ihm ähnlich ist, es denke. Wir sagen es auch von Puppen,
– 98 –
und wohl auch von Geistern. Sieh das Wort “denken” als Instrument an!

38, 44
  
﹖ 25
 
343.
412
     “Wenn ich Einen die Bildung der Reihe … lehre, meine ich doch, er solle an der 100sten Stelle … schreiben.” Ganz richtig: du meinst es. Und offenbar, ohne notwendigerweise auch nur daran zu denken. Das zeigt dir, wie verschieden die Grammatik des Zeitworts || Verbums “meinen” von der des Wortes || Verbums “denken” ist. Und nichts Verkehrteres, als Meinen eine geistige Tätigkeit zu nennen! Wenn man nämlich nicht darauf ausgeht, Verwirrung zu erzeugen. (Man könnte auch von einer Tätigkeit der Butter reden, wenn sie im Kreise || Preise steigt; und wenn dadurch keine Probleme erzeugt werden, so ist es harmlos.)

27, 25
   
344.
     Ich folge einer Regel nicht anders, als der Anweisung “Schlage zwei Eier in eine Pfanne”. Und gehörte dieser Satz keiner Sprache an, oder einer, die ich nicht verstehe, so folgte ich diesen Worten nicht, was immer ich täte.

  
39
 
345.
535
     Ich bin geneigt, vom || von etwas Leblosen zu reden, als von einem, dem etwas abgeht. Ich sehe das Leben unbedingt als ein Plus an, als etwas dem Leblosen hinzugefügtes || gegebenes || gegebenes, hinzugefügtes, an. (Psychologische Atmosphäre.)

52, 37
  
35
 
346.
372
     Wie erkenne ich, daß diese Farbe Rot ist? – Eine Antwort wäre: “Ich habe Deutsch gelernt.”

  
﹖ 10˙1
 
347.
51
     Jemand, der nicht Deutsch kann, hörte mich bei gewissen Anlässen ausrufen: “Welch herrliche Beleuchtung!” Er errät den Sinn und gebraucht nun den Ausruf selber, wie ich es tue, ohne jedoch die drei Wörter zu verstehen. Versteht er den Ausruf?
     Wäre es ebenso leicht, sich den analogen Fall zu denken für diesen Satz: “Wenn der Zug nicht pünktlich um 5 Uhr
– 99 –
ankommt, wird er den Anschluß versäumen”? Was hieße es etwa in diesem Falle: den Sinn erraten?

  
10˙3
 
348.
108
     Wissen, wie jemand ausschaut: es sich vorstellen können – aber auch: es nachmachen können. Muß man sich's vorstellen, um es nachzumachen? Und ist, es nachmachen, nicht ebenso stark als || wie, es sich vorstellen?

10˙3, 39˙1, 10˙1, 2˙2
   
349.
     Wenn mir jemand plötzlich mit haßerfülltem Ausdruck sagt “Ich hasse den N” – und jener Name bezeichnet niemand, – soll ich sagen, dieser Mensch hasse jemanden? Ich werde vielleicht sagen: dieser Mensch hat Haßanfälle. Könnte man in einem ähnlichen Sinne sagen, ein Mensch habe ‘Anspielungsanfälle’? – Aber diese Anfälle bestünden in den subjektiven Erscheinungen des Anspielens.

  
30
 
350.
497
     “Was geschieht, wenn ein Mensch plötzlich versteht?” – Die Frage ist irreführend || falsch gestellt. Fragt sie nach der Bedeutung des Ausdrucks “plötzlich verstehen”, so ist die Antwort nicht das Hinweisen auf einen Vorgang, den wir so nennen. Die Frage könnte bedeuten: Was sind Anzeichen dafür, daß Einer plötzlich versteht, und charakteristische psychische Begleiterscheinungen, wie die Gefühle, die zu jenen Anzeichen gehören? Wenn ich z.B. plötzlich den Atem einziehe, so merkt der Andre, und ich fühle es etwa auch.
     (Es ist kein Grund, anzunehmen, daß ein Mensch die Ausdrucksbewegungen seines Gesichts, z.B., oder die für die Gemütsbewegung charakteristischen Veränderungen, Wechsel in der Atmung, in seiner Atmung, fühle; auch wenn er sie fühlt, sobald er seine Aufmerksamkeit auf sie richtet.)

2˙2, 30
   
351.
498
     Daß die Antwort auf die Frage nach der Bedeutung des Ausdrucks mit dieser Beschreibung nicht gegeben ist, verleitet dann zu der Folgerung, das Verstehen sei eben
– 100 –
ein spezifisches, undefinierbares, Erlebnis. Man vergißt aber, daß, was uns interessieren muß, die Frage ist: Wie vergleichen wir diese Erlebnisse; was legen wir fest als Kriterium der Identität des Geschehnisses?

10˙1, 33
   
27
   
  
6
 
354.
153
     Wie ein Wort verstanden wird, das sagen Worte allein nicht. (Theologie.)

44, 6
  
39
 
355.
365
     Wir analysieren nicht ein Phänomen (z.B. das Denken), sondern einen Begriff (z.B. den des Denkens), und also die Anwendung eines Wortes. So kann es scheinen, als wäre, was wir treiben, Nominalismus. Nominalisten machen den Fehler, daß sie alle Wörter als Namen deuten, also ihre Verwendung nicht wirklich beschreiben, sondern sozusagen nur eine papierene Anwendung auf so eine Beschreibung geben.

   
356.
     Statt “Ich habe ihn gemeint” kann man auch sagen
– 101 –
“Ich habe von ihm gesprochen”. Und wie macht man das: mit diesen Worten von ihm sprechen? Warum klingt es falsch, zu sagen “ich habe von ihm gesprochen, indem ich bei diesen Worten auf ihn zeigte”?
     “Ihn meinen” heißt etwa: von ihm reden. Nicht: auf ihn zeigen. Und wenn ich von ihm rede, besteht freilich eine Verbindung zwischen meiner Rede und ihm, aber diese Verbindung liegt in der Anwendung der Rede, nicht in einem Akt des Hinweisens || Zeigens. Das Zeigen ist selbst nur ein Zeichen, und es kann im Sprachspiel die Anwendung der Sätze regeln, also, was gemeint ist anzeigen.

  
﹖ 39
 
357.
124
     Was wir zur Erklärung der Bedeutung, ich meine, der Wichtigkeit, || , eines Begriffs fragen || sagen müssen, sind oft außerordentlich allgemeine Naturtatsachen. Solche, die wegen ihrer großen Allgemeinheit kaum je erwähnt werden. (Hierher die Bemerkung von den ‘kuriosen Beiträgen’.)

  
﹖ 10
 
358.
96
     Es ist sowenig für das Verständnis eines Satzes wesentlich, daß man sich bei ihm etwas vorstelle, als daß man nach ihm eine Zeichnung entwerfe.

10˙1, 14˙1, 23
  
55
 
359.
502
     “Das Wollen, wenn es nicht eine Art Wünschen sein soll, muß das Handeln selber sein. Es darf nicht vor dem Handeln stehen bleiben.” Ist es das Handeln, so ist es dies im gewöhnlichen Sinne dieses Worts; also: sprechen, schreiben || singen, gehen etwas heben, sich etwas vorstellen, etc.; aber auch: trachten, versuchen, sich bemühen, zu sprechen, zu schreiben || singen, etwas zu heben, sich etwas vorzustellen, etc..

  
55
 
360.
503
     Wenn ich meinen Arm hebe, so habe ich nicht gewünscht, er möge sich heben. Die willkürliche Handlung schließt diesen Wunsch aus. Man kann allerdings sagen: “Ich hoffe, ich werde den Kreis fehlerlos zeichnen”. Und damit drückt man einen Wunsch aus, die Hand möge sich so
– 102 –
und so bewegen.

  
55˙1
 
361.
521
     Im Laboratorium, unter dem Einfluß elektrischer Ströme etwa, sagt Einer mit geschlossenen Augen “Ich bewege meinen Arm auf und ab” – obgleich sich der Arm nicht bewegt. “Er hat also das besondere Gefühl der Bewegung” sagen wir. – Beweg mit geschlossenen Augen deinen Arm hin und her. Und nun versuch, während du es tust, dir zu sagen || dir einzureden, der Arm stehe still und du habest nur gewisse seltsame Empfindungen in verschiedenen Muskeln, etc.!

  
55˙1
 
362.
522
     “Wie weißt du, daß du deinen Arm gehoben hast?” – “Ich fühle es.” Was du also wiedererkennst, ist die Empfindung? Und ist es sicher, daß du sie richtig wiedererkennst? – Diese Äußerung machen ist das Kriterium, das Maß, des Wiedererkennens.

  
﹖ 14˙1
 
363.
72
     “Ich glaube, das richtige Wort in diesem Fall ist …” Zeigt das nicht, daß die Bedeutung des Worts ein Etwas ist, das uns vorschwebt, und das gleichsam das genaue Bild ist, das || welches wir hier brauchen wollen? Denke, ich wählte zwischen den Wörtern “stattlich”, “würdevoll”, “stolz”, “Achtung gebietend || Ehrfurcht einflößend”; ist es nicht, als ob ich zwischen den Zeichnungen in einer Mappe wählte? || wählte ich zwischen den Zeichnungen in einer Mappe? – Nein; daß man vom treffenden Wort redet, zeigt nicht die Existenz eines Etwas, welches etc.. Vielmehr ist man geneigt, von jenem bildartigen Wesen || Etwas zu sprechen, weil man ein Wort als treffend empfinden kann; zwischen Worten oft, wie zwischen ähnlichen, aber doch nicht gleichen, Bildern, wählt; weil man Bilder oft statt Wörtern, oder zur Illustration von Wörtern gebraucht; etc..

14˙1, 12, 6˙1,
  
30
 
364.
495
     Was heißt es: sich die Gedanken und Gefühle des Andern ausmalen? Wie macht man das?
– 103 –


30, 26˙3
  
51˙1
 
365.
524
     Wenn wir die Frage “warum” unterdrücken, werden wir oft erst die wichtigen Tatsachen gewahr, || . die zu unserm Gegenstand gehören. || Die nämlich in unserer Untersuchung entscheiden.

  
51
 
366.
536
     Wie schätzt man: wieviel Uhr es ist? Ich meine aber nicht, nach äußeren Anhaltspunkten, dem Stand der Sonne, der Helligkeit im Zimmer, u. dergl.. – Man fragt sich etwa “Wieviel Uhr kann es sein?”, überlegt einen Augenblick; d.h., hier man hält sich still, stellt sich etwa || vielleicht das Ziffernblatt vor; und dann spricht man die und die Zeit aus. – Oder man überlegt sich mehrere Möglichkeiten: man denkt sich eine Zeit, dann eine andre, und bleibt endlich bei einer stehen. So und ähnlich geht es vor sich. ‒ ‒ ‒ Aber ist nicht der Einfall von einem Gefühl der Überzeugung begleitet; und heißt das nicht, daß er nun mit einer innern Uhr übereinstimmt? – Nein, ich lese die Zeit von keiner Uhr ab; ein Gefühl der Überzeugung ist insofern da, als ich mir ohne Empfindung des Zweifels, mit Ruhe und Sicherheit eine Zeit sage. – Aber schnappt nicht etwas bei dieser Zeitangabe ein? – Nichts, das ich wüßte; wenn du nicht das Zur-Ruhe-Kommen der Überlegung, das Stehenbleiben bei einer Zahl so nennst. Ich hätte auch hier nie, von einem ‘Gefühl der Überzeugung’ geredet, sondern gesagt: ich habe eine Weile überlegt und mich dann dafür entschieden, daß es viertel sechs ist || es sei viertel sechs. Wonach aber hab ich mich entschieden? Ich hätte vielleicht gesagt: “bloß nach dem Gefühl”; das || . Das heißt nur: ich habe es dem Einfall überlassen. ‒ ‒ ‒ Aber du mußtest dich doch wenigstens zum Schätzen in einen bestimmten Zustand versetzen; und du nimmst doch nicht jede Vorstellung irgend einer Zeitangabe als Angabe der richtigen Zeit! – Wie gesagt: ich hatte mich gefragt “Wieviel Uhr mag es sein?”, d.h. ich habe diese Frage nicht, z.B., einer Erzählung gelesen, noch sie als Ausspruch eines andern zitiert, noch mich im Aussprechen dieser
– 104 –
Wörter geübt, u.s.f.. – nicht unter diesen Umständen habe ich die Worte gesprochen. – Aber unter welchen also? – Ich dachte an mein Frühstück und ob es heute spät damit würde. Solcherart waren die Umstände. – Aber siehst du denn wirklich nicht, daß du doch in einem, wenn auch gleichsam || gleichsam ungreifbaren, für das Schätzen der Zeit charakteristischen Zustand, gleichsam in einer dafür charakteristischen Atmosphäre warst? – Ja, das Charakteristische war, daß ich mich fragte “Wieviel Uhr mag es sein?”; und hat dieser Satz eine bestimmte Atmosphäre, wie soll ich sie von ihm selbst trennen können? Es wäre mir nie eingefallen, der Satz hätte einen solchen Dunstkreis, hätte ich nicht daran gedacht, wie man ihn auch anders – als Zitat, im Scherz, als Sprechübung, etc. – sagen könnte. Und da wollte ich auf einmal sagen, da erschien es mir auf einmal: ich müßte die Worte doch irgendwie besonders gemeint haben; anders nämlich, als in jenen andern Fällen. Es hatte sich mir das Bild von der besondern Atmosphäre aufgedrängt; ich sehe sie förmlich vor mir – solange ich nämlich nicht auf das sehe, was nach meiner Erinnerung wirklich gewesen ist.
     Und was das Gefühl der Sicherheit anbelangt: so sage ich mir manchmal “Ich bin sicher, es ist … Uhr”, und in mehr oder weniger sicherem Tonfall, etc.. Fragst du nach dem Grund für diese Sicherheit, so habe ich keinen.
     Wenn ich sage: ich lese es auf meiner inneren Uhr ab, so ist das ein Bild, dem nur entspricht, daß ich diese Zeitangabe gemacht habe. Und der Zweck des Bildes ist, diesen Fall dem andern anzugleichen. Ich sträube mich, die beiden verschiedenen Fälle anzuerkennen.

   
367.
537
     Von größter Wichtigkeit ist die Idee der Ungreifbarkeit jenes Zustands beim Schätzen der Zeit. Warum ist er ungreifbar? Ist es nicht, weil wir, was an dem ||
– 105 –
unserm
Zustand greifbar ist, uns weigern, zu dem spezifischen Zustand zu rechnen, den wir postulieren?

64, 39˙1
  
﹖ 67
 
368.
178
     Was ist dein Ziel in der Philosophie? – Der Fliege den Ausweg || Ausgang aus dem Fliegenglas zeigen.

42, 41, 45
  
64
 
369.
175
     Wenn man fragt “Wie macht der Satz das, daß er darstellt?”, so könnte die Antwort sein: “Weißt du es denn nicht? Du siehst es doch, wenn du ihn benützt.” Es ist ja nichts verborgen. Wie macht der Satz das? – Weißt du es denn nicht? Es ist ja nichts versteckt.
     Aber auf die Antwort “Du weiß ja, wie es der Satz macht, es ist ja nichts verborgen” möchte man sagen: “Ja, aber es fließt alles so rasch vorüber, und ich möchte es gleichsam breiter auseinander gelegt sehen.”
     Aber es hindert uns eben nicht am Ausdruck. – Was es heißt, etwas Entfliehendes in der Beschreibung festhalten zu wollen, wissen wir. Das geschieht etwa, wenn wir das Eine vergessen, während wir das Andere beschreiben wollen. Aber darum handelt es sich doch hier nicht. Und so ist das Wort “entfliehen” anzuwenden.

  
30
 
370.
74
     Könnte eine Maschine denken? ‒ ‒ ‒ Könnte sie Schmerzen haben? – Nun, – soll der menschliche Körper so eine Maschine heißen? Er kommt doch am nächsten dazu, so eine Maschine zu sein.

38˙1, 38
  
61
 
371.
226
     Sokrates zu Theaitetos: “Und wer vorstellt, sollte nicht etwas vorstellen?” – Th.: “Notwendig.” – Sok.: “Und wer etwas vorstellt, nichts Wirkliches?” – Th.: “So scheint es.”
     Und wer malt, sollte nicht etwas malen – und wer etwas malt, nichts Wirkliches? – Ja, was ist das Objekt des Malens: das Bild, oder ein Gegenstand, den es darstellt || vorstellt?
– –


61, 26˙4, 31
  
30
 
372.
78
     Ist das Denken, sozusagen, ein spezifisch organischer Vorgang der Seele – gleichsam ein Kauen und Verdauen in der Seele? Kann man ihn dann durch einen anorganischen Vorgang ersetzen, der den gleichen Zweck erfüllt, sozusagen mit einer Prothese das Denken besorgen? Wie müßte man sich eine Denkprothese vorstellen?

  
30
 
373.
     Eine der philosophisch gefährlichsten Ideen ist, merkwürdigerweise, daß wir mit dem Kopf, oder im Kopf denken.

  
30
 
374.
     Die Idee vom Denken als einem Vorgang im Kopf, in dem gänzlich abgeschlossenen Raum, gibt ihm etwas Okkultes.

64
  
﹖ 34˙1
 
375.
95
     Irreführende Parallele: Der Schrei, ein Ausdruck des Schmerzes – der Satz, ein Ausdruck des Gedankens!
     Als wäre es der Zweck des Satzes, Einen wissen zu lassen, wie es dem Andern || mir zumute ist: Nur, sozusagen, im Denkapparat || Gehirnapparat und nicht im Magen.

4, 34˙1
  
4
 
376.
276
     Wozu denkt der Mensch? wozu ist es nütze? Wozu berechnet er Dampfkessel und überläßt ihre Wandstärke nicht dem Zufall? Es ist doch nur Erfahrungstatsache, daß Kessel, die so berechnet wurden, nicht so oft explodieren! Aber so, wie er alles eher täte, als die Hand ins Feuer stecken, das ihn früher gebrannt hat, so wird er alles eher tun, als den Kessel nicht berechnen. Da uns aber die Ursachen nicht interessieren, – werden wir sagen: Die Menschen denken tatsächlich: sie gehen, z.B., auf diese Weise vor, wenn sie einen Dampfkessel bauen. – Kann nun ein so erzeugter Kessel nicht explodieren? O doch!

5, 30, 44, 56, 4
   
377.
277
     Denkt der Mensch also, weil Denken sich bewährt hat? – Weil er denkt, es sei vorteilhaft, zu denken?
     (Erzieht er seine Kinder, weil es sich bewährt hat?)
– 107 –


   
378.
278
     Wie wäre herauszubringen: warum er denkt?

   
379.
279
     Und doch kann man sagen, das Denken habe || , Denken habe sich bewährt. Es seien jetzt weniger Kesselexplosionen, als früher, seit etwa die Wandstärken nicht mehr nach dem Gefühl bestimmt, sondern auf die und die Weise berechnet werden. Oder, seit man jede Berechnung eines Ingenieurs von einem zweiten Mann kontrollieren läßt.

   
380.
     Manchmal also denkt man, weil es sich bewährt hat.

  
58˙1
 
381.
272
     Die Natur des Glaubens an die Gleichförmigkeit des Geschehens wird vielleicht am klarsten im Falle, in dem wir Furcht vor dem Erwarteten empfinden. Nichts könnte mich dazu bewegen, meine Hand in die Flamme zu stecken, || : obwohl ich mich doch nur in der Vergangenheit verbrannt habe.

  
58˙1
 
382.
273
     Der Glaube, daß mich das Feuer brennen wird, ist von der Natur || Art der Furcht, daß es mich brennen wird.

  
58˙1
 
383.
274
     Daß mich das Feuer brennen wird, wenn ich die Hand hineinstecke: das ist Sicherheit.
     D.h., da sehen wir, was Sicherheit bedeutet. (Nicht nur was das Wort “Sicherheit” bedeutet, sondern auch, was es mit ihr auf sich hat.)

  
﹖ 58˙1
 
384.
275
     Wenn man mich ins Feuer zöge, so würde ich mich wehren und nicht gutwillig gehen: und ebenso würde ich schreien “Es wird mich brennen || ich werde mich verbrennen!”; und ich würde nicht schreien “Vielleicht wird es ganz angenehm sein!”

  
﹖ 39
 
385.
129
     Überlege: “Das einzige Korrelat in der Sprache zu einer Naturnotwendigkeit ist eine willkürliche Regel. Sie
– 108 –
ist das Einzige, was man von dieser Notwendigkeit in Sätze || in einen Satz abziehen kann.”

20
  
20
 
386.
128
     Man ist versucht, Regeln der Grammatik durch Sätze zu rechtfertigen von der Art “Aber es gibt doch wirklich vier primäre Farben.” Und gegen die Möglichkeit dieser Rechtfertigung, die nach dem Modell der Rechtfertigung eines Satzes durch den Hinweis auf seine Verifikation || die Tatsache, die ihn wahr macht, gebaut ist, richtet sich das Wort, daß die Regeln der Grammatik willkürlich sind.
     Kann man aber nicht doch in irgendeinem Sinne sagen, daß die Grammatik der Farbwörter die Welt, wie sie tatsächlich ist, charakterisiert? Man möchte sagen: Kann ich nicht wirklich vergebens nach einer fünften primären Farbe suchen? Nimmt man nicht die primären Farben zusammen, weil sie eine Ähnlichkeit haben; oder zum mindesten die Farben, im Gegensatz z.B. zu den Formen, oder Tönen, weil sie eine Ähnlichkeit haben? Oder habe ich, wenn ich diese Einteilung der Welt als die richtige hinstelle, schon eine vorgefaßte Idee als Paradigma im Kopf? Von der ich dann etwa nur sagen kann: “Ja, das ist die Art, wie wir die Dinge betrachten”, oder “Wir wollen eben ein solches Bild machen”. || ? Wenn ich nämlich sage: “die primären Farben haben doch eine bestimmte Ähnlichkeit miteinander” – woher nehme ich den Begriff dieser Ähnlichkeit? Ist nicht so, wie der Begriff ‘primäre Farbe’ nichts andres ist, als ‘blau oder rot oder grün, oder gelb’, – auch der Begriff jener Ähnlichkeit nur durch die vier Farben gegeben? Ja, sind sie || die Begriffe nicht die gleichen? – “Ja, könnte man denn auch rot, grün und kreisförmig zusammenfassen?” – Warum nicht?!

   
387.
     Warum nenne ich die Regeln des Kochens nicht willkürlich; und warum bin ich versucht, die Regeln der Grammatik willkürlich zu nennen? Weil ‘Kochen’ durch seinen Zweck definiert ist, dagegen ‘Sprechen’ nicht. Darum ist
– 109 –
der Gebrauch der Sprache in einem gewissen Sinne autonom, in dem das Kochen und Waschen es nicht ist. Wer sich beim Kochen nach andern als den richtigen Regeln richtet, kocht schlecht; aber wer sich nach andern Regeln als denen des Schach richtet, spielt ein anderes Spiel; und wer sich nach andern grammatischen Regeln richtet, als den und den || unsern, spricht darum nichts Falsches, sondern von etwas Anderm.

   
388.
     Wenn man eine Regel, ein Wort des Satzes betreffend, dem Satze beifügt, so ändert sich sein Sinn nicht.

   
389.
126
     Was wir liefern, sind eigentlich Bemerkungen zur Naturgeschichte des Menschen; aber nicht kuriose Beiträge, sondern solche Feststellungen || sondern Feststellungen von Tatsachen, an denen niemand gezweifelt hat, und die dem Bemerktwerden nur entgehen, weil sie ständig vor unsern Augen sind. || weil sie sich ständig vor unsern Augen herumtreiben.

  
51˙2
 
390.
525
     Wenn man mich fragt “Hast du deinen Schreibtisch wiedererkannt, wie du heute morgen in dein Zimmer getreten bist?”, so würde ich wohl sagen “Gewiß”; und doch ist es irreführend, das, was sich da abgespielt hat, ein “Wiedererkennen” zu nennen. Gewiß, der Schreibtisch war mir nicht fremd, ich war nicht überrascht, ihn zu sehen, wie ich es gewesen wäre, wenn ein anderer dagestanden hätte, oder ein fremdartiger Gegenstand.

  
51˙2
 
391.
526
     Niemand wird sagen, daß jedesmal, wenn ich in mein Zimmer komme, in die altgewohnte Umgebung, sich ein Wiedererkennen alles dessen, was ich sehe und hundertmal gesehen habe, abspielt.

  
51˙2
 
392.
527
     Von den Vorgängen, die man “Wiedererkennen” nennt, haben wir leicht einen falschen Begriff || ein falsches
– 110 –
Bild; als bestünde das Wiedererkennen immer darin, daß wir zwei Eindrücke miteinander vergleichen. Es ist, als trüge ich ein Bild eines Gegenstandes bei mir und agnoszierte danach einen Gegenstand als den, welchen das Bild darstellt. Unser Gedächtnis scheint uns so einen Vergleich zu vermitteln, indem es uns ein Bild des früher Gesehenen aufbewahrt, oder uns erlaubt (wie durch ein Rohr) in die Vergangenheit zu blicken.

  
51˙2
 
393.
528
     Diese Form, die ich sehe – möchte ich sagen – ist nicht einfach eine Form, sondern sie ist eine von den mir bekannten Formen; sie ist eine im Vorhinein ausgezeichnete Form. Sie ist eine von den Formen, deren Bild schon früher in mir war, und nur weil sie so einem Bild entspricht, ist sie die wohlbekannte Form. (Ich trage gleichsam einen Katalog solcher Formen mit herum und die Gegenstände, die dort abgebildet sind, sind dann die wohlbekannten.)

  
51˙2
 
394.
529
     Aber daß ich das Bild schon früher mit mir herumgetragen habe, wäre nur eine kausale Erklärung des gegenwärtigen Eindrucks. Es ist, als sagte man: Diese Bewegung geht so leicht, als wäre sie eingeübt worden.
     Und es ist ja nicht so sehr, als vergliche ich den Gegenstand mit einem neben ihm stehenden Bild, sondern als deckte er sich mit dem Bild. Ich sehe also nur Eines und nicht zwei.

  
52
 
395.
61
     Man sagt “Dieses Gesicht hat einen ganz bestimmten Ausdruck”, und sucht etwa nach Worten, die ihn charakterisieren.

51˙2, 10˙1, 52, 51
   
396.
177
     Hier ist es leicht, in jene Sackgasse des Philosophierens zu geraten, wo man glaubt, die Schwierigkeit der Aufgabe liege darin, daß schwer erhaschbare Erscheinungen, die
– 111 –
schnell entschlüpfende gegenwärtige Erfahrung oder dergleichen, von uns beschrieben werden sollten || sollen. Wo die gewöhnliche Sprache uns zu roh erscheint; und es scheint, als haben || hätten wir es nicht mit den Phänomenen zu tun, von denen der Alltag redet, sondern “mit den leicht entschwindenden, die mit ihrem Auftauchen und Vergehen jene ersteren annähernd erzeugen”. || und wir es nicht mit den Phänomenen, von denen der Alltag redet, zu tun zu haben scheinen, sondern “mit den leicht entschwindenden, die mit ihrem Auftauchen und Vergehen jene ersteren annähernd erzeugen”.

   
397.
     Gewiß, ich lese eine Geschichte und kümmere mich den Teufel um ein System der Sprache. Ich lese einfach, habe Eindrücke, sehe Bilder vor mir, etc.. Ich lasse die Geschichte an mir vorüberziehen wie Bilder, wie eine Bildergeschichte. (Damit will ich natürlich nicht sagen, daß jeder Satz in mir ein visuelles Bild, oder mehrere, hervorruft, und daß das etwa der Zweck eines Satzes sei.)

   
398.
     Denken wir uns eine Bildergeschichte in schematischen Bildern, also ähnlicher der Erzählung in einer Sprache || Schrift, als eine Folge realistischer Bilder. Man könnte in so einer Bildersprache etwa insbesondere den Gang von Schlachten festgehalten haben. (Sprachspiel.) Und ein Satz unserer Wortsprache kommt so einem Bild dieser Bildsprache viel näher als man meint.

   
399.
     Denken wir auch daran, daß || wie wir uns solche Bilder nicht erst in realistische übertragen, um sie zu ‘verstehen’, so wenig wir uns je Photographien oder die Bilder eines Films, in farbige Bilder übertragen, obwohl uns schwarz-weiße Menschen, oder Pflanzen in der Wirklichkeit unsagbar fremd und schrecklich vorkämen.
     Wie, wenn wir nun hier sagten “Ein Bild ist etwas nur in einer Bildersprache”?
– 112 –


  
52
 
400.
      (Zu Nr. 396.) Und da muß sich daran erinnern, daß alle die Phänomene, die uns nun so merkwürdig vorkommen, die ganz gewöhnlichen sind, die, wenn sie sich abspielen, uns nicht im geringsten auffallen. Sie kommen uns erst in der seltsamen Beleuchtung merkwürdig vor, die wir nun auf sie werfen, wenn wir philosophieren.

   
401.
     (Zu Nr. 347.) Man kann sich leicht eine Sprache vorstellen, in der Menschen ein einziges Wort für jenen Ausruf benutzen. Aber wie wäre es mit einem Wort für den Satz “wenn der Zug …”? In was für einem Fall würden wir sagen, daß das Wort tatsächlich für diesen Satz steht?
     Etwa in diesem: Die Leute benützten anfänglich einen Satz wie den unsern; dann aber traten Umstände ein, in denen der Satz so häufig ausgesprochen werden mußte, daß sie ihn zu einem Wort zusammenzogen. Diese Leute könnten also noch das Wort durch den || jenen Satz erklären.
     Aber kann es auch den Fall geben, in dem Leute nur ein Wort für jenen Sinn besäßen, also für jenen Gebrauch? Warum nicht? Man muß sich vorstellen, wie Einer den Gebrauch dieses Wortes lernt, und unter welchen Umständen wir sagen würden, daß das Wort wirklich jenen Satz vertritt. Bedenk aber dies: In unserer Sprache sagt jemand “Er kommt um 5 Uhr an”; ein Andrer antwortet “Nein, 10 Minuten nach 5”. Gibt es diese Art Gespräch auch in der andern Sprache?
     Darum sind Sinn und Bedeutung vage Begriffe.

  
67
 
402.
364
     Es ist sehr schwer, Gedankenbahnen zu beschreiben, wo schon viele Fahrgeleise sind – ob deine eigenen, oder andere, || und nicht in eins der ausgefahrenen Gleise zu kommen. Es ist schwer: nur wenig von einem alten Gedankengleise abzuweichen. [Lehre von den irrationalen Zahlen]

  
12
 
403.
52
     Wir können uns eine Sprache denken, in deren Verwendung
– 113 –
der Eindruck, den wir von den Zeichen erhalten keine || das Gefühl, das unsern Worten anhaftet, keine Rolle spielt; in der es ein Verstehen im Sinne eines solchen Eindrucks || des Wortcharakters nicht gibt. Die Zeichen || Wörter werden uns etwa geschrieben übermittelt und wir können sie uns nun merken. (D.h. der einzige Eindruck, von dem da die Rede ist, ist das Bild des Zeichens.) || wie die Symbole der chemischen Zeichensprache übermittelt und erhalten keinen Dunstkreis. Wenn es nun || dann z.B. ein Befehl ist || gegeben wird, so übertragen wir die Zeichen nach Regeln, Tabellen, das Zeichen in Handlung. Zum Eindruck, ähnlich dem eines gemalten Bildes, kommt es nicht, und man schreibt auch nicht Geschichten in dieser Sprache. || es wird in dieser Sprache nicht gedichtet. [405]
   
404.
     Es wäre natürlich auch denkbar, daß wir einen Satz der Wortsprache, um von ihm einen Eindruck zu erhalten, nach Regeln in ein gezeichnetes Bild übertragen mußten. (Daß erst dies Bild eine Seele hätte.)

   
405.
     (Zu Nr. 403.) In diesem Fall könnte man sagen: “Die Zeichenfolge ist tot ohne das System”. || “Das Zeichen lebt nur im System.”

  
﹖ 24
 
406.
58
     “Das Bild sagt mir sich selbst”, möchte ich sagen. D.h., daß es mir etwas sagt, besteht in seiner eigenen Struktur, in seinen Formen und Farben. (Was hieße es, wenn man sagte: “Das musikalische Thema sagt mir sich selbst”?)

  
4
 
407.
1
     Achten wir auf den Gebrauch des Wortes “Deutsche Sprache”! sonst fragen wir etwa: “Was ist die Sprache? Alle ihre Sätze, die je gesprochen worden sind? Die Klasse ihrer Regeln und Wörter? etc. etc..” – Was ist das System? Wo ist es? Was ist das Schachspiel? Alle Partien? das Regelverzeichnis?

   
408.
     (Ich könnte meinem Schüler sagen: Du wirst anders denken, wenn du durch diese Übungen gegangen bist.)

  
24
 
409.
57
     Denken uns eine Art Vexierbild, worin nicht ein bestimmter
– 114 –
Gegenstand aufzufinden ist, sondern das || welches uns auf den ersten Blick als ein Gewirr nichtssagender Striche erscheint und nach einigem Suchen erst als, sagen wir, ein Landschaftsbild. – Worin besteht der Unterschied zwischen dem Anblick des Bildes vor und nach der Lösung? Daß wir es beide Male anders sehen, ist klar. In wiefern aber kann man nach der Auflösung sagen, jetzt sage uns das Bild etwas, früher habe es uns nichts gesagt?

   
410.
     Wir können diese Frage auch so stellen: Was ist das allgemeine Charakteristikum dafür, daß die Lösung || eine Lösung gefunden ist?

   
411.
     Ich will annehmen, daß ich, sobald es gelöst ist, die Lösung dadurch kenntlich mache, daß ich gewisse Striche des Bildes stark nachziehe und etwa Schatten eintrage. Warum nennst du nun das Bild, was du eingezeichnet hast, eine Auflösung?
     a) Weil es die klare Darstellung einer Gruppe räumlicher Gegenstände ist.
     b) Weil es die Darstellung eines regelmäßigen Körpers ist.
     c) Weil es eine symmetrische Figur ist.
     d) Weil es eine Figur ist, die mir einen ornamentalen Eindruck macht.
     e) Weil es die Darstellung eines Körpers ist, der mir bekannt vorkommt.
     f) Weil es eine Liste von Auflösungen gibt und diese Figur (dieser Körper) auf der Liste steht.
     g) Weil es eine Art von Gegenstand darstellt, die ich wohl kenne: denn er macht mir den augenblicklichen Eindruck der Wohlbekanntheit, ich verbinde augenblicklich alle möglichen Assoziationen mit ihm; ich weiß, wie er heißt; daß ich ihn oft gesehen habe; ich weiß, wozu man ihn gebraucht; etc..
– 115 –

     h) Weil ich den Gegenstand wohl zu kennen scheine: es fällt mir sogleich ein Wort als sein Name ein (obwohl das Wort keiner bestehenden Sprache angehört); ich sage mir “Natürlich, das ist ja ein … ” und gebe mir eine unsinnige Erklärung, die mir in diesem Augenblick sinnvoll erscheint. (Wie im Traum.)
     i) Weil es ein Gesicht darstellt, welches mir bekannt vorkommt.
     j) Weil es ein Gesicht darstellt, welches ich erkenne: es ist das Gesicht meines Freundes N; es ist ein Gesicht, welches ich oft abgebildet gesehen habe. etc..
     k) Weil es einen Gegenstand darstellt, den ich mich erinnere, einmal gesehen zu haben.
     l) Weil es ein Ornament ist, das ich gut kenne (obwohl ich nicht weiß, wo ich es gesehen habe).
     m) Weil es ein Ornament ist, das ich gut kenne: ich kenne seinen Namen, weiß, wo ich es schon gesehen habe.
     n) Weil es einen Einrichtungsgegenstand meines Zimmers darstellt.
     o) Weil ich instinktiv diese Striche nachgezogen habe und mich nun beruhigt fühle.
     p) Weil ich mich erinnere, daß mir dieser Gegenstand beschrieben worden ist. U.s.w.
     (Wer nicht versteht, warum wir über diese Dinge reden, muß, was wir sagen, als leere Spielerei empfinden.)

  
17
 
412.
165
     Kann ich mir den Eindruck der individuellen Bekanntschaft wegdenken, wo er ist; und hinzudenken, wo er nicht ist? Und was heißt das? Ich sehe z.B. das Gesicht eines Freundes an und frage mich: Wie schaut dieses Gesicht aus, wenn ich es als ein mir unbekanntes Gesicht sehe (als sähe
– 116 –
ich es etwa jetzt zum erstenmal)? Was bleibt sozusagen von dem Anblick des Gesichts, wenn ich den Eindruck der Bekanntheit wegdenke, abziehe? – Hier bin ich nun geneigt zu sagen: “Es ist sehr schwer, die Bekanntheit von dem Eindruck des Gesichts zu trennen.” Aber ich fühle auch, daß das eine irreführende || falsche Ausdrucksweise ist. Ich weiß nämlich garnicht, wie ich es auch nur versuchen soll, diese beiden zu trennen. Der Ausdruck “sie trennen” hat für mich gar keinen klaren Sinn.
     Ich weiß, was es heißt: “Stelle dir diesen Tisch vor, aber schwarz, obwohl er braun ist”. Das heißt etwas Ähnliches, wie || Dem ist verwandt “Male ein Bild dieses Tisches, aber schwarz, statt braun”; oder analog “Zeichne diesen Menschen, aber mit längeren Beinen, als er hat.”.

   
413.
166
     (Wie, wenn man sagte: “Denke dir diesen Schmetterling, genauso wie er ist, aber häßlich, statt schön”?! (Es fragt sich: was wird hier von uns verlangt? Das bedürfte erst einer Erklärung.)

   
414.
167
     Wir haben in diesem || jenem Fall nicht bestimmt, was es heißen soll, sich die Wohlbekanntheit wegzudenken.
     Es könnte etwa heißen, sich des Eindrucks entsinnen, den ich hatte, als ich das Gesicht zum ersten Male sah.

  
17
 
415.
168
     Die zeichnerische Darstellung des Innern eines Radioempfängers wird für den, der keine Kunde || Ahnung von solchen || diesen Dingen hat, ein Gewirr sinnloser Striche sein. Hat er aber den Apparat und seine Funktion kennengelernt, so wird jene || die Zeichnung für ihn nun ein sinnvolles Bild sein.
     Gegeben nun, irgend eine mir jetzt sinnlose körperliche Gestalt (etwa im Bilde) – kann ich nach Belieben sie || sie nach Belieben mir sinnvoll vorstellen? Das wäre, als fragte man: Kann ich mir einen beliebig geformten Gegenstand als Gebrauchsgegenstand vorstellen? Aber für welchen Gebrauch?
     Man könnte eine Klasse von Körperformen sich || sich z.B. Tonklumpen verschiedener Formen || von beliebiger Form methodisch
– 117 –
als Wohnungen von Tieren oder Menschen denken; Eine andere Klasse || oder als Waffen; Eine etwa || oder als Modelle von Landschaften. Etc. etc. Und hier weiß || sehe || verstehe ich also, wie ich || man einer sinnlosen Form Sinn andichten kann.

  
24
 
416.
65
     Wenn ich sage, dieses Gesicht hat den Ausdruck der Milde, Güte, Feigheit, so scheine ich nicht nur zu meinen, daß wir die und die Gefühle || den und den Charakter mit dem Anblick des Gesichts assoziieren, sondern ich bin versucht, zu sagen, || also an ihn denken, wenn wir das Gesicht sehen, daß das Gesicht ein Aspekt der Güte, Feigheit, etc., selbst ist || sondern das Gesicht sei ein Aspekt der Güte, oder der Feigheit, selbst. (Vergleiche z.B. Weininger.) – Man kann sagen: ich sehe die Feigheit in dieses Gesicht hinein (und könnte sie auch in ein anderes hineinsehen); aber jedenfalls scheint sie mit dem Gesicht nicht bloß assoziiert, äußerlich verbunden; sondern die Furcht hat die Multiplizität || Furchtsamkeit ist von der Art der Gesichtszüge. Und wenn sich, z.B., die Züge ein wenig ändern, so können wir von einer entsprechenden Änderung der Furcht reden. Würden wir gefragt “Kannst du dir dieses Gesicht auch als Ausdruck des Mutes denken?”, so wüßten wir, gleichsam, nicht, wie wir den Mut in diesen Zügen unterbringen sollten. Ich sage dann etwa: “Ich weiß nicht was das hieße, wenn dieses Gesicht ein mutiges Gesicht ist”. Aber wie sieht die Lösung so einer Frage aus? Man sagt etwa || z.B.: “Ja, jetzt versteh ich es; das Gesicht ist sozusagen gleichgültig gegen die Außenwelt”. Wir haben also Mut hineingedeutet. Der Mut, könnte man sagen, paßt jetzt wieder auf das Gesicht. Aber was paßt hier worauf?

23, 17, [415], 13
  
24
 
417.
66
     Es ist ein verwandter Fall (obwohl es vielleicht nicht so scheinen möchte), wenn wir uns z.B. || zuerst darüber wundern, daß die Franzosen nicht sagen “der Mann ist gut”, sondern ein attributives Eigenschaftswort dorthin || dort setzen, wo ein prädikatives stehen sollte: und wenn wir das Problem uns dann dadurch || so lösen, || : daß wir sagen, sie meinten || meinen “der Mensch ist ein guter”.
Eine Deutung in diesem Falle, makes us feel at home. Aber das heißt nicht, daß man nur durch eine || diese Deutung sich in diesen Formen heimisch fühlen kann.
–118 –


23, 13, 52
  
﹖ 23
 
418.
67
     Ich sehe ein Bild, das einen lächelnden Kopf darstellt. Was tue ich, wenn ich das Lächeln einmal als ein freundliches, einmal als ein böses auffasse? Stelle ich es mir nicht oft in einer räumlichen und zeitlichen Umgebung vor, die ich freundlich oder boshaft nenne? So könnte ich mir zu dem Bild vorstellen, daß der Lächelnde auf ein spielendes Kind herunterlächelt, oder aber auf das Leiden eines Feindes.
     Daran wird nichts geändert dadurch, daß ich mir auch die auf den ersten Blick liebliche Situation durch eine weitere Umgebung wieder anders deuten kann. – Ein gewisses Lächeln werde ich, wenn keine besondern Umstände meine Deutung umstellen || umkehren, als freundliches auffassen, ein “freundliches” nennen, entsprechend reagieren. (Ein Linienstück als gerades sehen)

13, 23, 38, 17, 52
   
   
420.
     Ein freundlicher Mund, ein freundliches Auge. Wie denkt man sich eine freundliche Hand? – Wahrscheinlich geöffnet und nicht als Faust. – Und könnte man sich die Haarfarbe des Menschen als Ausdruck der Freundlichkeit, oder des Gegenteils, denken? – Aber so gestellt, scheint dies die
– 119 –
Frage zu sein, ob uns das gelingen kann. Die Frage sollte lauten: Wollen wir etwas eine freundliche, oder unfreundliche Haarfarbe nennen? Wollten wir solchen Worten Sinn geben, so würden wir uns etwa einen Menschen denken, dessen Haare dunkel werden, wenn er zornig wird. Das Hineinlesen des bösen Ausdrucks in die dunkeln Haare aber geschähe mittels einer schon früher fertigen Idee.
     Man kann sagen: Das freundliche Auge, der freundliche Mund, das Wedeln des Hundes, sind, unter andern, primäre und von einander unabhängige Symbole der Freundlichkeit; ich meine: sie sind Teile der Phänomene, die man Freundlichkeit nennt. Will man sich andere Erscheinungen als Ausdruck der Freundlichkeit denken, so sieht man jene Symbole in sie hinein. Wir sagen “Er macht ein finsteres Gesicht”; vielleicht, weil die Augen durch die Augenbrauen stärker beschattet werden; und nun übertragen wir die Idee der Finsternis auf die Haarfarbe.

  
13
 
421.
63
     Erlebnis der wirklichen Größe. Wir sehen ein Bild, das die Form eines Sessels zeigt; man sagt uns, es stelle eine Konstruktion von Hausgröße vor. Nun sehen wir sie anders.

24
  
13
 
422.
62
     Was geschieht, wenn wir lernen, den Schluß einer Kirchentonart als Schluß zu empfinden?

24
  
54˙1
 
423.
531
     Wenn ich von diesem Tisch rede, erinnere ich mich, daß dieser Gegenstand “Tisch” genannt wird?

51˙2
  
54˙1
 
424.
452
     “So kann also der gewisse Erinnerungen nicht haben, der keine Sprache gelernt hat?” Freilich, – er kann keine sprachlichen Erinnerungen, sprachlichen Wünsche, etc. haben. Und Erinnerungen, etc., in der Sprache sind ja nicht bloß die fadenscheinigen Darstellungen eigentlicher Erlebnisse; ist denn das Sprachliche kein Erlebnis?
– 120 –


44˙2
  
54˙1
 
425.
453
     Manche Menschen erinnern sich an ein musikalisches Thema in der Weise, daß das Notenbild vor ihnen auftaucht und sie es herunterlesen.
     Es wäre denkbar, daß, was wir “erinnern” bei einem Menschen nennen, darin bestünde, daß er sich im Geiste ein Buch nachschlagen sähe, und daß was er || man in diesem || dem Buch liest, eben das Erinnerte wäre. (Wie reagiere ich auf eine Erinnerung?)

  
10
 
426.
91
     Mach diesen Versuch: Sag “Hier ist es kalt” und meine “Hier ist es warm”. Kannst du es? – Und was tust du dabei? Und gibt es nur eine Art, das zu tun?

10, 25
  
﹖ 10
 
427.
92
     (Eine der am meisten irreführendsten || irreführenden Redeweisen ist die Frage “Was meine ich damit?” – Man könnte in den meisten Fällen darauf antworten: “Gar nichts – ich sage …”)

25
  
25
 
428.
405
     “Du wolltest also eigentlich sagen” – mit dieser Redeweise leiten wir jemand von einer Ausdrucksform zu einer andern. Man ist, wie gesagt, versucht zu meinen, || möchte sagen: das, was er eigentlich ‘sagen wollte’, was er ‘meinte’, sei, noch ehe wir es aussprachen, in seinem Geist ausgedrückt || vorhanden gewesen. Was || Überlege, was uns dazu bewegt, einen Ausdruck aufzugeben und an seiner Stelle einen andern anzunehmen, || . Das zu verstehen, ist es nützlich, das Verhältnis zu betrachten, in welchem Lösungen mathematischer Probleme zum Anlaß und Ursprung der || ihrer Fragestellung stehen. Das Verhältnis der Begriffe || Der Begriff ‘Dreiteilung des Winkels mit Lineal und Zirkel’, wenn Einer nach der Dreiteilung sucht, und anderseits, wenn bewiesen ist, daß sie unmöglich ist. [Verstehen eines Begriffs, Ausdrucks.]

27˙01, 25, 10
  
28
 
429.
97
     Was geschieht, wenn wir uns bemühen, etwa beim Schreiben
– 121 –
eines Briefes, den richtigen Ausdruck unserer Gedanken zu finden? Diese Redeweise vergleicht den Vorgang dem einer Übersetzung, oder Beschreibung: die Gedanken sind da, etwa sehen vorher, und wir suchen nur noch nach ihrem Ausdruck, die Vorstellungsbilder sind da aber noch nicht ihre Beschreibung. Dieses Bild trifft in verschiedenen Fällen mehr oder weniger zu. – Aber was kann hier nicht alles geschehen! Etwa: ich gebe mich einer Stimmung hin, und der Ausdruck kommt. Oder: es schwebt mir ein Bild vor, das ich zu beschreiben trachte. Oder: es fiel mir ein englischer Ausdruck ein und ich will mich auf den entsprechenden deutschen besinnen. Oder: es kommt mir eine Gebärde und ich frage mich “Welches ist denn der Satz, der dieser Gebärde entspricht || sind die Worte, die dieser Gebärde entsprechen?” Endlich fällt mir einer ein || ein Satz ein und scheint der Gebärde angemessen. etc..
     Wenn man nun fragte “Hast du den Gedanken, ehe du den Ausdruck hattest?” – Was müßte man da antworten? Und was auf die Frage: “Worin bestand der Gedanke, wie er vor dem Ausdruck vorhanden war?”

10, 29
  
6
 
430.
474
     Unsere Untersuchung trachtet nicht, die eigentliche, exakte Bedeutung der Wörter zu finden; wohl aber geben wir den Wörtern im Verlauf unsrer Untersuchung oft exakte || manchmal exaktere Bedeutungen.

6, 51˙1, 44
  
34˙3
 
431.
326
     (Etwas, was auf den ersten Blick ausschaut wie ein Satz, und keiner || oder eine Definition, & es nicht ist. Etwas, was wie eine Maschine aussieht || ausschaut & keine ist. Der folgende || Dieser Vorschlag zur Konstruktion einer Straßenwalze wurde mir einmal mitgeteilt || ist mir mitgeteilt worden. || Mir wurde einmal der folgende Vorschlag zur Konstruktion einer Straßenwalze mitgeteilt: Der Motor befindet sich im Innern der hohlen Walze. Die Kurbelwelle läuft durch die Mitte der Walze und ist || liegt in der Walzenachse & ist an beiden Enden durch Speichen mit dem Walzenrand verbunden. Der Zylinder des Motors ist an der Innenseite der Walze in radialer Stellung befestigt. Auf den ersten Blick sieht diese Konstruktion wie eine Maschine aus. Aber || ; aber sie ist ein starres System und der Kolben kann sich im Zylinder nicht aus und ein bewegen. Wir haben ihn || Der Erfinder hatte ihn, ohne es zu merken, der Bewegungsmöglichkeit beraubt. und wissen || sehen es nicht.
– 122 –


44
   
   
  
51˙1﹖
 
434.
523
     Hier stoßen wir auf eine merkwürdige und charakteristische Erscheinung in philosophischen Untersuchungen: Die Schwierigkeit – könnte ich sagen – ist nicht, die Lösung zu finden, sondern, etwas als die Lösung anzuerkennen, was aussieht, als wäre es erst eine Vorstufe zu ihr. “Wir haben schon alles gesagt. – Nicht etwas, was daraus folgt, sondern eben das ist die Lösung!”
     Das hängt, glaube ich, damit zusammen, daß wir fälschlich eine Erklärung erwarten; während eine Beschreibung die
– 123 –
Lösung der Schwierigkeit ist, wenn wir sie richtig in unsere Betrachtung einordnen. Wenn wir bei ihr verweilen, nicht versuchen, über sie hinauszukommen.
     Die Schwierigkeit ist hier: Halt zu machen.

51˙1
  
6
 
435.
83
     Denken wir, ich fragte: Zeigt es sich uns klar, wenn wir die Sätze aussprechen “Dieser Stab ist 1m lang” und “Hier steht ein || 1 Soldat”, daß wir mit “1” Verschiedenes meinen, daß “1” verschiedene Bedeutungen hat? – Es zeigt sich uns gar nicht. Sag etwa einen Satz wie “Auf je 1m steht ein Soldat, also auf je 2m also 2 Soldaten.” Gefragt, || , “Meinst du dasselbe mit den beiden Einsern?” würde man etwa antworten: “Freilich meine ich dasselbe: eins!” (wobei man etwa einen Finger in die Höhe hebt).

6, 12
  
6
6
 
436.
84
     Hat nun die “1” verschiedene Bedeutung, wenn sie einmal für die Maßzahl, ein andermal für die Anzahl steht? Wird die Frage so gestellt, so wird man sie bejahen.

  
6
 
437.
85
     Wir können uns leicht Menschen mit einer ‘primitiveren’ Logik denken, in der es etwas unserer Verneinung entsprechendes nur für gewisse || bestimmte Sätze gibt; für solche etwa, die noch keine Verneinung enthalten. In dieser Sprache könnte man etwa || Man könnte den Satz “Er geht in dieses || das Haus” verneinen; eine Verneinung des verneinten || negativen Satzes aber wäre sinnlos, oder würde nur als Wiederholung der Verneinung empfunden || gilt nur als Wiederholung der Verneinung. Denk an andere Mittel der Verneinung || als unsere, die Verneinung auszudrücken: etwa durch die Tonhöhe des Satzes.

  
6
 
438.
86
     Die Frage, ob für diese Menschen die Verneinung dieselbe Bedeutung hat, || wie für uns, wäre etwa analog der, ob die Ziffer “5” für Menschen, deren Zahlenreihe mit 5 endigt, dasselbe bedeutet, wie für uns.
– 124 –


  
6
 
439.
142
     Unser Problem könnte man (sehr klar) || auch so stellen: Angenommen, wir hätten zwei Systeme der Längenmessung; eine Länge wird in beiden durch ein Zahlzeichen ausgedrückt, diesem folgt ein Wort, das das Maß angibt. Das eine System bezeichnet eine Länge als “n Fuß” und Fuß ist eine Längeneinheit in gewöhnlichem Sinne; im andern System wird eine Länge mit “n W” bezeichnet und 1 Fuß = 1W. Aber 2 W = 4 Fuß, 3 W = 9 Fuß, u.s.w..– Also heißt der Satz “Dieser Stock ist 1 W lang” dasselbe wie “Dieser Stock ist 1 Fuß lang”. Frage: Hat in diesen beiden Sätzen “W” und “Fuß” dieselbe Bedeutung?

  
6
 
440.
143
     Die Frage ist falsch gestellt. Das sieht man, wenn wir die Bedeutungsgleichheit durch eine Gleichung ausdrücken. Die Frage kann dann nur lauten: “Ist W = Fuß, oder nicht?” – Die Sätze, in denen diese Zeichen stehen, verschwinden in dieser Betrachtung. || Natürlich in dieser Sprache; nicht in diesem oder in jenem Satze. Ebenso wenig kann man natürlich in dieser Terminologie fragen, ob “ist” das gleiche bedeutet wie “ist”; wohl aber, ob die Kopula “ist” das gleiche bedeutet wie das Gleichheitszeichen “ist”. Nun, wir sagten ja: 1 Fuß = 1 W; aber Fuß ist ungleich W.

  
6
 
441.
144
     Man möchte etwa von der Funktion des Wortes in diesem Satz reden. Aber worin besteht diese Funktion? Wie tritt sie zu Tage? Denn es ist ja nichts verborgen, wir sehen ja den ganzen Satz! Die Funktion muß sich im Laufe des Kalküls zeigen.
     Man will (etwa) sagen: “die eine Verneinung tut dasselbe mit dem Satz, wie die andere, – sie kehrt ihn um”. Aber das sind nur andere Worte für eine Gleichsetzung der beiden verneinten Sätze || negativen Sätze (welche nur gilt, wenn der verneinte Satz nicht selbst ein negativer Satz ist). Immer wieder der Gedanke, daß, was wir vom Zeichen sehen, nur eine Außenseite zu einem Innern ist, worin sich die eigentlichen Operationen des Sinnes und der Bedeutung
– 125 –
abspielen.

  
6
 
442.
145
     Ist es nun nicht merkwürdig, daß ich sage, das Wort “ist” werde in zwei verschiedenen Bedeutungen (als Kopula und Gleichheitszeichen) gebraucht, und nicht sagen möchte, seine Bedeutung sei sein Gebrauch: als Kopula und Gleichheitszeichen? || als Kopula und als Gleichheitszeichen?
     Man möchte sagen, diese beiden Arten des Gebrauchs geben nicht eine Bedeutung; die Personalunion durch das gleiche Wort sei || ist ein unwesentlicher Zufall.

  
6
 
443.
146
     Aber wie kann ich entscheiden, welches ein wesentlicher und welches ein unwesentlicher, zufälliger Zug der Notation ist? Liegt denn eine Realität hinter der Notation, nach der sich ihre Grammatik richtet?
     Denken wir an einen ähnlichen Fall im Spiel: im Damespiel wird eine Dame dadurch gekennzeichnet, daß man zwei Spielsteine aufeinander legt. Wird man nun nicht sagen, daß es für das Spiel unwesentlich ist, daß eine Dame aus zwei Steinen besteht?

  
6
 
444.
147
     Sagen wir: die Bedeutung eines Steines (einer Figur) ist ihre Rolle im Spiel. – Nun werde vor Beginn jeder Schachpartie durch das Los entschieden, welcher der Spieler Weiß erhält. Dazu halte der eine Spieler in jeder geschlossenen Hand einen Schachkönig, und der andere wählt auf gut Glück eine der beiden Hände. Wird man es nun zur Rolle des Königs im Schachspiel rechnen, daß er so zum Auslosen verwendet wird?

  
6
 
445.
148
     Ich bin also geneigt, auch im Spiel zwischen wesentlichen und unwesentlichen Regeln zu unterscheiden. Das Spiel, möchte ich sagen, hat nicht nur Regeln, sondern auch einen Witz.
– 126 –


  
6
 
446.
149
     Wozu das gleiche Wort? wir machen ja im Kalkül keinen Gebrauch von dieser Gleichheit! – Warum für beide Zwecke die gleichen Steine || Spielsteine? – Aber was heißt es hier ‘von der Gleichheit Gebrauch machen’? Ist es denn nicht ein Gebrauch, wenn wir eben das gleiche Wort gebrauchen?

  
6
 
  
6
 
448.
150
     Das Spiel soll doch durch die Regeln bestimmt sein! Wenn also eine Spielregel vorschreibt, daß zum Auslosen vor der Schachpartie die Könige zu verwenden sind, so gehört das, wesentlich, zum Spiel. Was könnte man dagegen einwenden? Daß man den Witz dieser Vorschrift nicht einsehe. Etwa, wie man auch den Witz einer Regel nicht einsähe, nach der jeder Stein dreimal umzudrehen wäre, ehe man mit ihm zieht. Fänden wir diese Regel in einem Brettspiel, so würden wir uns wundern und Vermutungen über den Zweck der Regel anstellen. (“Sollte diese Vorschrift verhindern, daß man ohne Überlegung zieht?”)

  
6
 
449.
151
     Wenn ich den Charakter des Spiels richtig verstehe könnte ich sagen – so gehört das nicht wesentlich dazu.

   
  
56
 
451.
295
     Die Frage nach der Möglichkeit und Art der Verifikation des Satzes ist nur eine besondere Form der Frage “Wie meinst du das?” Die Antwort ist ein Beitrag zur Grammatik
– 127 –
des Satzes.

56, 50, 19, 10˙2, 6, 44
   
  
56
 
453.
298
     Das Schwanken in der Grammatik zwischen Kriterien und Symptomen läßt es dann erscheinen, als gäbe es überhaupt nur Symptome. Wir sagen dann etwa: “Die Erfahrung lehrt, daß es regnet, wenn das Barometer fällt, aber sie lehrt auch, daß es regnet, wenn wir ein bestimmtes Gefühl der Nässe und Kälte, oder einen bestimmten Gesichtseindruck haben.” Als Argument dafür gibt man dann an, daß diese Sinneseindrücke uns täuschen können. Aber man bedenkt dabei nicht, daß die Tatsache, daß sie uns gerade den Regen vortäuschen, auf einer Abmachung beruht.
– 128 –


44
  
56
 
454.
296
     Nicht darum handelt es sich, daß unsre Sinneseindrücke uns belügen können, sondern, daß wir ihre Sprache verstehen. (Und diese Sprache beruht, wie jede andere, auf Übereinkunft.)

44
   
455.
297
     Man ist geneigt zu sagen: “Es regnet, oder es regnet nicht; wie ich das weiß, wie mich die Kunde davon erreicht hat, ist eine andere Sache.” Aber stellen wir also die Frage so: Was nenne ich “eine Kunde davon, daß es regnet”? (Oder habe ich auch von dieser Kunde nur Kunde erhalten?) – Und was bezeichnet denn || kennzeichnet denn diese ‘Kunde’ als Kunde von etwas? Leitet uns da nicht die Form unseres Ausdrucks irre? Ist das eben nicht eine irreführende Metapher: “mein Auge gibt mir Kunde davon, daß dort ein Sessel stehe”?

  
56
 
456.
379
     “Der Sessel existiert unabhängig davon, ob ihn jemand wahrnimmt.” Ist das ein Erfahrungssatz; oder eine verschleierte Festsetzung der Grammatik? || Ist das ein Erfahrungssatz? Soll es sagen, die Erfahrung habe gelehrt, daß ein Sessel nicht verschwindet, wenn man sich von ihm wegwendet?

44, 56
  
56
 
457.
264
     Die Ursachen, warum wir einen Satz glauben, sind für die Frage, was es denn ist, das wir glauben, allerdings irrelevant || gleichgültig; aber nicht die Gründe, die ja mit dem Satz grammatisch verwandt sind und uns sagen, wer er ist.

  
34
 
458.
302
     “Wie wäre es, wenn die Menschen ihre Schmerzen nicht äußerten? (nicht stöhnten, das Gesicht verzögen, etc.)? Dann könnte man einem Kind nicht das Wort ‘Zahnschmerzen’ beibringen.” || nicht den Gebrauch des Wortes ‘Zahnschmerzen’ beibringen.” – Nun, nehmen wir an, das Kind sei ein Genie und erfinde selbst einen Namen für den Schmerz || für die Empfindung, obwohl ihm keiner gelehrt wurde! – Aber nun
– 129 –
könnte er sich freilich mit diesem Wort nicht verständlich machen! – || und er finde selbst einen Namen für die Empfindung. – Aber nun könnte es sich freilich mit diesem Wort nicht verständlich machen! –
Also versteht es den Namen, kann aber seine Bedeutung niemand erklären? – Aber was heißt es denn, daß er ‘seinen Schmerz benannt hat’? – Wie hat er das gemacht: den Schmerz benennen?? Und, was immer er getan hat, was hat es für einen Zweck? – Wenn man sagt “Er hat dem Schmerz einen Namen gegeben”, so vergißt man, daß schon viel in der Sprache vorbereitet sein muß, damit das bloße Benennen einen Sinn hat. || eine Funktion erfüllt. || einen Zweck erfüllt. Und wenn wir davon reden, daß er dem Schmerz einen Namen gibt, so ist die Grammatik des Wortes “Schmerz” hier das Vorbereitete; es zeigt den Posten an, an den das neue Wort gestellt wird.

  
58
 
459.
469
     Hat es Sinn, zu fragen, “Woher weißt du, daß du es glaubst?” – und ist etwa die Antwort “Ich erkenne es durch Introspektion”?
     In manchen Fällen wird man so etwas sagen können, in den meisten nicht.
     Es hat Sinn zu fragen: “Liebe ich sie wirklich, mache ich mir das nicht nur vor?” Und der Prozeß || Vorgang der Introspektion ist das Wachrufen von Erinnerungen; von Vorstellungen möglicher Situationen und der Gefühle, die man hätte, etc..

46
  
58˙1
 
460.
270
     “Warum glaubst du, daß du dich an der heißen Herdplatte verbrennen wirst?” – Hast du Gründe für diesen Glauben; und brauchst du Gründe?

  
58˙1
 
461.
271
     Was für einen Grund habe ich, anzunehmen, daß mein Finger, wenn er den Tisch berühren, einen Widerstand spüren wird? Was für einen Grund, zu glauben, daß dieser Bleistift sich nicht schmerzlos durch meine Hand stecken läßt? – Wenn
– 130 –
ich dies frage, melden sich hundert Gründe, die einander kaum zu Wort kommen lassen wollen. || einander gar nicht zu Wort kommen lassen wollen. “Ich habe es doch selbst unzählige Male erfahren; und ebenso oft von ähnlichen Erfahrungen gehört; wenn es nicht so wäre, würde … ; etc..”

  
56
 
462.
265
     Die Frage “Warum glaubst du das?” || “Aus welchen Gründen glaubst du das?” könnte || kann bedeuten: “Aus welchen Gründen leitest du das jetzt ab (hast du das || es jetzt abgeleitet)?” Aber auch: “Welche Gründe kannst du mir nachträglich für diese Annahme angeben?”

  
56
 
463.
266
     Man könnte also unter ‘Gründen’ zu einer Meinung tatsächlich nur das verstehen, was Einer sich vorgesagt hat, ehe er zu der Meinung kam. Die Rechnung, die er tatsächlich ausgeführt hat.

  
58˙1
 
464.
280
     Wenn man nun fragt: Wie kann aber frühere Erfahrung ein Grund zur Annahme sein, es werde später das und das eintreffen, –? – so ist die Antwort: welchen allgemeinen Begriff vom Grund zu solch einer Annahme haben wir denn? Diese Art Angabe über die Vergangenheit nennen wir eben Grund zur Annahme, es werde das in Zukunft geschehen. – Und wenn man sich wundert, daß wir ein solches Spiel spielen, dann berufe ich mich auf die Wirkung einer vergangenen Erfahrung (darauf, daß ein gebranntes Kind das Feuer fürchtet).

  
﹖58˙1
 
465.
281
     Wer sagt, er ist || sei durch Angaben über Vergangenes nicht davon || von Zukünftigem zu überzeugen, daß etwas in Zukunft geschehen wird, der muß etwas anderes mit dem Wort “überzeugen” meinen, als wir es tun. – Man könnte ihn fragen: Was willst du denn hören? Was für Angaben nennst du Gründe dafür, das zu glauben? Was nennst du “überzeugen?” Welche Art des “Überzeugens” erwartest du dir? – Wenn das keine
– 131 –
Gründe sind, was sind denn Gründe? – Wenn du sagst, das seien keine Gründe, so mußt du doch angeben können, was der Fall sein mußte, damit wir mit Recht sagen könnten, es seien Gründe für unsere Annahme vorhanden.
     Denn wohl gemerkt: Gründe sind hier nicht Sätze, aus denen das Geglaubte folgt.
     Aber nicht, als ob man sagen könnte: Für's Glauben genügt eben weniger, als für das Wissen. – Denn hier handelt es sich nicht um eine Annäherung an das logische Folgen.

  
58˙1
 
466.
282
     Irregeführt werden wir durch die Ausdrucksweise: “Dieser Grund ist gut, denn er macht das Eintreffen des Ereignisses wahrscheinlich.” Hier ist es, als ob wir nun etwas weiteres über den Grund ausgesagt hätten, was ihn als Grund rechtfertigt; während mit dem Satz, daß dieser Grund das Eintreffen wahrscheinlich macht, nichts gesagt ist, wenn nicht, daß dieser Grund einem bestimmten Maßstab des guten Grundes entspricht, – der Maßstab aber nicht begründet ist!

  
58˙1
 
467.
283
     Ein guter Grund ist einer, der so aussieht.

  
58˙1
 
468.
284
     Man möchte sagen: “Ein guter Grund ist er nur darum, weil er das Eintreffen wirklich wahrscheinlich macht”. Weil er sozusagen wirklich einen Einfluß auf das Ereignis hat; also quasi einen erfahrungsmäßigen.

  
58˙1
 
469.
285
     Die Rechtfertigung durch die Erfahrung hat ein Ende. Hätte sie keins, so wäre sie keine Rechtfertigung.

   
470.
     Das Raisonnement, das zu einem endlosen Regreß führt, ist nicht darum aufzugeben, ‘weil wir so nie das Ziel erreichen können’, sondern, weil es hier ein Ziel nicht gibt; sodaß es gar keinen Sinn hat, zu sagen “wir können es nicht erreichen”.
– 132 –

     Wir meinen leicht, wir müßten den Regreß ein paar Stufen weit durchlaufen und ihn dann sozusagen in Verzweiflung aufgeben. Während seine Ziellosigkeit (das Fehlen des Zieles im Kalkül) aus der Anfangsposition zu entnehmen ist.

  
58˙1
 
471.
286
     Ich lege meine Hand auf die Herdplatte, fühle unerträgliche Hitze und ziehe die Hand || sie schnell zurück. War es nicht möglich, daß die Hitze der Platte im nächsten Augenblick aufgehört hätte? Konnte ich es wissen? Und war es nicht möglich, daß ich gerade durch mein Zurückziehen mich weiterem Schmerz aussetze?
     Es müßte also kein guter Grund sein zu sagen: “Ich habe sie zurückgezogen, weil die Platte zu heiß war.”

  
58˙1
 
472.
287
     Wenn man mich fragte “Bist du sicher, daß du es deswegen getan hast?” – wäre da irgend ein Zweifel?
     Sollte man sagen “Ich weiß, daß ich es deswegen tun wollte; nicht: daß der Arm sich aus dieser Ursache zurückgezogen hat”?3
     Das heißt also wohl: du weißt das Motiv, nicht die Ursache. –

   
  
55
 
474.
507
     Wenn wir unsere Finger in besonderer || bestimmter Weise verschränken, so sind wir manchmal nicht im Stande, einen bestimmten Finger auf Befehl zu bewegen, wenn der Befehlende bloß auf den Finger zeigt – ihn bloß unserm Aug zeigt. Wenn er ihn dagegen berührt, so können wir ihn bewegen. Man möchte diese Erfahrung so beschreiben: wir seien nicht im Stande, den Finger bewegen zu wollen. Aber der || Der Fall ist
– 133 –
ganz verschieden von dem, wenn wir nicht im Stande sind, den Finger zu bewegen, weil ihn etwa jemand hält.
     Man wird nun leicht geneigt sein, den ersten Fall so zu beschreiben: man könne für den Willen keinen Angriff finden, ehe der Finger nicht berührt werde, ehe man den Finger nicht fühle. Erst wenn man ihn fühle, könne der Wille wissen, wo er anzugreifen habe. – Aber diese Ausdrucksweise ist irreführend; man || . Man möchte || will sagen: “Wie soll ich denn wissen, wo ich mit dem Willen anzupacken habe, wenn das Gefühl nicht die Stelle bezeichnet?” Aber ich könnte fragen: “Und wie weißt du denn, wenn das Gefühl da ist, wohin ich den Willen zu lenken habe?
     Daß der Finger in diesem Falle gleichsam gelähmt ist, ehe wir eine Berührung in ihm fühlen, das zeigt die Erfahrung, läßt sich aber a priori nicht verstehen || es war aber a priori nicht einzusehen.

  
55˙1
 
475.
508
     “Das Wollen ist auch nur eine Erfahrung”, möchte man sagen (der ‘Wille’ auch nur ‘Vorstellung’). Er kommt, wenn er kommt, und ich kann ihn nicht herbeiführen.
     ‘Nicht herbeiführen’? – Wie was? – Was kann ich denn herbeiführen? Womit vergleiche ich das Wollen, wenn ich dies (von ihm) sage?

55
  
55˙1
 
476.
509
     Von der Bewegung meines Armes, z.B., würde ich nicht sagen, sie komme, wenn sie komme, etc.. Und hier ist das Gebiet, in welchem wir sinnvoll sagen, daß uns etwas nicht einfach geschieht, sondern daß wir es tun. “Ich brauche nicht abwarten, bis mein Arm sich heben wird, – ich kann ihn heben”. Und hier setze ich die Bewegung meines Arms etwa dem entgegen, daß sich das heftige Klopfen meines Herzens legen wird.

   
  
55
 
478.
510
     “Ich kann es nicht herbeiführen”? Doch, ich kann es herbeiführen, in dem Sinne, in dem ich irgend etwas herbeiführen kann. Ich kann es nicht wollen. Und das heißt, es hat keinen Sinn, zu sagen “ich habe es willkürlich (oder unwillkürlich) gewollt”.

  
55
 
479.
511
     So führt man das Wollen herbei, wenn man sich absichtlich in eine Zwangslage versetzt. Wenn man z.B. ins tiefe Wasser springt, um Schwimmen zu lernen.

  
55
 
480.
512
     Mein Ausdruck kam daher, daß ich mir das Wollen als ein Herbeiführen dachte, – aber nicht als ein Verursachen, sondern – ich möchte sagen – als ein direktes, nicht-kausales Herbeiführen. Und dieser Idee liegt die Vorstellung zu Grunde, daß der kausale Nexus die Verbindung zweier Maschinenteile durch einen Mechanismus, etwa eine Reihe von Zahnrädern ist. Die Verbindung kann auslassen || versagen, wenn der Mechanismus gestört wird. (Man denkt nur an die Störungen, denen ein Mechanismus normalerweise ausgesetzt ist; nicht daran, daß etwa die Zahnräder plötzlich weich werden, oder einander durchdringen, etc.). In dem Sinne, in welchem ich überhaupt etwas herbeiführen kann (etwa Magenschmerzen durch Überessen), kann ich auch das Wollen herbeiführen. (In diesem Sinne führe ich das Schwimmen-Wollen herbei, indem ich ins tiefe Wasser springe.) Ich wollte wohl sagen: ich könnte das Wollen nicht wollen; d.h., es hat keinen Sinn, vom Wollen-Wollen zu sprechen. Und mein falscher Ausdruck kam daher, daß man sich das Wollen als ein unmittelbares, nicht-kausales, Herbeiführen || Bewegen denken will. Dieser Idee aber liegt
– 135 –
eine irreführende Analogie zu Grunde; der kausale Nexus erscheint durch einen Mechanismus hergestellt, der zwei Maschinenteile verbindet. Die Verbindung kann auslassen … …

  
55˙1 ﹖
 
481.
211
     Denke an das Paradox: daß es etwas Weiches eigentlich nicht gibt; denn auch das weichste Kissen hat, wenn ich drauf liege, eine bestimmte Form, und die könnte auch nicht bestimmter sein, wenn sie aus Stahl wäre.
     (Der Pfeil, der sich nie bewegt.)

  
55˙1
 
482.
513
     Das wollende Subjekt stellt man sich hier als etwas Masseloses (Trägheitsloses) vor, als einen Motor, der in sich selbst keinen Trägheitswiderstand zu überwinden hat. Und also nur Treibendes und nicht Getriebenes ist. D.h.: Man kann sagen “Ich will, aber mein Körper folgt mir nicht” – aber nicht: “mein Wille folgt mir nicht”. (Augustinus)
     Aber in dem Sinn, in welchem es mir nicht mißlingen kann, zu wollen, kann ich es auch nicht versuchen.

  
55
 
483.
514
     Und man könnte sagen: “Ich kann nur insofern jederzeit wollen, als ich nie versuchen kann, zu wollen”.

  
55
 
484.
515
     Tun scheint selbst gar kein Volumen der Erfahrung zu haben. Es scheint wie ein ausdehnungsloser Punkt, die Spitze einer Nadel. Diese Spitze scheint das eigentliche Agens. Und alles Geschehen in der Erscheinung nur Folge dieses Tuns. “Ich tue” scheint einen bestimmten Sinn zu haben, abgelöst von jeder Erfahrung.

  
55
 
485.
516
     Aber vergessen wir eines nicht: Wenn ‘ich meinen Arm hebe’, hebt sich mein Arm; und das Problem entsteht: was ist das, was übrig bleibt, wenn ich von der Tatsache, daß ich meinen Arm hebe, die abziehe, daß mein Arm sich hebt?
– 136 –


  
55
 
486.
517
     Kann nur eine willkürliche Handlung nicht verursacht werden? – Und ist sie dadurch gezwungen? Wenn ich arretiert und von der Polizei abgeführt werde, so gehe ich gezwungen. Ist nun das Gleiche der Fall, wenn ich im Garten spazieren gehe? Ist denn die Ursache ein Zwang?? Ist es richtig zu sagen “Ich fühle mich in diesem Falle nur nicht gezwungen, weil mir die Ursache, weswegen ich mich bewege, wie ich es tue, nicht bekannt ist”? Wäre die Kenntnis eines Naturgesetzes ein Gefühl des Zwanges?

   
487.
     Ist das Gefühl, die Erfahrung, des Zwanges die direkte Wahrnehmung der Ursache; die man sonst nur aus der Koinzidenz erschließt?

  
55
 
488.
518
     Vergleiche verschiedene Bedeutungen der Worte “Zwang”, “herbeiführen”, “versuchen”.

  
55˙1
 
489.
520
     Wenn wir durch einen Strohhalm trinken, so sind wir geneigt zu meinen, wir saugen mit dem Mund, den Wangen, weil wir in ihnen das Saugen spüren; aber keine Anstrengung in den Brustmuskeln, die die Kraft ausüben.

  
55
 
490.
519
     Meine Wahl ist frei, heißt nichts anderes als: ich wähle manchmal. Und daß ich manchmal wähle, steht doch nicht im Zweifel. Was man “frei” nennt, ist nur die Wahl an sich. Zu sagen,Wir glauben nur, daß wir wählen” ist Unsinn. Der Vorgang, den wir “wählen” nennen, findet statt, ob man das Resultat der Wahl nach Naturgesetzen voraussagen kann || sich nach Naturgesetzen voraussagen läßt, oder nicht.

  
56
 
491.
268
     Nach den Gründen zu einer Annahme gefragt, besinnt man sich auf diese Gründe. Geschieht hier dasselbe, wie, wenn man nachdenkt || prüft, was die Ursachen eines Ereignisses gewesen sein mögen? || wenn man über die Ursachen eines Ereignisses nachdenkt?
– 137 –


  
56
 
492.
269
     Es ist zu unterscheiden zwischen dem Gegenstand der Furcht und der Ursache der Furcht.
     So ist das Gesicht, das uns Furcht, oder Entzücken, einflößt (der Gegenstand der Furcht, des Entzückens) darum nicht ihre Ursache, sondern – man könnte sagen – ihre Richtung.

  
66
 
493.
216
     Man scheint etwas über den Zustand der Schmerzlosigkeit zu sagen, wenn man sagt, daß er die Möglichkeit des Schmerzes enthalten muß. Man redet aber nur vom System der Bilder, das wir verwenden.

40, 19
  
66
 
494.
217
     Das Gefühl ist, als müßte der verneinende Satz, um einen Satz zu verneinen, ihn erst in gewissem Sinne wahr machen. (Vergleiche: Erwartung und Erfüllung.)
     Die Behauptung des verneinenden Satzes enthält diesen, aber nicht seine Behauptung.

40, 21, 19
   
495.
     Wie kommt es, daß die Philosophie ein so komplizierter Bau ist? Sie sollte doch gänzlich einfach sein, wenn sie jenes Letzte, von aller Erfahrung Unabhängige ist, wofür du sie ausgibst. – Die Philosophie löst Knoten auf in unserm Denken; daher muß ihr Resultat einfach sein, ihre Tätigkeit aber so kompliziert, wie die Knoten, welche sie auflöst. || in unserm Denken: daher muß ihr Resultat einfach sein, das Philosophieren aber so kompliziert wie die Knoten, welche es auflöst.

  
58
 
496.
472
     Was heißt es: den Goldbach'schen Satz glauben? Worin besteht dieser Glaube? In einem Gefühl der Sicherheit, wenn wir den Satz aussprechen, oder hören? Das interessiert uns nicht. || Das wäre nicht interessant. Ich weiß ja auch nicht, wie weit dieses Gefühl durch den Satz selbst hervorgerufen sein mag. Wie greift der Glaube in diesen
– 138 –
Satz ein? Sehen wir nach, welche Konsequenzen der Glaube an ihn hat, wozu er uns bringt. “Er bringt mich zum Suchen nach einem Beweis dieses Satzes.” – Gut, jetzt sehen wir noch nach, worin dein Suchen eigentlich besteht; dann werden wir wissen, was es mit dem Glauben an den Satz auf sich hat.

   
497.
     Es scheint so, als wäre in einem Satz, der z.B. das Wort “Kugel” enthält, schon der Schatten anderer Verwendungen dieses Worts enthalten. Nämlich eben die Möglichkeit, jene andern Sätze zu bilden. – Wem scheint es so? Und unter welchen Umständen?

  
6
 
498.
141
     Was heißt es, daß im Satze “die Rose ist rot” das “ist” eine andere Bedeutung hat, als in “zwei mal zwei ist vier”? Wenn man antwortet, es heiße, das verschiedene Regeln von diesen beiden Wörtern gelten, so ist zu sagen, daß wir hier nur ein Wort haben. – Und wenn ich nur auf die grammatischen Regeln achte, so erlauben diese eben die Verwendung des Wortes “ist” in beiden Zusammenhängen. – Die Regel aber, welche zeigt, daß das Wort “ist” in den zwei Sätzen verschiedene Bedeutung hat, ist die, welche erlaubt, im zweiten Satz das Wort “ist” durch das Gleichheitszeichen zu ersetzen, und die diese Ersetzung im ersten Satz verbietet.

  
442
 
499.
99
     Lernt das Kind nur sprechen, oder auch denken? Lernt es den Sinn des Multiplizierens vor –, oder nach dem Multiplizieren?

  
4
 
500.
2
     Wie bin ich denn zum Begriff ‘Satz’, oder zum Begriff ‘Sprache’ gekommen? Doch nur durch die Sprachen, die ich gelernt habe. – Aber die scheinen mich in gewissem Sinne über sich selbst hinausgeführt zu haben, denn ich bin jetzt im Stande, eine neue Sprache zu konstruieren, z.B., Wörter zu erfinden. – Also gehört diese Konstruktion noch zum Begriff
– 139 –
der Sprache. Aber nur, wenn ich ihn so festlegen will.

  
4
 
501.
3
     Der Gebrauch des Wortes || der Worte “Satz”, “Sprache”, etc. hat die Verschwommenheit des normalen Gebrauchs der Begriffswörter unserer Sprache. Zu glauben, sie wären darum unbrauchbar, oder doch ihrem Zweck nicht ganz || ideal entsprechend, wäre so, als wollte man sagen “Die Wärme, die dieser Ofen gibt, ist nichts nutz, weil man nicht weiß, wo sie anfängt und wo sie aufhört”.

  
4
 
502.
4
     Die Philosophie der Logik redet in keinem andern Sinn von Sätzen und Wörtern, als wir es im gewöhnlichen Leben tun, wenn wir etwa sagen “hier steht ein chinesischer Satz aufgeschrieben”, oder “nein, das sieht nur aus wie Schriftzeichen, ist aber ein Ornament”, etc..
     Wir reden von dem räumlichen und zeitlichen Phänomen der Sprache; nicht von einem unräumlichen und unzeitlichen Unding. Aber wir reden von ihr so, wie von den Figuren des Schachspiels, indem wir Spielregeln für sie angeben, nicht ihre physikalischen Eigenschaften beschreiben.
     Die Frage “Was ist ein Wort?” ist analog der “Was ist eine Schachfigur?”.

  
4
 
503.
5
     Wir können leicht, beim Nachdenken über Sprache und Bedeutung, dahin kommen, zu denken, wir redeten in der Philosophie eigentlich nicht von Wörtern und Sätzen im ganz hausbackenen Sinn, sondern in einem sublimierten, abstrakten Sinn. – So, als wäre ein bestimmter Satz nicht eigentlich das, was irgend ein Mensch ausspricht, sondern ein Idealwesen (die ‘Klasse aller gleichbedeutenden Sätze’, oder dergleichen). Aber ist auch der Schachkönig, von dem die Schachregeln handeln, ein solches Idealding, ein abstraktes Wesen?
– 140 –


  
4
 
504.
6
     Wenn ich über Sprache (Wort, Satz, etc.) rede, muß ich die Sprache des Alltags reden. Ist diese Sprache etwa zu groß, materiell, für das, was wir sagen wollen? Und wie wird denn eine andere gebildet? – Und wie merkwürdig, daß wir dann mit der unsern überhaupt etwas anfangen können!
     Daß ich in den philosophischen Erklärungen über die Sprache schon die volle Sprache (nicht etwa eine vorbereitende, vorläufige) anwenden muß, zeigt schon, daß ich nur Äußerliches über die Sprache vorbringen kann.
     “Ja, aber wie können uns diese Ausführungen dann befriedigen?! –” – Nun, deine Fragen waren ja auch schon in dieser Sprache abgefaßt! – Und deine Skrupel sind Mißverständnisse. – Deine Fragen beziehen sich auf Wörter, so muß ich von Wörtern reden.
     Man sagt: Es kommt nicht aufs Wort an, sondern auf seine Bedeutung; und denkt dabei an die Bedeutung, wie an eine Sache von der Art des Worts, wenn auch vom Wort verschieden. Hier das Wort, hier die Bedeutung. Das Geld und die Kuh, die man dafür kaufen kann. (Anderseits aber: das Geld, und sein Nutzen.)

  
19
 
505.
159
     Vergleiche ‘logisch möglich’ mit ‘chemisch möglich’. Chemisch möglich könnte man etwa eine Verbindung nennen, für die es eine Strukturformel mit den richtigen Valenzen gibt, etwa H-O-O-O-H. Eine solche Verbindung muß natürlich nicht existieren; aber auch einer quantitativen Formel, der keine Strukturformel entspricht, kann nicht weniger in der Wirklichkeit entsprechen, als keine Verbindung.

   
506.
156
     Was heißt es denn: “entdecken, daß eine Aussage keinen Sinn hat”? – Und was heißt das: “Wenn ich etwas damit meine, muß es doch Sinn haben”? – ‘Wenn ich etwas damit meine’? – wenn ich was damit meine?! – Man will sagen: der sinnvolle Satz ist der, der man nicht nur sagen, sondern den man auch denken kann. Das wäre etwa, als sagte
– 141 –
man: das sinnvolle Bild ist das, was ich nicht nur zeichnen, sondern auch plastisch darstellen kann. Und dies zu sagen, hätte Sinn. Aber das Denken des Satzes ist nicht eine Tätigkeit, die man nach den Worten vollzieht (wie etwa das Singen nach den Noten). Das folgende Beispiel zeigt dies. Hat es Sinn zu sagen “Ich habe so viele Freunde, als eine Lösung der Gleichung … ergibt”? Ob dies Sinn hat, ist der Gleichung unmittelbar nicht anzusehen || anzuerkennen. Und man könnte || beim Lesen kann man also in diesem Sinne nicht wissen, ob sich der Satz denken läßt oder nicht. Ob er sich verstehen läßt oder nicht. || Und man weiß, während man den Satz liest, nicht, ob er sich denken läßt, oder nicht. Ob er sich verstehen läßt oder nicht. || Ob man ihn versteht.

19, 14, 10˙3
  
26˙4
 
507.
196
     Ich will sagen: “Wenn Einer die Erwartung, den geistigen Vorgang, sehen könnte, müßte er sehen, was erwartet wird || wurde.” || Ich will sagen, – wenn Einer die Erwartung, den geistigen Vorgang, sehen könnte, daß er es sehen müßte, was erwartet wurde. – Aber so ist es ja auch: Wer den Ausdruck der Erwartung sieht, sieht, was erwartet wird. Und wie könnte man es auf andere Weise, in anderem Sinne, sehen?

54
  
61
 
508.
213
     In wiefern kann man den Wunsch als solchen, die Erwartung, den Glauben, etc. “unbefriedigt” nennen? Was ist unser Urbild der Unbefriedigung? Ist es ein Hohlraum? und würde man von einem solchen sagen, er sei unbefriedigt; wäre das nicht auch eine Metapher? Ist es nicht ein Gefühl, was wir Unbefriedigung nennen; etwa den Hunger?
     Wir können in einem bestimmten System des Ausdrucks einen Gegenstand mittels der Worte “befriedigt” und “unbefriedigt” beschreiben. Wenn wir z.B. festsetzen, den Hohlzylinder einen “unbefriedigten Zylinder” zu nennen, und den ihn ergänzenden Vollzylinder, seine “Befriedigung”.
– 142 –


   
509.
     Es scheint: die Erwartung und die Tatsache, die die Erwartung befriedigt, passen doch irgendwie zusammen. Man möge nun eine Erwartung beschreiben und eine Tatsache, die zusammenpassen, damit man sieht, worin diese Übereinstimmung besteht. Da denkt man sofort an das Passen einer Vollform in eine entsprechende Hohlform. Aber wenn man diese beiden beschreiben will, so sieht man, daß, soweit sie passen, eine Beschreibung für beide gilt. (Vergleiche dagegen, was es heißt “Diese Hose paßt nicht zu diesem Rock”.)

  
54
 
510.
193
     Ich sehe, wie Einer das Gewehr anlegt, und sagt: “Ich erwarte mir einen Knall || Krach”. Der Schuß fällt. – Wie, das hast du dir erwartet; war also dieser Krach (irgendwie) schon in deiner Erwartung? || ; hat es also irgendwie schon in deiner Erwartung geknallt? Oder stimmt deine Erwartung nur in anderer Hinsicht mit dem Eingetretenen überein; war dieser Lärm nicht in deiner Erwartung enthalten und kam nur als Akzidens hinzu, als die Erwartung erfüllt wurde? Aber nein, wenn der Lärm nicht eingetreten wäre, so wäre meine Erwartung nicht erfüllt worden; der Lärm hat sie erfüllt, er kam || gesellte sich nicht zu der || zur Erfüllung hinzu, wie ein zweiter Gast zu dem einen, den ich erwartet hatte. – War das am Ereignis, was nicht auch in der Erwartung war, ein Akzidens, eine Beigabe der Schickung? – Aber was war denn dann nicht Beigabe. || ? Kam denn irgendetwas von dem Schuß schon in meiner Erwartung vor? – Und was war denn Beigabe; – denn hatte ich mir nicht den ganzen Schuß erwartet?
     “Der Knall war nicht so laut, als ich mir ihn erwartet hatte.” – “Hat es also in deiner Erwartung lauter geknallt?”

  
54
 
511.
194
     “Das Rot, das du dir vorstellst, ist doch gewiß nicht Dasselbe (dieselbe Sache), wie das, was du vor dir siehst; wie kannst du dann sagen, es sei das, was du dir vorgestellt hattest?” – Aber verhält es sich nicht analog in den Sätzen
– 143 –
“hier ist ein roter Fleck” und “hier ist kein roter Fleck”? In beiden kommt das Wort “rot” vor, also kann dieses Wort nicht das Vorhandensein von etwas Rotem anzeigen.

66, 61
  
54
 
512.
195
     Komisch wäre es, zu sagen: “Ein Vorgang sieht anders aus, wenn er geschieht, als wenn er nicht geschieht”. Oder: “Ein roter Fleck sieht anders aus, wenn er da ist, als wenn er nicht da ist; aber die Sprache abstrahiert von diesem Unterschied, denn sie spricht von einem roten Fleck, ob er da ist, oder nicht.”

66, 62
   
513.
Die Realität ist keine Eigenschaft, die dem Erwarteten noch fehlt, und die nun hinzutritt, wenn die Erwartung eintritt. – Die Realität ist auch nicht wie das Tageslicht, das den Dingen erst Farbe gibt, wenn sie im Dunkeln schon, gleichsam farblos, vorhanden sind.

   
514.
     “Sokrates: Wer also vorstellt, was nicht ist, der stellt nichts vor? – Theaitetos: So scheint es. – Sok.: Wer aber nichts vorstellt, der wird gewiß überhaupt gar nicht vorstellen? – Th.: Offenbar, wie wir sehen.”
     Setzen wir in diesem Argument statt des Wortes “vorstellen” etwa das Wort “töten”, so gibt es eine Regel für den Gebrauch dieses Worts; es hat keinen Sinn zu sagen “Ich töte etwas, was nicht existiert”. Ich kann mir einen Hirsch auf dieser Wiese vorstellen, der nicht da ist, aber keinen töten, der nicht da ist. Und “sich einen Hirsch auf dieser Wiese vorstellen” heißt: sich vorstellen, daß ein Hirsch da ist. Einen Hirsch töten aber heißt nicht: töten, das etc.. Wenn aber jemand sagt “Damit ich mir einen Hirsch vorstellen kann, muß es ihn doch in einem gewissen Sinne geben” – so ist die Antwort: nein, es muß ihn dazu in keinem Sinne geben. Und wenn geantwortet würde: “Aber die braune Farbe z.B. muß es doch geben, damit ich sie mir vorstellen kann”, – so ist zu sagen: “es gibt die braune Farbe” heißt
– 144 –
überhaupt nichts, außer etwas, daß sie da oder dort als Färbung eines Gegenstandes vorhanden ist; und das ist nicht nötig, damit ich mir einen braunen Hirschen vorstellen kann.

  
65
 
515.
182
     Etwas tun können, erscheint wie ein Schatten des wirklichen Tuns, gerade wie der Sinn des Satzes als Schatten einer Tatsache, oder das Verstehen des Befehls als Schatten seiner Ausführung. Im Befehl wirft die Tatsache gleichsam “ihren Schatten schon voraus”. Dieser Schatten aber, was immer er wäre, ist nicht das Ereignis.
     Das schattenhafte Antizipieren der Tatsache besteht darin, daß wir jetzt denken können, daß das eintreffen wird, was erst eintreffen wird. Oder, || : wie es irreführenderweise heißt: daß wir jetzt das (oder, an das) denken können, was erst eintreffen wird. || ; was noch nicht vorhanden ist!

  
61
 
516.
222
     Wir sagen, der Ausdruck der Erwartung ‘beschreibe’ die erwartete Tatsache, und denken an sie wie an einen Gegenstand oder Komplex, der als Erfüllung der Erwartung in die Erscheinung tritt. – Aber der Erwartete ist nicht die Erfüllung, sondern, || : daß er kommt.
     Der Fehler ist tief in unserer Sprache verankert: Wir sagen “ich erwarte ihn” und “ich erwarte sein Kommen” und “ich erwarte, daß er kommt”.

65
  
61
 
517.
223
     Es ist uns schwer, von dem Vergleich loszukommen: Der Mensch tritt ein – das Ereignis tritt ein. Als wäre das Ereignis schon vorgebildet vor der Tür der Wirklichkeit und würde nun in diese (wie in ein Zimmer) eintreten.

65
  
61
 
518.
224
     Ich kann ihn suchen, wenn er nicht da ist, aber ihn nicht hängen, wenn er nicht da ist. Man könnte sagen wollen: “Da muß er doch auch dabei sein, wenn ich ihn suche”. – Dann muß er auch dabei sein, wenn ich ihn nicht finde, und auch, wenn es ihn gar nicht
– 145 –
gibt.

65, 66
  
61
 
519.
225
     “Den hast du gesucht? Du konntest ja nicht einmal wissen, ob er da ist!” (Vergleiche dagegen das Suchen nach der Dreiteilung des Winkels.)

   
520.
     Man kann vom Träger eines Namens sagen, daß er nicht existiert: und das ist natürlich keine Tätigkeit, obwohl man es mit einer vergleichen könnte || verwechseln könnte, und sagen: er müsse doch dabei sein, wenn er nicht existiert. (Und das ist von einem Philosophen bestimmt schon einmal geschrieben worden.)

  
﹖ 61
 
521.
221
     Der Gedanke, daß uns erst das Finden zeigt, was wir gesucht, erst die Erfüllung des Wunsches, was wir gewünscht haben, heißt, den Vorgang so beurteilen, wie die Symptome der Erwartung, oder des Suchens, bei einem Andern. Ich sehe ihn unruhig in seinem Zimmer auf und ab gehen; da kommt jemand zur Tür herein, und er wird ruhig und gibt Zeichen der Befriedigung. Und nun sage ich “Er hat offenbar diesen Menschen erwartet”.
     

   
522.
229
     Könnte man zur Erklärung des Wortes “rot” auf etwas weisen, was nicht rot ist? Das wäre ähnlich, wie wenn man Einem, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, das Wort “bescheiden” erklären wollte || sollte, und man zeigte zur Erklärung auf einen arroganten Menschen und sagte “Dieser ist nicht bescheiden”. Es ist kein Argument gegen eine solche Erklärungsweise, daß sie vieldeutig ist. Jede Erklärung kann mißverstanden werden.
     Wohl aber könnte man fragen: Sollen wir das noch eine “Erklärung” nennen? – Denn sie spielt im Kalkül natürlich eine andere Rolle, als was wir gewöhnlich “hinweisende Erklärung” des Wortes “rot” nennen; auch wenn sie dieselben praktischen Folgen, dieselbe Wirkung auf den Lernenden
– 146 –
hätte.

   
523.
230
     Man hat vielleicht das Gefühl, daß man sich im Satz “Ich erwarte, daß er kommt” der Worte “er kommt” in anderem Sinne || anderer Bedeutung bedient, als in der Behauptung “Er kommt”. Aber wäre es so, wie könnte ich davon reden, daß meine Erwartung in Erfüllung gegangen ist? Wollte ich die beiden Wörter “er” und “kommt” erklären, etwa durch hinweisende Erklärungen, so würden die gleichen Erklärungen für beide Sätze gelten.
     Nun könnte man aber fragen || Man könnte aber fragen: Wie schaut das aus, wenn er kommt? ‒ ‒ ‒ Es geht die Tür auf, ein Mann tritt ein, etc.. – Wie schaut das aus, wenn ich erwarte, daß er kommt? ‒ ‒ ‒ Ich gehe im Zimmer auf und ab, sehe zuweilen auf die Uhr, etc. – aber der eine Vorgang hat ja mit dem andern nicht die geringste Ähnlichkeit! Wie kann man dann dieselben Worte zu ihrer Beschreibung gebrauchen? – Aber nun sage ich vielleicht beim Auf- und Abgehen: “Ich erwarte, daß er hereinkommt”. – Nun ist eine Ähnlichkeit vorhanden || da: Aber welcher Art ist sie?!

  
61
 
524.
231
     In der Sprache berühren sich die Erwartung und die Erfüllung.

  
﹖ 61
 
525.
232
     Die Erfüllung der Erwartung besteht nicht darin, daß ein Drittes geschieht, das man, außer eben als “die Erfüllung dieser Erwartung” auch noch anders beschreiben könnte, also z.B. als ein Gefühl der Befriedigung, oder der Freude, oder wie immer. Die Erwartung, daß etwas der Fall sein wird, ist das Gleiche wie die Erwartung der Erfüllung jener Erwartung.
     Könnte die Rechtfertigung einer Handlung als Befolgung eines Befehls so lauten: “Du hast gesagt ‘bring mir eine gelbe Blume’, und diese hier hat mir daraufhin ein Gefühl der Befriedigung gegeben, darum habe ich sie gebracht”?
– 147 –
Müßte man da nicht antworten: “Ich habe dir doch nicht geschafft, mir die Blume zu bringen, die dir auf meine Worte hin ein solches Gefühl geben wird!”

   
526.
     Die Doppeldeutigkeit unserer Ausdrucksweise: Wenn uns ein Befehl in einer Chiffre gegeben wäre und der Schlüssel zur Übersetzung ins Deutsche, so könnten wir den Vorgang, den deutschen Befehl zu bilden, mit den Worten bezeichnen: “aus der Chiffre ableiten, was wir zu tun haben”, oder “ableiten, welches die Befolgung des Befehls ist”. Wenn wir anderseits nach dem Befehl handeln, ihn befolgen, so kann man auch hier in gewissen Fällen von einem Ableiten der Befolgung reden.

  
61
 
527. 215
     In wiefern antizipiert denn der Befehl die Ausführung? – Dadurch, daß er das jetzt befiehlt, was später ausgeführt wird? – Aber es müßte ja heißen: “was später ausgeführt, oder auch nicht ausgeführt wird”. Und das sagt nichts.
     “Aber, wenn auch mein Wunsch nicht bestimmt, was der Fall sein wird, so bestimmt er doch sozusagen das Thema einer Tatsache; ob die nun den Wunsch erfüllt, oder nicht.” Wir wundern uns || Ich wundere mich, gleichsam, nicht darüber, daß Einer die Zukunft weiß, sondern darüber, daß er überhaupt prophezeien kann. (Richtig oder falsch.).
     Als nähme die bloße Prophezeiung, gleichgültig, ob richtig oder falsch, schon einen Schatten der Zukunft voraus. – Während sie doch über die Zukunft nichts weiß; und weniger als nichts nicht wissen kann.

65
  
28
 
528. 70
     Wenn ich in der Sprache denke, so schweben mir nicht neben dem sprachlichen Ausdruck noch Bedeutungen vor; sondern die Sprache selbst ist das Vehikel des Denkens. || der Gedanken.

   
529.
     Wenn man nun fragt: Ist also die Tatsache durch die
– 148 –
Erwartung auf ja und nein bestimmt, oder nicht, – d.h., ist es bestimmt in welchem Sinne die Erwartung durch ein Ereignis – welches immer eintrifft || eintreffen mag – beantwortet werden wird; so muß man antworten: Ja! wenn nicht der Ausdruck der Erwartung unbestimmt ist; wenn er nicht z.B. eine Disjunktion verschiedener Möglichkeiten enthält.

   
530.
     Wie alles Metaphysische ist die Harmonie zwischen Gedanken und Wirklichkeit in der Grammatik der Sprache aufzufinden.

  
62
 
531.
180
     Die Übereinstimmung || Harmonie von Gedanke und Wirklichkeit liegt darin, daß wenn ich fälschlich sage, etwas sei rot, es doch immerhin nicht rot ist. Und wenn ich Einem das Wort “rot” im Satze “Das ist nicht rot” erklären will, ich dazu auf etwas Rotes zeige.

  
﹖ 24
 
532.
56
     Sinn des Satzes, Sinn des || eines Bildes. Wenn wir den Satz mit einem Bild vergleichen, so müssen wir bedenken, ob mit einem Porträt, (einer historischen Darstellung); oder mit einem Genrebild. Und beide Vergleiche haben Sinn. “Wenn ich ein Genrebild anschaue, so ‘sagt es mir etwas’, auch wenn ich keinen Augenblick glaube (mir einbilde), die Menschen, die ich darin sehe, seien wirklich, oder, es habe wirkliche Menschen in dieser Situation gegeben. Denn wie, wenn ich fragte: “Was sagt es mir denn?”

  
20
 
533.
121
     Es kann keine Diskussion darüber geben, ob diese Regeln, oder andere die richtigen für das Wort “nicht” sind (d.h., ob sie seiner Bedeutung gemäß sind). Denn das Wort hat ohne diese Regeln noch keine Bedeutung; und wenn wir die Regeln ändern, so hat es nun eine andere Bedeutung (oder keine) und wir können dann ebensogut auch das Wort
– 149 –
ändern.

   
534.
     (Die Häßlichkeit eines Menschen kann im Bild, im gemalten, abstoßen, wie in der Wirklichkeit, aber auch in der Beschreibung, in den Worten.)

   
535.
11
     Man kann sich denken, daß ein Mensch die Sprache erfindet; daß er die Erfindung macht, andere menschliche Wesen für sich arbeiten zu lassen, indem er sie durch Strafe und Belohnung abrichtet, auf Zurufe hin gewisse Tätigkeiten zu verrichten. Diese Erfindung wäre analog der Erfindung einer Maschine.

   
536.
12
     Man kann || Kann man sagen, die Grammatik beschreibe die Sprache; die Sprache, jenen Teil des psycho-physischen Mechanismus, mittels dessen wir durch das Aussprechen von Worten, gleichsam wie durch das || durchs Drücken auf die Knöpfe einer Tastatur, eine menschliche Maschine für uns arbeiten machen? Die Grammatik nun beschreibe jenen Teil der ganzen Maschine.

  
5
 
537.
14
     Es ist klar, ich kann durch Erfahrung feststellen, daß ein Mensch (oder Tier) auf ein Zeichen so reagiert, wie ich es will, auf ein anderes nicht. Das z.B. ein Mensch auf das Zeichen “→” hin nach rechts, auf das Zeichen “←” nach links geht; daß er aber auf das Zeichen “” nicht so reagiert, wie auf “←”, etc..
     Ja, ich brauche gar keinen Fall zu erdichten, und nur den tatsächlichen betrachten, || : daß ich einen Menschen, der nur Deutsch gelernt hat, nur mit der deutschen Sprache lenken kann. (Denn das Lernen der deutschen Sprache betrachte ich nur als ein Einstellen || Konditionieren des Mechanismus auf eine gewisse Art der Beeinflussung || sehe ich als ein Einstellen || Konditionieren des Mechanismus auf eine gewisse Art der Beeinflussung an; und es macht hier keinen prinzipiellen Unterschied, ob der Andre die Sprache gelernt hat, oder vielleicht schon von Geburt so gebaut || eingerichtet ist, daß er auf die Sätze der deutschen Sprache so
– 150 –
reagiert, wie der gewöhnliche Mensch nur, wenn er sie gelernt hat.)

  
5
 
538.
15
     Wenn ich sage, der Befehl “Bring mir Zucker!” und “Bring mir Milch!” hat Sinn, aber nicht die Kombination “Milch mit Zucker”, so heißt das nicht, daß das Aussprechen dieser Wortverbindung keine Wirkung hat. Und wenn sie nun die Wirkung hat, daß der Andre mich anstarrt und den Mund aufsperrt, so nenne ich sie nicht deswegen den Befehl, mich anzustarren etc., auch wenn ich gerade diese Wirkung hätte hervorbringen wollen.

  
﹖ 19
 
539.
154
     Zu sagen “Diese Wortverbindung hat keinen Sinn” schließt sie aus dem Bereich der Sprache aus und umgrenzt dadurch das Gebiet der Sprache. Wenn man aber eine Grenze zieht, so kann das verschiedenerlei Gründe haben. Wenn ich einen Platz mit einem Zaun, einem Strich, oder sonst irgendwie umziehe, so kann das den Zweck haben, jemand nicht hinaus, oder nicht hinein zu lassen; es kann aber auch zu einem Spiel gehören und die Grenze soll etwa von den Spielern übersprungen werden; oder es kann andeuten, wo der Besitz eines Menschen aufgehört und der des || eines andern anfängt; etc.. Ziehe ich also eine Grenze, so ist damit noch nicht gesagt, weshalb ich sie ziehe.

  
5
 
540.
16
     Die Sprache ist für uns nicht als Einrichtung definiert, die einen bestimmten Zweck erfüllt. Sondern “Sprache” ist für mich || uns ein Sammelname, und ich verstehe darunter die deutsche Sprache, die englische Sprache, u.s.w., und noch verschiedene Zeichensysteme, die mit diesen Sprachen eine größere oder geringere Verwandtschaft haben.

  
19
 
541.
13
     Wenn Einer die Notenschrift lernt, so wird ihm eine Art Grammatik beigebracht. Es heißt da: diese Note entspricht dieser Taste am Klavier, das Kreuz erhöht einen Ton, das Zeichen
– –
hebt die Kraft || Wirkung des Kreuzes auf, etc., etc.. Wenn der Schüler fragte, ob ein Unterschied sei zwischen und , oder, was das Zeichen bedeute, so würden wir ihm sagen, daß die Entfernung des Notenkopfes von den Linien nichts ausdrücke, u.s.f.. Diese Belehrungen kann man als einen Teil der Vorbereitungen auffassen, die den Schüler zu einer Spielmaschine machen.

19, 20, 5
   
  
5
 
543.
10
     Eine Sprache erfinden könnte heißen, auf Grund von Naturgesetzen (oder in Übereinstimmung mit ihnen) eine Vorrichtung zu bestimmen Zweck erfinden; es hat aber auch den andern Sinn, dem analog, wenn wir von der Erfindung eines Spiels reden.
     Ich sage hier etwas über die Grammatik des Worts “Sprache” aus, indem ich sie mit der des Wortes “erfinden” in Verbindung bringe.

  
﹖ 10˙1
 
544.
36
     Man könnte sagen: in allen Fällen meint man mit “Gedanke” das Lebende am Satz. Das, ohne welches er tot, eine bloße Lautfolge, oder Folge geschriebener Figuren ist.
     Wenn ich aber ebenso von einem Etwas spräche, welches einer Konfiguration von Schachfiguren Bedeutung gibt, d.h., sie von einer beliebigen Zusammenstellung von Holzklötzchen unterscheidet, – was könnte ich da nicht alles meinen!
– 152 –
Die Regeln, die die Schachkonfiguration zu einer Situation eines Spiels machen; die besondern Erlebnisse, die wir mit solchen Spielstellungen verbinden; den Nutzen des Spiels.
     Oder wenn wir von einem Etwas sprächen, welches das Papiergeld von bloßen bedruckten Zetteln unterscheidet und ihm seine Bedeutung, sein Leben gibt!
     Das Leben des Zeichens, seine Existenz im System.

63, 28, 10˙1
   
  
63
 
546.
189
     Wenn wir einen Befehl geben, so kann es scheinen, als ob das Letzte, was der Befehl wünscht, unausgedrückt bleiben muß, da immer noch eine Kluft zwischen dem Befehl || dem Ausdruck und seiner Befolgung bleibt. Ich wünsche etwas, daß Einer eine bestimmte Bewegung macht, etwa den Arm hebt. Damit es ganz deutlich wird, mache ich ihm die Bewegung vor. Dieses Bild scheint etwa unzweideutig, bis auf die Frage: wie weiß er das, daß er diese Bewegung machen soll? – Wie weiß er überhaupt, wie er die Zeichen, welche immer ich ihm gebe, gebrauchen soll? Ich werde nun etwa trachten, den Befehl durch weitere Zeichen zu ergänzen, indem ich von mir auf den Andern deute, Gebärden der Aufmunterung mache, etc.. Hier scheint es, als finge der Befehl zu stammeln an.
     Als trachtete das Zeichen mit unsichern Mitteln in uns ein Verständnis hervorzurufen. – Aber wenn wir es nun verstehen, in welchen Zeichen tun wir das?

63, 23, 26˙2, 61
   
547.
     Mancher wird vielleicht sagen wollen “Die Erwartung ist ein Gedanke.” Das entspricht offenbar einem Gebrauch des Wortes “erwarten”. Und wir wollen uns nur erinnern, daß der Vorgang des Gedankens sehr verschiedenerlei
– 153 –
sein kann.

  
26˙2
 
548.
203
     Mit “Intention” meine ich hier das, was das Zeichen im Gedanken verwendet. Die Intention scheint zu interpretieren, die endgültige Interpretation zu geben; aber nicht ein weiteres Zeichen oder Bild, sondern etwas Anderes, das, was man nicht wieder interpretieren kann. Aber ein psychologisches Ende ist erreicht, kein logisches.
     Denken wir eine Zeichensprache, eine ‘abstrakte’, ich meine eine, die uns fremd ist, in der wir uns nicht heimisch fühlen, in der, wie wir sagen würden, wir nicht denken; und denken wir uns diese Sprache interpretiert durch eine Übersetzung in eine, wie wir sagen möchten, unzweideutige Bildersprache, eine Sprache, die aus perspektivisch gemalten Bildern besteht. Es ist ganz klar, daß es viel leichter ist, sich verschiedene Deutungen der Schriftzeichen zu denken, als eines in gewohnter Art gemalten Bildes. Hier werden wir auch geneigt sein, zu denken, es gebe keine Möglichkeit der Deutung mehr.

23, 64
   
549.
     Wir könnten da auch sagen, wir lebten nicht in der Zeichensprache, wohl aber im gemalten Bilde.

  
26˙2
 
550.
204
     “Nur das intendierte Bild reicht als Maßstab an die Wirklichkeit heran. Von außen betrachtet steht es gleichsam tot und isoliert da.” – Es ist, als hätten wir ein Bild erst so angeschaut, daß wir in ihm leben und die Gegenstände in ihm uns als wirkliche umgeben, und dann träten wir zurück und wären nun außerhalb, sähen den Rahmen, und das Bild wäre eine bemalte Fläche. So, wenn wir intendieren, umgeben uns die Bilder der Intention und wir leben unter ihnen. Aber wenn wir aus der Intention heraustreten, so sind es bloße Flecke auf einer Leinwand, ohne Leben und ohne Interesse für uns. Wenn wir intendierten, leben wir im Raum der Intention, unter den Bildern (Schatten) der Intention, zugleich mit den
– 154 –
wirklichen Dingen. Denken wir, wir sitzen im verdunkelten Kino und leben im Film. Der Saal wird nun erhellt, aber das Lichtspiel auf der Leinwand geht weiter. Aber jetzt stehen wir plötzlich außerhalb, und sehen es als Bewegungen von lichten und dunkeln Flecken auf einer Leinwand.
     (Im Traum geschieht es manchmal, daß wir eine Geschichte erst lesen und dann in ihr selbst agieren. Und nach dem Aufwachen aus einem Traum ist es manchmal, als wären wir aus dem Traum heraus zurückgetreten und sehen ihn jetzt, als ein fremdes Bild, vor uns.) Und es heißt auch etwas, “in den Seiten eines Buches leben”.

63, 10˙1, 64
   
551.
     Nicht das findet statt, daß sich dieses Symbol nicht mehr deuten läßt, sondern: ich deute nicht. Ich deute nicht, weil ich mich in dem gegenwärtigen Bild heimisch fühle. Wenn ich deute, so schreite ich auf meinem Gedankenweg von Stufe zu Stufe.

  
26˙2
 
552.
205
     Sehe ich das gedachte Symbol “von außen” an, so kommt es mir zum Bewußtsein, daß er so und so gedeutet werden könnte; ist es eine Stufe meines Gedankenwegs, so ist es ein mir natürlicher Aufenthalt und es beschäftigt (und beunruhigt) mich seine weitere || andere Deutbarkeit nicht. – Wie ich die Tabelle, den Eisenbahnfahrplan, bei mir habe, || Wie die Tabelle, der Eisenbahnfahrplan, mich im Leben begleiten, ohne daß es mich beschäftigt, daß eine Tabelle auf verschiedene Art deutbar ist. || Wie ich die Tabelle, den Fahrplan, bei mir habe und verwende, || Wie die Tabelle, der Fahrplan, mein vertrautes Gerät ist, ohne daß es mich beschäftigt, daß eine Tabelle verschiedenerlei Deutungen zuläßt.

  
26˙2
 
553.
206
     Wenn ich den Vorgang der Intention beschreiben will, so fühle ich vor allem || zuerst, daß sie noch am ehesten leisten kann, was sie soll, wenn sie ein äußerst getreues Bild von dem enthält || ist, was sie intendiert. || intendiert wird. Aber ferner, daß auch das nicht ausreicht, weil ja das Bild, was immer es ist, sich verschieden deuten läßt, daß also dieses Bild doch wieder isoliert
– 155 –
dasteht. Wie man das Bild allein ins Auge faßt, ist es plötzlich tot, und es ist, als wäre ihm etwas genommen worden, was es zuvor belebt hatte. Es ist kein Gedanke, keine Intention; und wie || wovon immer wir es uns begleitet denken, durch artikulierte oder unartikulierte Vorgänge, und durch welche Empfindungen immer, –: || , – es bleibt isoliert, weißt nicht aus sich heraus auf eine Realität außer ihm.
     Nun sagt man: “Freilich intendiert das Bild nicht, sondern wir müssen mit ihm etwas intendieren”. Aber wenn dieses Intendieren, Meinen, wieder etwas ist, was mit dem Bild geschieht, so sehe ich nicht ein, warum das || der Vorgang an einen Menschen gebunden sein soll. Man kann ja auch den Vorgang der Verdauung als chemischen Prozeß studieren, unabhängig davon, ob er an || in einem Lebewesen stattfindet. Wir wollen sagen “Das Meinen ist doch wesentlich ein geistiger Vorgang, ein Vorgang des bewußten Lebens, nicht der toten Materie”. Aber was soll einen solchen ausmachen, als die spezifische Art dessen, was vorgeht – solange wir eben an einen Vorgang denken. Und nun scheint es uns, als ob gar kein Vorgang, welcher Art immer, das Intendieren sein kann. – Wir sind eben hier mit der Grammatik des Vorgangs nicht zufrieden, und nicht mit der spezifischen Art eines Vorgangs || ein spezifischer Vorgang genügt uns nicht. Man könnte sagen: jeden Vorgang würden wir in diesem Sinne “tot” nennen!

63, 64
  
26˙2
 
554.
207
     Fast könnte man sagen: “Die Meinung geht, während jeder Vorgang steht”.

63, 64
   
555.
     Man sagt: Wie kann denn diese Gebärde, diese Haltung der Hand, dieses Bild, der Wunsch sein, daß das und das der Fall wäre; || ? Sie ist weiter nichts als eine Hand über einem Tisch, und steht allein ohne Sinn da! Wie eine einzelne Kulisse, die von der Aufführung eines Theaterstücks allein in einem Raum || Zimmer stehengeblieben ist. Sie hatte Leben nur im Stück.
– 156 –


  
26˙2
 
556.
190
     Die Gebärde versucht vorzubilden – möchte man sagen – aber kann es nicht.

63, 10˙1, 26˙2, 61, 64
  
64
 
557.
179
     “Der Gedanke, dieses seltsame Wesen”: aber er kommt uns nicht seltsam vor, wenn wir ihn denken. || wenn wir denken. Der Gedanke kommt uns nicht geheimnisvoll vor, während wir denken, sondern nur, wenn wir, gleichsam retrospektiv sagen: “Wie war das möglich?” Wie war es möglich, daß der Gedanke von diesem Menschen selbst handelte? Aber hier erstaune ich nur über meinen sprachlichen Ausdruck, den ich mißverstehe. ¥

   
558.
     Der Gedanke kommt uns geheimnisvoll vor. Aber nicht während wir denken. Auch meinen wir nicht, || : psychologisch merkwürdig. Wir sehen in ihm nicht nur eine besondere Art, Bilder und Zeichen herzustellen. es scheint uns, als hätten wir in ihm || mit ihm die Realität eingefangen.

61
  
﹖ 58
 
559.
94
     “Das kann nur Einer sagen, der davon überzeugt ist.” – Wie hilft ihm die Überzeugung, wenn er es sagt? – Ist sie dann neben dem gesprochenen Ausdruck vorhanden? (Oder wird sie von diesem zugedeckt, wie ein leiser Ton von einem lauten, so daß sie gleichsam nicht mehr gehört werden kann, wenn man sie laut ausdrückt?) Wie, wenn Einer sagte: “Damit man eine Melodie nach dem Gedächtnis singen kann, muß man sie im Geiste hören und sie nachsingen”?

58, 39˙21, 10
  
26˙2
 
560.
208
     Wir wollen sagen: “Wenn wir meinen, so ist hier kein totes Bild (welcher Art immer), sondern es ist, als gingen wir auf jemand zu.” Wir gehen auf das Gemeinte zu.

   
  
﹖ 26˙2
 
562.
209
     Ja, || : meinen ist, wie wenn man auf jemanden zugeht.

   
563.
484
     “Ich habe mich in meinem Herzen dazu entschlossen.” Und man ist dabei auch geneigt, auf die Brust zu zeigen. Diese Redeweise ist psychologisch ernst zu nehmen. Warum sollte sie weniger ernst zu nehmen sein, als die Aussage, der Glaube sei ein Zustand der Seele? (Luther: “Der Glaube ist unter der linken Brustzitze.”)

25
  
25
 
564.
485
     Es könnte sein, daß jemand die Bedeutung des Ausdrucks “was man sagt, meinen” durch ein Zeigen auf das Herz verstehen lernen || lernt. Aber nun muß man fragen “Wie zeigt sich's, daß er es gelernt hat?”

  
23 ﹖
 
565.
69
     Zu sagen, die Punkte, die dieses Experiment liefert, liegen durchschnittlich auf dieser Linie, z.B. einer Geraden, sagt etwas ähnliches wie: “Aus dieser Entfernung gesehen, scheinen sie in einer Geraden zu liegen.”
     Ich kann von einer Strecke sagen, der allgemeine Eindruck ist der einer Geraden; aber nicht von der Linie ; obwohl es möglich wäre, sie als Stück einer längeren Linie zu sehen, in der sich die Abweichungen von der Geraden verlieren würden. Ich kann nicht sagen: “Dies Linienstück schaut gerade aus, denn es kann das Stück einer Linie sein, die mir als Ganzes den Eindruck der Geraden macht.” (Berge auf der Erde und auf dem Mond. Erde eine Kugel.)

23
  
10
 
566.
68| 534
     Wir sagen “der Ausdruck seiner Stimme war echt”. War er unecht, so denken wir uns quasi hinter ihm einen anderen stehen.
     Er macht nach außen dieses Gesicht, im Innern aber ein anderes.
     Das heißt aber nicht, daß, wenn sein Ausdruck echt ist, er zwei gleiche Gesichter macht.
– 158 –


52, 28
  
45
 
567.
38
     “Aber die Worte, sinnvoll ausgesprochen, haben doch nicht nur Fläche, sondern auch eine Tiefendimension!” Es findet eben doch etwas anderes statt, wenn sie sinnvoll ausgesprochen werden, als wenn sie bloß ausgesprochen werden. Wie ich das ausdrücke, darauf kommt's nicht an. Ob ich sage, sie haben im ersten Fall Tiefe, oder es geht dabei etwas in mir, in meinem Innern, vor; oder sie haben eine Atmosphäre – es kommt immer aufs Gleiche hinaus.
     Wenn wir nun alle hierin übereinstimmen, wird es da nicht wahr sein?

  
6 ﹖
 
568.
340
     “Gott kannst du nicht mit einem Andern reden hören, sondern nur, wenn du der Angeredete bist.” Das ist eine grammatische Bemerkung.

44, 14˙1, 19, 6˙1, 2 [619]
  
58˙1
 
569.
290
     “Die Gewißheit, daß ich werde fortsetzen können, nachdem ich dies Erlebnis gehabt habe – z.B. diese Formel gesehen habe – gründet sich einfach auf Induktion.” – Was heißt das? – “Die Gewißheit, daß das Feuer mich brennen wird, gründet sich auf Induktion.” Heißt das, daß ich mir sage: “Ich habe mich immer an einer Flamme verbrannt, also wird es auch jetzt geschehen”? Oder ist die frühere Erfahrung die Ursache meiner Gewißheit, nicht ihr Grund?
     Ist die frühere Erfahrung die Ursache der Gewißheit? – das kommt auf das System von Hypothesen, Naturgesetzen an, in welchem wir das Phänomen der Gewißheit betrachten.

   
570.
291
     Das Gefühl der Zuversicht. Wie äußert es sich im Benehmen?

  
58˙1
 
571.
292
     Ist die Zuversicht gerechtfertigt? – Was die Menschen als Rechtfertigung gelten lassen, – zeigt, wie sie denken und leben.
– 159 –


  
22
 
572.
131
     Stellen wir uns die Frage: Welchen praktischen Zweck kann Russell's Theorie der Typen dienen? – R. macht uns drauf aufmerksam, daß wir manchmal den Ausdruck der Allgemeinheit einschränken müssen, um zu vermeiden, daß unerwünschte Konsequenzen aus ihm gezogen werden.

  
22
 
573.
132
     Die fundamentale Tatsache ist hier: daß wir Regeln, eine Technik, für ein Spiel festlegen, und daß es dann, wenn wir den Regeln folgen, ganz anders geht, als wir vorausgesehen hatten. Daß wir uns also gleichsam in unsern eigenen Regeln verfangen.

  
22
 
574.
133
     Dieses Verfangen in unsern Regeln ist, was wir verstehen wollen.
     Es wirft ein Licht auf unsern Begriff des Meinens. Denn es kommt also in jenen Fällen anders, als wir es gemeint, vorausgesehen, hatten. Wir sagen eben, wenn, z.B., der Widerspruch auftritt: “So hab ich's nicht gemeint.”

  
22
 
575.
134
     Ein Widerspruch verhindert mich, im Sprachspiel zur Tat zu kommen.

  
22
 
576.
135
     Nehmen wir aber an, das Sprachspiel bestünde eben darin, mich fortwährend von einem Entschluß in den entgegengesetzten zu werfen!

  
22
 
577.
136
     Der Widerspruch ist nicht als Katastrophe aufzufassen, sondern als eine Mauer, die uns anzeigt, daß wir hier nicht weiter können.

  
22
 
578.
137
     Die bürgerliche Stellung des Widerspruchs, oder seine Stellung in der bürgerlichen Welt: das ist das philosophische Problem.
– 160 –


  
22
 
579.
138
     Ich möchte nicht so sehr fragen “Was müssen wir tun, um einen Widerspruch zu vermeiden || ?, als “Was sollen wir tun, wenn wir zu einem Widerspruch gelangt sind?”

  
22
 
580.
139
     Warum ist ein Widerspruch mehr zu fürchten, als eine Tautologie?

  
22
 
581.
     Unser Motto könnte sein: “Lassen wir uns nicht behexen!”

  
22
 
582.
140
     Zu meiner Bemerkung: die Philosophie lasse alles wie es ist, sie lasse auch die Mathematik wie sie ist. Es ist nicht Sache der Philosophie, den Widerspruch durch eine mathematische, logisch-mathematische, Entdeckung zu lösen. Sondern den Zustand der Mathematik, der uns beunruhigt, den Zustand vor der Lösung des Widerspruchs, übersehbar zu machen. (Und damit geht man nicht etwa einer Schwierigkeit aus dem Wege.)
  
﹖ 34˙2
 
583.
327
     Erinnere dich daran, daß es gewisse Kriterien des Benehmens dafür gibt, daß Einer ein Wort nicht versteht: daß es ihm nichts sagt, er nichts damit anzufangen weiß. Und Kriterien dafür, daß er das Wort ‘zu verstehen glaubt’, eine Bedeutung mit ihm verbindet, aber nicht die richtige. Und endlich Kriterien dafür, daß er das Wort richtig versteht. Im zweiten Falle könnte man von einem subjektiven Verstehen reden. Und eine “private Sprache” könnte man Laute nennen, die kein Andrer versteht, ich aber ‘zu verstehen scheine’.

  
﹖ 25
 
584.
407
     Das Meinen stellt man sich hier als eine Art geistiges Zeigen, Hinweisen, vor.

26
  
26
 
585.
413
     Statt “Ich habe ihn gemeint,” kann man freilich manchmal sagen “Ich habe an ihn gedacht”; manchmal auch “Ja, wir haben von ihm geredet”. Also frag dich, worin es besteht
– 161 –
‘von ihm reden’!

25, 26
  
25
 
586.
     Es ist falsch zu sagen: Ich meinte ihn, indem ich ihn ansah. “Meinen” wird nicht als Bezeichnung einer Tätigkeit benützt, die ganz, oder teilweise, in den ‘Äußerungen’ des Meinens besteht || Es ist falsch zu sagen: Ich meinte ihn, indem ich auf ihn sah. “Meinen” bezeichnet nicht: eine Tätigkeit, die ganz oder teilweise in den ‘Äußerungen’ des Meinens besteht.

26, 26˙3
  
25
 
587.
392
     “Ich meinte mit dem Wort dies” ist eine Mitteilung, die anders verwendet wird, als die einer Affektion der Seele.

  
33
 
588.
371
     Ein ‘innerer Vorgang’ bedarf äußerer Kriterien.

47, 33
  
26˙1
 
589.
427
     Worin besteht dieses Meinen (der Schmerzen, oder des Musizierens || Klavierstimmens)? Es kommt keine Antwort – denn die Antworten die sich uns auf den ersten Blick anbieten, taugen nicht. “Und doch meinte ich damals das eine und nicht das andre.” Ja; || , – nun hast du nur einen Satz mit Emphase wiederholt, dem ja niemand widersprochen hat.

26˙3
  
26˙1
 
590.
428
     “Kannst du aber zweifeln, daß du das meintest?” – Nein; aber sicher sein, es wissen, kann ich auch nicht.

  
26˙1
 
591.
430
     “Daß du das Klavierspiel || Klavierstimmen meintest, bestand darin, daß du ans Klavierspiel || Klavierstimmen dachtest.”
     “Daß du in diesem Brief diesen Menschen mit dem Wort ‘du’ meintest, bestand darin, daß du an ihn schriebst.”
     Der Irrtum ist: daß Meinen nicht in etwas besteht.

26˙3, 27
  
26˙1
 
592.
431
     Es wäre daher dumm, Meinen eine ‘geistige Tätigkeit’ zu nennen¤ Weil man damit eine falsche Vorstellung von der Funktion des Wortes hervorruft. || Weil man damit einer falschen
– 162 –
Vorstellung von der Funktion des Wortes entgegenkommt.
|| weil man damit eine falsche Vorstellung von der Funktion des Wortes begünstigt.

39
   
593.
     Vergleiche das Phänomen des Denkens mit dem Phänomen des Benehmens! Kann nicht das Brennen, die Flamme, uns rätselhaft erscheinen? Und warum die Flamme mehr als der Tisch? ‒ ‒ ‒ Und wie klärst du dieses Rätsel auf?
     Und wie soll nun das Rätsel des Denkens aufgelöst werden? – Wie das der Flamme?

   
594.
     Ist die Flamme nicht rätselhaft, weil sie ungreifbar ist? Wohl – aber warum macht sie das rätselhaft? Warum soll das Ungreifbare rätselhafter sein, als das Greifbare? Außer, weil wir es greifen wollen. –

  
28
 
595.
98
     Stell dir Menschen vor, die nur laut denken könnten! (Wie es Menschen gibt, die nur laut lesen können.)

10
  
1
 
596.
239
     “Die Übergänge sind eigentlich alle schon gemacht” heißt, ich habe keine Wahl mehr. Die Regel, einmal mit einer bestimmten Bedeutung gestempelt, zieht die Linien ihrer Befolgung durch den ganzen Raum.
     
     Aber wenn so etwas wirklich stattfände, was hülfe es mir?
     Nein, meine Beschreibung hatte nur Sinn, wenn sie symbolisch zu verstehen war. – So kommt es mir vor – sollte ich sagen.
     Wenn || Während ich der Regel folge, wähle ich nicht.

61, 1, 41, 45
  
1
 
597.
240
     Ich folge der Regel blind, könnte ich auch sagen.

   
  
1
 
599.
241
     Mein symbolischer Ausdruck war eigentlich eine mythologische Beschreibung des Gebrauchs einer Regel.

   
   
  
45
 
602.
39
     – Ich kann sein Zeugnis nicht annehmen, weil es kein Zeugnis ist. Es sagt mir nur, was er zu sagen geneigt ist. [zu “Aber ich traue mir ja”]

   
  
2
 
604.
248
     “Die Linie gibt mir ein, wie ich gehen soll”: das paraphrasiert nur: sie sei meine letzte Instanz dafür, wie ich gehen soll.
– 164 –


  
2
 
605.
249
     Denke dir, Einer folgte einer Linie als Regel auf diese Weise: Er hält einen Zirkel, dessen eine Spitze er der Regel entlang führt, während die andre Spitze die Linie zieht, die der Regel folgt. Und wie er so der Regel-Linie entlanggeht || nachgeht, öffnet und schließt er den Zirkel || verändert er die Öffnung des Zirkels, anscheinend mit großer Exaktheit || Genauigkeit, wobei er immer auf die Regel || Linie schaut, als bestimme sie sein Tun. Wir nun, die ihm zusehen, sehen keinerlei Regelmäßigkeit in diesem Öffnen und Schließen des Zirkels. Wir können daher seine Art, der Linie zu folgen, von ihm auch nicht lernen. Wir glauben ihm aber, die Linie habe ihm eingegeben, was er tat.4

  
2
 
606.
     Wir würden hier vielleicht wirklich sagen: “Die Vorlage scheint ihm einzugeben, wie er zu gehen hat. Aber sie ist keine Regel.”

  
1
 
607.
251
     Nimm an, Einer folgt der Regel || Reihe x = 1, 3, 5, 7, … , indem er die Reihe der x2 + 1 hinschreibt; und er fragte sich: “aber tue ich auch immer das Gleiche, oder jedesmal etwas anderes?”
     Wer von einem Tag auf den andern verspricht “Morgen werde ich dich besuchen” – sagt der jeden Tag das Gleiche; oder jeden Tag etwas anderes?

  
1
 
608.
252
     Hätte es einen Sinn zu sagen: “Wenn er jedesmal etwas anderes täte, würden wir nicht sagen: er folge einer Regel”? Das hat keinen Sinn.

  
2
 
609.
257
     Nimm an, eine Linie gebe mir ein, wie ich ihr folgen soll; d.h., wenn ich ihr mit den Augen nachgehe, so sagt mir etwa eine innere Stimme: “zieh so!” – Nun, was ist der Unterschied zwischen diesem Vorgang, einer Art Inspiration zu folgen, und dem, einer Regel zu folgen? Denn sie sind doch nicht das Gleiche. In dem Fall der Inspiration warte ich auf die Anweisung. Ich werde einen Andern
– 165 –
nicht meine ‘Technik’ lehren können, der Linie zu folgen. Es sei denn, ich lehrte ihn eine Art des Hinhorchens, der Rezeptivität. Aber dann kann ich natürlich nicht verlangen, daß er der Linie so folge, wie ich.

  
2
 
610.
258
     Man könnte sich auch so einen Unterricht in einer Art von Rechnen denken. Die Kinder können dann, ein jedes auf seine Weise, rechnen; solange sie nur auf die innere Stimme horchen und ihr folgen. – Dieses Rechnen wäre wie ein Komponieren.

   
611.
     Wann sagen wir: “Die Linie gibt mir das als Regel ein – immer das Gleiche.” Und anderseits: “Sie gibt mir immer wieder ein, was ich zu tun habe – sie ist keine Regel.”
     Im ersten Fall heißt es: ich habe keine weitere Instanz dafür, was ich zu tun habe. Die Regel tut es ganz allein; ich brauche ihr nur zu folgen (und folgen || Folgen ist eben eins). Ich fühle nicht, z.B.: es ist seltsam, daß mir die Linie immer etwas sagt. – Der andre Satz sagt: Ich weiß nicht, was ich tun werde; die Linie wird's mir sagen.

  
2
 
612.
261
     Die Kunstrechner, die zum richtigen Resultat gelangen, aber nicht sagen können, wie. Sollen wir sagen, sie rechnen nicht? (Eine Familie von Fällen.)

  
1
 
613.
255
     Die Verwendung des Wortes “Regel” ist mit der Verwendung des Wortes “gleich” verwoben.

   
614.
     (Zu 603.) … nur ein Bild. Und urteile ich, sie gebe mir, gleichsam verantwortungslos dies oder das ein, so würde ich nicht sagen, ich folgte ihr als Regel. || als einer Regel.

  
2
 
615.
259
     Man könnte sich denken, daß Einer mit solchen Gefühlen
– 166 –
multipliziert, richtig multipliziert; immer wieder sagt “Ich weiß nicht – jetzt gibt mir die Regel auf einmal das ein!” – und daß wir antworten: “Freilich; du gehst ja ganz nach der Regel vor.”

  
2
 
616.
260
     Aber könnten wir nicht auch rechnen, wie wir rechnen (Alle übereinstimmend, etc.) und doch bei jedem Schritt das Gefühl haben, von den Regeln wie von einem Zauber geleitet zu werden; erstaunt darüber vielleicht, daß wir übereinstimmen? (Der Gottheit etwa für diese Übereinstimmung dankend.)

   
   
618.
     “Sie gibt mir, verantwortungslos, dies oder das ein” heißt: ich kann es dich nicht lehren, wie ich der Linie folge. Ich setze nicht voraus, daß du ihr folgen wirst wie ich, auch wenn du ihr folgst.

  
2
 
619.
     (Zu 609.) Dies sind nicht meine Erfahrungen vom Handeln nach einer Inspiration und nach einer Regel, sondern grammatische Anmerkungen.

   
620.
     Wir sagen: “Wenn ihr beim Multiplizieren wirklich der Regel folgt, muß das Gleiche herauskommen.” Nun, wenn dies nur die etwas hysterische Ausdrucksweise der Universitätssprache ist, so braucht sie uns nicht sehr zu interessieren. Es ist aber der Ausdruck einer Einstellung zu der Technik des Rechnens, die sich überall in unserm Leben zeigt. Die Emphase des Muß entspricht nur der Unerbittlichkeit dieser Einstellung, sowohl zur Technik des Rechnens, als auch zu unzähligen verwandten Übungen.
– 167 –


   
  
1
 
622.
242
     “Aber du siehst doch …!” Nun, das ist eben die charakteristische Äußerung Eines, der von der Regel gezwungen ist.

   
623.
244
     Ich glaube, im Reihenstück ganz fein eine Zeichnung zu erblicken, die nurmehr des “u.s.w.” bedarf, um in die Unendlichkeit zu reichen.
     “Ich erblicke ein Charakteristikum || einen charakteristischen Zug in ihr.” – Nun, doch etwas, was dem algebraischen Ausdruck entspricht. – “Ja, aber nichts Geschriebenes, sondern förmlich etwas Ätherisches.” Welches seltsame Bild. – “Etwas, was nicht der algebraische Ausdruck ist, sondern wofür dieser nur eben der Ausdruck ist.”

   
624.
     Ich erblicke etwas in ihr – ähnlich wie die || eine Gestalt im Vexierbild. Und sehe ich das, so sage ich “Das ist alles, was ich brauche.” – Wer den Wegweiser findet, sucht nun nicht nach einer weiteren Instruktion, sondern er geht. (Und sagte ich statt “er geht” “er richtet sich nun nach ihm”, so könnte der Unterschied der beiden nur sein, daß der zweite Ausdruck auf gewisse psychologische Begleiterscheinungen anspielt.)

  
45
 
625.
245
     Statt etwas zu hypostasieren, stell fest, daß du die Neigung dazu hast, || ; & nun dies zu tun, und nun erkläre diese Neigung. || stell fest, daß Du dazu die Neigung hast, dies zu tun; und nun || ; & nun … erkläre diese Neigung.
– 168 –


  
35
 
626.
343
     Wie kann ich denn mit der Sprache noch zwischen die Schmerzäußerung und den Schmerz treten wollen?

  
45
 
627.
246
     Nicht umhin können – wenn wir uns philosophischen Gedanken hingeben – das und das zu sagen, unwiderstehlich dazu neigen, dies zu sagen, heißt nicht, zu einer Annahme gezwungen sein, oder, etwas || einen Sachverhalt unmittelbar einsehen, oder wissen.

  
56
 
628.
267
     “Ich verlasse das Zimmer, weil du es befiehlst.” – “Ich verlasse das Zimmer nicht weil du es befiehlst”.
     Beschreibt dieser Satz einen Zusammenhang meiner Handlung mit seinem Befehl?

  
601
 
629.
496
     Unter was für Umständen sagt man “Diese Vorrichtung ist eine Bremse, funktioniert aber nicht?” Das heißt doch: sie erfüllt den || ihren Zweck nicht. Worin liegt es, daß sie diesen Zweck hat? Man könnte auch sagen: “Es war die Absicht, daß dies als Bremse wirken sollte.” Wessen Absicht? Hier entschwindet uns die Absicht als Zustand der Seele gänzlich.
     Könnte man sich nicht auch das denken, daß mehrere Leute eine Absicht hätten, ausführten, ohne daß einer von ihnen sie hat? So kann eine Regierung eine Absicht haben, die kein Mensch hat.

  
26˙4
 
630.
197
     Wer mein Erwarten || meine Erwartung wahrnähme, müßte unmittelbar wahrnehmen, was erwartet wird. D.h.: nicht aus dem wahrgenommenen Vorgang darauf schließen! – Aber zu sagen, Einer nehme die Erwartung wahr, hat keinen Sinn. – Es sei denn etwa den, || : er nehme den ‘Ausdruck der Erwartung’ wahr. Vom Erwartenden zu sagen, er nähme die Erwartung wahr, statt, er erwarte, wäre blödsinnige Verdrehung des Ausdrucks.
– 169 .–


  
44
 
631.
288
     Folgt, daß dort ein Sessel steht, aus den Sinneseindrücken, die ich empfange? – Wie kann denn ein Satz aus Sinneseindrücken folgen? Nun – folgt er aus den Sätzen, die die Sinneseindrücke beschreiben? Nein. – Aber schließe ich denn nicht aus den Eindrücken || Sinnesdaten, daß ein Sessel dort steht? – Ich ziehe doch keinen Schluß! – Aber manchmal doch. Ich sehe z.B. eine Photographie und sage “Es muß also dort ein Sessel gestanden haben”, oder auch “Aus dem, was man da sieht, schließe ich, daß ein Sessel dort steht”. Das ist ein Schluß; aber keiner der Logik. Ein Schluß ist der Übergang zu einer Behauptung; also auch zu dem der Behauptung entsprechenden Benehmen. ‘Ich ziehe die Konsequenzen’ nicht nur in Worten, sondern auch in Handlungen.

56, 58˙1, 44
  
44
 
632.
289
     War ich aber dazu berechtigt, diese Konsequenzen zu ziehen? Was nennt man hier eine Berechtigung? – Wie wird das Wort “Berechtigung” gebraucht? Beschreibe Sprachspiele! Aus ihnen wird sich auch die Wichtigkeit der Berechtigung || Rechtfertigung entnehmen lassen.

56, 58˙1, 44
  
34˙3
 
633.
367
     Nicht was Vorstellungen sind, oder was da geschieht, wenn man sich etwas vorstellt, muß man fragen, sondern: wie das Wort “Vorstellung” gebraucht wird. Das heißt aber nicht, daß ich nur von Worten reden will. Denn soweit in meiner Frage vom Wort “Vorstellung” die Rede ist, ist sie's auch in der Frage || in jener Frage nach dem Wesen der Vorstellung. Und ich sage nur, daß diese Frage nicht durch ein Zeigen – weder für den Vorstellenden, noch für den Andern – zu erklären ist; noch durch die Beschreibung irgend eines Vorgangs. Nach einer Worterklärung fragt auch die erste Frage; aber sie deutet auf eine falsche Art der Antwort. || aber sie lenkt unsern Blick auf die falsche Art der Antwort.
– 170 –


39, 34˙3, 30
  
67
 
634.
247
     Der Philosoph behandelt eine Frage; wie eine Krankheit.

  
14˙1
 
635.
353
     Gewiß, in dir geschehen alle diese Dinge. – Und nun laß mich nur den Ausdruck verstehen, den wir gebrauchen. – Das Bild ist da. Und seine Gültigkeit im besondern Falle bestreite ich nicht. – Nur laß mich jetzt noch die Anwendung des Bildes verstehen.

  
14˙1
 
636.
354
     Das Bild ist da; und ich bestreite seine Richtigkeit nicht. Aber was ist seine Anwendung? Denke an das Bild vom Blinden mit der Dunkelheit im Geiste, oder im Kopf. || mit der Dunkelheit in der Seele, oder im Kopf hinter den Augen.

  
14˙1
 
637.
355
     Denk, wir drückten die Absicht eines Menschen immer so aus, indem wir sagen: “Er sagte gleichsam zu sich selbst ‘Ich will’”. Das ist das Bild. Und nun will ich wissen: Wie verwendet man den Ausdruck “etwas gleichsam zu sich selbst sagen”? Denn es || er heißt nicht: etwas zu sich selbst sagen. (Bedenk daß unserem “meinen” im Französischen “vouloir dire” entspricht.)

10˙3
  
51
 
638.
538
     “Die Endung ‘a’ klingt anders, wenn sie die Endung eines männlichen Substantivs, als wenn sie die eines weiblichen ist. Das ‘a’ von || in ‘agricola’ klingt anders als das von || ‘a’ in ‘puella’. Das erste klingt schwunghaft, daß zweite weich.” – Ich möchte auch sagen, ich könne || kann das Schluß-a einmal weiblich, einmal männlich ‘deuten’. Und doch klingt natürlich das || ist der Klang der beiden “a” in den beiden Fällen nicht || charakteristischer Weise verschieden. – Wie aber kann ich in das “a” Männlichkeit und Weiblichkeit hineinlegen?
     Nun, die Tatsache ist, daß ich geneigt bin, diese Dinge zu sagen: obwohl das männliche und das weibliche “a” nicht verschieden klingen. || sich nicht durch den Klang unterscheiden.
     Wenn ich sage “Das ‘a’ in ‘puella’ klingt weiblich” –
– 171 –
gibt es dafür eine Verifikation || wie stellt man das fest? Oder: wie zeigt es sich sonst noch, außer dadurch, daß wir's sagen || behaupten, daß dies “a” weiblich klingt? Man sagt z.B. nicht: “Hör genau hin, wenn ich's ausspreche.” Du wirst hören, daß es weich klingt.” Man lehrt auch Einen nicht das “a” weiblich und männlich aussprechen.
     Es geht etwa so zu: Wir lernen, daß das “a” die Endung des weiblichen Geschlechts ist; und das ist uns natürlich, weil es auch bei uns eine Menge weiblicher Namen endigt. Dann lernen wir männliche Substantive auf “a” und das kommt uns zuerst seltsam vor; aber bald wird es uns ganz natürlich. Wir überlegen uns nicht mehr, daß dies zwar weiblich klingt, aber doch als männliches Hauptwort gilt || : dies klingt zwar weiblich, gilt aber doch als männliches Hauptwort. Wir finden es ganz natürlich, es mit einem Adjektiv auf “us” zu verbinden. Wir behandeln es jetzt als männlich und finden nichts dabei || dies selbstverständlich. Wenn wir nun an den || diesen doppelten Gebrauch der Endung für Männliches und Weibliches denken, assoziieren wir auch mit ihr Gesten, Vorstellungen, Arten der Aussprache || des Aussprechens, die aber freilich den gewöhnlichen Gebrauch der Wörter auf “a” nicht begleiten. Wohl aber || Außer vielleicht in gewissen Fällen: Wenn wir etwa ein Wort für den Namen einer Frau gehalten haben und es sich nun herausstellt, daß es ein männlicher Name ist. In diesem Falle sagen wir oft || manchmal, jetzt klinge die Endung plötzlich anders. || jetzt scheine die Endung anders zu klingen. Denn man macht nun wirklich, indem man sich von der früheren Vorstellung freimacht, eine besondere, die Männlichkeit ausdrückende Gebärde und || , oder dergleichen.

51, 52
  
51
 
639.
539
     Das Interesse dieses Falles liegt darin, daß er zeigt, wie wir zuzeiten geneigt sind, eine Verschiedenheit des Gebrauchs als Verschiedenheit des Gefühls || der Gefühle zu deuten.

  
51
 
640.
533
     Das Gefühl der ‘Bekanntheit’ und der ‘Natürlichkeit’. – Leichter ist es, ein Gefühl der Unbekanntheit || Fremdheit, und der Unnatürlichkeit
– 172 –
aufzufinden || aufzuzeigen. Oder: Gefühle. Denn || Aber nicht alles, was uns unbekannt ist, macht uns einen Eindruck der Unbekanntheit. Und hier muß man sich überlegen, was wir “unbekannt” nennen. Einen Feldstein, den wir am Weg sehen, erkennen wir als solchen, aber vielleicht nicht als den, den wir immer da gesehen haben || der immer da gelegen hat. Einen Menschen etwa als Menschen, aber nicht als Bekannten. Es gibt Gefühle der Wohlvertrautheit, ihre Äußerung ist manchmal ein Blick; oder die Worte “Das alte Zimmer!” (worin ich vor vielen Jahren gewohnt habe und das ich nun unverändert wiederfinde). Ebenso gibt es Gefühle der Fremdheit: Ich stutze; sehe den Gegenstand, oder Menschen, prüfend und mißtrauisch an; sage “Es ist mir alles fremd”. – Aber weil es nun dies Gefühl || diese Erfahrung der Fremdheit gibt, kann man nicht sagen, || : jeder Gegenstand, den wir gut kennen, und der uns nicht fremd vorkommt, gebe uns ein Gefühl der Vertrautheit. Wir meinen, nun quasi, der Platz || leicht, der Platz …, den einmal das Gefühl der Fremdheit einnimmt, müsse doch irgendwie besetzt sein. Es ist der Platz für diese Atmosphäre vorhanden, und nimmt ihn nicht die eine ein, dann eine andere.

52, 51˙2
  
51
 
641.
540
     Wie dem Deutschen, der gut Englisch spricht, Germanismen unterlaufen, obgleich er nie || nicht erst einen deutschen Ausdruck bildet und ihn || den dann ins Englische übersetzt, wie er also Englisch spricht, als übersetze er, ‘unbewußt’, aus dem Deutschen, – so denken wir oft, als läge unserm Denken ein Denkschema zu Grunde, als hätten wir eine bestimmte Überlegung angestellt; als übersetzten wir aus einer primitiveren Denkweise in die unsre. || , so denken wir oft, als läge unserm Denken ein Denkschema zu Grunde; als übersetzten wir aus einer primitiven Denkweise in die unsre.

51
  
﹖ 51
 
642.
541
     Wenn wir philosophieren, möchten wir manchmal dort Gefühle setzen
– 173 –
dort, wo keine sind. || Gefühle hypostasieren, wo keine sind.
Sie dienen dazu, uns unsere Gedanken zu erklären.
     ‘Hier verlangt die Erklärung unseres Denkens ein Gefühl!’ Es ist, als ob unsre Überzeugung auf diese Forderung (hin) ihr nachkäme || nun dieser Forderung nachkäme. || dieser Forderung nun nachkäme.

  
﹖ 33
 
643.
344
     “Ich fühle große Freude.” – Wo? – Das klingt unsinnig || blödsinnig. Und doch sagt man auch “Ich fühle eine freudige Erregung in meiner Brust.” – Warum aber ist Freude nicht lokalisiert? Ist es, weil sie über den ganzen Körper verteilt ist? Auch dann ist sie nicht lokalisiert, wenn etwa das Gefühl, das sie hervorruft, dies ist; wenn wir uns etwa am Geruch einer Blume freuen. – Die Freude äußert sich im Gesichtsausdruck, im Benehmen. (Aber wir sagen nicht, wir freuten uns im Gesicht.)

51, 6˙1, 6, 33
  
33
 
644.
345
     “Aber ich habe doch ein wirkliches Gefühl der Freude!” Ja, wenn du dich freust, so freust du dich wirklich. Und freilich ist Freude nicht freudiges Benehmen, noch auch ein Gefühl um die Mundwinkel und Augen.
     “Aber ‘Freude’ bezeichnet doch etwas Inneres.” Nein. “Freude” bezeichnet gar nichts. Weder Inneres noch Äußeres. || bezeichnet weder Inneres noch Äußeres.

39, 39˙1, 49
  
53
 
645.
444
     “Ich weiß genau, was ich sagen wollte!” Und doch hatte ich's nicht gesagt. – Und doch lese ich's nicht von irgendeinem andern Vorgang ab, der damals stattfand und mir in der Erinnerung ist.
     Und ich deute auch nicht die damalige Situation und ihre Vorgeschichte. Denn ich überlege mir sie nicht und beurteile sie nicht.

  
33 ﹖
 
646.
481
     Anwendung des Imperativs. Vergleiche die Befehle: Heb den Arm! || Was hat zu bedeuten, daß man diese Befehle ohne weiteres versteht? || :
     Stell dir … vor!
– –

     Rechne … im Kopf!
     Überlege dir …!
     Konzentrier deine Aufmerksamkeit auf …!
     Sieh diese Figur als Würfel an || Bild eines Prismas!
     mit diesen: Dagegen nicht ohne weiteres die folgenden:
     Beabsichtige …!
     Meine mit diesen Worten …!
     Vermute, daß es sich so verhält!
     Glaube, daß es so ist!
     Sei der festen Überzeugung …!
     Erinnere dich daran, daß dies geschehen ist!
     Zweifle daran, ob es geschehen ist!
     Hoffe auf seine Wiederkehr!
     Ist das der Unterschied, daß die ersten willkürliche, die zweiten unwillkürliche Bewegungen des Geistes sind? Eher kann || noch könnte ich sagen, die Verben der zweiten Gruppe bezeichnen keine Handlungen.

55, 39˙1, 33
  
67
 
647.
37 188
     Was ich zu lernen versuche || Was ich Leute lehren will, ist, von einem nicht offenkundigen Unsinn zu einem offenkundigen übergehen. || ist: den Übergang machen von einem nicht offenkundigen Unsinn zu einem offenkundigen.

   
648.
454
     Kann man ein Erinnerungserlebnis beschreiben? – Gewiß. – Aber kann man das Erinnerungshafte an diesem Erlebnis beschreiben? Was heißt das?

39˙3
   
649.
     Soll es Erfahrungstatsache sein, daß, wer ein Erlebnis hatte, es sich vorstellen kann, und daß es ein Andrer nicht kann? (Wie weiß ich, daß der Blinde sich die Farben vorstellen kann?) Aber: er kann ein Sprachspiel nicht spielen. (nicht erlernen). Aber wie? erfahrungsgemäß, oder eo ipso? Das letztere.
– 175 –


  
﹖ 49
 
650.
342
     Zu dem Sprachspiel mit “er hat Schmerzen” gehört – möchte man sagen – nicht nur das Bild des Benehmens, sondern auch das Bild der Schmerzen. – Aber hier muß man sich in Acht nehmen: Denke an mein || das Beispiel von den privaten Tabellen, die nicht zum Spiel gehören. – Es entsteht der Eindruck der ‘privaten Tabelle’ im Spiel durch die Abwesenheit einer Tabelle und durch die Ähnlichkeit des Spiels mit einem solchen, das mit einer Tabelle gespielt wird. || mit einem, welches mit einer Tabelle gespielt wird.

14˙1, 38
  
﹖ 49
 
651.
     Zu sagen “Das Bild des Schmerzes tritt ins Sprachspiel mit dem Worte ‘Schmerz’ ein”, ist ein Mißverständnis. Die Vorstellung des Schmerzes ist kein Bild, und diese Vorstellung ist auch nicht durch etwas ersetzbar, was wir ein Bild nennen würden. Wohl aber tritt die Vorstellung des Schmerzes in einem Sinn ins Sprachspiel ein; nur || . Nur nicht als || wie ein Bild.

14˙1, 48, 38
   
652.
     “Nichts leichter, als sich einen 4-dimensionalen Würfel vorstellen! er schaut so aus:
nur mit 4 Ausdehnungen!” – “Aber ist nicht, was ich dir gezeigt habe, eben etwas wie
nur mit 4 Ausdehnungen?” – Nein; das meine ich nicht! ‒ ‒ ‒ Was aber meine ich? Was ist mein Bild? Nun, der 4-dimensionale Würfel, wie du ihn gezeichnet hast, ist es nicht! Ich habe jetzt als Bild nur die Worte, und die Ablehnung alles dessen, was du mir zeigen kannst.

  
17
 
653.
169
     Bin ich berechtigt, zu sagen,
– 176 –
Ich kann !!!!!!!!! nicht als Gestalt sehen” || “Ich kann mir !!!!!!!!! nicht als Gestalt vorstellen”? Was berechtigt mich dazu? (Was berechtigt den Blinden, zu sagen, er könne nicht sehen?)

35
  
17
 
654.
170
     Wozu dient ein Satz wie dieser: “Wir können uns die Empfindungen eines Jongleurs, wie Rastelli gar nicht vorstellen”? || “Ein Jongleur wie Rastelli muß Empfindungen haben, die wir uns gar nicht vorstellen können” || , von denen wir gar keine Ahnung haben || uns keine Vorstellung machen können

  
﹖ 17
 
655.
171
     Wie, wenn Einer sagte, || : “Ich kann mir nicht vorstellen, wie das ist, wenn man einen Sessel sieht, außer wenn ich ihn gerade sehe”? Wäre er berechtigt, das zu sagen?

  
17
 
656.
172
     Die Erfahrung: neue Erfahrungen kennen zu lernen. Etwa beim Schreiben. Wann sagt man, man habe eine neue Erfahrung kennen gelernt? Wie gebraucht man so einen Satz?

  
17
 
657.
173
     Was würden wir dem sagen, der behauptete, er könne sich genau vorstellen wie es ist, absolutes Gehör zu haben, ohne daß er's hat?

   
658.
109
     Ich beschreibe Einem ein Zimmer, und lasse ihn dann, zum Zeichen daß er meine Beschreibung verstanden hat, ein impressionistisches Bild nach dieser Beschreibung malen. – Er malt nun die Stühle, die ich als grün beschrieben habe, dunkelrot, wo ich gelb sagte, malt er blau. – Das ist der Eindruck, den er von diesem Zimmer erhielt. Und nun sage ich? “Ganz richtig – so sieht es aus.”

  
﹖ 34
 
659.
300
     Was heißt es “eine Empfindung mit einem Wort bezeichnen, benennen”? Gibt es da nichts zu untersuchen?
     Denk dir, du kämest von einem Sprachspiel mit räumlichen Gegenständen || mit physikalischen Gegenständen – und nun hieße es, es werden jetzt auch Empfindungen benannt. Wäre das nicht, als würde zuerst von einer
– 177 –
Übertragung des Besitzes, und dann auf einmal von einer Übertragung der Freude am Besitz, oder des Stolzes auf den Besitz gesprochen. Müssen wir da nicht etwas Neues lernen? Etwas Neues, was wir auch “übertragen” nennen.

44
  
44
 
660.
301
     Der Vorteil der Betrachtung der Sprachspiele ist eben, daß sie uns stufenweise erblicken läßt, was wir sonst nur in einem Ganzen, und zwar in einem verworrenen Knäuel sehen.

  
41˙1
 
661.
378
     Wenn ich im Nebel einen Mann für einen Mast halte – habe ich ein “nn” für ein “st” gehalten? Und könnte ich mir nicht doch vorstellen, daß wir unter Umständen versucht wären, es so auszudrücken?

  
51˙2
 
662.
532
     Macht alles, was uns nicht auffällt, den Eindruck der Unauffälligkeit? Macht uns das Gewöhnliche immer den Eindruck der Gewöhnlichkeit?

52
  
﹖ 39˙3
 
663.
59
     Der Eindruck als Atmosphäre gesehen: “Diese Melodie ist mit einer starken Atmosphäre umgeben.”
     Aber mit welcher Atmosphäre? Was würden wir eine Beschreibung dieser Atmosphäre nennen?
Die Beschreibung einer Atmosphäre ist eine spezielle Sprachanwendung, zu speziellen Zwecken.
     Deuten des ‘Verstehens’ als Atmosphäre; als seelischer Akt. Man kann zu allem eine Atmosphäre hinzukonstruieren.

39˙3, 52, 44
  
39˙3
 
664.
111
     Beschreib das Aroma des Kaffees! – Warum geht es nicht? Fehlen uns die Worte? Und wofür fehlen sie uns? – Woher aber der Gedanke, es müsse doch so eine Beschreibung möglich sein? Ist dir so eine Beschreibung je abgegangen? Hast du versucht, das Aroma zu beschreiben und es ist nicht gelungen? Ein bestimmtes Ideal einer || der Beschreibung sitzt uns im Kopf. Etwa das der || einer Zusammensetzung des Aromas aus winzigen || exakten Mengen von Aroma-Elementen || (Element-Aroma).
– 178 –


   
665.
     Das Verstehen der mathematischen Frage. Wie wissen wir, ob wir eine mathematische Frage verstehen?
     Eine Frage – kann man sagen – ist ein Auftrag. Und einen Auftrag verstehen, heißt: wissen, was man zu tun hat. Ein Auftrag kann natürlich ganz vague sein – z.B., wenn ich sage: “Bring ihm etwas, was ihm gut tut!” Aber dies kann heißen: denk an ihn, seinen Zustand, etc. in freundlicher Weise und dann bring ihm etwas, was deiner Gesinnung gegen ihn entspricht.

  
﹖ 14
 
666.
119
     Es scheint klar: wir verstehen, was die Frage bedeutet: “Kommt die Ziffernfolge … in der Entwicklung von Π vor?” Es ist ein deutscher Satz, man kann zeigen, was es heißt, “415” komme in der Entwicklung von Π vor, und ähnliches. Nun, soweit solche Erklärungen || diese Beispiele reichen, soweit, kann man sagen, versteht man jene Frage.

6˙1
  
14
 
667.
120
     Es frägt sich: Können wir uns denn darin nicht irren, daß wir eine Frage verstehen?
     Denn mancher mathematische Beweis führt uns eben dazu, zu sagen, daß wir uns nicht vorstellen können, was wir glaubten, uns vorstellen zu können. (Z.B. die Konstruktion des 7-Ecks.) Er führt uns dazu, zu revidieren, was wir für den Bereich des Vorstellbaren hielten. || was wir als den Bereich des Vorstellbaren erklärten.

  
﹖ 14
 
668.
     Die mathematische Frage ist eine Herausforderung. Und man könnte sagen: sie hat Sinn, wenn sie uns zu einer mathematischen Tätigkeit anspornt.

   
669.
     Man könnte dann auch sagen, eine Frage in der Mathematik habe Sinn, wenn sie die mathematische Phantasie anregt.

  
14˙1
 
670.
117
     Sind die Rosen rot im Finstern? – Man kann an die Rose im Finstern als rot denken. –
– 179 –


  
67
 
671.
     Manifestissima et usitatissima sunt, et eadem rusus nimis latent, et nova est inventio eorum. (Augustinus) (Es ist ja nichts verborgen!)

   
672.
     Übrigens tritt der Unterschied zwischen dem, was man Sätze der Mathematik nennt und Erfahrungssätzen zu Tage, wenn man bedenkt, ob es Sinn hat, zu sagen “Ich wünschte, 2 mal 2 wäre 5!”

   
673.
     (Die Klassifikationen der Philosophen und Psychologen: sie klassifizieren Wolken nach ihrer Gestalt.)

   
   
675.
     (Der Philosoph ist nicht Bürger einer Denkgemeinde. Das ist, was ihn zum Philosophen macht.)

  
67
 
676.
     Manche Philosophen leiden an dem, was man “Problemverlust” nennen kann. Es scheint ihnen dann alles ganz einfach und keine tiefen Probleme zu geben; die Welt wird weit und flach und verliert jede Tiefe; und was sie schreiben, wird trivial.

  
33
 
677.
253
     Aber ist nicht gleich: gleich? || Aber ist denn nicht wenigstens gleich: gleich?
     Für die Gleichheit scheinen wir ein unfehlbares Paradigma zu haben in der Gleichheit eines Dinges mit sich selbst. Ich will sagen: “Hier kann es doch nicht verschiedene Deutungen geben. Wenn er ein Ding vor sich sieht, so sieht er auch Gleichheit.”
     Also sind zwei Dinge gleich, wenn sie so sind, wie eine Ding? Und wie soll ich nun das, was mir das eine Ding zeigt, auf den Fall der zwei anwenden? || der beiden anwenden?
– 180 –


  
33
 
678.
245
     “Ein Ding ist mit sich selbst identisch.” – Es gibt kein schöneres Beispiel eines nutzlosen Satzes, der aber doch mit einem Spiel der Vorstellung verbunden ist. Es ist, als legten wir das Ding, in der Vorstellung, in seine eigene Form hinein, und sähen, daß es paßt.
     Wir könnten auch sagen: “Jedes Ding paßt in sich selbst.” – Oder anders: “Jedes Ding paßt in seine eigene Form hinein.” Man schaut dabei ein Ding an und stellt sich vor, daß der Raum dafür ausgespart war und es nun genau hineinpaßt.
      ‘Paßt’ dieser Fleck in seine weiße Umgebung? – Aber genau so würde es aussehen, wenn statt seiner erst ein Loch gewesen wäre und er nun genau hineinpaßte. Mit dem Ausdruck “er paßt” wird eben nicht einfach dies Bild beschrieben; || . Nicht einfach diese Situation.
     “Jeder Farbfleck paßt genau in seine Umgebung” ist ein etwas spezialisierter Satz der Identität.
















– 181 –
  
51˙2
 
679.
530
     Überlege wohl, wie wir das Wort “erkennen” benützen! Ich erkenne die Möbel in meinem Zimmer, meinen Freund, den ich täglich sehe. Aber kein ‘Wiedererkennen spielt sich ab’.

  
8
 
680.
306
     “Ich” benennt keine Person, “hier” keinen Ort und “dieses” ist kein Name. Aber sie stehen mit Namen im Zusammenhang. Namen werden mittels ihrer erklärt. Es ist auch wahr, daß die Physik diese Wörter || Begriffe nicht verwendet. || wahr, daß die Physik dadurch charakterisiert ist, daß sie diese Wörter || Begriffe nicht verwendet.

  
38
 
681.
299
     Sehen, Hören, Denken, Fühlen, Wollen, sind nicht im gleichen Sinne die Gegenstände der Psychologie, wie || in welchem die Bewegungen der Körper, die elektrischen Erscheinungen, etc. Gegenstände der Physik || Physik sind. Das siehst du daraus, daß der Physiker diese Erscheinungen sieht, hört, über sie nachdenkt, sie uns mitteilt; und der Psychologe die Äußerungen (das Benehmen) seines Subjekts beobachtet. (Daß man in anderm Sinne eine Frau und ihr Geld heiratet, siehst du daraus, daß “ihr Geld heiraten” heißt: sie ihres Geldes wegen heiraten.)

44. 38. 39
  
10˙2
 
682.
29
     Wir reden vom Verstehen eines Satzes in dem Sinne, in welchem er durch einen andern ersetzt werden kann, der das Gleiche sagt; aber auch in dem Sinne, in welchem er durch keinen andern ersetzt werden kann. (So wenig, wie ein musikalisches Thema durch ein anderes.)
     Im einen Fall ist der Gedanke des Satzes, was verschiedenen Sätzen gemeinsam ist; im andern, etwas, was nur diese Worte, in diesen Stellungen, ausdrücken. Verstehen eines Gedichts.

24
   
683.
30
     So hat also “verstehen” hier zwei verschiedene Bedeutungen?
– 182 –
Ich möchte sagen, diese Gebrauchsarten von “verstehen” bilden seine Bedeutung, meinen Begriff des Verstehens.
     Denn ich will “verstehen” auf alles das anwenden.

   
684.
31
     Wie kann man aber in jenem zweiten Falle den ‘Sinn’ erklären? || Wie kann man aber in jenem zweiten Falle den Ausdruck erklären, das Verständnis übermitteln? Frage dich: Wie führt man jemand zum Verständnis eines Gedichts, oder eines Themas? Die Antwort darauf sagt, wie man hier den Sinn erklärt.

  
14
 
685.
115
     Ein Philosoph sagt: er verstehe den Satz “ich bin hier”, meine etwas mit ihm, denke etwas, – auch wenn er sich gar nicht daran erinnert || darauf besinnt, wie, bei welcher Gelegenheit, dieser Satz verwendet wird. Und wenn ich sage “Die Rose ist auch im Finstern rot”, so siehst du diese Röte in Finstern förmlich vor dir.

14˙1
   
686.
116
     Zwei Bilder der Rose im Finstern. Das eine ist ganz schwarz; denn die Rose ist unsichtbar. Im andern ist sie in allen Einzelheiten gemalt und von Schwärze umgeben. Ist eines von ihnen || diesen richtig, das andere falsch? Reden wir nicht von einer weißen Rose im Finstern und von einer roten Rose im Finstern? Und sagen wir nicht doch, sie ließen sich im Finstern nicht unterscheiden?

14˙1
  
39˙1
 
687.
349
     Wie kommt es nur zum philosophischen Problem der seelischen Vorgänge und Zustände und des Behaviourism? – Der erste Schritt ist der ganz unauffällige. Wir reden von Vorgängen und Zuständen, und lassen ihre Natur offen || unentschieden! Wir werden vielleicht einmal mehr über sie wissen – meinen wir. Aber eben dadurch haben wir uns auf eine bestimmte Betrachtungsweise festgelegt. Denn wir haben einen bestimmten
– 183 –
Begriff davon, was es heißt || heiße: einen Vorgang näher kennen zu lernen. (Der entscheidende Schritt im Taschenspielerstück ist getan, und eben || gerade er schien uns unschuldig.) – Und nun || Nun aber zerfällt der Vergleich, der uns unsere Gedanken hätte begreiflich machen sollen. Wir müssen also den noch unverstandenen Prozeß im noch unerforschten Medium leugnen. Und so scheinen wir also die geistigen Vorgänge geleugnet zu haben. Und wollen sie doch natürlich nicht leugnen!

38
  
63
 
688.
185
     Jedes Zeichen scheint allen tot. Was gibt ihm Leben? – Im Gebrauch lebt es. Hat es da den lebenden Atem in sich? – Oder ist der Gebrauch sein Atem?

  
39˙21
 
689.
440
     Sind wir vielleicht voreilig in der Annahme, daß das Lächeln eines || des Säuglings nicht Verstellung ist? – Und auf welcher Erfahrung beruht unsre Annahme?


– 184 –


[252] 44˙1, 33, 10, 25
   
690.
     Wir kopieren die Ziffern von 1 bis 100 etwa, und schließen, denken, auf diese Weise.
     Ich könnte es so sagen: Wenn ich die Ziffern von 1 bis 100 kopiere, – wie weiß ich, daß ich eine Ziffernreihe erhalten werde, die beim Zählen stimmt? Und was ist hier eine Kontrolle wofür? Oder wie soll ich hier die wichtige Erfahrungstatsache beschreiben? Soll ich sagen, die Erfahrung lehrt, daß ich immer gleich zähle? oder, daß beim Kopieren keine Ziffer verlorengeht? oder, daß die Ziffern auf dem Papier stehen bleiben, wie sie sind, auch wenn ich nicht hinschaue? Oder alle diese Tatsachen? Oder soll ich sagen, daß wir einfach nicht in Schwierigkeiten kommen? Oder daß uns für gewöhnlich || fast immer alles in Ordnung zu sein scheint?
     So denken wir. So handeln wir. So reden wir darüber.

   
691.
294
     In der Philosophie werden nicht Schlüsse gezogen. “Es muß sich doch so verhalten!” ist kein Satz der Philosophie. Sie stellt nur fest, was Jeder ihr zugibt.

   
692.
322
     Ich kann ‘auf die Uhr schaun’, um zu sehen, wieviel Uhr es ist. Aber ich kann auch, um zu raten, wieviel Uhr es ist, ein || das Zifferblatt anschaun; oder zu diesem Zweck die Zeiger einer nicht gehenden Uhr verstellen, bis mir die Stellung richtig vorkommt || scheint. So hilft der Anblick || das Bild der Uhr in ganz verschiedenen Weisen, die Zeit bestimmen.

   
693.
317
     Man könnte sagen: Wer sich eine private Worterklärung gegeben hat, der muß sich nun im Innern vornehmen: das Wort so und so zu gebrauchen. Und wie nimmt er sich das vor? Soll ich annehmen, daß er die Technik dieser Anwendung erfindet, oder daß er sie schon fertig vorfindet || vorgefunden hat?

   
694.
     Eine Psychologie gibt es nur für die Wesen, deren
– 185 –
Verhalten dem des Menschen ähnlich ist.

   
695.
325
     Denke dir Einen, der sagte: “Ich weiß doch, wie hoch ich bin!” und dabei die Hand als Zeichen auf seinen Scheitel legt! (Vergleiche: “Ich bin hier.”)
     Oder auch: “Jeder Mensch weiß, wie hoch er ist.” (Beispiel von der Straßenwalze.)

   
696.
352
     “Während ich zu ihm sprach, wußte ich nicht, was hinter seiner Stirn vorging.” Dabei denkt man nicht an Gehirnvorgänge, sondern an Denkvorgänge. Das Bild ist ernst zu nehmen. Wir möchten wirklich hinter diese Stirne sehen || schauen. Und doch meinen wir nun das, was wir auch sonst damit meinen: “wir möchten wissen, was er denkt”. Ich will sagen: wir haben da das lebhafte Bild – und denjenigen Gebrauch, der dem Bild zu widersprechen scheint, und das Psychische ausdrückt.

   
697.
369
     Das Wesen ist in der Grammatik ausgesprochen.

   
698.
341
     Welche Art von Gegenstand etwas ist, sagt die Grammatik. (Theologie als Grammatik.)












Editorial notes

1) See facsimile; line connecting this sentence with the following one.

2) See facsimile; line connecting this sentence with the following one.

3) See facsimile; line connecting this sentence with the following one.

4) See facsimile; line connecting this remark with the following one.