10.8.46. Warum sagt man “Er weiß, was er meint”? Woher weiß man, daß er's weiß? Wenn er es weiß, ich aber nicht weiß, was er meint, – wie wäre es, wenn ich's wüßte? Ja, wenn ich's wüßte & er nicht? Wie müßte sich Einer benehmen, damit wir sagen würden: “Er weiß, was der Andre erlebt”? |
Muß es aber einen Fall geben, den
wir, konsequenterweise, so beschreiben würden? Es
ist nicht einmal klar, daß irgendeine Erscheinung mit den Worten
beschrieben werden müßte “A hat Schmerzen im
Körper des B”
D.h.: man kann zwar sagen “Wäre das nicht eine folgerechte Anwendung dieses 2 Ausdrucks!” || dieser Ausdrucksweise! aber ich
mag, oder mag nicht geneigt sein, sie folgerecht zu
nennen. |
Von den Melodien
Schuberts kann man sagen,
sie seien voller Pointen, & das
kann man von denen Mozarts nicht sagen; Schubert ist barock. Man kann auf gewisse
Stellen einer Schubertschen
Melodie zeigen & sagen: siehst Du, das ist der Witz
dieser Melodie, hier spitzt sich der Gedanke zu. |
Auf die Melodien der verschiedenen Komponisten kann man jenes
Prinzip der Betrachtung anwenden: jede Baumart sei in anderem
Sinne ‘Baum’.
D.h.: Laß Dich 3 nicht irreführen dadurch, daß
man sagt, alles dies seien Melodien. Es sind Stufen auf
einem Weg, der von etwas, was Du keine Melodie nennen würdest zu
etwas führt, was Du auch keine nennen würdest.
Wenn man bloß die Tonfolgen & den Wechsel der Tonarten
ansieht, so erscheinen alle diese Gebilde allerdings in
Koordination. Siehst Du aber das Feld an, in dem sie
stehen, || (also ihre Bedeutung), so wird man
geneigt sein zu sagen: Hier ist die Melodie etwas
ganz anderes als dort (sie hat hier einen andern Ursprung,
spielt eine andere Rolle, u.a.).
|
“Als Du zu reden anfingst, dachte ich, Du meintest
…” In dieser Äußerung bezieht man
4 sich auf die
Vergangenheit. – Etwa mit Unrecht? –
Freilich nicht. So wenig wie, wenn man
erzählt: “Ich träumte
…” || “Ich hatte gerade
vor dem Aufwachen einen Traum:
…” |
Man sagt natürlich
auch: “Du hast mich gleich von Anfang
verstanden. Ich hab's an Deinem Gesicht
gesehen.” |
In Dir ist eben dasselbe geschehen,
was in mir geschehen ist!” Dasselbe
was || x? Rot &
grün sind nicht dieselbe Farbe, aber wir könnten
einen Begriff X haben der gerade diese beiden
zusammennähme (wenn das,
z.B., für unsere Zwecke wichtig
wäre). |
Erinnere Dich besonders des
5 Ausdrucks in der
Traumerzählung: “Und ich wußte,
daß …” Man könnte denken: Es
ist doch merkwürdig, daß man träumen kann, man habe
gewußt. Man sagt auch: “und ich
wußte im Traum, daß …” |
Nicht alles, was ich tue, tue
ich mit einer Absicht. (Ich pfeife etwas vor mich hin,
etc., etc..) Wenn ich
aber jetzt aufstünde & aus dem Haustor
ginge || träte & || dann
wieder zurückkäme, & auf die Frage
“Warum hast Du das getan” antwortete
“Aus gar keinem besondern Grund”, oder
“Nur so¤”, so fände man
das seltsam. Und jemand, der oft so etwas täte ohne
besondere Absicht, der würde sehr von der Norm abweichen.
Müßte er das sein, 6 was man
“geistesschwach” nennt? |
Denke Dir nun
Einen, von dem man sagen würde: er könne
sich nie an eine Absicht erinnern, außer indem er
sich || , oder nur dadurch, daß er sich an die
Äußerung einer Absicht erinnert. Einer könnte, was wir normalerweise ‘mit bestimmter Absicht’ tun, ohne eine solche tun, es erwiese sich aber dennoch nützlich. Und wir würden vielleicht in diesem || in so einem Falle sagen, er habe mit unbewußter Absicht gehandelt. Er steigt z.B. plötzlich auf einen Stuhl & dann wieder herunter. Auf die Frage “Warum?” hat er keine Antwort; dann aber berichtet er 7 er habe vom || von dem Stuhl aus das &
das bemerkt, so daß es scheint, als wäre er, um dies zu
beobachten, hinaufgestiegen. |
Könnte nun ein
‘Bedeutungsblinder sich nicht ähnlich
verhalten? |
Wo wir sagen “Ich
dachte damals, Du meintest …” sagt er manchmal
“Mir schwebte, als Du das sagtest das Bild vor
…”, & nun zeichnet er etwa
das || ein Bild. Und natürlich kann so
ein Bild auch zur Erklärung seines Verhaltens dienen,
beim Hören der
Worte. || , als er die Worte
hörte. || zur Erklärung
dienen seines Verhaltens als er die Worte hörte.
8 |
Er würde
z.B. sagen: “Es schwebte
mir damals dies Bild vor” & es zeichnen &
dann: “Es sieht dem so & so
ähnlich”. Und nun läßt sich
vielleicht leicht eine Erklärung finden, warum ihm bei dieser
Gelegenheit ein Bild eingefallen ist, das dem … ähnlich
sieht. (Es wäre hier also wieder wie oben
Bewußtes durch Unbewußtes ersetzt.) |
“Es ist schön”,
“häßlich”, “gut” &
“schlecht” ist bessere Propaganda, als
“Tu das!”, “Tu das
nicht!”
“Der moderne Mensch sitzt so” (Loos). “Das tut man nicht!” “…ist gut” ist objektiv. 9 Und was heißt das?
Was ist der Prototyp des Objektiven?
Womit vergleicht man die ethische Aussage, wenn man sie
“objektiv” nennt? |
“Nun,
‘objektiv’ heißt einfach: unabhängig
von uns”. Und an was für eine
Abhängigkeit denkt man da? Nun,
“ … || “Das ist gut” ist
kein Geschmacksurteil. Gewiß; aber worin liegt
der Unterschied? Ist die Antwort nun einfach wieder,
daß gut objektiv sei. – Man will sagen:
“Gut” ist wie “rot”, nicht
wie “angenehm”. Wohl, aber
inwiefern ist “gut” wie
“rot”? Denn in mancher
Beziehung ist der Begriff ‘gut’
ähnlicher dem Begriff ‘angenehm‘. |
Betrachte die beiden
Fälle: 10 1) Ich gebe jemandem
einen zweideutigen || doppelsinnigen Befehl
(z.B. “geh zur
Bank!”) Er macht Anstalten ihn im einen Sinne
zu befolgen; ich stelle ihn zur Rede; er
sagt || versteht mich nun & sagt:
“Ich dachte Du meintest ….”
2) Ich erzähle Einem etwas & er sagt: “Ich dachte zuerst, Du sprachst von …” Es scheint mir nun daß die Worte “Ich dachte Du meintest …” in 1) nicht als Beschreibung von etwas damals Erlebtem aufgefaßt werden müssen, wohl aber die entsprechenden Worte im zweiten Fall. So daß also der Bedeutungsblinde das erste sagen, das zweite aber nicht sagen könnte. Statt dem ersten könnte man einfach sagen: “Ach, Du meinst … , nicht …!”, oder “Ach, Du meinst diese Bank!”, || – & tut nun, was 11 er verlangt. |
“Als ich
sagte ‘Er ist ein Esel’, meinte ich
…” Was für eine Verbindung haben jene Laute
mit diesem Menschen? – Gefragt
“Wen meinst Du?”, werde ich
seinen Namen nennen, ihn beschreiben, seine Photographie zeigen,
etc.. Ist sonst noch eine Verbindung
da? Eine die insbesondre zur Zeit des
Aussprechens bestand? Aber während des ganzen
Satzes, oder nur während ich “Er”
sagte? Keine Antwort! |
Das Erlebnis
während jener Worte möchte ich sagen – wächst
natürlich in diese
Erklärung aus || sich eindeutig in diese Erklärung
hinein. || wächst
automatisch || wie gezwungen in diese
Erklärung aus || hinein || ¤ fordert unzweideutig diese
Erklärung. || wächst
natürlich 12 zu dieser Erklärung
heran. |
Der Schwanz des
Fuchses & das eine aufgehobene
Bein in einer Busch'schen Skizze. – Ich sehe das, wie es gemeint
ist. Ich kann mir natürlich nicht den Fuchs dazu
in der Vorstellung ergänzen. |
Aber es ist doch
so: Ich werde manchmal, im Gespräch
etwa, sagen “Er ist ein Esel” &
wenn man mich fragte “Hättest Du etwas anderes
bei diesen Worten || während dieser Worte erlebt,
wenn wir von N statt von M geredet
hätten || geredet hätten, statt von
M” werde ich zugeben müssen, das
müsse nicht der Fall sein. || zugeben
müssen, das sei nicht
notwendig. || “Nicht
notwendigerweise”.
Anderseits aber scheint es mir manchmal, als hätte ich
während des Aussprechens 13 ein Erlebnis das unzweideutig
ihm angehört. Die Erlebnisse beim Sprechen scheinen eindeutig mit ihm verbunden zu sein. |
“Freilich dachte ich an ihn:
ich || Ich hab
ihn vor mir gesehen!” – aber nicht nach seinem
Bild erkannt. |
Ich sage plötzlich
“Er ist ein Esel”. A:
“Wen hast Du gemeint?” Ich:
“Den N”. A:
Hast Du an
ihn || einen || ihn gedacht,
während Du es || den Satz
sagtest, oder erst als Du die Erklärung
gabst?” – Ich könnte nun antworten,
daß meine Worte “Er ist …” das Ende
eines längeren Gedankenganges gewesen seien. Ich
hätte schon die ganze Zeit an N gedacht. Und
könnte ich nun 14 sagen: die Worte selbst seien
durch kein besonderes Erlebnis an ihn
gekettet || geknüpft gewesen, wohl aber der ganze
Gedankengang? Ich hätte also mit jenen Worten
wohl auch jemand Andern meinen können, & was
sie hießen || auf wen sie sich bezogen
lag in dem was ihnen voran ging.
Muß ich aber, um sagen zu können, ich hätte von ihm geredet, ihn gemeint, an ihn gedacht, – mich wirklich an etwas || ein Erlebnis erinnern können, was || das unbedingt mit ihm zusammenhängt. Könnte es mir also nicht vielleicht immer so vorkommen, als wäre während meiner Worte nichts geschehen, das sich nur auf ihn deuten ließe || läßt? Ich denke mir also, ich sei mir immer bewußt, 15 daß meine Vorstellungsbilder
vieldeutig seien. || sind. Dabei aber
– so nehme ich an – sage ich dennoch:
“Ich habe den … gemeint”.
Aber ist dies nicht eine widersprechende
Annahme? Nein; so verhält es sich ja
wirklich. Ich sage “Ich habe den …
gemeint”; so setze ich fort. |
11.8. Religion
würde mir eine gewisse Bescheidenheit
geben, die mir fehlt. Denn ich bilde mir auf alles halbwegs
Menschliche in mir etwas ein, wie auf eine Eigenschaft die mich
auszeichnet. |
Ich redete zu meinen Nachbarn
über ihren Doktor, dabei schwebt mir ein Bild dieses Menschen vor
– ich habe ihn aber nie gesehen, kenne nur seinen Namen,
& mache mir vielleicht nach diesem ein Bild von ihm.
Wie kann 16 nun dieses Bild charakteristisch
dafür sein, daß ich von ihm rede? –
Und doch kam es mir so vor, bis ich mich daran erinnerte,
daß ich gar nicht
weiß, wie dieser Mann ausschaut. Sein Bild
repräsentiert ihn für mich
also um kein Haar besser als sein Name. |
Wenn ich das
Vorschweben der Bedeutung mit einem Traum vergleiche, so ist
also unser Reden für gewöhnlich traumlos. |
Erinnere Dich
wieder an das Beispiel des wirklich &
männlich empfundenen
a (Maria als
Frauen- &
Männername).
Für gewöhnlich wird
die || diese Endung
weder so noch so empfunden. 17 |
Der
‘Bedeutungsblinde’ wäre also einer, der immer
traumlos reden würde || redete. |
So wie ich eine Schrift
habe, hat mancher Zeichner einen Strich. |
Und man kann
wirklich sagen || fragen: Was
gehen mich seine Träume an? Warum muß mich
interessieren, was er träumt, & ob er träumt,
während er zu mir spricht, oder mich hört? –
Das heißt natürlich nicht, daß sie || diese Träume mich nie interessieren
können. Aber warum sollen || sollten sie
das Wichtigste im sprachlichen Verkehr sein? |
Die
Verwendung des Begriffs ‘Traum’ hier ist
nützlich; aber nur, wenn man sieht, daß sie einen || sie noch einen Fehler in sich birgt. 18 |
“Ich habe die ganze Zeit
gedacht, Du redest von …” – Wie
war das nur? – Nun, doch nicht anders, als
wenn er wirklich von diesem Menschen geredet hätte.
Daß ich später darauf komme, ihn falsch verstanden zu
haben, ändert doch nichts an dem, was beim Verstehen
geschah. – Ist also der Satz “Ich glaubte damals, Du meintest …” der Bericht eines ‘Traumes’, so heißt das, daß ich immer träume, wenn ich einen Satz verstehe. |
Man sagt auch:
“Ich habe angenommen Du redest von …”
& das klingt schon weniger wie der Bericht eines
Erlebnisses. 19 |
“Ich dachte, Du redetest von … & habe
mich gewundert, warum || daß Du von ihm sagst
…” – Dieses Wundern ist wieder in
einem ähnlichen Fall: Auch hier wieder das
Gefühl, als hätte man mit dem Aussprechen
dieses Wunderns || Gedankens das rudimentäre
Erlebnis erst ergänzt! || . |
∣ Der Gedanke, der sich an's Licht arbeitet. ∣ |
Nun, es ist aber doch
wahr! Denn manchmal wenn ich sage
“Ich dachte …” kann ich
berichten, daß ich mir, als ich dachte, eben diese
Worte laut oder im Stillen gesagt hatte; oder daß ich
damals nicht diese aber andere Worte gebraucht habe, wovon die
gegenwärtigen eine sinngemäße Wiedergabe
sind. Das kommt doch 20 manchmal vor! Im
Gegensatz dazu aber ist der Fall, in welchem mein gegenwärtiger
Ausdruck nicht die Wiedergabe von etwas
ist. Denn ‘Wiedergabe’ ist er nur,
wenn er es nach objektiven Regeln ist. ||
nur, wenn es Regeln der Abbildung gibt.
|| , wenn er es nach Regeln der Abbildung
ist. |
Die Fähigkeit, oder
Neigung || Das Vermögen oder die Neigung, zu
sagen, man habe ein isoliert ausgesprochenes Wort in einem, oder
in einem andern Sinn || in diesem & nicht in einem
Sinne aufgefaßt, scheint nicht besonders nützlich
zu sein. Es scheint man könne sich
vorstellen, daß dieses Erlebnis Einem fehlt, ohne
daß er dadurch || dabei mehr verliert, als einer der
keine || nicht Farben mit Vokalen
assoziiert. Anderseits aber, scheint nun 21 diese Neigung || dieses
Vermögen nur ein Spezialfall eines || des viel wichtigeren. Und ich bin
nicht im Stande das Wichtige vom
Unwichtigen zu
trennen || sondern || abzusondern. |
Was hat der
verloren, der, wenn er das Wort sondern isoliert hört, nicht
sagen kann, er habe es als Zeitwort, oder Bindewort
gehört? Doch gewiß nicht viel. –
Wer nicht im Stande wäre, zu
sagen: “sondern” könne ein Zeitwort
& ein Bindewort sein, oder Sätze bilden zu
können, || zu bilden, in denen es das eine oder andere
ist, der könnte gewisse Volksschulübungen || einfache Schulübungen nicht bewältigen.
Aber das wird von einem Schüler nicht
verlangt: das Wort isoliert so & so aufzufassen,
oder zu berichten, wie er's aufgefaßt hat.
22 |
Ich
möchte sagen: das Gespräch, die Anwendung &
Ausdeutung der Worte fließt dahin, & nur in
diesem || dem Fluß || nur im Fluß
hat das Wort seine
Bedeutung. “Er ist
abgereist.” –
“Warum?” Was meintest Du, als Du das
Wort “warum” aussprachst?
Woran dachtest Du? (Und
wie?) |
Was
gäbe ich, wenn ich aussprechen
könnte, was in meinem Gemüt
ist? Die Angst; der Zweifel, die Sehnsucht, die
Beklemmung. |
Was meintest Du als Du
“warum?” fragtest? – Ich
meinte: “warum ist er abgereist?”
– “Wen hast Du mit “er”
gemeint? – Den, ||
… , von dem Du sprachst. – Und das
alles hast Du gemeint, wie || als Du das
Wort 23 “warum”
aussprachst? |
‘Ihn meinen’ –
‘Ihn schlagen’ |
Der Vergleich des Bedeutung-Empfindens mit dem Traum
hilft,
indem er die
Rolle || Verwendung der Vergangenheit beleuchtet; aber er schadet
dadurch, daß er diese
Rolle || Verwendung als etwas zu spezielles erscheinen läßt. |
“Ich dachte, Du meintest
den” –
Nun || nun das heißt
nicht dasselbe wie “Ich denke Du hast den
gemeint”. Laß Dich den Vergleich mit einem
andern Gebrauch der Vergangenheit nicht irremachen
[upset] || verwirren! |
Wir spielen dieses Spiel:
Es sind Bilder da & Worte werden ausgesprochen
& wir müssen auf das Bild zeigen das dem Wort
entspricht. 24 Unter den Worten sind auch
mehrdeutige. Mir fällt bei dem Wort …
erst eine Bedeutung ein & ich zeige auf
ein Bild, später erst eine andere & ich zeige auf
ein andres. Wird der Bedeutungsblinde dies tun
können? Freilich. – Aber wie ist es
damit: Ein Wort wird genannt, mir fällt
seine Bedeutung || eine seiner
Bedeutungen ein, ich kann aber das
entsprechende Bild nicht finden || . Ich sage sie nicht,
suche aber nach dem Bild.
Noch
ehe || Ehe ich es gefunden habe fällt mir
eine zweite || noch
eine Bedeutung des Wort's ein; ich
suche nach den entsprechenden Bildern &
sage: “¤Ich weiß
jetzt zwei Bedeutungen” || “Mir ist
gerade eine zweite Bedeutung
eingefallen.”
Wenn ich die Bilder gefunden habe sage ich: || Und dann erkläre ich
“Erst ist mir diese Bedeutung eingefallen,
nachher die.” Kann das der
Bedeutungsblinde? – Kann er 25 nicht sagen er wisse die Bedeutung des
Worts, sage sie aber nicht? Oder kann er nicht sagen, sie
sei ihm jetzt eingefallen, er sage sie aber nicht? – Mir kommt vor, beides könne er sagen.
Dann aber doch auch: “Als Du das Wort sagtest,
fiel mir diese Bedeutung ein:” Und
warum nun nicht: “Als ich das Wort sagte meinte
ich's zuerst in dieser
Bedeutung”? |
Der Bedeutungsblinde wird
jedenfalls nicht geneigt sein, in der Bedeutung eines Worts ein
Erlebnis beim Hören oder Sprechen des Worts zu sehen.
|
Denk hier an den Gebrauch des Signals
“Jetzt kann ich's” & die
Aussage: “Als ich Dir das Zeichen
machte, konnte ich's.” 26 |
Der Bedeutungsblinde soll also sagen
können, es sei ihm zuerst eine
dann || später eine zweite Bedeutung des
Wortes eingefallen, – ohne daß er
uns || doch
die || diese Bedeutungen
ausspricht || erklärt. |
12.8. Möge das
Herzweh mich zur richtigen Handlung
führen. Kannst du dir nicht folgendes denken:
daß B. ganz
aus seiner Liebe zu dir herauswächst; so nämlich, wie man
sich schon als Knabe nicht mehr an das erinnert, was man als kleines
Kind gefühlt hat & jede Kindeszuneigung, ohne
Treulosigkeit, desavouiert || vergißt. |
Jeder Kritiker
kritisiert mit seinem eigenen Ich & sein
Maß zeigt sich in seiner Kritik. Er
faßt nur so viel, als sein Inhalt erlaubt. 27 |
‒ ‒ ‒ Und wenn
der Bedeutungsblinde dies sagt, tut er etwas ähnliches –
meine ich – wie wenn Einer sagt:
“Jetzt kann ich fortsetzen” &
später, – ohne wirklich fortgesetzt zu haben –
“Jetzt weiß ich noch eine Art || noch eine andere Art, fortzusetzen”. – Und nun soll er dennoch nicht sagen können, er hat
das Wort in || mit dieser Bedeutung
gehört, es mit dieser Bedeutung erlebt. |
Die Bemerkung in || des Jucundus im ‘Verlorenen Lachen’ seine Religion bestünde daraus, daß || : er wisse, sein Schicksal könne sich zum Schlechten wenden, wenn es ihm jetzt gut gehe – dies || , – wenn es ihm jetzt gut geht, – sein Schicksal könne sich zum Schlechten wenden. – Dies drückt eigentlich die gleiche Religion aus, wie das Wort “Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen.” 28 |
Wenn ich das Wort
“sondern” als Bindewort höre || denke, so kommt es mir vor, als || , es läge
das darin, daß ich es dann mit einem kleinen
“s” geschrieben denke –
obwohl || wo doch auch das Zeitwort
ebenso || ganz ebenso geschrieben wird!
Das zeigt, daß das Bild gar nichts mit dieser Deutung,
Auffassung, zu tun haben muß. || , daß das
Bild(,) welches hier das Symbol
dieser || der Deutung || Auffassung zu sein scheint, wirklich
(gar) nichts mit ihr zu tun haben muß.
|
Der Bedeutungsblinde wäre
eigentlich der, der nur das leerlaufende Erlebnis der
Bedeutung nicht hätte. |
Es ist, als hätte das Wort, das
ich verstehe, ein bestimmtes 29 leichtes Aroma das dem
Verständnis entspricht. Als unterschieden sich
zwei mir wohlbekannte Wörter, nicht bloß durch ihren
Klang oder ihr Aussehen, sondern, auch wenn ich mir nichts
bei ihnen vorstelle, noch durch eine
Atmosphäre. –
Aber erinnere Dich daran, wie die
Namen berühmter Dichter & Komponisten eine eigene
Bedeutung in sich aufgesogen zu haben scheinen.
So daß man also sagen kann:
“Beethoven” & “Mozart” klingen nicht nur anders
sondern es begleitet sie auch ein anderer Charakter.
Wenn Du aber nun diesen Charakter näher
beschreiben solltest, – würdest Du ihre Bilder
zeigen, oder ihre Musik? |
Und nun wieder der
Bedeutungsblinde: Er würde nicht 30 empfinden, daß die Namen sich beim
Hören, oder
Sehen || Ansehen
durch ein unwägbares Etwas unterscheiden.
Und was hätte er nun dadurch verloren? – Und
doch, wenn er einen Namen hört, kann ihm erst ein
Träger, & dann || später ein andrer
einfallen. – Wenn ihm nun ein Mann
dieses || Einer dieses Namens einfällt, so sagt er
nun nicht, er erlebe den Namen in besonderer
Weise. Es geht, sozusagen, alles trocken vor sich.
|
Erinnere Dich an das Wort: jedes Wort habe nicht nur eine
Bedeutung sondern auch eine Seele. |
Nun weiß ich, was dieser Ausdruck bedeutet;
nun weiß ich, wie diese Melodie zu singen 31 ist – & nun folgt eine
längere Erklärung. Und wie konnte ich das alles
in einem Augenblick wissen. War es mir alles
gegenwärtig? Diese
Ausdrucksweise verwirrt nur!
Das ist es, was man sich nicht zusammenreimen
kann. |
Ich sagte; || , die Worte “Jetzt
kann ich's!” drücken kein
Erlebnis aus. Nun, so wenig wie die:
“Jetzt werde ich den Arm heben”. – Warum aber drücken sie kein Erlebnis, kein
Gefühl, aus? – Wie werden sie denn
gebraucht? Beide, z.B., als
Einleitung zu einer Handlung. Die Tatsache, daß eine
Aussage auf einen Zeitpunkt Bezug nimmt, & in
welchem || dem nichts in der
Außenwelt geschieht wovon sie
spricht || was sie meint, beweist || zeigt uns
nicht, daß sie von einem Erlebnis sprach. 32 |
Denk an das
‘Aufzeigen’ der Schüler, wenn sie eine Antwort
wissen. Muß er sich die Antwort im Stillen
vorgesagt haben um mit Sinn aufzeigen zu können?
Und was muß in ihm dazu vorgegangen sein? – Nichts. Aber es ist wichtig, daß er
für gewöhnlich eine Antwort gebe, wenn er
aufgezeigt hat. Und || ; und
das ist das Kriterium (dafür),
daß er das Aufzeigen versteht. |
13.8.
Sich &
seine Arbeit verstehen ist schwer.
Hardy,
z.B.,
möchte als Künstler
gelten || will ein Künstler sein, weil er sich &
seine Arbeit nicht versteht, & ich verstehe mich
auch nicht. Vielleicht kann man sich selbst
nur schlafwandlerisch verstehen.
D.h., wenn man die Augen öffnet,
versteht man sich nicht mehr. Oder, das
Verstehen ist dann
ein || liegt dann im Kampf, gegen die 33 Eitelkeit. Es ist
hier ein ähnlicher Fall, wie wenn Einer seine Stellung in
einer Gesellschaft nicht versteht. Soll er versuchen
sich zu kleiden wie sie, soll es ihm gleichgültig sein, wie er
gekleidet ist, soll er stolz darauf sein, nicht wie die Andern
gekleidet zu sein; soll er sich in ihr Gespräch mischen,
& welche Rolle soll er dabei || darin
spielen? Wird er
‘self conscious’, so ist
es schwer. Was ist der Wissenschaftler? ist er
Wahrheitsforscher, oder Wohltäter der Menschheit, oder
Künstler, oder ist er Handwerker? Hätte er
Religion, so wäre seine Schwierigkeit behoben.
|
Wenn ich
sage ‘Ich fühle daß meine
Seele rechts hinter mir steht, wie ein gelblicher Schatten”,
so 34 ist das der
primäre Ausdruck eines Erlebnisses: Ich
habe nicht gelernt, dies in dem & dem Fall zu sagen,
ebenso, wenn ich einen Traum berichte & sage
“Es kam mir vor, ich sei ein Sessel, dessen
Füße in Ordnung seien, aber nicht der
Sitz”. – Wenn hier Einer geneigt ist
eine Ausdrucksweise zu wählen, ein Andrer eine andere,
so sind ihre Erlebnisse verschieden; man kann nicht sagen:
sie meinen dasselbe, drücken es nur anders aus.
Anwendung auf das Erlebnis der Bedeutung & den
Unterschied zwischen dem Bedeutungsblinden &
Nicht-Bedeutungsblinden || Nicht-Bedeutungsblinden. |
Lerne aus den
Schrecken des Lebens. |
Der Bedeutungsblinde
wird 35 also
‘aufzeigen’; & ist es nun so: er
wird || werde nicht geneigt sein, zu sagen,
die Bedeutung sei schon in einer Atmosphäre gewesen || gelegen, die das gehörte Wort umgeben habe –
& ähnliches? |
Kann man von subjektiven
& objektiven Unterschieden zwischen Erlebnissen reden? – Subjektive Unterschiede sind solche for which
I have to take the subject's word – die ich vom
Subjekt auf Treu & Glauben annehmen muß. Wenn er
also z.B. sagt, er habe jetzt
stärkere Schmerzen als früher; oder wenn er einfach
sagt “Ich fühle mich jetzt nicht so, wie
früher, ich fühle mich irgendwie anders.”
Kann man aber nun auch sagen, eine visuelle Vorstellung
& ein Nachbild – z.B. –
unterschieden sich eben subjektiv? 36
(Oder, eine Erinnerung &
eine Erwartung, etc.,
etc.?) Wie wüßte man denn,
was man miteinander verglichen hat! Denn
was Einer für verschieden fand, konnte ein
Andrer gleich finden. || Denn, was
Einer für verschieden befand, konnte
ein Andrer gleich finden. |
Der
Bedeutungsblinde wird also nicht sagen: “Ich habe
jetzt das Wort als Zeitwort gehört”, oder “als
Zeitwort in mir gehört”. |
Was verliert der,
z.B.,
der || der, z.B., nicht findet, daß
die Endung “a” des Namens Maria
ihren Charakter ändert wenn der Name einmal als Frauenname
einmal als Männername gebraucht
wird? Man könnte sich denken, daß er für
gewisse Effekte in der Musik oder Dichtung unempfindlich 37 wäre. |
“Es ist gar nicht mehr dasselbe Wort”
– wenn man, was Bindewort war, als Zeitwort
erkennt. Es ist als schnitten sich zwei
Bedeutungen im selben Wort, in derselben Buchstabenreihe.
|
14.8.
Upset. Höre nicht
von R.¤ Ich
denke täglich darüber nach, & daß ich die
richtige Stellung zu diesem
Verlust gewinnen sollte. Nichts
scheint mir wahrscheinlicher, als daß er mich verlassen hat,
oder im Begriffe steht es zu tun, & nichts, in einem Sinne
natürlicher. Ja ich fühle auch daß ich diesem
Geschehen freien Lauf lassen muß, daß ich getan habe
was ich konnte & es jetzt
aus meiner Hand ist. Und doch ist mir an jedem Morgen, wenn
ich wieder keinen Brief finde
unheimlich
zumute. Ich fühle, als
hätte ich etwas noch nicht eingesehen; als müsse
ich einen 38 Standpunkt finden von dem aus mehr
Wahrheit zu sehen ist. |
“… von einem bösen Geist
im Kreis herum geführt, & rings umher ist schöne,
grüne Weide.” |
Es ist schwer
sich recht zu verstehen, denn dasselbe, was man aus Größe
& Güte tun könnte, kann man aus
Feigheit oder Gleichgültigkeit tun. Man kann sich
freilich so & so aus wahrer Liebe benehmen, aber auch aus
Hinterlist & auch aus Kälte des Herzens. Sowie
nicht alle Milde Güte ist. Und nur wenn ich in
Religion untergehen könnte, könnten diese Zweifel
schweigen. Denn nur Religion könnte die
Eitelkeit zerstören & in alle Spalten dringen.
|
Denke, ein Gegenstand,
der die Gestalt zweier Gebrauchsgegenstände hätte;
etwa 39 ein Schüreisen
hätte auch die genaue
Gestalt einer gewissen Waffe || das auch die genaue Gestalt einer
gewissen Waffe hätte, so daß der Griff des
Schüreisens der Kopf der Waffe, der Griff der Waffe das
vordere Ende des Schüreisens wäre.
Diese Gestalt könnte Vielen wie ein Witz
vorkommen. || Viele wie ein Witz
anmuten. Man könnte aber sehr wohl
den doppelten Gebrauch || die doppelte
Gebrauchsweise erkennen, ohne dieses Gefühl
des Witzes. || ohne die Empfindung des
Witzes. Daß die Worte “Time flies” einen doppelten Gebrauch haben, müßte uns nicht komisch anmuten. Wir sind aber geneigt, zu sagen: der Ausdruck schnappt von einer Bedeutung in die andere um. (Wie die Zeichnung des Würfels von einer Bedeutung in die andre.) Als wären den beiden Ausdrücken nur die Buchstaben gemein, während etwas anderes, der eigentliche Körper des Ausdrucks 40 ein andrer
wäre. || der eigentliche
Körper ein andrer wäre.
|
Was heißt es
nun || nun dies:
‘“f1(f2)”,
wo f1 = f2,
hat keinen Sinn’? Heißt es nicht:
‘“f1(f2):
f1 = f2” hat keinen
Sinn’? Und tut das etwas anderes als den
Ausdruck “f1(f2):
f1 = f2” oder den
“f(f)”
verbieten? Es heißt also nicht:
‘Diese Bedeutungskörper geben keinen
Sinnkörper’ oder ‘diese Bedeutungen passen
nicht zusammen’. D.h., es
wird hier nicht von einer Denkunmöglichkeit im || in
einem psychologischen Sinne geredet. Und das Wort
“Denkunmöglichkeit” sollte nicht
verwendet 41 werden. |
“Die Worte
‘die Rose ist rot’ sind sinnlos, wenn das Wort
‘ist’ die Bedeutung ‘ist
gleich’ hat.” || die Bedeutung
von ‘ist gleich’ hat.”
Wir haben die Idee, daß, wer versuchte, die Worte “die Rose ist rot” mit diesen Bedeutungen der Worte auszusprechen, beim Denken steckenbleiben müßte. (Wie auch, daß man einen Widerspruch nicht denken kann, weil der Gedanke einem sozusagen zerbricht.) Man möchte sagen: “Du kannst diese Worte nicht so meinen & noch einen Sinn mit dem ganzen verbinden.” |
Ich trachte eigentlich nur den Wahnsinn
von mir fernzuhalten. |
Zu einer rechten Liebe gehört, 42 daß man daran denkt, was der
Andre leidet. Denn der Andre leidet auch, ist
auch ein armer Teufel. |
Könnte man sagen, die
Bedeutungsblindheit würde sich darin äußern, daß man
diesem Menschen nicht mit Erfolg sagen kann: “Du
mußt das Wort als … hören, dann wirst Du den Satz
richtig sagen || sprechen”.
Das ist die Anweisung die man einem beim Spielen eines
Musikstückes geben kann || gibt. “Spiel das, als ob es die Antwort
wäre” – & man macht etwa eine Geste
dazu. Aber wie übersetzt Einer nun diese
Geste in das Spiel? Nun,
wenn || Wenn er mich versteht,
spielt er es nun meinem Wunsch gemäßer. Aber könntest Du so eine Anweisung nicht auch mit Hilfe 43 von
“stärker”, “schwächer”,
“schneller”, “langsamer”,
geben? Nein; ich könnte es nicht. Denn
wenn er nun auch das eine stärker, das
andre leiser || diesen Ton stärker, jenen leiser spielt, so
weiß ich's nicht einmal. Ich kann || So kann ich ihm auch sagen “Mach ein
verschmitztes Gesicht” & wüßte wenn
er eins gemacht hat, ohne die geometrischen
Veränderungen || Gestaltveränderungen des Gesichts
vorher, oder nachher, beschreiben zu können. |
Ich will also sagen: Wer –
z.B. – das Wort
“pas” in
“je ne sais pas” nicht als
“Schritt” empfinden kann, dem kann man
nicht einen Ausdruck der Stimme beibringen, || eine Feinheit
der Betonung beibringen, indem man ihm sagt “sprich es
in dieser Bedeutung aus”. Wenn man vorliest & gut 44 vorlesen will, begleitet man die Worte
mit stärkeren Vorstellungen. Wenigstens ist es
oft so.
Manchmal aber
[“Nach Korinthus von
Athen … ”] ist es die Interpunktion,
d.h., die genaue Intonation & die
Länge der Pausen, auf die uns alles ankommt.
|
Denk Dir, ich zeigte auf diese gelb getünchte Wand &
sagte: “Jede Farbe hat nicht nur einen
bestimmten Ton, sondern auch einen bestimmten
Charakter”. Und könnte man nicht versucht
sein zu sagen, || : jedes Wort, das wir
verstehen, habe nicht nur einen bestimmten Klang, sondern
auch einen bestimmten Charakter, welcher mit seiner Bedeutung im
Zusammenhang steht? |
Warum soll man nicht sagen, wem die
Bedeutung eines Wortes einfällt, 45 der erlebe in diesem Augenblick die
Bedeutung? Man kann es sagen, – wenn es nichts
andres bedeutet als, || : sie sei ihm
eingefallen. – Aber hier ist nun kein Problem:
“Wie konnte sie ihm
einfallen?!” Denn wir schauen nun nicht
nach etwas aus, was im Stande sei, || wäre, die ganze Bedeutung des Worts zu
enthalten. || fassen. Noch sagen wir,
das augenblickliche Verstehen sei eben ein spezifischer,
nicht-analysierbarer seelischer Vorgang; denn wir
können ja nicht fortsetzen: “nämlich
dieser. – Nur, wenn man sagt, man
‘erlebe’ die Bedeutung des Worts, wenn sie einem
einfällt, so ist die Fragedes Erlebens || , ob das Erleben
der Bedeutung dem (Erleben) eines
Vorstellungsbildes, z.B., analog ist.
|
15.8. Es ist
sehr schwer eine große Hoffnung wirklich zu
töten. Es ist immer noch etwas Leben in ihr;
sie regt sich noch immer. 46 |
Es ist merkwürdig, wie schwer es
uns fällt zu glauben, was wir nicht selbst
einsehen. Wenn ich z.B. bewundernde
Äußerungen der bedeutenden
Männer mehrerer Jahrhunderte über
Shakespeare höre,
so kann ich mich eines Mißtrauens nie
erwehren, es sei eine Konvention
gewesen, ihn zu preisen; obwohl ich mir doch sagen muß, daß es
so nicht ist. Ich brauche die Autorität eines
Milton um wirklich
überzeugt zu sein. Bei diesem nehme ich an, daß er
unbestechlich war. – Damit meine ich aber
natürlich nicht, daß nicht eine ungeheure Menge Lobes ohne
Verständnis & aus falschen Gründen
Shakespeare gespendet
worden ist & wird, von tausend Professoren der
Literatur. 47 |
Wenn man fragt: “Ist das Erleben einer Bedeutung
analog dem Erleben eines Vorstellungsbildes”, so
meint man: ist der Unterschied nicht einfach der eines
andern Inhalts? Nun, welcher ist der Inhalt des
Vorstellungserlebnisses? “Es ist
dieser.” –
Aber || ” – aber dabei muß ich auf
ein Bild, oder eine Beschreibung zeigen. –
“Man erlebt hier & dort
– || – möchte man
sagen– nur || .
Nur etwas Anderes. Ein anderer Inhalt
wird dem Bewußtsein dargeboten, || – steht
vor ihm.” Und das ist natürlich ein
sehr irreführendes Bild. Denn es ist die Illustration
zu einer Redewendung, die﹖ nichts
erklärt. Ebenso könnte man, um den
chemischen Symbolismus einer Strukturformel zu erklären,
Bilder entwerfen, || Zeichnungen produzieren,
in denen die Elemente als Menschen
dargestellt 48 wären, die sich die
Hände reichen. (Illustrationen der
Alchimisten.) |
Wenn jemand sagt, er habe das
Vorstellungsbild von einer goldglänzenden Kugel gehabt, so werden
wir das verstehen; aber nicht, wenn er sagt, er habe eine
goldglänzende Kugel vor sich gesehen, die innen hohl
war. || goldglänzende,
hohle Kugel vor sich gesehen. Im Traum aber
könnte man eine solche Kugel sehen &
wissen, daß sie hohl sei || sie sei
hohl.
|
Ich frage mich “Was
würde mir am wehesten
tun?”, was
suche ich mir vorzustellen. “Was würde
mich am schwersten verletzen?” |
Die
Schwierigkeit tief fassen, ist 49 das Schwere. Denn seicht gefaßt, bleibt sie eben Schwierigkeit. Sie ist mit der Wurzel auszureißen; & das heißt, man muß auf neue Art anfangen, über diese Dinge zu denken. Die Änderung ist z.B. eine so entschiedene, wie die von der alchemistischen zur chemischen Denkungsweise. – Es ist die neue Denkweise, die so schwer festzulegen ist. |
Ist sie || die
neue Denkweise festgelegt, so verschwinden die alten
Probleme; ja es wird schwer, sie wieder zu erfassen. Denn
sie sitzen in der Ausdrucksweise; & wird eine neue
angezogen, so streift man die alten Probleme mit dem alten Gewand
ab. || , so legt man die alten Probleme mit dem
alten Gewand beiseite. 50 |
Die Weisung “Wie aus
weiter Ferne” bei Schumann. Muß Jeder eine solche
Weisung verstehen? Jeder, z.B., der
die Weisung “Nicht zu geschwind”
verstünde? Ist nicht die Fähigkeit, die
dem Bedeutungsblinden abgehen soll, von dieser Art? |
Kann man das
Verstehen einer Bedeutung festhalten, so wie ein
Vorstellungsbild? Wenn mir also plötzlich eine
Bedeutung des Worts einfällt, – kann sie mir auch vor der
Seele stehenbleiben? |
Warum ist mir das eingefallen, als || da ich über den Unterschied zwischen dem ‘Erleben’ der Bedeutung & des Vorstellungsbildes nachdachte? (Ist es nicht beinahe, wie wenn man einen Diphthong gedehnt ausspricht?) 51 |
Wenn der blitzartige Gedanke
nicht wie das schnelle Ablaufen eines Prozesses ist, sondern wie
das momentane Aufblitzen eines Bildes, dann || so
müßte sich doch das Bild, & damit der Gedanke, auch
festhalten lassen. |
“Der ganze Plan stand mir
mit einem Schlage vor der Seele & blieb eine || blieb
so eine Minute lang stehen.” Da
möchte man meinen, daß, was (da)
stehenblieb, nicht dasselbe (gewesen) sein
könnte, wie (das), was aufblitzte.
(Wie wenn man einen Diphthong dehnt.) |
Geschah
nämlich dies, daß ich sagte
“Jetzt hab ich's!” (also
das Aufzucken) so kann man freilich nicht davon reden, daß
das stehenbleibt. 52 |
16.8. Mein Gedanke
war nämlich, daß man sich nicht dagegen wehren würde, das
Einfallen der Bedeutung ein Erlebnis der Bedeutung zu nennen,
wenn man es für eine Zeit festhalten & also
betrachten könnte. Oder auch: wenn man es
festhalten könnte, wäre man
nicht mehr geneigt zu sagen, man hätte gar nichts erlebt, –
jedenfalls nichts, was für die Bedeutung die uns
eingefallen ist charakteristisch wäre. –
Nehme ich jetzt, allem Anscheine, aller Neigung, entgegen ein
Erleben der Bedeutung an, so stelle ich mir's als
etwas kaum sichtbares, graues vor, & auch das nur gezwungen
durch die Worte, die ich gebrauche. |
Ich mache Denken mein
Geschäft, darum sollte ich eigentlich
vernünftig 53 denken können.
|
Was soll
ich Einem erwidern, der sagt, das Erleben der Bedeutung,
wenn einem die Bedeutung einfällt, sei analog
dem Erleben des Vorstellungsbildes? Was soll ich
dem erwidern, der sagt, Sein sei auch eine
Tätigkeit? (Oder:
Ähnlich-sein.) Nun, ich könnte natürlich sagen: “Ich erlebe, wenn mir die Bedeutung einfällt || in so einem Falle, wirklich nichts, außer, etwa, einem Vorstellungsbilde, den Worten die ich sage & dergleichen.” – Aber darauf könnte immer ein Andrer sagen: Er erlebe doch mehr; die Bedeutung stünde irgendwie wirklich vor seinem Geiste || vor seinen Augen. |
“Ja, ich weiß
das Wort. Es liegt mir auf der Zunge.”
Hier drängt sich einem die Idee von dem Spalt
(‘gap’) auf, von dem
James spricht, 54 in welchen nur dieses Wort
hineinpaßt. U.s.w.
– Man erlebt irgendwie schon das Wort, obwohl es noch nicht
da ist. – Man erlebt ein wachsendes
Wort. – Und ich könnte natürlich auch sagen,
ich erlebte eine wachsende Bedeutung, oder wachsende Erklärung
der Bedeutung. – Seltsam ist es nur, daß wir
nicht sagen wollen, es sei etwas dagewesen, was dann zu dieser
Erklärung herangewachsen ist. Denn wenn Du
‘aufzeigst’, sagst Du, Du wüßtest es
schon. – Wohl; aber Du könntest auch sagen
“Jetzt kann ich's sagen” &
ob sich das Können zu einem Sagen
auswächst, das weißt Du nicht. Und wie, wenn man
nun sagte: “Das Sagen ist dann die Frucht
dieses Könnens, wenn es aus diesem Können
gewachsen ist.” 55 |
Als ich es sagen wollte,
sagen konnte, habe ich es ja nicht
gesagt. |
Und wenn Du nun
sagst: “Aber das Wollen, & das
Können, dieses Vorgangs muß eben von solcher Art sein,
daß es nur das Wollen (Können)
dieses Vorgangs sein konnte, – so heißt das eben
nichts. Die Worte “Ich will
(kann) … tun || das &
das tun” enthalten schon die des Satzes
“Ich habe das & das getan”.
|
Natürlich ist auch an der Erklärung, die Bedeutung
oder ihre Erklärung sei aus einem gewissen Keim
gewachsen, etwas nicht in Ordnung.
Tatsächlich nehmen wir auch so ein Wachsen nicht wahr; oder
doch nur in ganz seltenen Fällen. 56 Und diese Erklärung entspringt
eben aus der Tendenz zu erklären, statt bloß zu
beschreiben. |
Ich fühle mich müde, & weiß nicht ob wegen
vieler Angst & Sorge, oder ob es eine andere Art der
Erschöpfung ist. |
Das bloße Beschreiben ist so
schwer, weil man glaubt zum Verständnis ||
Verstehen der Tatsachen diese ergänzen zu
müssen. Es ist, als sähe man eine
Leinwand mit disparaten || verstreuten
Farbflecken, & sagte: so wie sie da sind, sind sie
unverständlich; verständlich || sinnvoll
werden sie erst, wenn sie
sich || man sie zu einem Bild || einer
Gestalt ergänzt. – Während ich
sagen will: hier ist das Ganze.
(Wenn Du es ergänzt, verfälscht Du es.)
57 |
Unsere
gewöhnliche Sprache unternimmt aber schon dieses
Ergänzen. Sie packt die Begriffe so ein, daß alle
durch die Emballage die gewünschte Form
erhalten. |
Nun, wie kommt man denn dazu, zu sagen
“Ich hab mich jetzt an eine Bedeutung
erinnert”? & wie dazu, zu sagen
“Ich habe jetzt sein || dieses Gesicht
vor mir gesehen”? |
17.8. Schau
dich an, & Du wirst Dich nie
verstehen. Denn du siehst
dich in einer Reihe von Bildern & am
Schluß zerfließen sie alle. Denn man kann
sich nicht selbst von außen ansehen, weil man sich ja wirklich
nicht sieht, nur erraten kann wie man aussähe. Man
kann sich wohl fragen: Was würde ich von einem Andern
unter diesen Umständen sagen. Aber 58 die Antwort ist: Ich
weiß es nicht. Und wenn ich's wüßte,
so wäre damit nicht gesagt, daß ich gegen diesen Andern
gerecht wäre. Es ist ebenso ekelhaft, über sich
selbst ein seichtes Urteil zu fällen, sich billig als die Figur
einer || dieser oder jener Komödie
oder Tragödie sehen, als einen Andern.
Denke, daß was nur ein Unglück welcher Schmerz immer dich ereilt, du es verdient hast. |
Freilich ist mir die Bedeutung damals
eingefallen! Nicht zu der Zeit, da ich es berichte, noch
in der Zwischenzeit! || . Das ist es eben, was man so nennt: das ist eben der Gebrauch der Worte “Mir ist die Bedeutung eingefallen”. (“in this so called 20th century”) |
“Beschreiben”! Aber was
beschreiben? 59 Wie macht man's, daß
einem die richtigen Tatsachen zur richtigen Zeit einfallen?
Denn es ist hier, als hättest Du aus einer großen
Schachtel die Stücke für Dein Jig-saw
puzzle zu wählen. |
“Die || Eine Bedeutung ist doch nicht
etwas, was man erleben kann!” –
Warum nicht? – Die Bedeutung ist kein
Sinneseindruck. Aber was sind
Sinneseindrücke? So etwas, wie ein Geruch, ein
Geschmack, ein Schmerz, ein Klang, etc.,
etc.. Aber was ist ‘so etwas
wie’ alle diese Dinge? Was ist ihnen
gemeinsam? Diese Frage ist natürlich nicht dadurch
zu beantworten, daß man sich in diese
Sinneseindrücke vertieft.
Man könnte aber so fragen: “Unter
welchen || was für Umständen würden wir
sagen, jemand habe eine Art von Sinneseindrücken, 60 die uns fehlen?”
– Wir sagen z.B. von Tieren sie
hätten ein Organ, womit sie das & das wahrnehmen,
& so ein Sinnesorgan muß nicht einem der unsern
ähnlich sein. |
Könnte man sich eine
Sinneswahrnehmung denken, durch welche wir die Form eines soliden
Körpers erfaßten, die ganze Form, nicht nur
das, was sich von einem Standpunkt aus sehen
ließe? So ein Mensch würde
z.B. im Stande sein
einen Körper in Ton zu modellieren ohne um ihn herum zu
gehen oder zu greifen. |
Ist es die
Vielfachheit || Vielfältigkeit der möglichen
Erklärungen einer Bedeutung, die am 61 Grunde davon ist, daß man eine
Bedeutung nicht ‘im gleichen Sinne’ erlebt wie ein
Gesichtsbild? Man möchte alle diese Fragen am verkehrten Ende anfassen, ich meine: man möchte ihre Antworten auf den Kopf stellen. || ich meine: man erwartet den Kopf der Antwort da, wo die Füße sind, u. u.. || anfassen: wo der Kopf der Antwort ist, || wäre, erwartet man die Füße. || anfassen: wo der Kopf der Antwort sein sollte, || wäre, denkt man sich die Füße. |
18.8.
Eine Bedeutung
(zu) erleben, das ist nicht, wie wenn man ein
Vorstellungsbild erlebt, – aber auch nicht wie eine
Tonvorstellung, Schmerzvorstellung,
Geruchsvorstellung! Warum nicht? Eine
Geruchsvorstellung62 wäre doch schattenhaft
genug! – Aber denke, es ist dir
eine Bedeutung eingefallen. Welche?
Du sprichst sie aus, d.h., gibst eine
Erklärung, aber selbst wäre || hätte dir
diese Erklärung vorgeschwebt, so wäre das nicht das
Vorschweben der || dieser
Bedeutung gewesen; denn diese Erklärung hat nun ihre
Anwendung. |
Was macht meine Vorstellung
von ihm zu einer Vorstellung von ihm? –
Was macht sein Porträt zu seinem
Porträt? Die Intention des Malens? Und
heißt das sein Seelenzustand? – Und was
macht eine Photographie zu seinem Bildnis?
Die Absicht des Photographen? Und angenommen ein Maler
hätte die Absicht den N nach dem Gedächtnis
zu zeichnen, aber, geleitet 63 von unbewußten
Kräften, || Kräften im Unbewußten,
zeichnet er ein ausgezeichnetes Bildnis des M, –
würden wir es nun ein schlechtes Bildnis des
N nennen? Und denk Dir Leute, die zum Zeichnen
von Bildnissen abgerichtet sind &
‘mechanisch’ den vor ihnen sitzenden Menschen
abzeichnen. (Menschliche
Lesemaschinen.) Und nun, – was macht meine Vorstellung von ihm zu meiner Vorstellung von ihm? – Nichts von dem, was für sein || das Porträt gilt, gilt von der Vorstellung. Die Frage macht einen Fehler. |
Mir ist eine Bedeutung des Worts
“sondern” eingefallen.
Welche? Das Zeitwort “sondern”.
Was bedeutet das? Das gleiche,
wie “scheiden”. Man sagt
“ich sondere”,
“du sonderst”
etc.. Und was heißt
“scheiden”? 64 Nun kann ich ein Beispiel
geben. etc.. Aber alles das ist
mir doch nicht eingefallen, wie mir die Bedeutung des Worts
“sondern” einfiel. Heißt aber das alles nicht einfach: Der Unterschied zwischen dem Erleben einer Bedeutung & dem Erleben eines Vorstellungsbildes ist der Unterschied zwischen einem Bild & einer Technik? Denn, wem eine Bedeutung einfiel, fiel eine Technik ein. |
Wem die Bedeutung
einfiel & wer sie nicht wieder
vergaß, kann nun das Wort in dieser Weise
anwenden. |
Wem die Bedeutung einfiel, der
weiß sie nun, & der Einfall war der
Anfang || war einfach der Anfang des
Wissens. Hier ist keine Analogie mit dem Erleben
65 eines
Vorstellungsbildes. |
Wie ist es aber, wenn ich zu mir
selbst sage, ich möchte dies – wobei ich etwa auf
eine bestimmte Figur sehe – so & so
(“x”) nennen? Ich kann mir
die hinweisende Definition “Das heißt
‘x’” auch laut vorsagen.
Aber ich muß sie doch auch selber verstehen!
Ich muß also wissen, wie, welcher Technik
gemäß, || gemäß welcher
Technik, ich das Zeichen || Wort
“x” zu gebrauchen gedenke. –
Fragt man mich etwa “Weißt Du auch, wie
Du das Wort gebrauchen wirst?” so werde ich
antworten“Ja” || :
ja. |
Ich
fühle, meine geistige Gesundheit hänge an
einem dünnen Faden. Es ist natürlich die
Sorge & Angst wegen
B. die mich so
abgenützt hat. Und doch 66 könnte auch das nicht geschehen,
wenn ich nicht eben leicht entzündbar
wäre. ‘highly
inflammable’ Ich fühle mich sehr müde, & doch bin ich sicher, ich könnte unter andern Gemütsumständen jetzt ohne üble Folgen einen ziemlich weiten Weg machen, ja vielleicht auch geistige Arbeit leisten. |
19.8. Die
hysterische Angst, die die Öffentlichkeit jetzt vor der
Atom-Bombe hat, oder doch ausdrückt, ist beinahe ein
Zeichen, daß hier einmal wirklich eine heilsame Erfindung gemacht
worden ist. Wenigstens macht die Furcht den
Eindruck, der, vor einer wirklich
wirksamen, bitteren Medizin. Ich
kann mich des Gedankens nicht erwehren: wenn hier
nicht etwas Gutes vorläge, würden die
Philister kein solches Geschrei anheben.
Aber vielleicht ist auch das ein kindischer 67 Gedanke. Denn alles, was
ich meinen kann, ist doch nur, daß die Bombe das Ende, die
Zerstörung eines
gräßlichen Übels, der ekelhaften,
seifenwäßrigen Wissenschaft, in
Aussicht stellt. Und das ist freilich kein unangenehmer
Gedanke; aber wer sagt, was auf eine
solche Zerstörung folgen würde? Die
Leute, die heute gegen die Erzeugung der Bombe reden, sind freilich
der Auswurf der Intelligenz, aber auch das beweist nicht
unbedingt, daß das zu preisen ist, was sie verabscheuen.
|
“Wer
das sagt, kann das Wort so, oder so meinen.”
etc. Man denkt sich also das Wort, oder doch der
Satz, wird von etwas Geistigem begleitet, & diese
Begleitung ist das Wichtige, was die Worte sozusagen
in die, oder die || in die eine, oder
andere Beziehung zur Realität setzt.
Und nun mag zwar diese 68 Ausdrucksweise irreführend sein,
aber das genügt nicht für uns, (um) zu
sagen, || : es werde hier etwas
falsches behauptet.
(Infinitesimalrechnung.) – Denn
es ist ja doch wahr: ich kann die Worte “Das ist
rot” als Definition & als Farbangabe || Beschreibung aussprechen, meinen. |
Woher
aber der Irrtum, oder das irrtümliche Bild? –
Man wendet ein primitives Bild an & sieht in ihm die
Erklärung von etwas was uns rätselhaft
ist. – Die Erklärung || Aufklärung wäre die übersichtliche
Darstellung eines sehr schwer zu übersehenden
Sachverhalts. Statt ihrer geben wir ein Bild, das, wie eben
Bilder tun, zu erklären scheint, aber die
Schwierigkeit ungelöst läßt. ||
ungelöst bestehen läßt. |
Sagst Du aber, der Mensch habe 69 keine Seele, nur einen Leib?
Aber was sagt, der das behauptet? Welcher Stand der Dinge || Sachen behauptet || versichert er, || Sachverhalt behauptet er, welchen leugnet er? – “Nun, sagt || Sagt es Dir denn nichts, wenn einer || Einer behauptet || lehrt, der Mensch habe keine Seele?” – Nun, es ist nicht hübsch; ich denke dabei an einen materialistisch Gesinnten, auch an Einen der eine bestimmte Gesinnung predigt. “Und die Seele ist auch nur etwas am Körper” (Nietzsche) Und warum soll mir nicht der Körper wieder zerfließen & Seelenzustände, Sinnesdaten, zurückbleiben? – Nein, – “Der Leib existiert, die || eine Seele nicht” ist Unsinn. |
Wie aber, wenn die Religion lehrt,
die Seele könne bestehen, wenn der Leib zerfallen ist?
Verstehe ich, was sie lehrt? Freilich verstehe
ich's: ‒ ‒ Ich || ich kann mir dabei manches vorstellen. 70 (Man hat ja auch
Bilder von diesen Dingen gemalt. Und warum sollte so ein
Bild um die unvollkommene Wiedergabe des ausgesprochenen Gedankens
sein? Warum soll es nicht den gleichen Dienst
tun, wie der Satz? || , wie das, was wir
sagen?) Und auf den Dienst kommt es an. |
Aber bist Du kein Pragmatiker?
Nein. Denn ich sage nicht, der Satz sei wahr, der
nützlich ist. Der Nutzen, d.h., Gebrauch, gibt dem Satz seinen besondern Sinn, das Sprachspiel gibt ihm ihn. Und insofern als eine Regel oft so gegeben wird, daß sie sich nützlich erweist, & mathematische Sätze mit Regeln || ihrer Natur || ihrem Wesen nach mit Regeln verwandt sind, spiegelt sich in mathematischen 71 Wahrheiten Nützlichkeit.
|
Der seelenvolle
Gesichtsausdruck. Man muß sich daran erinnern,
daß man ein Gesicht mit seelenvollem Ausdruck
malen kann, um zu glauben, daß wirklich
nur || bloß Farben & Formen || es bloß
Farben & Formen sind, die so
wirken. || , daß es wirklich Farben &
Formen sind, die diesen Eindruck machen.
Es ist nicht zu glauben, daß es die
bloßen Augen Augapfel, Lider, Wimpern
etc. eines Menschen sind, in deren Anblick man
sich verlieren kann, in die man mit Staunen & Entzücken
sehen kann. Und doch wirken eben die Augen eines Menschen
so. “Woraus Du sehen kannst, …”
|
Glaube ich
an eine Seele im Andern, wenn ich mit Staunen
& Entzücken in seine Augen 72 schaue? |
20.8. Der Satz
“Wenn p, so
q”, wie
z.B. “Wenn er kommt, wird er mir
ein Geschenk mitbringen” ist nicht der gleiche wie
“p
⊃ q”. Denn der Satz
“Wenn … , so …” läßt den
Konjunktiv zu, der Satz “p ⊃ q”
nicht. – Wer Einem auf den Satz
“Wenn er kommt, …” antwortet
“Das ist nicht wahr”, will nicht sagen
“Er kommt & wird nichts
mitbringen” sondern: “Er
mag kommen & nichts mitbringen”.
Aus “p ⊃ q” folgt nicht “Wenn p so q”; denn ich kann sehr wohl den ersten Satz behaupten (ich weiß z.B. daß ~p.~q der Fall ist) & den zweiten Satz leugnen. |
Soll ich
nun sagen, der Satz “Wenn … , so
… ” sei entweder wahr, oder falsch, oder
unentschieden? 73 (Das Gesetz vom ausgeschlossenen
Dritten gelte also nicht?) |
Man antwortet auch auf den Satz || die
Aussage “Wenn er kommt, wird er etwas
mitbringen” || gibt auch auf den Satz || die
Aussage “Wenn er kommt, wird er etwas
mitbringen” die Antwort:
“nicht || Nicht
unbedingt.” – Auch: “Das
folgt nicht”. – Man kann auch sagen:
Dieser Zusammenhang besteht nicht.”
– Russell
sagte, wenn man behauptet “Wenn, so”, so meine
man für gewöhnlich nicht “p
⊃ q”, sondern || wohl
aber “(x): φx
. ⊃ . ψx”; aber auch
das ist nicht richtig. “Wenn … , so
…” läßt sich nicht in Ausdrücken der
Russellschen Logik
wiedergeben. |
Nun, man kann sehr wohl sagen, der
Satz “Wenn … , so …” sei entweder
wahr, oder er sei falsch, oder unentschieden. –
Aber bei welcher Gelegenheit 74 wird man das sagen? Ich
denke: als Einleitung zu einer weiteren Auslassung || Auseinandersetzung. Man gibt sozusagen drei
headings. || Man
bespricht die Sache unter drei || den drei
Gesichtspunkten. Ich teile das
Feld der Möglichkeiten in drei Teile. Man wird nun vielleicht sagen: ein Satz teile es in zwei Teile. Aber warum? Es sei denn, das gehöre zur Definition eines Satzes. Warum soll ich nicht auch etwas einen Satz nennen, was eine Dreiteilung macht? |
Nimm nun eine Zweiteilung:
Ich sage: “Entweder er kommt, oder er kommt
nicht. – Im ersten Falle … Im
zweiten …. ||
– Kommt er, so … Kommt er nicht,
so …”. Kann ich
nun diese Betrachtungsart nicht auf 75 den Satz “Wenn …
& … sich treffen, wird es zu einer Explosion
kommen” nicht anwenden? Hat Einer
z.B. diese Behauptung gemacht, – kann ich
nicht erwidern: “Entweder Du hast darin
recht, oder nicht. – || : Ist es,
wie Du sagst, dann … Ist es nicht so, dann
…”? |
“Entweder Du hast recht mit
Deiner Behauptung … ;
andernfalls || Andernfalls || andernfalls
…” Das kann man doch gewiß auch sagen, wenn
die Behauptung war: “Wenn … , so
…”! Würde denn “Das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten gilt nicht” nicht heißen: man kann || könne nicht sagen “andernfalls …”? |
Das Gesetz vom
ausgeschlossenen Dritten sagt nicht, wie
seine Form es erscheinen
läßt, || : || vorspiegelt: Es gibt nur die beiden
Möglichkeiten Ja & Nein, 76 & keine dritte.
Sondern: “Ja” &
“Nein” teilen das Feld der Möglichkeiten
in zwei Teile. – Und das muß natürlich nicht
sein: || . “Hast Du
aufgehört, Deine Frau zu schlagen? Ja oder
nein?”
(Geach) |
‘Der Wunsch ist ein
Verhalten des Geistes, der Seele, zu einem
Gegenstand.’ ‘Der Wunsch ist ein
Zustand
der Seele || Seelenzustand, der sich auf einen Gegenstand
bezieht.’ Um sich das begreiflicher zu machen,
denkt man etwa an die Sehnsucht & daran daß der Gegenstand
unserer Sehnsucht vor uns steht || unseren Augen ist
& wir ihn sehnend betrachten. Steht er nicht vor
uns so vertritt ihn etwa sein Bild, & ist kein
Bild da, dann eine Vorstellung. Und der
Wunsch ist also ein Verhalten der Seele zu einer
Vorstellung. Aber man denkt eigentlich immer 77 an ein Verhalten des Körpers zu
einem Gegenstand. Das Verhalten der Seele zur Vorstellung
ist ganz das was man auf einem Bild zur Anschauung || Darstellung bringen könnte: Die Seele des
Menschen, wie sie sich mit verlangender Gebärde zu dem
Bild (dem gemalten Bild) eines Gegenstands hinneigt.
|
Und
man könnte auf diese Weise freilich auch darstellen,
daß || wie ein Mensch in seiner Miene dem
Wunsch keinerlei Ausdruck gibt, & doch seine Seele nach ihm
verlangt. |
Und ähnlich wäre es mit der Hoffnung. Aber sie
wäre nicht so leicht darzustellen. Denn sie ist
ähnlich dem Glauben. Und wie soll man darstellen,
daß Einer etwas glaubt? – Am besten
78 noch durch eine Schrift,
die er in der Seele trägt & die das &
das versichert. Denn der Glaube ist, sozusagen, ein
ruhiger Besitz der Seele. Man könnte sich also die
Seele denken, wie sie eine Schrift, oder ein Bild, an ihr Herz
preßt. |
Und die Furcht wieder
ist vollkommen dargestellt durch das Verhalten des
Fürchtenden || fürchtenden Menschen
vor dem Gefürchteten. || vor dem
Gegenstand der Furcht. |
“Der Satz
‘Wenn er nur käme!’ kann mit
unsrer Hoffnung || Sehnsucht geladen
sein.” Womit war er da geladen?
Es ist, als ob ihm ein Gewicht von unserm Herzen aufgeladen
(worden) wäre. || Es ist, als ob ihm eine dumpfe Masse von unserm
Herzen aufgeladen wäre. || Es ist, als ob ihm ein Gewicht von unserm
Geist || Geiste
aufgeladen würde. 79 Ja, alles das möchte ich
sagen. Und ist es denn gleichgültig, daß ich das sagen will? |
Menschen sind in vorigen Zeiten ins Kloster gegangen. Waren das etwa dumme, oder stumpfe Menschen? – Nun, wenn solche Leute solche Mittel ergriffen haben um weiter leben zu können, kann das Problem nicht leicht sein! |
Ist es denn gleichgültig,
daß ich das sagen will? Ist es nicht
wichtig? Ist es nicht wichtig, daß mir die Hoffnung
in der Brust lebt? Ist das nicht das Bild
irgend eines wichtigen menschlichen Verhaltens. Warum
glaubt ein Mensch, ein Gedanke komme ihm in den Kopf? –
Oder richtiger: Er glaubt es nicht, er erlebt
es. Denn er greift sich etwa dabei
an den Kopf, schließt 80 die Augen, um im Kopf mit sich allein
zu sein. Lehnt den Kopf
zurück & macht eine Handbewegung zum Zeichen, da nichts
den Vorgang im Kopfe stören soll. – Nun, sind das
nicht wichtige Arten || Weisen
des Verhaltens? |
Und wenn sich uns das Bild vom
Gedanken im Kopf aufdrängen kann, wie || warum
dann nicht viel mehr || mehr noch || nicht || nicht noch viel mehr das, vom Gedanken in der
Seele. || , wie dann nicht noch viel mehr das,
vom Gedanken in der
Seele. |
Welches bessere Bild des
Glaubens könnte es geben, als der Mensch, der mit dem
Ausdruck des Glaubens sagt “Ich glaube das || …”? |
Der Mensch ist das beste Bild der menschlichen Seele. 81 |
21.8. Es ist
natürlich wichtig, daß man, das Verlangen nach einem
Apfel leicht bildlich darstellen kann, ohne dem Verlangenden
Worte in den Mund zu legen, daß sich aber die Überzeugung,
daß etwas so & so sei, nicht so darstellen
läßt. Wichtig, weil es den Unterschied, den Wesensunterschied, zwischen den psychologischen || seelischen Erscheinungen zeigt, & die Art & Weise, wie er zu beschreiben ist. |
Man kann zagen & zögern, wenn sich's darum handelt, einen geliebten Menschen anzufassen; aber am Schluß muß man doch handeln, denn auch zagen & zögern ist ein Handeln! Und hüte dich, zu viel zu schonen, sonst handelst du unnatürlich. 82 |
Warum sagte ich
“Wesensunterschied”? Ist es ein
Unterschied wie zwischen
Kohle || Kohlenstoff, Gravitation, Lichtgeschwindigkeit
& ultravioletten Strahlen? welches alles
Gegenstände sind, von denen die Naturwissenschaft handelt. – |
Denke, wir reden von Erscheinungen beim Sprechen der
Menschen. Es könnte uns interessieren: die
Geschwindigkeit des Sprechens, der Wechsel
der Intonation, die Gestikulation, die Länge oder
Kürze der Sätze etc. etc.
Wenn man nun von einem Menschen sagt, er habe ein
Seelenleben: er denke, wünsche, fürchte, glaube,
zweifle, habe Vorstellungen, sei traurig, lustig
etc., – ist das analog dem: er ißt,
trinkt, spricht, schreibt, läuft, – oder analog
dem: er bewegt sich bald schnell, bald langsam, bald auf ein
Ziel zu, 83 bald ohne Ziel, bald
gleichmäßig || stätig, bald
ungleichmäßig || ruckweise? |
Denk an das, was man
Charakter || den Charakter einer Kurve || Linie nennen kann, & daran, was alles eine
Beschreibung ihres Charakters genannt werden
kann || muß. || heißen
muß. Was kann man alles
fragen, wenn man sich für den Charakter einer Linie
interessiert? |
22.8. Denk Dir,
wir beobachteten die Bewegung eines Punktes, etwa eines schwarzen
Punktes auf einer weißen Papierfläche. Alle
möglichen wichtigen Schlüsse könnten aus dem Charakter
dieser Bewegung gezogen werden. Aber was können wir
alles beobachten? – Ob der Punkt sich
gleichförmig oder ungleichförmig bewegt, ob sich seine
Geschwindigkeit periodisch ändert; 84 ob sie sich
stätig oder ruckweise || sprungweise ändert; ob der Punkt eine
geschlossene Linie beschreibt; wie nahe sie einem
Kreis kommt; ob der Punkt eine Wellenlinie beschreibt &
welches ihre Amplitude & Wellenlänge ist; und
Unzähliges andere. Und jedes dieser Fakten könnte
das für uns allein || einzig
Interessante sein. Es
könnte uns z.B. alles an
dieser Bewegung gleichgültig sein, außer die Anzahl der
Ecken der Bahn in einer bestimmten Zeit. Und das heißt,
daß, wenn uns nun nicht nur eine Eigenschaft dieser
Bewegung interessiert, sondern deren hundert || hundert Eigenschaften, eine jede
von ihnen uns einen besondern, von allen andern gänzlich
verschiedenen Aufschluß geben 85 kann. Und so ist es mit dem
Benehmen der Menschen, mit den verschiedenen Charakteristiken
dieses Benehmens, die wir beobachten. |
So handelt die
Psychologie (etwa) vom Benehmen, nicht
von den Seelenzuständen des Menschen? –
Wer einen psychologischen Versuch macht, – was wird der
berichten? – Was das
Subjekt sagt, was es tut, was (mit) ihm in der
Vergangenheit geschehen ist & wie es darauf reagiert
hat. Und nicht was das Subjekt denkt,
was es sieht, fühlt, glaubt, empfindet? – Wer
ein Bild || Gemälde beschreibt, beschreibt der die
Anordnung der Pinselstriche auf der
Leinwand – & nicht was der Betrachter
sieht? Aber wie ist es nun damit: Der 86 Beobachter im Experiment wird manchmal
sagen: “Das Subjekt sagte
… || “Ich
empfinde …”, & ich hatte den Eindruck
es spräche || das sei die
Wahrheit.” – Oder man sagt:
“Das Subjekt schien
müde”. || schien
ermüdet zu sein”. Ist
das nun eine Aussage über sein Benehmen? Man
möchte vielleicht sagen: Freilich; was soll es
denn sein? – Man kann auch
berichten: “Das Subjekt sagte
‘Ich bin müde’” – aber
für die Auswertung dieser Worte wird es sich darum handeln, ob
sie glaubwürdig sind, ob sie einem Andern nachgesprochen
wurden, ob sie eine Übersetzung aus dem
Französischen waren,
etc.. Denke nun daran: Ich sage || erzähle “Er machte einen verstimmten Eindruck”. Man fragt mich: “Was war es, das Dir diesen Eindruck gemacht hat?” 87 Ich sage: “Ich
weiß es nicht.” – Kann man nun sagen, ich
habe sein Benehmen beschrieben?? Kann man denn
nicht sagen, ich hätte sein Gesicht beschrieben, wenn ich sage
“Er machte ein trauriges Gesicht”?
Auch wenn ich nicht angeben kann, welche
räumlichen Veränderungen im Gesichte
stattfanden? || , welche
räumlichen Beziehungen im Gesicht diesen Eindruck
machten?
Man wird vielleicht erwidern: Hättest Du genauer zugesehen, so könntest Du die charakteristischen Farben- & Ortsveränderungen beschreiben.” Aber wer sagt das, daß ich, oder irgend einer || Einer es könnte?! |
Noch einmal: Wenn ich
berichte “Er war verstimmt”, berichte ich ein
88 Benehmen, oder einen
Seelenzustand? (Wenn ich sage
“Der Himmel sieht drohend aus”, – rede
ich von der Gegenwart, oder der Zukunft?) Beides, aber
nicht nebeneinander; sondern im einen || in einem Sinne
eines, in einem andern das
andere || andre.
Was aber heißt das? (Ist das nicht
Mythologie? Nein.) |
Es ist hier ganz wie
mit dem Reden über physikalische Gegenstände &
Sinneseindrücke. Wir haben hier zwei verschiedene
Sprachspiele & ihre Beziehungen zueinander sind
kompliziert. || Wir
haben hier zwei Sprachspiele, & ihre
Beziehungen zueinander sind
kompliziert. Will man diese
Beziehungen in einfacher Weise beschreiben, so geht man fehl.
|
Die
Stimmung nach dem 89 Anblick des Gesichts, & die
Bewegungen des Gesichts, beschreiben, sind zwei verschiedene
Sprachspiele. Aber es ist ein
Zusammenhang da. || da ein Zusammenhang. |
Man kann
sagen, daß es
‘Beschreibungen’ in verschiedenem Sinne
sind; & das || , sie seien
‘Beschreibungen’ in verschiedenem Sinne;
& das heißt nur, daß die Worte anders in
unser Leben || in die Tätigkeiten unseres Lebens
eingefügt sind. Daß sie nicht an
homologen Stellen stehen. |
Denke, ich beschreibe
ein psychologisches Experiment: Der Apparat, die
Fragen des Experimentators, die Antworten & Handlungen
des Subjekts. Und dann sage ich: das sei
eine Szene in dem & dem Theaterstück.
Nun hat sich alles geändert. Man wird also
sagen: Wenn in einem Buch über Psychologie dieses
Experiment 90 in gleicher Weise
beschrieben wäre, so würde eben die Beschreibung des
Benehmens des Subjekts psychologisch || als Ausdruck des Seelenzustandes verstanden, weil
man voraussetzt, das Subjekt rede die Wahrheit,
halte uns nicht zum Besten, habe seine || die Antworten
nicht auswendig gelernt. – Wir machen also eine
Voraussetzung? |
Die Krankenschwester sagt dem Arzt
“Er stöhnt” – einmal
statt || will sie sagen:
“Er hat starke Schmerzen”;
einmal: “Er stöhnt – obwohl ihm nichts
fehlt”; einmal: “Er stöhnt
– ob er Schmerzen hat, oder bloß diesen Laut von
sich gibt, weiß ich nicht”. || – ob er aber
Schmerzen hat, oder bloß diesen Laut von sich
gibt?” |
Wir machen eine Voraussetzung? – Wir benützen die Aussage jedesmal
anders. |
23.8. 91
“Freilich berichtet der Psychologe die Worte, das
Benehmen des Subjekts, aber doch nur als Zeichen seelischer
Vorgänge.” – Das ist
richtig. Wenn die Worte &
dies || das Benehmen, z.B.,
eingelernt sind, so interessieren sie den Psychologen
nicht. Und doch ist der Ausdruck “als Zeichen
seelischer Vorgänge” irreführend, weil wir
gewohnt sind, von der Gesichtsfarbe als Zeichen des Fiebers zu
reden. Und jede schlechte Analogie wird nun mit
einer || durch eine weiteren schlechten
erklärt, so daß wir aus der
Perplexität || den Unstimmigkeiten
nur endlich durch die Ermüdung erlöst
werden. || , so daß wir das Ringen mit
diesen || den Unstimmigkeiten nur endlich aus
Ermüdung aufgeben. || ,
so daß wir diese Unstimmigkeiten nur endlich aus Ermüdung auf
sich beruhen lassen. 92 |
Denk Dir, man
sagte, || : jedes uns wohlbekannte Wort habe schon
einen Dunstkreis, einen ‘Hof’ von
Andeutungen seiner Verwendung || angedeuteten
Verwendungen um sich. || , einen
‘Hof’ schwach angedeuteter Verwendungen um
sich. So als hätte man auf einem
Gemälde die Figuren || Hauptfiguren umgeben mit
zarten, nebelhaften Bildern von Vorgängen, in denen diese || jene Figuren Anteil haben. – Nun,
machen wir nur Ernst mit dieser Annahme! – Da zeigt
es sich daß sie die Intention nicht zu
erklären vermag. Wenn es nämlich so ist, daß die Möglichkeiten der Verwendung eines Ausdrucks uns beim Hören oder Sprechen in Halbtönen vorschweben, – wenn es so ist, so gilt das also für uns. Aber 93 wir verständigen uns mit Andern
ohne sie je gefragt zu haben, ob auch sie diese Erlebnisse
haben. |
Und wie ist es nun mit dem
fortwährenden Werden
& Vergehen im Bereich
unseres Bewußtseins? Nun, wie ist
es: ist das eine Erfahrung, oder kann man sich's
anders gar nicht vorstellen? Hier ist eine
Unklarheit. |
Ich kenne mich in einem
Zimmer aus:
d.h. || D.h.,
ich kann, ohne mich einen Augenblick besinnen zu müssen || ohne einen Augenblick nachsinnen zu
müssen, die Tür finden, sie öffnen
& schließen, jedes Möbelstück gebrauchen,
ich muß den Tisch die Bücher, die Laden nicht suchen &
nicht nachdenken, was man mit ihnen machen kann. Daß ich
mich auskenne, 94 wird sich in der Freiheit zeigen,
mit der || womit ich mich im Zimmer
herumbewege. || im Zimmer bewege.
Es wird sich auch in einer Abwesenheit
des Staunens, Zweifelns, Zögerns äußern. || des Staunens & Zweifelns
äußern. Was soll ich aber || nun auf die Frage antworten, || : ob
dies
Mich-in-diesem-Zimmer-Auskennen,
ein Zustand meines
Geistes || meiner Seele ist || sei? |
Ich bin im Stande, auf die Frage “Wozu dient ein
Thermometer?” sogleich & ohne
jede Schwierigkeit mit einer langen Reihe von Sätzen zu
antworten. Und ebenso kann ich der
Aufforderung folgen: “Erkläre die
Anwendung des Wortes ‘Buch’”. |
24.8.
Das Sich-Auskennen
kann man ein Erlebnis nennen, & auch wieder nicht.
95 |
25.8.
Das Erlebnis der Bedeutung: “Was ist das
für ein Erlebnis?” – Wie soll man
dies untersuchen? || Wie
ist das zu untersuchen? Der erste
Impuls ist, || : es
anzuschauen. D.h., sich
die Erfahrung vorzuführen. Dies
führt zu nichts. || ins Leere. || vorzuführen. Das Resultat
ist: wir wissen nicht mehr, als wir wußten.
|| Das Resultat ist: es hat
sich nichts geöffnet, was verschlossen war. || das
verschlossene Zimmer nicht geöffnet. || Das Resultat ist: es bleibt alles, wie es
war; das verschlossene Zimmer || die verschlossene
Tür hat sich nicht
geöffnet. |
Wir
haben eigentlich die Tür nur angestarrt.
Und das öffnet sie nicht. Es ist noch nicht einmal
ein Versuch, sie zu öffnen. Um es zu versuchen, muß man seinen Standpunkt gegenüber der Tür || , der Tür gegenüber, verlassen, & sich mit ihrem 96 Schloß || ihren Riegeln
beschäftigen. Wenn es also unser
natürlicher Trieb ist die Tür durch
Anstarren zu öffnen, so || Ist es also unser
natürlicher Trieb die Tür anzustarren, so
muß man tun, was diesem Trieb zuwider ist.
Man muß || Wir müssen also zwischen
zwei Dingen wählen, die uns zuwider sind. |
Starke
formale Bedürfnisse (Mach) haben, wie alles andre, ihre Vorzüge
& Nachteile. || , wie alles, ihr Gutes &
Schlechtes. Sie werden oft die Naturforschung
hemmen, aber oft ihrer Klarheit fördern. || günstig sein. Unterschätze nicht die Kraft
des formalen
Bedürfnisses. || der formalen
Bedürfnisse. Die Macht einer Theorie. Warum hat sie diese Macht? Weil sie praktisch ist?! |
Die Verwendung
gewisser Wörter dem Satzrhythmus zuliebe. Dieser
könnte uns viel wichtiger sein, als er uns
tatsächlich ist. 97 |
Beschreibung der
Bahn eines Punktes. Wieviele Schlingen? sind die
Schlingen gewellt? Form der
Wellen? Läuft die Bahn nach jeder Schlinge
abwärts? wie steil? etc.
etc.. |
“Was für eine Art von
Erlebnis ist …?” Man wird nicht fragen
“Wie ist es, wenn Du's hast?”
– denn darauf könnte der Eine so, der Andre so
antworten. Man wird sie nicht nach einer Beschreibung des
Erlebnisses fragen, sondern sich fragen ||
sondern zusehen, wie die Menschen das Wort
gebrauchen || handhaben, das das Erlebnis
bezeichnet. || , wie & bei welcher
Gelegenheit die Menschen das Wort
gebrauchen || handhaben, das das Erlebnis
bezeichnet. || sondern
zusehen, wie & bei welchen Gelegenheiten die Menschen das
Erlebnis erwähnen, von ihm reden, ohne es beschreiben
zu wollen. 98 |
26.8. Ich sage das
Wort “Baum”, dann sag ich ein Unsinnwort.
Sie fühlen sich anders || verschieden
an. Inwiefern? – Mir werden zwei
Gegenstände gezeigt: der eine ist ein Buch, der
andre || Andre ein
mir unbekanntes Ding von sonderbarer Form. Ich sage:
sie schauen nicht bloß anders || verschieden aus, sondern ich habe auch ein anderes
Gefühl bei ihrem Anblick. Das eine Ding
‘verstehe’ ich das
andere || andre verstehe
ich nicht. “Ja, aber es ist nicht nur der
Unterschied zwischen Wohlbekanntheit &
Fremdheit.” Nun, ist nicht auch ein Unterschied
zwischen Arten der Wohlbekanntheit &
Fremdheit? Ein fremder Mensch tritt in mein Zimmer,
aber 99 es ist ein Mensch, das sehe ich
sofort; – etwas Vermummtes tritt
in mein Zimmer, ich weiß nicht, ist es Mensch oder Tier –
ich sehe einen mir unbekannten Gegenstand auf
meinem Tisch, ich sehe, es ist ein Stein || ein
gewöhnlicher Feldstein, aber ich habe ihn nie auf
meinem Tisch gesehen, || –
ich sehe einen Stein am Weg; ich bin nicht
erstaunt, obgleich ich mich nicht erinnere, gerade ihn schon
gesehen zu haben – ich sehe ein seltsam geformtes Objekt
von mir unbekanntem Zweck auf meinem Tisch & bin
nicht überrascht; es ist dort schon immer
gelegen, ich habe nie gewußt was es ist & mich
nie dafür interessiert, es ist mir wohlvertraut. |
Wäre es
nun richtig zu sagen:
Beim || beim Anblick des
mir unbekannten 100 Menschen & beim Anblick des
mir unbekannten Dinges
geht || gehe
Verschiedenes in mir vor?
(Vergleiche, was ich vom
‘Lesen’ geschrieben habe.) |
“Nun, hast Du das Wort ‘Baum’ nicht
verstanden, wie Du's gehört hast? –
Dann ist eben etwas in Dir vorgegangen!”
– Und zwar was? – Nun, daß
ich's verstanden
habe || verstand. – Die Frage ist
nur:
soll || Soll
ich vom Verstehen sagen, es sei in mir vorgegangen?
Dagegen wehrt sich etwas. Und || ; und
das kann nur bedeuten, daß wir durch diesen Ausdruck das
Verstehen mit andern Erscheinungen || Dingen zusammenstellen & einen Unterschied
verwischen, den wir betonen wollen. Aber welchen
Unterschied? – In 110 welchen Fällen weigern wir uns
denn nicht, zu sagen, || : es sei etwas
beim Hören des Worts in uns vorgegangen? |
Da
können wir leicht wieder irregehen: Wir
versuchen uns zu erinnern, was beim Hören des
Worts in uns vorgegangen ist, –
berichten von einer Vorstellung, Überraschung, oder
dergleichen, & sagen dann: wir können uns
an sonst nichts || nichts anderes || an weiter nichts
erinnern. Als ob, wenn wir uns an noch || noch
an etwas anderes erinnern könnten, das das
Verstehen selbst sein könnte. (Und dann sagt
vielleicht der Eine oder Andre: “Ich
glaube, ich kann mich an eine bestimmte Empfindung
erinnern.”) |
Was müßten wir denn
Einem sagen, der uns mitteilte, bei ihm 120 sei das Verstehen ein
innerer Vorgang? – Was würden wir ihm
erwidern, wenn er sagte, bei ihm sei Schachspielenkönnen ein
innerer Vorgang? – Etwa, daß, was immer in ihm vorgeht, uns nicht
interessiert, || daß nichts, was immer in ihm vorgeht, uns
interessiert, wenn wir ihn fragen, || wissen
wollen, ob er Schach spielen kann. Und wenn er nun
darauf antwortete, es interessierte uns eben doch, was in ihm
vorgehe: nämlich, || , nämlich:
– ob er Schach spielen könne, –
könnten || so könnten wir ihm nur
widersprechen, indem wir ihm die Kriterien
zeigten || zeigen, || indem wir
ihn an die Kriterien erinnerten, die
uns für seine Fähigkeit maßgebend wären. || die uns seine Fähigkeit zeigen || bewiesen. || Kriterien zeigen, die uns seine Fähigkeit
beweisen würden. |
Um Dich in einer
Umgebung auszukennen, mußt Du nicht 121 nur den richtigen Weg von einer
Ortschaft zur andern kennen, sondern auch wissen, wohin Du
gerietest, wenn Du diese falsche Wendung
nähmst. [if you took this wrong
turn.] Dies zeigt, wie ähnlich
unsere Betrachtungen Wanderungen in einer Landschaft
sind, zum Zweck des Anlegens einer Karte. Und es ist nicht
unmöglich, daß eine solche in die Gebiete, die wir
begehen einmal angelegt werden wird. |
Angenommen, Du hast
eine besondere Erfahrung beim Verstehen, wie weißt Du || wie kannst Du wissen, daß es die
ist, die wir “verstehen” nennen? –
Nun, wie weißt denn Du, daß die Erfahrung, die Du hast,
die ist, die wir “Schmerz” nennen? –
Das ist etwas anderes ‒ ‒ ‒ ich weiß es, weil mein
spontanes Benehmen in gewissen Situationen das ist,
was 122 man den Ausdruck des
Schmerzes nennt. |
27.8.
Einseitigkeit der Beispiele. Eine große
Varietät von
Beispielen || der Beispiele für Denkbewegungen,
Denkfehler ist notwendig || wichtig;
denn hat man einen Denkfehler dort verstanden, wo er leicht zu
erkennen ist, wo || weil geringere
Kräfte, Vorurteile für seine
Aufrechterhaltung || Erhaltung
sorgen || ihn erhalten || aufrechterhalten, so ist das Auge
geschärft || gefaßt, ihn auch dort
zu sehen, wo er wohl versteckt || verdeckt, || & gehütet
ist. |
Wenn man das Wort “Schmerz” gebrauchen
lernt, so geschieht es nicht dadurch, daß man errät, für
welche der Empfindungen, || welchen der inneren
Vorgänge, beim Hinfallen z.B., dies
Wort gebraucht wird. 123 |
Es könnte dann ja || ja
dann auch das Problem auftreten: ||
entstehen: welcher
Empfindung wegen Einer
schreit, wenn er sich verletzt. || ich schreie, wenn ich mich
verletze. || welcher meiner
Empfindungen wegen ich schreie, wenn ich mich
verletze. Und dabei denke ich mir, daß man nach innen zeigt & sich fragt: “Ist es nun diese Empfindung, || – oder diese?” |
“Gleichgültig, ob ich der Empfindung den
richtigen Namen beigelegt habe,
– ich habe ihr eben einen Namen
beigelegt!” – Aber wie legt man denn etwas,
z.B. einer Empfindung, einen Namen
bei? Kann man in sich einer Empfindung einen
Namen beilegen? Was geschieht
da? || ; & was ist das
Resultat dieser Handlung?
[Vergl.
Bemerkung über Anhängen einer
Namenstafel] Wenn man im Geiste eine
Tür 124 zuschließt, ist sie dann
zugeschlossen? Und welche Konsequenzen hat
es? Kann dann, im Geiste, niemand herein? |
“Wie weißt Du, || denn Du,
daß die Erfahrung, die Du hast,
die ist,
die || das ist, was wir ‘Schmerz’
nennen?” – Die Erfahrung?
Welche Erfahrung? || Erfahrung, die ich habe?
Welche? Wie spezifiziere ich sie – für
mich & einen Andern? Wie
erkläre ich denn Einem, welche Erfahrung
ich “Schmerz” nenne; wie bezeichne ich sie denn
für mich, || : || für mich selbst, um ihr dann den Namen
“Schmerz” beizulegen? |
Um zu verstehen, was
der “Ausdruck des Schmerzes”
bedeutet kann ich nicht einerseits lernen, was
“Schmerz” bedeutet, & anderseits, was
“Ausdruck” bedeutet, das letztere etwa in der nicht
belebten Natur.
Ich will etwa sagen: Man
könnte dem 125 schreienden Kind gleich statt
“Er hat
Weh-Weh!”
sagen: “Er gibt den Ausdruck des Schmerzes von
sich!” (Und auch das ist nicht richtig
ausgedrückt.) |
Denke, wir könnten lernen was
man eine Empfindung, etwa einen ‘Schmerz’, nennt,
& dann lehrte man uns diese Empfindung
ausdrücken. Was für eine
Verbindung müßte diese || die Tätigkeit mit
der Empfindung haben, um ihr ‘Ausdruck’
zu heißen?! || um ihr
‘Ausdruck’ heißen zu können?!
|
Denke Einer wüßte,
erriete, daß ein Kind Empfindungen
hätte, aber keinen || keinerlei Ausdruck für
sie. Und nun wollte er das Kind den Ausdruck für
seine || die Empfindungen lehren. || 126 Und nun wollte
er das Kind lehren die Empfindungen auszudrücken.
Wie muß er eine
Tätigkeit || Handlung mit einer
Empfindung kuppeln || verbinden, damit sie ihr
Ausdruck wird? |
Kann er das Kind lehren:
“Siehst Du, so drückt man etwas
aus, || – das ist
z.B. ein Ausdruck von dem –
& nun
drücke || drück Deinen Schmerz aus!” |
“Verstehen” wird eben nicht so gebraucht,
wie || anders gebraucht,
als ein Empfindungswort. |
Das
verwirrende Bild ist, || : daß wir die
Veränderungen, Zustände, das Arbeiten einer Substanz
beobachten. || daß wir eine Substanz
beobachten, – deren || ihre Veränderungen, 127 Zustände,
Bewegungen, gleich Einem der die Veränderungen
& Bewegungen in einem Ofen || Schmelzofen
beobachtet, ||
betrachtet, während wir
das Verhalten & Benehmen der Menschen
beobachten & vergleichen. |
Das primitive
Schmerzbenehmen ist ein Empfindungsbenehmen; es wird ersetzt
durch einen sprachlichen Ausdruck.
“Das Wort
‘Schmerz” bezeichnet eine Empfindung”
heißt soviel wie: “‘Ich habe
Schmerzen’ ist ein
Empfindungsbenehmen.” || ist eine
Empfindungsäußerung.” |
Zwei
Formen des Benehmens können inkommensurabel sein || können unvergleichbar
sein. Und das Wort
“Benehmen”, wie ich es gebrauche, ist
überhaupt irreführend, denn es schließt in seiner
Bedeutung auch die äußern Umstände, des Benehmens im
engern Sinne, ein. – Kann ich denn
128 von einem
Benehmen des Zorns, z.B. & von
einem andern der Hoffnung reden? (Es ist leicht sich
einen Orang-Utan im
Zorn || zornig vorzustellen, || – aber hoffend?) || Und warum
ist es so?) |
Wenn mir
jemand sagt, “Ich sehe jetzt diesen Punkt als
Spitze”, so verstehe ich ihn. Aber was mache ich
mit diesem Verständnis? Nun, ich kann ihm,
z.B., sagen: “Kommt Dir das
Dreieck jetzt vor, als wäre es umgefallen, als stünde es
normalerweise auf a? Oder erscheint es
Dir jetzt als Berg mit B als Spitze? Oder als
Keil? Oder als ‘schiefe
Ebene’? Oder als Kegel?
Du kannst nun fragen “Worin besteht es: die Figur so sehen?” – 130 & sozusagen
Hypothesen über das machen, was dabei
vorgeht. Z.B., Augenbewegungen, oder
Vorstellungen, mit denen man das Gesehene supplementiert –
man stellt sich etwa einen Körper vor, der auf der schiefen Ebene
heruntergleitet, || –
etc.. Alles das kann geschehen,
muß aber nicht geschehen; & wenn mir jemand mitteilt,
er sehe das Dreieck als Keil, z.B., so sagt er
mir nicht, wie sich seine Augen bewegt haben,
etc..– Nein; nicht, was da
geschieht, ist die Frage, sondern, || : wie
man jene Aussage verwenden kann. Wozu mir
z.B. das Verstehen der Aussage || der Mitteilung verhilft.
|
Nun,
eine Anwendung wäre die: Man kann
Einem sagen “Schau 131 das Dreieck als Keil an; dann wirst
Du Dich über … nicht mehr wundern.”
Und er sagt darauf vielleicht: “Ja,
so kommt es mir natürlicher vor.”
– Ich habe ihn also durch meine Erklärung
beruhigt; oder ihm dazu verholfen, daß er nun eine Aufgabe
schneller lösen kann. |
Aber
das Erlebnis des
So-Sehens?! – Betrachte die Äußerung
dieses Erlebnisses & seine Umgebung. |
“So hab ich's nie angesehen!”
sagt man, wenn einem eine neue mathematische Betrachtungsweise
gezeigt wird. (Und ebenso || so auch in
der Philosophie.) “Wie hast Du an diese Transformation gedacht?” – “Ich habe 132 die Form plötzlich mit
der verglichen. Ich sagte mir: das
ist ja eigentlich ….” Soll man nun so ein Erlebnis dem vergleichen, wenn jemand die Auflösung eines Vexierbilds sieht? – Ich glaube, es ist nicht so; & doch sind die Fälle verwandt. |
Soll ich
sagen, || : wenn Einer die Analogie einer
Form mit einer andern einsieht –, daß
p ⊃ q . ⊃ . p ⊃
q die Form
p
⊃ q hat –, daß er jene Form nun so
& so sieht? || Form so
& so sah? |
Hat es einen Vorteil für
das Rechnen, dieses Erlebnis zu haben? |
Warum
kommt uns das 133 Rufzeichen “!”
wie ein wie
ein geeignetes Zeichen für den Ausruf vor? || wie ein
für den Ausruf geeignetes Zeichen vor?
Eine || Wie
eine ausdrucksvolle Gebärde. – Und das
Fragezeichen wieder, der Frage. –
(Architektur.) |
Wenn ich
plötzlich die Ähnlichkeit seines Gesichts mit dem
seines Vaters sehe, – ist das ein Fall des Sehens einer
Figur als …? Z.B. des Sehens
einer Figur als eines
Gesicht || Gesicht? Nun, es gibt verschiedene Fälle. Ich kann eine Ähnlichkeit zweier Gesichter anerkennen, ohne sie zu sehen. |
Die Ähnlichkeit eines Gesichts
mit einem andern sehen, die Analogie einer mathematischen Form mit
einer andern, ein Gesicht || eine menschliche Gestalt in
den Linien eines Vexierbildes, eine Raumform 134 in einer schematischen
Zeichnung, “pas” in “ne
… pas” in der Bedeutung von
“Schritt” hören oder aussprechen – alle
diese Erscheinungen sind irgendwie ähnlich, aber doch auch wieder
sehr verschieden. (Eine Gesichtswahrnehmung, eine
Gehörswahrnehmung, eine Geruchswahrnehmung, eine
Bewegungswahrnehmung.) |
“Es ist mir
nie aufgefallen, daß dieser Ausdruck derselbe ist, wie
der.” Was für eine Art von
Erlebnis ist es nun, wenn es mir auffällt?
(Man könnte, wenn einem eine neue mathematische
Entwicklung gezeigt wird, immer sagen: “Das
ist mir nie aufgefallen!”) Das hängt mit
der Handlung || Tätigkeit
zusammen, die wir nennen: “Einen auf etwas
aufmerksam machen”. 135 |
In allen jenen Fällen
kann man sagen, man erlebe einen Vergleich. Denn
der Ausdruck unseres || des
Erlebnisses ist, daß wir zu einem Vergleich
geneigt sind. Zu einer Paraphrase.
Es ist ein Erlebnis, dessen Ausdruck ein Vergleich ist. Aber warum ein ‘Erlebnis’? Nun, unser Ausdruck ist ein Erlebnisausdruck. – Weil wir sagen “ich sehe es als … ”, “ich höre es als …”? Nein; obwohl diese Ausdrucksweise damit zusammenhängt. Sie ist aber berechtigt, weil das Sprachspiel den Ausdruck zu dem eines Erlebnisses macht. || , weil im Sprachspiel der Ausdruck als der eines Erlebnisses gebraucht wird. 136 |
Ein Erlebnis, das sich in einem
Vergleich äußert. Um z.B. “je ne sais pas” auf die bewußte Art zu hören, muß Einer || er andere Ausdrücke, wie “not a thing”, kennen. Der Ausdruck des Erlebnisses durch den Vergleich ist eben der Ausdruck, der unmittelbare Ausdruck. Ja, das Phänomen, das wir beobachten(,) || & das uns interessiert. |
Wenn nun Einer
“pas” nicht so hören, erleben,
könnte, wenn er nicht verstünde was wir meinen, wenn
wir von so einem || diesem
‘Hören’ || einem
‘So-Hören’
reden, – würde der uns aus nicht verstehen, wenn wir ihm
erklären, daß “pas” auch in der
Verneinung soviel wie “Schritt” geheißen habe
& wenn wir sagten, es sei analog dem 137 Wort “bißchen”,
“bit”,
“thing”etc.?
Aber was sieht der ein, der einsieht, der Gebrauch
des Wortes … sei dem des Wortes …
analog? |
Nun, wozu zeige ich Einem
eine || so eine
Analogie? Was erwarte ich mir davon? Welche
Wirkung hat es? – Es scheint doch eine
Erklärung zu sein. Es ist eine Art der
Erklärung. (Man sagt auch:
“Ja, jetzt versteh ich den Gebrauch dieses
Wortes.) Man sagt aber auch:
“Ich weiß was Du meinst, aber ich kann es nicht so
hören.” |
“So, wie wir auch heute
noch … , so haben diese Leute …” Wir
können diesen Gebrauch im Lichte jenes
betrachten. Dies kann, z.B., als
heuristisches Prinzip dienen. 138 |
Einem, der das Wort nicht
als … hören könnte, könnte man nicht
die Weisung geben: “Sprich es hier in der
Bedeutung … aus.” |
“Das Ornament
schaut nur dann richtig aus, wenn Du das Dreieck als umgefallen
siehst.” |
Ich sagte mir “Doch vom
Weizenbrot, das sie freundlich
bot … ”, & das Wort
“freundlich” schien mir nicht recht zu passen; bis
ich mich erinnerte, daß es heißen muß “daß er
freundlich bot”, & da stimmte es nun; denn wenn
er es ‘freundlich’ bot, so war das
liebevoll, aber bei ihr wäre es kühl gewesen. |
29.8.
Jedes Wort – möchte man sagen – 139 kann zwar in verschiedenen
Zusammenhängen, verschiedenen Charakter haben, aber es hat
doch immer einen Charakter, || – ein Gesicht. Es schaut uns doch an. – Man könnte sich ja wirklich denken, jedes Wort sei
ein kleines Gesicht, das Schriftzeichen könnte ein
Gesicht sein. Und man könnte sich auch denken, daß
der ganze Satz wie eine Art Gruppenbild wäre, so
daß der Blick der Gesichter eine Beziehung zwischen ihnen
hervorbrächte & das Ganze also eine
sinnvolle Gruppe wäre. Aber worin besteht
die Erfahrung, daß eine Gruppe sinnvoll ist? Und
wäre es zur Verwendung || zum
Verwenden des Satzes notwendig, daß man ihn so als
sinnvoll empfindet? 140 |
Ist es denn auch gewiß, daß
ein Jeder, der unsre Sprache versteht, geneigt wäre, zu
sagen, jedes Wort habe ein Gesicht? Und –
am wichtigsten || das Wichtigste – welcher
allgemeinen Tendenz in uns entspricht es, diese
Neigung zu haben? || – zu welcher
allgemeinen Tendenz in uns gehört diese
Neigung? |
Erstens ist klar, daß die
Tendenz, das Wort als etwas intimes, seelenvolles, zu
betrachten, nicht immer da ist, oder im gleichen Maße da
ist. Das Gegenteil des Seelenvollen
aber ist das Maschinenhafte, der Robot. Wer einen
Robot darstellen will, – wie weicht sein Benehmen von
unserm gewöhnlichen ab?
Z.B.
dadurch || Dadurch z.B., daß
unsre gewöhnlichen Bewegungen sich,
normalerweise, || 141 sich nichtmit geometrischen Begriffen
annähernd beschreiben lassen. || , auch nur annähernd,
mit geometrischen Begriffen beschreiben lassen. || mittels
geometrischer Begriffe beschreiben lassen. |
Würde
man z.B. von Sätzen im
Telegrammstil auch den Eindruck des Gruppenbildes
erhalten? |
Stell Dir vor, wir
sprächen nicht, sondern schrieben bloß & läsen
das Geschriebene bloß || nur mit den Augen.
Die Schrift wäre also unsere Sprache. |
Der Gefangene hat
eine Nummer als Namen. Von ihr würde niemand sagen,
was Goethe von einem || dem
Personennamen sagt. |
Man hat die Idee, es || als sei der Sinn des Satzes zusammengesetzt
142 aus den Bedeutungen seiner
Wörter. Wie ist z.B. der Sinn
der Aussage || von “Ich habe
ihn noch immer nicht gesehen” aus den Bedeutungen der
Wörter zusammengesetzt? |
Auch das Wort
“habe” hat ein Gesicht; denn das Wort “die
Habe” hat jedenfalls ein anderes Gesicht.
Es fühlt sich anders an; also mußte sich
“habe” auch irgendwie anfühlen. – Aber muß sich “Habe”
anders ‘anfühlen’ als
“habe”? Wie wenn jemand mich
versicherte, ihm fühlten sich diese beiden Wörter
ganz gleich an? Er sagt z.B.:
Ja, das Bindewort & das Zeitwort
“sondern”, die fühlen sich verschieden an; aber
nicht “Habe” &
“habe”. Dürfte ich || Dürften
wir ihm das nicht glauben? 143 |
Was wie eine ganz
selbstverständliche Äußerung erschien,
die an das Verstehen der Worte gebunden war || ist, || , – erscheint hier im
Lichte || Licht
einer Äußerung eines rein
persönlichen Gefühls || rein persönlichen
Äußerung. || eines rein
persönlichen Gefühlsausdrucks.
Nicht anders, als sagte Einer, die Vokale
“a” & “e”
haben für ihn die selbe Farbe.
Kann ich dem nun sagen: “Du spielst das || unser Spiel nicht!”? |
Und warum schien die Äußerung
zuerst selbstverständlich, als an das Verständnis der Worte
gebunden? |
Wird von dem Feinfühligen
behauptet || angenommen, er
fühle, in allen Zusammenhängen, die beiden Wörter
“sondern” verschieden? Nein.
Nur wenn man sie, experimentell, || ,
zum Versuch, ausspricht, 1454 erwartet man
das. || Nur wenn man sie, nicht zu ihrem
gewöhnlichen Zweck, im Experiment ausspricht,
erwartet man das. |
Ich
sage also: man schätzt das psychologische Interesse der
Wenn-Empfindung falsch ein, wenn man sie als
selbstverständliches Korrelat der Bedeutung
von || des Wortes “wenn”
auffaßt || ansieht; sie muß
vielmehr in einem anderen Zusammenhang gesehen werden,
in demjenigen || im Zusammenhang, der
speziellen Umstände, unter || in
denen || welchen sie auftritt. || in
dem, der besonderen Umstände, unter
denen || welchen sie auftritt.
|
Ist das Wenn-Gefühl gewiß dasselbe, wie das
if-Gefühl? – Vergleiche
sie! |
Sag: “Es ist schwer, die beiden Dinge zu
sondern”, & sprich das letzte Wort mit dem
Gefühl des Bindeworts aus! || Wort mit
der Meinung || dem Bedeutungserlebnis des Bindewortes
aus! Üb dich etwa darin im
gewöhnlichen Sprechen || im Gespräch
ein 146 Wort mit doppelter Bedeutung mit dem
unpassenden Gefühl auszusprechen! (Wenn es
nicht mit einem unpassenden Ausdruck der Stimme verbunden ist, so
schadet es der Verständigung nicht.)
|
Jetzt
bilde Dir ein, das || sage Dir, das …
Bindewort “sondern” sei eigentlich dasselbe,
wie das Zeitwort (wie weg = Weg & trotz =
Trotz), & sprich den Satz “Es ist nicht
besser, sondern schlechter geworden” mit
“sondern” in der Bedeutung des Zeitwortes
aus! |
In welchen Zweig,
in welches Kapitel || In welches Kapitel der
Psychologie gehört das Wenn-Gefühl? || die Wenn-Empfindung? |
Bist Du auch sicher
daß es ein Wenn-Gefühl gibt? Nicht
vielleicht mehrere? Hast Du versucht, das Wort
147 in sehr verschiedenen
Zusammenhängen auszusprechen? (Wenn es
z.B. den Hauptton des Satzes trägt,
& wenn ihn das nächste Wort trägt.)
Bist Du sicher, daß in die ‘Wenn-Empfindung’ nicht der Klang des Worts “Wenn” & ein gewisser Tonfall eintritt? Denk Dir eine Sprache in der das Wort “Wenn” durch zwei von einander im Satz getrennte Wörter ersetzt wäre. Oder in der das dem Worte “Wenn” || ihm entsprechende ein fünfsilbiges Wort wäre. |
30.8.
Wann, außer
wenn er das Wort “wenn” ausspricht, hat ein Mensch
die Wenn-Empfindung || Hat man die Wenn-Empfindung
auch manchmal dann, wenn man das Wort “wenn” nicht
ausspricht? Es wäre doch jedenfalls
merkwürdig, wenn mir diese Ursache diese || die Empfindung hervorrufen sollte. Hat sich
James einmal gefragt, ob,
& wo, man sie sonst noch 148 hat? – Und so ist
es überhaupt mit der ‘Atmosphäre’ eines
Worts – warum sieht man es als so selbstverständlich an,
daß nur dies Wort diese Atmosphäre hat?
|
“Was für einen Ausdruck hat dieses Gesicht
nur? – denn es hat einen ganz bestimmten
Ausdruck.” – Man könnte vielleicht auch
sagen “Der Ausdruck fesselt mich”.
Ich möchte immer wieder hinschauen, muß mich immer wieder
fragen, was dieser Ausdruck bedeute, wie er zu beschreiben
wäre. – Nun, kann ein solches Problem nicht
ohne eine Lösung bestehen?! |
Wir wissen, wie es ausschaut, wenn Einer im Zimmer nach etwas
149 sucht. Kann es
nun nicht ein Benehmen geben, das dem des Suchenden ganz
ähnlich ist – hervorgerufen, ich weiß nicht wodurch
– & wobei doch nicht nach einem bestimmten Gegenstand
gesucht wird? (woraus übrigens nicht folgt,
daß nicht endlich irgend ein Gegenstand ergriffen wird,
als wäre nach ihm gesucht worden & das
‘Suchen’ nun zur Ruhe kommt.) |
Den Namenszug
Goethes identifiziere ich mit
Goethe. Was heißt das? Ich
habe bei ihm ein
Goethe-Gefühl. Ist es so: er scheint zu
allem zu passen, was ich sonst von
Goethe weiß? Und wie
äußern sich diese Erfahrungen?
Bloß, indem ich eben dies sage? Ist also die
psychologische Erscheinung einfach, daß ich so zu reden
geneigt bin? Ich könnte doch wieder sagen dieser Namenszug habe 150 eine gewisse Atmosphäre.
Ja, eine bestimmte Farbe: braun-gelb.
(Vielleicht wegen der Vokale ö, e.)
Und die Atmosphäre ist wieder unablöslich vom Ding. Ist also die psychologische Erscheinung, die mich interessiert, das Hypostasieren – eines Gefühls, einer Atmosphäre, etc.? |
Es ist ganz leicht möglich, daß meine
Schriften in ganz kurzer Zeit ganz unlesbar sein werden; weil
sie nämlich viel zu schwach sind. (Ich dachte an
Peter Altenberg.)
Was gähnend geschrieben wurde, wird gähnend gelesen
werden. |
Der Namenszug
Goethes mutet mich
goethisch an. Insofern ist er wie ein Gesicht,
denn vom Gesicht 151
Goethes könnte ich dasselbe sagen.
Es ist wie eine Spiegelung. Gehört dieses Phänomen zu dem: “ich war schon einmal in derselben Situation”? Oder ‘identifiziere’ ich die Unterschrift mit der Person, indem ich, z.B., die Unterschrift des Geliebten anzuschauen || anzusehen liebe, oder die Unterschrift des Bewunderten eingerahmt auf meinem Schreibtisch stelle? (Magie, die mit Bildern, Haaren, etc. getrieben wird.) |
Die vom Ding
unlösliche || untrennbare
Atmosphäre – sie ist also keine
Atmosphäre. Was mit einander innig assoziiert ist, assoziiert wurde, das scheint zusammenzupassen. Aber wie scheint es das? wie äußert sich's daß es zu passen scheint? Etwa so: Wir können uns nicht denken, daß der Mann, der so geheißen, so ausgeschaut, diese Unterschrift || Schriftzüge hatte, || , sich so unterschrieben hat, 152 nicht diese Werke, sondern
etwa ganz andere (die eines andern großen Mannes
etwa) hervorgebracht hat || hätte? || der so geheißen, so
ausgeschaut, der diese Schriftzüge hatte, nicht
diese Werke, sondern etwa ganz andere
(die eines andern großen Mannes) hervorgebracht
hat || hätte?
Wir können uns das nicht denken? Versuchen wir's denn? – |
Nun, es könnte so
sein: Denk Dir ein Maler wollte ein Bild entwerfen:
“Beethoven
beim Schreiben der 9ten
Symphonie” – ich könnte mir leicht
verschiedenes vorstellen, was etwa auf so einem Bild
zu sehen sein könnte. Aber wie, wenn
einer || Einer
sich sagte:
“Wie hätte Goethe ausgesehen beim Schreiben der
9ten
Symphonie?” || darstellen wollte, wie
Goethe ausgesehen
hätte beim Schreiben der 9ten
Symphonie? Da wüßte ich mir
nichts vorzustellen, was nicht
inkongruent || höchst unpassend & lächerlich
wäre. |
‘Der Samstag
hat ein Samstagsgefühl? Ist es
nicht eher, daß wir das Wort “Gefühl” falsch
153 zu gebrauchen geneigt
sind?
‘Jeder || Dieser Mensch hat,
eine eigentümliche Atmosphäre’ Nun, das
ist ein Bild, ein sehr naheliegendes Bild.
Schau ein altbekanntes Möbelstück, am alten Platz, in Deinem Zimmer an! “Es ist ein Teil eines Organismus”, möchtest Du sagen. Oder: “Nimm es heraus & es ist nicht || gar nicht mehr dasselbe || das, was es war” & dergleichen. || dasselbe.” Und natürlich denkt man da an keine kausale Abhängigkeit eines Teils von den andern || übrigen. Eher ist es so: Ich könnte diesem Ding einen Namen geben & von ihm etwa aussagen, daß es von seiner Stelle gerückt ist, einen Fleck hat, staubig ist, etc.; wollte ich es aber ganz aus seinem jetzigen Zusammenhang nehmen, 154 so würde ich sagen, es habe
aufgehört zu existieren & ein Anderes sei an
seine Stelle getreten. |
Ja, man könnte auch so
fühlen: “Es gehört alles zu
allem.” (Interne & externe
Relation.) Verrücke ein Stück & es ist
nicht mehr, was es war. Dieser Tisch ist dieser Tisch nur
in dieser Umgebung. Alles gehört zu allem.
[Ich glaube, so etwas hat Hegel gemeint.] Hier haben wir die
untrennbare Atmosphäre ||
Umgebung. Und was sagt, der das
sagt? Was für eine Darstellungsweise schlägt er
vor? – Ist es nicht die des gemalten Bildes? – Wenn z.B. der Tisch sich verschoben
hat, malst Du ein neues Bild vom Tisch mit seiner
Umgebung. 155 |
‘Ein ganz bestimmter
Ausdruck’. Dazu gehört auch, daß, wenn man
das Geringste || etwas ||
das Kleinste am || an dem
Gesicht ändert, sich so gleich der Ausdruck
ändert. |
Sein Name scheint auf seine Werke zu
passen. – Wie scheint er zu
passen? Nun, ich äußere mich etwa so. – Aber ist das alles? – Es ist als
bildete er || der Name mit diesen Werken ein
Ganzes || ein solides
Ganze. Sehen wir ihn, so kommen uns
die Werke in den Sinn, & denken wir an die Werke, so der
Name. Wir sprechen den Namen mit Ehrfurcht
aus. Der Name wird zu einer Geste; zu einer architektonischen Form. |
Wer das nicht verstünde || versteht, den würden wir etwa als
‘prosaisch’ 156 bezeichnen ||
bezeichnen wollen. Und ist das, was der ‘Bedeutungsblinde’ wäre? |
Seine
Hände passen zu seinem Gesicht || scheinen zu seinem
Gesicht zu passen. Es mag ja sein daß Gesicht
& Hände etwas gemeinsam haben, daß auf sie beide
eine Charakteristik anwendbar wäre. – Aber wir
kennen diesen Menschen mit diesem Gesicht & diesen
Händen, dadurch werden sie zu einem Ganzen.
Sozusagen zu einem Berg || einem
wesentlichen Bestandteil in der
Landschaft
unseres || unsres
Lebens. Jede andere Zusammenstellung
würde uns schockieren || ein Schock sein.
– Man könnte auch sagen, durch unsere Gewohnheit
wird nun diese Kombination zu einem Standard; sie wird
sozusagen gesetzgebend. || Gesetz. ||
gesetzkräftig. || Jede andere Zusammenstellung würde uns unrichtig erscheinen. Durch unsre Gewohnheit werden diese Formen 157 zu einem Paradigma; sie erhalten
sozusagen Gesetzeskraft || Gesetzeskraft.
(‘Die Macht der Gewohnheit’?) |
31.8.
Würdest Du Dir von Jedem erwarten, daß er
den Ausdruck verstünde & gebrauchte:
“Ich kann das Wort … auch so
hören”? Und warum nicht von
Jedem dem || dessen Sprache die Worte
“Schmerz”,
“Kitzel || ”, “Freude”,
“Sehnsucht”, etc.
geläufig sind? Du würdest Dir aber erwarten, daß der gewöhnliche Mensch ein Vexierbild versteht & sagen kann, er sähe jetzt diese Linien nicht mehr als Baumzweige sondern immer als menschliche Gestalt. Auch wird er verstehen, wenn ich ihm sage “Du mußt das Zeichen als Pfeil sehen, gleichsam als ”. Er wird sagen können, “Ach ja, das ist ja ein Pfeil” & wird 158 lächeln können.
Er wird auch den Weg der Figur
verstehen. Er wird auch sagen können “Ja, das Wort ‘Sabel’ klingt hier viel kräftiger als das Wort ‘Säbel’”. |
“Wenn Du
es || das Zeichen einmal als Pfeil siehst,
dann wirst Du's immer verstehen.”.
“Ich muß mir sagen ‘der Schaft ist
verlorengegangen’, dann kann ich's als Pfeil
sehen”. |
Wer die Worte “das Zeichen
als Pfeil sehen” nicht verstehen &
gebrauchen lernen kann, den nenne ich
“bedeutungsblind”. |
(Es wird keinen
Sinn haben, ihm zu sagen “Du mußt versuchen es als Pfeil
zu sehen” & man 159 wird ihm so nicht helfen
können. |
Ist, wer das nicht
verstünde, nicht ähnlich dem, den || dem
man durch eine Geste nicht lehren || beibringen kann,
mit welchem Ausdruck || musikalischen Ausdruck eine
bestimmte Phrase zu spielen ist? |
Denke Dir
Einen, der auf die Frage, ob er beim Aussprechen des Worts
“sondern” in seinen verschiedenen || zwei Bedeutungen verschiedenes in ihm vorgehe,
einfach “nein” antwortet. Oder Einer, dem die Aufforderung nichts sagen würde || sagt: “Sprich den Satz ‘Grün ist grün’, & meine mit dem ersten Wort einen Mann, mit dem letzten eine Eigenschaft!” – Aber muß dieser Mensch dann den Satz “Grün ist grün” ohne Verständnis hören, wenn wir von ihm 160 Gebrauch machen oder über seinen
Sinn im Zweifel seien? Oder folgt
daraus, daß er den Satz nicht selber wird verwenden
können? Folgt daraus, daß er nicht wird sagen
können, wie er die beiden Worte gemeint hat, als er diese Aussage
machte? |
Ja, aber wird || Aber wird er z.B., wenn
ich den Satz gesagt habe || aussprach, mir später sagen können:
“Ich hab Dich zuerst || damals falsch verstanden: Ich dachte,
“ist” sei das Gleichheitszeichen, &
das letzte Wort wieder der Eigenname”?
Warum nicht? – Auf die Frage, was beim Hören der Worte “ist grün” in ihm vorging, || vorgegangen ist, antwortet er wieder: “Gar nichts.” |
Nun sagst Du
ihm aber: “Wie denn ‘gar
nichts’! Du sagtest 161 doch, Du hast sie so
verstanden!” Darauf er:
“Ich dachte, Du hättest die Worte so gemeint; aber
ich hab mir das damals nicht gesagt. Hättest Du mich
aber || damals nach der Bedeutung der
Wörter gefragt, so hätte ich Dir diese
Erklärung gegeben.” |
Er lehnt es
ab, zu sagen, || : es sei damals in ihm etwas
vorgegangen; wie ich es ablehnen würde, zu sagen,
es gehe beim Mühlfahren können
etwas in mir vor.
|
Wie
ist es aber mit so einem Ausdruck: “Als
Du es sagtest, verstand ich es in meinem Herzen”?
Dabei deutet man auch auf's Herz. Und
meint man diese Gebärde etwa nicht?!
Freilich meint man sie. Oder ist man sich bewußt,
nur ein Bild zu gebrauchen? 162 Gewiß nicht! |
Aber
vielleicht, wenn Du ihn aufforderst, den Satz
“Grün ist grün” zu sagen &
ihn so zu meinen, macht er's vielleicht
so:
er || Er sagt
“Der Herr Grün ist noch sehr
grün” (oder dergleichen) || (oder er
begleitet den Satz mir Gebärden, und
ähnlichem). Und anders kann
er's nicht machen. |
Was geht dem verloren, der kein
absolutes Gehör hat? – Vielleicht etwas
weniger, als Einer glauben möchte, der es hat.
|
Denke, es könne Einer nicht leise, für sich,
zu lesen lernen || nicht lernen leise, für sich, zu
lesen! Er würde einfach nicht verstehen || verstünde einfach nicht, was damit gemeint ist.
Ich denke mir hier eine Menge Defekte, die selten, oder vielleicht nie, vorkommen, die vielleicht keine geringen Folgen hätten, & doch 163 den Menschen sehr wohl Mensch sein
ließen. |
Sei
nicht übermütig, & nicht unterwürfig, in
deiner Liebe! |
Die Gleichnisse
Shakespeare's sind, im gewöhnlichen Sinne,
schlecht. Sind sie also dennoch gut – & ob sie
es sind, weiß ich nicht – so müssen sie ihr eigenes
Gesetz sein. Ihr Klang könnte sie
z.B. wahrscheinlich, & zur Wahrheit,
machen. Es könnte sein, daß bei Shakespeare, William die Leichtigkeit, die Selbstherrlichkeit das Wesentliche ist, daß man ihn also hinnehmen müßte, um ihn wirklich bewundern zu können, wie man die Natur, eine Landschaft z.B., hinnimmt. Wenn ich darin Recht habe, so würde das heißen, daß der Stil 164 des ganzen Werkes, ich
meine, seiner gesamten Werke, || seiner gesamten Arbeit, hier das Wesentliche, &
Rechtfertigende, ist. |
Daß ich ihn nicht
verstehe, wäre dann damit zu erklären, daß ich ihn
nicht mit Leichtigkeit lesen kann.
Nicht so, also, wie man eine herrliche
Landschaft besieht. |
Wenn das Kind
sprechen lernt, wann entwickelt es da das
Bedeutungsgefühl?
Interessieren wir
uns dafür, wenn wir es sprechen lehren || Interessiert man
sich dafür, wenn man es sprechen
lehrt, wenn man seine Fortschritte im
Sprechen beobachtet? || Interessieren sich
die Leute dafür, wenn sie es sprechen lehren, seine Fortschritte
im Sprechen beobachten? |
Man kann auch,
beim Beobachten eines Tiers, eines Affen
z.B., || , wenn man ein Tier beobachtet,
z.B. einen Affen, der einen Gegenstand
untersucht & zerpflückt, sagen:
“Man sieht es geht etwas in ihm vor”.
165 Wie merkwürdig ist
das. Aber nicht merkwürdiger, als daß wir
sagen: die Liebe, die Überzeugung sei in unserm
Herzen! |
Wann & womit
fängt es also an, daß der Mensch
Bedeutungsgefühle äußert?
In welchen Spielen wird es sich zeigen? Wenn man ihn den Witz “Weiche, Wotan! Weiche!” verstehen lehrte, – hat er da Bedeutungsgefühle kennengelernt? |
1.9.
D.h.,
kennt er Bedeutungsgefühle, wenn er darüber
lacht? – Kennt er sie, wenn er sagt:
“Es scheint ein ganz anderes Wort zu sein.
Als hätten sie || die zwei nun eine Fläche
mit einander gemeinsam, aber einen ganz andern
Körper.”? Und wenn er nun
gar das Wort “weiche” vor sich hinsagt &
versucht einmal das eine, einmal das andere damit
166 zu
meinen, || – dann kennt er
Bedeutungsgefühle. Er wird dann aber auch
so reden können: Das Wort erscheine ihm,
wenn er es als Adjektiv hört, klein geschrieben, & als
Imperativ groß; oder das “ei”
& “ch” klinge im einen
Fall weich, im andern nicht; & dergleichen. Er
wird von Vorstellungen reden können, an die sich die Bedeutung zu
hängen scheint. Denn man will einen Unterschied im
Wort selbst, im Zeichen, sehen, & sagen daß dies
den Unterschied in der Bedeutung markiert || kennzeichnet. Man bildet sich sozusagen ein, es
wären hier wirklich zwei Wörter. |
Ist nicht
die Neigung, einen Bedeutungskörper zu denken
ähnlich der einen Ort des Denkens zu denken? – Müßte jeder Mensch die Neigung haben zu
sagen, er 167 denke im Kopf? –
Nun, es wird ihm dieser Ausdruck als Kind
beigebracht.
(“Kopfrechnen”). Aber
daraus entwickelt sich jedenfalls die Neigung (oder aus
ihr entstand der Ausdruck).
Jedenfalls, || – die Neigung ist dann
vorhanden. Und so auch die, von einem
Bedeutungskörper zu reden, oder
dergl., || (oder
dergl.), wie immer sie
entstanden ist. |
Reden wir nun auch von einem
‘Gefühl’ des Denkens im
Kopf? Wäre dies nicht ähnlich wie das
‘Bedeutungsgefühl’?
Auch: kann der nicht denken, der dies Gefühl nicht hätte? Ja; wer philosophiert oder psychologiert wird vielleicht sagen: “Ich fühle, ich denke im Kopf”. Aber was das nun heißt, das wird er nicht sagen können. Er wird nämlich nicht sagen können, 168 was das nun für ein
Gefühl ist; sondern || Sondern einfach den Ausdruck gebrauchen:
er ‘fühle’; als sagte er nämlich
“Ich fühle diesen Stich
hier”. Er ist sich also nicht bewußt,
daß hier noch zu untersuchen ist, was sein Ausdruck “ich
fühle” hier bedeutet, d.h.,
welche Konsequenzen wir aus dieser Äußerung ziehen
sollen || dürfen. Ob sie von der
Art derer sind, die wir aus der
Äußerung || Ob z.B. die,
die wir aus der Äußerung … “Ich
fühle den Stich hier” ziehen würden.
|
Man
könnte nämlich auch sagen:
“Ich fühle das Steigen der Preise im
Kopf”. Und ist das Unsinn?
In welches Kapitel der Psychologie aber gehörte dieses
Gefühl? Nicht in das von den Sinnesempfindungen,
– es sei denn, Einer sagte “wenn ich 169 diesen Schmerz im Kopf spüre,
steigen immer die Preise”. |
“Es gibt Bedeutungserlebnisse, denn ich kann
das Wort … einmal in dieser, einmal in der andern Bedeutung
denken.” || kann mir das Wort
… einmal in dieser, einmal in
der andern Bedeutung sagen.”
Das zeigt, daß es sie gibt, || :
daß ich das Wort einmal in der, einmal in der
Bedeutung erleben kann? Wie kommt denn das Wort
“Bedeutung” zum Wort
“erleben”? Wir gebrauchen ja hier einen
ungewöhnlichen Ausdruck!
Es wäre also weniger irreführend, zu sagen
“Ich möchte sagen, ich ‘erlebe’
die Bedeutung”. |
Könnte nicht Einer
sagen: “Ich habe ein Gefühl des
Ortes beim 170 Denken. Ich kann
z.B. den Gedanken … einmal im Kopf
& einmal im Herzen denken.” – || “Mein Denken hat einen Ort, denn ich
kann z.B. den Gedanken
… einmal im Kopf & einmal im Herzen
denken.” – Und
würde das zeigen, daß ein Gedanke einen Ort hat?
Ich meine: würde es etwas || das Erlebnis
des Denkens charakterisieren || näher
beschreiben? Nicht vielmehr ein neues
Erlebnis beschreiben? “Ich möchte sagen: ‘ich denke im Kopf || habe im Kopf gedacht’”. |
Die Grammatik von
“Ich möchte sagen
…”. Ich möchte sagen”
heißt hier, daß ich den Ausdruck spontan
verwende, daß er nicht im Sinne einer Technik gebraucht wird, die
ich gelernt habe. |
Man kann den Befehl befolgen
“Denk an gar nichts!”,
“Make your mind a
blank” 171 |
So wie man die Redensart
“im Kopf”, in Verbindung mit dem Denken
gelernt hat, so hat man auch die
Redensart || auch: “das Wort hat diese
(oder, eine) Bedeutung”, & alle Phrasen, die
damit verwandt sind. Auch die Ausdrucksweise:
“diese beiden Wörter klingen nur gleich, haben
sonst aber || aber sonst
nichts miteinander zu tun” & viele
ähnliche. Und das Bedeutungserlebnis folgt eigentlich
genau diesen Redewendungen.
(Die doch auch eine gänzlich andere
Form haben könnten – das französische
“vouloir dire”
z.B..) |
Ist also das
Bedeutungserlebnis nur eine Einbildung? Nun,
wenn es auch eine Einbildung ist, so ist das Erlebnis dieser
Einbildung dadurch nicht weniger interessant.
172 |
Es ist übrigens
merkwürdig || auffallend,
daß das Wort “Assoziation” in meinen
Bemerkungen || Betrachtungen eine so geringe Rolle
spielt. Ich glaube, daß dieses Wort in äußerst
vager, verschwommener Weise verwendet wird, &
für ganz unähnliche Erscheinungen. |
Über
einen feinen ästhetischen Unterschied läßt sich eine
Menge sagen – || vieles sagen – das ist
sehr wichtig || wesentlich.
D.h., die erste Äußerung ist freilich
bloß “Dies Wort paßt, dies
nicht”, oder dergleichen; aber nun können noch alle
weitverzweigten Zusammenhänge erklärt || erörtert werden, die jedes dieser Wörter
schlägt. Das heißt, es ist eben nicht mit
jenem ersten Urteil abgetan, sondern es ist das Feld jedes
Wortes, worauf's ankommt. 173 |
Überhaupt verlege ich
meine || die Aufmerksamkeit auf das Feld der
Worte, statt auf die Vorgänge, die sie || die die Worte begleiten. (A.
Watson machte diese
Bemerkung.) |
Nennt man das
Bedeutungserlebnis eine Einbildung, oder das Erlebnis des
Denkens im Kopf, so mag dies bestehen bleiben, wenn man damit nichts
geringschätziges über das Erlebnis gesagt haben will,
sondern es nur in eine bestimmte Klasse von
Erlebnissen, in ein bestimmtes Kapitel der
Psychologie einordnet. |
Die Wochentage haben
für mich ein jeder einen besondern Charakter, beinahe eine
besondere Farbe. Montag, Mittwoch, Freitag sind fett,
die andern, ausgenommen 174 den Sonntag, mager; Dienstag hat
etwas gelbliches & schwarzes. Nun glaube ich zu
wissen woher diese Empfindungen rühren. Sie
kommen von zwei Lehrerinnen, die seinerzeit abwechselnd zu mir zu
jenen Tagen kamen. Aber obwohl ich die Sache so
erkläre, so habe ich die Empfindungen gehabt, ehe mir die
Erklärung eingefallen war. Und ich will sie daher,
ohne auf die Erklärung einer Wert zu legen,
betrachten. |
Aber kann ich denn
nicht sein Wort dafür nehmen, daß er
im Kopfe denkt (daß er diese
Bedeutung erlebt), daß es eben subjektiv so
ist? Ich glaube, daß er nicht lügt; aber ich
verstehe ja noch gar nicht, was ich auf Treu &
Glauben annehmen || hinnehmen soll. 175 Daß es
“subjektiv so ist”, || : das
hieße etwa, daß das Denken im subjektiven Abbild des Kopfes
vorsichgeht. Aber was das heißen soll, weiß ich gar
nicht. Ich kann glauben, daß er geneigt ist,
das zu sagen. Dann lügt er also nicht. |
Warum soll
denn das Bedeutungserlebnis wichtig sein?! Er
sagte das Wort, sagt, er habe es jetzt in dieser Bedeutung gesagt,
dann in jener. Ich sage das
Gleiche. Mit dem gewöhnlichen &
wichtigen Gebrauch des Ausdrucks “Ich habe mit
dem Wort das gemeint” hat das offenbar nichts zu
tun. Was ist also das Merkwürdige?
Daß wir so etwas sagen? Das ist natürlich
interessant. Aber das Interesse liegt hier nicht auf dem
Begriff der ‘Bedeutung eines 176 Wortes, sondern auf einer || der Reihe ähnlicher ||
analoger psychologischer Erscheinungen, die,
im allgemeinen, mit Wortbedeutung nichts zu tun haben. |
Warum soll das Bedeutungserlebnis wichtig
sein?! – Selbst wenn es wichtig
ist, könnte es doch ganz unwichtig sein!
|
Der Mensch sieht wohl, was er hat, aber nicht, was er ist.
Was er ist, ist gleichsam wie seine Höhe über dem
Meeresspiegel, die man meistens nicht ohne weiteres beurteilen
kann. Und die Größe, oder Kleinheit eines
Werks hängt davon ab, wo der steht, der es gemacht hat.
Man kann aber auch sagen: Der ist nie groß, der sich selbst verkennt, || : der sich also einen 177 blauen Dunst vormacht.
|
Es sagt jemand, etwa im Sprachunterricht,
“Reden wir über das Wort
‘Weiche’”. Ich
frage: “Meinst Du das Zeitwort, das
Eigenschaftswort oder das Hauptwort?” –
Er: “Ich meine das
Hauptwort.” Muß er da, oder muß ich ein
Bedeutungserlebnis gehabt haben? Nein.
Aber daß uns Vorstellungen bei diesem Gespräch vorgeschwebt
haben ist wahrscheinlich. Sie würden etwa die
Rolle spielen wie ein Kritzeln während des Redens || Sprechens. Wenn etwa Einer || Wer
etwa gewöhnt ist || wäre
während des Gesprächs || beim
Gespräch zu kritzeln & es
gut & leicht kann || gut & leicht zeichnete || auf einem Papier zu kritzeln, so würde er || der
würde vielleicht einmal eine Weiche zeichnen, einmal ein
Ei, & einmal vielleicht das Wort
“Weiche!” schreiben.
Und wenn von einer Weiche die Rede wäre & er zeichnete dabei 178 ein Ei, so könnte ihn
das vom Gespräch abziehen; zeichnet er aber Schienen, so
bliebe er bei der Sache. |
2.9. Inwiefern
kann Kritzeln mit dem Spiel der Vorstellungen verglichen
werden? || kann man Kritzeln mit dem Spiel der
Vorstellungen vergleichen? –
Denk Dir einen Menschen, der von
Kind auf bei allen Gelegenheiten, wo wir sagen würden, er stellt
sich etwas vor Zeichenbewegungen mit der Hand ausführt || Menschen, die von Kind auf bei allen Gelegenheiten, wo wir sagen
würden, sie stellen sich etwas vor Zeichenbewegungen mit der Hand
ausführen. Gibt man ihnen dann einen Stift in
die Hand so zeichnen sie mit großer Geschwindigkeit. |
Aber tut
denn der gewöhnliche Mensch nicht etwas ganz
ähnliches? Er zeichnet zwar
nicht aber ‘beschreibt seine Vorstellung’,
d.h., statt zu zeichnen spricht
er. 179 Oder er gebraucht Gebärden um
z.B. einen Menschen, den er sich vorstellt
darzustellen! Muß ich denn annehmen, daß er diese Beschreibung, diese Gebärden von etwas abliest?! Was spricht dafür? – Nun, er sagt etwa “Ich sehe ihn vor mir!” & dann stellt er ihn dar. Aber hätte ich ihn, statt diesen Ausdruck, zu sagen gelehrt: “Jetzt weiß ich, wie er aussieht”, oder “Jetzt kann ich sagen, wie er aussieht”, oder “Jetzt werde ich Dir sagen, wie er aussieht”, – so wäre das gefährliche Bild eliminiert. (Tennis ohne Ball). |
Was ich sage
ist: es ist, im normalen Sinne, kein Bild da, –
auch nicht eines, das nur er sieht. Denn ein Bild
ist nur etwas, was einer anschaut. Etwas, was er
vor sich hat. 180 Ich sage also
wieder, || : der Ausdruck
“privat”, die Idee vom
‘privaten Bild’ ist irreführend.
|
Wenn die
Darstellungsweise || Darstellungsmethode willkürlich ist, warum lernen dann
nicht alle Menschen eine || die gleiche
Sprache – was doch so viel praktischer
wäre! |
Die Mächte die
bestimmen, wie dargestellt wird, || Die Mächte, die die
Darstellungsweise || Art & Weise der
Darstellung bestimmen, sind so
gewaltig || groß, wie die, die auf
die Wahrheit der Darstellung dringen. || , die
über die Wahrheit wachen. |
Welch
ein kleiner Gedanke doch ein ganzes Leben füllen kann!
181 |
Wie man doch sein ganzes
Leben lang dasselbe kleine Ländchen bereisen kann, &
meinen, es gäbe nichts außer ihm! Man sieht alles in einer merkwürdigen Perspektive (oder Projektion): das Land, was man unaufhörlich bereist, kommt einem ungeheuer groß vor; alle umgebenden Länder sieht man nur wie schmale Randgebiete. || sieht man nur wie schmale Ränder. |
Plinius' Bemerkung, alle || nach je
zehn Zahlen änderte sich etwas an den Anzahlen (oder dergleichen), änderte sich etwa die Art
der Zahlen. – Nun es ändert sich ja wirklich
etwas: Nämlich unsere Reaktion. Aber wir
können doch auch sagen, der Aspekt der Zahlen ändere
sich. Warum soll man eigentlich nicht sagen, nach je zehn Zahlen beginne immer eine neue Zahlenart? 182 Freilich wird das nur Einer
sagen, in dem eine bestimmte Darstellungsart mächtig ist;
nicht Einer, der gelernt hat in allen möglichen
Zahlensystemen zu zählen. |
Um in die Tiefe zu steigen, braucht man nicht weit reisen; you can do it in your own back-garden. || ; ja Du brauchst nicht einmal Deine nächste || brauchst dazu nicht Deine nächste … & gewöhnliche Umgebung dazu verlassen. |
Der Dichter ist der, der viel in seine Worte hineinlegen kann, wie
seltsam dieses Gleichnis! Wie kann ein Bild
stimmungsvoll sein? [Der
Lokalzug﹖] Ein Bild von (?) es
heißt “Le train de
…?”. Man sieht Felder &
Hecken, & an einer unauffälligen Stelle
schleicht, kaum sichtbar, ein kleiner Zug
entlang || einer Hecke entlang schleicht, halb verdeckt, von ihr, ein
kleiner Zug. Was heißt das nun, 183 daß das Bild || das ganze Bild in eine starke
Atmosphäre getaucht ist? – Sie ließe
sich beschreiben, aber nicht mit wenig || wenigen
Worten. Es ist ein ganzes menschliches Leben,
das mit diesem || dem Bild zusammenhängt.
(Das gleichsam der Bedeutungskörper des Bildes
ausmacht || sein Bedeutungskörper ist.) || eine
ganze Art des
Lebens || Lebensführung || Lebensweise, die mit dem
Bild zusammenhängt. (Die gleichsam sein
Bedeutungskörper ist.) || Es ist eine ganze Lebensweise
der || von Menschen, die mit diesem Bild
zusammenhängt. (Die gleichsam sein
Bedeutungskörper ist.)
|
Wann erlebe ich nun die Atmosphäre des
Bilds? Erst wenn ich sie beschreibe?
Nein. Sie berührt
mich, || schlägt mir entgegen, sobald || Sie rührt mich an, sobald
… ich das Bild sehe. ||
Sie berührt mich wie ein Geruch, sobald ich das Bild
ansehe || sehe. ||
Sie trifft mich, beinah wie ein Geruch, sobald
ich das Bild sehe. || Ich fühle sie – beinahe wie einen
Geruch – sobald ich das Bild sehe.
|
Wie finde ich das
‘richtige’ Wort? Es ist allerdings
als vergliche ich Worte nach feinen
Geschmacksunterschieden. Dies ist zu sehr
… , 184 dies zu sehr
… . Das || ; das ist das richtige. || Wie finde ich das
‘richtige’ Wort? Wie wähle ich
unter den Worten? Es ist allerdings, als vergliche ich
sie nach feinen Unterschieden des Geschmacks || Geruchs || Aromas. Aber ich
muß nicht immer urteilen || beurteilen,
erklären, warum dies oder dies Wort nicht
stimmt. Es stimmt einfach noch
nicht. Ich suche eben weiter, bin nicht befriedigt.
Endlich komme ich zur Ruhe, || ; bin
befriedigt. So schaut eben das Suchen
aus; & so das Finden. |
Was ist
das nun für ein Erlebnis, das Erlebnis der
Atmosphäre? – Wie
äußert es sich? Ich schaue, verziehe
mein Gesicht; mache einen Ausruf (dazu ist eben
der || ein Ausruf da!); später
beschreibe ich in der
Vergangenheitsform || retrospektiv meinen Eindruck, analysiere ihn || meine Empfindung,
analysiere sie – d.h., so
nenne ich's. 185 |
“Ich entwickle, was
in ihm steckt.” – Wie weiß ich,
daß es || das in ihm war? –
So ist es nicht. Man kann auch nicht fragen:
“Wie weiß ich, daß ich das wirklich
geträumt habe?” – Es steckt in ihm,
weil ich sage, daß es in ihm steckt. Oder
besser: weil ich geneigt bin zu sagen … – Und
was ist das für ein sonderbares || seltsames Erlebnis: geneigt sein, zu sagen
…? Gar keins. |
Wenn ich aber
gestorben wäre, noch ehe ich das alles entwickeln konnte, –
wäre es dann nicht in meinem Erlebnis enthalten
gewesen? – Die Antwort
“Nein” auf diese Frage ist falsch; die Antwort
“Ja” muß es auch sein.
“Nein” würde heißen: Wenn Einer einen Traum nicht erzählt, so ist es falsch, zu sagen, er habe ihn gehabt. Es wäre unrichtig zu sagen: 186 “Ich weiß nicht, ob
er geträumt hat; er hat nichts darüber
gesagt.” “Ja” würde heißen: Er mag wohl geträumt haben, auch wenn er es nicht berichtet. Aber das soll doch keine psychologische Aussage sein! Also eine logische. Also soll es besagen, daß es Sinn hat zu sagen, || dies Sinn hat: “Er hat geträumt, es aber nicht gesagt || erzählt”; || – aber das hat Sinn, wenn der Satz || dies Sinn hat: “Er hat geträumt & hat es erzählt”. |
3.9.
Es ist sehr
merkwürdig, daß man zu meinen geneigt ist, die
Zivilisation – die Häuser, Straßen, Wagen,
etc. – entfernten den Menschen von seinem
Ursprung, vom Hohen, Unendlichen,
u.s.f.. Es scheint dann, als
wäre die zivilisierte Umgebung, auch die Bäume
& Pflanzen in ihr, billig, 187 eingewickelt || eingeschlagen in Zellophan, & isoliert von allem
Großen & sozusagen von
Gott. Es ist ein
merkwürdiges Bild, was sich einem da
aufdrängt. |
“Kann einer nicht
träumen & es doch niemandem mitteilen?”
– Gewiß; || : er kann ja träumen
und es jemandem mitteilen. |
Ein
Dichter || Schriftsteller || Romanschreiber kann
uns mitteilen || erzählen, daß der Held
einer Geschichte || der Erzählung || einer seiner
Charaktere einen Traum hatte, den er || & ihn
niemandem mitteilt || Wir lesen in einer Erzählung, der
Held habe einen Traum gehabt, & ihn niemandem
mitgeteilt. Wir fragen nicht, wie der
Dichter || Autor das erfahren konnte. –
Verstehen wir es nicht, wenn L.
Strachey
Vermutungen darüber anstellt, was die
Königin Victoria knapp
vor ihrem Tode im Geiste vor sich gesehen haben mag?
Freilich – aber verstanden (die)
Leute nicht auch die Frage, 188 wie viele Seelen auf einer
Nadelspitze Platz hätten?
D.h.: die Frage, ob man das nicht
versteht, hilft uns hier nicht; wir müssen fragen, was
wir mit einem solchen Satz anfangen können. –
Daß wir den Satz verwenden, ist klar; wie
wir ihn verwenden, ist die Frage. |
Daß wir
den Satz verwenden, sagt uns noch nichts, weil wir die gewaltigen
Verschiedenheiten der Verwendungen erkennen. Wir
sehen also das Problem im Wie. |
Nun
nocheinmal: – Menschen teilen
uns beim || nach dem Erwachen eine
Erzählung mit; wir lehren sie darauf den Ausdruck
“Mir träumte || hat
geträumt’ … & nun folgt die
Erzählung. 189 Ich frage sie nun || dann manchmal: “Hat Dir
heute nacht etwas
geträumt?” & erhalte manchmal eine
bejahende, manchmal eine verneinende Antwort, manchmal eine
Traumerzählung, manchmal keine. Das ist das
Sprachspiel. (Ich habe jetzt angenommen,
daß ich selbst nicht träume. Aber ich habe ja auch
keine Gefühle einer unsichtbaren
Gegenwart & Andere haben es, & ich kann sie
über ihre Erfahrungen
befragen || ausfragen.)
Muß ich nun in diesem Falle eine Annahme darüber machen, ob diese Leute ihr Gedächtnis getäuscht hat, oder nicht; ob sie wirklich während des Schlafs diese Bilder vor sich gesehen haben, oder ob es ihnen nur nach dem Erwachen so vorkommt? Und welchen Sinn hat 190 diese Frage. – Und
welches Interesse?! Fragen wir uns das je,
wenn uns Einer einen Traum
erzählt? Und wenn nicht, – ist es, weil wir
sicher sind sein Gedächtnis werde ihn nicht getäuscht
haben? (Und angenommen, er wäre ein Mensch
mit ganz besonders schlechtem Gedächtnis!)
|
Und heißt das aber nun, es sei unsinnig je die Frage
zu stellen, || : ob in der Nacht wirklich der
Traum vor sich gegangen sei, oder ob der Traum ein
Gedächtnisphänomen des Erwachten sei?
Nun, es || Es
kommt darauf an was wir damit meinen,
d.h.: welche Verwendung wir von
dieser Frage machen. Denn machen wir uns
dies Bild vom Traum: daß vor des Träumenden || Schlafenden Seele ein Bild schwebt (wie es etwa
auf einem Gemälde dargestellt 191 wäre) dann hat es natürlich
Sinn diese Frage zu stellen. Man fragt
damit: Ist es so, oder so
– & jedem “so” entspricht ein anderes
Bild. |
Zurück zu dem
Sprachspiel von der Traumerzählung: Einer sagt mir
einmal: “Was ich heute nacht geträumt habe,
werde ich niemandem erzählen.” Nun, hat das
Sinn? Warum nicht?! Soll ich nach
dem, was ich über den Ursprung des Sprachspiels gesagt
habe, sagen, es 192 habe keinen Sinn, – da
ja das ursprüngliche Phänomen eben die
Traumerzählung war? Durchaus
nicht! |
Ich
erfinde || erdenke oft eine Möglichkeit, die mir
selbst phantastisch
erscheint || scheint,
& nachher erkenne ich, daß es das gibt, || – nur auf einem etwas abgelegenen Gebiet || andern Gebiet || nur auf einem Gebiet, das
außer meinem Gesichtskreis war || lag. Ich mag ein
Spiel erfinden das mit dem Gesichtssinn gespielt wird,
& nachher || später
erkenne ich || komme ich
drauf || fällt mir
ein, daß es ein altbekanntes Spiel mit
dem Gehörsinn ist. |
Eine Eisenbahnstation
mit allen ihren Einrichtungen, mit den
Telegraphenstangen & Telegraphendraht
repräsentiert || ‘stands
for’: || bedeutet
für uns 193 ein weitverzweigtes
Verkehrssystem. Aber auf dem Mars findet sich
dieses Gebäude mit allen
Einrichtungen || allem drum & dran, auch mit einem
Stück Geleise, & bedeutet dort nichts
dergleichen. |
Denk Dir eine Maschine,
z.B., ein Uhrwerk.
Aber wer sagt, daß die Räder sich drehen
können? Ein Rad auf einer Welle in Lagern, die nicht
zu knapp passen, können wir drehen. Aber es wäre
doch denkbar, daß sich einmal eines nicht drehen läßt; eine
Ursache braucht nie bekannt zu sein. Oder: Wenn
wir nun ein solches Rad einmal leicht umdrehen können,
nehmen wir an, daß es auch öfter ebenso gehen wird.
Aber vielleicht geht es nicht. Aber an diese
Möglichkeit denken wir gar nicht, 194 & uns ist der
Mechanismus das Symbol einer Bewegungsweise. || & uns bedeutet der Mechanismus eine
Bewegungsweise. |
“Der
Geist meint (eben) mit dem Wort
einmal das eine, einmal das andere.” Das
klingt gar nicht absurd. Es scheint, der Geist kann ihm
eine Bedeutung beilegen. Aber scheint es
nur so? Kann denn das Schein sein? Es ist, als ob die Bedeutung dem Geiste vorschwebe, im Geiste auftauche wie ein Bild. Ähnlich || ; ähnlich wie im Dampf eines Hexenkessels Gestalten auftauchen können. || eine Gestalt im Dampf des Hexenkessels. || wie ein Bild. |
“Es scheint, der Geist kann
dem Wort (eine) Bedeutung geben”
– ist das nicht als sagte ich: “Es
scheint, daß im Benzol die C-Atome auf || an den
Ecken eines Sechsecks 195 liegen”?
Das ist doch kein Schein; es ist ein
Bild. |
4.9.
‘Denken während man
redet.’ Ich sagte:
das || Das
Denken sei keine Begleitung des Redens. Das kann
natürlich nur heißen: der Ausdruck
“Begleitung” ist irreführend.
Und das heißt, er verwischt logische Züge
(des Begriffs), schickt uns
– wenn wir Klarheit haben wollen – auf
die Jagd nach Chimäre ||
Phantomen. || – wenn wir
Klarheit verlangen – auf die Jagd nach
Phantomen. |
Denke aber, wo man
“begleiten” zu verwenden geneigt ist, & wo
nicht. Von der gesungenen Melodie wird
man vielleicht sagen, sie begleitet die Worte des Lieds.
Aber auch vom Tonfall der gewöhnlichen Rede? 196 |
“Das ist das
Sprachspiel” – sagte ich, als ich
die Verwendung || das
Auftreten || Phänomen & Verwendung
der Traumerzählung beschrieben hatte. –
“Aber ist es nicht das:
die || Die
Menschen träumen; sie berichten manchmal ihre Träume
(wahrheitsgemäß, lügenhaft, etc.);
wir wissen, was sie meinen, weil wir auch Menschen sind,
Erfahrungen haben; wir reagieren nun || fragen
nun, antworten nun
etc. || u.s.f.,
wie in Beziehung auf jeden anderen
Bericht || bezüglich jedes andern Berichts einer
Tatsache”. || wie im || in
dem Falle jedes andern Berichts (einer
Tatsache).” || (Wie es aber kommt, daß wir einander verstehen, das
ist hier unwesentlich.)” || eine andere
Frage.”
Das, was hier ausgelassen || übergangen ist, ist
das Kriterium der Identität des
Erlebnisses || (des Traums). Wenn das
Sprachspiel das Wesen 197 des Traumes offenbaren soll, so dies
Kriterium der Identität. Das Kriterium der Identität ausgedrückt in den Spielhandlungen. D.h.: die Beschreibung der Spielhandlungen analysiere ich nicht, sondern die Beschreibungen der Psychologie. |
Rede ich in
der Beschreibung des Sprachspiels vom Traum, so verhülle ich
gerade das, was ich aufdecken will. || , was
mich interessiert. |
Ich will freilich
nicht eine Definition des Worts “Traum”
geben, aber doch etwas tun, was dem ähnlich ist: den
Gebrauch des Wortes beschreiben. Meine Frage lautet also
ungefähr so: “Wenn ich zu einem fremden
Stamm mit mir unbekannter 198 Sprache käme, & sie
hätten einen Ausdruck, der unserm
“Ich || ich
träume”,
“Er || er
träumt”, etc., entspricht, –
wie fände ich heraus, daß es so ist; wie
wüßte ich, welche Ausdrücke jener || ihrer
Sprache ich in diese unsre Ausdrücke || Ausdrücke
der unseren übersetzen soll?”
Denn dies herauszufinden ist ja eben analog || ähnlich dem, herauszufinden, welches ihrer Worte ich in unser Wort “Tisch” übersetzen soll. Ich frage mich da freilich nicht “Wie nennen sie dies?”, indem ich auf etwas zeige. Obwohl ich auch das fragen könnte und dabei etwa auf eine symbolische Darstellung des Traumes oder eines Träumenden deuten könnte. |
Auch das ist zu
sagen, ‘daß 199 das Kind nicht unbedingt so
den Gebrauch des Worts “träumen” lernen muß,
daß es zuerst bloß
etwas || eine Begebenheit beim Erwachen
erzählt & wir ihm dann das Wort “Mir hat
geträumt” beibringen. Es ist ja auch so
möglich, daß ein || das Kind den
Erwachsenen sagen hört, er habe geträumt & nun
von sich das gleiche sagt & einen Traum erzählt.
Ich sage nicht: daß das Kind
errät, was der Erwachsene meint; genug: es
gebraucht eines Tages das Wort & gebraucht es unter den
Umständen, unter denen wir's gebrauchen. |
Die Frage
ist also eigentlich
nicht, || :
“Wie lernt er die Verwendung des
Worts”, als || sondern
“Wie 200 zeigt sich's
(mir), daß er es wie wir
verwendet. || verwendet, wie
wir? |
“Ewiges
Düstre steigt herunter”. Kann man
sagen “Nun, es scheint als ob
es herunterstiege”? Haben wir denn eine
Halluzination von etwas Düstrem
etc.? – Was macht also diese Worte
treffend? – “Nun, wir verstehen
sie.” Wir sagen z.B.:
“Ja, ich weiß genau, wie das ist” &
nun können wir unsere Gefühle & unser Benehmen
beschreiben. |
“Bei
vollkommen äußern Sinnen walten Finsternisse
drinnen.” Warum ist das ein gewaltiges
Bild? “Ja, ganz so ist es!”
Wie kommt es, daß man das von etwas sagen kann, was || was doch eingestandenermaßen nur ein Bild
ist? “Also gibt es ein gewaltiges Bild” will ich sagen. 201 |
Wenn eine Landschaft im Dunst liegt,
könnte man glauben, das mache sie
geheimnisvoll. Und nun könnte
Einer sagen: Nimm den Dunst weg, daß alles in
klarstem Lichte erscheint – || liegt –
& nun ist alles || sie noch
viel unheimlicher! |
Vorher lag sie im Dunst
eingehüllt; nun ist sie nackt, & nur noch
vom Absoluten || Sein
umgeben. |
“Wenn Du vom Traum, vom
Denken, von der Empfindung redest, – scheinen nicht alle
diese Dinge das Geheimnisvolle zu verlieren, was ihr wesentliches
Merkmal zu sein scheint?” Warum soll der Traum
geheimnisvoller sein, als der Tisch? Warum sollen sie
nicht beide gleich geheimnisvoll 202 sein? |
“Der Dunst, der der Charakter || das
Charakteristische dieser Phänomene zu sein scheint, scheint
(doch) || hier ||
bei Dir zu verschwinden.”
Der Dunst verschwindet; statt dessen tritt der durchsichtige
Äther. || “Der Dunst, der der
Charakter der seelischen Phänomene zu sein scheint, der
scheint zu verschwinden!”
Der Dunst verschwindet; statt dessen tritt
der durchsichtige Äther. |
5.9.
Fühle mich ziemlich schlecht, voller
Bangen. |
Ein Zimmer, das im Halbdunkel liegt,
oder das dunkle Ecken hat, mag unheimlich sein; aber viel unheimlicher
ist es, glaube ich, von außen durch
ein || durchs Fenster in ein ganz hell erleuchtetes,
(aber) menschenleeres Zimmer zu
sehen. Wenn das Unheimliche das Unbekannte ist, so ist das || dies im ersten 203 Fall etwas unbekannt
– menschliches || irdisches, im
zweiten aber ist alles irdische bekannt.
|
“Das Phänomen als Pfeil,
oder anders zu sehen ist doch ein wahrhaftes visuelles
Phänomen; auch wenn es nicht so greifbar ||
handgreiflich ist wie das der Form &
Farbe.” Wie sollte es kein
visuelles Phänomen sein?! – Wer, der
davon spricht (außer wenn er Philosophie oder Psychologie
treibt) zweifelt daran? Fragen wir nicht einen
Menschen danach & erzählen ihm davon wie von jedem andern
Sehphänomen? Ich will sagen: Reden wir
davon etwa mehr zaghaft als von dieser, mit dem
Verdacht, daß, was wir sagen vielleicht keinen
rechten || klaren Sinn hat || , was wir sagen habe
vielleicht keinen klaren Sinn? Gewiß
nicht. Aber nun sind dennoch
Unterschiede vorhanden. Die, welche
wir durch den Ausdruck 204 “weniger
handgreiflich” andeuten. Nur ist es so: Wenn ich einem || Einem zwei Substanzen vorlege so kann ich sagen: “Fühl diese hier an? Findest Du nicht auch daß sie sich weicher, flaumiger, anfühlt || angreift?” Und bejaht er es, so sage ich etwa: “Ja, das fühle ich auch. Es ist also ein Unterschied [1046 279 | | 280]1 zwischen ihnen”. D.h.: ich habe es mir nicht bloß eingebildet.) – Anders ist es aber mit den psychischen Phänomenen. Wenn ich sage: “Dies ist weniger handgreiflich als jenes” – nämlich wesentlich || als unzeitlichen Satz weniger handgreiflich – so beruht dies nicht auf einem Konsensus der Urteile, nicht darauf, daß wir Alle das auch fühlen (wenn wir das Erlebnis ‘betrachten’). |
6.9.
Steck das Phänomen nicht
205 in die falsche
Lade. In ihr schaut es geisterhaft, ungreifbar,
etc., || befremdend,
aus. Richtig betrachtet, kommt uns seine
‘Ungreifbarkeit’ so wenig zu
Bewußtsein, wie die der Zeit, wenn wir sagen || hören: “Es ist Zeit, zum Essen
zu gehen”. || Mittagessen”.
|
Die Beunruhigung der zwiespältigen
Einteilung || Betrachtungsart. ||
der Einteilung, die einen Zwiespalt erzeugt. || der falschen Lade. || Die Beunruhigung der schlecht sitzenden
Einteilung. |
7.9.
“Dieser Kaffee hat gar keinen
Geschmack”. “Dies Gesicht hat
gar keinen Ausdruck”. Der Gegensatz
davon || dazu ist “Es hat einen ganz
bestimmten Ausdruck” (obwohl ich nicht sagen
könnte, welchen). An einen starken Ausdruck könnte sich z.B. gleich eine Geschichte knüpfen. Oder das Suchen nach einer Geschichte. 206
Wenn man vom rätselhaften
Lächeln der Mona Lisa spricht, so heißt das doch wohl, daß man
sich fragt: In welcher Situation, welcher Geschichte,
lächelt man so? || könnte man so
lächeln? Und es wäre also denkbar,
daß jemand eine Lösung fände; daß er eine Geschichte
erzählte, & wir uns
sagten, || : “Ja,
das ist der Ausdruck, den dieser Charakter hier
angenommen hätte”. |
Der
Ausdruck “ein ganz bestimmter
Charakter” benützt die Strecke, auf der man
dann zu einer Spezifikation2
des Charakters übergeht, zur Bezeichnung
dessen, was mich stark beeindruckt. || was
mich fesselt.
|| des
Charakters übergeht, dort, wo uns etwas || ein Anblick
anzieht, fesselt. Man sagt:
“Ich muß immer wieder hinschauen.”
– Man steht davor & schaut es an; während man
sich 207 von dem andern uninteressiert
wegwendet.
|
Die Reaktion
“Was bedeutet es nur?” –
muß nicht eine mögliche Antwort haben. || muß nicht eine Frage mit einer Antwort
sein. [Gehört auch
zum ‘Traum’.] |
Sich an ein
bestimmtes
kinästhetisches
Gefühl erinnern – sich an das Gesichtsbild einer
Bewegung erinnern. – Mach die gleiche Bewegung
mit dem rechten & dem linken Daumen, & sag || urteile ob die
kinästhetischen Empfindungen dieselben
sind! – Hast Du ein
Erinnerungsbild der
kinästhetischen Empfindung beim
Gehen? – Wenn Du müde bist, oder Schmerzen
hast, Muskelschmerzen 208 oder ein Brennen der Haut, –
sind die Empfindungen beim Bewegen des Gliedes
die gleichen, wie in einem andern Zustand? Aber bist Du
dann manchmal im Zweifel, ob Du jetzt wirklich das Bein gehoben hast,
weil das Gefühl so ganz anders ist? – Lokalisierst Du wirklich die Empfindungen bei der
Bewegung ins || in den
Gelenken? || Empfindest Du die Bewegung
wirklich in den Gelenken? |
Du hörst
manchmal Einen sagen “Ich stell mir seine
Haltung lebhaft vor” oder “seine
Stimme” – aber jemals: “Ich stelle
mir die Empfindung bei dieser Handbewegung lebhaft
vor”?! Und warum
nicht? Stellt man sich's vor & sagt's nur nicht? 209 |
Was ¤ sollen wir antworten,
wenn uns jemand entgegnet: “Wenn Du einem
Menschen bei einer Bewegung die Hand
(z.B.) führst, so
gibst || zeigst Du ihm eben damit ein bestimmtes
kinästhetisches Gefühl,
welches er dann reproduziert, wenn er die Bewegung nun auf
Befehl wiederholt”? Und kann man sagen,
daß er wohl von dem Gesichtsbild der Bewegung
so || in dieser Weise
geleitet werden könne, aber nicht von einem
kinästhetischen Bild? |
Wie wichtig
ist es, daß es eine bildliche Darstellung der
visuellen Bewegung gibt & nichts ihr
Entsprechendes für die
‘kinästhetische Bewegung’?
Mach eine Bewegung, die so ausschaut!” – “Mach eine Bewegung, 210 die diesen Klang
erzeugt!” – Mach eine Bewegung, die
dieses kinästhetische Gefühl erzeugt! – Das
kinästhetische Gefühl
richtig kopieren, würde in diesem Fall heißen die Bewegung dem
Augenschein nach richtig wiederholen. |
Denke Dir
die Bewegung sehr schmerzhaft, so daß der Schmerz jede
andere leise Empfindung an dieser Stelle übertäuben
würde. || übertäubte.
|
Mach eine Bewegung (etwa wie beim
Klavierspielen mit den Fingern; wiederhole sie, aber mit geringerem
Ausschlag. Erinnerst Du Dich, welches der beiden
Gefühle Du gestern, etwa, bei
dieser || der ersten Bewegung
hattest? Man sagt etwa: “Nein, diese 211 Bewegung hat gestern etwas anders
ausgesehen” – aber auch: Die Bewegung ist
nicht ganz die gleiche – ich hatte nicht genau dieses
kinästhetische Gefühl”? |
Denn wir haben natürlich
Bewegungsgefühl & wir können sie auch
reproduzieren. Besonders, wenn wir eine
Bewegung unter den gleichen Umständen unmittelbar
nacheinander || in kurzen Abständen || nach nur kurzen Pausen
wiederholen. Man lokalisiert auch die Empfindungen, aber
beinahe nie in den Gelenken, zumeist in der Haut. (Blase
die Backen auf! Wo tust Du's,
& wo spürst Du's?)
|
“Wenn ich das Wort
“Maria” als Männername verstehe,
fasse ich's so auf wie Eliah oder
…” 212 Das ist gewiß eine
(richtige) Analyse meiner || der Empfindung. Aber habe ich beim Aussprechen des
Namens “Maria” deswegen an einen solchen
Männernamen auf “ah” gedacht?
Nein. Es ist || war eine richtige Analyse
der Empfindung & keine wissenschaftliche,
d.h., hypothetische Analyse.
D.h.: mein Wort, daß das die Analyse
ist genügt hier als Evidenz. [Ursache –
Motiv] Man könnte ja || also das Wachstum der Analyse wirklich mit dem Wachsen eines Keims vergleichen. Und in diesem Falle zu sagen “Es steckte schon alles in der Empfindung”, oder “Es wuchs aus ihr als aus einem Keim heraus” kommt auf's selbe hinaus. |
Wieviel ist nun (wahr) daran,
213 daß man zwar eine
Armbewegung (z.B.) manchmal nach
dem || einem Gesichtsbild wiederholt || reproduziert, aber nicht nach einem
kinästhetischen Bild? [Denn so sagte ich
einmal]. |
8.9. Lenkt man seinen || den eigenen Arm wirklich manchmal nach einer Gesichtsvorstellung? Ich kann nur dies sagen: Wenn ich nicht sähe, daß mein Arm sich bewegt hat, nachdem ich, bei weggewandtem || abgewandtem Gesicht, geglaubt habe, || überzeugt war, ihn bewegt zu haben, wäre ich verwirrt & würde wohl meinen Augen trauen. Das Sehen || Gesicht kann mich jedenfalls lehren, ob ich die intendierte Bewegung genau ausgeführt habe, z.B., die Stellung erreicht habe, die ich erreichen wollte; das Gefühl könnte das nicht. Ich fühle 214 wohl, daß ich mich bewege, kann
auch ungefähr aus || nach dem Gefühl urteilen, wie, – aber
ich weiß einfach genau wie ich mich bewegt
habe || welche Bewegung ich gemacht habe, ohne daß man
von einem Sinnesdatum dieser Bewegung reden
könnte, von einem unmittelbaren innern Bild der
Bewegung. Und wenn ich sage “Ich
weiß einfach …” so heißt hier wissen
so etwas wie “sagen können” & ist nicht
etwa wieder eine Art inneres Abbild. |
Könnte man das
auch so sagen: Um sagen zu
können, das Gefühl lehre mich, wo jetzt mein Arm steht, oder
wie weit ich ihn bewege, müßte man Gefühle & Bewegungen einander
215 zuordnen
können. || zugeordnet haben. Man
müßte sagen können: ‘Wenn ich das
Gefühl … habe, dann steht mein Arm erfahrungsgemäß
dort’. Oder auch: Man
müßte ein Kriterium der Identität der
Gefühle haben noch außer dem || demjenigen der ausgeführten Bewegung. Aber
ist diese Bedingung, wenn sie überhaupt Sinn hat, für das
Sehen erfüllt? Nun, man kann ein
Gesichtsbild, z.B., zeichnerisch
darstellen. Aber Einem, oder sich
selbst, das Gefühl geben, das
für's Beugen des Arms um 30˚ charakteristisch
sein soll, ohne eben den Arm zu beugen, das kann man nicht.
Beuge den Arm ein wenig! Was spürst
Du? – Eine Spannung, oder dergleichen hier
& dort, & hauptsächlich das Reiben meines
Ärmels. Tu's nocheinmal! War
das Gefühl 216 das gleiche?
Ungefähr. Ungefähr an den gleichen
Stellen || in der gleichen Gegend. Begleitet
dieses Gefühl immer diese Beugung, kannst
Du's sagen? Nein. Und doch
paßt mir an diesem Argument etwas noch
nicht. |
Denk Dir, gewisse Bewegungen erzeugten Töne
und man sagte nun, wir erkennen, wie weit wir den Arm bewegt
haben, am Ton, der erklingt. Das wäre doch
möglich. Aber welche || was für
Voraussetzungen müssen dazu erfüllt sein. Es
würde z.B. dazu nicht genügen, daß
Töne die Bewegungen begleiten; auch nicht, daß sie oft
für ähnliche Bewegungen ähnlich sind. Es
wäre auch nicht genügend, zu sagen: der Ton
müsse eben doch für gleiche Bewegungen 217 eine gleiche Qualität
haben, da er das einzige Sinnesdatum ist || sei woran
wir die Größe der Bewegung erkennen
können. |
Aber gibt es für
Bewegungsgefühle & dergleichen nicht doch eine
Art private hinweisende Definition? Ich
beuge z.B. einen Finger, & merke mir die
Empfindung. Jemand sagt mir nun “Ich
werde in Deinem || diesem Finger auf die & die
Weise, aber ohne daß er sich bewegt, gewisse Empfindungen
hervorrufen; sag mir, wenn es die ist, die Du jetzt beim
Beugen des Fingers hast.” Könnte ich nun
nicht, für meinen eigenen Gebrauch, diese Empfindung
“E” nennen, als Kriterium der Identität
mein Gedächtnis gebrauchen & nun sagen
“Ja, das ist wieder E”
etc.? 218 |
Es wäre dann auch
denkbar, daß ich die Empfindung wiedererkennte &
daß sie aufträte ohne die || ohne die
Begleitung der Überzeugung, die Bewegung sei
geschehen, || habe stattgefunden, ohne den Sinn der
Bewegung. || Bewegungssinn. |
Meine ‘Errungenschaft’ ist sehr ähnlich der eines Mathematikers, der einen Kalkül erfindet. || . || eines Mathematikers. |
Ich kann gewiß,
z.B., mein Knie mehrere Male
hintereinander heben & sagen, ich habe jedesmal die
gleiche Empfindung dabei gehabt: Nicht, als
hätte ich diese Empfindung immer, wenn ich das Knie
hebe, noch, || oder, als wäre sie für
diese Art der Bewegung charakteristisch || noch
auch, als könne ich die Bewegung 219 an ihr
erkennen || durch diese || an der
Empfindung || durch das Gefühl
erkennen, sondern bloß: Ich habe
in dieser Reihe von Kniebewegungen dreimal die
gleiche, durch die Bewegung hervorgerufene Empfindung
gehabt.3 |
Gleich sein heißt natürlich
hier dasselbe, wie gleich scheinen. |
Die
meisten Bewegungen, die wir im alltäglichen Leben
machen, spüren wir überhaupt nicht. |
Wenn die Menschen nicht manchmal Dummheiten machten, geschähe überhaupt nichts Gescheites. |
“Ich habe dreimal die gleiche Empfindung gehabt”
das beschreibt einen Vorgang in meiner privaten Welt. Aber
wie weiß der Andre, was ich meine?
Was hier
“gleich” heißt || Welche Gegenstände hier “gleich”
heißen? || Was ich in so
einem || 220 solchen Falle
“gleich” nenne? || als
“gleich” bezeichne?
Nun, er verläßt sich darauf daß ich das
Wort hier so wie immer gebrauche? Aber was
ist in diesem Falle der, dem gewöhnlichen,
analoge Gebrauch? Nein, diese Schwierigkeit ist
nicht erkünstelt || eine Künstelei;
ich || er weiß wirklich nicht,
kann nicht wissen, was in diesem Falle gleiche Gegenstände
sind. ![]() |
Ich fürchte mich oft sehr für mein
geistiges Gleichgewicht. Es ist ein seltsamer
Zustand. Es ist einfach, als zittere || bewege sich der Boden ein wenig. Nur
genug, um erkennen zu lassen, daß der Grund
vulkanisch ist. Ich habe dabei einen sehr leichten
Kopfschmerz vorn. Zugleich
fühle ich eine gewisse Müdigkeit, eine
unheimliche Müdigkeit, eigentlich als hätte alle
Fröhlichkeit 221 für
mich aufgehört, als wäre sie
erloschen, wie es sonst nur im Tode
geschieht. Als nähmen die finsteren
Mächte von mir Besitz, wie sie es täten, wenn ich mir selber
das Leben nähme. Als vor wenigen Tagen Drury von mir Abschied nahm, da sagte er mir: “Believe in miracles!”, und das ist ein schönes Wort. |
Das rein Körperliche kann unheimlich
sein. Vergleiche die Art & Weise, wie man || die Gestalten, in denen man Engel & Teufel
darstellt. Was man “Wunder” nennt, muß
damit zusammenhängen. Es muß sozusagen eine
heilige Gebärde
sein. |
9.9. Das Beispiel
von der Motorwalze mit dem Motor in der Walze ist
wirklich noch viel besser & tiefer, als ich
erklärt 222 habe.
Denn, als mir
die
Idee || Konstruktion vorgelegt wurde || jemand die
Konstruktion vorlegte, sah ich wohl gleich,
daß sie nicht funktionieren konnte, da man ja die Walze von
außen her rollen konnte, auch wenn der
‘Motor’ nicht in Tätigkeit war; aber das
sah ich nicht, daß es eine starre Konstruktion &
überhaupt kein Motor || keine Maschine
war. Und hier ist nun eine enge Analogie mit dem Fall der
privaten hinweisenden Definition. Denn auch da gibt
es, sozusagen, einen direkten & einen indirekten Weg die
Unmöglichkeit einzusehen. |
Meine Stärke ist es eigentlich,
dort Analogien zu sehen, wo
man sie gewöhnlich nicht sieht. |
Ich benannte diese
Bewegungsempfindung 223 (mit)
“E”. Für den Andern ist sie nun die, welche
ich bei dieser Bewegung gehabt habe. Aber für
mich?
bedeutet || Bedeutet
“E” nun etwas anderes? – Nun
für mich bedeutet es diese Empfindung. – Aber welche ist dies? denn habe ich
vor einer Minute auf meine Empfindung gezeigt,
– wie kann ich jetzt wieder auf sie
zeigen? || wie zeige ich jetzt wieder auf
sie? |
Aber nimm doch den
Fall an, Einer machte eine Reihe von Armbewegungen &
sagte dabei: “Die Empfindung, die ich
dabei || jetzt im Bein habe, nenne ich
‘E1’”
u.s.f.. Später bei
verschiedenen Anlässen sagt er
(uns): “Jetzt habe ich
E3”;
u.s.f. || .
U.s.f.¤ –
Solche Äußerungen könnten wichtig sein; wenn
wir z.B. gewisse physiologische
Korrelate zu || in
den Empfindungen 224 beobachten können
& also aus || & so aus seinen
Äußerungen Schlüsse ziehen können. |
Wir
würden also sagen: “Bei den Anlässen
A, B, C, D, hat er immer die gleiche Empfindung in dieser
Körpergegend.”
U.s.f. || ; & zwar
diejenige, die er unter den & den Umständen beim Heben
des Arms hatte.” Faß das Wort –
den Namen der Empfindung – als Instrument auf!
D.h., frage Dich immer, wie dieses Ding
gebraucht || verwendet wird. Wofür
es || das Wort steht, zeigt nur
an, wie es verwendet wird – & wie es verwendet wird
ist der || ein Ausdruck dafür: es stehe
für …. || &, wie es verwendet
wird, beantwortet die Frage: wofür steht
es? |
1) See facsimile; "1046 279 280" with double bar above, written in pencil.
2) See facsimile; arrow pointing right, probably marking the beginning of the text portion that shall be deleted.
3) See facsimile; line connecting this remark with the following one.
To cite this element you can use the following URL:
BOXVIEW: http://wittgensteinsource.org/BTE/Ms-131_n