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Historisches Drama; kann man es falsch nennen?
“Nein, es ist ja nicht als Geschichtsschreibung
gemeint”. Worin liegt diese
Meinung? |
Denken wir uns den
Fall, daß einer ein
Geschichtswerk in aller Form geschrieben hätte || schrieb, es aber dennoch nicht als
Geschichtswerk, sondern als die Erdichtung eines Geschichtswerkes
meinte.
Was würde es heißen, dieses Werk
einmal so, einmal so aufzufassen? Worin besteht
diese Auffassung? Doch offenbar in etwas
außer dem
Werk. Quasi in einem Zusatz zu dem
Werk. Oder nicht vielmehr, in einer bestimmten
Verwendung, Wirkung, des Werks, in einem Eindruck, den es mir
macht? Denn ein Zusatz von Zeichen || Symbolen kann doch wieder einer
Auffassung unterliegen. || … unterliegt doch
wieder einer Auffassung. |
Wir neigen dazu, jede Erscheinung
(nur)﹖ als ein Symptom
der Auffassung, Meinung, gelten zu lassen, aber nicht als diese
selbst. |
Wie sich die
Sprache von der Beschreibung der Verifikation
entfernt. Man muß wieder
entdecken, daß man die Zeit mit der Uhr
mißt. – Und erkennt
dabei nicht einmal, daß man eine grammatische
Entdeckung gemacht hat. |
Auffassung ist
eine im Gegensatz zu einer anderen. |
“p ist der Fall”.
“Es ist wahr, daß
p der Fall ist”.
“Es ist wirklich wahr, daß
p der Fall ist”. Wenn der
Multiplizität nichts hinzugesetzt wird, ist das Hinzugefügte
bedeutungs-,
zwecklos. Der Zusatz, der eine Auffassung ausdrückt,
darf also nicht von dieser Art sein. 2 |
Was ist der
Unterschied zwischen der wirklichen Anwendung
eines Satzes und der nachgeahmten,
gespielten? |
Kann
man von “Beschreibung” und
“Ausdruck” der Auffassung
reden? |
“Hast du das im Ernst oder im
Spaß gemeint?” –
Das “im Ernst Meinen” besteht nicht darin,
daß zu dem ausgesprochenen Satz im Stillen
noch etwas hinzugesetzt wird, etwa die Worte “ich meine das
im Ernst”. Von dem ganzen
Satz, dem ausgesprochenen mit den dazugedachten Worten,
könnte man wieder fragen: wie war er gemeint?
Von Ernst oder Spaß kann man das aber
nicht fragen. Also ist die Meinung (Auffassung) in
diesem Sinne ein bestimmtes Erlebnis, das mit den Zeichen || dem Aussprechen des Satzes Hand in Hand
geht, aber an dem Sinn des Satzes nichts ändert, ob es nun so
oder anders ist. |
Wäre der Sinn nicht durch die Zeichen und Regeln bestimmt,
gäbe es keine Verständigung und nichts, was wir Sprache
nennen könnten. |
“Ich habe gesagt ‘sie ist
nicht zu Hause’, habe aber
dabei gewußt,
daß sie zu Hause war”.
Wie geht dieses Wissen zeitlich mit dem Sagen des Satzes
zusammen? Wie eine kontinuierliche Begleitung, ein
Orgelpunkt, zu einem Thema? Hast du es in jedem Augenblick gewußt, und braucht das Wissen keine Zeit? Ein falsches Bild verführt uns. |
Diese Art der
Betrachtung, die immer wiederkehrt, 3 nimmt ihre Wichtigkeit daher,
daß sie uns über einen falschen Begriff
aufklärt, den wir vom Unmittelbaren haben.
|
Es hat freilich Sinn, zu
sagen: “während ich ihm das erzählte,
wußte ich (die ganze
Zeit), daß es nicht wahr
war”, so wie auch “während ich es
erzählte, glaubte ich es auch”. Nur sind die
beiden Vorgänge sehr kompliziert und sehen sehr einfach aus;
d.h., jeder der beiden Sätze kann viele
verschiedene Prozesse beschreiben. Etwa, wie wenn
ich sage “ich habe mich eine halbe Stunde lang
umgezogen”, diesem Satz die mannigfachsten Tätigkeiten
nacheinander entsprechen. |
Wir laborieren nämlich unter || an dem Irrtum, daß Glauben, Meinen,
Wissen, Wünschen, Suchen, Denken etc.
Zustände sind, und daß
daher hinter den symbolischen Prozessen im Denken etwas von andrer Art
verborgen sein muß, das den Sinn
eines Satzes gleichsam in amorpher Form enthalte,
d.h. intuitiv, dem Sehen eines gleichbleibenden
Bildes ähnlich, nicht diskursiv, also einer Tätigkeit
(wie dem Waschen) vergleichbar. |
Es ist nämlich die Anschauung aufzugeben,
daß, um vom Unmittelbaren zu reden,
wir von dem Zustand in einem Zeitmoment reden
müßten. Diese Anschauung ist
darin ausgedrückt, wenn man sagt: “alles, was uns
gegeben ist, ist das Gesichtsbild und die Daten der übrigen
Sinne, sowie die Erinnerung, in dem gegenwärtigen
Augenblick”. Das ist Unsinn; denn
was meint man mit dem “gegenwärtigen
Augenblick”? Dieser Vorstellung liegt vielmehr
schon ein physikalisches Bild zu Grunde, nämlich das, vom
Strom der Erlebnisse, den ich nun in einem Punkt || an einer Stelle quer
durchschneide. Es liegt hier eine ähnliche Tendenz und
ein ähnlicher Fehler vor, wie beim Idealismus (oder
Solipsismus). 4 |
Woher
aber diese Tendenz, “zum Unmittelbaren” kommen zu
wollen? Entspringt sie nicht aus dem Bedürfnis, die Verifikation des Satzes verstehen zu wollen, die durch unsere Sprache ganz verschleiert ist. |
Intuitives Denken, das
wäre so, wie eine Schachpartie auf die Form eines dauernden,
gleichbleibenden Zustandes gebracht (ebenso undenkbar).
|
Auf die Frage “wie
hast du das gemeint”, können eben mehrerlei Antworten
kommen: “Ich hab's im Ernst (Spaß) gemeint.” “Ich wollte damit sagen; daß … (folgt ein Satz)” “Ich wollte dich nur aufsitzen lassen.” |
Wie geht das vor sich, wenn man einen Satz ausspricht und
dabei den anderen nur aufsitzen lassen will? Man spricht,
lächelt, beobachtet den andern || sieht zu, was der Andere
macht, fühlt eine Spannung.
Aber nirgends ist die amorphe Meinung. Diese stellt man sich gleichsam vor, wie den Inhalt eines Tiegels, dessen Aufschrift der Satz ist. |
“Inhalt des
Satzes.” |
Es stört uns quasi,
daß der Gedanke eines Satzes in keinem
Moment ganz vorhanden ist. Hier sehen wir,
daß wir den Gedanken mit einem Ding
vergleichen, welches wir erzeugen, und das wir nie als Ganzes
besitzen; sondern, kaum entsteht ein Teil, so verschwindet ein
5 andrer.
Das hat gewissermaßen
etwas Unbefriedigendes, weil wir – wieder
durch eine Erklärung || ein
Gleichnis verführt – uns etwas Anderes
erwarten. |
Im
lebendigen Gebrauch der Sprache fühlen wir ja eine solche
Unbefriedigung nicht, sondern erst, wenn wir ein bestimmtes Bild auf
die Vorgänge || Welt anwenden wollen.
Aber es ist schwer zu sagen, welches das ist. |
(Methodologie, wenn
sie von der﹖ Messung redet, sagt nicht, aus
welchem Material etwa wir den Maßstab am
vorteilhaftesten herstellen um dies und dies
Resultat zu erzielen; obwohl doch das auch zur Methode des
Messens gehört. Vielmehr interessiert diese
Untersuchung bloß, unter welchen
Umständen wir sagen, eine Länge, eine Stromstärke,
(u.s.w.) sei gemessen.
Sie will die, von uns bereits verwendeten, uns geläufigen,
Methoden tabulieren, um dadurch die Bedeutung der Worte
“Länge”,
“Stromstärke”,
etc., festzulegen.) |
Der Zeitmoment, von dem ich sage,
er sei die Gegenwart, die alles enthält, was mir gegeben ist,
gehört selbst zur physikalischen Zeit. |
Denn, wie ist so ein Moment
bestimmt? Etwa durch einen Glockenschlag?
Und kann ich denn nun die ganze, mit diesem Schlag gleichzeitige
Erfahrung wirklich beschreiben? Wenn man daran denkt es
zu versuchen, wird man sofort gewahr, daß es
eine Fiktion ist, wovon wir reden. |
Wir stellen uns das Erleben wie einen
Filmstreifen vor, 6 so
daß man sagen kann: dieses Bild,
und kein anderes, ist in diesem Augenblick vor der Linse.
|
Aber nur im﹖
Film kann man von einem in diesem Moment gegenwärtigen Bild
reden; nicht, wenn man aus dem physikalischen Raum und seiner
Zeit in dem Gesichtsraum und seine Zeit
übergeht. |
Es
ist viel seltsamer als man wohl glaubt, daß
man im Bereich der gewöhnlichen Sprache auf den Begriff
des Lichtstrahls gekommen ist. |
Schwerlich wäre es geschehen,
wenn man nicht manchmal “Lichtstrahlen” im Staub der
Luft sähe. |
Und
die Annahme einer Lichtgeschwindigkeit hängt damit
zusammen. |
“Das was ein cm³ Wasser wiegt, hat man
‘1 Gramm’ genannt”.
– “Ja, was wiegt er denn?”
(“Bedeutung eines Wortes”).
|
Wenn das Bild die
Krönung Napoleons
darstellen soll, so müßte man das nicht
darunter schreiben, wenn es in dem Bild enthalten wäre.
Wenn es also auch in der bloßen
Beschreibung des Bildes mitbeschrieben wäre. Und da könnte man nun den Unterschied || Gegensatz zwischen Gedanken und Bild scharf fassen, indem man sagt, daß die Beschreibung des Gedankens im Gegensatz zu der, des bloßen Bildes, auch die Beschreibung der Realität enthalten muß, auf die sich der Gedanke bezieht. Aber hier liegt ein Fehler. 7 |
Liegt
denn der Grund der
Verschiedenheit nicht darin, daß das gemalte
Bild an sich nicht ein Teil eines viel umfassenderen Bildes –
einer Sprache – ist? Durch die
Überschrift gliedern wir das Bild in das
umfassendere ein. Könnten wir es nicht auch so tun,
daß wir es in eine Serie von gemalten Bildern
mit demselben Erfolg eingliederten? |
Das Charakteristische an der Sprache ist,
daß alle
Erklärungen zum voraus gegeben werden
können. D.h.,
daß man sie alle
mußte voraussehen können und keine erst
ad hoc gegeben werden muß.
(Und das ist es, was die Bildhaftigkeit auszumachen
scheint.) |
Ich könnte mein Problem so darstellen: Wenn ich
untersuchen wollte, ob die Krönung
Napoleons so und so
stattgefunden hat, so könnte ich mich dabei, als einer Urkunde,
des Bildes bedienen, statt einer Beschreibung. Und es
frägt sich nun, ist die ganze Vergleichung der Urkunde mit der
Wirklichkeit von der Art, wie der Vergleich der Wirklichkeit
mit dem Bild, oder gibt es dabei noch etwas Andres, von andrer
Art? |
Aber womit
soll man die Wirklichkeit
vergleichen¤, || (:)
als mit dem Satz? Und was soll man andres
tun, || (:) als sie mit ihm zu
vergleichen? |
Oder
soll ich sagen: Solange man das Bild mit nichts
vergleicht, kann man es mit Allem vergleichen. Wenn
wir aber denken, so vergleichen wir das Bild schon mit der
Wirklichkeit, denn wir wissen z.B.,
daß Napoleon jetzt nicht hier ist, wohl aber Herr
N.N. |
Das hängt mit dem Problem von hier und
jetzt zusammen. 8 |
(Die
Fähigkeit zur Philosophie besteht in der Fähigkeit, von
einer Tatsache der Grammatik einen starken
und﹖ nachhaltigen Eindruck zu empfangen.)
|
In gewissem Sinne ist die
Bedeutung der Wörter “Hier”,
“jetzt” (etc.) die einzige,
die ich nicht von vornherein festlegen kann. Aber das ist
natürlich irreführend ausgedrückt:
Die Bedeutung ist festzulegen und festgelegt, wenn
die Regeln bezüglich dieser Worte festgelegt sind, und das kann
geschehen, ehe sie in einem bestimmten Fall angewandt werden; denn
wozu auch sonst ein Wort in verschiedenen Fällen
gebrauchen. |
Die
Wörter “hier”, “jetzt”,
etc. bezeichnen den Ursprung || Anfangspunkt eines
Koordinatensystems: ¤Wie der Buchstabe
“O”, aber sie beschreiben nicht seine
Lage gegenüber den﹖ Gegenständen im
Raum. || … sie stehen nicht für
Beschreibungen der Lage des Punktes O im Verhältnis zu
räumlichen Gegenständen. Sie stehen nicht
für die Beschreibung einer räumlichen
Situation. |
Die Bedeutung eines Worts verstehen,
heißt, seinen Gebrauch kennen,
verstehen. |
Kann ein
logisches Produkt in einem Satz verborgen sein? Und wenn,
wie erfährt man das, und was für Methoden haben wir, das im
Satz Verborgene ans Tageslicht zu
ziehen? Haben wie noch keine sicheren Methoden,
(es zu finden,) dann können wir
auch nicht davon reden, daß etwas verborgen
ist, oder verborgen sein könnte. Und haben wir eine
Methode des Suchens, so kann – das logische Produkt
etwa, im Satz nur so verborgen sein, wie es etwa die
Teilbarkeit durch 3 in der Zahl 753 ist, solange ich das
Kriterium noch nicht angewandt habe, || ; 9 ich das
Kriterium noch nicht angewandt habe, oder aber auch die
√7 solange ich sie noch nicht
ausgerechnet habe. Denn, das verborgene
logische Produkt finden, ist eine mathematische
Aufgabe. |
∣ Das
fingierte Porträt. In einem Buch eine Illustration mit
der Überschrift: Baron
Münchhausen. ∣ |
“Doch solcherlei Verdrüsse pflegen die
Denkungskräfte anzuregen”. Wie hilft der
Gedanke einem Verdruß ab? |
Also ist Elementarsatz ein solcher,
der sich in dem Kalkül, wie ich es jetzt || heute
benütze, nicht als Wahrheitsfunktion anderer Sätze
darstellt. |
Unsere
Weise von den Wörtern zu reden, können wir durch das
beleuchten, was Sokrates im
“Kratylos” sagt. Kratylos: “Bei weitem und ohne
Frage ist es vorzüglicher,
Sokrates, durch ein Ähnliches
darzustellen, was jemand darstellen will, als durch das erste
beste.” – Sokrates: “Wohlgesprochen,
…”. |
Verbindung von Wort und Sache durch die
Erklärung || das Lehren der
Sprache hergestellt. Was ist das für
eine Verbindung, welche Art? Was für Arten von
Verbindungen gibt es? Eine Verbindung kann funktionieren oder nicht funktionieren: Anwendung auf die Verbindung, die die Worterklärung herstellt. |
Sokrates zu Theaitetos:
“Und wer vorstellt, sollte nicht etwas
vorstellen?” Th.: “Notwendig.”
Sok.:
“Und wer etwas vorstellt, nichts 10 Wirkliches?”
Th.:
“So scheint es.” |
Was heißt es:
Sich eine Vorstellung machen, die der Wirklichkeit nicht
entspricht? |
Wie
unendlich einfach dieses Problem! Und wie seltsam,
daß man es überhaupt als Problem
kann || konnte ansehen
wollen. |
Ich
versuche etwas, kann es aber nicht. – Was
heißt es aber: “etwas nicht
versuchen können”? |
“Wir können auch nicht
einmal versuchen, uns ein rundes Viereck
vorzustellen.” |
Man vergleiche das Vorstellen mit dem Malen eines
Bildes. Er malt also ein Bild des Menschen, wie dieser in
Wirklichkeit nicht ist. Sehr einfach. Aber warum nennen wir es das Bild dieses Menschen? Denn, wenn es das nicht ist, ist es (ja)﹖ nicht falsch. – Wir nennen es so, weil er selbst es drübergeschrieben hat. Also hat er nichts weiter getan, als jenes Bild zu malen, und jenen Namen drüberzuschreiben. Und das tat er wohl auch in der Vorstellung. |
Plato nennt die Hoffnung eine
Rede. (Philebos) |
Augustinus, wenn er
vom Lernen der Sprache redet, redet
ausschließlich davon, wie wir den
Dingen Namen beilegen, oder die Namen der Dinge verstehen.
Hier scheint also das Benennen Fundament und
Um- und Auf der Sprache zu
sein. (Und was Augustinus sagt, ist für uns wichtig, weil es die
Auffassung eines natürlich-klar denkenden Mannes 11 ist, der von uns zeitlich weit
entfernt, gewiß nicht zu unserem
besonderen Gedankenkreis gehört.) Diese
Auffassung des Fundaments der Sprache ist offenbar
äquivalent mit der, die die Erklärungsform
“das ist …” als fundamental
auffaßt. – Von einem
Unterschied der Worte redet Augustinus nicht, meint also mit “Namen”
offenbar Wörter wie “Baum”,
“Tisch”, “Brot”, und
gewiß die Eigennamen der Personen, dann aber
wohl auch “essen”, “gehen”,
“hier”, “dort”; kurz, alle
Wörter. Gewiß aber denkt er
zunächst an Hauptwörter und an die
übrigen als etwas, was sich finden wird. (Und
Plato sagt,
daß der Satz aus
Haupt- und Zeitwörtern
besteht.) Sie beschreiben eben das Spiel einfacher, als es ist. Dieses Spiel kommt aber wohl in der Wirklichkeit vor. Nehmen wir etwa an, ich wolle aus Bausteinen ein Haus bauen, die mir ein Anderer || Andrer zureichen soll, so könnten wir erst ein Übereinkommen dadurch treffen, daß ich auf einen Stein zeigend sagte “das ist eine Säule”, auf einen andern zeigend “das ist ein Würfel”, – “das ist eine Platte” u.s.w. Und nun bestünde die Anwendung im Ausrufen jener Wörter “Säule”, “Platte”, etc. in der Reihenfolge || Ordnung, wie ich sie brauche. Und ganz ähnlich ist ja das Übereinkommen
|
Ich will damit sagen:
Augustinus beschreibt
wirklich einen Kalkül; nur ist nicht alles, was wir Sprache
nennen, dieser Kalkül. |
(Und das muß
man in einer großen Anzahl von
Fällen sagen, wo es sich frägt: ist diese Darstellung
brauchbar, oder unbrauchbar. Die Antwort ist
dann: “ja, brauchbar; aber nur
dafür, nicht für das ganze Gebiet, das Du
darzustellen vorgabst”.) 12 |
Es ist also so, wie wenn jemand erklärte:
“spielen besteht darin, daß man
Dinge, gewissen Regeln gemäß, auf einer
Fläche verschiebt …” und wir ihm
antworteten: Du denkst da gewiß an die
Brettspiele, und auf sie ist Deine Beschreibung auch
anwendbar. Aber das sind nicht die einzigen Spiele.
Du kannst also Deine Erklärung richtigstellen, indem Du
sie ausdrücklich auf diese Spiele einschränkst.
(Man könnte also sagen, Augustinus stelle das Lernen der Sprache || stelle die Sache zu einfach dar; aber auch: er stelle eine einfachere Sache dar.) |
(Wer
das Schachspiel einfacher beschreibt – mit einfacheren
Regeln – als es ist, beschreibt damit dennoch ein Spiel,
aber ein anderes.) |
Ich wollte eigentlich || ursprünglich
sagen: Wie Augustinus das Lernen der Sprache beschreibt, kann uns zeigen,
woher sich diese Auffassung überhaupt
schreibt. (Von welcher primitiven
Anschauung. || Von welchem
primitiven Bild || Weltbild.) Man könnte den Fall mit dem einer Schrift vergleichen, in der Buchstaben zum Bezeichnen von Lauten benützt würden, aber auch etwa zur Bezeichnung der Stärke und Schwäche der Aussprache und als Interpunktionszeichen. Fassen wir dann diese Schrift als eine Sprache zur Beschreibung des Lautbildes auf, so könnte man sich denken, daß Einer diese Schrift beschriebe, als entspräche einfach jedem Buchstaben ein Laut und als hätten die Buchstaben nicht auch ganz andere Funktionen. – Und so einer – zu einfachen – Beschreibung der Schrift gleicht Augustin's Beschreibung der Sprache völlig. |
Man kann z.B. –
für andre verständlich – von
Kombinationen von Farben mit Formen sprechen (etwa
der Farben rot und blau mit den Formen Quadrat und Kreis) ebenso
wie von 13 Kombinationen verschiedener Formen
oder Körper. Und hier haben wir die Wurzel des
irreleitenden Ausdrucks, die Tatsache sei ein Komplex von
Gegenständen. Es wird also hier,
daß ein Mensch krank ist,
verglichen mit der Zusammenstellung zweier Dinge,
wovon das eine der Mensch ist, das andere die Krankheit
repräsentiert. Und ich kann nur sagen:
hüten wir uns vor diesem Gleichnis, oder davor, zu
vergessen, daß es ein Gleichnis ist.
Oder man muß sagen, es verhält sich hier mit dem Wort “Kombination”, oder “Komplex”, wie mit dem Wort “Zahl”, das auch in verschiedenen – mehr oder weniger logisch ähnlichen – Weisen (oder, wenn man will, Bedeutungen) gebraucht wird. |
Philosophieren ist: falsche Argumente
zurückweisen. |
Sokrates: Wer also
vorstellt, was nicht ist, der stellt nichts vor? –
Theaitetos: So
scheint es. – S.: Wer aber nichts vorstellt, der wird
gewiß überhaupt garnicht vorstellen? – Th.: Offenbar, wie wir sehen.
Setzen wir in diesem Argument und dem ihm vorhergehenden statt “vorstellen” etwa “zerschneiden || töten”, so läuft es auf eine Regel der Verwendung dieses Wortes hinaus. Man dürfe nicht sagen: “ich zerschneide || töte etwas, was nicht existiert”. || Es hat keinen Sinn zu sagen: “ich zerschneide || töte etwas, was nicht existiert”. |
Ich kann mir einen Hirsch auf dieser Wiese vorstellen, der
nicht da ist, aber keinen töten, der nicht da ist. –
Und sich einen Hirsch vorstellen, der nicht da ist,
heißt, sich vorstellen,
daß ein Hirsch da ist, obwohl keiner da
ist. Einen Hirsch töten aber,
heißt nicht: töten,
daß ein Hirsch da ist¤
(also: verschiedene grammatische Regeln). Wenn
aber jemand sagt: “um mir einen Hirsch vorzustellen,
muß es ihn doch in einem gewissen Sinne
geben”, so ist die Antwort: nein, es
muß ihn dazu 14 in keinem Sinne
geben. Und wenn darauf gesagt
würde: Aber z.B. die braune
Farbe muß es doch geben, damit ich mir sie
vorstellen kann, so ist zu sagen: “‘Es
gibt die braune Farbe’ heißt
überhaupt nichts, außer etwa,
daß sie da oder dort als Färbung eines
Gegenstandes (Flecks) auftritt || erscheint und das ist nicht nötig, damit ich mir einen
braunen Hirsch vorstellen kann.” |
“Der Klang scheint mir von
dort zu kommen”. –
“Genau aus welcher Richtung?” |
Euklidischer Haufe und Haufe im Gesichtsfeld. |
“Er kam
ungefähr von dort(Pfeil)”.
“Ungefähr da ist der hellste Punkt des Horizontes”. “Mach' das Brett ungefähr 2 m lang”. Muß ich, um das sagen zu können, Grenzen wissen, die den Spielraum dieser Länge bestimmen? Offenbar nicht. Genügt es nicht z.B. zu sagen: “der Spielraum ± 1 cm ist ohne weiteres erlaubt; ± 2 cm wäre schon zu viel”? – Es ist doch dem Sinn meines Satzes auch wesentlich, daß ich nicht imstande bin, dem Spielraum “genaue” Grenzen zu geben. Kommt das nicht offenbar daher, daß der Raum, in dem ich hier arbeite, eine andere Metrik hat, als der Euklidische? Wenn man nämlich den Spielraum genau durch den Versuch feststellen wollte, indem man die Länge ändert und sich den Grenzen des Spielraums nähert und immer fragt, ob diese Länge noch angehe oder schon nicht mehr, so käme man nach einigen Einschränkungen zu Widersprüchen, indem einmal ein Punkt noch als innerhalb der Grenzen liegend bezeichnet würde, ein andermal ein weiter innerhalb gelegener als schon unzulässig erklärt würde; beides etwa mit der Bemerkung, die Angaben || Antworten seien nicht mehr (ganz) sicher. 15 |
Ist es
denn nicht so, wie man etwa beim Fleischhauer nur auf Deka genau
abwiegt, obwohl das anderseits willkürlich ist, und nur bestimmt
durch die herkömmlichen Messinggewichte. Es
genügt hier zu wissen: mehr als
P1
wiegt es nicht und weniger als
P2
auch nicht. Man könnte sagen: die Gewichtsangabe
besteht hier prinzipiell nicht aus einer Zahlangabe, sondern aus der
Angabe eines Intervalls, und die Intervalle bilden eine
diskontinuierliche Reihe. |
Man könnte doch sagen: “halte Dich
jedenfalls innerhalb ± 1
cm”, damit eine willkürliche Grenze
setzend. – Würde nun gesagt: “gut,
aber dies ist doch nicht die wirkliche Grenze des zulässigen
Spielraums; welche ist es also?” so wäre etwa die
Antwort “ich weiß keine, ich
weiß nur, daß
± 2 cm schon zu viel
wäre”. |
Träte nun auch bei dem Experiment zur Bestimmung der Grenzen
kein Schwanken ein, so lange wir tatsächlich das Experiment
weiterführen, so müssen wir doch damit einmal aufhören
und das Ergebnis wird immer nur sein, daß
eine gewisse Länge noch erlaubt, eine andere schon unerlaubt
ist. Hier führt uns wieder die || eine
falsche Vorstellung vom Unendlichen irre, wenn wir den
Prozeß dieser Untersuchung || wenn wir die endlose Möglichkeit dieses
Prozesses ¤ uns
abgeschlossen denken und nun von einem Grenzpunkt reden, als gäbe
es hier ein Gesetz, eine geometrische Konstruktion, der der Grenzpunkt
entspräche. |
“Mach' mir hier einen Haufen Sand”. – “Gut, das nennt er
gewiß noch einen Haufen”.
Ich konnte dem Befehl Folge leisten, also war
er in Ordnung. Wie aber ist es mit diesem Befehl:
“Mach' mir den kleinsten Haufen, den Du noch
so nennst”? Ich würde sagen: das ist
Unsinn; ich kann nur
eine vorläufige obere und untere Grenze bestimmen. 16 |
Aber auch das
trifft nicht genau, wie es sich wirklich verhält.
Vielmehr scheint die Unsicherheit meistens von der Art, wie die,
der Angabe des höchsten Punktes einer Kurve. Wir sind
eben nicht im euklidischen Raum und
es gibt nicht im euklidischen Sinne
einen höchsten Punkt. Die Antwort wird
heißen: “der höchste
Punkt ist ungefähr da”, und die Grammatik
des Wortes “ungefähr” – in diesem
Zusammenhang – gehört dann﹖ zur
Geometrie unseres Raumes. |
“Ich war der Meinung, Napoleon sei 1805 gekrönt
worden”. – “Warst Du die ganze Zeit
ununterbrochen dieser Meinung?” |
Was hat aber Deine Meinung mit
Napoleon zu
tun? Welcher Zusammenhang || Welche Verbindung besteht
zwischen Deiner Meinung und Napoleon? Es kann, z.B., der sein, daß das Wort “Napoleon” in dem Ausdruck meiner Meinung vorkommt, plus dem Zusammenhang den dieses Wort mit seinem Träger hat. Also etwa, daß er sich so unterschrieben hat, so angeredet wurde, etc. etc. |
“Aber mit dem Wort ‘Napoleon’ bezeichnest Du doch, während
Du es aussprichst, eben diesen Menschen”. –
“Wie geht denn, Deiner Meinung nach, dieser Akt des
Bezeichnens vor sich? Momentan? oder braucht er
Zeit?” – “Ja aber, wenn man Dich
fragt ‘hast du jetzt (eben) den
Mann gemeint, der die Schlacht bei Austerlitz gewonnen
hat?’ wirst Du doch sagen
‘ja’. Also hast Du diesen Mann gemeint,
als Du den Satz, in dem sein Name vorkommt,
aussprachst!” – Wohl, aber nur etwa in dem
Sinne, in welchem ich damals auch wußte,
daß
2 + 2 =
4 ist || sei. Nämlich nicht so,
als ob zu dieser Zeit ein besonderer Vorgang stattgefunden
hätte, den wir dieses ‘Meinen’ nennen
könnten; auch wenn vielleicht gewisse Bilder das Aussprechen
begleitet haben, die für diese Meinung 17 charakteristisch sind und bei
andrer Bedeutung des Wortes
‘Napoleon’ vielleicht andre gewesen
wären. Vielmehr ist die Antwort “ja, ich habe
den Sieger von Austerlitz gemeint” ein weiterer
Schritt im Kalkül. Täuschend ist an ihm die
vergangene Form, die eine Beschreibung dessen zu geben scheint, was
“in mir” während des Aussprechens des Satzes
vorgegangen war. In Wirklichkeit knüpft das
Präteritum nur an den früher ausgesprochenen Satz
an. |
Wie sich der
Gedanke zur Rede verhält, kann man am besten verstehen,
wenn man bedenkt, ob etwa das Verständnis (der Gedanke)
einer Rechnung (etwa || z.B. einer
Multiplikation) als gesonderter Prozeß
neben dem Rechnungsvorgang einherläuft. |
Wenn man das Verstehen, Wissen,
etc., als Zustand
auffaßt, dann nur hypothetisch im
Sinne einer psychischen Disposition, welche auf derselben Stufe steht,
wie eine physiologische Disposition. |
“Dachtest Du denn, als Du den Satz
sagtest, daran, daß
Napoleon …” – “ich dachte nur,
was ich sagte”. |
Ich finde bei Plato auf eine
Frage wie “was ist Erkenntnis” nicht die
vorläufige Antwort: Sehen wir einmal nach,
wie dieses Wort gebraucht wird. |
Etwas wissen, ist von der Art dessen, einen
Zettel in der Lade meines Schreibtisches zu haben, auf dem es
aufgeschrieben steht || ist. |
Wenn ich sage: “in meine
Gedanken tritt die gegenwärtige Situation ein”, so
heißt das nicht: die Situation, soweit
ich sie beschreiben kann. Denn soweit ich sie beschreiben
kann, kann ich sie malen. 18 |
Hier und Jetzt sind geometrische Begriffe, wie etwa der
Mittelpunkt meines Gesichtsfeldes. |
Hier und Jetzt haben nicht eine
größere Multiplizität, als sie zu
haben scheinen. Das anzunehmen ist die
große Gefahr. Ersetze sie, durch
welchen Ausdruck Du willst, immer ist es nur ein Wort
– und daher eins so gut wie das andere. |
“Ich bin jetzt
hier”: In welcher Situation hat dies Sinn, in
welcher nicht? |
Denken wir uns einen Brief datiert: “Hier,
jetzt”. Aber ich glaube, das zeigt, was
diese Wörter bedeuten; sie stehen für das
vorgedruckte
“Ort … , Datum … ”. |
Unterschied zwischen Sage und
Märchen, Märchen (und andere Dichtungen) vom
Jetzt und Hier abgeschnitten. |
Es ist aber ein wichtiger Satz in der Grammatik
des Wortes “hier”, daß es
keinen Sinn hat, “hier” zu schreiben, wo eine
Ortsangabe stehen soll; daß ich also auf
einen Gegenstand kein Täfelchen befestigen soll, mit der
Aufschrift “Dieser Gegenstand ist immer nur hier zu
benützen”. |
Ich kann natürlich in bezug auf die
Wörter “jetzt” und “hier”
etc. nur tun, was ich sonst tue, nämlich ihren
Gebrauch beschreiben. Und || Aber diese
Beschreibung muß allgemein sein,
d.h. im Vorhinein,
vor jedem Gebrauch. |
Ist ein Raum denkbar, der nur alle rationalen
Punkte, aber nicht die irrationalen enthält?
Wäre etwa diese Struktur für unsern Raum zu
ungenau || grob? Weil wir zu den
irrationalen Punkten dann (immer) nur
näherungsweise 19 gelangen könnten? || Weil wir die irrationalen Punkte dann nur
näherungsweise erreichen könnten?
Unser Netz wäre also nicht fein genug?
Nein. Die Gesetze gingen uns ab, nicht die
Extensionen. |
Ist
ein Raum denkbar, der nur alle rationalen aber nicht die
irrationalen Punkte enthält? Und das heißt nur: Sind die irrationalen Zahlen nicht in den rationalen präjudiziert? So wenig, wie das Schachspiel im Damespiel. Die irrationalen Zahlen füllen keine Lücke aus, die die rationalen offen lassen. |
Der einfärbige Fleck in der färbigen || farbigen Ebene ist nicht aus kleineren Teilen
zusammengesetzt, außer so, wie die Zehn etwa
aus tausend Hundertsteln.
|
Das kleinste sichtbare
Stück ist ein Stück der physikalischen Fläche, nicht
des Gesichtsfeldes. Der Versuch, der das kleinste noch
Sichtbare ermittelt, stellt eine Relation fest zwischen
zwei Erscheinungen. |
Der || Dieser Versuch
untersucht nicht den Gesichtsraum und man kann den Gesichtsraum nicht
untersuchen. Nicht in ihn tiefer eindringen. |
(Wenn man beschreiben wollte,
was auf der Hand liegt, könnte man nicht
“untersuchen, was auf der Hand liegt”. || “untersuchen wollen, was auf der Hand
liegt”.) |
Man könnte glauben, das
Gesichtsfeld sei aus den minima visibilia zusammengesetzt;
etwa aus lauter kleinen Quadraten, die man als unteilbare Flecke
sieht. Unsinn. Das Gesichtsfeld ist nicht zusammengesetzt, wenn wir die Zusammensetzung 20 nicht sehen.
Denn bei dem Wort “Zusammensetzung”
denken wir doch an die Zusammensetzung eines
größeren Flecks aus kleineren.
Von kleinsten sichtbaren Teilen des Gesichtsfeldes zur reden ist irreführend; gibt es denn auch Teile des Gesichtsfeldes, die wir nicht mehr sehen? Und wenn wir etwa das Bild || Gesichtsbild eines Fixsterns so﹖ nennen, so könnte das nur heißen, daß es keinen Sinn habe, hier von ‘kleiner’ zu reden, und nicht, daß tatsächlich kein Fleck im Gesichtsfeld kleiner ist. Also ist der Superlativ “das kleinste …” falsch angewendet. |
Es scheint, man kann einen
einfärbigen Fleck nicht zusammengesetzt sehen,
außer, wenn man ihn sich nicht
einfärbig vorstellt. Die Vorstellung einer
Trennungslinie macht den Fleck mehrfärbig, denn die
Trennungslinie muß eine andere Farbe haben,
als der übrige Fleck.
[Auslassung 1] |
“Ein Gegenstand
läßt sich, in gewissem Sinne, nicht
beschreiben” (auch bei Plato: “er kann nicht
beschrieben || /erklärt/ werden,
sondern nur benannt”). Mit
“Gegenstand” meint man hier “Bedeutung
eines nicht weiter definierbaren Wortes” und mit
“Bedeutung” oder
“Erklärung” eigentlich:
Definition. Denn, daß der
Gegenstand ‘von außen beschrieben
werden’ kann,
daß ihm etwa Eigenschaften beigelegt || zugeschrieben werden können, wird
natürlich nicht geleugnet. |
Wir denken also bei einem Satz, wie dem oberen,
an einen Kalkül mit undefinierbaren – aber
richtig gesagt, undefinierten – Zeichen,
den Namen, und sagen von ihnen,
daß sie nicht erklärt werden
können. |
Folgt
der Satz, daß der Kreis zwischen den beiden
Geraden liegt, aus dem Satz, daß er gerade
hier liegt? – Aber wie ist dieses Hier
bestimmt? Aus den Worten “der Kreis liegt
hier” folgt der erste (Satz)
21 natürlich
nicht. Zu dem ‘hier’ gehört
ein Bild. Folgt also aus dem Satz “der Kreis liegt
so zu﹖ den
Geraden a und b:
❘ o ❘” der Satz
“der Kreis liegt zwischen den Geraden a und b”? Der
Kreis wäre etwa jetzt verdeckt, so daß
man nicht wissen kann, ob er zwischen den Geraden
a und b (die sichtbar sind)
liegt, und ich weiß,
daß ich das Verdeckende wegnehmen
muß, um zu sehen, ob der Satz wahr
ist. |
p & q = p
heißt
“q folgt aus p”. |
Wie ist der Umfang des Begriffs
“Dazwischenliegen” bestimmt? Denn es
soll doch im Vorhinein festgelegt werden, welche
Möglichkeiten zu diesem Begriff gehören. Es kann,
wie ich sage, keine Überraschung sein
daß ich auch das
“dazwischenliegen” nenne. Oder: wie
können die Regeln für das Wort
“dazwischenliegen” angegeben werden, da ich doch
nicht die Fälle des Dazwischenliegens
aufzählen kann? Natürlich
muß gerade das für die Bedeutung dieses
Worts charakteristisch sein. |
Wir würden das Wort ja auch nicht durch
Hinweisen auf alle besonderen Fälle jemandem
zu erklären suchen, sondern || aber wohl
indem wir auf einen solchen Fall (oder einige) zeigten und in
irgend einer Weise andeuteten, daß es auf den
besonderen Fall nicht ankomme. |
Das Aufzählen von Lagen ist nicht nur
nicht nötig, sondern es kann hier wesentlich von so einem
Aufzählen keine Rede sein. |
Wie aber fügt sich dann das Folgen in die
Regeln von den Wahrheitsfunktionen ein? Oder
geschieht das durch eine festgesetzte Regel der Art
p &
q = p? 22 |
Ich
werde also ein allgemeines Zeichen der Art
“❘ o ❘” haben,
das sich zu dem früher gebrauchten so verhält, wie
x² +
x zu 4,3²
+ 4,3. Und diese beiden Zeichen müssen
äußerlich unterscheidbar sein und
verschiedene Regeln von ihnen gelten (wie von
“x” und
“4”). – Eine Regel aber
muß sagen || besagen, daß
4, aber auch irgend eine andre Zahl, für
x
eintreten darf. |
Und nun könnte man fragen: wie soll man es
ausdrücken, daß jede beliebige Zahl
für “x” stehen darf, da doch
dazu auch schon eine solche Variable nötig wäre.
|
p
⌵ q = q heißt
“q folgt aus p”. Das
folgt aus p
& q = p, denn p ⌵ q ist im
allgemeinen gleich
(p
& q) ⌵ (p & non-q) ⌵
(non-p & q). Wenn aber
q aus
p folgt, so wird dies gleich
p ⌵ Cont ⌵ (non-p
& q) = p ⌵ (non-p & q) =
q. |
Zu
sagen “der Kreis liegt entweder zwischen den beiden Geraden
oder hier” (wo dieses || das
‘hier’ ein Ort zwischen den Geraden ist)
heißt offenbar nur, zu sagen “der
Kreis liegt zwischen den beiden Geraden”, und der
Zusatz “oder hier” erscheint
überflüssig. Man wird sagen: in dem
‘irgendwo’ ist das ‘hier’ schon
mitinbegriffen. Das ist aber merkwürdig, weil es nicht
(darin) genannt ist. |
Eine bestimmte Schwierigkeit besteht
darin, daß || wenn die
Worte || Zeichen das nicht zu sagen scheinen, was der
Gedanke erfaßt, oder: wenn die Worte
das nicht sagen, was der Gedanke zu erfassen scheint. |
So, wenn wir sagen
“dieser Satz gilt von allen Zahlen” und glauben in
dem Gedanken alle Zahlen wie die Äpfel in
einer Kiste gefaßt || aufgefaßt zu
haben. 23 |
Man
kann für den Gebrauch der Variablen wohl
eine Regel aufstellen und es ist kein
Pleonasmus, daß wir
dabei eben diese Art der Variablen gebrauchen. Denn
brauchten wir sie nicht, so wäre ja durch die Regeln die Variable
definiert. Und wir nehmen ja nicht an,
daß sie sich definieren lasse, oder:
daß sie definiert werden müsse (denn
einmal nehmen die Definitionen doch ein || ihr
Ende). |
Das
heißt
(nur)﹖,
daß – z.B. –
die Variable “x²”
keine Abkürzung ist (etwa für eine logische Summe) und
daß in unserm Gedanken auch nur ein Zeichen
dieser Multiplizität vorhanden ist. |
Nun könnte man aber fragen:
Wie kann ich (nun)﹖ im
voraus wissen, aus welchen Sätzen dieser
allgemeine Satz folgt? Wenn ich diese Sätze nicht
angeben kann. |
Kann
man aber sagen: “man kann nicht sagen, aus welchen
Sätzen dieser Satz folgt”? Das klingt so
wie: man weiß es nicht. Aber
so ist es natürlich nicht. Und ich kann ja Sätze
sagen, und im Vorhinein sagen, aus denen er
folgt. – “Nur nicht
alle”. – Aber das
heißt ja eben nichts. |
Es ist eben nur der allgemeine Satz
und besondere Sätze (nicht: die besonderen
Sätze). Aber der allgemeine Satz zählt
besondere Sätze nicht auf. Aber was charakterisiert
ihn denn dann als allgemein, und was zeigt,
daß er nicht einfach diejenigen || die besonderen Sätze
umschließt, von denen wir in diesem
bestimmten Falle sprechen? |
Er kann nicht durch seine Spezialfälle
charakterisiert werden; denn wieviele man auch aufzählt, so
könnte er immer mit dem Produkt der angeführten
Fälle || Spezialfälle verwechselt
werden. Seine Allgemeinheit liegt also in einer Eigenschaft
(grammatischen Eigenschaft) der Variablen. 24 |
Wie
man die Zeichnung ❘ o ❘ als eine Darstellung
des “allgemeinen Falls” ansehen kann.
Quasi nicht im Maßraum, sondern so,
daß die Distanzen des Kreises von den Geraden
garnichts ausmachen.
Man sieht dann das Bild als Fall eines anderen Systems,
als wie || wie wenn man es als
Darstellung einer besonderen Lage des Kreises zwischen den Geraden
sieht. Oder richtiger: Es ist dann Bestandteil
eines andren Kalküls. Von der Variablen gelten eben
andre Regeln, als von ihrem besonderen Wert. |
Worin besteht aber –
z.B. – die unendliche Möglichkeit der
Besetzung einer || der
Variablen? Wie kann man sich etwa nach der Regel
richten: “an diese Stelle darf keine Zahl gesetzt
werden”? Die Allgemeinheit so einer || dieser Vorschrift muß von der Art
der hypothetischen Allgemeinheit (alle Menschen sind sterblich)
sein. |
Es scheint
mir nicht, als könnte eine Allgemeinheit
über eine bestimmte Aufzählung mit
einer Art schattenhafter Aufzählung hinausgehen. |
Denn nehmen wir an, ich
hätte 7 Fälle || Spezialfälle
aufgezählt und sagte “ihre logische Summe ist
aber nicht der allgemeine Satz”, so ist das nicht genug und
ich will noch sagen, daß auch keine andere
Zahl von Fällen || Spezialfällen den allgemeinen Satz
ergibt. Aber in diesem Zusatz scheine ich nun wiederum eine
Aufzählung, wenn auch nicht wirklich, so doch quasi schattenhaft
auszuführen. Aber so ist es nicht, denn in
dem Zusatz kommen ganz andere Wörter als die Zahlwörter
vor. |
“Wie
aber soll ich es verbieten, daß
ein Zahlwort dort und dort eingesetzt wird?
Ich kann doch nicht vorhersehen, welches Zahlwort Einer wird
einsetzen wollen, um es zu verbieten.”
– Du kannst es ja verbieten, wenn es kommt. –
Aber da sprechen wir ja schon, allgemein, vom 25 Zahlbegriff! |
Ich
müßte sagen: Die
Zahlvariable ist ein dem Zahlzeichen verwandtes Zeichen (durch die
Regeln, die von ihm gelten – wie etwa der Läufer der
Königin verwandter ist als dem Rössel). Und in
der Verwandtschaft der Regeln muß es auch
liegen, was wir damit meinen, daß das eine
ein Spezialfall des anderen ist. |
Aber es gibt nicht etwas, was eine
Aufzählung ist und doch keine Aufzählung. Eine
Allgemeinheit, die quasi nebelhaft aufzählt, aber nicht wirklich
und bis zu einer bestimmten Grenze. |
Die Punkte in
“1 + 1 + 1 + 1 …”
sind eben auch nur die vier Punkte. Ein Zeichen, für
das sich gewisse Regeln angeben lassen
müssen. (Nämlich dieselben, wie für das
Zeichen “u.s.w. ad
inf.”) Dieses Zeichen ahmt zwar die
Aufzählung in gewisser Weise nach, ist aber keine
Aufzählung. Und das heißt
wohl, daß die Regeln, die von ihm gelten, bis
zu einem Punkt mit denen, die von einer Aufzählung gelten,
übereinstimmen, aber nicht ganz übereinstimmen.
|
Es gibt kein Mittelding zwischen
einer || der bestimmten
Aufzählung und der Variablen. || und dem
allgemeinen Zeichen. |
Ich habe einmal gesagt, es könne nicht
Zahlen geben, und den Begriff der Zahl.
Und das ist richtig, wenn es heißt,
daß die Variable zur Zahl nicht so steht, wie
der Begriff Apfel zu einem Apfel (oder der Begriff Schwert zu
Nothung). Anderseits ist die Zahlvariable kein Zahlzeichen. 26 |
Ich wollte aber auch sagen,
daß der Zahlbegriff nicht unabhängig von
den Zahlen (gegeben) sein könnte,
und das ist nicht wahr. Sondern die Zahlvariable ist in dem
Sinne von einzelnen Zahlen unabhängig, als es einen Kalkül
mit einer Klasse unserer || unsrer Zahlzeichen, und ohne die allgemeine Zahlvariable,
wohl gibt. Freilich gelten dann eben nicht alle Regeln von
diesem Zahlzeichen, die von unsern gelten, aber doch entsprechen sie
unserem, wie die Damesteine im Damespiel denen im
Schlagdamespiel. |
Was aber macht ein Zeichen zum Ausdruck der
Unendlichkeit? Was gibt ihm den eigentümlichen
Charakter dessen, was wir unendlich nennen? Ich glaube,
daß es sich ähnlich verhält wie das
Zeichen einer enormen Zahl. Denn das Charakteristische des
Unendlichen, wie man es so﹖
auffaßt, ist seine enorme
Größe. |
Wenn man etwa fragt “ist das nun die
letzte Regel in der Reihe”, so wäre die Antwort:
natürlich nicht. – Auch kann man sagen:
keine wird die letzte sein. – Aber hier bedient man
sich schon einer Variablen, denn dem “keine”
entspricht nicht ein logisches Produkt.
|
Soll ich nun sagen: keine ist die
letzte, – oder: Es ist sinnlos, von einer
“letzten” zu sprechen, und auch das Wort
“keine” ist in diesem
Zusammenhang nicht erlaubt? |
Wenn wir etwa die Regeln für Division
oder Multiplikation geben, so enthalten die
schon die ‘unendliche Allgemeinheit’.
Nämlich die Unbeschränktheit und das
‘u.s.w.’.
(Und so kann man sich überzeugen,
daß alles mit rechten Dingen
zugeht.) |
Schon
das Kind in der Schule lernt die Rechenregeln mit || in
dieser unendlichen Allgemeinheit. 27 Wir zeigen ihm einige Multiplikationen und verlangen, daß es dann andre mit größeren Zahlen selbst ausführe. |
Man
hat natürlich nur die Zahlen bis zu einer gewissen höchsten
– sagen wir 10¹⁰ –
hingeschrieben. Worin besteht nun die
Möglichkeit, Zahlen hinzuschreiben, die man noch
nicht hingeschrieben hat? Wie seltsam dieses Gefühl,
als wären sie doch schon alle irgendwie vorhanden!
(Frege sagte, eine
Konstruktionslinie sei in gewissem Sinne schon vorhanden, auch ehe sie
gezogen wurde.) |
Hier ist die Schwierigkeit, sich zu wehren gegen den Gedanken, die
Möglichkeit sei eine Art schattenhafter Existenz. || Wirklichkeit. |
In den Regeln für die Variable
a
kann eine Variable b
vorkommen und auch besondere Zahlzeichen; aber auch keine Gesamtheit
von Zahlen. |
Nun
scheint es aber, als wäre damit etwas (aus der
Logik) weggeleugnet. Etwa
gerade die Allgemeinheit; oder das, was die Punkte andeuten.
Das Unfertige (Lockere, Dehnbare) der Reihe || Zahlenreihe. Und
natürlich dürfen und können wir nichts
wegleugnen. Wo kommt also diese Unbestimmtheit zum
Ausdruck? Etwa so: Wenn wir Zahlen
anführen, die wir statt der Variablen
a einsetzen dürfen, so
sagen wir von keiner, es sei die letzte, oder die
höchste. |
Würde uns aber nun nach der Erklärung einer Rechnungsart
jemand fragen: “und ist nun 103 das letzte
Zeichen, welches ich benützen kann was sollen wir
antworten? “Nein, es ist nicht das
letzte”, oder “es gibt kein
letztes”? – Aber
muß ich ihn nicht zurückfragen:
“Und wenn es nicht das letzte ist, was käme dann
noch?” Und sagt er nun “104”,
so müßte ich sagen: Ganz
richtig, du kannst die Reihe selber fortsetzen. 28 |
Von
einem Ende der Möglichkeit kann ich überhaupt nicht
reden. |
(Nur vor
dem Geschwätz muß man sich in der
Philosophie hüten. Eine Regel aber, die praktisch
anwendbar ist, ist immer in Ordnung.) |
Es ist klar, daß man
einer Regel von der Art [a, x, x + 1] folgen kann; ich meine, ohne schon von
vornherein die Reihe hinschreiben zu können, sondern, indem
man sich wirklich nach der Bildungsregel richtet || indem man wirklich der Bildungsregel
folgt. Es ist ja dann dasselbe, wie wenn
ich eine Reihe etwa mit der Zahl 1 anfinge und sagte:
“nun gib 7 dazu, multipliziere mit 5 und zieh' die
Wurzel, und diese zusammengesetzte Operation wende immer wieder auf
das || ihr Resultat an”. (Das
wäre ja die Regel
[1, x,
√(x + 7) ∙ 5].)
|
(Aber was tut der, der diese
Regel versteht? Wendet er sie etwa schon in
schattenhafter Weise auf alle Zahlen an?
–) |
Um
nun die Regel etwa dreimal nacheinander anzuwenden, braucht es keine
weitere Regel, die diese Anwendung regelt (die Verbindung der
ersten Regel mit der Zahl 3 herstellt).
Sondern, daß wir den Raum für die
Anwendung offen lassen, ist gerade unser Zeichen für die endlose
Allgemeinheit. |
Schließlich ist ja das Wort
“u.s.w.” nichts anderes,
als das Wort
“u.s.w.”,
(d.h. wieder als ein Zeichen des
Kalküls, das nicht mehr tun kann, als durch die Regeln zu
bedeuten, die von ihm gelten. Das nicht mehr
sagen kann, als es zeigt.)
D.h. es wohnt dem Wort “u.s.w.” keine geheime Kraft inne, durch die nun die Reihe fortgesetzt wird, ohne fortgesetzt zu werden. 29 |
Das
wohl nicht, wird man sagen, aber eben die Bedeutung der
unendlichen Fortsetzung.
|
“Kann man sich einen leeren Raum
vorstellen?” (Diese Frage gehört
merkwürdigerweise hierher.) |
Es ist einer der tiefstwurzelnden Fehler der
Philosophie: die Möglichkeit als ein Schatten der
Wirklichkeit. || , die Möglichkeit als einen
Schatten der Wirklichkeit zu sehen.
Anderseits aber kann es kein Irrtum sein und ist es auch nicht, wenn man den Satz diesen Schatten nennt. |
Es muß, um die
unendliche Möglichkeit zu erklären, genug sein,
auf die Züge des Zeichens hinzuweisen, die uns eben zur
Annahme dieser unendlichen Möglichkeit führen,
besser: aus denen wir diese unendliche Möglichkeit
ersehen. Das heißt
(nur), das Tatsächliche des
Zeichens muß genügen und nicht die
Möglichkeiten des Zeichens in Betracht kommen, die sich nur
wieder in einer Beschreibung der || von Zeichen
zeigen könnten. Es muß also
in dem Zeichen “[1, x, x + 1]” – dem Ausdruck der
Bildungsregel – schon alles enthalten sein. Ich darf
mit der unendlichen Möglichkeit nicht wieder ein mythisches
Element in die Logik || Grammatik
einführen. Beschreibt man den Vorgang der Division
1˙
Und wenn wir die “unendliche Möglichkeit der Fortsetzung sehen”, so können wir doch nichts sehen, was nicht beschrieben ist, wenn wir eben das Zeichen beschreiben, was wir sehen. 30 |
Die
Gefahr ist natürlich hier wieder, in einen
Positivismus zu verfallen, nämlich
einen, der einen eigenen Namen verdient und daher
natürlich ein Irrtum sein
muß. Denn wir dürfen
überhaupt keine Tendenz haben, keine besondere Auffassung der
Dinge, sondern müssen alles anerkennen, was jeder Mensch
darüber je gesagt hat, außer soweit er
selbst eine besondere Auffassung oder Theorie hatte. |
Denn das Zeichen
“u.s.w.”, oder ein ihm
entsprechendes, ist wohl für die Bezeichnung der Endlosigkeit
wesentlich. Natürlich durch die Regeln, die von einem
solchen Zeichen gelten. D.h. wir
können wohl das Reihenstück
“1, 1 + 1,
1 + 1 + 1” unterscheiden von der Reihe
“1, 1 + 1, 1 + 1 + 1,
u.s.w.”. Und
das letzte Zeichen und sein Gebrauch ist so wesentlich für den
Kalkül, als eines der
vorhergehenden. || als irgend ein
anderes || andres. |
Das, was mich nun bedrückt,
ist, daß das
“u.s.w.” scheinbar auch
in den Regeln für das Zeichen
“u.s.w.” vorkommen
muß. Z.B.
ist 1, 1 + 1,
u.s.w. = 1, 1 + 1, 1 + 1 + 1,
u.s.w.
u.s.w.¤ |
Aber haben wir denn hier nicht
die alte Erkenntnis, daß wir
die Sprache nur von außen beschreiben
können? Daß wir also nicht
erwarten dürfen, durch eine Beschreibung der Sprache in andere
Tiefen zu dringen, als die Sprache selbst
offenbart: Denn die Sprache beschreiben wir mittels
der Sprache. |
Wir
könnten sagen: Es ist ja gar kein
Anlaß, zu fürchten,
daß wir das Wort
“u.s.w.” in einer das
Endliche übersteigen Weise gebrauchen. |
Übrigens
kann der, für das
“u.s.w.”
charakteristische, Teil seiner Grammatik nicht in Regeln über
die Verbindung vom
“u.s.w.” mit
einzelnen 31 Zahlzeichen (nicht:
“den einzelnen Zahlzeichen”)
bestehen – denn diese Regeln geben ja wieder ein beliebiges
Stück einer Reihe – sondern in Regeln der Verbindung von
“u.s.w.” mit
“u.s.w.”.
|
Aber hier habe ich schon
das Wort “beliebig” gebraucht, und wie
drückt es sich aus, daß ein
angegebener || aufgeschriebener Teil der
Reihe beliebig ist? |
Das Zeichen “1, 1 + 1,
1 + 1 + 1, … ” kann im
wesentlichen nicht deutlicher sein als
“[1, x, x + 1]”.
(Das ist sehr wichtig.)
|
Was sieht der, der in
1˙
|
Von dem Zeichen “0˙3̇
”
kann man sagen: es ist keine Abkürzung.
|
Ich hätte einmal
von der Division gesagt: “ich sehe eben etwas
Bestimmtes in ihr, wenn ich die Periodizität
erkenne”. – Muß
ich nun nicht sagen, sie gehört in diesem Fall zu einem
anderen || andern System,
als im Falle, wenn ich die Periodizität nicht
erkenne? |
Es ist
übrigens klar, daß es keinen
exakteren Beweis der Periodizität dieser
Division gibt, als das oben ausgeführte Stück.
Das, was ich an || in dieser Division sehe,
befähigt mich z.B. das vierstellige
Resultat 0,3333 auf Verlangen, ohne weitere Rechnung,
anzuschreiben. Und hierin liegt die andere Art der
Benützung dieses Zeichens. 31a |
Es ist, als entdeckten wir an gewissen
Körpern, die vor uns liegen, Flächen,
mit denen sie aneinandergereiht werden können.
Oder vielmehr, als entdeckten wir, daß
sie mit den und den Flächen, die wir auch schon früher
gekannt || gesehen hatten,
aneinandergereiht werden können. Es ist das die Art
der Lösung vieler Spiele oder Rätselfragen. |
Der, welcher || der die Periodizität entdeckt, erfindet einen neuen
Kalkül. Die Frage ist, wie unterscheidet sich der
Kalkül mit der periodischen Division von dem Kalkül,
der die Periodizität nicht kennt? |
(Wir hätten einen Kalkül mit
Würfeln betreiben können, ohne je auf die Idee
zu kommen, sie zu Prismen aneinanderzureihen.) |
Was macht es,
daß ich weiß,
daß die Definition
“a + ((b) + 1)
= ¤ (a + b) + 1
Def” rekursiv auf alle Zahlen angewandt werden
kann? Oder: Wie zeigt sich die Periodizität dieser Division? |
Ich könnte übrigens sagen,
daß sich das Zeichen
“1, 1 + 1, 1 +
1 + 1 u.s.w.” vom
Zeichen “1,
1 + 1, 1 + 1 + 1” durch die Anwendung
unterscheidet. Daß sie
verschiedenen Kalkülen angehören. |
Die Schwierigkeit fängt schon
da an, wenn ich sagen soll, daß an
Stelle der Buchstaben, Zeichen von der Form
“1, (1) + 1,
((1) + 1) + 1
u.s.w. zugelassen
werden. (Schon die willkürliche Länge der
Aufzählung ist unangenehm.) |
Diese Aufzählung
muß sich durch
“[1, x, (x) + 1]” ersetzen
lassen. 32 |
Anderseits aber muß es auch klar sein,
daß “1, (1) + 1,
((1) + 1) + 1,
u.s.w. keine Abkürzung
ist. |
Vielmehr muß es auch das vollständige
Zeichen sein eines Kalküls.
D.h., man muß mit
ihm ebenso exakt arbeiten können, wie mit jedem
anderem. |
Man
könnte nun﹖ aber fragen: Wie kommt es,
daß der, welcher die allgemeine Regel auf
eine weitere Zahl anwendet, nur dieser
Regel folgt. Daß keine weitere
Regel nötig war, die ihm erlaubt, die allgemeine auch auf
diesen Fall anzuwenden; und daß doch dieser
Fall in der (allgemeinen) Regel nicht genannt
war. |
Es wundert
uns also, daß wir diesen Abgrund zwischen
den einzelnen Zahlen und dem allgemeinen Satz
nicht überbrücken können. |
Wenn die Intuitionisten von der
“Grundintuition” sprechen, – ist diese
ein psychologischer Prozeß? Und
wie kommt er dann in die Mathematik? Oder ist, was sie
meinen, nicht doch nur ein Urzeichen (im Sinne
Freges); ein
Bestandteil eines Kalküls? |
Es ist wohl charakteristisch
für das allgemeine !o!,
daß ❘o❘ =
❘o❘, aber man kann das allgemeine Zeichen nicht
durch eine Aufzählung solcher Gleichungen
erklären || bestimmen, da man ja
wieder nicht alle aufzählen
kann. (Darum sagte ich früher, das “u.s.w.” müsse durch die möglichen || erlaubten Verbindungen mit sich selbst, nicht mit seinen besonderen Fällen charakterisiert || erklärt werden.) |
Es
ist, als gäbe es eine allgemeine Auffassung des
Zeichens (etwa eines Dreiecks in der geometrischen Konstruktion
etc.). |
Es gibt eine Relation “zwischen”,
für die man nicht von einem
besonderen Ort reden kann. Die also quasi alle
Züge des räumlichen “Zwischen”
hat, außer denen, die sich auf bestimmte
Lagen beziehen. Das heißt, es gibt einen Kalkül mit einer Relation, die man “zwischen” nennen könnte, bei der aber von einer Allgemeinheit nicht die Rede wäre. Anderseits aber ist dieser Kalkül derjenige der Allgemeinheitsbezeichnung für die räumliche Lage. Wie kriegt er aber den Charakter der Allgemeinheit, wenn er ihn doch nicht durch die Beziehungen zu speziellen Fällen bekommt? – Aber worin besteht denn dieser Charakter der Allgemeinheit? Handelt es sich nicht hier wieder um einen falschen Vergleich? |
Die
Allgemeinheit ist so vieldeutig, wie die
Subjekt-Prädikat Form. 34 |
Alles, was man eigentlich in der Philosophie wissen
muß, ist, daß jeder
Unterschied des Gebrauchs || im
Gebrauch eines Worts ein logischer Unterschied
ist, und daß es sich also um verschiedene
Formen handelt (deren grammatische Verwandtschaft
höchstens, durch das gleiche Wort || die
gleiche Bezeichnung angedeutet wird).
|
D.h.
man darf nur nicht an einem Unterschied der Formen vorbeigehen
– wie man wohl an einem Unterschied zwischen
Anzügen vorbeigehen kann, wenn er etwa sehr gering
ist. In gewissem Sinne gibt es für uns – nämlich in der Grammatik – nicht ‘geringe Unterschiede’. Und überhaupt bedeutet ja das Wort Unterschied etwas ganz anderes, als dort wo es sich um einen Unterschied zweier Dinge || Sachen handelt. |
Worin
besteht der Charakter der Allgemeinheit des allgemeinen
Kalküls? Denn ich möchte,
daß er die besonderen Fälle allgemein
behandelt und nicht gleichsam etwas von den besonderen Fällen
ganz Losgelöstes ist. (Wie es
auch﹖ in der Bezeichnung
“1, 1 + 1,
1 + 1 + 1, u.s.w.”
angedeutet ist.) Wo ist die Verwandtschaft zwischen der Allgemeinheit und dem Besonderen? Die muß offenbar in der Bezeichnung zum Ausdruck kommen. (Und darum || so enthält ja auch die allgemeine Zahlform “[1, x, (x) + 1]” das Zeichen “1”.) |
Ich möchte sagen: das allgemeine Bild
❘ ⚬ ❘ hat eine andre Metrik als das besondere.
|
Die Möglichkeit noch
weitere Zahlen anzuführen. Die Schwierigkeit
scheint uns die zu sein, daß die Zahlen, die
ich tatsächlich angeführt 35 habe, ja gar nicht
wesentlich sind || keine wesentliche Gruppe
sind und nichts dies andeutet,
daß sie eine beliebige
Kollektion sind: die zufällig aufgeschriebenen
unter allen Zahlen. (So, als hätte ich in einer Schachtel alle Steine eines Spiels und auf dem Tisch daneben eine zufällige Auswahl aus dieser Schachtel. Oder, als wären die einen Ziffern in Tinte nachgezogen, während sie alle schon gleichsam blaß vorgezeichnet sind.) Daß wir aber außer diesen zufällig benützten nur die allgemeine Form haben. Haben wir hier übrigens nicht – so komisch das klingt – den Unterschied zwischen Zahlzeichen und Zahlen? |
Im allgemeinen Zeichen
“❘ ⚬ ❘” spielen die Distanzen so wenig
eine Rolle wie im Zeichen
“aRb”. |
Bedenke daß aus dem
allgemeinen Satz eine logische Summe von, sagen wir, hundert
Summanden folgen könnte, an die wir doch bestimmt
nicht gedacht haben, als wir den allgemeinen Satz
aussprachen. Können wir dennoch sagen,
daß sie aus ihm folgt? |
Die Allgemeinheitsbezeichnung
unserer gewöhnlichen Sprache faßt die
logische Form noch viel oberflächlicher, als ich früher
geglaubt habe. Sie ist eben in dieser Beziehung mit der
Subjekt-Prädikat-Form vergleichbar. |
Nehmen wir die besonderen Fälle
des allgemeinen Sachverhalts, daß das
Kreuz sich zwischen den Grenzstrichen befindet:
36 |
“Das Kreuz liegt so auf der Geraden:
“Es hat hier 16
Wenn man sich übrigens wundert, daß dieser Satz aus jenem folgt, obwohl man doch bei jenem gar nicht an ihn dachte, || daß ein Satz aus dem andern folgt, obwohl man doch bei diesem gar nicht an jenen dachte, so denke man nur daran, daß p ⌵ q aus p folgt, und ich denke doch gewiß nicht alle Sätze p ⌵ x wenn ich p denke. |
Die ganze Idee,
daß man bei dem Satz, aus dem ein anderer
folgt, diesen denken muß, beruht auf
einer falschen, und psychologisierenden, Auffassung.
Wir haben uns ja nur um das zu kümmern, was in den Zeichen und
(ihren) Regeln liegt. |
Dagegen
ist es eine wirkliche Schwierigkeit,
daß das Folgen immer gebunden scheint
an den || verbunden scheint mit dem Kalkül der
Wahrheitsfunktionen. |
Will ich sagen, daß sich das Folgen immer
aus der Übereinstimmung der || von Wahrheitsmöglichkeiten ergeben
muß?
Ich könnte aber ebensogut fragen “wie weiß ich, daß (∃x).fx aus fa folgt” und antworten: weil ich ‘(∃x).fx’ verstehe”. Wie weiß ich aber wirklich, daß es folgt? – Weil ich so kalkuliere. 37 Wie weiß ich, daß (∃x).fx aus fa folgt? Sehe ich quasi hinter das Zeichen “(∃x).fx”, und sehe den Sinn, der hinter ihm steht und daraus || aus ihm, daß er aus fa folgt? ist das das Verstehen? Nein, jene Gleichung ist ein Teil des Verstehens || Verständnisses || drückt einen Teil des Verstehens aus (das so ausgebreitet vor mir liegt). Denn die Annahme eines Verstehens, das ursprünglich mit einem Schlag erfaßbar || ein Erfassen mit einem Schlag, erst so ausgebreitet werden kann, ist ja unrichtig. Wenn ich sage “ich weiß, daß (∃x).fx folgt, weil ich es verstehe”, so hieße das, daß ich, es verstehend, etwas anderes sehe, als das gegebene Zeichen, gleichsam eine Definition des Zeichens, aus der das Folgen hervorgeht. |
Die Mathematik besteht aus Rechnungen. || Die Mathematik besteht ganz aus
Rechnungen. |
Meine Auffassung des allgemeinen Satzes war
doch, daß (∃x).fx eine
logische Summe ist und daß nur ihre Summanden
hier nicht aufgezählt seien, sich
aber aufzählen ließen (und zwar aus
dem Wörterbuch und der Grammatik der Sprache).
Denn ließen sie sich nicht aufzählen, so handelt es sich ja doch nicht um eine || um keine logische Summe || , so haben wir ja doch keine logische Summe. (Vielleicht ein Gesetz, logische Summen zu bilden.) |
Die Zahl ist durchaus kein
“grundlegender mathematischer Begriff”.
Es gibt so viele Kalküle, || Rechnungen, in denen von
Zahlen nicht die Rede ist. Und was die Arithmetik betrifft, so ist es mehr oder weniger willkürlich, was wir noch Zahlen nennen wollen. Und im Übrigen ist der Kalkül – z.B. – der Kardinalzahlen zu beschreiben, d.h. seine Regeln sind anzugeben, 38 und damit sind die Grundlagen
der Arithmetik gegeben || und damit ist
die Arithmetik begründet || ¤ der Grund
gelegt. |
Lehre sie uns, dann hast Du
begründet. |
|
Ja sagt
denn eben (∃x).fx ⌵ fa =
(∃x).fx nicht,
daß fa schon in
(∃x).fx
enthalten ist? Zeigt es nicht die Abhängigkeit des
fa vom (∃x).fx?
Nein, außer, wenn
(∃x).fx als logische Summe
definiert ist (mit einem Summanden
fa). – Ist das der Fall,
so ist (∃x).fx (nichts
als) eine Abkürzung. |
Einen verborgenen Zusammenhang gibt es in der
Logik nicht. |
(Eines der größten Hindernisse
für die Philosophie ist die Erwartung neuer tiefer || unerhörter Aufschlüsse.) |
Wird nicht vielmehr die Abhängigkeit
durch die Gleichung hergestellt und
festgesetzt? Denn eine verborgene Abhängigkeit gibt
es eben nicht. |
(∃x). fx & non-fa,
(∃x).fx & non-fa & non-fb & non-fc
“Das Kreuz befindet sich
irgendwo zwischen den Strichen, außer in der
Lage a.” Man könnte nun
fragen: wird durch solche fortgesetzte Subtraktionen von
Möglichkeiten endlich eine Kontradiktion
erzeugt? |
Angenommen, ich gäbe eine Disjunktion von so vielen Stellungen
an, daß es mir unmöglich wäre,
eine Stellung von allen angegebenen als verschieden 39 zu erkennen || sehen; wäre nun die
Disjunktion der allgemeine Satz (∃x).fx?
Wäre es nicht sozusagen Pedanterie, die
Disjunktion noch immer nicht als den allgemeinen Satz
anzuerkennen? Oder besteht ein wesentlicher
Unterschied, und ist die Disjunktion vielleicht dem allgemeinen Satz
gar nicht ähnlich? |
Das was uns auffällt, ist,
daß der eine Satz so kompliziert, der
andere so einfach ist. Oder ist der einfache nur eine kurze
Schreibweise des komplizierteren? |
Es scheint uns aber das ‘zwischen den
Strecken, oder Wenden, Liegen’ etwas Einfaches, wovon
die verschiedenen Lagen (ob die Gesichtserscheinungen, oder
die durch Messen festgestellten Lagen) ganz unabhängig
sind. D.h., wenn wir von den einzelnen (gesehenen) Lagen reden, so scheinen wir von etwas ganz Anderem zu reden, als von dem, wovon im allgemeinen Satz die Rede ist. |
Es ist ein anderer Kalkül, zu dem unsere
Allgemeinheitsbezeichnung gehört und ein anderer, in dem es
jene Disjunktion gibt. Wenn wir sagen, das Kreuz liegt
zwischen diesen Strichen, so haben wir keine Disjunktion bereit,
die den Platz des || dieses allgemeinen Satzes nehmen
könnte. |
Ist
aber gegen eine Allgemeinheit etwas prinzipiell einzuwenden, die
als Allgemeinheit auftritt || fungiert,
für die also (∃x).fx & fa = fa
ist und die doch keine Wahrheitsfunktion einer gegebenen Anzahl von
Sätzen ist? |
Oder: Ist es möglich, daß
(∃x).fx & fa = fa
ist, ohne daß
(∃x).fx eine
Wahrheitsfunktion von fa ist? 40 |
(Es kann keine Wahrheitsfunktion von
fa sein, ohne
daß man es
weiß.) Ich kann doch einen Kalkül haben, in dem es nur ein a-b-a, ein b-a-a und ein a-a-b gibt –
|
Kann ich denn aber die Regeln des Folgens in
diesem Fall angeben? Denn, wie
weiß ich, daß gerade
aus fa
(∃x).fx
folgt? ich kann ja doch nicht alle Sätze
angeben, aus denen es folgt. – Das ist aber auch
gar nicht nötig; folgt (∃x).fx aus
fa, so war das
jedenfalls vor jeder besonderen Erfahrung zu wissen,
und möglich, es in der Grammatik
anzugeben. – Aber ist dann nicht
die Grammatik in diesem Sinn unvollendbar, da immer neue Zeichen
der Form fx gebraucht werden können? – Die gebraucht werden, werden gebraucht, und für sie kann ich immer in der Grammatik vorsorgen. |
Ich sagte “es war
möglich, vor jeder Erfahrung zu wissen,
daß (∃x).fx aus
fa folgt und es in der Grammatik
anzugeben”. Es sollte aber
heißen:
‘(∃x).fx folgt aus
fa’ ist kein Satz
(Erfahrungssatz) der Sprache, der
‘
(∃x).fx’ und
‘fa’ angehören, sondern eine in
ihrer Grammatik festgesetzte Regel. |
Ich betrachte die Sprache und Grammatik
unter dem Gesichtspunkt des Kalküls || unter der Form des Kalküls || als
Kalkül, d.h. des
Operierens nach festgelegten Regeln. || d.h. als Vorgang nach
festgesetzten Regeln. 41 |
Es
ist nur wesentlich, daß wir
(hier)﹖ nicht sagen
können, wir sind durch Erfahrung daraufgekommen,
daß es auch noch diesen Fall der Grammatik
gibt. Denn den müßten wir in
dieser Aussage (statement)
beschreiben und diese Beschreibung, obwohl ich ihre Wahrheit erst
jetzt einsehe, hätte ich doch schon vor dieser Erfahrung
verstehen müssen. |
Es ist die alte Frage: inwiefern kann man jetzt von
einer Erfahrung sprechen, die man jetzt nicht hat.
Was ich nicht voraussehen kann, kann ich nicht voraussehen. Und wovon ich jetzt sprechen kann, kann ich jetzt sprechen, unabhängig von dem, wovon ich jetzt nicht sprechen kann. Die Logik ist eben immer komplett. |
“Wie kann ich wissen, was alles
folgen wird?” – Was ich dann wissen
kann, kann ich auch jetzt wissen. |
Aber gibt es denn auch allgemeine Regeln der
Grammatik, oder nicht nur Regeln über allgemeine
Zeichen? Was wäre etwa eine allgemeine und eine besondere Regel im Schachspiel (oder einem andern)? Jede Regel ist ja allgemein. Doch ist eine andere Art der Allgemeinheit in der Regel, daß p ⌵ q aus p folgt, als in der, daß jeder Satz der Form p, non-non-p, … aus p & q folgt. Ist aber nicht die Allgemeinheit der Regel für den Rößlsprung eine andere als die, einer Regel für den Anfang einer Partie? |
Ist das Wort “Regel”
überhaupt vieldeutig? Und sollen wir also nicht
von Regeln im allgemeinen reden, wie auch nicht
von Sprachen im allgemeinen?
Sondern nur von Regeln in besonderen Fällen. 42 |
(Sokrates stellt die
Frage, was Erkenntnis sei und ist nicht mit der
Aufzählung von Erkenntnissen zufrieden. Wir aber
kümmern uns nicht viel um diesen allgemeinen Begriff und sind
froh, wenn wir Schuhmacherei, Geometrie etc.
verstehen.) |
Gilt diese Überlegung aber nicht auch
für den Begriff des Folgens? ||
für das Folgen? |
Wir glauben nicht,
daß nur der ein Spiel versteht, der eine
Definition des Begriffs ‘Spiel’ geben
kann. |
(Ich
mache es mir in der Philosophie immer leichter und leichter.
Aber die Schwierigkeit ist, es sich leichter zu machen und doch
exakt zu bleiben.) |
Hinter die Regeln kann man nicht dringen, weil es kein
Dahinter gibt. |
fE & fa = fa Kann man
sagen: das ist nur möglich, wenn
fE aus fa folgt; oder
muß man sagen: das bestimmt,
daß fE aus
fa folgt? || folgen soll. |
Wenn das erste, so
muß es vermöge der Struktur folgen,
etwa indem fE durch eine Definition so
bestimmt ist, daß es die
entsprechende Struktur hat. Aber kann denn
wirklich das folgen, gleichsam aus der sichtbaren Struktur der
Zeichen hervorgehen, wie ein physikalisches Verhalten aus einer
physikalischen Eigenschaft, und braucht es etwa nicht
vielmehr immer solche Bestimmungen, wie die
Gleichung fE & fa =
fa? Ist es etwa den
p ⌵ q anzusehen,
daß es aus p folgt, oder auch nur den
Regeln, welche Russell für die Wahrheitsfunktionen gibt?
42a |
Und warum sollte auch die Regel
fE & fa = fa aus
einer andern Regel hervorgehen und nicht die primäre Regel
sein? |
Denn was
soll es heißen
“fE muß
doch fa in irgendeiner Weise
enthalten”? Es enthält es eben nicht,
insofern wir mit fE arbeiten können,
ohne fa zu erwähnen. Wohl, aber,
insofern eben die Regel fE & fa = fa
gilt. |
Die
Meinung || Idee ist nämlich,
daß fE & fa = fa nur
vermöge einer Definition von
fE gelten kann. |
Und zwar – glaube ich
– darum, weil es sonst den falschen Anschein hat, als
würde nachträglich noch eine Bestimmung über
fE getroffen, nachdem es schon in die Sprache eingeführt
sei﹖. Es wird aber
tatsächlich keine Bestimmung einer künftigen Erfahrung
überlassen. |
Und die Definition des fE aus ‘allen
Einzelfällen’ ist ja
ebenso unmöglich, wie die Aufzählung
aller Regeln von der Form
fE & fx = fx.
|
Ja, die Einzelgleichungen
fE & fx = fx sind eben
gerade ein Ausdruck dieser Unmöglichkeit. |
Wie
äußert es sich aber in unsern Regeln,
daß die behandelten Fälle
fx keine wesentlich
abgeschlossene Klasse sind? – Doch
wohl nur, durch die Allgemeinheit der allgemeinen
Regel. – Daß sie nicht
die Bedeutung für den Kalkül haben,
wie eine abgeschlossene
Gruppe von Grundzeichen (etwa den Namen der 6
Grundfarben). Wie anders, als durch die Regeln,
die von ihnen ausgesagt sind. – Wenn ich etwa in
einem Spiel die Erlaubnis habe, eine gewisse Art von Steinen in
beliebiger Anzahl zu borgen, 43 andere aber in festgesetzter Anzahl
vorhanden sind; oder das Spiel zwar zeitlich
unbegrenzt, aber räumlich begrenzt ist, haben wir ja wohl
denselben Fall. Und der Unterschied zwischen den
einen und den anderen Figuren des Spiels
muß eben durch die Spielregeln festgesetzt
sein. Es heißt dann etwa von
der einen: Du kannst soviele Steine dieser Art nehmen als Du
willst. – Und nach einem anderen exakteren || bindenderen Ausdruck der || dieser Regel darf ich nicht suchen. |
Das heißt,
daß der Ausdruck für die Unbegrenztheit
der behandelten Einzelfälle
(eben) ein allgemeiner Ausdruck sein wird und kein
andrer sein kann, kein Ausdruck, in dem die
anderen nicht behandelten Einzelfälle in schattenhafter
Weise vorkämen. |
Es ist ja klar, daß ich keine logische
Summe als Definition des Satzes “das Kreuz liegt zwischen
den Strichen” anerkenne. Und damit ist doch
alles gesagt. |
Wenn
man gefragt wird: ist es aber nun auch sicher,
daß ein anderer Kalkül als dieser
nicht gebraucht wird, so muß man sagen:
Wenn das heißt “gebrauchen
wir nicht in unserer tatsächlichen || wirklichen Sprache noch andere
Kalküle”, so kann ich nur antworten
“ich weiß
(jetzt)﹖ keine
anderen” (so, wie wenn jemand fragte
“sind das alle Kalküle der
(gegenwärtigen)﹖
Mathematik”, ich sagen könnte “ich erinnere
mich keiner anderen, aber ich kann etwa noch genauer
nachlesen). Die Frage kann aber nicht
heißen “kann kein anderer
Kalkül gebraucht werden?” Denn wie
sollte ich diese Frage beantworten? || Denn wie sollte die Antwort auf diese Frage
gefunden werden? Ein Kalkül ist ja da, indem man ihn beschreibt. |
Kann man sagen:
‘Kalkül’ ist kein mathematischer
Begriff? 44 |
Plato: “–
Wie? sagte er, die sollte nicht nutzen?
Denn wenn doch einmal die Besonnenheit die Erkenntnis der
Erkenntnisse ist und den andern Erkenntnissen vorsteht, so
muß sie ja auch dieser sich auf das Gute
beziehenden Erkenntnis vorstehen und uns so doch
nutzen. – Macht auch sie uns, sprach ich, etwa gesund
und nicht die Heilkunde? Und so auch mit den andern
Künsten; verrichtet sie die Geschäfte derselben und nicht
vielmehr jede von ihnen das Ihrige? Oder haben wir
nicht lange schon eingestanden, daß sie nur
der Erkenntnisse und Unkenntnisse Erkenntnis
wäre und keiner anderen Sache? – Allerdings
wohl. – Sie also wird uns nicht die
Gesundheit bewirken? – Wohl
nicht. – Weil nämlich die Gesundheit für
eine andere Kunst gehört? –
Ja. – Also auch nicht den Nutzen, Freund, wird sie
uns bewirken. Denn auch dieses Geschäft haben wir
jetzt einer anderen || andern Kunst beigelegt. – Freilich. – Wie kann also die Besonnenheit nützlich sein, wenn
sie uns gar keinen Nutzen bringt?” |
Das ist klar,
daß die Frage “was ist ein
Kalkül” von genau der
gleichen Art ist wie die: “was ist ein
Spiel”, oder wie die “was ist eine
Regel”. |
Daß wir nun jemandem das Schachspiel
beibringen || erklären
können, ist klar. Und es fragt sich:
Versteht er es nun doch weniger, weil er nicht gelernt hat
‘was ein Spiel ist’? Oder macht das gar
nichts aus? |
Was bedeutet “undefinierbar”? Dieses
Wort ist offenbar irreführend, denn es erweckt
den Anschein, als könnten wir hier etwas
versuchen, was sich dann als unausführbar erwiese.
Als wäre also das Undefinierbare etwas, was sich nicht
weiter definieren ließe, wie sich ein zu
großes Gewicht nicht heben
läßt. Wir könnten
sagen: “Wie denn 45
‘undefinierbar’?! Können
wir denn versuchen, es zu
definieren?” |
Nun könnte man freilich sagen: die Definition ist
ja etwas Willkürliches,
d.h., wie ich ein Wort definiere, so ist es
definiert. Aber darauf kann geantwortet werden:
Es kommt darauf an, es so zu definieren, wie wir das Wort
meinen. Also so, daß wir zur
Definition des Wortes “Tisch”,
z.B., sagen: ja, das ist es, was ich mit
dem Wort meine. – Ja hat Dich nun
aber die Definition dahin gebracht, das mit dem Wort zu meinen oder
willst Du sagen, daß Du das schon immer
gemeint hast? Und wenn das Letztere, so hast Du also
immer das gemeint, was die Definition sagt
(im Gegensatz zu etwas Anderem, was sie auch sagen
könnte). D.h.: die
Definition ist auch eine Beschreibung dessen, was Du schon
früher gemeint hast. Du warst also auch früher
schon im Besitz einer Übersetzung dieser
Definition; sie hat sozusagen nur laut gesagt, was
Du schon im Stillen
wußtest. Sie hat also
auch wesentlich nichts zergliedert. |
Der, welcher
darauf aufmerksam macht, daß ein Wort
in zwei verschiedenen Bedeutungen gebraucht wurde, oder
daß bei dem Gebrauch dieses || eines Ausdrucks uns dieses Bild vorschwebt, und
der überhaupt die Regeln feststellt
(tabuliert), nach welchen Worte gebraucht
werden, hat gar keine Pflicht eine Erklärung
(Definition) des Wortes
“Regel” (oder “Wort”,
“Sprache”, “Satz”,
etc.) zu geben. || … , hat
garnicht die Pflicht
übernommen, eine
Erklärung (Definition) des Wortes
“Regel” (oder “Wort”,
“Sprache”, “Satz”,
etc.) zu geben. |
Ich sagte oben
“Kalkül ist kein mathematischer Begriff”;
das heißt, das Wort
‘Kalkül’ ist kein Schachstein der
Mathematik. Es brauchte in der Mathematik nicht vorzukommen. – Und wenn es doch in einem Kalkül gebraucht wird, so ist dieser nun kein Metakalkül. Vielmehr ist dann dieses Wort wieder nur ein Schachstein wie alle andern. 46 |
So
ist es mir erlaubt, das Wort ‘Regel” zu verwenden,
ohne notwendig erst die Regeln über dieses Wort zu
tabulieren. Und diese Regeln sind nicht
Über-Regeln. |
Das Wort “Regel”
muß in der
Erklärung eines Spiels nicht
gebraucht werden (natürlich auch kein
äquivalentes). |
Wie gebrauchen wir denn auch das Wort
‘Regel’ (wenn wir etwa von Spielen
reden)? Im Gegensatz wozu? Wir
sagen z.B. “das folgt aus
dieser Regel”, aber dann
könnten wir ja die Regel des Spiels zitieren, und so das Wort
“Regel” ersetzen. Oder wir sprechen von
“allen Regeln des Spiels” und müssen sie
dann entweder aufgezählt haben (und dann
liegt (wieder)﹖ der erste Fall
vor), oder wir sprechen von den Regeln, als einer Gruppe, die
auf bestimmte Art aus gegebenen || bestimmten
Grundpositionen erzeugt werden und dann
steht das Wort
“Regel” für den Ausdruck
dieser Grundpositionen und Operationen.
Oder wir sagen “Das ist eine Regel,
das nicht”, wenn etwa das
Zweite nur ein einzelnes Wort ist, oder eine Konfiguration der
Spielsteine. (Oder: “nein, das ist nach
der neuen Abmachung auch eine Regel”.) Wenn
wir etwa das Regelverzeichnis des Spiels aufzuschreiben
hätten, so könnte so etwas gesagt werden und dann
hieße es Das
gehört hinein, das nicht. Aber nicht
vermöge einer bestimmten Eigenschaft (nämlich der,
eine Regel zu sein), wie wenn man etwa lauter
Äpfel in eine Kiste packen möchte und
sagt “nein, das gehört nicht hinein das ist eine
Birne”. Ja aber wir nennen doch manches
“Spiel”, manches nicht und manches
“Regel”, und manches nicht!
Ja, aber || Aber auf die Abgrenzung alles dessen, was wir Spiel
nennen, gegen alles andere, kommt es ja
nie an. Die Spiele sind für uns
die Spiele, von denen wir gehört haben, die wir
aufzählen können, und etwa noch einige nach
Analogie anderer neu
gebildete; und wenn jemand etwa ein Buch über die Spiele
schriebe, so brauchte er eigentlich 47 das Wort
“Spiel” auch im Titel nicht, sondern als Titel
könnte eine Aufzählung der Namen der
einzelnen Spiele stehen. Und gefragt: Was
ist denn aber das Gemeinsame aller dieser Dinge,
weshalb Du sie
zusammenfaßt? könnte er
sagen: ich weiß es nicht in einem Satz
anzugeben, aber Du siehst ja viele
Analogien. Im übrigen ist diese || scheint mir diese Frage
müßig, da ich auch wieder nach Analogien
fortfahrend, durch unmerkbare Stufen, zu Gebilden kommen kann, die
niemand mehr im gewöhnlichen Leben “Spiel”
nennen würde, so daß es doch wieder
willkürlich wäre, was man “Spiel”
nennen wollte. Ich nenne daher “Spiel”
das, was auf dieser Liste steht, wie auch, was
diesen Spielen bis zu einem gewissen (von mir nicht näher
bestimmten) Grade ähnlich ist. Im übrigen
behalte ich mir vor, in jedem neuen Fall zu entscheiden, ob ich etwas
zu den Spielen rechnen will oder nicht.
|
Ebenso
verhält es sich nun auch mit dem Begriff der
Regel. Nur in ganz besonderen || speziellen Fällen
handelt es sich uns darum, die Regeln von etwas
abzugrenzen, was nicht Regel ist, und in allen diesen Fällen
ist es leicht, ein unterscheidendes Kriterium zu geben. Das
heißt, wir brauchen das Wort
“Regel” im Gegensatz zu “Wort”,
“Konfiguration der Steine” und einigem
andern, und diese Grenzen sind klar
gezogen. Dagegen ist es
müßig, Grenzen dort zu ziehen, wo wir
sie nicht brauchen. Verhält es sich hier nicht
ebenso, wie mit dem Begriff ‘Pflanze’?
Wir gebrauchen dieses Wort in bestimmtem Sinne,
aber, im Falle einzelliger Lebewesen war die Frage eine
Zeitlang schwebend, ob man sie Tiere oder
Pflanzen nennen solle, und es
ließen sich auch beliebig viel andere
Grenzfälle konstruieren, für die die Entscheidung, ob
etwas noch unter den Begriff Pflanze falle, erst zu treffen
wäre. Ist aber darum die Bedeutung des Wortes
“Pflanze” in allen anderen Fällen verschwommen,
sodaß man sagen könnte, wir
gebrauchen das Wort, ohne es zu verstehen? Ja, würde
uns eine Definition, die den Begriff nach
verschiedenen Seiten begrenzte, die
Bedeutung 48 des Wortes in allen Sätzen klarer
machen, sodaß wir auch alle Sätze, in
denen es vorkommt, besser verstehen würden? Offenbar
nein. |
Was
heißt es, zu wissen, was eine Pflanze
ist? Was heißt es, es zu wissen und es nicht sagen zu können? “Du weißt es und kannst hellenisch reden, also mußt Du es doch sagen können.” Müßigkeit einer Definition, etwa der, des Begriffs Pflanze. Aber ist die Definition kein Erfordernis der Exaktheit? “Der Boden war ganz mit Pflanzen bedeckt”: damit meinen wir nicht Bazillen. Ja wir denken dabei vielleicht an grüne Pflanzen einer bestimmten Größenordnung. Wer uns sagen würde, wir wissen nicht, was wir reden, ehe wir keine Definition der Pflanze gegeben haben, den würden wir mit Recht für verrückt halten. Ja, wir könnten auch mit einer solchen Definition uns in den gewöhnlichen Fällen nicht besser verständigen. Ja, es scheint sogar, in gewissem Sinne schlechter, weil gerade das Undefinierte in diesem Fall zu unserer Sprache zu gehören scheint. |
Denken wir uns in dem Satz einer
Erzählung “der Boden war ganz mit Gräsern und
Kräutern bedeckt” die Wörter
“Gräser” und “Kräuter”
durch Definitionen ersetzt. Es ist klar,
daß diese Definitionen lange und
komplizierte Ausdrücke sein müssen || werden; und nun ist die Frage, ob
wir denn wirklich mit dem Satz das gemeint haben, was jetzt in dem
ungleich viel komplizierteren steht. Wir würden
– glaube ich – sagen, daß wir an
alles das gar nicht gedacht hätten. |
Kann man nun aber auf eine solche Sprache die
Idee des Kalküls anwenden? Und ist das nicht so,
als wollte man in einem Bild, worin alle Farbflecken verlaufen, von
Farbgrenzen reden? Oder liegt die 49 Sache so: Denken wir uns
ein Spiel, etwa das Tennis, in dessen Regeln nichts über die
Höhe gesagt ist, die ein Ball im Flug nicht übersteigen
darf. Und nun sagte Einer: Das Spiel ist ja gar
nicht geregelt, denn, wenn Einer den Ball so hoch
wirft, daß er nicht wieder auf
die Erde zurückfällt, oder so weit,
daß er um die Erde herumfliegt, so wissen wir
nicht, ob dieser Ball als ‘out’
oder ‘in’ gelten soll. Man
würde ihm – glaube ich – antworten, wenn ein
solcher Fall einträte, so werde man Regeln für ihn
geben, jetzt sei es nicht nötig.
Könnten wir uns nicht überhaupt ein Spiel mit unvollständigem Regelverzeichnis denken und wir hätten ausgemacht, die Regeln nach Bedarf später zu ergänzen, allerdings so, daß den bereits festgesetzten Regeln keine künftige widersprechen dürfte? (Wie ja beim Tennis nichts über die erlaubte Länge der Schritte beim Laufen festgesetzt ist, aber, wenn nötig, noch festgesetzt werden könnte.) Denken wir an die Regeln über das Überspringen von Steinen im Brettspiel und an die besonderen Fälle, die eintreten, wenn der zu überspringende Stein am Rand des Brettes oder unmittelbar neben einem weiteren Stein steht. |
So können doch grammatische
Regeln über den Gebrauch des Wortes
“Pflanze” gegeben werden und wir können also
auf Fragen von der Art “folgt aus diesem
Sachverhalt, daß dort eine Pflanze
steht” Bescheid geben. Auf andere solche
Fragen aber sind wir nicht gerüstet und können
antworten: Ein solcher Fall ist noch nie
vorgekommen und es wäre für uns
müßig, für ihn
vorzusorgen. (Wenn es etwa gelänge, ein Lebewesen
halb maschinell und halb auf organischem Weg zu erzeugen, und
nun gefragt würde: ist das nun noch ein Tier oder eine
Pflanze.) |
Wenn
etwa beim Preisschießen für gewisse
Grenzfälle keine Bestimmungen getroffen wären || Bestimmung getroffen wäre, ob dieser
Schuß noch
als Treffer ins Schwarze gelten soll (oder
nicht). Nehmen wir nun aber an, ein solcher
Schuß komme 50 bei unserem
Preisschießen gar nicht vor; könnte man
dann dennoch sagen, die ganze Preisverteilung gelte nichts, weil
für diesen Fall nicht vorgesehen || vorgesorgt war? |
Denken wir uns nun das Verzeichnis der
Statuten für dieses Schießen, und es
sei in ihm von jenen Grenzfällen gar nicht die Rede.
(Das wäre etwa ähnlich, wie wenn Einer bei der
Berechnung von Längenausmaßen nur
nach den Regeln der Kardinalarithmetik verführe.)
Kann man nun sagen, das Regelverzeichnis sei wesentlich
unvollständig? Denn, wenn ein
Schuß auf die Grenze zwischen Schwarz und
Weiß trifft, wird sich doch der Richter
irgendwie entscheiden müssen: er wird dann entweder sagen
können, dieser Schuß gilt nicht,
oder er wird ihn zum Schwarzen rechnen,
u.s.w.. Wenn er das gegebene
Schema anwenden will, so wird er es irgendwie
anwenden müssen. Ich meine: Er wird die
Regeln nur entweder anwenden können, wie sie sind, oder
andere. Man könnte es auch so sagen: Diese Regeln sind eigentlich für ein anderes Spiel gemacht || bestimmt, nämlich für eines, in dem es wirklich nur die zwei Möglichkeiten gibt, ganz innerhalb und ganz außerhalb des Kreises zu treffen. Wende ich die gleichen Regeln also auf das Scheibenschießen an, so muß ich seine Möglichkeiten auf andere Art in die Multiplizität dieser || der Regeln projizieren. |
(Unsere Aufgabe ist es
nur, gerecht zu sein. D.h., wir haben
nur die Ungerechtigkeiten der Philosophie aufzuzeigen und zu
lösen, aber nicht neue Parteien – und
Glaubensbekenntnisse – aufzustellen.) |
Was versteckt ist,
muß gefunden werden können.
(Versteckter Widerspruch.) 51 |
Was
versteckt ist, muß sich auch, ehe es gefunden
wurde, ganz beschreiben lassen, als wäre es
(schon)﹖ gefunden. |
Wenn man sagt, der Gegenstand
ist so versteckt, daß es
unmöglich ist, ihn zu finden, so hat das guten Sinn und
die Unmöglichkeit ist hier natürlich keine logische;
d.h., es hat Sinn, von dem Finden
des Gegenstandes zu reden und auch, es zu beschreiben; und wir
leugnen nur, daß das || es geschehen wird. |
Ich mache mich doch anheischig, das Regelverzeichnis
unserer Sprache aufzustellen: Was soll ich nun in einem
Fall, wie dem des Begriffes “Pflanze”,
tun? Soll ich sagen, daß für diesen und diesen Fall keine Regel aufgestellt ist? Gewiß, wenn es sich so verhält. Soll ich aber also sagen, es gibt || gäbe kein Regelverzeichnis unserer Sprache und das ganze Unternehmen, eins aufzustellen, ist Unsinn? – Aber es ist ja klar, daß es nicht unsinnig ist, denn wir stellen ja mit Erfolg Regeln auf, und wir müssen uns nur enthalten, Dogmen aufzustellen. (Was ist das Wesen eines Dogmas? Besteht es nicht darin, naturnotwendige Sätze über alle möglichen Regeln zu behaupten? || Ist es nicht die Behauptung eines naturnotwendigen Satzes über alle möglichen Regeln?) |
“Ich weiß,
was eine Pflanze ist, kann es aber nicht sagen”.
Hat dieses Wissen die Multiplizität eines Satzes, der nur
nicht ausgesprochen wurde? So
daß, wenn der Satz ausgesprochen
würde, ich ihn als den Ausdruck meines Wissens anerkennen
würde? – Ist es nicht vielmehr wahr,
daß jede exakte Definition als Ausdruck
unseres Verstehens abgelehnt werden
müßte?
D.h., würden wir nicht von so einer
sagen müssen, sie bestimme zwar einen, dem unseren verwandten,
Begriff, aber nicht diesen selbst. Und die
Verwandtschaft sei etwa die, zweier Bilder, deren eines aus
unscharf 52 begrenzten Farbflecken, das andere aus
ähnlich geformten und verteilten, aber scharf begrenzten,
bestünde. Die Verwandtschaft wäre dann ebenso
unleugbar, wie die Verschiedenheit. |
Die Frage ist nun: kannst Du bei dem
ersten Bild auch von Flecken
reden? Gewiß, nur in einem
anderen, aber verwandten, Sinn. |
Das heißt: die
unscharfen Grenzen gehören zu meinem Begriff der
Pflanze, so wie er jetzt ist, d.h. so, wie ich
dieses Wort jetzt gebrauche, und es charakterisiert diesen
Begriff, daß ich z.B.
sage: ich habe darüber keine Bestimmung getroffen,
ob dieses Ding eine Pflanze heißen soll
oder nicht. |
Es
scheint mir hier aber auch eine falsche Verwendung des Wortes
“unscharf” vorzuliegen, in einem Fall
nämlich, wo kein “scharf” denkbar ist. – So, als wendete man diesen Begriff aus der farbigen
euklidischen Ebene genommen, auf
den Gesichtsraum an. – |
Die Erfahrung (der Begriff der
Erfahrung) scheint (uns)﹖ von
völligem Dunkel begrenzt. Aber auch Schwarz ist eine Farbe, und wenn eine Farbe gegen Schwarz abgegrenzt ist, so durch eine Farbgrenze, wie jede andre. |
Es verhält sich doch
mit dem Begriff ‘Pflanze’ ähnlich, wie mit
dem der Eiförmigkeit, wie wir sie im gewöhnlichen Leben
meinen. Die Grenzen dieses Begriffs sind nicht
scharf bestimmt und wir würden z.B. ein
Osterei von dieser Form nicht als solches gelten lassen und
doch nicht sagen können, bei welchem Verhältnis der
Länge und Breite etwas anfängt, ein Osterei zu sein.
Ja, wenn Einer nun ein solches Verhältnis angäbe,
was es auch sei, so könnten wir es nicht als die
richtige 53 Begrenzung unseres Begriffs
anerkennen. Sondern wir
müßten entweder sagen: nein,
das nenne ich kein Osterei, es ist zu schlank, oder zu dick
etc., oder: ja, das ist auch ein
Osterei, aber der Grenzfall ist es nicht gerade. Diesen
gibt es eben nicht in unserm Kalkül und wer einen Grenzfall
einführt, führt einen andern Kalkül ein. |
Ist nun aber etwa eine
Verschwommenheit in den Regeln dieses Kalküls?
Und || Oder ist eine solche Verschwommenheit
überhaupt denkbar? Oder ist dies schon wieder eine der sinnlosen Fragen über alle möglichen Kalküle? |
Denken wir uns die Erklärung
des Begriffs der Pflanze. Wir zeigen jemand mehrere
Gegenstände und sagen, das sind Pflanzen. Dann
zeigt auch er auf einen weiteren Gegenstand und sagt “ist
auch das eine Pflanze” und wir antworten “ja, das
auch”, u.s.w.. Ich
hätte nun einmal gesagt, er habe nun in dem Gezeigten den
Begriff ‘Pflanze’ – das gewisse Gemeinsame
– gesehen und er sähe || sehe die Beispiele
der Erklärung anders, wenn er in ihnen eben diesen Begriff
sieht als, wenn er sie etwa als Repräsentanten dieser
bestimmten Form || Gestalt und Farbe allein
auffasse. (So wie ich auch sagte, er sähe
in der Variablen, wenn er sie als solche versteht,
etwas, was er im Zeichen für den besonderen Fall nicht
sieht.) Aber der Gedanke des ‘darin
Sehens’ ist von dem Fall hergenommen, wo ich
z.B. die Figur
❘ ❘ ❘ ❘
verschieden ‘phrasiert’ sehe. Aber
dann sehe ich eben in einem andern Sinn wirklich verschiedene
Figuren und, was diese gemein haben, ist
außer ihrer
Ähnlichkeit die Verursachung durch das
gleiche physikalische Bild. Aber diese Erklärung ist doch nicht ohne weiteres auf den Fall des Verstehens der Variablen oder der Beispiele für den Begriff ‘Pflanze’ anzuwenden. Denn angenommen, wir hätten wirklich etwas anderes in ihnen gesehen, als in Pflanzen, die nur um ihrer selbst willen gezeigt wurden, so ist die Frage, kann denn dieses oder irgendein anderes Bild uns zu der 54 Anwendung als Variablen
berechtigen? Ich hätte Einem also die Pflanzen
zur Erklärung zeigen können und ihm dazu einen Trank
gegeben, durch den es verursacht wird,
daß er die Beispiele in der bestimmten Weise
sieht. (Wie es möglich wäre,
daß ein Alkoholisierter eine Gruppe
❘ ❘ ❘ ❘ immer
als ❘ ❘ ❘ ❘
sieht.) Und damit wäre die Erklärung des
Begriffs in eindeutiger Weise gegeben und wer sie verstanden
hat, hätte von den vorgezeigten Spezimina
und den begleitenden Gesten dieses Bild
empfangen. So ist es aber doch nicht. –
Es ist nämlich wohl möglich, daß
der, welcher z.B. das Zeichen
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
als Zahlzeichen für die 6 sieht, es anders
sieht (etwas anderes darin sieht) als der, welcher es nur als
Zeichen für “einige”
auffaßt, weil er seine Aufmerksamkeit
nicht auf das Gleiche richten wird; aber es kommt dann auf das
System von Regeln an, die von diesen Zeichen gelten und das
Verstehen wird wesentlich kein Sehen des Zeichens in gewisser
Weise sein. |
Es
wäre also möglich, zu sagen ‘jetzt sehe ich das
nicht mehr als Rose, sondern nur noch als
Pflanze’! Oder: “Jetzt sehe ich es nur als Rose, nicht mehr als diese Rose”. “Ich sehe den Fleck nur noch im Quadrat, aber nicht mehr in einer bestimmten Lage”. |
Der seelische Vorgang des Verstehens interessiert uns eben
gar nicht. (So wenig, wie der einer
Intuition.) |
“Es ist doch gar kein Zweifel,
daß der, welcher die Beispiele als
beliebige Fälle zur Veranschaulichung des Begriffs versteht,
etwas andres versteht, als der, welcher sie als bestimmt
begrenzte Aufzählung
auffaßt”. Sehr richtig,
aber was versteht der erste also, was der 55 zweite nicht versteht?
Nun, er sieht eben nur Beispiele in den
vorgezeigten Dingen, die nur gewisse Züge
aufzeigen || aufweisen sollen, aber
er meint nicht, daß ich ihm im
Übrigen diese Dinge um ihrer selbst
willen zeige. – |
Ich möchte die eine Aufzählung || Klasse ‘logisch
begrenzt’ die andere ‘logisch nicht
begrenzt’ nennen. |
Ja, aber ist es denn so, daß er nun
tatsächlich nur diese Züge an den Dingen sieht?
Etwa wir || am Blatt nur das, was allen
Blättern gemeinsam ist? Das wäre so, als
sähe er alles Übrige “in
blanko”. Also gleichsam
ein unausgefülltes Formular, in dem die
wesentlichen Züge vorgedruckt sind. (Aber die
Funktion “f( … )” ist
ja so ein Formular.) |
Aber was ist denn das für ein
Prozeß, wenn mir Einer mehrere
verschiedene Dinge als Beispiele eines Begriffes || für einen Begriff zeigt, um
mich darauf zu führen, das Gemeinsame in ihnen zu sehen; und
wenn ich es nun suche und wirklich sehe? || es suche und nun wirklich
sehe? Er kann mich auch auf das
Gemeinsame aufmerksam machen. –
Bringt er aber dadurch hervor, daß ich
den Gegenstand anders sehe?
Vielleicht auch, denn ich kann jedenfalls besonders auf
einen seiner Teile schauen, während ich sonst etwa
alle gleichmäßig deutlich gesehen
hätte. Aber dieses Sehen ist nicht das Verstehen
des Begriffs. Denn wir sehen nicht etwas mit einer
leeren Argumentstelle. |
“Such' aus
diesen Federstielen die so geformten
heraus”. ‒ ‒ “Ich
wußte nicht, ob Du diesen auch noch dazu
rechnest”. |
Man könnte auch fragen: Sieht der, welcher das
Zeichen “❘ ❘ ❘ … ”
56 als Zeichen des
Zahlbegriffs (im Gegensatz zu
“❘ ❘ ❘”,
welches 3 bezeichnen soll) auffaßt,
jene erste Gruppe von Strichen anders, als die zweite?
Aber auch wenn er sie anders – gleichsam, vielleicht,
verschwommener – sieht, sieht er da
etwa das Wesentliche des Zahlbegriffs?
Hieße das nicht,
daß er dann
“❘ ❘ ❘ … ”
und “❘ ❘ ❘ ❘ … ”
tatsächlich nicht voneinander
müßte unterscheiden
können? (Wenn ich ihm
(nämlich)﹖ etwa den Trank
eingegeben hätte, der ihn den Begriff sehen
macht || läßt.)
|
Denn wenn ich sage:
Er bewirkt dadurch, daß er uns
mehrere Beispiele zeigt, daß wir das
Gemeinsame in ihnen sehen und von dem
Übrigen absehen, so
heißt das eigentlich,
daß das
Übrige in den
Hintergrund tritt, also gleichsam blasser wird (und warum soll
es dann nicht ganz verschwinden) und “das
Gemeinsame”, etwa die Eiförmigkeit, allein im
Vordergrund bleibt. Aber so ist es nicht. Übrigens wären die mehreren Beispiele nur ein technisches Hilfsmittel, und wenn ich einmal das Gewünschte gesehen hätte, so könnte ich's auch in einem Beispiel sehen. (Wie ja auch ‘(∃x)fx’ nur ein Beispiel enthält.) |
Es sind also die Regeln, die von dem
Beispiel gelten, die es zum Beispiel machen. – |
Nun genügt aber doch heute
jedenfalls das bloße Begriffswort ohne
eine Illustration, um sich mit mir zu verständigen || sich mir verständlich zu
machen (und die Geschichte des Verständnisses
interessiert uns ja nicht) z.B., wenn mir
Einer sagt “forme ein Ei”; und ich will doch
nicht sagen, daß ich etwa dabei den Begriff
des Ei's vor meinem inneren Aug sehe, wenn
ich diesen Befehl (und das Wort “Ei”)
verstehe. Wenn wir eine Anwendung des Begriffes ‘Ei’ oder ‘Pflanze’ machen, so schwebt uns gewiß nicht vorerst ein allgemeines Bild vor, oder 57 bei dem Hören des Wortes
“Pflanze” das Bild des bestimmten Gegenstandes,
den ich dann als eine Pflanze bezeichne. Sondern ich
mache die Anwendung sozusagen spontan. Dennoch gibt
es eine Anwendung, von der ich sagen würde: nein, das
habe ich unter ‘Pflanze’ nicht gemeint; oder
anderseits “ja, das habe ich auch
gemeint”. Aber heißt das,
daß mir diese Bilder vorgeschwebt
haben || vorschwebten und ich sie in
meinem Geist ausdrücklich abgewiesen und zugelassen
habe? – Und doch hat es diesen Anschein, wenn ich
sage: “ja, das und das und das habe ich alles
gemeint, aber das nicht”. Man
könnte aber fragen: ja, hast Du denn alle diese
Fälle vorausgesehen? und die Antwort würde
dann lauten “ja”, oder “nein, aber ich
dachte mir, es solle etwas zwischen dieser und dieser Form
sein”, oder dergleichen. Meistens aber habe ich
in diesem Moment gar keine Grenzen gezogen und diese ergeben sich
nur auf einem Umweg durch eine
Überlegung. Ich sage
z.B. “bring' mir noch eine
ungefähr so große Blume” und
er bringt eine und ich sage:
ja, so eine habe ich
gemeint. So erinnere ich mich vielleicht an ein
Bild, was mir vorschwebte, aber aus diesem geht nicht hervor,
daß auch die herbeigebrachte Blume noch
zulässig ist. Sondern hier wende ich eben jenes Bild
an. Und diese Anwendung war nicht
antizipiert worden. |
∣ Wer aufgefordert würde, das
Gesichtsfeld zu malen und es im Ernst versuchte, würde bald
sehen, daß es unmöglich
ist. ∣ |
Eines
möchte ich immer sagen, um den Unterschied der
Fälle¤ zu erklären,
die als Beispiele für einen Begriff beigebracht werden, von
denen, die in der Grammatik eine bestimmte abgeschlossene Gruppe
bilden. Wird nämlich zuerst erklärt
“a, b, c, d sind Bücher. – Nun bringe mir ein Buch” und er bringt
eines, das von allen gezeigten verschieden ist, so kann dennoch
erklärt || gesagt werden, er habe ganz
richtig nach der aufgestellten Regel gehandelt. Hätte
es aber geheißen “a,
b, c, d sind meine Bücher. –
Bringe mir eines von meinen 58 Büchern”, so wäre
es falsch gewesen, überhaupt ein fünftes || weiteres zu bringen und die
Antwort hätte gelautet: Ich habe Dir doch
gesagt, daß a, b, c,
d meine Bücher sind. Im ersten Fall handelt der
der Regel nicht zuwider, der einen anderen Gegenstand bringt,
als die in der Regel genannten, im zweiten Fall würde er
dadurch der Regel
zuwider handeln. Wenn Du aber auch nur a,
b, c, d im Befehl nanntest, aber die Handlung
f(e) als Befolgung des
Befehls ansahst, heißt das nicht,
daß Du mit F(a, b, c, d … )
doch F(a, b, c, d, e)
meintest? Oder, wie unterscheiden sich diese Befehle,
wenn sie doch von dem Selben befolgt werden? – Ja,
aber es hätte ja auch f(g) mit dem Befehl
übereingestimmt und nicht nur f(e). –
Gut, dann meintest Du eben mit dem ersten Befehl:
F(a,
b, c, d, e, g),
u.s.f. Was immer Du mir bringst,
ich hätte es doch in einer Disjunktion
einschließen können. Wenn wir
also eine Disjunktion aller von uns tatsächlich gebrauchten
Fälle konstruieren, wie würde sich die
syntaktisch von dem allgemeinen Satz
unterscheiden? Denn wir dürfen nun nicht
sagen; || : || ;
dadurch, daß der allgemeine Satz auch noch
durch r (das nicht in der
Disjunktion steht) wahr gemacht wird. Denn
dadurch unterscheidet sich der allgemeine Satz nicht von einer
Disjunktion, die r enthält.
(Und also ist auch jede andere ähnliche Antwort
unmöglich.) Wohl aber wird es einen Sinn haben, zu
sagen: F(a, b, c, d, e) ist die Disjunktion
aller tatsächlich von uns gebrauchten Fälle, aber auch
andere Fälle (es wird natürlich keiner
erwähnt) machen den allgemeinen Satz
“F(a, b, c, d, … )”
wahr. Während man hierin natürlich nicht den
allgemeinen Satz für F(a, b, c, d, e) einsetzen
kann. |
Es ist
übrigens hier gerade wichtig, daß die
Parenthese im vorigen Satz “und also ist auch jede
andere ähnliche Antwort unmöglich” ein
Unsinn || unsinnig ist, weil man zwar
verschiedene besondere Fälle als Beispiele einer Allgemeinheit
geben || angeben kann, aber nicht
verschiedene Variable, da die Variablen
r,
s, t sich ihrer Bedeutung nach nicht
unterschieden. 59 |
Darf ich nicht
sagen: Wer auf den Befehl
“F(a, b,
c … )”
f(d) tut, richtet sich auf
andere Weise nach dem Befehl, als wer
f(d) auf
“F(a, b, c, d”
tut? – Denn nicht darum handelt es sich,
daß in einem Kalkül
“F(a, b, c,
… )”
“F(a, b, c, d)”
bedeuten kann (d.h., in den Regeln so
definiert ist), sondern, daß es in
unserem Kalkül nicht so definiert ist. – Nun könnte man aber fragen: kommt denn das
nicht dieser || so einer Definition gleich,
daß ich bestimme,
f(d) solle
F(a,
b, c, … ) befriedigen und
gleicherweise
F(a,
b, c, d)? Denn ich hatte ja doch die
Befolgung durch f(d) voraussehen
können und (zum Voraus) bestimmen,
daß f(d)
F(a,
b, c … ) befriedigt; und kommt das nicht
auf eine Definition des F(a, b, c … )
hinaus? Der Prozeß wäre dann der, daß statt des allgemeinen Satzes F(E) zuerst F(E) ⌵ f(a) dann F(E) ⌵ f(a) ⌵ f(b) dann F(E) ⌵ f(a) ⌵ f(b) ⌵ ¤f(c) gesetzt würde u.s.w. bis endlich das F(E) überflüssig wäre. Wir weigern uns aber || Nun weigern wir uns aber eine Disjunktion als Ersatz des allgemeinen Satzes anzuerkennen. (Es gibt freilich eine empirisch bestimmte Disjunktion﹖ physikalischer Gegenstände, deren Unterschied wir nicht mehr wahrnehmen können﹖.) Also kommen wir nie dazu, das F(E) aus der Disjunktion weglassen zu können. Man könnte dann freilich nicht sagen, wir befolgen F(E) anders, wenn wir f(d) tun, als eine Disjunktion, worin || in welcher f(d) vorkommt, denn F(E) = F(E)Vf(d). Wem der Befehl gegeben wird “hole mir irgend eine Pflanze, oder diese” (von welcher ihm ein Bild mitgegeben wird), der wird dieses Bild ruhig beiseite legen und sich sagen “da es irgend eine tut, so geht mich dieses Bild nichts an”. Dagegen werden wir das Bild nicht einfach beiseite legen dürfen, wenn es uns mit fünf anderen gegeben wurde und der Befehl lautete, eine von diesen sechs Pflanzen zu bringen. (Es kommt also darauf an, in welcher Disjunktion sich der besondere Befehl befindet.) Und nach dem Befehl “f(a) ⌵ f(b) ⌵ f(c)” wird man sich anders richten, als nach dem Befehl “f(E)” ( = f(E) ⌵ f(c)) auch wenn man jedes 60 Mal f(c) tut. –
Das Bild f(c) geht in
f(E) unter.
(Und es hilft uns ja nichts in einem Kahn zu sitzen, wenn wir
mitsamt ihm unter Wasser sind und sinken.) Man
möchte (uns)﹖ sagen:
Wenn Du auf den Befehl
“f(E)” f(e)
tust, so hätte Dir ja auch f(c) ausdrücklich
erlaubt sein können, und wie hätte sich dann der
allgemeine Befehl von einer Disjunktion unterschieden? – Aber auf diese Erlaubnis hättest Du Dich eben, in
der﹖ Disjunktion mit dem allgemeinen Satz,
gar﹖ nicht
stützen können. |
Ist es also so,
daß der Befehl “bringe mir eine
Blume” nie durch den Befehl ersetzt werden kann von der
Form “bringe mir a oder b oder c”,
sondern immer lauten muß
“bringe mir a oder b oder c, oder
eine andere Blume”?
Aber warum tut der allgemeine Satz so unbestimmt, wenn ich ja doch jeden Fall, der wirklich eintritt, auch im Voraus hätte beschreiben können? Aber eine Aufzählung ist ja wohl die vollständigste, die ich geben kann – in irgend einem Sinne vollständig, etwa die Aufzählung aller besonderen Fälle, die mir vorgekommen sind – und auch nach ihr wird das “oder eine andere” seinen Sinn behalten. Aber auch das scheint mir noch nicht den wichtigsten Punkt dieser Sache zu treffen. Weil es, wie ich glaube, nicht eigentlich auf die Unendlichkeit der Möglichkeiten ankommt, sondern auf eine Art von Unbestimmtheit. Ja, gefragt, wieviele Möglichkeiten es denn für einen Kreis im Gesichtsfeld gäbe, innerhalb eines bestimmten Vierecks zu liegen, könnte ich weder eine endliche Anzahl nennen, noch sagen, es gäbe unendlich viele (wie in der euklidischen Ebene). Sondern wir kommen hier zwar nie zu einem Ende, aber die Reihe ist nicht endlos im Sinne von [1, x, x + 1]. Sondern, kein Ende, zu dem wir kommen, ist wesentlich das Ende. Das heißt, ich könnte immer sagen: ich seh' nicht ein, warum das alle Möglichkeiten sein sollen. – Und das heißt doch wohl, daß es sinnlos ist, von “allen Möglichkeiten” zu sprechen. Der Begriff ‘Pflanze’ und ‘Ei’ wird also von der Aufzählung gar nicht angetastet. 61 |
Würde
fa darum im
fE untergehen, weil dieses schon
eine Disjunktion wäre, so würde eine Disjunktion der
Art fE ⌵ fa ⌵ fb ⌵ fc
gleich sein fa ⌵ fb ⌵ fc.
Wirklich aber liegt es in der Natur || Bedeutung des
Fe, daß
das nicht eintritt. Wenn wir auch sagen, wir hätten die besondere Befolgung fa immer als möglich voraussehen können, so haben wir dies doch in Wirklichkeit nie getan. – Aber selbst, wenn ich die Möglichkeit fa vorhersehe und ausdrücklich in meinen Befehl aufnehme, so verliert sie sich neben dem allgemeinen Satz und zwar, weil ich eben aus dem allgemeinen Satz ersehe, daß dieser besondere Fall erlaubt ist, und nicht einfach daraus, daß er im Befehl als erlaubt festgesetzt ist. Denn, steht der allgemeine Satz da, so nützt mir das Hinzusetzen des besonderen Falles nichts mehr (d.h. es macht den Befehl nicht expliziter). Denn nur aus dem allgemeinen Satz leite ich ja die Rechtfertigung her, diesen besonderen Fall, neben ihn zu setzen. Man könnte nämlich glauben, und darauf geht ja meine ganze Argumentation aus, daß durch das Hinzusetzen des besonderen Falles die – gleichsam verschwommene – Allgemeinheit des Satzes aufgehoben wird. Man könnte sagen: || ; daß man sagen könnte “jetzt brauchen wir sie nicht mehr, wir haben ja hier den bestimmten Fall”. Ja, aber wenn ich doch zugebe, daß ich den besonderen Fall darum hierhersetze, weil er mit dem allgemeinen Satz übereinstimmt! Oder, daß ich doch anerkenne, daß fa ein besonderer Fall von fE ist! Denn nun kann ich nicht sagen: das beweist || heißt eben, daß fE eine Disjunktion ist, deren ein Glied fa ist. Denn wenn dies so ist, so muß sich diese Disjunktion angeben lassen. fE muß dann als eine Disjunktion definiert sein. Eine solche Definition wäre auch ohne weiteres zu geben, sie entspräche aber nicht dem Gebrauch von fE, den wir meinen. Nicht so, daß die Disjunktion noch immer || immer noch etwas übrig läßt; sondern, daß sie das Wesentliche der Allgemeinheit gar nicht berührt, ja, wenn man sie dieser beifügt, ihre Rechtfertigung erst von dem allgemeinen Satz nimmt. || bezieht. 62 |
Ich befehle
zuerst fE; er befolgt ¤ den Befehl und tut fa. Nun denke ich,
ich hätte ihm ja gleich den Befehl
“fE ⌵ fa” geben
können. (Denn, daß
fa den Befehl
fE befolgt, wußte
ich ja früher und es kam ja auf dasselbe hinaus, ihm
fE ⌵ fa zu befehlen.)
Und dann hätte er sich also bei der Befolgung nach der || einer Disjunktion “tue eines
oder fa” gerichtet.
Und ist es, wenn er den Befehl durch
fa befolgt, nicht gleichgültig,
was in Disjunktion mit fa steht? Wenn er
auf jeden Fall fa tut, so ist ja doch der Befehl befolgt, was
immer die Alternative ist. Ich möchte auch sagen: In der Grammatik ist nichts nachträglich, keine Bestimmung nach einer anderen, sondern alles ist zugleich da﹖. Insofern kann ich also (auch)﹖ nicht sagen, ich habe zuerst den Befehl fE gegeben und bin dann erst draufgekommen, daß fa ein Fall von fE ist; jedenfalls aber war und blieb mein Befehl fE, und fa setzte ich dazu wissend || in der Erkenntnis, daß fa mit fE übereinstimmt. Und diese Bestimmung, daß fa mit fE übereinstimmt, setzt doch eben den Sinn des Satzes fE voraus, wenn er überhaupt selbständig festgehalten wird, und nicht erklärt wird, er sei durch eine Disjunktion zu ersetzen. Und mein Satz “jedenfalls war und blieb aber mein Befehl fE u.s.w.” hieß nur, daß ich den allgemeinen Befehl nicht durch eine Disjunktion ersetzt hätte. |
Man kann sich nun denken,
daß ich einen Befehl
p ⌵ fa gebe und der
Andere || Andre den ersten Teil des Befehls nicht deutlich versteht,
wohl aber, daß der Befehl
“ … ⌵ fa”
lautet. Er könnte dann
fa tun und sagen “ich
weiß gewiß,
daß ich den Befehl befolgt habe, wenn ich
auch den ersten Teil nicht verstanden
habe”. So nun denke ich es mir auch, wenn ich
sage, es käme ja auf die andere Alternative nicht an.
Aber dann hat er doch nicht den gegebenen Befehl
befolgt, sondern ihn als
“fa❘”
aufgefaßt. || als Befehl
fa
aufgefaßt. Man
könnte fragen: Hat der, welcher auf den Befehl
“fE ⌵ fa”
fa tut, den Befehl darum (d.h.
insofern) befolgt, ¤ 63 weil der Befehl von der Form
x ⌵ fa ist, oder darum, weil
fE ⌵ fa = fE
ist? Wer fE versteht, also
weiß, daß
fE ⌵ fa = fE ist, der
befolgt durch fa fE, auch wenn ich es
“fE ⌵ fa”
schreibe, weil er ja doch sieht,
daß fa ein Fall von
fE ist. – Und nun
kann man uns entgegenhalten: Wenn er sieht,
daß fa ein Fall von
fE ist, so
heißt das ja doch,
daß fa disjunktiv in
fE enthalten ist, daß
also fE mit Hilfe von
fa definiert ist! Und –
muß er jetzt
weiter sagen – die übrigen Teile der Disjunktion gehen
mich eben nichts an, wenn die Glieder, die ich sehe, alle sind,
die ich jetzt brauche. “Du hast
eben mit der Erklärung ‘daß
fa ein Fall von
fE ist’ nichts weiter gesagt,
als daß fa in
fE vorkommt, und noch andere
Glieder.” – Aber
gerade das meinen wir nicht. Und es ist nicht so, als
hätten wir durch unsere Bestimmung
fE unvollständig || unvollkommen definiert.
Denn dann wäre ja eine vollständige Definition
möglich. Und es wäre diejenige
Disjunktion, nach welcher das angehängte
“ ⌵ fE” gleichsam
lächerlich wäre, weil ja doch nur die
genannten || aufgezählten Fälle
für uns in Betracht kämen. Wie wir aber
fE auffassen, ist die Bestimmung,
daß fa ein Fall von
fE ist, keine unvollkommene,
sondern gar keine
Definition von fE. Ich nähere mich also
auch nicht dem Sinn von fE, wenn ich die Disjunktion
der Fälle vermehre; die Disjunktion der Fälle
⌵ fE ist zwar gleich
fE, aber niemals gleich der
Disjunktion der Fälle, sondern ein ganz anderer Satz.
|
Auf keinem Umweg kann, was
über eine Aufzählung von Einzelfällen
gesagt ist || wird, die Erklärung der Allgemeinheit
ergeben. || sein. |
Statt “Bildnis des Herrn
N.N.” könnte die Aufschrift des
Bildes auch sein: “ein solcher Mensch ist jetzt dort
und dort zu sehen”. Und hier würde man
klarer sehen, wie sich die
Überschrift auf jetzt und
hier bezieht. 64 |
Das
Gemälde, die Krönung Napoleons darstellend, ohne die
Überschrift, entspräche ganz einer
fiktiven Beschreibung. |
“Ich stelle mir die Sonne
vor” ist Bild und
Überschrift. |
Ich richte mich nach seinen Worten und
Gebärden. Die Gebärden müssen als Grundlage des Kalküls dienen, wie immer dieser Kalkül auch ausgeführt werden mag. |
Ist nun nicht
mein Ausdruck, daß der Satz ein Bild ist,
ein schiefer Ausdruck, der eine gewisse Analogie zu weit
treibt? |
Nicht
das ist wahr, daß, was ich sage || wir sagen, nur für
eine “ideale Sprache” gilt (oder Geltung
hätte); wohl aber kann man sagen,
daß wir eine ideale Sprache konstruieren, in
die aber dann alles übersetzbar ist, was in den
anderen || in unidealen Sprachen gesagt werden kann.
|
Was ist denn die
“gegenwärtige Situation”? Nun,
daß das und das der Fall ist.
Nicht: “daß
das und das jetzt der Fall ist”. |
“Jetzt” ist
ein Wort. Wozu brauche ich dieses Wort?
‘Jetzt’ – im Gegensatz wozu? – Im Gegensatz zu ‘in einer Stunde’,
‘vor 5 Minuten’, etc.
etc. “Jetzt” bezeichnet kein System, sondern gehört zu einem System. “Jetzt” bezeichnet kein System, sondern gehört zu einem System. Es wirkt nicht magisch; wie auch sonst kein Wort. |
Wenn die Sprache sich mit dem Gelde vergleichen
läßt, an dem an und für sich
nichts liegt, sondern das nur indirekt von Bedeutung ist,
65 weil man damit || mit ihm Gegenstände kaufen kann, die für uns
Bedeutung haben; so kann man sagen || so
möchte man vielleicht sagen,
daß hier beim Gebrauch der Wörter
“ich”, “hier”,
“jetzt”, etc. der Tauschhandel in
den Geldhandel eintritt.
(﹖) |
Es ist klar, daß, wer einen Plan
macht, ein Bild macht. Aber es gibt noch etwas anderes: Wenn er nämlich auf den Plan und die Wirklichkeit Orientierungszeichen macht. |
Erklärung der Sprache,
z.B. des Planes durch Vormachen des Gebrauches
in einem bestimmten Fall: aber dieses Vormachen interessiert
uns nicht, soweit es Ursache des richtigen Nachahmens
ist, sondern, soweit es (nachträglich) als
Erklärung gedeutet werden kann. |
Das, was
“particular” ist, ist das
Ereignis. Das Ereignis, das durch die Worte beschrieben
wird, “heute hat es geregnet” und am
nächsten Tag durch “gestern hat es
geregnet”. |
(Scheinbare Konsequenz, wenn Einer heute
verspricht “morgen werde ich Dich besuchen” und
dieses Versprechen am nächsten Tag wörtlich
wiederholt.)¤ |
Bild und Wirklichkeit müssen
ein System geben. Sowie das
Resultat der Rechnung und die ganze übrige Rechnung.
|
Wenn wir eine Abbildung
vormachen, so geht es uns nicht an, ob dies Vormachen die Wirkung
hat, daß es richtig nachgemacht wird, sondern
uns interessiert nur, was geschieht, wenn das Beispiel
richtig verstanden wird. 66 |
Was uns interessiert ist nur die
exakte Beziehung des Beispiels zum Folgen || zu dem
Danachhandeln. |
∣ Die Philosophie hat es in
demselben Sinn mit Kalkülen zu
tun, wie sie es mit Gedanken zu tun hat (oder mit
Sätzen und Sprachen). Hätte
sie's aber wesentlich mit dem Begriff des
Kalküls zu tun, also mit dem Begriff des
Kalküls vor allen Kalkülen, so gäbe es eine
Metaphilosophie. Und die gibt es nicht.
(Man könnte alles, was wir zu sagen haben, so
darstellen, daß das als ein
leitender Gedanke erschiene.) ∣ |
Es wird aus dem Beispiel heraus
wieder kalkuliert. |
Beispiele sind ordentliche Zeichen, nicht Abfall, nicht
Beeinflussung. |
Denn uns interessiert nur die Geometrie des Mechanismus.
(das heißt doch, die Grammatik seiner
Beschreibung.) |
Die Bedeutung ist eine Festsetzung, nicht Erfahrung. Und
damit nicht Kausalität. |
Das Exakte ist die interne Beziehung.
|
Das Zeichen, soweit es
suggeriert, also soweit es wirkt, interessiert
uns gar nicht.
Es interessiert uns nur als Zug in einem Spiel: [hier ist das Satzzeichen gemeint] Glied in einem System, das selbständig ist. || ; das seine Bedeutung in sich selbst hat. || … , das selbstbedeutend ist. 67 |
Der
Unterschied der Wortarten ist immer wie der Unterschied der
Spielfiguren, oder, wie der noch
größere, einer Spielfigur und des
Schachbrettes. |
Der
Name “Napoleon” hat nur Sinn als Zeichen eines
Kalküls (wie jeder Name). Das System ist hier z.B. das, daß dieser Name über verschiedenen Bildern stehen könnte und über einem steht. |
Was das Zeichen suggeriert, findet man durch
Erfahrung. Es ist die Erfahrung, die uns lehrt, welche
Zeichen am seltensten mißverstanden
werden. |
Es
muß uns klar sein,
daß der Zusammenhang unseres Gedankens mit
Napoleon nur durch diesen
selbst und durch kein Bild (Vorstellung,
etc.) und sei es noch so ähnlich,
gemacht werden kann. Anderseits aber ist
Napoleon für uns in
seiner Abwesenheit nicht weniger enthalten, als in seiner
Anwesenheit. |
“Aber der Gedanke an Napoleon muß doch mit
Napoleon etwas zu tun
haben”. Gewiß, und er
muß das enthalten, dessen Existenz nicht
zweifelhaft ist. |
Und
das muß den Wörtern
entsprechen, dessen Existenz nicht zweifelhaft ist. |
Wer Grün einen Gegenstand
nennt, muß sagen,
daß dieser Gegenstand im Symbolismus
vorkommt. Denn sonst wäre der Sinn des
Symbolismus, also, daß es
ein Symbolismus ist, nicht gewährleistet.
68 |
Das
stößt natürlich den ganzen Begriff
vom Gegenstand um! Und mit Recht.
‘Gegenstand’ darf nicht rot, links, viel,
etc. sein, sondern nur der rote Fleck, der Tisch,
etc. Will man sich mit diesen Dingen nicht
abgeben, so ist es wohl besser, man gebraucht das Wort
“Gegenstand” nicht. |
Die Unbeholfenheit mit der das Zeichen wie ein
Stummer durch allerlei suggestive
Gebärden sich verständlich zu machen sucht,
verschwindet, wenn wir erkennen, daß das
Wesentliche am Zeichen das System ist, dem es zugehört und
sein übriger Inhalt wegfällt. |
Denken ist Pläne machen.
Wenn Du Pläne machst, so machst Du einen Plan zum Unterschied von || im Gegensatz zu andern Plänen. |
Du
machst diesen zum Unterschied von anderen. Und so
charakterisiert das Zeichen, das Vorstellungsbild, den
Plan. Im Gegensatz nämlich zu anderen Zeichen
und Vorstellungsbildern. |
Wir sind nicht im Bereiche der
Erklärungen und jede Erklärung klingt
für﹖ uns trivial. |
Aber dieser Verzicht auf die || jede Erklärung macht es so schwer zu fassen || sagen, was der Gedanke eigentlich leistet. |
Man kann sagen: Er
rechnet auf Grund von Gegebenem und endet in
einer Handlung. |
Die Berechnung der Wandstärke eines Kessels und,
der 69 entsprechenden, Verfertigung ist
ein sicheres Beispiel des Denkens. || …
muß ein Beispiel des Denkens
sein. || Die Berechnung der Wandstärke eines Kessels und die dieser entsprechenden Verfertigung ist ein sicheres Beispiel des Denkens. |
Der Schritt, der von der Berechnung auf dem
Papier zur Handlung führt, ist noch ein Schritt der
Rechnung. |
Wenn man
sagt: “es muß der Mathematik
wesentlich sein, daß sie angewandt werden
kann”, so meint man, daß
diese Anwendbarkeit || Anwendbarkeit
nicht die eines Stückes Holz ist, von dem ich sage
“das werde ich zu dem und dem anwenden
können”. |
Wenn das Denken nicht in gewissem Sinne mechanisch –
zwangsläufig – wäre, so wäre es nichts
nütze. |
“Der Plan besteht darin, daß ich
mich das und das tun sehe”. Aber wie
weiß ich, daß
ich es bin. – Nun, ich bin es ja nicht,
was ich sehe, sondern etwa ein Bild. Warum aber nenne
ich es mein Bild? Nicht etwa, weil es
mir ähnlich sieht. “Woher weiß ich, daß ich es bin”: Das ist ein gutes Beispiel einer falsch angebrachten Frage. Die Frage hat nämlich Sinn, wenn es etwa heißt: Woher weiß ich, daß ich es bin, den ich da im Spiegel sehe. Und die Antwort gibt dann Merkmale, nach denen ich zu erkennen bin. – |
Hieße das nicht: Der
Träger des Namens ist nicht seine Bedeutung?
|
Aber ist nicht N
der Träger des Namens “N”?
Und ist nicht N die Bedeutung von
“N”? 70 |
Ist nicht “N ist tot”
derselbe Satz wie “der Träger des Namens
‘N’ ist tot”? |
Ist es aber nicht Unsinn zu sagen,
N sei die Bedeutung des Namens
“N”? Das
hieße doch wohl, daß
ich statt des Wortes “N” in meiner
Sprache die Worte “die Bedeutung von
‘N’” substituieren
könnte. Und das ist jedenfalls ganz gegen den
normalen Gebrauch dieses Ausdrucks.
|
Man kann sagen,
daß die Worte “der Träger des
Namens ‘N’” dieselbe Bedeutung
haben wie der Name “N”, – also
für einander eingesetzt werden können. |
Aber
heißt es nicht dasselbe, zu sagen
“zwei Namen haben einen
Träger” und “zwei Namen haben ein und dieselbe
Bedeutung”?
(Morgenstern, Abendstern,
Venus.) |
Wenn mit dem Satz “‘a’ und
‘b’ haben denselben Träger”
gemeint ist: “der Träger von
‘a’” bedeutet dasselbe
wie “der Träger von
‘b’”, so ist alles in Ordnung, weil
das dasselbe heißt wie
a =
b. Ist aber mit dem Träger von
‘a’ etwa der Mensch gemeint, von dem es
sich feststellen läßt,
daß er auf den Namen
‘a’ getauft ist;
oder der Mensch, der das Täfelchen mit dem Namen
‘a’ um den Hals trägt;
etc., so ist es garnicht
gesagt, daß ich mit
‘a’ diesen Menschen meine, und
daß die Namen, die den gleichen Träger
haben, dasselbe bedeuten. |
Die Frage “woher weiß ich,
daß ich das bin” oder
richtiger “ … daß das
mich vertritt” ist Unsinn, denn,
daß es mich vertritt, ist meine
(eigene) Bestimmung. Ja, ich könnte
ebensogut fragen: “woher
weiß ich, daß das
Wort ‘ich’ mich vertritt”, denn
meine Figur 71 im Bild war nur ein anderes Wort
‘ich’. |
Wohl aber könnte man fragen “was hat denn der
Name ‘a’ mit diesem Menschen zu
tun”. Und die Antwort wäre: Nun,
das ist a. |
Aber zeigen wir nicht zur Erklärung der
Bedeutung auf den Gegenstand, den der Name vertritt?
Ja; aber dieser Gegenstand ist nicht die Bedeutung, obwohl sie
durch das Zeigen auf diesen Gegenstand bestimmt wird. |
“Diese Figur des Bildes
bin ich” ist ein
Übereinkommen. |
Ja, aber worin kommen wir
überein? Welche Beziehung zwischen Zeichen und
mir stellen wir her? Nun, nur die, die etwa
durch das Zeigen mit der Hand oder das Umhängen eines
Täfelchens besteht. Denn diese Relation ist nur
durch das System bedeutungsvoll, dem sie
angehört. |
Es
ist von der größten Bedeutung,
daß wir uns zu einem Kalkül der Logik
immer ein Beispiel denken, auf das || welches der
Kalkül wirklich angewandt wird, und nicht Beispiele, von denen
wir sagen, sie seien eigentlich nicht die idealen, diese aber
hätten wir noch nicht. Das ist das Zeichen
einer ganz falschen Auffassung. Kann ich den
Kalkül überhaupt
verwenden, dann ist das || dies auch die ideale
Verwendung und die Verwendung, um die es
sich handelt. Man geniert sich nämlich einerseits, das
Beispiel als das eigentliche anzuerkennen, weil man in ihm noch
eine Komplikation erkennt, auf die der Kalkül sich nicht bezieht;
anderseits ist es doch das Urbild des Kalküls und er davon
hergenommen, und auf eine geträumte Anwendung kann man nicht
warten. Man muß sich also
eingestehen, welches das eigentliche Urbild des
Kalküls ist. |
Das ist aber kein Eingeständnis – als habe man damit
einen Fehler 72 gemacht || begangen, den
Kalkül von daher genommen zu haben, sondern der
Fehler liegt darin, ihn jetzt in nebelhafter Weise
anzuwenden, oder eine Anwendung zu versprechen. || … oder eine Anwendung in nebuloser Ferne zu
versprechen. |
(So könnte
Spengler besser verstanden
werden, wenn er sagte: ich vergleiche
verschiedene Kulturperioden dem Leben von Familien; innerhalb
der Familie gibt es eine Familienähnlichkeit, während es
auch zwischen Mitgliedern verschiedener Familien eine
Ähnlichkeit gibt; die
Familienähnlichkeit unterscheidet sich von der andern
Ähnlichkeit so und so,
etc.. Ich meine: das
Vergleichsobjekt, der Gegenstand von welchem diese
Betrachtungsweise abgezogen ist, muß uns
angegeben werden, damit nicht in die Diskussion immer
Ungerechtigkeiten
einfließen. Denn da
wird dann alles, was für das Urbild der Betrachtung
stimmt, nolens volens auch von dem Objekt,
worauf wir die Betrachtung anwenden, behauptet; und behauptet
“es müsse immer
… ”. Das kommt nun daher, daß man den Merkmalen des Urbilds einen Halt in der Betrachtung geben will. Da man aber Urbild und Objekt vermischt, dem Objekt dogmatisch beilegen muß, was nur das Urbild charakterisieren muß || soll. Anderseits glaubt man, die Betrachtung ermangle ja der || habe nicht die Allgemeinheit, die man ihr geben will, wenn sie nur für den einen Fall wirklich stimmt. Aber das Urbild soll ja eben als solches hingestellt werden; daß es die ganze Betrachtung charakterisiert, ihre Form bestimmt. Es steht also an der Spitze und ist dadurch allgemein gültig, daß es die Form der Betrachtung bestimmt, nicht dadurch, daß alles, was nur von ihm gilt, von allen Objekten der Betrachtung ausgesagt wird. Man möchte so﹖ bei allen übertriebenen, dogmatisierenden Behauptungen immer fragen: Was ist denn nun daran wirklich wahr. Oder auch: In 73 welchem Fall stimmt denn das nun
wirklich. Wer so dogmatisiert, weiß seinem Satz nicht den richtigen Platz zu geben. (Das ist so, als wollte ich, daß Einer Präsident bei einer Sitzung ist, wüßte aber nicht, wie ich ihm die richtige Stellung, das richtige Ansehen geben solle. Denn er kann nicht etwa statt jedes der Mitglieder sprechen, er kann nicht auf allen Stühlen sitzen; sondern nur auf einem, aber auf dem einen an der Spitze.) Was ich hier sage, ist eigentlich, was Boltzmann über die Stellung des mechanischen Modells, etwa in der Theorie der Elektrizität, sagt.) |
Die Zuordnung von Gegenstand und
Name ist keine andere, als die durch die Worte “das
ist … ”. oder eine Tabelle erzeugte
etc.. Sie ist ein Teil des
Symbolismus. Es ist daher Unsinn zu sagen, die Beziehung
zwischen Name und Gegenstand sei eine
psychologische. |
Das Denken ist eine fortlaufende Kalkulation. |
∣ Wenn ich also auf einen Fleck
zeige und als Worterklärung sage “das ist
rot”, so hätte ich nicht sagen dürfen “das
ist die Bedeutung des Wortes
‘rot’”. ∣ |
Daß mich das Feuer
brennen wird, wenn ich die Hand hineinstecke: das ist
Sicherheit. D.h., da sehe ich, was Sicherheit bedeutet. (Nicht nur was das Wort “Sicherheit” bedeutet, sondern auch, was es mit ihr auf sich hat.) |
Daß die Zahlenreihe unendlich ist,
muß doch eine Bestimmung
sein, nicht die Konstatierung einer Tatsache. 74 |
Darin
hatte ich freilich recht, daß die unendliche
Möglichkeit (z.B. unendliche
Teilbarkeit) einer ganz anderen grammatischen
Kategorie angehört, als die endliche
(Möglichkeit in 3 Teile zu teilen). Aber
damit ist noch nicht die Grammatik des Wortes
“unendlich” bestimmt. |
Wenn ich
z.B. sage
“‘Kardinalzahlen’ nenne ich alles, was
aus 1 durch fortgesetztes Addieren von 1 entsteht”, so
vertritt das Wort “fortgesetzt” nicht eine
nebelhafte Fortsetzung von 1,
1 + 1,
1 + 1 + 1,
vielmehr ist auch das Zeichen “1,
1 + 1,
1 + 1 + 1,
… ” ganz exakt zu nehmen; als verschieden von
“1,
1 + 1,
1 + 1 + 1”
anderen bestimmten Regeln unterworfen und nicht ein
Ersatz || Vertreter einer
Reihe “die sich nicht hinschreiben
läßt”. |
Das
heißt: mit dem Zeichen “1,
1 + 1,
1 + 1 + 1,
… ” wird auch gerechnet, wie mit
(den)﹖ Zahlzeichen, nur
nach andern Regeln. |
Was bildet man sich denn aber ein? Welchen Fehler
macht man denn? Wofür hält man das Zeichen
“1,
1 + 1,
… ”? D.h.: wo
kommt denn das wirklich vor, was man in diesem
Zeichen zu sehen meint? Etwa, wenn ich sage,
“er zählte 1, 2, 3, 4 und so weiter bis
1000”? wo es auch möglich wäre,
wirklich alle Zahlen hinzuschreiben. |
Als was sieht man denn
“1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, … ” an?
Als eine ungenaue Ausdrucksweise. Die Pünktchen sind so, wie weitere Zahlzeichen, die aber verschwommen sind. So, als hörte man auf, Zahlzeichen hinzuschreiben, weil man ja doch nicht alle hinschreiben kann, aber als seien sie allerdings, quasi in einer Kiste, vorhanden. || … aber als seien sie wohl, gleichsam in einer Kiste vorhanden. Etwa auch, wie wenn ich von einer Melodie nur die ersten Töne deutlich singe und den Rest nur noch andeute und in nichts auslaufen lasse. (Oder wenn man beim Schreiben von einem Wort nur wenige Buchstaben deutlich schreibt und mit einem unartikulierten 75 Strich endet.)
Wo dann dem
‘undeutlich’ ein ‘deutlich’
entspräche. |
Es frägt sich auch, wo denn der Zahlbegriff (oder
Begriff der Kardinalzahl) unbedingt gebraucht wird.
Zahl, im Gegensatz wozu? [1, x, x + 1] wohl im Gegensatz zu [5, x √x] u.s.w.. – Denn wenn ich so ein Zeichen (wie “[1, x, x + 1]”) wirklich einführe – und nicht nur als Luxus mitschleppe, so muß ich auch etwas mit ihm tun, d.h., es in einem Kalkül verwenden, und dann verliert es seine Alleinherrlichkeit und kommt in ein System mit ihm koordinierter Zeichen. |
Man wird vielleicht sagen:
aber ‘Kardinalzahl’ steht doch im Gegensatz
zu ‘Rationalzahl’, ‘reelle Zahl’
etc.. Aber dieser Unterschied ist ein
Unterschied der Regeln (der von ihnen geltenden
Spielregeln) – nicht einer, der Stellung auf dem
Schachbrett – nicht ein Unterschied, für den man im
selben Kalkül verschiedene koordinierte Worte
braucht. |
Wir sagen
nicht, daß der Satz
f(x), wenn
f(1) gilt und aus
f(c) f(c + 1)
folgt, also für alle Kardinalzahlen wahr ist;
sondern: “der Satz
f(x) gilt für alle
Kardinalzahlen” heißt
“er gilt für x = 1 und
f(c + 1) folgt aus
f(c)”.
Und hier ist ja der Zusammenhang mit der Allgemeinheit in endlichen Bereichen ganz klar, denn eben das wäre in einem endlichen Bereich allerdings der Beweis dafür, daß f(x) für alle Werte von x gilt und eben das ist der Grund, warum wir auch im arithmetischen Falle sagen, f(x) gelte für alle Zahlen. |
Wie
aber weiß ich
28 + (45 + 17) =
(28 + 45) + 17 ohne bewiesen zu
haben? Wie kann mir ein allgemeiner Beweis einen
besonderen Beweis schenken? Denn ich könnte doch
den besonderen Beweis führen, und wie treffen sich da
76 die beiden Beweise, und
wie, wenn sie nicht übereinstimmen? |
Und wenn man nun fragt: ja,
kann denn etwas anderes bei dem besondern Beweis
herauskommen, als 28 + (45 + 17) =
(28 + 45) + 17, so
müßte ich antworten: freilich
kann etwas anderes herauskommen (wenn dieses Herauskommen
eine unabhängige Tatsache ist) aber, wenn etwas andres
herauskommt, so werde ich sagen: ich habe mich
verrechnet. |
Aber
wir würden doch sagen: der allgemeine Beweis zeigt schon,
daß nichts anderes herauskommen
kann. |
Hier kommen
wir wieder auf den Fall der Spirale, von der wir sagen, sie
schneidet auf der Geraden, wenn sie so weiterläuft, immer das
gleiche Stück a ab und kommt daher in weiteren drei
Windungen nach A. Diesen Punkt könnte ich
konstruieren, indem ich die Spirale bis A
verlängere, aber auch, indem ich einfach a dreimal auf
der Geraden abtrage. – |
Zuerst ist es nötig,
klar zu sehen, daß wir keine Tatsache
beweisen. Denn, weil es sich in dem einen Fall so
verhält – wie kann ich wissen,
daß es sich in dem andern so
verhält? Und ein ‘Sich so
verhalten müssen’ gibt es nicht. Ist es
nicht so, so kann man auch nichts machen. Nur was von
uns abhängt, können wir im Voraus
bestimmen. Man möchte wohl sagen: Die selbe Konstruktion ist ein Beweis des geometrischen Satzes für das bestimmte Dreieck; wir können sie aber auch 77 allgemein meinen || auffassen; oder: wir können
an ihr auch einsehen, daß das, was
für dieses Dreieck gilt, für jedes andre auch gelten
muß. – Aber worin besteht
dieses “meinen” || “auffassen” und
das﹖ “einsehen”? Die
psychologischen Prozesse kümmern uns ja nicht.
“Das Dreieck steht eben hier für
irgend ein Dreieck”. Aber worin
besteht dieses “für etwas stehen”?
Es handelt sich für uns eben wieder nur um den
Ausdruck jener ‘Auffassung’,
d.h. den Ausdruck dessen, was wir
auffassen oder einsehen und den Ausdruck dafür,
daß das Dreieck nur für sich selbst oder
für alle Dreiecke steht. Der Kalkül
muß
(wieder)﹖ festgestellt
werden. |
Nicht
seelische Vorgänge interessieren uns, sondern
symbolische. |
Der
Beweis kann also nichts prophezeien. |
Ist der Beweis, für A
ausgeführt, auch der Beweis für B?
so daß es ganz gleichgültig ist, in
welchem Dreieck er gezeichnet ist?. Und, wenn
er also in beiden Dreiecken gezeichnet wäre, nur
derselbe Beweis wiederholt wäre.
Daß also das Zeichen des Beweises –
der Beweis als Zeichen || Symbol – ebensogut aus der Konstruktion in A und dem
Dreieck B bestehen könnte, wie aus diesem Dreieck und
einer Konstruktion in ihm. |
|
Das Zeichen des
Beweises, daß
(3 + 4)²
= 3² + 2 ∙ 3 ∙ 4 + 4²
bestünde dann in einer Sprache in:
78
|
Das
heißt, es darf mir der Beweis, an 28, 45 und
17 durchgeführt, keine größere
Sicherheit geben, als der ‘allgemeine’.
Oder aber, die beiden müssen gänzlich unabhängig sein. Aber dann nicht unabhängige Beweise Desselben, denn das ist Unsinn. (Sie hängen ja durch dasselbe Ende zusammen.) |
Wie macht
mich der allgemeine Induktionsbeweis || Beweis
sicher || gewiß,
daß der besondere das ergeben
wird? |
(Verachte nur nicht die simplen Kalküle, wie sie jedes Kind
und jede Kaufmannsfrau benützt.) |
Beweis des assoziativen Gesetzes sein. |
Und hier kann man die beiden Fälle
deutlich unterschieden, von denen wir im geometrischen Beweis
sprachen. Denn die Figur kann als allgemeiner Beweis gelten, und auch nur als Beweis von 6 + (4 + 3) = (6 + 4) + 3, und ich kann den Beweis von 3 + (7 + 2) = (3 + 7) + 2 so hinschreiben:
|
Ein Kalkül ist nicht strenger, als ein
anderer! Man muß nur die
Grenzen eines jeden kennen. Nur insofern kann man einen Kalkül unstreng nennen, als seine 79 Regeln nicht klar formuliert
sind. |
Man sagt
“dieser Satz ist für alle Kardinalzahlen
bewiesen”. Aber sehen wir doch nur hin, wie der
Begriff der Kardinalzahl in den Beweis eintritt.
Doch nur, indem im Beweis von 1 und der Operation
x + 1 die Rede
ist – aber nicht im Gegensatz zu
etwas, was den Rationalzahlen
entspräche. Wenn man also den Beweis in Prosa mit
Hilfe des Begriffsworts ‘Kardinalzahl’
beschreibt, so sehen wir wohl,
daß diesem Wort kein Begriff
entspricht. || … ,
daß kein Begriff diesem Wort
entspricht. |
Genügt aber das als Beweis?! Ja, denn der Beweis besteht nun in der Beschreibung dessen, was ich zeichnen könnte. Und die Beschreibung eines Beweises ist ja (auch﹖) der Beweis. – Und nun muß ich ja das Zeichen “
|
Muß ich
hier nicht auch von einem System von Beweisen
reden? |
Wie verhält sich der ‘ausgeführte’
Beweis zum allgemeinen, scheinbar nur
angedeuteten? Oder: Gehören sie verschiedenen Symbolismen || Symbolsystemen an? Sonst aber muß doch, was der erste mehr enthält als der zweite, überflüssig sein. |
Man kann
übrigens das Übereinkommen treffen,
einen Ausdruck der 80 Form
((((1) + 1) + 1) + 1)
(der Kardinalzahlform) nur durch die Zahl der ersten Klammern
((((anzudeuten, da durch sie alles weitere
gegeben ist. Und nun kann man ihn
❘ ❘ ❘ ❘
schreiben. (Ein Umweg.) |
Es wird eben in dem Zeichen
“
|
(Man muß
sich in die Fehler hineindenken.
“Laß' ihn Dir den
rechten Eindruck machen …”) |
(Zeitdauer eines Tones und
Zeitdauer einer akustischen Schwingung.) |
Kritik meiner früher
dargelegten || auseinandergesetzten Auffassung des
induktiven Beweises. Ein Beweis ist Beweis eines (bestimmten﹖) Satzes, wenn er es nach einer Regel ist, nach der dieser Satz diesem Beweis zugeordnet ist. D.h., der Satz muß einem System von Sätzen angehören und der Beweis einem System von Beweisen. Und jeder Satz der Mathematik muß einem Kalkül der Mathematik angehören. (Und kann nicht in Einsamkeit thronen und sich sozusagen nicht unter andere Sätze mischen.) Also ist auch der Satz “jede Gleichung n-ten Grades hat n Lösungen” nur ein Satz der Mathematik, sofern er einem System von Sätzen, und sein Beweis einem korrespondierenden System von Beweisen, entspricht. Denn welchen guten Grund habe ich, dieser Kette von Gleichungen etc. (dem sogenannten Beweis) diesen Prosasatz zuzuordnen. Es muß doch aus dem Beweis – nach einer Regel – hervorgehen, von welchem Satz er der Beweis ist. |
Nun liegt es aber im Wesen
dessen, was wir als Satz 81 bezeichnen,
daß es sich verneinen lassen
muß. Und auch die
Verneinung des bewiesenen Satzes muß
mit dem Beweis zusammenhängen; so nämlich,
daß sich zeigen
läßt, unter welchen andern,
entgegengesetzten, Bedingungen sie herausgekommen
wäre. |
Man möchte den Induktionsbeweis als einen gleichsam
indirekten Beweis der Allgemeingültigkeit
ansehen. || Man sieht den
Induktionsbeweis als einen gleichsam
indirekten Beweis der Allgemeingültigkeit
an. (Aber in der Logik ist nicht mehr
da, als wir sehen.) |
(Mit “sweeping statements” ist
in der Philosophie nichts gemacht; sondern es
muß alles so dargestellt werden, wie es
ist.) |
Hat das
Gesichtsfeld einen Mittelpunkt? – Es hat Sinn, in
einem Bild etwa ein Kreuzchen anzubringen und zu sagen: schau
auf das Kreuz; Du wirst dann auch das
Übrige sehen, aber das Kreuz ist dann im
Mittelpunkt des Gesichtsfeldes. |
Alle Überlegungen
können viel hausbackener angestellt werden, als ich sie in
früherer Zeit angestellt habe. Und darum brauchen in
der Philosophie auch keine neuen Wörter angewendet werden,
sondern die alten, gewöhnlichen
Wörter der Sprache reichen aus. || die alten
reichen aus. |
“Ist das ein Beweis dieses
Satzes?” Wird er als Beweis
gebraucht? Wenn ja, warum soll ich
ihn nicht einen Beweis nennen? Jede Multiplikation ist ein Beweis. Sie entscheidet, daß 16 × 25 400 ist und keine andere Zahl, und wird wirklich﹖ als Beweis dafür gebraucht. |
∣ Im euklidischen Beweis ist nicht die Figur allein
maßgebend, sondern auch die
Reihenfolge der konstruktiven Operationen, und man könnte sich
den Beweis durch eine Serie von Figuren geführt denken
(den Gang des Beweises). 82 |
Man hört immer wieder die Bemerkung,
daß die Philosophie eigentlich
keinen Fortschritt mache, daß die
gleichen philosophischen Probleme, die schon die
Greeks beschäftigten, uns noch
beschäftigen. Die das aber
sagen, verstehen nicht den Grund, warum es so ist || sein
muß. Der ist
aber, daß unsere Sprache sich gleich
geblieben ist und uns immer wieder zu denselben Fragen
verführt. Solange es ein Verbum
‘sein’ geben wird, das zu funktionieren scheint
wie ‘essen’ und ‘trinken’, solange
es Adjektive ‘identisch’,
‘wahr’, ‘falsch’,
‘möglich’ geben wird, solange
von einem Fluß der Zeit und von einer
Ausdehnung des Raumes die Rede sein wird,
u.s.w.,
u.s.w., solange werden die Menschen immer
wieder an die gleichen rätselhaften
Schwierigkeiten stoßen, und auf etwas
starren, was keine Erklärung scheint wegheben zu
können. Und dies befriedigt im Übrigen ein Verlangen nach dem Überirdischen || Transzendenten, denn, indem sie die “Grenze des menschlichen Verstandes” zu sehen glauben, glauben sie natürlich, über ihn hinaus sehen zu können. |
Ich lese: “ …
philosophers are no nearer to the meaning of
‘Reality’ than
Plato
got, …”. Welche seltsame
Sachlage. Wie sonderbar, daß
Plato dann überhaupt so weit
hat kommen können || kommen
konnte! Oder,
daß wir dann nicht weiter kommen
konnten! War es, weil Plato so gescheit war? |
Ist nicht die Hauptgefahr die,
daß uns der Prosa-Ausdruck des
Ergebnisses einer mathematischen Operation einen Kalkül
vortäuscht, der gar nicht vorhanden ist. Indem er
seiner äußern Form nach einem System
anzugehören scheint, das es hier gar nicht gibt.
|
Ist der Induktionsbeweis
ein Beweis von a + (b + c) =
(a + b) + c, so
muß man sagen können: die
Rechnung liefert, daß
83
a + (b + c) =
(a + b) + c ist (und kein anderes
Resultat). Denn dann muß erst die Methode der Berechnung (allgemein) bekannt sein und, wie wir darauf 25 × 16 ausrechnen können, so auch a + (b + c). Es wird also erst eine allgemeine Regel zur Ausrechnung aller solcher Aufgaben gelehrt und darnach die besondere gerechnet. – Welches ist aber hier die allgemeine Methode der Ausrechnung? Sie muß auf allgemeinen Zeichenregeln beruhen (– etwa, wie﹖ dem assoziativen Gesetz –). |
Ist
nun etwa dieser Beweis des assoziativen
Gesetzes der, daß
a + (b + c) =
(a + b) + c und nicht
(a + 2b) + c? |
∣ Wenn man die irrationalen
Zahlen einführt, so tut man immer so, als hätte man nun
etwas Neues entdeckt (etwa neue Punkte zwischen den
alten). Während es sich
nicht um eine neue Entdeckung, sondern um eine neue
Konstruktion handelt (die man dann auch
“Zahl” nennen kann, oder nicht). ∣
|
Angenommen, wir nennen den
Satz, daß 7 durch keine kleinere Zahl
außer der 1 teilbar ist “das Gesetz
der heiligen Zahl” und würden es in den Worten
“7 ist die heilige Zahl” aussprechen.
Dann hätten wir hier einen ähnlichen Fall wie den des
“Hauptsatzes der Algebra” und anderer
‘Sätze’, die eigentlich eine individuelle
Berechnung || Rechnung benennen, die wir den Beweis des Satzes
nennen. |
Nur
für einen solchen
‘Satz der Mathematik’ gibt
es verschiedene unabhängige Beweise. Die voneinander unabhängigen Rechnungen erhalten nämlich willkürlich den gleichen Namen. |
Ich brauche nicht zu
behaupten, man müsse die
n Wurzeln der Gleichung n-ten Grades konstruieren
können, sondern ich sage nur, daß der
Satz “diese Gleichung hat n Wurzeln”
etwas 84 anderes
heißt, wenn ich ihn durch
Abzählen der konstruierten Wurzeln, und wenn
ich ihn anderswie bewiesen habe. Finde ich aber eine
Formel für die Wurzeln einer Gleichung, so habe ich einen neuen
Kalkül konstruiert und keine Lücke eines alten
ausgefüllt. |
Es ist daher Unsinn zu sagen, der Satz ist erst bewiesen, wenn
man eine solche Konstruktion aufzeigt. Denn dann haben wir
eben etwas Neues konstruiert, und was wir jetzt unter dem Hauptsatz
der Algebra verstehen, ist eben, was der
gegenwärtige ‘Beweis’ uns
zeigt. |
Zu
fürchten, es könne also der Algebra diese Stütze
entrissen werden, ist Blödsinn. |
“Ich habe das vorausgesehen”
– wie ist das möglich, da es doch damals nicht (und
vielleicht niemals) geschehen ist?! |
Wozu denkt der Mensch?
wozu ist es nütze? Wozu
berechnet er Dampfkessel und
überläßt es nicht dem Zufall,
wie stark er ihre Wand || Wände
macht? || wie stark die Wand des
Kessels wird? Es ist doch nur
Erfahrungstatsache, daß Kessel, die so
berechnet wurden, nicht so oft
explodieren || explodierten. Aber so, wie er
alles eher täte, als die Hand ins Feuer stecken, das ihn
früher gebrannt hat, so wird er alles eher tun, als den Kessel
nicht berechnen. Da uns aber Ursachen nicht
interessieren, so können wir nur sagen: die Menschen
denken tatsächlich: sie gehen z.B.
auf diese Weise vor, wenn sie einen Dampfkessel
bauen. Kann nun ein so erzeugter Kessel nicht
explodieren? Oh ja. – |
Augustinus: “Wann messe ich
einen Zeitraum?”
Ähnlich meiner Frage:
Wann kann ich Schach spielen. 85 |
II
a + (b + c) =
(a + b) + c Wenn wir
I den Beweis von II nennen, was ist das
allgemeine Prinzip dieses Beweises?
Denn es nützt ja nichts, zu sagen, I beweise II,
da mir dadurch doch nicht mehr als nur I und
II gegeben wird; es sei denn daß ich
nun (noch﹖) eine allgemeine Regel
erfahre, von der der Schluß von I auf
II nur ein Beispiel ist. |
Ein merkwürdiges Wort:
“Es ist mir gelungen || gelungen, das zu beweisen”.
(Das ist es, was im Falle 25 × 16 = 400 niemand sagen würde.) |
Das System des oberen
Beweises ist dies: F1(c) =
F2(c) … S ist zu beweisen.
F1(1)
= F2(1) ist eine anerkannte
Regel. Wenn aus dieser und den anderen bereits anerkannten
Regeln hervorgeht, daß einerseits
F1(c + 1) =
f(F1(c)), anderseits F2(c + 1) = f(F2(c)), dann gilt S als bewiesen. |
Ist nun
I ein Beweis für 5 + (2 + 7) =
(5 + 2) + 7? Es ist ein
Beweis für ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ + (❘ ❘ + ❘ ❘❘ ❘ ❘ ❘ ❘)
=
(❘ ❘ ❘ ❘ ❘ + ❘ ❘) + ❘ ❘❘ ❘ ❘ ❘ ❘.
Denn begännen wir den linken Ausdruck nach der
Definition a + (b + 1) =
(a + b) + 1 zu transformieren, wie im
Beweis, so sähen wir bald, daß uns jede
Transformation der rechten Seite näher brächte und
wir könnten den Prozeß nach dem
ersten Mal aufgeben und sehen (eben, was wir im Induktionsbeweis
sehen), daß sich die rechte Seite nach
❘ ❘❘ ❘ ❘ ❘ ❘
Operationen ergeben muß. Und
wir sehen dies auch nicht deutlicher, wenn wir alle diese
Operationen durchgehen. Und kämen wir dann nicht
ans vorausgesehene Ziel, so würden wir sagen,
wir haben uns verrechnet. || wir müssen uns verrechnet
haben. So ist der
allgemeine Beweis ein Beweis für
5 + (2 + 7)
= (5 + 2) + 7 wenn wir diese
86 Gleichung als Fall des
Beweises darstellen (auffassen) und in dieser
Auffassung || Darstellung liefern wir die notwendige
Multiplizität des Beweises für den besondern || bestimmten Fall.
(Ist es nicht so, wie ich fünf Männer durch “MMMMM” darstellen kann, aber auch durch “M ❘ ❘ ❘ ❘ ❘”.) Insofern der Beweis also auf Zahlen, mit denen wir rechnen, angewandt werden kann, können wir ihn allgemein nennen (wie etwa einen Hut, den jedes Familienmitglied benützen kann). |
(In dem Sinne von möglichen und wirklich gezogenen
Geraden könnten || können wir auch von möglichen
und wirklich dargestellten Zahlen reden.) |
Wie ist es aber mit dem andern
Beweis von
25 + (8 + 71)
= (25 + 8) + 71, der nach den Regeln des
1 + 1 die
rechte und die linke Seite ausrechnet und sie gleich
befindet?
25 + 8 =
33 läßt sich nämlich
beweisen, und könnte ich es nicht beweisen, so könnte ich
mich zur Rechtfertigung nur darauf
berufen, daß
ich gelernt habe: wenn oben eine 5 und unten eine 8 steht,
mußt Du eine 3 unter den Strich schreiben
und 1 weiterzählen. Aber mit dieser Regel
wäre es ja vereinbar, daß man etwa
5 + 5 = 8
schreiben dürfte, wenn nicht das ganze System bekannt ist,
wonach wir addieren.
D.h., der Satz
25 + (8 + 71)
= (25 + 8) + 71 ist erst bewiesen, wenn wir
alles auf die Addition von Einsen zurückgeführt haben und
dann ist sein Beweis dem von
❘ ❘ ❘ ❘ + (❘ ❘ + ❘ ❘ ❘)
=
(❘ ❘ ❘ ❘ + ❘ ❘) + ❘ ❘ ❘
gleichwertig. |
Wenn
man die rekursiven Beweise
Skolem's
gleichsam von oben ansieht, so stellen sie sich
(uns﹖) dar, als
Gleichungsketten, deren
Übergänge nach gewissen Regeln
erlaubt sind und die eine besondere strukturelle
Eigentümlichkeit haben: gewisse Höhepunkte,
durch welche sie besondern Gleichungen zugeordnet werden
können. 87 |
Man
könnte auch so sagen: Der Beweis aller
dieser Sätze gelingt
Skolem; aber er gibt uns
nicht ein System, in welchem wir mittels
einer Regel alle zu beweisenden Sätze
ableiten können. Sondern wir müssen immer
von Neuem reimen || lernen, wie
ein weiterer Satz abzuleiten ist – also nicht, wie
Einer, der multiplizieren gelernt hat, jede
Multiplikationsaufgabe ohne weiteres lösen kann. |
(Daß
das Bewiesene nicht am Ende der Gleichungskette steht, macht
garnichts. Der Beweis
könnte dem zu vergleichen sein, daß
25 × 16
= 400 ist: Wir nehmen
das an und dividieren dann 4000 durch 16, dann durch
25, und wenn 10 herauskommt, war die Annahme richtig.)
|
Die Frage ist, wie geht
denn der Kalkül weiter, nachdem die
Grundsätze || Grundgesetze
durch Induktion bewiesen sind? |
“Streng”
heißt: klar. |
Zwei Beweise “desselben
Satzes” können nur unabhängig voneinander
sein, wenn sie den || diesen Satz niemals
erreichen. (Denn sonst kommunizieren sie ja
miteinander.) Wenn sie also im strengen Sinn
keine Beweise dieses Satzes sind. |
Es gibt eben in der Mathematik sehr
Verschiedenes, was alles Beweis genannt wird und diese
Verschiedenheiten sind logische.
Was also ‘Beweis’ genannt wird, hat nicht mehr
miteinander zu tun, als was ‘Zahl’
genannt wird. |
Man
nennt es eine Aufgabe, wenn gefragt wird “wieviel ist
25 × 16”, aber auch eine
Aufgabe: was ist das
S sin²x
dx? Die erste hält man zwar für
viel leichter als die zweite, sieht aber nicht,
daß sie in 88 verschiedenem Sinn
‘Aufgaben’
sind. Der Unterschied ist natürlich
kein psychologischer; und || denn es handelt sich nicht
drum, ob der Schüler die Aufgabe lösen kann, sondern ob der
Kalkül sie lösen kann, oder, welcher Kalkül sie
lösen kann. |
Die Unterschiede, auf die ich aufmerksam machen kann, sind
solche, wie sie jeder Bub in der Schule wohl kennt. Aber
man verachtet diese Unterschiede später, wie die russische
Rechenmaschine (und den zeichnerischen Beweis in der
Geometrie) und sieht sie als unwesentlich an, wie den
Unterschied zwischen endlich und unendlich; statt als
wesentlich und fundamental. |
Es ist gleichgültig, ob
man eine
Regel weiß, nach der man || der Schüler eine Regel
weiß, nach der er
S
sin²x.dx gewiß lösen
kann, sondern wichtig ist ob der
Kalkül, den wir vor uns
haben (und er zufälligerweise benützt) eine solche
Regel enthält. Nicht, ob der Schüler es kann, sondern ob der Kalkül es kann und wie er es tut, interessiert uns. |
Im Falle
25 × 16 =
370 nun, schreibt der Kalkül den wir benützen
jeden Schritt zur Prüfung dieser Gleichung vor. |
Wenn Frege gegen die formale Auffassung der Arithmetik spricht,
so sagt er gleichsam immer: diese kleinlichen
Erklärungen, die Symbole betreffend, sind
müßig, wenn wir sie || diese verstehen. Und das Verstehen
besteht
quasi im || ist quasi das Sehen eines Bildes, aus dem dann alle
Regeln folgen (wodurch sie verständlich
werden). Frege
sieht aber nicht, daß dieses Bild nur
wieder ein Zeichen ist, oder ein Kalkül, der uns den
geschriebenen Kalkül erklärt. Aber das Verständnis gleicht überhaupt (immer || sehr) dem, 89 welches wir für einen Kalkül
kriegen, wenn wir seine Entstehung, oder praktische Anwendung,
kennen lernen. Und natürlich lernen wir auch da
wieder nur einen und uns übersichtlichern
Symbolismus statt des uns fremdern kennen.
(Verstehen heißt hier
übersehen.) |
Sich etwas überlegen. Ich überlege ob ich
jetzt ins Kino gehen soll. Ich mache mir ein Bild der
Zeiteinteilung des Abends. Ich könnte es auch sehr
wohl graphisch darstellen. Aber wozu tue ich
das?? Ich mache ja kein
“Gedankenexperiment”! |
∣ Falsche Ideen über das
Funktionieren der Sprache: Dr Broad, der sagte, etwas werde eintreffen, sei kein
Satz. Was spricht man dieser Aussage damit ab?
Etwas anderes, als, daß sie
Gegenwärtiges oder Vergangenes beschreibt? – Die Magie mit Wörtern. Ein
solcher Satz, wie der Broads, kommt mir so vor, wie ein Versuch, eine
chemische Änderung magisch zu
bewirken; indem man den Substanzen, quasi, zu verstehen gibt,
was sie tun sollen (wenn man etwa Eisen in
Gold überführen wollte, indem man ein Stück Eisen
mit der rechten und zugleich ein
Stück Gold mit der linken
Hand faßte). ∣ |
Hier kommen wir auch zur
Frage: inwieweit hilft
denken, die Wahrheit finden?
(Johnson) |
“Ich male mir das
aus”. |
Das Denken faßt in
gewissem Sinne nur zusammen. |
“Der Satz ist ein
Bild”. Ein Bild wovon? Kann man
sagen: “von der Tatsache, die ihn wahr macht, wenn
er wahr ist und von der Tatsache, die ihn falsch macht, wenn er
falsch ist. Im ersten Fall ist er ein korrektes
Bild, im zweiten ein unkorrektes”? 90 Denn er ist nicht ein Bild davon, wie es wäre, wenn …. Das heißt nichts. Dann wäre er höchstens ein Bild des Satzes, oder eines andern Bildes davon, wie es wäre, wenn …. |
Wenn man mit Bild meint: die richtige,
oder falsche Darstellung der Realität, dann
muß man wissen, welcher Realität, oder
welches Teils der Realität;
d.h., man muß ein
Mittel haben, den Satz in bestimmter Weise mit der
Wirklichkeit zu vergleichen. Ich kann dieses
Zimmer richtig oder falsch darstellen, aber um heraus zu
finden, ob richtig oder nicht,
muß ich wissen, daß
dieses Zimmer gemeint ist. |
Denken wir an eine Chiffre: Ein
Satz sei uns in der Chiffre
gegeben und auch der Schlüssel, dann ist uns
natürlich, in gewisser Beziehung, alles zum
Verständnis der Chiffre gegeben. Und doch
würde ich, gefragt “verstehst du diesen Satz in der
Chiffre”, etwa antworten: Nein, ich
muß ihn erst entziffern; und erst, wenn
ich ihn z.B. ins Deutsche übertragen
hätte, würde ich sagen “jetzt verstehe ich
ihn”. Kommt das daher,
daß ich auf den ersten Blick auch nicht
hätte sagen können, ob der Chiffreausdruck überhaupt
ein Satz ist und nicht Wörter, unsinnig
aneinandergereiht? |
Wenn man hier die Frage stellte: “In welchem
Augenblick der Übertragung (aus der
Chiffre ins Deutsche) verstehe ich den Satz”,
würde man einen Einblick in das Wesen des Verstehens
erhalten. |
Wir
verstehen alle, was es
heißt, in einem Kalender nachschlagen,
an welchem Tag der Woche wir frei sind. Das Bild, das wir
sehen, ist etwa
|M|D|M|D|F|S|S1
und
wir sagen nun, wir seien nur Freitag frei, und handeln
demgemäß. Nun ist es aber dabei schwer zu sagen, was hier eigentlich geschieht und mit welcher Berechtigung wir nach dem Bild handeln. 91 Was geschieht, wenn ich mir einen Schachzug überlege? In diesem Falle kann ich die Züge im Vorhinein machen und also das direkteste Bild dessen entwerfen, was geschehen wird. |
“Wieviel Punkte
muß man nach der Reihe setzen, um das
‘u.s.w.’
anzudeuten?” Tut es nicht
einer? |
Kann man von der Zahlenreihe sagen, sie habe
kein Ende? “Aber, wie wäre
es, wenn es anders wäre?” Aber
kann ich nicht vom Schachspiel sagen, die Reihe der
Schachfiguren habe ein Ende, und in einem
anderen || andern Spiel, sie habe kein Ende? wenn man die
Erlaubnis hätte, beliebig viele Felder, einer Regel
gemäß, mit Steinen zu besetzen.
|
(Was ich mit den
Zeichen tue, ist für den Mathematiker ein
Herum … [und war es für
Ramsey], und mit
Recht, denn er will vorwärtskommen,
während ich mich ungestört || unbeirrt bei einigen
wenigen Zeichen und zwei Schritten des Kalküls
aufhalte.) |
a + (b + 1) = (a + b) + 1 (R)
92
a ∙ 1 = a (D) a ∙ (b + 1) = a ∙ b + a (M)
|
(Eine Untersuchung Schritt
für Schritt dieser Beweise wäre sehr
lehrreich.) Der erste
Übergang in I
a + (b + (c + 1))
=
a + ((b + c) + 1) wenn er nach
R vor sich gehen soll, zeigt
daß die Variablen in R anders
gemeint sind, als die in den Gleichungen von I, denn sonst
erlaubte R nur a + (b + 1) durch
(a + b) + 1 zu ersetzen, aber
nicht b + (c + 1) durch
(b + c) + 1.
Dasselbe zeigen auch die anderen
Übergänge dieses
Beweises. Wenn ich nun sagte, die beiden Zeilen des Beweises berechtigen mich || der Vergleich der beiden Zeilen des Beweises berechtigt mich die Regel a + (b + c) = (a + b) + c zu folgern, so hieße das gar nichts, es sei denn, ich hätte nach einer vorher aufgestellten Regel so geschlossen. Diese Regel aber könnte nur sein:
Aber diese Regel ist vage in bezug auf F1, F2 und f. |
An dieser Regel scheint aber eines
merkwürdig: daß es nämlich
möglich ist, sie als Vorschrift zu verstehen, auch ohne
zu sehen, daß aus ihr die Reihe
F1((1) + 1) =
F2((1) + 1),
F1(((1) + 1) + 1)
= F2(((1) + 1) + 1),
u.s.w. hervorgeht || daß sie die Reihe
F1((1) + 1) =
F2((1) + 1),
F1(((1) + 1) + 1)
= F2(((1) + 1) + 1),
u.s.w. erzeugt. |
Die allgemeine Regel für den
Induktionsbeweis kann ich natürlich 93
nur dann anwenden, wenn
ich die Substitution entdecke, durch die sie anwendbar
wird. So wäre es möglich,
daß einer die Gleichungen
(a + 1) + 1 = (a + 1) + 1 1 + (a + 1) = (1 + a) + 1 sähe, ohne auf die Substitution a = x, F1(x) = x + 1, F1(x + 1) = (x + 1) + 1, F2(x + 1) = 1 + (x + 1), F2(x) = 1 + x(Ƒ) zu kommen. |
Wenn ich übrigens
sage, ich verstehe die Gleichungen als besondern Fall
jener Regel, so muß doch das
Verständnis das sein, was sich in der Erklärung der
Beziehung zwischen der Regel und den Gleichungen zeigt, also, was
wir durch die Substitutionen ausdrücken. Sehe ich
diese nicht als einen Ausdruck dessen an, was ich verstehe, dann
gibt es keinen; aber dann hat es auch keinen Sinne, von einem
Verständnis zu reden, zu sagen, ich verstehe etwas
Bestimmtes. Denn nur dort hat es Sinn, vom Verstehen zu
reden, wo wir eines verstehen, im Gegensatz zu
etwas anderem. Und dies || diesen Gegensatz
drücken eben Zeichen aus. Ja das Sehen der internen Beziehung kann nur wieder das Sehen von etwas sein, das sich beschreiben läßt, wovon man sagen kann, “ich sehe, daß es sich so verhält”, also wirklich etwas von der Natur der Zeichen der Zuordnung || von der Natur der Zuordnungszeichen (wie Verbindungsstriche, Klammern, Substitutionen, etc.). Und alles andere kann nur in der Anwendung des Zeichens der allgemeinen Regel in einem besonderen Fall liegen. |
Kann man nun sagen, wir haben I, II, und
III aus R errechnet? Nein. –
Aber aus R und r? |
Wir könnten nun die obigen
Beweise auch anders hinschreiben, 94 nämlich als Gleichungen zwischen
besonderen Zahlen, die als Beispiele
funktionieren || symbolisieren. Ein
solcher Beweis ist ganz von ähnlicher Art,
wie der eines geometrischen Satzes über das Dreieck durch eine
Konstruktion in || an einem
Dreieck. (Aber doch nur ähnlich, also
logisch verwandt, aber nicht ganz gleich.) Dem Satz
I entspricht dann folgender Beweis:5 + (4 + 3) = 5 + (4 + (2 + 1)) = 5 + ((4 + 2) + 1) = (5 + (4 + 2)) + 1 = (5 + (4 + (1 + 1))) + 1 = ((5 + 4) + 2) + 1 = (5 + 4) + 3 … (A) |
Das
ist einerseits der Beweis von 5 + (4 + 3) =
(5 + 4) + 3, anderseits kann man es als
Beweis von
5 + (4 + 4)
= (5 + 4) + 4 etc.
etc. gelten lassen,
d.h. benützen.
Wenn ich nun sagte || sage, || : A ist der Beweis des Satzes a + (b + c) = (a + b) + c, so würde das Eigentümliche am Übergang vom Beweis zum Satz viel auffälliger. Und was wäre die Regel, nach der dieser Übergang berechtigt || erlaubt ist? |
∣ Ein Satz
(wie﹖) “es gibt keine
letzte Kardinalzahl” verletzt den
naiven – und rechten – Sinn mit
Recht. Wenn ich frage “wer war der letzte Mann
der Prozession” und die Antwort lautet “es gibt
keinen letzten”, so verwirrt sich mir das Denken; was
heißt das “es gibt keinen
letzten”? ja, wenn die Frage
geheißen hätte “wer war der
Fahnenträger”, so hätte ich die Antwort
verstanden “es gibt keinen
Fahnenträger”. Und nach einer solchen
Antwort ist ja jene sinnlose || sinnverwirrende modelliert.
Wir fühlen nämlich mit Recht: wo von einem
Letzten die Rede sein kann, da kann nicht
‘kein Letzter’ sein.
Das heißt
aber natürlich: Der Satz “es gibt keine
letzte” müßte richtig
lauten: es hat keinen Sinn, von einer “letzten
Kardinalzahl” zu reden, dieser Ausdruck ist
unrechtmäßig gebildet. ∣
95 |
Ist
nicht unser Prinzip: keinen
Begriff zu verwenden, wo keiner || kein
Begriffswort zu verwenden, wo keines nötig
ist? – D.h. die
Fälle zu zeigen, in denen das Begriffswort in Wirklichkeit
für eine Liste || Aufzählung steht. || D.h. in den Fällen, in
denen das Begriffswort für eine Liste steht, dies klar zu
machen. || D.h. die
Fälle in denen das Begriffswort in Wirklichkeit für eine
Liste || Aufzählung steht, als solche zu
erklären. |
∣ Was ich über das Verstehen eines
Satzes sage, kommt darauf hinaus,
daß wenn wir aus dem
Wirkungsbereich der Sprache etwa das Phänomen eines
Befehls und seiner Befolgung (an und für
sich) betrachten, und auch mit allen
psychischen Phänomenen, die es begleiten, und die
wir das Verstehen des Befehls nennen möchten, das Wesen
der Sprache in diesen Phänomenen nicht zum Ausdruck
käme. ∣ |
Muß ich sagen,
daß die
Übergänge des Beweises A nach
der Regel a + (b + 1) =
(a + b) + 1 geschehen? – Und
inwieweit gehen sie nach
einer solchen Buchstabenregel vor sich? |
Der erste
Übergang geschieht nach der
Regel 3 =
2 + 1, der zweite nach der Regel
4 + (2 + 1)
= (4 + 2) + 1, der dritte nach
der Regel
5 + ((4 + 2) + 1)
= (5 + (4 + 2)) + 1,
u.s.w.¤ Diese Regeln
haben allerdings einen gemeinsamen Zug und der ist in
a + (b + 1) =
(a + b) + 1
zusammengefaßt. Da wir aber
jetzt || hier nicht mit Buchstaben arbeiten wollen,
sondern mit Zahlenbeispielen, so möchten wir
(vielleicht) sagen, die Regel, nach der wir
vorgehen, ist
5 + (3 + 1)
= (5 + 3) + 1. Aber hier ist uns (5 + 3) unverständlich, da wir alles auf die Addition von Einsen zurückführen wollen. Und das Beispiel der Regel muß also lauten: 5 + 3 = 5 + (2 + 1) = (5 + 2) + 1 = (5 + ((1) + 1)) + 1 = (((5 + 1) + 1) + 1) oder: 96 ¤
5 + (((1) + 1 + 1) + 1)
= (5 + ((1) + 1)) + 1 =
((5 + 1) + 1) + 1 … (P)
Diese Regel erklärt das Zuzählen einer Zahl als das sukzessive Zuzählen so vieler Einer, als die Zahl enthält. Nach dieser Regel P gehen alle Übergänge in A vor sich und man könnte sie alle auf die Form von P bringen, indem man etwa statt 4 + (2 + 1) = 4 + 2) + 1 schriebe: 4 + (2 + 1) = 4 + ((1 + 1) + 1)
Daraus sieht man übrigens, daß ich in P nicht hätte schreiben sollen “5 + (((1) + 1) + 1) + 1) = (5 + ((1) + 1)) + 1) = etc.” sondern unmittelbar: 5 + (((1) + 1) + 1) + 1) = ((5 + 1) + 1) + 1, denn die Zwischenschaltung des zweiten Gliedes geschähe ja wieder nur gemäß einer Regel, die doch erst durch das letzte Resultat der Gleichungskette gerechtfertigt wird. |
Wenn übrigens 3 z.B. als
((1) + 1) + 1
definiert ist, wie unterscheidet sich dieses
Zeichen von
2 + 1?
Denn, wenn kein Unterschied ist, so ist in diesem Symbolismus
auch keiner zwischen
((5 + 1) + 1) + 1
und 8. Ich möchte aber doch zeigen,
daß die 8 dann aus 5 und 3
besteht. ‒ ‒ |
Definitionen führen nur praktische
Abkürzungen ein, aber wir könnten auch ohne sie
auskommen. Aber wie ist es mit den
rekursiven Definitionen? |
Anwendung der Regel
a + (b + 1) =
(a + b) + 1 kann man zweierlei nennen:
4 + (2 + 1)
= (4 + 2) + 1 ist eine Anwendung in einem
Sinne, im andern:
4 + (2 + 1)
= ((4 + 1) + 1) + 1 =
(4 + 2) + 1. |
Das Resultat der Rechnung
A
ist
5 + (4 + 3)
= (5 + 4) + 3,
außerdem aber hat sie in einem andern
Sinne ein Ergebnis. Kann man dieses 97 nun durch die Gleichung
a + (b + c) =
(a + b) + c ausdrücken, wie das erste
durch 5 + (4 + 3) =
(5 + 4) + 3? |
(Es ist beinahe unglaublich,
daß die Analyse einer so einfachen Sache
so schwer sein sollte.) |
Das Charakteristische an einem Beweise wie dem von
(a + b).(a + b)
= a.a + b.b + 2.a.b
ist, daß die Buchstaben nicht
abgebrochen werden, wie die Ziffern in einer
Rechnung (in der das Zeichen 5 verschwindet und statt dessen
eine 4 und 1 auftaucht). |
(Die unendliche Schwierigkeit ist die “allseitige
Betrachtung” des Kalküls.) |
Wenn ich sage,
daß beim Beweis A
a + (b + c) =
(a + b) + c herauskommt; habe ich da
schon vorher einen Begriff dessen, was ich als den Beweis dieser
Formel ansehen würde? |
“Jeder Existenzbeweis
muß eine Konstruktion dessen
enthalten, dessen Existenz er beweist”. Man
kann nur sagen “ich nenne
‘Existenzbeweis’ nur einen, der eine solche
Konstruktion enthält”. Der Fehler
ist || liegt
darin daß man
glaubt || vorgibt einen klaren
Begriff des Existenzbeweises || der Existenz zu besitzen.
Man glaubt ein Etwas, die Existenz, beweisen zu können, sodaß man nun unabhängig vom Beweis von ihr überzeugt ist. (Die Idee des, voneinander – und daher wohl auch vom Bewiesenen – unabhängigen Beweises!) In Wirklichkeit ist Existenz das, was man mit dem beweist, was man “Existenzbeweis” nennt. Wenn die Intuitionisten und andere darüber reden, so sagen sie: “Dieser Sachverhalt, die Existenz, kann man nur so, und nicht so, beweisen”. Und sehen nicht, daß sie damit einfach das definiert 98 haben, was
sie Existenz nennen. Denn die Sache
verhält sich eben nicht so, wie wenn man sagt:
“daß ein Mann in dem Zimmer ist,
kann man nur dadurch beweisen, daß man
hineinschaut, aber nicht, indem man an der Türe
horcht”. |
Wir haben keinen Begriff der Existenz unabhängig von unserm
Begriff des Existenzbeweises. |
17 + 28
kann ich mir nach Regeln ausrechnen, ich
brauche 17 + 28
= 45 (s) nicht als Regel zu geben.
Kommt also in einem Beweis der
Übergang von f(17 + 28)
auf f(45) vor, so brauche ich
nicht sagen, er geschähe nach der Regel
s, sondern nach andern Regeln
des
1 + 1.
|
Wie ist es hiermit
aber in der
(((1) + 1) + 1)-Notation?
Kann ich sagen, ich könne mir in ihr
z.B.
2 + 3
ausrechnen? Und nach welcher Regel? Es
geschähe so: [(1) + 1] + [((1) + 1) + 1] = (([(1) + 1] + 1) + 1) + 1 = [((((1) + 1) + 1) + 1) + 1] … ¤ |
Als die Zahlen im
Dezimalsystem hingeschrieben waren, gab es Regeln, nämlich die
der Addition für je zwei Zahlen von 0 bis 9, und die reichten
mir, entsprechend angewandt, für Additionen aller Zahlen
aus. Welche Regel entspricht nun diesen
Elementarregeln? Es ist offenbar,
daß wir uns in einer Rechnung wie t
weniger Regeln merken brauchen als in
17 + 28. Ja, wohl nur
eine allgemeine und gar keine der Art
3 + 2 =
5. Im Gegenteil, wieviel
3 + 2 ist,
scheinen wir jetzt ableiten, ausrechnen, zu
können. |
Es
hat hier übrigens mit den Zahlzeichen (1),
((1) + 1), etc.
eine gewisse Schwierigkeit: Nämlich
die, daß wir sie nach einer gewissen
Länge nicht mehr unterschieden können, ohne die Striche zu
zählen, also 99 ohne die Zeichen in
andere zu übersetzen.
“❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘”
und “❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘❘ ❘ ❘ ❘ ❘”
kann man nicht in dem Sinne unterscheiden – sie
sind also nicht in demselben Sinn verschiedene Zeichen – wie
“10” und “11”.
Übrigens würde
dasselbe natürlich auch im Dezimalsystem geschehen (denken wir
an die Zahlen 1111111111 und 11111111111), aber das ist nicht
ohne Bedeutung. – |
Haben wir 45 in s in demselben Sinne
ausgerechnet, wie das Ergebnis in
t? |
In einem andern Symbolismus
ließe es sich vielleicht eher sehen.
Ich schreibe [ohne weitere
Erklärung]: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, etc. [(1) + 2] + [((1) + 2) + 3] = ((([(1) + 2] + 1) + 1) + 1) = [((((1) + 2) + 3) + 4) + 5] Die Rechnung hätte man auch dann so durchführen können: Die Aufgabe ist 2 + 3 = ? und man schreibt: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 1, 2; 1, 2, 3 So rechnen Kinder tatsächlich, wenn sie “abzählen”. (Und dieser Kalkül muß so gut sein wie ein andrer.) |
Denken wir uns den Fall, es gäbe uns Einer eine
Rechenaufgabe in der Strichnotation, etwa:
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘❘ ❘ ❘ ❘ ❘ + ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
und während wir rechneten machte er sich den
Spaß, Striche, ohne
daß wir es bemerkten, wegzuwischen und
dazuzugeben. Er würde uns dann immer sagen
“die Rechnung stimmt ja nicht” und wir
würden sie immer von neuem durchlaufen,
stets zum Narren gehalten. – Ja, streng genommen, ohne
den Begriff eines Kriteriums der Richtigkeit der
Rechnung. – Hier könnte man nun Fragen aufwerfen, wie die: ist es nun nur sehr wahrscheinlich, daß 464 + 272 = 736 ist? Und ist also nicht auch 100
2 + 3 = 5
nur sehr wahrscheinlich? Und was || wo ist
denn die objektive Wahrheit, der sich diese Wahrscheinlichkeit
nähert? D.h., wie bekommen wir
denn einen Begriff davon, daß 2 + 3 eine
gewisse Zahl wirklich ist, abgesehen von dem, was
sie uns zu sein scheint? – |
Wenn man nämlich fragen
würde: was ist das Kriterium in der Strichnotation,
daß wir zweimal das gleiche
Zahlzeichen vor uns haben? – Die
Antwort könnte sein: “wenn es beidemale gleich
aussieht”, oder “wenn es beidemale die gleiche
Anzahl von Strichen enthält”. Oder soll es
heißen: wenn eine
eins-zu-eins Zuordnung etc. möglich
ist? |
Man
könnte auch fragen: ist
“❘ ❘ ❘ ❘ ❘”
ein Beweis von
2 + 3 = 5,
oder zeigt er sozusagen nur daß
2 + 3
2 + 3
ist? Ich kann aber doch sagen ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ = 5, ❘ ❘ = 2, ❘ ❘ ❘ = 3, nun mache ich die (geometrische) Konstruktion ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ und zeige so, daß 2 + 3 = 5 ist. |
Oder sollen wir das Additionstheorem so lauten
lassen: a + (b + 1) = (a + 1) + b, also so addieren: ((1) + 1) + (((1) + 1) + 1) = (((1) + 1) + 1) + ((1) + 1) = ((((1) + 1) + 1) + 1) + (1) = (((((1) + 1) + 1) + 1) + 1)? |
Es ist übrigens klar, daß das
Problem, ob
5 + (4 + 3)
= (5 + 4) + 3 ist, sich so
lösen
läßt:
101 |
|
Es ist hier eine gute Mahnung – so seltsam sie klingt
–: treibe hier﹖ nicht Philosophie sondern
Mathematik. |
Was
ein geometrischer Satz bedeutet, welche || was
für eine Art der Allgemeinheit
er hat, das muß sich alles zeigen, wenn wir
sehen, wie er angewendet wird. Denn,
wenn Einer auch etwas
Unfaßbares || Unerreichbares mit ihm
meinte, || meinen
könnte, so hilft ihm das nicht, da
er ihn ja doch nur ganz offenbar || offen, und jedem
verständlich, anwenden kann. Wenn sich etwa jemand unter dem Schachkönig auch etwas Mystisches vorstellt, so kümmert uns das nicht, weil er ja doch mit ihm nur auf den 8 × 8 Feldern des Schachbrettes ziehen kann. |
a + (b + 1) =
(a + b) + 1 kann doch nur eine
Abkürzung des Induktionsbeweises sein.
|
Denn wir
müßten ja im Notfall mit den
Induktionsbeweisen als Einheiten allein kalkulieren
können. |
Was || Welche
Operationen immer die Regel
a + (b + 1) =
(a + b) + 1 rechtfertigt, kann
auch der Induktionsbeweis rechtfertigen. 102 |
Man kann nicht eine Rechnung als den
Beweis eines Satzes bestimmen. || zum Beweis
eines Satzes ernennen. |
Ich möchte sagen:
Muß man diese
Rechnung || die
Induktionsrechnung den Beweis des
Satzes I nennen? D.h.,
tut's keine andere Beziehung? |
Auch nach der herkömmlichen
Interpretation || Auffassung gibt
der Induktionsbeweis nicht vor I zu beweisen, sondern
nur, zu beweisen, daß dieser Satz
für alle Zahlen gilt. |
Der Induktionsbeweis scheint eine Einheit zu
sein und nicht aus den || seinen einzelnen
Übergängen als seinen Einheiten zu
bestehen. |
So ist
z.B. das Resultat der Division
1:3 auf zwei Stellen
berechnet 0,33, aber außerdem sieht man in
dieser Division die Periodizität, und die ist nicht in dem
Sinne ein || ihr Resultat, wie der
Quotient 0,33. |
Wir könnten ja den
Induktionsbeweis sehr wohl eine periodische Rechnung
nennen. |
Und ihr
Resultat I wäre dann mit 0˙3̇
analog,
dagegen das Ende der Schlußkette || das Ergebnis der
Gleichungstransformation mit 0,33. |
Ich möchte sagen: ich
konnte doch nicht darauf ausgehen, die Periodizität in der
Rechnung zu finden. – Außer,
wenn ich schon eine habe und eine Methode,
mit ihrer Hilfe andere zu erzeugen. || und eine Methode, mittels ihrer andere zu
erzeugen. |
Man kann die Rechnung als Ornament betrachten.
Eine Figur in 103 der Ebene kann an eine andere passen
oder nicht, mit anderen in verschiedener Weise
zusammengefaßt werden. Wenn die
Figur noch gefärbt ist, so gibt es dann noch ein Passen in
Bezug auf die Farbe || der Farbe
nach. (Die Farbe ist nur eine
weitere Dimension.) |
Die Rechnung als Ornament zu betrachten,
das ist auch Formalismus, aber einer guten
Art. |
Wenn ich den
Satz mit einem Maßstab verglichen
habe, so habe ich, strenggenommen, nur einen Satz, der mit Hilfe
eines Maßstabes die
Länge eines Gegenstands || eine
Länge beschreibt || aussagt,
als Beispiel für alle Sätze
herangezogen. || als Beispiel eines Satzes
herangezogen. |
Der bewiesene Satz wird
planmäßig erzeugt; die
Periodizität wurde nicht
planmäßig
erzeugt. || Die Periodizität wurde nicht planmäßig erzeugt. (Der bewiesene Satz wird planmäßig erzeugt.) |
Bei der Division
1:3 kommt
nicht 0˙3̇
heraus,
im Gegensatz etwa zu
0˙3, sondern im Gegensatz zu einer andern
Periode. |
Unter welchen Umständen wäre es denn wahr,
daß Sa + (b + c)
= (a + 2b) + c statt
(a + b) + c
wäre? Unter diesen
Bedingungen: 1) a + (b + 1) = (a + 2b) + 1 2) a + (b + (c + 1)) = [a + (b + c)] + 1 3) (a + 2b) + (c + 1) = [a + (2b + c)] + 1 Aber warum soll 1) nicht gelten? darf ich es nicht willkürlich bestimmen? (Ich möchte sagen: Man kann nur sagen: Es verhält sich a + (b + c) = (a + b) + c zu 104 seiner Induktion, wie
a + b
= b + a zu der seinen.) |
Liegt die Hauptsache darin,
daß nicht a + (b + (c + 1)) = [a + (b + c)] + 1 und (a + b) + (c + 1) = [(a + b) + c] + 1 allein den Beweis ausmachen, sondern erst zusammen mit a + (b + 1) = (a + b) + 1? |
So daß man schon
deshalb nicht sagen kann, es gehe nun I
(bloß﹖)
aus R hervor. |
Ist es nicht so, daß alles Denken
über die Wirklichkeit auf der Induktion
fußt? |
Das Lernen der Philosophie ist
wirklich ein Rückerinnern. Wir
erinnern uns, daß wir die Worte wirklich auf
diese Weise gebraucht haben. |
Von der Erwartung zur Erfüllung ist ein
Schritt einer Rechnung. Ja die Rechnung
steht zu ihrem Resultat 625 genau im Verhältnis der Erwartung zur Erfüllung. |
Und so weit – und nur so
weit – als diese Rechnung ein Bild des
Resultats ist, ist auch die Erwartung ein Bild der
Erfüllung. |
Und so weit das Resultat von
der || durch die Rechnung, so weit ist
die Erfüllung durch die Erwartung bestimmt. || … von der Rechnung bestimmt ist, soweit ist die
Erfüllung durch die Erwartung
bestimmt. |
Wir erwarten etwas und handeln nach
der || dieser Erwartung.
Muß die 105 Erwartung eintreffen?
Nein. Warum aber handeln wir nach der
Erwartung? Weil wir dazu getrieben werden, wie dazu,
einem Automobil auszuweichen, uns niederzusetzen, wenn wir
müde sind und aufzuspringen, wenn wir uns auf einen Dorn
gesetzt haben. |
Ich lege meine Hand auf die Herdplatte, fühle
unerträgliche Hitze und ziehe die Hand schnell
zurück: War es nicht möglich,
daß die Hitze der Platte im nächsten
Augenblick aufgehört hätte? konnte ich es
wissen? Und war es nicht möglich,
daß ich gerade durch meine Bewegung mich
einem Schmerz aussetzte? Es ist also in gewissem Sinne keine gute Begründung zu sagen: “Ich zog die Hand zurück, || Ich mußte die Hand zurückziehen, weil die Platte zu heiß war”! – |
Wenn man nun fragte:
Bist Du sicher, daß du es
deswegen getan hast? Würde man da
nicht schwören, daß man es nur deswegen
getan hat? Und ist es nicht doch
Erfahrung? |
“Ich hab' es nicht mehr
(länger) ausgehalten”.
“Ich halte es nicht mehr aus; ich muß die Hand zurückziehen”. Aber worin besteht dieses Zurückziehen, als zu wünschen || als in dem Wunsch die Hand würde sich zurückziehen, während sie sich wirklich zurückzieht? Zieht sie sich nicht zurück, so können wir auch nichts machen. Jedenfalls ist ‘sie zurückziehen wollen’ eine Erfahrung, die wir zwar wünschen können, aber nicht herbeiführen. Denke an die Erfahrung beim Zeichnen eines Quadrats mit seinen Diagonalen durch den Spiegel. |
Wenn ich
sage, die Erfahrung des Wollens könne ich zwar
wünschen, aber nicht herbeiführen, so bin ich da
wieder bei einem, für die Erkenntnistheorie sehr || so charakteristischen Unsinn. Denn in dem Sinne,
in 106 welchem ich überhaupt etwas
herbeiführen kann (etwa Magenschmerzen durch
Überessen), kann ich auch das Wollen
herbeiführen. (In diesem Sinne führe ich
das Schwimmen-Wollen herbei, indem ich in's
tiefe Wasser springe.) Ich wollte wohl sagen:
ich könnte das Wollen nicht wollen; d.h.,
es hat keinen Sinn, vom Wollen-wollen zu sprechen.
Und mein falscher Ausdruck kam daher, daß
man sich das Wollen als ein direktes nicht-kausales
Herbeiführen denken will. Und
dem﹖ || Dieser
Idee liegt wieder eine falsche Analogie
zugrunde, etwa, daß der kausale Nexus
durch eine Reihe von Zahnrädern gebildet wird
(die auslassen kann, wenn der Mechanismus gestört
wird), während der Nexus des Willens etwa dem des Innern
zum Äußern
entspricht, oder dem der Bewegung des physikalischen Körpers
zur Bewegung seiner Erscheinung. || seines
Gesichtsbildes. |
Was ist ein Satz? wodurch ist
dieser Begriff bestimmt? – Wie wird dieses Wort
(“Satz”) in der nicht-philosophischen
Sprache gebraucht? Satz, im Gegensatz
wozu? |
Ich kenne
einen Satz, wenn ich ihn sehe. |
Diese Frage ist fundamental: Wie,
wenn wir eine neue Erfahrung machen, etwa einen neuen
Geschmack oder einen neuen Hautreiz kennen lernen; woher
weiß ich, daß, was
diese Erfahrung beschreibt, ein Satz ist? Oder, warum
soll ich das einen Satz nennen? Wohl || Nun, mit demselben Recht, womit || mit welchem ich von einer neuen
Erfahrung gesprochen habe. Denn Erfahrung und Satz sind
äquivalent. Aber warum habe ich
das Wort Erfahrung gebraucht, im Gegensatz wozu? |
Habe ich denn, was geschehen
ist, schon bis zu einem Grade damit charakterisiert,
daß ich sagte, es sei eine
Erfahrung? Doch offenbar 107 garnicht. Aber es scheint doch, als hätte
ich es schon getan, als hätte ich davon
schon etwas ausgesagt: “daß es
eine Erfahrung sei”. In diesem falschen Schein
liegt unser ganzes Problem. Denn, was vom
Prädikat “Erfahrung” gilt, gilt vom
Prädikat “Satz”. |
Das Wort “Satz” und das Wort
“Erfahrung” haben schon eine bestimmte
Grammatik. |
Das
heißt, ihre Grammatik
muß im Vorhinein
bestimmt sein und hängt nicht von irgend einem künftigen
Ereignis ab. |
Hier
ist auch der Unsinn in der “experimentellen Theorie der
Bedeutung” ausgesprochen. Denn die
Bedeutung ist in der Grammatik festgelegt. |
Wie verhält sich die Grammatik
des Wortes “Satz” zur Grammatik der
Sätze? |
“Satz” ist offenbar die
Überschrift der Grammatik der
Sätze. In einem Sinne aber auch die
Überschrift der Grammatik überhaupt,
also äquivalent den Worten “Grammatik” und
“Sprache”. |
Das ist es auch, was damit gemeint ist,
daß es in der Welt zwar
Überraschungen gibt, aber nicht in der
Grammatik. |
∣ Grenze, die die Grammatik sichtbar
in der Sprache zieht, und Darstellung einer Reise
auf dem Globus einerseits und auf seiner
Projektion in zwei Kreisen in der Ebene anderseits. ∣
108 |
Es
scheint unsere Frage noch zu erschweren, daß
auch die Worte “Welt” und
“Wirklichkeit”
Äquivalente des Wortes
“Satz” sind. |
Aber es ist doch lächerlich,
die Welt, oder die Wirklichkeit, abgrenzen zu wollen.
Wem soll man sie denn entgegenstellen. Und so ist es
mit der Bedeutung des Wortes
“Tatsache”. Aber man gebraucht ja diese Wörter auch nicht als Begriffswörter. |
We are only concerned with what can be
said. Wir haben es nur mit dem zu tun, was gesagt
werden kann. Das heißt:
Zum Glück müssen wir keine Enttäuschungen
eingestehen: es gibt nichts, was wir versuchen, aber nicht
ausführen können. |
Etwas ist ein Satz nur in einer Sprache. |
Wenn ich nun sage: aber die
Sprache kann sich doch ausdehnen, so ist die Antwort:
Gewiß, aber wenn dieses Wort
“ausdehnen” hier einen Sinn hat, so
muß ich jetzt schon wissen, was
ich damit meine, muß angeben können,
wie ich mir so eine Ausdehnung vorstelle. Und was ich
jetzt nicht denken kann, das kann ich jetzt auch nicht
ausdrücken, und auch nicht andeuten. |
Und das Wort
“jetzt” bedeutet hier: “in diesem || dieser Kalkül” || Grammatik”, oder: “wenn die Worte
mit﹖ diesen grammatischen
Regeln gebraucht werden”. |
Hier haben wir dieses bohrende
Problem: wie es möglich ist, an die Existenz von
Dingen auch nur zu denken, wenn wir immer nur Vorstellungen
– ihre Abbilder – sehen. || : wie es
denn möglich ist, auch nur auf
109 den Gedanken der Existenz
von Dingen zu kommen, wenn wir immer nur Vorstellungen
(nie die Dinge selbst)
erhalten. |
Hierher gehört die alte Frage: “wie bin
ich dann aber überhaupt zu diesem Begriff
gekommen?” (etwa zu dem der
außer mir liegenden
Gegenstände). (Es ist ein Glück,
eine solche Frage aus der Entfernung als alte Gedankenbewegung
betrachten zu können; ohne in ihr verstrickt zu sein.)
Zu dieser Frage ist ganz richtig der Nachsatz zu denken:
“ich konnte doch nicht mein eigenes Denken
transzendieren”, “ich konnte
doch nicht sinnvoll das transzendieren, was
für mich Sinn hat”. Es ist das Gefühl,
daß ich nicht auf Schleichwegen
(hinterrücks) dahinkommen kann, etwas zu denken, was zu
denken mir eigentlich verwehrt ist.
Daß es hier keine Schleichwege gibt,
auf denen ich weiter kommen könnte, als auf dem direkten
Weg. |
Wir haben es
natürlich wieder mit einer falschen Analogie zu
tun: Es hat guten Sinn zu sagen “ich
weiß, daß er in
diesem Zimmer ist, weil ich ihn höre, wenn ich auch nicht
hinein gehen und ihn sehen
kann”. |
Wenn ich “es verhält sich so und so” als
allgemeine Satzform gelten lasse, dann muß
ich
2 + 2 = 4
unter die Sätze rechnen, denn es ist grammatisch richtig, zu
sagen: “es verhält sich so,
daß 2 + 2 gleich 4
ist”. Es braucht weitere Regeln, um die Sätze
der Arithmetik auszuschließen.
|
Ist es quasi eine
Verunreinigung des Sinnes, daß wir ihn in
einer bestimmten Sprache, mit ihren Zufälligkeiten,
ausdrücken und nicht gleichsam körperlos und
rein﹖? Nein, denn es ist wesentlich,
daß ich die Idee der
Übersetzung von einer Sprache in die andere
verstehe. |
(Kleist schrieb
einmal, es wäre dem Dichter am liebsten, er 110 könnte die Gedanken an
sich || selbst ohne Worte
übertragen. (Welch seltsames
Eingeständnis.)) |
Spiele ich eigentlich doch nicht das
Schachspiel selbst, da die Figuren ja﹖ auch anders
sein könnten?! |
Da der Sinn eines Satzes ganz in der Sprache
fixiert ist und es auf den Sinn ankommt, so ist jede Sprache gleich
gut. Der Sinn aber ist das, was Sätze, die in
einander übersetzbar sind, gemein haben.
Sätze können aber nur innerhalb ihrer
Sprachen in einander übersetzt werden. Denn, wenn
ich z.B. ein Wort in ein anderes übersetze,
so mache ich eine Regel für alle Verbindungen, in denen das
Wort vorkommt. |
Was
heißt es nun, die Idee der
Übersetzung oder
Übersetzbarkeit verstehen?
|
∣ Hier liegt
übrigens der Unterschied zwischen der philologischen und
der philosophischen Betrachtung. ∣ |
Es kann doch nicht
heißen: jede mögliche
Übersetzung, also alle möglichen
äquivalenten Sprachen, kennen! |
Sondern die
Übersetzungen verhalten sich zur
Sprache, wie die verschiedenen Ansichten oder Projektionen zu einem
Körper, dessen Projektionen es sind. Ist der
Körper gegeben – etwa durch eine Gleichung
bezüglich eines
Koordinatensystems || mit Bezug auf ein Koordinatensystem, so
sind auch seine Gleichungen bezüglich jedes anderen
Koordinatensystems gegeben, da ja das andere Koordinatensystem,
als eines im selben Raum wie das erste, nur durch dieses
beschrieben sein kann. So daß
also die Transformationsregel durch die Beschreibung des zweiten
Koordinatensystems 111
in der Sprache des ersten
bereits gegeben ist. |
“2 + 2
= 4”, “die Rose ist rot”,
etc. Warum soll ich nicht
schreiben:
‘2 + 2 =
4’, ‘die Rose = rot’.
Wenn es mit ‘ist’ geht, dann auch mit
‘ = ’.
Gewiß, aber was die logische Form
charakterisiert, ist gerade die Bestimmung,
daß das Zeichen
‘ = ’ in der zweiten
Verbindung nicht gebraucht werden darf. |
Die Bedeutung des Zeichens
‘ist’ auch ohne
die || diese
Übertragung richtig auffassen,
heißt, im besondern Fall keine falschen
Operationen machen || vorzunehmen; also
z.B. nicht die Worte ‘die
Rose’ für ‘rot’ substituieren.
|
Ein ernster Einwand gegen
das, was ich sage, ist nicht die Frage nach der Erweiterung der
Grammatik, denn was ich unter dieser Erweiterung verstehe,
mußte ich in der unerweiterten Grammatik
wissen. || denn dieses Wort
“Erweiterung” mußte
in || nach der unerweiterten Grammatik seine Bedeutung
haben. Wohl aber könnte man fragen,
ob denn die Grammatik überhaupt abgeschlossen sei; oder,
ob wir sagen können, wir kennen alle Regeln über
die || der Anwendung eines Wortes.
Soll das heißen, daß ich in jedem bestimmten Fall weiß, oder wissen kann, ob das Wort der Regel gemäß, oder nicht, angewendet ist. |
Das ist eine
der vielen Stellen, wo man versucht ist, mehr zu sagen, als klar,
und nötig, ist. Das heißt,
daß man versucht ist, eine Annahme zu
machen. |
Kann man
sagen: “Ich meine etwas mit diesen
Worten”, das heißt, sie sind ein
Teil einer || meiner Rechnung. |
Suchen zum Finden verhält sich
nicht, wie Hunger zur Stillung 112 des Hungers. |
Kann || Soll ich
sagen: Mich interessiert die Sprache nur so weit, als
sie ein Kalkül ist. |
Die grammatischen Regeln gelten nicht “nur für
den luftleeren Raum”. |
Die Philosophie rein
deskriptiv, und zwar beschreibt sie die
Sprache. D.h.: sie gibt keine
Gründe. |
Das
schwierigste Problem scheint der Gegensatz, das
Verhältnis, zu sein zwischen dem Operieren mit der Sprache
in der Zeit || im Lauf der Zeit
und dem momentanen Erfassen des Satzes. |
Aber wann erfassen oder
verstehen wir den Satz?!
Nachdem wir ihn ausgesprochen haben? – Und wenn, während wir ihn aussprechen: ist
das Verstehen ein artikulierter Vorgang, wie das Bilden des Satzes,
oder ein inartikulierter? Und wenn ein
artikulierter: muß er nicht projektiv
mit dem andern verbunden sein? Denn sonst wäre
seine Artikulation von der ersten unabhängig. |
Man könnte fragen:
Wie lange braucht es || man, um einen Satz zu
verstehen. Und wenn man ihn eine Stunde lang
versteht, beginnt man da immer von
frischem? |
∣ Das Läuten der Glocke; das Zeichen,
daß etwas gefunden wurde. ∣
|
The bridge
can only be crossed when we get there, not
before. 113 (Gemeint ist die Brücke
zwischen Zeichen und Realität.) |
Ist das Verstehen nicht das Erfassen des
Satzes, so kann es auch nach diesem (und warum nicht auch
vorher) vor sich gehen. |
Das Verstehen ist, wie es meistens
aufgefaßt wird, ein vager
Vorgang – uns interessiert nur, was exakt ist. Aber
nicht, weil uns nur das “Ideal” einer Sprache
interessiert, “der || dem sich die Wirklichkeit
nur nähert”, sondern weil wir nur so das fassen
können, was in jeder Sprache ausgedrückt ist.
|
Aber was sagte ich damit
“daß mich nur Exaktes
interessiert”? Was ist denn das Unexakte? Was ist das Vage, das ich ausschließe? |
Warum sage ich: die
Gefühle, Stimmungen, etc. die einen Satz
begleiten, oder ihm folgen, oder vorhergehen, interessieren
mich nicht? Weil es nur die symbolische Struktur ist, die mich interessiert. |
Besteht das Vage nicht darin,
daß es nicht zum Symbol
gehört, so und anders sein kann, auch wenn das Symbol das
gleiche ist? Nein, es ist noch etwas anderes: Quasi, daß es nur meine Aufgabe ist, etwas klar zu sagen und nichts anzudeuten. |
Soll ich sagen: die
Exaktheit besteht darin, daß uns, was
zweifelhaft ist, nicht angeht? |
Frege
über die psychologische Logik. Seine Bemerkungen
beziehen sich alle auf die Inexaktheit der
psychologischen Betrachtung im Gegensatz zur logischen.
114 |
Kann
ich sagen, mich || uns interessiert nur der
Inhalt des Satzes? Und der Inhalt des
Satzes ist in ihm. |
Seinen Inhalt hat der Satz als Glied des Kalküls.
|
Ist also “einen
Satz verstehen” von der gleichen Art, wie “einen
Kalkül beherrschen”? Also
wie: multiplizieren können? Das glaube
ich. |
Denn ist
nicht die Probe auf das Verstehen immer ein
Weitergehen von dem Satz
aus?! |
Und
es muß heißen auf
die Frage “was heißt ‘einen
Satz verstehen’”: Was ist die
Probe des Verstehens? |
Bei der Frage nach der allgemeinen Satzform bedenken wir,
daß die gewöhnliche Sprache zwar
einen bestimmten Satzrhythmus hat, aber nicht alles,
was diesen Rhythmus hat, ein Satz ist.
D.h. wie ein Satz klingt und keiner ist. – Daher die Idee vom sinnvollen und unsinnigen ‘Satz’. |
Anderseits ist dieser
Rhythmus aber natürlich nicht wesentlich.
Der Ausdruck “Zucker Tisch”
klingt nicht wie ein Satz, kann aber doch sehr wohl
den Satz “auf dem Tisch liegt Zucker”
ersetzen. Und zwar nicht etwa so,
daß wir uns etwas Fehlendes hinzudenken
müßten, sondern, es kommt wieder nur
auf das System an, dem der Ausdruck “Zucker
Tisch” angehört. |
Es fragt sich also, ob wir
außer diesem irreführenden Satzklang
noch einen allgemeinen Begriff vom Satz haben. (Ich rede
jetzt von dem, was durch ‘ & ’,
‘ ⌵ ’,
‘ ⊃ ’,
zusammengehalten wird.) 115 |
Wovon unterscheide ich denn einen Satz?
Oder, wovon will ich ihn denn unterscheiden? Von
Satzteilen in seinem grammatischen System (wie die Gleichung
vom Gleichheitszeichen), oder was wir nicht Satz nennen, also
diesem Sessel, meiner Uhr, etc.
etc.? Denn,
daß es Schrift- oder
Lautbilder gibt, die Sätzen besonders ähnlich sind,
braucht uns eigentlich nicht zu kümmern. |
Oder wir müssen sagen:
Vom Satzbegriff || Satz kann nur
in einem grammatischen System || innerhalb eines grammatischen Systems gesprochen
werden. || … kann nur
in der Erklärung eines grammatischen Systems die Rede
sein. |
Es geht mit dem Wort “Satz” wie mit dem
Wort “Gegenstand” und andern: Nur
auf eine beschränkte Sphäre angewandt sind sie zulässig
und dort sind sie natürlich. Soll die Sphäre
ausgedehnt werden, damit der Begriff ein philosophischer wird, so
verflüchtigt sich die Bedeutung der Worte und es sind leere
Schatten. Wir müssen sie dort aufgeben und wieder in
den engen Grenzen benützen. |
Nun möchte man aber sagen:
“Satz ist alles, womit ich etwas
meine”. Und gefragt “was
heißt das, ‘etwas’
meinen”,
müßte || würde ich
Beispiele anführen. Nun haben diese Beispiele
zwar ihren Bereich, auf den sie ausgedehnt werden
können, aber weiter führen sie mich doch
nicht. Wie ich ja in der Logik nicht ins Blaue
verallgemeinern kann. Hier handelt es sich aber nicht um
Typen, sondern, darum, daß die
Verallgemeinerung selbst etwas Bestimmtes
ist; nämlich ein Zeichen mit vorausbestimmten grammatischen
Regeln. D.h.,
daß die Unbestimmtheit der Allgemeinheit
keine logische Unbestimmtheit ist. So als
hätten wir nun nicht nur Freiheit im logischen Raum,
sondern auch Freiheit, diesen Raum zu erweitern, oder zu
verändern. |
Also nicht nur Bewegungsfreiheit, sondern eine Unbestimmtheit
der 116 Geometrie. |
Über sich selbst führt uns
kein Zeichen hinaus; und auch kein Argument. |
Wenn wir sagen, Satz ist jedes
Zeichen, womit wir etwas meinen, so könnte man fragen:
was meinen wir, und wann meinen wir es?
Während wir das Zeichen geben?
u.s.w.,
u.s.w.. Und da wird es wieder klar, daß dieses Meinen, wenn es relevant sein soll, zum Vorgang des Symbols gehören muß. Es sei denn, daß unter dem ‘Meinen’ ein Vorgang verstanden würde, der durch seine psychologische oder physiologische Art für uns besondere Bedeutung hätte. Es könnte z.B. sein, daß wir erst dann von einem Befehl sagen, er habe für uns Sinn, wenn er gewisse Muskelkontraktionen in uns hervorruft, oder auch, wenn wir ihn in eine Sprache von Muskelkontraktionen übersetzt hätten. Es wäre, als würde man sagen: Der Satz hat Sinn, wenn er Bedeutung für's Leben gewinnt. |
Wenn ich frage “was ist die
allgemeine Form des Satzes”, so kann die Gegenfrage
lauten: “haben wir denn einen allgemeinen
Begriff vom Satz, den wir nun || nur exakt fassen
wollen?” – So wie: Haben wir
einen allgemeinen Begriff von der Wirklichkeit? |
Die Frage kann auch
lauten: Was geschieht, wenn ein neuer Satz in die
Sprache aufgenommen wird: Was ist das Kriterium
dafür, daß er ein Satz ist?
oder, wenn das Aufnehmen in die Sprache ihn zum Satz stempelt,
worin besteht diese Aufnahme? Oder: was ist
Sprache? |
Da
scheint es nun offenbar, daß man das
Zeichengeben von anderen Tätigkeiten
unterscheidet. Ein Mensch schläft, 117 ißt, trinkt,
gibt Zeichen, etc. |
Zeichengeben = sich einer Sprache
bedienen. |
In der
Grammatik wird also das Wort “Sprache” nicht
vorkommen. |
‘Sprache’ im Gegensatz zu Sport, ja, –
aber damit hat ja die Grammatik nichts zu
tun. |
Wenn man
sagte: Sprache ist alles, womit man sich verständigen
kann, so muß || müßte man
fragen: Aber worin besteht es, ‘sich
verständigen’? Ich könnte als Antwort darauf einen realen oder fiktiven Fall einer Verständigung von Menschen oder andern Lebewesen beschreiben. In dieser Beschreibung werden dann fingierte kausale Verbindungen eine Rolle spielen. Aber wenn der Begriff Sprache durch solche bestimmt ist, so interessiert er uns nicht. Aber abgesehen von jenen empirischen Regelmäßigkeiten der Ereignisse haben wir dann nur noch einen willkürlichen || beliebigen Kalkül. – Aber worin besteht denn das Wesentliche eines Kalküls? |
‘Sprache’ und
‘Lebewesen’. Der Begriff des Lebewesens
hat die gleiche Unbestimmtheit wie der der Sprache. || … ist so unbestimmt wie der
der Sprache. |
“Ist dieser Satz nicht
vielleicht ein logisches Produkt mehrerer
Sätze?” Wie würde sich das
ergeben? |
Wir
halten uns an die Worte. |
Wenn wir eine Erklärung, etwa des logischen Folgens,
lesen, so halten wir uns an das, was er
schreibt. Wir halten uns an die Worte; an 118 die Zeichen. |
Die Unendlichkeit ist keine
Größe, schaut aber aus wie eine
Größe. (Das ist unsere
Schwierigkeit.) |
Alles was ich in der Sprache tun kann, ist etwas sagen: das eine sagen. (Das eine sagen im Raume dessen, was ich hätte sagen können.) |
Wenn ein Satz nicht eine
mögliche Bindung unter anderen wäre, so hätte er
keine Funktion. D.h.: Wenn ein Satz nicht das Ergebnis einer Entscheidung wäre, hätte er nichts zu sagen. |
Der Beweis der
Widerspruchsfreiheit der Axiome,
von dem die Mathematiker heute soviel Aufsehens
machen. Ich habe das Gefühl: wenn in den
Axiomen eines Systems ein Widerspruch wäre, so wäre das
garnicht so ein
großes Unglück. Nichts
leichter, als ihn zu beseitigen. |
Wir sagen: für uns gibt es nicht
wesentlich äußere und innere
Vorgänge. (Jeder Vorgang ist in gewissem Sinne ein
äußerer Vorgang.)
Wir werden das Denken untersuchen von dem Standpunkt aus, daß es auch von einer Maschine ausgeführt werden könnte. Aber hier befinden wir uns in einer gänzlich falschen Betrachtungsweise. Wir sehen das Denken für einen Vorgang wie das Schreiben an, oder das Weben, als wäre es das Erzeugen eines Produkts, des Gedankens, wie das Weben, das Erzeugen eines Stoffes, etc.. Und dann läßt sich natürlich sagen, daß dieser Vorgang der Erzeugung sich im wesentlichen auch maschinell muß denken lassen. Aber hier ist unsere Auffassung ganz falsch. Das Denken interessiert uns nur, 119 sofern es uns unmittelbar
bewußt, gegeben, ist. Es ist ein
Vorgang nur im unmittelbar Gegebenen. Von einem Produkt und Etwas, das es hervorbringt, ist für uns überhaupt keine Rede. |
Schon die Bezeichnung ‘Tätigkeit’
für's Denken ist in einer Weise
irreführend. Wir sagen: das Reden ist eine
Tätigkeit unseres Mundes. Denn wir sehen dabei
unseren Mund sich bewegen und fühlen es, etc.
In demselben || diesem Sinne kann man nicht sagen,
das Denken sei eine Tätigkeit unseres Gehirns.
Und kann man sagen, das Denken sei eine Tätigkeit des Mundes oder des Kehlkopfs oder der Hände (etwa, wenn wir schreibend denken)? Zu sagen, Denken sei eben eine Tätigkeit des Geistes, wie Sprechen des Mundes, ist eine Travestie (der Wahrheit). Wir gebrauchen eben ein Bild, wenn wir von der Tätigkeit des Geistes reden. |
Das Denken ist nicht mit der Tätigkeit eines Mechanismus
zu vergleichen, die wir von außen
sehen || der wir von außen
zuschauen deren Inneres wir aber sehen
müßten || müssen um sie zu
verstehen. || Das Denken ist nicht die Tätigkeit eines Mechanismus, der wir von außen zusehen, deren Inneres aber erforscht werden muß. || Das Denken ist nicht mit der Tätigkeit eines Mechanismus zu vergleichen, den wir von außen sehen, in dessen Inneres wir aber erst dringen müssen. |
Denn, was uns am Denken nicht
bewußt wäre, gehörte nicht dazu.
|
Im Denken wird nicht etwas in einem abgeschlossenen Raum
verdaut. 120 |
Das
Denken ist ganz dem Zeichnen von Bildern zu
vergleichen. Man kann aber auch sagen: Das Denken ist (wesentlich) mit keinem Vorgang zu vergleichen und was wie ein Vergleichsobjekt scheint, ist in Wirklichkeit ein Beispiel. |
Der
Vorgang der Übersetzung –
etwa des Spielens nach Noten – wird durch die
Worte beschrieben: er, der
Übersetzende, richtet sich nach den
Noten. Ist das nun die eigentliche, rein sachliche Beschreibung des Vorgangs, oder ist in sie schon ein Bild (Gleichnis) hineingetragen (gleichsam ein Anthropomorphismus)? |
‘Er richtet nach den Noten’
heißt vor allem nicht,
daß er “richtig”
spielt. Wohl aber beschreibt es seine Absicht.
|
Zu sagen
“Er hat die Absicht dieses Stück zu
spielen” (wobei man auf die Noten zeigt)
hat gar keinen Sinn, wenn nicht eine Projektionsregel
vorausgesetzt ist. Denn sonst ist jede Folge von Tönen
oder keine dieses Stück. |
Wer liest, macht das, was
er abliest, abhängig von dem, was da steht.
Aber die Abhängigkeit kann nur durch eine Regel
ausgedrückt werden. |
Was hätte übrigens eine || die
allgemeine Regel überhaupt auszudrücken, wenn das
nicht || nicht das? |
Soweit er, was er tut, nicht von dem
abhängig macht, was da steht,
(soweit﹖) 121 liest er nicht; wenn auch das, was da
steht, ihn zu dem veranlaßt, was er
tut. |
Der Vorsatz
muß so sein, daß
sein Ausdruck es möglich macht, zu überprüfen,
ob er ausgeführt wurde || … ob die
Absicht erreicht wurde. Es muß sich also die richtige Ausführung aus der Vorlage und dem Ausdruck des Vorsatzes ableiten (quasi berechnen) lassen. |
Wenn ich etwas beschreibe, so muß ich die
Beschreibung von dem zu
Beschreibenden herunterlesen. |
Wenn man sagt, die Sinnesdaten seien
“privat”, niemand anderer könne meine
Sinnesdaten sehen, hören fühlen, und meint damit nicht
eine Tatsache unserer Erfahrung, so
müßte das ein philosophischer Satz
sein. Den gibt es aber nicht, und was gemeint ist,
drückt sich darin aus, daß eine
Person in die Beschreibung von Sinnesdaten nicht eintritt.
|
Denn, kann ein Anderer meine
Zahnschmerzen nicht haben, so kann ich sie – in
diesem Sinne – auch nicht haben. |
In dem Sinne, in welchem es nicht erlaubt ist
zu sagen, der Andere habe diese Schmerzen, ist es auch nicht
erlaubt zu sagen, ich habe || hätte sie.
|
Was wesentlich privat ist,
oder scheint, hat keinen Besitzer. |
Was soll, es
heißen: er hat diese
Schmerzen? außer, er hat
solche Schmerzen:
d.h., von solcher Stärke, Art,
etc.. Aber nur in dem Sinn kann auch
ich “diese Schmerzen”
haben. 122 |
Das
heißt, die
Subjekt-Objekt Form ist darauf nicht
anwendbar. Die Subjekt-Objekt Form bezieht sich auf den Leib und die Dinge um ihn, die auf ihn wirken. |
Es scheint ein Einwand gegen die Beschreibung
des unmittelbar Erfahrenen zu sein: “für wen
beschreibe ich's?” Aber wie, wenn ich
es abzeichne? Und die Beschreibung
muß immer ein Nachzeichnen sein.
Und soweit eine Person für das Verstehen in Betracht kommt, steht die Meine und die des Anderen auf einer Stufe. Es ist doch hier ebenso wie mit den Zahnschmerzen. Beschreiben ist nachbilden, und ich muß nicht notwendigerweise für irgendjemand nachbilden. |
Wenn ich mich mit der Sprache dem
Andern verständlich mache, so muß es
sich hier um ein Verstehen im Sinne des Behaviourism
handeln. Daß er mich
verstanden hat, ist eine Hypothese, wie,
daß ich ihn verstanden habe.
|
In der
nicht-hypothetischen Beschreibung des Gesehenen,
Gehörten – diese Wörter bezeichnen
hier grammatische Formen – tritt das Ich nicht auf, es
ist hier von Subjekt und Objekt nicht die Rede. |
“Für wen würde
ich meine unmittelbare Erfahrung beschreiben? Nicht
für mich, denn ich habe sie ja; und nicht für jemand andern,
denn der könnte sie nie aus der Beschreibung
entnehmen?” – Er kann sie soviel und so
wenig aus der Beschreibung entnehmen, wie aus einem gemalten
Bild. Die Vereinbarungen über die Sprache sind
doch mit Hilfe von gemalten Bildern (oder was diesem
gleichkommt) getroffen worden. Und,
unserer gewöhnlichen Ausdrucksweise nach,
entnimmt er doch aus
einem gemalten Bild 123 etwas. Und, zu fragen, ob
er dasselbe entnimmt, was wir sehen, ist ja Unsinn; ebensolcher
Unsinn, wie die Frage, ob mich mein Gedächtnis nicht
täuscht, wenn es mir sagt, daß
das die Farbe ist, die ich vor
einer Minute in diesem Bild gesehen
habe. |
Es ist eben
irreführend, zu sagen “das Gedächtnis sagt mir,
daß dies dieselbe Farbe ist
etc.” Sofern es mir etwas sagt, kann es
mich auch täuschen (d.h. etwas
Falsches sagen). Wenn ich die unmittelbar gegebene Vergangenheit beschreibe, so beschreibe ich mein Gedächtnis, und nicht etwas, was dieses Gedächtnis anzeigt. (Wofür dieses Gedächtnis ein Symptom wäre.) |
Und
“Gedächtnis” bezeichnet hier –
wie früher “Gesicht” und
“Gehör” – auch nicht ein psychisches
Vermögen, sondern einen bestimmten Teil der logischen Struktur
unserer Welt. |
Handelt die Mathematik von Zeichen || Schriftzeichen?
Ebensowenig, wie das Schachspiel von
Holzfiguren handelt. Wenn wir von dem Sinn mathematischer Sätze reden, oder, wovon sie handeln, so gebrauchen wir ein falsches Bild. Es ist nämlich hier auch so, als ob unwesentliche, willkürliche, Zeichen das Wesentliche – eben den Sinn – miteinander gemein hätten || gemeinsam haben. |
Weil die Mathematik ein
Kalkül ist und daher wesentlich von
nichts handelt, gibt es keine Metamathematik. |
Man kann nur immer Unwesentliches
ausdrücken. Wenn ich z.B. die Philosophie mit dem Satz beginnen wollte, daß wir eine Sprache zur Darstellung der Tatsachen gebrauchen, so wäre dies wieder unwesentlich, das Wesentliche aber, daß eine solche Sprache 124 gebraucht werden
kann, kann nicht gesagt werden. |
Irgendetwas sagt
mir: eigentlich dürfte ein Widerspruch in den Axiomen
eines Systems nicht schaden, als bis er offenbar wird. Man
denkt sich einen versteckten Widerspruch wie eine versteckte
Krankheit, die schadet,¤ obwohl (und vielleicht gerade
deshalb weil) sie sich uns nicht deutlich zeigt. Zwei
Spielregeln aber, die einander für einen bestimmten Fall
widersprechen, sind vollkommen in Ordnung, bis dieser Fall
eintritt und dann erst wird es
nötig, durch eine weitere Regel zwischen ihnen zu
entscheiden. |
Auch
die Logik ist keine Mathematik, d.h. auch
Operationen des logischen
Kalküls || das Arbeiten mit dem logischen
Kalkül können || kann keine
wesentlichen Wahrheiten über die Mathematik
zu Tage fördern. Siehe
hierzu das “Entscheidungsproblem” und
ähnliches in der modernen mathematischen Logik. |
∣ Der Denker
gleicht sehr dem
Zeichner. Der alle Zusammenhänge
nachzeichnen will. ∣ |
Laß die Grammatik,
wie sie ist. |
Aber
wie ist es: Ich gehe diesen Weg, um dorthin zu kommen;
ich drehe den Hahn auf, um Wasser zu erhalten, ich winke, damit
jemand zu mir kommt, und endlich teile ich ihm meinen Wunsch
mit, damit er ihn erfüllt! |
Aber was geht vor sich, wenn ich den Hahn
aufdrehe, damit Wasser
herausfließt? Was geschieht ist,
daß ich den Hahn aufdrehe, und
daß dann Wasser herauskommt, oder
nicht. Was geschieht, ist also,
daß ¤ 125 ich den Hahn aufdrehe. –
Was auf das Wort “damit” folgt, die Absicht,
ist darin nicht enthalten. Ist sie vorhanden, so
muß sie ausgedrückt sein und sie kann
nur dann bereits durch das Aufdrehen des Hahnes
ausgedrückt sein, wenn es || das Teil einer
Sprache ist. |
Ich
suche meinen Bleistift; dann ist in den Bewegungen des
Suchens die Absicht des Suchens nicht
ausgedrückt. |
Es gibt jedenfalls eine bestimmte Erfahrung: jemandem etwas
mitteilen wollen. Beschränkt man die
Bedeutung des Worts “Sprache” auf
diese Mitteilung, so ist es vielleicht klar
abgegrenzt, anderseits || sonst
aber sieht man hier die Unbestimmtheit im Begriff
‘Sprache’. |
Wenn ich etwas suche, so ist es
wesentlich, daß ich das Finden ebenso
ausführlich muß beschreiben können
(ob es (je so)
eintritt oder nicht) ehe der Gegenstand gefunden ist.
Nun wende das auf das Suchen der Lösung einer
mathematischen Aufgabe an. |
Eine der gefährlichsten Ideen ist,
merkwürdigerweise, daß wir mit dem
Kopf, oder im Kopf, denken. |
Die Idee von einem Vorgang im Kopf, in dem gänzlich
abgeschlossenen Raum, gibt dem Denken etwas
Okkultes. |
∣ Es wird oft gesagt, daß die neue
Religion die Götter der alten zu Teufeln stempelt.
Aber in Wirklichkeit sind diese (dann) wohl
schon zu Teufeln geworden. ∣ |
Aber warum zerbreche ich mir über den
Begriff ‘Sprache’ den Kopf, statt Sprache zu
gebrauchen?! 126 Dieses Kopfzerbrechen ist nur dann berechtigt, wenn wir einen allgemeinen Begriff haben. |
“Diese Gegend macht mich
melancholisch”. Woher
weißt Du, daß es
die Gegend ist? Ist das eine Hypothese – wie Du auch
nur
glaubst, daß es jene Speise
war, die die Magenschmerzen verursachte, oder gehört es
zur unmittelbaren Erfahrung. Wäre es also
widerlegt, wenn Du, in eine andere Gegend versetzt,
melancholisch bliebest; oder ist es nicht durch eine künftige
Erfahrung zu widerlegen, da es die Beschreibung der
gegenwärtigen ist? Ja, wie bist Du auf den Gedanken gekommen, daß es die Gegend ist, die diese Stimmung hervorruft? Oder handelt es sich eben gar nicht um einen durch sie hervorgerufenen Zustand meiner Person, sondern, etwa, darum, daß das Bild der Gegend melancholisch ist? (Dies hängt unmittelbar zusammen mit dem Problem: Motiv und Ursache.) “Das ist ein furchtbarer Anblick”. – “Wie weißt Du, daß er furchtbar ist?” “Ich zittere, weil ich ihn sehe”. Das kannst Du nicht wissen. Vielleicht hättest Du auch sonst gezittert. Wie hängt die Furcht mit dem Anblick zusammen? oder mit der furchtbaren Vorstellung? Oder soll ich etwa sagen: “sich vor dieser Vorstellung fürchten” heißt, sie haben und sich fürchten? Wenn man nun aber mehrere Vorstellungen hat, während man sich fürchtet (mehreres sieht oder hört), ist da ein Zweifel darüber, was das Furchtbare ist? Oder weiß man es eben aus Erfahrung, wovor (von allen diesen Sachen) man sich fürchtet? Kann man anderseits nicht Anblick und Furcht trennen, also sagen, daß der “Anblick an sich” nicht furchtbar ist? – Ich möchte auch sagen “das Fürchten ist eine Beschäftigung mit dem Anblick”. Kann ich sagen: es sei ein sehr komplizierter Vorgang, in welchen die Vorstellung an charakteristischen Stellen eintritt? 127 Denken wir an ein furchtbares Antlitz. Welche Rolle spielt der Anblick im Vorgang der Furcht. |
Ich will
sagen: die Furcht begleitet nicht den
Anblick. Sondern das Furchtbare und die Furcht haben
die Struktur des Gesichtes. Denken wir,
daß wir den Zügen eines
Gesichts mit den Augen in Aufregung folgen.
Sie gleichsam zitternd nachfahren. So
daß die Schwingungen der Furcht den Linien
des Gesichts superponiert wären. |
Die Musik scheint manchem eine primitive Kunst
zu sein, mit ihren wenigen Tönen und
Rhythmen. Aber einfach ist nur
ihre Oberfläche || ihr
Vordergrund, während der Körper, der die
Deutung dieses manifesten Inhalts
ermöglicht, die ganze unendliche Komplexität
besitzt, die wir in dem
Äußeren
der anderen Künste angedeutet finden und die
Musik verschweigt. Sie ist in gewissem
Sinne die raffinierteste aller Künste. |
Kein Kalkül kann ein
philosophisches Problem entscheiden. Der Kalkül kann uns nicht prinzipielle Aufschlüsse über die Mathematik geben. |
Es kann daher || darum
auch keine “führenden Probleme” der
mathematischen Logik geben, denn das wären solche,
deren Lösung uns endlich berechtigen würde || das Recht geben würde
Arithmetik zu treiben, wie wir es tun. 128 |
Und
dazu können wir nicht auf den Glücksfall der
Lösung eines mathematischen Problems warten. |
Das Verständnis eines
Satzes kann nur die Bedingung dafür sein,
daß wir ihn anwenden können.
D.h., es kann nichts sein, als
diese || die Bedingung und es
muß die Bedingung der Anwendung sein.
|
Alles, was zum
Verständnis des Symbols nötig ist, enthält es und
was es nicht enthält, ist für die Sache überhaupt
belanglos. Also muß die Kenntnis des Symbols nicht nur ausreichend sein, sondern keine Kenntnis außerdem auch nur eine Hilfe; sondern – wie gesagt – ganz belanglos. |
Das Verständnis eines
Befehls kann nur die Bedingung dessen sein,
daß ich ihn ausführen kann.
Nicht mehr und nicht weniger. Wenn mir das Verstehen des Befehles bei der Ausführung nicht hilft, dann interessiert es mich überhaupt nicht. |
Einen Satz verstehen,
heißt, eine Sprache verstehen. |
Von einem Verständnis, das
herbeizuführen wir wesentlich kein Mittel haben, können
wir nicht reden. |
Der Philosoph trachtet das erlösende Wort zu finden, das
ist das Wort, das uns endlich erlaubt, das zu fassen, was bis jetzt
immer ungreifbar unser Bewußtsein
belastet hat. |
Kein
psychologischer Vorgang kann besser symbolisieren, als Zeichen, die
auf dem Papier stehen. Der psychologische Vorgang kann auch nicht mehr leisten, als 129 die
Schriftzeichen
auf dem Papier. Denn immer wieder ist man in der﹖ Versuchung, einen symbolischen Vorgang durch einen besonderen psychischen Vorgang erklären zu wollen, als ob die Psyche in dieser Sache viel mehr tun könnte, als das Zeichen. |
Es mißleitet uns da
die falsche Analogie mit einem Mechanismus, der mit anderen
Mitteln arbeitet, und daher besondere Bewegungen || eine
besondere Bewegung erklären kann. Wie
wenn wir sagen: diese Bewegung kann nicht durch den
Eingriff von Zahnrädern allein erklärt
werden. |
Hierher
gehört irgendwie: daß es nicht
selbstverständlich ist, daß sich das
Zeichen durch seine Erklärung ersetzen
läßt. Sondern eine
merkwürdige, wichtige Einsicht in das Wesen dieser
(Art von) Erklärung. |
Die Beschreibung des Psychischen
müßte sich ja doch wieder als Symbol
verwenden lassen. |
Wenn wir die Disposition, ein Zeichen “a a d d d c b
a” mittels der Regel
|
Das heißt, diese
Disposition unterscheidet sich etwa von der, den Satz nach
|
Im speziellen Fall kommt
natürlich die Regel nicht mit Betonung ihrer Allgemeinheit
vor, wie in f(a) nicht
f(x) als etwas Allgemeines
vorkommt. |
Wenn ich nun wie oben übertrage, so liegt die Art der
Übertragung in der Art, wie ich zu
dem Resultat der Übertragung gekommen
bin. Es ist ja unleugbar, daß
ich auf verschiedene Weisen von 1, 2, 3, 4 zu 1, 4, 9, 16 kommen
kann und mehr kann ich nicht behaupten. Wenn ich nun einen Sachverhalt in Worten beschreibe, etwa die Gestalt und Farbe eines Flecks, so schaue ich allerdings dazu auf keine Übertragungsregel || Rechnungsregel, wohl aber erhalte ich doch die Worte der Beschreibung in einer ganz bestimmten Weise, verschieden von der, einfach irgendwelche Laute auszustoßen, oder auch, mich auf assoziativem Wege zu solchen Lauten führen zu lassen. Beschreibe ich z.B. einen Fleck mit gewissen Worten, so ist es ja denkbar, daß ich dazu Worte gebrauche, die ich noch nie gehört und nie gebraucht habe. Es wäre wenigstens der Fall denkbar, daß meine Umgebung (die etwa ständig bei mir wäre) diese Worte nie gehört hat und mich (also﹖) auch nicht versteht; daß ich mir aber (wie sich die Leute ausdrücken würden) einbilde, die Dinge hießen so. Dann habe ich eben damit eine Sprache erfunden. Denn wie ich es verstehe, heißen die Dinge so, wenn ich mir einbilde, daß sie so heißen. |
Einen Satz verstehen,
heißt, eine Sprache verstehen; einen Satz
sprechen, heißt eine Sprache
sprechen. |
Es ist
eben ein Unterschied, ob ich, von dem einen Zeichen
irgendwie 131
beeinflußt, das andere hinschreibe, oder es
von dem ersten || anderen
ablese. Und die kausale Beeinflussung ist ja kein bewußter Vorgang. Wenn ich mich aber nun ärgere, weil jemand zur Türe hereinkommt, kann ich mich hier im Nexus irren, oder erlebe ich ihn wie den Ärger? In einem gewissen Sinne kann ich mich irren, denn ich kann mir sagen “ich weiß nicht, warum mich sein Kommen heute so﹖ ärgert”. Das heißt, über die Ursache meines Ärgers läßt sich streiten. – Anderseits nicht darüber, daß der Gedanke an sein Kommen – wie man sagt – unlustbetont ist. Wie aber in dem Fall: Ich sehe den Menschen und der Haß gegen ihn steigt bei seinem Anblick in mir gegen ihn auf. – Könnte man fragen: wie weiß ich, daß ich ihn hasse, daß er die Ursache meines Hasses ist. Und wie weiß ich, daß sein Anblick diesen Haß neu erweckt? Auf die erste Frage: –‘ich hasse ihn’ heißt nicht ‘ich hasse und er ist die Ursache meines Hasses’. Sondern er, beziehungsweise sein Gesichtsbild – etc. – kommt in meinem Haß vor, ist ein Bestandteil meines Hasses. (Auch hier tut's die Vertretung nicht, denn was garantiert mir dafür, daß das Vertretene existiert.) Im zweiten Fall kommt﹖ eben unmittelbar die Erscheinung des Menschen in meinem Haß vor﹖, oder, wenn nicht, dann ist seine Erscheinung wirklich nur die hypothetische Ursache meines Gefühls und ich kann mich darin irren, daß sie es ist, die das Gefühl hervorruft. |
Ganz ebenso muß es sich auch mit dem
Handeln nach einem Zeichenausdruck verhalten.
Der Zeichenausdruck muß in diesem Vorgang
involviert sein, während er nicht involviert ist, wenn er
bloß die Ursache meines
Handelns ist. |
Und
so ist es auch: aus ihm leite ich mein Handeln ab. |
Wenn ich nun sage, ich leite
mein Handeln aus || von dem Zeichenausdruck
132 auf eine gewisse
Weise ab, so kann diese Weise im tatsächlichen
Vorgang nur so enthalten sein, wie eben eine Funktion
f(x) in
f(a). |
Wenn der Satz “ich hasse
ihn” so aufgefaßt wird: ich
hasse und er ist die Ursache; dann ist die Frage möglich
“bist Du sicher, daß Du
ihn haßt, ist es nicht
vielleicht ein Anderer oder etwas Anderes” und das ist
offenbarer Unsinn. |
Übrigens ist der einzige Beweis,
daß eine Analyse falsch ist,
daß sie zu offenbarem Unsinn führt;
d.h. zu einem Ausdruck, der offenbar gegen
die Grammatik verstößt, die der normalen
Anwendung entspricht. |
Wenn ich an ihn denke: welche Bedingungen müssen
erfüllt sein, daß das der Fall
ist? Welche nicht-hypothetischen
Bedingungen? Wenn ich ihn –
z.B. – erwarte:
muß er jetzt existieren,
muß ich ein Erinnerungsbild seiner
Person haben? Muß ich ihn einmal
gesehen haben? Und in welchem Sinne?
Was immer nicht der Fall sein muß,
schalten wir aus, und was der Fall sein
muß, macht die Existenz des Gedankens
aus. |
Wenn ich eine
Lautreihe hervorbringe und nun sage, ich habe diesen Satz
gelesen, so kann kein Zweifel darüber bestehen, ob ich wirklich
diesen Satz gelesen habe, oder ob meine Lautreihe anderswie verursacht
wurde. D.h.,
daß ich diesen Satz gelesen habe, sagt gar
nichts über die Ursache der Entstehung der Lautreihe
aus. |
Es kann nie
essentiell für uns sein, daß ein
Phänomen in der Seele sich abspielt und nicht auf dem Papier,
für den Andern sichtbar. |
Man kann sagen, daß,
ob ich lese oder nur Laute hervorbringe, 133 während ein Text vor meinen
Augen ist, sich nicht durch die Beobachtung von
außen entscheiden
läßt. Aber das Lesen kann
nicht wesentlich eine innere Angelegenheit
sein. Das Ableiten der
Übersetzung vom Zeichen, wenn es
überhaupt ein Vorgang ist, muß auch ein
sichtbarer Vorgang sein können. Man
muß also z.B. auch den
Vorgang dafür nehmen || ansehen können, der
sich auf dem Papier abspielt, wenn die Glieder der Reihe 1, 4, 9,
16 (als Übersetzung von 1, 2, 3,
4) durch die Gleichungen 1 × 1 = 1,
2 × 2
= 4,
3 × 3 =
9 etc. ausgerechnet erscheinen.
Schriebe er aber nun:
|
Man
könnte natürlich ebensogut schreiben
|
Das Gefühl, welches man bei jeder solchen
Darstellung hat, daß sie roh
(unbeholfen) ist, leitet irre, denn wir sind versucht, nach
einer “besseren” Darstellung zu suchen.
Die gibt es aber gar nicht. Eine ist so gut wie die
andere, solange die Multiplizität die richtige ist;
d.h., solange jedem Unterschied im
Dargestellten ein Unterschied in der Darstellung
entspricht. |
Und
nun kann aber auch der Gedanke als psychischer
Prozeß nicht 134 mehr tun, als dieses
“rohe” Zeichen. |
Man kann nicht fragen: Welcher Art
sind die geistigen Vorgänge, daß sie
wahr und falsch sein können, was die
außergeistigen nicht können.
Denn, wenn es die “geistigen” können, so
müssen's auch die anderen
können; und umgekehrt. Denn, können es die seelischen || geistigen Vorgänge, so muß es auch ihre Beschreibung können. Denn in ihrer Beschreibung muß es sich zeigen, wie es möglich ist. |
Wenn man
sagt, der Gedanke sei eine seelische Tätigkeit, oder eine
Tätigkeit des Geistes, so denkt man an den Geist als an ein
trübes, gasförmiges Wesen, in dem manches
geschehen kann, das außerhalb nicht
geschehen kann. Und von dem man manches erwarten
kann || muß,
das sonst nicht möglich ist. Es handelt gleichsam die Lehre vom Gedanken vom organischen Teil, im Gegensatz zum anorganischen des Zeichens. Es ist gleichsam der Gedanke der organische Teil des Symbols, das Zeichen der anorganische. Und jener organische Teil kann Dinge leisten, die der anorganische nicht könnte. Als geschähe hinter dem Ausdruck noch etwas Wesentliches, was sich nicht ausdrücken läßt || nicht durch den Ausdruck ersetzen läßt – auf das || worauf sich etwa nur hinweisen läßt – was in dieser Wolke (dem Geist) geschieht und den Gedanken erst zum Gedanken macht. Wir denken hier an einen Vorgang analog dem Vorgang der Verdauung und die Idee ist, daß im Inneren des Körpers andere chemische Veränderungen vor sich gehen, als wir sie außen produzieren können, daß der organische Teil der Verdauung einen anderen Chemismus hat, als, was wir außen mit den Nahrungsmitteln vornehmen könnten. 135 |
Oder: Als bestünde gleichsam der Gedanke
aus einem anorganischen Teil (dem Zeichen) und einem
organischen, etwa der Interpretation, die wesentlich geistig
wäre. |
Man
kann natürlich nicht sagen: Der Satz ist, was wahr
oder falsch ist. (Als würde dadurch noch etwas
ausgeschlossen.) |
Die Intention, so weit sie uns etwas angeht, kann
nicht || nichts wesentlich Psychisches
sein. |
Da uns eine
Maschinerie des Geistes nichts angeht, so
müssen ||
müßten
wir uns auch einen Maschinenmenschen konstruieren können, der
alles muß leisten können || alles leisten könnte, was für
uns wesentlich ist. |
“Ein Zeichen ist doch immer für ein lebendes
Wesen da, also muß das etwas dem Zeichen
Wesentliches sein”.
Gewiß: auch ein Sessel ist
immer nur für einen Menschen da, aber er
läßt sich beschreiben, ohne
daß wir von seinem Zweck reden || redeten. Das Zeichen hat nur
einen Zweck in der menschlichen Gesellschaft, aber dieser Zweck
kümmert uns gar nicht. Ja am Schluß sagen wir überhaupt keine Eigenschaften von den Zeichen aus – denn diese interessieren uns nicht – sondern nur die (allgemeinen) Regeln ihres Gebrauchs. Wer das Schachspiel beschreibt, gibt weder Eigenschaften der Schachfiguren an, noch redet er vom Nutzen und Gebrauch des Schachspiels. |
Wäre der Gedanke sozusagen eine
Privatbelustigung und hätte nichts mit der
Außenwelt zu tun, so wäre er für
uns ohne jedes Interesse (wie etwa die Gefühle bei einer
Magenverstimmung). Was wir wissen wollen ist:
Was hat der Gedanke mit dem zu tun, was
außer dem Gedanken vorfällt.
136 Denn seine Bedeutung,
ich meine seine Wichtigkeit, bezieht er ja nur daher.
Was hat das, was ich denke, mit dem zu tun, was der Fall ist. |
“Das, was der Gedanke wahr macht, kann nicht
vorausbestimmt sein, weil es eben sonst da wäre || der Fall wäre.”
– “Aber es ist vorausbestimmt, wie es﹖ ist || es sich
verhält, wenn der Gedanke wahr
ist”. – “Aber mehr brauchte es
doch nicht, eben die Tatsache, die Verifikation, zu geben.
Dieses ‘der Satz sagt || zeigt, was der Fall
ist, wenn er wahr ist’, sagt eben nichts, denn
p zeigt eben,
daß p der Fall ist, wenn
etc.. D.h. auf die
Frage ‘was wäre || ist denn der Fall, wenn
… ?’ könnte nur
p zur Antwort kommen. Das ist
also eine bloße Tautologie.”
– Die Schwierigkeit liegt im Begriff des
Bestimmens. |
Was
der Satz eigentlich bestimmen müßte,
wäre quasi, daß
p oder non-p der Fall sein
muß, aber das ist nur scheinbar eine
Bestimmung, in Wirklichkeit bestimmt er aber gar nichts.
Und wenn ich sagte, daß er die Wahrheit auf ja und nein festlegt, so heißt das, daß er nichts festlegt, nichts was sich sagen läßt. |
Ich sagte, der Satz wäre wie ein
Maßstab an die Wirklichkeit
angelegt: Aber der
Maßstab ist, wie alle richtigen
Gleichnisse des Satzes, ein besonderer Fall eines
Satzes. Und auch er bestimmt nichts, solange man nicht
mit ihm mißt. Aber Messen ist
Vergleichen (und muß
heißen,
Übersetzen). |
Man möchte sagen: Lege den
Maßstab an einen Körper an;
er sagt nicht, daß der Körper so lang
ist. Vielmehr ist er an sich gleichsam tot und leistet
nichts von dem, was der Gedanke leistet. Es ist, als
hätten wir uns eingebildet, das Wesentliche am lebenden
Menschen sei die äußere 137 Gestalt, und hätten nun einen
Holzblock von dieser Gestalt hergestellt und sähen mit
Enttäuschung den toten Klotz, der auch keine
Ähnlichkeit mit dem Leben
hat. |
Wenn das
Verstehen eine notwendige Vorbereitung des Folgens war, so
muß es dem Zeichen etwas hinzugefügt
haben; aber etwas, was jedenfalls nicht die Ausführung
war. |
Kann man denn, und in welchem Sinne kann man,
aus dem Zeichen plus dem Verständnis (also der
Interpretation) die Ausführung ableiten, ehe sie
geschieht? Alles was man ableitet, ist doch nur
eine Beschreibung der Ausführung und auch diese Beschreibung
war erst da, nachdem man sie abgeleitet
hatte. |
Die
Ausführung des Befehls leiten wir von diesem
erst ab, wenn wir ihn ausführen. |
Nun könnte man aber fragen:
Warum nenne ich gerade die eine
Übertragung des Symbols die Ausführung
und nicht auch die anderen
Übertragungen.
Nun, man könnte auch eine der andern
Übertragungen als Ausführung
des Befehls auffassen und wenn der Befehlende dies nicht für die
gewünschte Übertragung
hält, so muß er dem Befehl eine weitere
Erklärung beifügen, also den Befehl selbst
verändern und erweitern. |
Alles, was man im voraus
weiß, ist, daß, was
immer man von diesem Befehl ableiten wird, von ihm abgeleitet sein
wird. |
Wenn ich
sage “der Satz bestimmt doch schon im
voraus, was ihn wahr machen
wird”: Gewiß, der Satz
‘p’ bestimmt,
daß p der Fall sein
muß, um ihn wahr zu machen; das ist aber auch
alles, was man darüber sagen 138
kann. |
Wenn gesagt würde,
daß der, der den Befehl erhält, eben
außer den Worten Vorstellungen
erhält, die der Ausführung des Befehls ähnlich sind,
(während es die Worte nicht seien || sind) so
gehe ich noch weiter und nehme an, daß der
Befehl dadurch gegeben wird, daß wir den
Andern die Bewegungen, die er etwa in 5 Minuten ausführen
soll, jetzt durch mechanische Beeinflussung (etwa indem wir
seine Hand führen) auszuführen veranlassen; und
näher kann ich doch wohl der Ausführung des Befehls im
Ausdruck des Befehls nicht kommen. Dann haben wir die
Ähnlichkeit der Vorstellung durch eine
viel größere
(Ähnlichkeit)
ersetzt. Und der Weg vom Symbol zur Wirklichkeit
scheint hier || nun sehr verkürzt zu sein.
(Ebenso könnte ich, um zu beschreiben, in welcher
Stellung ich mich bei der und der Gelegenheit befunden habe, diese
Stellung einnehmen.) Es ist damit auch gezeigt, daß das Vorkommen von Phantasiebildern, || sogenannten Vorstellungen für den Gedanken ganz unwesentlich ist. || Es ist damit auch das Unwesentliche der Phantasiebilder für den Gedanken gezeigt. |
(Man muß mit manchem Problem erst
vertraut werden, dadurch daß man zu
unzähligen Malen daran anläuft. Man lernt dann
den Geschmack des Problems kennen.) |
Ich stoße
hier an die Einmaligkeit einer Tatsache, und das hängt mit
dem Sinn des Satzes “Alles
fließt” zusammen. |
Wenn einer den Befehl
mißversteht und eine
Übertragung, die wir nur als Bild der
Ausführung auffassen, für die Ausführung
selbst hält, so entspräche doch seine
Übersetzung auch einem Befehl unserer
Sprache und zwar einem, der dem
unseren || unsern sehr ähnlich sähe. Der Befehl
etwa, eine bestimmte 139
Bewegung auszuführen und der,
diese Bewegung nur zu zeichnen, haben eben die Beschreibung dieser
Bewegung miteinander gemein. Aber sie unterscheiden
sich auch von einander und nur dadurch kann der eine das eine, der
andere das andere befehlen. |
Der Befehl kann die Ausführung nur insofern bestimmen,
als man sie von ihm ableiten kann. – |
Nur das kann es
heißen ‘daß
er sie bestimmt’, daß man sie von
ihm ableiten kann. |
Der Befehl
|
Angedeutet aber ist etwas nur
insofern, als ein System nicht ausdrücklich, oder
unvollkommen festgelegt ist. Wir möchten sagen, es sei
uns vollkommen angedeutet oder, das Zeichen suggeriere
nur undeutlich, was wir zu tun hätten. Es sei
etwa in dem Sinn undeutlich, wie eine Tafel mit der Aufschrift
“Links Gehen” deutlicher wird, wenn zugleich ein
Pfeil die Richtung zeigt. || Es sei
etwa undeutlich in dem Sinn, in welchem wir der Deutlichkeit
halber Zeichen ausführlicher geben.
|
Aber für uns ist der
Befehl deutlich, der unzweideutig ist; und einen deutlichern gibt
es nicht. |
Eindeutig aber kann er nur werden, dadurch,
daß in dem System von Befehlen eine
Unterscheidung gemacht wird, die || die, wenn
sie fehlt, eben die Zweideutigkeit hervorruft. (Wenn
also das System die richtige Mannigfaltigkeit
erhält.) 140 |
Ich
könnte auch sagen: Es scheint uns, als ob, wenn
wir den Befehl –
|
Nun müßte man
allerdings darauf sagen: Aber was
veranlaßt Dich denn zu gerade
dieser || der
Deutung? Ist es der Befehl, dann war er ja schon
eindeutig, da er nur diese Deutung befahl. Oder,
hast Du die Deutung willkürlich hinzugefügt –,
dann hast Du ja auch den Befehl nicht verstanden, sondern erst
das, was Du aus ihm (auf eigene Faust) gemacht hast.
|
(Meine Methode ist in
gewissem Sinne eine psychologische.) |
Wissen, was der Satz besagt, kann
nur heißen: die Frage
beantworten können “was besagt
er?”. |
Den Sinn eines Satzes verstehen || kennen, kann nur
heißen: die Frage “was ist
sein Sinn” beantworten können. |
Denn ist hier “Sinn
haben” intransitiv gebraucht, so daß
man also nicht den Sinn eines Satzes von dem
eines anderen Satzes unterscheiden kann, dann ist
das Sinnhaben eine, den Gebrauch des Satzes begleitende,
Angelegenheit, die uns nicht interessiert. |
Wenn ich aber sage:
‘Ich leite meine Handlung von dem Befehl ab mit
Hilfe einer Regel’, so hat das nur dann Sinn, wenn ich fragen
kann: Mit Hilfe welcher Regel?
Und auf diese Frage muß ein Ausdruck der
Regel zur Antwort kommen. (Denn es kann sich hier
natürlich wieder nur um eine Regel im Gegensatz
zu einer andern handeln.) 141 |
Wie
aber kommt die Regel in dem Handeln nach der Regel vor?
|
Nicht unbedingt so,
daß meine Handlung der Regel
entspricht. Aber ein Teil des ganzen Vorgangs der
Ableitung muß der Regel entsprechen:
es muß unsere Absicht sein, der Regel zu
folgen. – Und man könnte sagen,
daß das eben darin besteht,
daß unsere Absicht der Regel folgt.
|
Wie ist aber der
Zusammenhang des Gebrauchs der Sprache und der Regeln der
Grammatik || der grammatischen
Regeln? Soll ich sagen, die Regeln
der Grammatik seien die Regeln, nach denen
(d.h. in
Übereinstimmung mit
welchen || denen) das Sprechen einer Gruppe von
Menschen tatsächlich || erfahrungsgemäß
vor sich geht. |
Heißt ‘den Regeln der Grammatik
folgen’, in irgend einem Sinne, während des Sprechens
an diese Regeln denken? Nein. –
Heißt es, bestimmten Regeln immer
gemäß sprechen? Nein. – Es heißt, Regeln folgen. – Aber das tut doch jeder, der irgend etwas
macht || tut: Denn eine Regel wird es schon
geben, der das entspricht, was er tut. |
Man möchte sagen: “man
muß nur etwas mit dem
meinen, was man sagt, dann ist alles Wesentliche
gegeben”. Und ich betrachte also
‘etwas meinen’ und ‘einer Regel
folgen’ als gleichbedeutend. |
Ist die Grammatik nur die Beschreibung der
tatsächlichen Handhabung der Sprache? So
daß ihre Sätze eigentlich wie Sätze
einer Naturwissenschaft aufgefaßt
werden könnten? Das ist aber dann nicht die
deskriptive Wissenschaft des
Denkens || vom Denken, sondern des Sprechens || vom
Sprechen. |
Es
könnten ja auch die Regeln des Schachspiels als Sätze aus
142 der Naturgeschichte des
Menschen aufgefaßt werden. (Wie
die Spiele der Tiere in naturgeschichtlichen Büchern
beschrieben werden.) |
“Ich meine aber doch mit diesen Worten
etwas”. Gewiß: im
Gegensatz zu dem Falle wo ich nichts meine, wo ich etwa Silben
ihres komischen Klangs wegen aneinander reihe.
Ich will eigentlich sagen, daß ‘ich meine etwas mit den Worten’ nur heißt: ich unterscheide doch diesen Fall von dem des sinnlosen Plapperns etc.. Und das ist zugegeben. Aber es ist damit noch keine besondere Theorie des Meinens gegeben. |
Und so
geht es in allen solchen Fällen. Wenn etwa jemand
sagt: “aber ich meine doch wirklich,
daß der Andere Zahnschmerzen hat; nicht,
daß er sich bloß
so benimmt”. Immer muß
man antworten:
“Gewiß” und zugeben,
daß auch wir diese Unterscheidung machen
müssen. || daß diese
Unterscheidung besteht. |
Der Vorgang ‘einer Regel
folgen’ muß durch eine
Regel beschrieben werden.
Man könnte sagen, er heißt so, weil er durch eine Regel beschrieben werden muß. |
Oder auch so: Man könnte aus
jedem sinnvollen Satz eine Grammatik ableiten.
|
Aus dem Vorgang der
Übertragung von 1, 2, 3, 4
in 1, 4, 9, 16 muß ich eine Regel
entnehmen können. – Was
heißt das? Doch,
daß ich einen Ausdruck einer Regel aus dem
Vorgang muß ableiten können;
d.h. einen Ausdruck im
Gegensatz zu einem anderen.
D.h., daß ich in einem System von Regeln eine als 143 die passende
muß || werde
auswählen können. |
Wenn ich z.B. sage: “ich
glaube, daß er kommen wird” –
woher nehme ich diese Worte. Warum wähle ich
sie. Ist etwas vor diesem
Ausdruck || vor diesen Worten
da, das ich abbilde. |
Ich bin mir zwar nicht grammatischer Regeln
explizite bewußt,
wenn ich die Sprache gebrauche, aber ich bin mir
bewußt, die Sprache nicht ad hoc
zu erfinden. Und erfände ich sie, so wäre sie
nichts nütze, wenn ich mich nach den erfundenen
Regeln nicht wieder richten wollte. |
D.h. die
Sprache funktioniert als Sprache nur durch die
Regeln, nach denen wir uns in ihrem Gebrauch richten.
(Wie das Spiel nur durch Regeln als Spiel
funktioniert.) |
Und zwar, ob ich zu mir oder Andern rede. Denn auch mir
teile ich nichts mit, wenn ich Lautgruppen ad hoc mit
irgend welchen Fakten assoziiere.
|
Ich
muß, wenn ich zu mir rede, schon auf einem
bestehenden || gegebenen Sprachklavier
spielen. |
Wenn ich
ein Wort in der Sprache gebrauche, so ist es entweder, weil ich es
als einen bereits bekannten Ton anschlagen will, oder,
indem ich festsetzen will, daß
ich das Wort in Hinkunft so gebrauchen werde. || … anschlagen, oder aber festsetzen will,
daß ich das Wort in
Hinkunft so gebrauchen werde. || … anschlagen, oder: festsetzen
will, daß ich das Wort in Hinkunft so
gebrauchen werde. |
‘Ich verstehe diese Worte’
(die ich etwa zu mir selbst sage),
‘ich meine etwas damit’, ‘sie haben einen
Sinn’ muß immer dasselbe
heißen, 144
wie: ‘sie sind nicht ad hoc erfundene Laute,
sondern Zeichen aus einem System’. |
Etwa﹖, wie
die Teilstriche auf einem Maßstab
nur solche sind, wenn sie ein System bilden. |
Wir verwenden die Sprache nur ihrer
Konsequenz wegen. |
Man kann sagen: “so wie ich das Wort
‘grün’ gebrauche, kann ich nicht
davon || damit sagen …” |
Das Verstehen dessen,
was der Andere sagt, kann nur als das Befolgen einer im
Vorhinein gegebenen Regel beschrieben
werden. |
Denn, wenn
wir einen Befehl befolgen, so deuten wir die Worte nicht
willkürlich. D.h. wieder, wir müssen die Unterscheidung anerkennen zwischen dem ‘Befolgen eines Befehls’ und einem ‘willkürlichen Zuordnen einer Handlung’. |
Und die Rechtfertigung einer Handlungsweise als der
Befolgung eines Befehls wäre immer:
“so habe ich's gelernt.” || “so habe ich die Sprache
gelernt”. |
Wie aber funktioniert so eine
Rechtfertigung: “Man hat mir gesagt,
das sei ein Sessel” oder “ … das
sei rot”, etc.. Oder auch
“man hat mir gesagt, wenn es
heißt, ‘tu
p und q’, so soll
ich's so machen” (wobei ich die
Tätigkeit vormache). 145 |
Das
sind aufklärbare
Mißverständnisse:
“Ist das eine Orange? ich
dachte das sei eine”. Kann man sagen: “Ist das rot? ich dachte das sei ein Sessel”. Aber kann man sich nicht einbilden (wenn man etwa nicht deutsch kann) “rot” heiße laut (d.h. werde so gebraucht, wie in Wirklichkeit “laut” gebraucht wird). Wie wäre aber die Aufklärung dieses Mißverständnisses? Etwa so: “rot ist eine Farbe, keine Tonstärke”? – Eine solche Erklärung könnte man natürlich geben, aber sie wäre nur dem verständlich, der sich bereits ganz in der Grammatik auskennt. |
Der Satz “ist das rot? ich dachte, das sei ein
Sessel” hat nur Sinn, wenn das Wort
“das” beide Male im gleichen Sinn gebraucht wird
und dann muß ich entweder
“rot” als Substantiv, oder “ein
Sessel” als Adjektiv auffassen. |
Die Rechtfertigung kann nur
verstanden werden, wenn sie in einer Sprache gegeben wird, die
unabhängig von dem Mißverständnis
besteht. |
Man kann
ein Mißverständnis nur aufklären,
wenn die Aufklärung verstanden wird. |
In der Erklärung
“das ist ein Sessel, nicht
das” müssen die beiden Wörter
“das” und die dazugehörigen Gebärden
verstanden werden und sind dann vollwertige Zeichen. Die
Erklärung kann dann auch so gegeben werden:
“das heißt
‘Sessel’, nicht das” und dies
ist ein Satz, wie etwa “der Sessel ist blau, nicht
rot”. – Aber freilich wird hier nicht die
Sprache erklärt, sondern eine Sprache (mit Hilfe
einer vorhandenen andern). |
Ist es so: Grammatik hat nur die Sprache
als in der Zeit ausgedehntes Phänomen. 146 |
Aber
der Satz ist doch etwas in Raum oder Zeit, oder in Raum und Zeit,
Ausgedehntes. |
Das
Aussprechen eines Satzes wäre kein Porträtieren, wenn ich
meine Worte nicht aus einem System wählte, so
daß man sagen kann, ich wähle
sie im Gegensatz zu anderen. Aber die Worte, wenn sie nicht in einem grammatischen System stehen, sind ja alle gleichwertig und also wäre es dann ganz gleichgültig, welche ich wählte, ja – man könnte sagen – als Worte würden sie sich (dann) von einander gar nicht unterscheiden. Man muß die Worte wählen, wie || in demselben Sinne wie man die Striche wählt, mit denen man einen Körper abbildet. |
Wer die
Notenschrift lernt, lernt nicht alle Musikstücke, sondern
die Noten und Regeln, und nur dadurch ist ihm die Notenschrift
nütze. Aber nicht vielleicht, weil sie nur dann ökonomisch ist, sondern, weil sie sonst keine Schrift ist. |
Wenn man
einen Hund gelehrt hätte, den Zeichenverbindungen von
a, b, c, d zu folgen (wobei
a =
, b = , c = , d =
), so mag er das mechanisch tun, aber,
wenn ich nun wissen will, welches Zeichen ich ihm geben
muß, um ihn einen bestimmten Linienzug laufen
zu lassen, so muß ich das Zeichen von dem
Linienzug nach der Regel ableiten. |
Wenn ich sage, ich folge einer
Regel, so muß darauf die Frage Sinn
haben: Welcher Regel? Und die Antwort ist der
Ausdruck einer Regel 147 (wie der obige).
Mehr aber kann darauf nicht || unmöglich zur Antwort kommen
und also kann auch die Frage nach weiter nichts fragen, als dieser
Ausdruck beantwortet. Woher aber die Unbefriedigung? Was ist es, das wir sagen möchten und || was sich nicht sagen läßt? |
Eines
ist klar, daß, wenn ich der Regel
(richtig) gefolgt bin, das Resultat zu der Vorlage
und dem Ausdruck der Regel || und der
Regel in einer internen Beziehung || Relation stehen wird, die ich nicht
anders ausdrücken kann, als durch die Wiedergabe jener drei
Komplexe, weil (so sonderbar das klingt) durch
diese || in dieser Wiedergabe allein schon alles bestimmt
ist. |
“Die
interne Relation sehen” kann natürlich auch nichts
anderes heißen, als die Komplexe
sehen, die in ihr stehen. Vielleicht wendet man ein,
daß man die Komplexe auch sehen kann, ohne
die interne Relation zu bemerken. Aber dann sieht man
eben etwas Anderes, als, was man sieht, ‘wenn
sie einem auffällt’ || ‘wenn man
sie bemerkt’. Aber sie, die
einem auffällt, kann nur etwas sein, was sich beschreiben
läßt und die interne Relation
läßt sich nur durch die Beschreibung der
Komplexe beschreiben || zeigen. |
(Immer wieder die Gedankenbewegung, die
z.B.
Freud macht, wenn er sagt,
er werde den manifesten Traum das nennen, was nach dem Erwachen
als solcher erzählt wird.) 148 |
Wenn ich sage, beim Nachbilden || Abbilden einer Vorlage richte ich
mich nach ihr, gemäß einer
Regel, so will ich sagen: im Gegensatz zu dem Fall, wenn ich
mich nicht nach einer Vorlage einer Regel
gemäß richte. Dann kann
dieses Merkmal des Abbildens nur ein
äußeres
sein, wie jedes andere, was || das einen Vorgang von
einem anderen unterscheidet. |
Eigentlich sind die Worte
“gemäß einer Regel”
überflüssig. Alles liegt in den Worten
“sich nach einer || der Vorlage
richten”. Die Regel beschreibt
nur eine Art des Sich-Richtens im
Gegensatz zu einer andern. – Die Worte sind
überflüssig, weil man sich nur einer Regel
gemäß nach etwas richten
kann. |
Das
heißt, das Abbilden kann sich von einem
andern Vorgang auch nur so unterscheiden, wie eben ein Vorgang vom
andern und das heißt,
daß dieser Unterschied nicht logische
Bedeutung haben kann. |
So wie ich früher einmal gesagt habe: Die
Intention kann auch nur ein Phänomen wie jedes andere sein,
wenn ich überhaupt von ihr reden darf. |
Das Wählen der Striche beim
Abbilden einer Vorlage ist also allerdings ein anderer Vorgang,
als etwa das bloße Zeichnen dieser
Striche, wenn ich mich “nicht nach der Vorlage
richte”, aber der Unterschied ist ein
äußerer, beschreibbarer, wie der
Unterschied zwischen den Zeichengruppen
|
Und so steht es also auch mit dem Wählen der Worte, wenn
ich 149 etwas mit Worten beschreibe:
dieser Vorgang unterscheidet sich von dem, des willkürlichen
Zuordnens von Worten, aber eben nur
(äußerlich), wie sich
die beiden Zeichen im vorigen Satze unterscheiden. |
Nicht nur sind wir uns
beim Sprechen || beim Gebrauch der
Sprache der grammatischen Regeln nicht
bewußt, sondern wären wir es, so
würde es nicht helfen, nichts deutlicher machen. |
Sich der Regeln
bewußt sein, kann doch nur
heißen, einen Ausdruck der Regel vor
uns haben. |
Was, in der Logik, nicht nötig ist, hilft
auch nicht. || … ist auch nicht von
Nutzen. Was nicht nötig ist, ist überflüssig. |
Ja, wären wir uns immer der grammatischen
Regeln beim Sprechen bewußt, so würde
das meinem Fall nicht auf die Beine helfen. |
Die gesamte Sprache kann nicht
mißverstanden werden. Denn
sonst gäbe es zu diesem
Mißverständnis wesentlich keine
Erklärung || Aufklärung.
Das heißt eben, die ganze Sprache muß für sich selbst sprechen. |
Warum wir ein Wort – und nicht ein anderes – an dieser
Stelle gebrauchen, erfahren wir, wenn wir jemand fragen:
warum gebrauchst Du hier das Wort A. Die Antwort
wird sein: das und das heißt
A. Und das ist eine Regel der Grammatik, die die
Position des Wortes in der Sprache bestimmt. Und
(zum Zeichen, daß es sich hier wirklich um
Grammatik handelt) wenn A das Wort “und”
gewesen wäre, so könnte man weiter nichts tun, als die
Regeln für “und” angeben. 150 |
Eine
Erklärung “das ist rot” oder
“das ist
süß” gehört auch zur
Grammatik (denn sie erklärt nur Zeichen durch
Zeichen). Und was uns
außer dem Wort “rot” durch
diese Erklärung noch bleibt, ist nicht in dem Sinne
willkürlich, wie das
Laut- oder Schriftbild
“rot”. Denn die
Vorstellung || Vorstellungen
eines roten und eines grünen Flecks bilden ein System,
während die bloßen Wörter
‘rot’ und ‘grün’ keines
bilden. (﹖) |
Was hat die Vorstellung meines Spaziergangs
mit diesem || dem
(Spaziergang) gemein?
Eben das, was dadurch ausgedrückt ist,
daß ich das eine ‘meinen
Spaziergang’ das andere ‘die Vorstellung von
ihm’ nenne. |
Was heißt es, wenn man sagt:
“ich kann mir das Gegenteil davon nicht
vorstellen” oder “wie wäre es denn,
wenn's anders wäre”;
z.B. wenn jemand gesagt hat,
daß meine Vorstellungen privat seien, oder
daß nur ich selbst wissen kann, ob ich
Schmerz empfinde, und dergleichen. |
Wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie es
anders wäre, so kann ich mir auch nicht vorstellen, wie es
so sein kann. “Ich kann mir nicht vorstellen”, heißt nämlich hier nicht, was es im Satz “ich kann mir keinen Totenkopf vorstellen” heißt. Ich will damit nicht auf eine mangelnde Vorstellungskraft deuten. |
Die Vorstellung liefert uns hier die Sprache,
die jedenfalls die richtige Multiplizität hat.
Die Sprache mit der einfacheren Grammatik. |
Die Rechtfertigung auf die Frage
“warum gebrauchst Du hier das Wort
‘blau’?”: “weil diese
Farbe ‘blau’
heißt”, entspricht genau der
Antwort auf die Frage “warum liest Du hier (den Laut)
a”: “weil das || dieses
Zeichen als a-Laut gelesen wird”. In
beiden Fällen berufe ich mich auf eine Regel. 151 |
Worin besteht das Vorgehen nach einer Regel? –
Kann man das fragen? – Es
heißt doch wohl, daß
man den allgemeinen Befehl, der in der Regel liegt,
befolgt. Ich gehe nach einer Regel vor heißt: ich gehe so vor, daß das, was herauskommt, … Daß das, was herauskommt dieser Regel genügt. Nach der Regel vorgehen, heißt so vorgehen, und das ‘so’ muß die Regel enthalten. |
Denn mehr bestimmt, als
durch eine genaue Beschreibung, kann etwas nicht sein.
Denn, bestimmen kann nur
heißen, es
beschreiben. Und das ist sehr wichtig.
Denn dies scheint die einfache Antwort auf unsere langen Schwierigkeiten zu sein. |
Alle Schwierigkeit der Philosophie kann nur
auf Mißverständnissen
beruhen. Eine Entdeckung ist nie nötig, kann nie
nötig sein, sie aufzulösen.
Es﹖ ist ein
Mißverständnis und kann nur als solches
aufgelöst werden. D.h. ohne
Gewalt. Denn die Tür geht auf und es ist alles
(an ihr) in Ordnung, Du
mußt nur das Schloß
verstehen und in der richtigen Weise
bewegen. |
Dann ist
eine Handlung nicht bestimmt, wenn die Beschreibung noch etwas
offen läßt || gelassen hat (so,
daß man sagen kann “ich
weiß noch nicht ob … ”) was
also die || eine Beschreibung bestimmen
kann. Ist die Beschreibung vollständig, so ist die
Handlung bestimmt. Und das
heißt, es kann der Beschreibung nur
eine Handlung entsprechen.
(Nur so können 152 wir das Wort || diesen Ausdruck
gebrauchen.) (Erinnern wir uns an die Argumentation über “Zahnschmerzen”.) |
Hier ist auch der
Zusammenhang mit der Frage: “sieht der
Andere wirklich dieselbe Farbe, wenn er blau sieht,
wie ich?” Freilich, er sieht blau!
Das ist ja eben dieselbe Farbe. –
D.h.﹖, die Frage, ob
er als blau dieselbe Farbe sieht, ist unsinnig, wenn
angenommen ist, daß wir das
Recht haben, was er sieht und ich sehe als ‘blau’ zu
bezeichnen. Läßt sich im
gewöhnlichen Sinne – d.h. nach der
gewöhnlichen Methode – konstatieren,
daß er nicht dieselbe Farbe sieht, so kann
ich nicht sagen, daß wir beide blau
sehen. Und läßt es sich
konstatieren, daß wir beide blau sehen,
dann “sehen wir beide die gleiche Farbe”, denn
dieser Satz hat ja nur auf diese Proben Bezug.
|
Und so || analog verhält es sich mit der
Frage: “ist das, was ich jetzt
‘gelb’ nenne, gewiß die
gleiche Farbe, die ich früher ‘gelb’ genannt
habe?” – Gewiß,
denn es ist ja gelb. – Aber woher
weißt du das? – Weil ich
mich daran erinnere. – Aber kann die Erinnerung nicht
täuschen? – Nein.
Nicht, ﹖– wenn ihr Datum gerade das ist,
wonach ich mich richte. –﹖
(Übrigens
weiß ich nicht, ob es noch Sinn hat, zu sagen
“weil ich mich dran erinnere”; könnte ich
nicht ebensogut antworten “weil
ich's weiß”?)
Es gibt keinen Test dafür, daß das blau ist (d.h., daß ich diese Farbe blau nenne.) |
Wir
fragen: “wie kann der Satz einen Sachverhalt
bestimmen?” Aber hat es denn Sinn zu
sagen: “der Satz bestimmt einen
Sachverhalt”? |
Ist das nicht der Sinn des Gleichnisses von der
Nähmaschine: Wenn es sich um die kausale
Erklärung des Mechanismus handelt, hat die Frage “wie
macht die Nähmaschine das” einen Sinn. Ist
das aber nicht, was 153 gemeint ist, dann liegt die Antwort
in der Beschreibung desjenigen was sie
macht. |
Der
Solipsismus könnte durch die Tatsache widerlegt werden,
daß das Wort “ich” in
der Grammatik keine zentrale Stellung hat, sondern ein Wort ist,
wie jedes andre Wort. |
Gäbe es in der Welt wesentlich Subjekt und Objekt, dann
müßte das Wort
‘ich’ in einer einzigartigen
Weise den anderen Worten entgegengestellt sein. |
Wie im Gesichtsraum, so gibt es
in der Sprache kein metaphysisches
Subjekt. |
Die Worte
“sicher sein, daß” kann man
nur vor einer Hypothese gebrauchen.
Es heißt nichts, zu sagen “ich
bin sicher, daß ich Zahnschmerzen
habe”, außer in einem Sinn, in dem
es doch möglich ist, zu zweifeln, ob es Zahnschmerzen
sind. Kann ich denn aber nicht sagen: Ich bin sicher, daß ich bald ein Licht sehen werde? (Oder: “daß ich bald Zahnschmerzen kriegen werde”.) |
Was heißt es, sicher zu sein,
daß man Zahnschmerzen haben wird.
(Kann man nicht sicher sein, dann erlaubt es die
Grammatik nicht, das Wort “sicher” in dieser
Verbindung zu gebrauchen.) |
Man kann von einem Satz “im engeren
Sinne” nicht sagen, daß die
Wahrheit eines anderen ihn bestätigt – ohne ihn zu
beweisen. |
Man
sagt: “Wenn ich sage,
daß ich einen Sessel dort sehe, so sage
ich mehr, als ich sicher
weiß”. Und nun
heißt es meistens:
“Aber 154 eines
weiß ich doch sicher”.
Wenn man aber nun sagen will, was das ist, so kommt man in eine
gewisse Verlegenheit. “Ich sehe etwas Braunes, – das ist sicher”; damit will man eigentlich sagen, daß die braune Farbe gesehen, und nicht vielleicht auch nur || bloß vermutet ist (wie etwa in dem Fall, wo ich es || sie aus gewissen anderen Anzeichen vermute). || … und nicht vielleicht auch bloß aus anderen Anzeichen vermutet ist. Und man sagt ja auch einfach: “Etwas Braunes sehe ich”. |
Wenn mir gesagt wird:
“Sieh in dieses Fernrohr und zeichne mir auf, was Du
siehst”, so ist, was ich zeichne, der Ausdruck eines
Satzes, nicht einer Hypothese. |
Ist es nicht klar,
daß es nur am Mangel von entsprechenden
Übereinkommen liegt, wenn ich das, was ich
– z.B. – zeichnerisch
darstellen, durch Worte || mit
Worten wiedergeben kann? |
Wenn ich sage “hier steht
ein Sessel”, so ist damit – wie man sagt –
“mehr” gemeint, als die Beschreibung dessen was ich
wahrnehme. Und das kann nur
heißen, daß dieser
Satz nicht wahr sein muß, auch wenn
die Beschreibung des Gesehenen stimmt. Unter welchen
Umständen werde ich nun sagen, daß
jener Satz nicht wahr war? Offenbar: wenn gewisse
andere Sätze nicht wahr sind, die in dem ersten mit beinhaltet
waren. Aber es ist nicht so, als ob nun der erste ein
logisches Produkt gewesen wäre. |
Wenn man fragt “wie macht der
Gedanke || Satz das,
daß er darstellt?”
So könnte die Antwort sein:
“Weißt Du es denn
(wirklich) nicht? Du siehst es doch
wenn Du denkst || wenn Du ihn
benützt”. Es ist ja
nichts verborgen. Wie macht der Satz das? – Weißt Du es denn nicht? Es ist ja 155 nichts versteckt. |
Daß
‘alles fließt’ scheint uns
am Ausdruck der Wahrheit zu hindern, denn es ist, als ob wir sie
nicht auffassen könnten, da sie uns
entgleitet. |
Aber
es hindert uns eben nicht am Ausdruck. – Was es
heißt, etwas Entfliehendes in der
Beschreibung festhalten zu wollen, wissen wir. Das
geschieht etwa, wenn wir das Eine vergessen,
während wir das Andere beschreiben wollen. Aber
darum handelt es sich doch hier nicht. Und so
ist der Ausdruck || das Wort
“entfliehen” anzuwenden. |
Wir führen die Wörter von ihrer
metaphysischen, wieder auf ihre richtige Verwendung in der
Sprache zurück.
(Der Mann, der sagte, man könne nicht zweimal in den gleichen Fluß steigen, sagte etwas Falsches; man kann zweimal in den gleichen Fluß steigen.) Und so sieht die Lösung aller philosophischen Schwierigkeiten aus. Ihre Antworten müssen, wenn sie richtig sind, hausbacken und gewöhnlich sein. Aber man muß sie im richtigen Geist anschauen, dann macht das nichts. |
Aber auf die Antwort
“Du weißt ja, wie es der Satz
macht,” es ist ja nichts verborgen”,
möchte man sagen: “ja, aber es
fließt alles so rasch vorüber und ich
möchte es gleichsam breiter auseinander gelegt
sehen”. |
Aber auch hier irren wir uns. Denn es geschieht
dabei auch nichts, was uns durch die Geschwindigkeit
entgeht. 156 |
Warum können wir uns keine Maschine mit einem
Gedächtnis denken? Es wurde oft gesagt,
daß das Gedächtnis darin besteht,
daß Ereignisse Spuren hinterlassen, in denen
nun gewisse Vorgänge vor sich gehen
müßten. Wie wenn Wasser sich
ein Bett macht und das folgende Wasser in diesem Bett
fließen muß;
der eine Vorgang fährt für den nächsten das
Gleise aus. || der eine Vorgang fährt das
Gleise aus, das den andern
führt. Geschieht dies
nun aber in einer Maschine, wie es wirklich geschieht, so sagt
niemand, die Maschine habe Gedächtnis, oder habe sich den einen
Vorgang gemerkt. |
Nun ist das aber ganz so,
wie wenn man sagt, eine Maschine kann nicht denken, oder kann keine
Schmerzen haben. Und hier kommt es darauf an, was man
darunter versteht “Schmerzen zu haben”:
Es ist klar, daß ich mir eine Maschine
denken kann, die sich genau so benimmt (in allen Details),
wie ein Mensch der Schmerzen hat. Oder vielmehr:
ich kann den Andern eine Maschine nennen, die Schmerzen hat,
d.h.: den andern
Körper. Und ebenso, natürlich,
meinen Körper. Dagegen hat das Phänomen der
Schmerzen, wie es auftritt, wenn ‘ich
Schmerzen habe’, mit meinem Körper,
d.h. mit den Erfahrungen die ich als
Existenz meines Körpers zusammenfasse, gar nichts zu tun.
(Ich kann Zahnschmerzen haben ohne Zähne.)
Und hier hat nun die Maschine gar keinen Platz. –
Es ist klar, die Maschine kann nur einen physikalischen
Körper ersetzen. Und in dem Sinne,
wie man von einem solchen sagen kann, er
“habe” Schmerzen, kann man es auch von einer
Maschine sagen. Oder, wieder, die
Körper, von denen wir sagen, sie hätten
Schmerzen, können wir mit Maschinen vergleichen und auch
Maschinen nennen. |
Und ganz ebenso verhält es sich mit dem Denken und dem
Gedächtnis. |
Es ist uns – wie gesagt – als ginge es uns mit dem
Gedanken 157 so, wie mit einer Landschaft, die wir
gesehen haben und beschreiben sollen, aber wir erinnern uns ihrer
nicht genau genug, um sie in﹖ allen ihren
Zusammenhängen beschreiben zu können. So,
glauben wir, können wir das Denken nachträglich nicht
beschreiben, weil uns alle die vielen feineren
Vorgänge dann verloren gegangen sind.
Diese feinen Verhäkelungen möchten wir sozusagen unter der Lupe sehen. |
∣ (Einen unausgebrüteten Gedanken
muß man zart behandeln, um ihn am Leben zu
erhalten. Man darf von ihm noch nichts verlangen und
muß ihn im weichen Medium der
fortwährenden Unsicherheit betten. Ist er
flügge, dann verläßt er dieses Nest
von selbst.) ∣ |
Es gibt Probleme, an die ich nie herankomme, die nicht in
meiner Linie oder in meiner Welt liegen.
Probleme der abendländischen Gedankenwelt, an die
Beethoven (und
vielleicht teilweise Goethe) herangekommen ist und mit denen gerungen hat, die
aber kein Philosoph je angegangen hat. (Vielleicht
ist Nietzsche an ihnen
vorbeigekommen.) Und vielleicht sind sie für die abendländische Philosophie verloren; d.h., es wird niemand da sein der den Fortgang dieser Kultur als Epos empfindet, also beschreiben kann. Oder richtiger, sie ist eben kein Epos mehr, – oder doch nur für den, der sie von außen betrachtet und vielleicht hat dies Beethoven vorschauend getan (wie Spengler einmal andeutet). Man könnte sagen, die Zivilisation muß ihren Epiker voraus haben. Wie man den eignen Tod nur voraussehen und vorausschauend beschreiben, nicht als Gleichzeitiger von ihm berichten kann. Man könnte also sagen: Wenn Du das Epos einer ganzen Kultur geschrieben || beschrieben sehen willst, so mußt du es unter den Werken der Größten dieser Kultur, also zu einer Zeit, suchen, in der das Ende dieser Kultur nur hat vorausgesehen werden können, denn später ist niemand mehr da, es zu beschreiben. Und so ist es also kein Wunder, wenn es nur in der dunklen Sprache der Vorausahnung || ¤ 158
Voraussicht geschrieben ist, und
für die Wenigsten verständlich. |
Ich aber komme zu diesen Problemen
überhaupt nicht.
“When I have done with the
world”, so habe ich eine amorphe
(durchsichtige) Masse geschaffen und die Welt mit ihrer
ganzen Vielfältigkeit bleibt wie eine uninteressante
Gerümpelkammer links liegen. Oder vielleicht richtiger: das ganze Resultat der (ganzen) Arbeit ist das Links-liegen-lassen der Welt. (Das In-die-Rumpelkammer-werfen der ganzen Welt.) |
Eine Tragik gibt es in
dieser Welt (der meinen) nicht und damit all
das Unendliche nicht, was eben die Tragik (als sein
Ergebnis) hervorbringt. Es ist sozusagen alles in dem Äther || Weltäther löslich; es gibt keine Härten. Das heißt, die Härte und der Konflikt wird nicht zu etwas Herrlichem || wird zu nichts Herrlichem, sondern zu einem Fehler. |
Der Konflikt löst sich etwa, wie die Spannung einer Feder,
die man schmilzt (oder in einer Säure
auflöst). In
dieser || einer Lösung gibt
es keine Spannungen mehr. |
Das meiste, was sich mir als ahnungsvolle
Gedankenform zeigt, kann ich gar nicht
ausdrücken und meine Ausdruckskraft erlahmt
vielleicht immer mehr und mehr. |
Der Philosoph trachtet, das erlösende
Wort zu finden, das ist das Wort, das uns endlich erlaubt, das zu
fassen, was bis jetzt immer, ungreifbar, unser
Bewußtsein belastet hat.
(Es ist, wie wenn man ein Haar auf der Zunge liegen hat; man 159 spürt es, aber
kann es nicht erfassen || ergreifen und darum
nicht loswerden.) |
Der Philosoph liefert uns das Wort, womit
man || ich die Sache ausdrücken und
unschädlich machen kann. |
Wie Frege in Cantor's angebliche Definition von
“größer”,
“kleiner”,
“+”,
“ ‒ ”, etc. statt dieser
Zeichen neue Wörter einsetzte, um zu zeigen,
daß keine wirkliche Definition vorliege,
ebenso könnte man in der ganzen Mathematik statt der
geläufigen Wörter, insbesondere statt des Wortes
“unendlich”, und seiner Verwandten ganz neue,
bisher bedeutungslose Ausdrücke setzen, um zu sehen, was
der Kalkül mit diesen Zeichen wirklich leistet und was er
nicht leistet. Wenn die Meinung verbreitet wäre,
daß das Schachspiel uns einen
Aufschluß über Könige und
Türme gäbe, so würde ich
vorschlagen, den Figuren neue Formen und andere Namen zu geben,
um die Einsicht zu erleichtern || um zu
demonstrieren, daß alles
zum Schachspiel Gehörige in
seinen || den Regeln liegen
muß. |
Dem, der sagt “aber es steht doch
wirklich ein Tisch hier” muß man
antworten: “Freilich steht ein wirklicher Tisch
hier, – im Gegensatz zu einem
nachgemachten”. Wenn er aber nun weiterginge und sagte: die Vorstellungen seien nur Bilder der Dinge, so müßte ich (ihm) widersprechen und sagen, daß der Vergleich der Vorstellung mit einem Bilde des Körpers gänzlich irreführend sei, da es für ein Bild wesentlich sei, daß es mit seinem Gegenstand verglichen werden kann. |
Wenn aber Einer sagt “die Vorstellungen sind das
einzig Wirkliche”, so
muß ich sagen, daß
ich hier das Wort || Prädikat
“wirklich” 160 nicht verstehe und nicht
weiß, was für eine
Eigenschaft man damit eigentlich den Vorstellungen zuspricht
und – etwa – den Körpern abspricht. Ich
kann ja nicht begreifen, wie man mit Sinn – ob wahr oder falsch
– eine Eigenschaft Vorstellungen und physischen
Körpern zuschreiben kann. |
Wenn man sagt, daß
‘alles fließt’, so
fühlen wir, daß wir gehindert sind
das Eigentliche, die eigentliche Realität festzuhalten.
Der Vorgang auf der Leinwand entschlüpft uns eben, weil er
ein Vorgang ist. Aber wir beschreiben doch etwas; und
ist das ein anderer Vorgang? Die Beschreibung
steht doch offenbar gerade mit dem Bild auf der Leinwand in
Zusammenhang. Es muß dem
Gefühl unserer Ohnmacht ein falsches Bild zugrunde
liegen. Das || Denn was wir
beschreiben wollen können, das können wir
beschreiben. |
Ist nicht dieses falsche Bild das eines Bilderstreifens, der so
geschwind vorbeiläuft, daß wir keine
Zeit haben, ein Bild aufzufassen. |
Wir würden nämlich in diesem Fall
geneigt sein, dem Bilde nachzulaufen. Aber dazu gibt es
ja im Ablauf eines Vorgangs nichts
Analoges. |
Wenn das Wort, daß
man nicht zweimal in den gleichen Fluß
steigen kann (nur)
heißt || bedeutet,
daß inzwischen ein
anderes || andres Wasser an die Stelle des alten
gekommen ist, so kann man aber zweimal den gleichen
grünen Fleck sehen und es ist hier nichts, was dem
Verfließen des Wassers analog
wäre. |
Das
Gleichnis vom Fluß || Fließen der
Zeit ist natürlich irreführend und
muß uns, wenn wir daran festhalten, in
Verlegenheiten führen || landen. 161 |
Die
Wendung “daß etwas in unserem Geist
vor sich geht”¤, soll, glaube
ich, andeuten, daß es im physikalischen Raum
nichts lokalisierbar ist. Von Magenschmerzen
sagt man nicht, daß sie in unserem Geist
vor sich gehen, obwohl der physikalische Magen ja nicht der
unmittelbare Ort der Schmerzen ist. |
“Das Denken geht im Kopf vor
sich” heißt eigentlich nichts
anderes, als, unser Kopf hat etwas mit dem Denken zu
tun. Man sagt freilich auch: “ich denke
mit der Feder auf dem Papier” und diese Ortsangabe ist
mindestens so gut, wie die erste. |
Wenn wir fragen “wo geht das Denken
vor sich”, so ist dahinter immer die Vorstellung eines
maschinellen Prozesses, der in einem abgeschlossenen Raum vor
sich geht, sehr ähnlich, wie der Vorgang in der
Rechenmaschine. |
Wenn “einen Satz verstehen”
heißt, in gewissem Sinn nach ihm handeln,
dann kann das Verstehen nicht die Bedingung dafür sein,
daß wir nach ihm handeln. |
Das Verstehen einer Beschreibung
kann man, glaube ich, mit dem Zeichnen eines Bildes nach dieser
Beschreibung vergleichen. (Und hier ist wieder das
Gleichnis ein besonderer Fall dessen, wofür es ein Gleichnis
ist.) Und es würde || wird auch in
vielen Fällen als der Beweis des Verständnisses
aufgefaßt. |
Was heißt es, ein
gemaltes Bild zu verstehen? Auch da gibt es Verständnis und Nichtverstehen. Und auch hier kann ‘verstehen’ und ‘nicht verstehen’ verschiedenerlei heißen. – Wir können uns ein Bild denken, das eine Anordnung von 162 Gegenständen im
dreidimensionalen Raum darstellen soll, aber wir sind
für einen Teil des Bildes unfähig, Körper im Raum
darin zu sehen, sondern sehen nur die gemalte
Bildfläche. Wir können dann sagen, wir verstehen
diese Teile des Bildes nicht. Es kann
sein, daß die räumlichen
Gegenstände, die dargestellt sind, uns bekannt,
d.h. Formen sind, die wir aus der
Anschauung von Körpern her kennen, es können aber
auch Formen nach dem Bild dargestellt sein, die wir noch nie
gesehen haben. Und da gibt es wieder den Fall, wo etwas
– z.B. – wie ein Vogel aussieht, nur
nicht wie einer, dessen Art ich kenne, oder aber, wo ein
räumliches Gebilde dargestellt ist, desgleichen
ich noch nie gesehen habe. Auch in diesem letzten Fall || diesen
letzten Fällen kann man von einem Nichtverstehen des
Bildes reden, aber in einem anderen Sinne als im ersten
Fall. |
Man
könnte – analog früheren Erklärungen –
sagen: Das Bild verstehen
heißt, imstande sein es
plastisch nachzubilden.
Aber was heißt “im Stande sein”? Wenn es nicht heißt, das Bild tatsächlich so nachzubilden, so ist eben diese Nachbildung für das Verständnis nicht nötig und was wesentlich ist, muß das Andere sein, was mich sagen macht || läßt, ich sei im Stande, das Bild plastisch darzustellen. |
Aber noch etwas: Angenommen, das Bild stellte
Menschen dar, wäre aber klein und die Menschen
darauf etwa einen Zoll lang. Angenommen nun, es
gäbe Menschen die diese Länge hätten, so würden
wir sie in dem Bild erkennen und es würde uns
nun einen ganz andern Eindruck machen, obwohl doch die Illusion der
dreidimensionalen Gegenstände ganz dieselbe wäre.
Und doch ist der
tatsächliche || dieser Eindruck, wie er da
ist, unabhängig davon, daß ich
tatsächlich einmal Menschen in der gewöhnlichen
Größe, und nie Zwerge, gesehen habe,
wenn auch dies die Ursache des Eindrucks ist. |
Dieses Sehen der gemalten Menschen
als Menschen (im Gegensatz 163 etwa zu Zwergen) ist ganz
analog dem || ebenso, wie
das Sehen des Bildes || der
Zeichnung als dreidimensionales Gebilde || … ganz analog dem Sehen der Malerei als
Gruppierung dreidimensionaler Gebilde. Wir
können hier nicht sagen, wir sehen immer dasselbe und fassen
es nachträglich einmal als das eine und einmal als das
andre auf, sondern wir sehen jedes Mal etwas Anderes. |
Und so auch, wenn wir einen Satz
mit Verständnis und ohne Verständnis lesen.
(Erinnere Dich daran, wie es ist, wenn man einen Satz mit
falscher Betonung liest, ihn daher nicht versteht und nun || endlich darauf kommt, wie er zu
lesen ist.) |
Ich
verstehe dieses Bild genau, ich könnte es in Ton kneten. – Ich verstehe diese Beschreibung genau, ich
könnte eine Zeichnung nach ihr machen. |
Das Verständnis des Bildes hat
es nur mit dem Bild zu tun. Das Verständnis des
Satzes nur mit dem Satz. |
Das Satzzeichen verstehen, heißt
durch dieses ein Datum zu erhalten, das, da es nicht der
dargestellte Sachverhalt ist, noch der Satz genannt werden
kann. |
Wenn uns die
ostensive || hinweisende Definition
Verständnis mitteilt, dann muß
hinfort beim Hören des erklärten Wortes etwas anderes
geschehen, als vorher. (Wenn wir es im Satz
hören.) |
Ich sage “wähle alle blauen Kugeln aus”; er
aber weiß nicht, was
“blau” heißt.
Nun zeige ich und sage “das ist blau”.
Nun versteht er mich und kann meinem Befehl folgen.
164 Ich setze ihn in Stand, dem Befehl zu folgen. Was geschieht nun aber, wenn er in Zukunft diesen Befehl hört? Ist es nötig, daß er sich jener Erklärung, d.h. des einmaligen Ereignisses jener Erklärung erinnert? Ist es nötig, daß das Vorstellungsbild des blauen Gegenstandes || Gegenstands oder eines blauen Gegenstands vor seine Seele tritt? Alles das scheint nicht nötig zu sein, obwohl es möglicherweise geschieht. Und doch hat das Wort “blau” jetzt einen andern Aspekt für ihn, als da es ihm noch nicht erklärt war. Es gewinnt gleichsam Tiefe. Er sieht jetzt etwas anderes darin.(﹖) |
Man könnte es﹖
aber in gewissen Fällen geradezu als Bedingung des Verstehens
setzen, daß man den Sinn des Satzes
muß zeichnen können. –
Wenn ich aber frage: Woher
weißt Du, daß Du den
Sinn zeichnen kannst?
(Außer es
heißt, daß Du ihn
gezeichnet hast.) |
Denken wir an das Verstehen einer
Bildergeschichte. Hier wird übrigens das Kriterium des Verstehens darin gesehen, daß wir die Geschichte nach den Bildern in Worten erzählen können. |
Welche Wirkung hatte nun die hinweisende
Erklärung? Hatte sie sozusagen nur eine
automatische Wirkung? Das heißt
aber, wird sie nun immer wieder benötigt, oder hatte sie eine
ursächliche Wirkung, wie etwa eine Impfung, die uns ein
für alle Mal, oder doch bis auf weiteres, geändert
hat. |
Ist es nicht
so, daß, so weit die
Definition uns ein für alle Mal Verständnis gegeben hat,
sie unsere Sprache geändert hat und daher nur als
Geschichte unseres Verständnisses in Betracht kommt, oder:
für uns darum nicht in Betracht
kommt. || … und daher nur in
der || als Geschichte unseres Verständnisses,
logisch aber nicht, in Betracht kommt. |
Die Definition kommt für
uns nur dort in Betracht, wo sie wieder 165 gebraucht wird. |
Ich könnte bildlich
sagen: ich finde in meinem Geist das Wort
“rot” als Etikette eines roten
Vorstellungsbildes (vor)﹖.
(Bergson) |
Wenn ich die Zeichen
“non” und
“ & ” verstehe, so
kann ich p ∣ q durch
non-p
& non-q = p ∣ q Def.
erklären. Aber ich kann nun im Gebrauch der Form
x ∣ y so weit kommen,
daß ich, um sie zu verstehen, die
Übersetzung in
non-x &
non-y nicht mehr vornehmen
muß und dann ist die Definition obsolet
geworden und damit gezeigt, daß sie von
vornherein nicht unbedingt nötig gewesen wäre; denn alles
was nötig war, war, die grammatischen Regeln für
‘x ∣ y’ zu
kennen. |
Eine
Erklärung kann nicht in die Ferne wirken. Ich
meine: sie wirkt nur, wo sie angewandt wird. Wenn
sie außerdem noch eine
“Wirkung” hat, dann nicht als
Erklärung. |
Das Verstehen des Satzes kann nicht
(wesentlich) in dem Abbilden in eine andre Sprache
liegen. Es handelt sich vielmehr um die
“Möglichkeit” dieses Abbildens und die
muß darin liegen, wie man den Satz selbst
sieht. Wie die Möglichkeit, das gemalte Bild
plastisch abzubilden, darin liegt, daß man
es plastisch sieht. |
Wenn das Verständnis darin besteht,
daß man den Satz abbilden
kann, dann gibt es hier die zwei Fälle:
Erstens, daß ich mich darin
irren kann, wie in dem Fall, wenn ich sage, ich kann 50
kg heben und der Versuch ergibt,
daß ich es nicht kann. Oder
zweitens, daß der Satz “ich
kann … ” die Beschreibung einer unmittelbaren || direkten Erfahrung ist;
daß es also auch nicht gegen die Wahrheit
der Aussage spricht, wenn ich aus
“äußeren
Gründen” an der Ausführung verhindert bin.
166 |
“Ich kann das zeichnen, wenn nichts mich
hindert”: welche seltsame
Verklausulierung. Heißt das
nicht: ich kann, wenn ich kann? Denn es ist ja
nicht von der Art: “ich kann diese Arbeit machen, wenn
ich nicht krank werde”. Denn hier habe ich nur
eine äußere Ursache
ausgeschaltet, und ist das die einzige, die ich
ausgeschaltet habe, so heißt der
Satz: ich werde die Arbeit machen, wenn ich nicht krank
werde. In dem oberen Satz aber habe ich gar nichts
vorausgesagt und jedes Hindernis als solches gelten lassen (denn
voraus wissen kann ich ja nichts). |
Wir sagen jemandem
“das ist grün;
vergiß es nicht!”
Nun kommt das Wort “grün” vor und er will
darnach handeln. Und nun sucht er sich daran zu
erinnern, welche Farbe “grün” genannt
war. Aber worin besteht dieses Suchen?
Nachschauen was grün genannt war? Er drückt
etwa auf einen bestimmten Knopf und was dann hervorspringt ist das
Gesuchte (wenn etwas hervorspringt). |
Man kann also auch so sagen:
Er ist davon abhängig, ob sich beim Hören des
Wortes “grün” etwas – in bestimmter Weise
– meldet. |
Heißt ‘Verstehen’
schon: übersetzen, dann muß
man nicht verstehen um übersetzen zu können. || … dann ist das Verstehen keine Bedingung
des Übersetzens.
|
Und da bietet sich uns ein
Ausweg an, der aber keiner ist, nämlich:
daß die erste
Übersetzung des Verstehens eine
automatische ist, während die dem Verstehen folgende
eine willkürliche ||
gewollte¤. (Jeder
solche falsche Ausweg ist aber﹖ interessant,
denn er böte sich uns nicht an, wenn nicht irgendetwas
Richtiges an ihm wäre.) |
Wenn verstehen
nicht übersetzen heißt,
dann heißt
es: || ,
das 167 Zeichen im Raum seiner grammatischen
Regeln sehen. |
Man
kann der Philosophie keinen größern
Gefallen tun, als wenn man die gewöhnliche und irrige
Auffassung paraphrasiert und deutlich hinstellt. |
Das Schachspiel ist
gewiß einzig und allein durch seine Regeln
(sein Regelverzeichnis) charakterisiert. Ebenso ist
es klar, daß Einer, der eine
Partie Schach spielt und jetzt einen Zug macht, etwas anderes tut,
als der, der nicht Schach spielen kann (d.h.
das Spiel nicht kennt) und nun eine Figur in die Hand nimmt und
sie zufällig der Regel gemäß
bewegt. Anderseits ist es aber ebenso klar,
daß der Unterschied nicht darin besteht,
daß der Erste in irgendeiner Form die Regeln
des Schachspiels vor sich hersagt
und || oder überdenkt. –
Wenn ich nun sage: daß er Schach
spielen kann, besteht darin, daß er
die Regeln kennt, ist diese Kenntnis der Regeln in jedem Zuge
in irgendeiner Form enthalten? In gewissem Sinne, scheint
es, ja! Denn sonst
müßte es erst eine zukünftige
Erfahrung ergeben, ob er wirklich Schach spielt,
d.h. “er spielt Schach”
wäre dann eine Hypothese, die übrigens
deshalb nur durch die Erfahrung bestätigt, aber nicht
erwiesen || bewiesen werden
könnte. Andrerseits scheint in gewissem Sinne kein
Zweifel möglich, daß ich Schach
spiele und in diesem Sinne muß das also in
dem liegen, was jetzt bei meinem Zug stattfindet.
Es muß also darin liegen, daß ich diesen Zug anders sehe (vergleiche ) als der, welcher nicht spielt. |
Gefragt,
was ich mit “und” im Satze “gib mir das
Brot und die Butter” meine, würde ich
mit einer Gebärde antworten, und diese Gebärde
würde die Bedeutung || würde, was ich
meine illustrieren. Wie das grüne
Täfelchen “grün” illustriert und wie die
W-F-Notation “und”,
“nicht” etc. illustriert.
168 |
Das
heißt, es gibt einen Sinn, in welchem der
Satz “ich spiele Schach” eine Hypothese ist, und
einen andern, in dem es keine ist. |
Nun könnte man nämlich sagen:
Wenn so komplizierte Vorgänge beim Verstehen des Wortes
“und” eine Rolle spielen und das Verstehen etwas
für uns Wesentliches ist, wie kommt es,
daß diese Vorgänge in der symbolischen
Logik nie erwähnt werden? Wie kommt es,
daß von ihnen in der Logik nie die Rede
ist, noch sein braucht? |
Das Verständnis wird nicht nur durch die Erklärung
hervorgerufen, sondern muß
(auch) selbst von der Multiplizität
dieser || der Erklärungen sein. |
D.h., wir
können wieder das System der Erklärungen für das
Verständnis nehmen. |
Erinnere Dich daran, wie schwer es Kindern
fällt, zu glauben, (oder einzusehen)
daß ein Wort wirklich zwei ganz verschiedene
Bedeutungen hat¤ || haben
kann. |
Ein unartikuliertes Verständnis ist für uns
kein Verständnis¤ || … nennen wir nicht
‘Verständnis’.
Was immer den Satz unartikuliert begleitet, interessiert uns nicht. |
Es ist
eine⋎ Auffassung,
daß er || Einer
gleichsam nur unvollkommen zeigen kann, ob er verstanden
hat.2 |
Daß er gleichsam nur immer aus der Ferne
darauf deuten, auch sich ihm nähern, es aber nie mit der Hand
berühren || ergreifen
kann. Und das Letzte immer ungesagt bleibt || bleiben
muß. 169 |
Man
will sagen: er versteht es zwar ganz, kann
es || dies aber nicht ganz zeigen, da er sonst schon
tun müßte, was ja erst in Befolgung
des Befehls geschehen darf. So kann er es﹖
also nicht zeigen, daß er ganz
versteht. D.h. also, er
weiß immer mehr, als er zeigen kann.
Aber so ist es nicht. Er weiß nicht mehr, als er zeigen kann. Und nur was er zeigen kann, das weiß er. |
Man möchte sagen: er ist
mit seinem Verständnis bei der
Tatsache || bei der
Ausführung, aber die Erklärung kann nie die
Ausführung enthalten. Aber das Verständnis enthält nicht die Ausführung, sondern ist nur das Symbol, das bei der Ausführung übersetzt wird. |
Unsere Frage
durfte nicht lauten “was heißt es,
einen Satz verstehen”, sondern “was
heißt es, ihn so zu
verstehen”. Denn die Erklärung
entspricht diesem Verständnis (dieser Deutung)
und nicht dem Verständnis
überhaupt. |
Wenn ich sage, alles Verständnis entspricht einer
Erklärung und es gibt kein Verständnis, das nicht
erklärt werden || durch Erklärung
erzeugt werden könnte, so meine ich mit
‘Verständnis’ das So-Verstehen (im
Gegensatz zum anders Verstehen). Aber nicht das
Verstehen überhaupt (im Gegensatz zum Nicht-Verstehen
d.h. ‘nicht als Satz
auffassen’).
Dem aber entspricht keine Erklärung. |
Was heißt
es dann aber, einen Satz überhaupt (als solchen)
zu verstehen? |
Das Verständnis, das || was nicht die
Erklärung geben kann, kann die Sprache nicht geben.
170 |
Aber, wenn es eine Erklärung dieses Verständnisses
(d.h. des Vorgangs dieses
Verständnisses) gäbe, so
müßte es auch eine Unterweisung darin
geben. (Also eine Erklärung im ersten
Sinn.) |
Wir
haben gesagt, || ; || :
Verständnis entspricht der Erklärung; soweit es aber der Erklärung nicht entspricht,
ist es unartikuliert und geht uns deswegen nicht an; oder es ist
artikuliert und entspricht dem Satz selbst, dessen Verständnis
wir beschreiben wollten. |
Die Frage um die es sich handelt, ist
eigentlich die: Sind die Vorgänge beim Verstehen
(Denken) beschrieben, wenn ich sage,
daß es gewisse Vorstellungen sind
etc.; oder ist außer diesen
Vorstellungen, welcher Art sie auch sein
mögen, noch etwas weiteres anderer Art,
was man die Interpretation nennen
müßte || möchte, vorhanden.
|
Ich
müßte dann aber sagen:
Denken ist keine abgeschlossene Tatsache, von welcher Art
immer. Denn ‘Art’
muß hier logische Art
heißen. |
Ich sage: Das Verstehen bestehe
darin, daß ich eine bestimmte
Erfahrung habe. ‒ ‒
Daß diese Erfahrung aber das Verstehen dessen ist – was ich verstehe – besteht || liegt darin, daß diese Erfahrung ein Teil meiner Sprache ist. |
Daß ein Satz ein Satz ist,
besteht nicht darin, daß ich
das mit ihm meine, sondern,
daß ich mit ihm
ausdrücke || mit ihm
meine;
daß ich das mit ihm meine,
muß aus ihm
hervorgehen. |
(Da scheinen wir nun auf etwas
Transzendentes zu
stoßen. Und sind 171 zu einer besonders intensiven
Introspektion geneigt.) |
Könnten wir etwas
‘Sprache’ nennen, was nicht wirklich angewandt
würde? Könnte man von Sprache reden, wenn nie
eine gesprochen worden wäre? (Ist denn
Sprache ein Begriff, wie
‘Zentaur’, der
besteht, auch wenn es nie ein solches Wesen gegeben
hat?) |
Sprache läßt sich nur mit der
Sprache beschrieben, darin liegt die Lösung des
Rätsels. |
Die
Grenze der Sprache zeigt sich in der Unmöglichkeit, die
Tatsache zu beschreiben, die einem Satz entspricht || die dem Satz gemäß
ist (seine
Übersetzung ist) ohne eben den Satz zu
wiederholen. |
(Wir haben es hier mit der
Kant'schen
Lösung des Problems der Philosophie zu tun.) |
Man könnte eine
wesentliche Frage auch so stellen: Wenn ich
jemandem sage “male diesen Kreis rot”, wie
entnimmt er aus dem Wort ‘rot’, welche Farbe er
zu nehmen hat? |
Wie soll er wissen, welche Farbe er zu wählen hat, wenn er
das Wort ‘rot’ hört? –
Sehr einfach: er soll die Farbe nehmen, deren Bild ihm
beim Hören des Wortes einfällt. –
Aber wie soll er wissen, was die ‘Farbe’ ist,
‘deren Bild ihm einfällt’? Braucht
es dafür ein weiteres Kriterium?
u.s.f.. |
Wie weiß er, welche
Farbe er bei dem Wort ‘rot’ zu wählen
hat? – Weil es ihm erklärt worden
ist. Und so weit diese Erklärung als Erklärung wirkt, hat sie die Multiplizität 172 des
Verständnisses. |
Es gibt kein Kriterium, kein Symptom, dafür,
daß diese Farbe Rot ist. |
Der Satz, wenn ich ihn verstehe,
bekommt für mich Tiefe. |
Wenn ich sage “zeichne einen Kreis an
der Wand”, so zeige ich von mir zur Wand, und ist das
nicht das Vorbild jenes
Nach-außen-weisens des
Satzes? |
Man
würde etwa (so)﹖ sagen:
Ich sage ja nicht nur “zeichne einen
Kreis”, sondern ich wünsche doch,
daß der Andre etwas tut.
(Gewiß!) Und
dieses Tun ist doch etwas anderes als das Sagen,
und ist eben das Außerhalb worauf ich
weise || worauf der Satz
weist. |
Jedes Symbol scheint als solches etwas offen zu
lassen. |
In wiefern
kann man den Wunsch ‘unbefriedigt’ nennen?
Was ist das Urbild || Vorbild der Unbefriedigung?
Ist es der leere Hohlraum (in den etwas
hineinpaßt)?
Und würde man von einem leeren Raum sagen
er sei unbefriedigt? Wäre das
nicht auch eine Metapher? Ist es nicht ein gewisses
Gefühl, das wir Unbefriedigung nennen? Etwa der
Hunger. Aber der Hunger enthält nicht das Bild
seiner Befriedigung. Ist also unser Urbild der
Unbefriedigung etwa der leere Magen und der
Hunger? |
Ich
könnte mir vorstellen: Wenn ich Hunger habe,
öffne ich meinen Mund und der offene Mund ist nun
(quasi) ein Symbol der Unbefriedigung. –
Aber warum ist er allein nicht unbefriedigt, noch auch der
Hunger allein? 173 |
Wieder: Der offene Mund ist nur als Teil einer Sprache
unbefriedigt. Oder soll ich sagen: Nur
als Teil eines Systems, das auch die Befriedigung
enthält. |
Die
Hohlform ist nur unbefriedigt in dem System, in dem auch die
entsprechende Vollform vorkommt. || … in dem
auch die Vollform vorkommt. |
Das heißt,
man kann das Wort “unbefriedigt” nicht schlechtweg
von einer Tatsache gebrauchen. Es kann aber in einem
System eine Tatsache beschreiben helfen. Ich
könnte z.B. ausmachen || festsetzen,
daß ich den Hohlzylinder ‘den
unbefriedigten Zylinder’ nennen werde, den
entsprechenden Vollzylinder, seine Befriedigung; und
daß so eine Notation
möglich ist, ist natürlich für das
System charakteristisch. Daß man
also sagen kann: “Er sagte
‘p ist der Fall’ und so
war es”. |
Aber man kann nicht sagen, daß der Wunsch
‘p möge der Fall sein’ durch
die Tatsache p befriedigt wird. Denn, hat das
erste p schon einen Sinn, dann sagt es das schon
selber; hat es aber noch keinen, dann war das
erste || der erste
Ausdruck noch kein Wunsch, und der Satz kommt
einer Zeichenerklärung gleich, || … hat es
aber noch keinen, dann kommt der Satz einer Zeichenerklärung
gleich, die übrigens hier ein Zeichen durch
sich selber, also nicht, erklärt. |
Rechtmäßiger
Gebrauch des Wortes ‘Sprache’: Es
bedeutet entweder die Erfahrungstatsache,
daß Menschen reden (auf gleicher Stufe
mit der, daß Hunde
bellen), oder es bedeutet: festgesetztes System der
Verständigung || festgesetztes System
von Wörtern und grammatischen Regeln in den
Ausdrücken “die englische Sprache”,
“deutsche Sprache”, “Sprache der
Neger” etc..
‘Sprache’ als logischer Begriff könnte
nur mit ‘Satz’ äquivalent, und dann
eine || die Überschrift eines
Teiles der Grammatik sein. 174 |
Wenn
ich sage || sagte “die Sprache ist
einzig”, so heißt das eben,
daß ‘Sprache’ hier kein
Wort ist, d.h., sich so nicht anwenden
läßt. |
Was ich zum Beweis meines Verständnisses
zeigen kann, kann mein Verständnis auch ganz
ausdrücken. |
Das sieht man, glaube ich, klar, wenn man einen Befehl, etwa in
anderer Form, wiederholt, um zu zeigen, daß
man ihn verstanden hat. |
Wenn man das Problem des Verständnisses überdenkt,
so meint man, immer, es müsse einem doch beim Verstehen
zu wenig sein, bloß einer Vorstellung
(oder dergleichen) habhaft zu werden. Aber wie
will || wollte man denn mehr
wollen?! |
Das was Einen befriedigt ist freilich nicht die Vorstellung
selbst, sondern ihre Stellung zu uns. |
Das Bild, das mit dem Verständnis kommt,
muß Teil einer Bildersprache
sein. |
Ich
erkläre jemandem einen Plan und wie er zu gehen hat, und sage,
auf eine Stelle des Planes zeigend: “Hier stehen
wir; Du gehst …”. Nun sieht er die Karte
anders. |
Kann ich
sagen, das Drama hat seine eigene Zeit die nicht ein Abschnitt der
historischen Zeit ist.
D.h., ich kann in ihm von
früher und später reden, aber die Frage hat keinen
Sinn, ob die Ereignisse, etwa, vor oder nach
Cäsars Tod
geschehen sind. |
Wer den Auftrag ‘geh dort hin’ versteht,
muß dabei seine
gegenwärtige 175 Lage verstehen.
﹖– Ich meine, er
muß die gegenwärtige Lage sehen und
die Relation der beiden Lagen –﹖.
|
Wenn ich mit verbundenen
Augen die Richtung verloren habe und man mir nun
sagt: geh dort und dort hin, so hat dieser Befehl keinen Sinn
für mich. |
Gibt es nicht einen Raum “der bekannten
Gegenstände”?
Sodaß, wenn alles um uns sich
fortwährend bewegte – alle Gestalten sich
fortwährend auflösten wie Nebelschwaden – wir in
einer anderen Art vom physikalischen || von physikalischem Raum wären? |
(Der Plan kann mich nur leiten,
wenn ich auch auf dem Plan bin.) |
Aber wie immer, – wer den Plan
erklärt, gibt weitere Zeichen. Und wer ihn versteht, faßt sie auf. |
Das Verstehen des Befehles kann zur
Ausführung keine andere Beziehung haben, als eben eine
Tatsache zu einer völlig anderen. |
“Dasselbe was ich jetzt getan habe,
wollte ich vor 5 Minuten”. Was ich damals
getan habe heißt eben
“wollen, was ich jetzt getan
habe”. |
So
wird die Sprache gebraucht. |
Man möchte fragen: Welcher
außerordentliche
Prozeß muß das
Wollen sein, daß ich das wollen
kann, was ich erst in 5 Minuten tun werde?! |
Die Antwort: Wenn
Dir das sonderbar vorkommt, so vergleichst Du 176 es mit etwas, womit es nicht zu
vergleichen ist. – Etwa damit: Wie kann
ich jetzt dem Mann die Hand geben, der erst in 5 Minuten
hereintreten wird? (Oder etwa gar: Wie
kann ich dem die Hand geben, den es vielleicht gar nicht
gibt?) |
Das
‘foreshadowing’ der Tatsache besteht
offenbar darin, daß wir jetzt denken
können, daß das eintreffen
wird, was erst eintreffen wird. Oder, wie
das irreführend ausgedrückt wird:
daß wir an das denken
können, was erst eintreffen wird. |
“Der Befehl nimmt die
Ausführung voraus”. In wiefern nimmt er
sie denn voraus? Dadurch,
daß er das
befiehlt || daß er
jetzt befiehlt, was später
ausgeführt (oder nicht ausgeführt) wird.
Oder: Das, was wir damit meinen, wenn wir sagen, der
Befehl nimmt die Ausführung voraus, ist
dasselbe, was dadurch ausgedrückt ist,
daß der Befehl befiehlt, was später
geschieht. Aber richtig: “geschieht, oder
nicht geschieht”. Und das sagt
nichts. (Der Befehl kann sein Wesen eben nur
zeigen.) |
Ich sage: Hier ist zwar
nichts Rotes um mich, aber wenn hier etwas
wäre, so könnte ich es erkennen. – Hier sage ich offenbar etwas über den
gegenwärtigen Zustand aus, da es nicht von der weiteren
Erfahrung abhängt ob ich recht hatte
zu sagen, daß ich rot erkennen kann.
Im Gegenteil, es läßt sich gar
nicht durch eine weitere Erfahrung bestätigen. |
Man kann auch nicht sagen:
Wenn jetzt nichts Rotes um Dich ist, so hat doch der Satz,
der das sagt, nur Sinn, wenn Du einmal etwas Rotes gesehen
hast. Auf die Geschichte meiner Begriffe kommt es nicht
an. Hat es Sinn, das Wort ‘rot’ zu
gebrauchen, so hat es Sinn; d.h., kann ich es
gewissen Regeln
gemäß gebrauchen, dann
darf ich es gebrauchen. 177 |
Aber, wenn auch mein Wunsch nicht bestimmt, was der
Fall sein wird, so bestimmt er doch sozusagen das Thema einer
Tatsache, ob die nun den Wunsch erfüllt, oder nicht.
|
Muß er nun dazu etwas voraus
wissen? Nein. p. ⌵ .non-p sagt
wirklich nichts. |
Wir wundern uns – sozusagen – nicht
darüber, daß Einer die Zukunft
weiß, sondern – darüber,
daß er überhaupt (richtig oder
falsch) prophezeien kann. |
Es ist, als würde die
bloße Prophezeiung
(gleichgültig ob richtig oder falsch) schon einen
Schatten der Zukunft vorausnehmen. – Während
sie über die Zukunft nicht weiß, und
weniger als nichts nicht wissen kann. |
(Es ist mir immer, als könnte ich
nachweisen, daß das Wort
“Gedanke” unrichtig gebraucht wird,
wenn ich sage, der Gedanke sei unbefriedigt.
Daß dann
das || dieses Wort gleichsam eine Funktion
darstellt. Daß, wenn ich den
Gedanken unbefriedigt nenne, ich das Wort sozusagen als
Funktion in einem Satz gebrauchen muß, in
dem er zusammen mit etwas Anderem befriedigt ist. Ich
möchte dann sagen, das Wort wird nicht absolut, sondern
relativ gebraucht.) |
Die Gebärde kann den Wunsch
ausdrücken. Ob sie ihn aber ausdrückt,
hängt davon ab, ob wir ihn dadurch
ausgedrückt haben || ich ihn dadurch ausgedrückt
habe, d.h. ob wir das als Sprache
festgesetzt haben. Das Kreuz in meinem Kalender kann ausdrücken, daß ich heute eine Vorlesung halten soll, wenn ich es dazu bestimme. Durch eine beliebige einmalige Zuordnung dieses Zeichens zu meiner Vorlesung wird es nicht zu diesem Ausdruck. 178 |
Der
Ort des || eines Wortes in der
Sprache ist seine Bedeutung. |
Man kann den Wunsch nicht durch etwas anderes
ersetzen, was nicht ein || der Wunsch ist; und sich
dann wundern, daß es nicht
ein || kein Wunsch ist. |
Wenn ich frage: worin besteht es,
zu wünschen, der Tisch wäre so hoch, und
gäbe || gebe nun eine
Antwort; etwa die, es bestehe darin, die Hand über den
Tisch zu halten etc. etc., so habe ich
doch das, was ich “erklären” wollte, durch
etwas anderes ersetzt. Und wie soll dieses Andere, dessen
Ausdruck in der Sprache neben dem zu
Erklärenden besteht, das Wünschen
erklären? |
Denn ‘erklären’ kann hier wieder nicht
heißen: Verborgenes ans Licht
zu ziehen – da hier nichts verborgen ist. |
Man kann wieder nur die Grammatik
des Wortes ‘wünschen’
explizit machen. (Und so des
Wortes “denken”, etc..)
|
Ein Pfeil zeigt in einer
bestimmten Richtung, und auch wieder nicht. |
Man kann nichts absichtlich oder
unabsichtlich mit Absicht übersetzen. |
Wenn die Sprache auf einer
Übereinkunft beruht, so
muß doch diese
Übereinkunft wieder durch Zeichen, also
Sprache, geschlossen sein und daher beruht die
(gesamte) Sprache nicht auf
Übereinkunft. |
Es scheint
(nämlich),
daß das Wort ‘Wunsch’,
‘Gedanke’, etc. nur manchmal
einen Vorgang, eine Tatsache, zu bezeichnen gebraucht wird,
manchmal aber anders, gleichsam als unvollständiges Symbol
durch ein anderes ergänzt. 179 |
Ich sage, die Hand über
dem || den Tisch haltend,
“ich wollte, dieser Tisch wäre so
hoch”. Nun ist das Merkwürdige: die
Hand über dem Tisch an und für sich drückt gar
nichts aus. D.h., sie ist eine
Hand, über einem Tisch, aber kein Symbol (wie der
Pfeil, der etwa die Gehrichtung anzeigen soll, an sich nichts
ausdrückt). |
Die grammatische Regel beschreibt auch das
Verständnis. |
Denn die Frage ist: würde er dieses Wort auch gebraucht
haben, wenn andere Regeln davon gelten? |
Und wird er sagen, er habe die
Zeichen so verstanden, wenn ich die grammatischen Regeln
ändere? |
Die
Schachfigur ist nicht das Holzklötzchen, sondern der Schnitt
gewisser Regeln. Daher handeln die Regeln nicht von Holz
oder Elfenbein. So wenig, wie die Gesetze der
euklidischen Geometrie von Graphit
auf Papier. |
So
handeln auch die grammatischen Regeln nicht von Tinte. |
Kann
ich nicht sagen: ich meine die Verneinung, welche
verdoppelt eine Bejahung gibt? |
Wäre das nicht, als würde man
sagen: Ich meine die Gerade, deren zwei sich in
einem Punkt schneiden. |
Das heißt: Wenn Du von
Rot gesprochen hast, hast Du dann das gemeint, wovon man sagen kann,
es sei hell, aber nicht grün, auch wenn Du an diese Regel nicht
gedacht, oder von ihr Gebrauch gemacht hast? – Hast
Du das ‘non’ verwendet, wofür
non-non-non-p = non-p
ist? auch wenn Du diese Regel nicht verwendet
hast? Ist es etwa eine Hypothese,
daß es das
non war? Kann es
zweifelhaft sein, ob es dasselbe war, und durch die Erfahrung
bestätigt werden. |
Die Geometrie unseres Gesichtsraumes ist uns gegeben,
d.h., es bedarf keiner Untersuchung bis jetzt
verborgener Tatsachen, um sie zu finden. Die
Untersuchung ist keine, im Sinn einer physikalischen, oder
psychologischen Untersuchung. Und doch
kann man sagen, wir kennen diese Geometrie noch nicht.
|
Man kann sagen, diese
Geometrie liegt offen vor uns (wie alles Logische)
– im Gegensatz zur praktischen Geometrie des
physikalischen Raumes). |
Wenn es die wesentliche Verwendung des Symbols
ist, übersetzt zu werden, so kann es kein wesentliches
Verständnis || Verstehen des
Symbols geben, das nicht im Hinblick auf die
Übersetzung geschieht. |
Aber was
heißt es “im Hinblick” auf
die Übersetzung, wenn diese nicht
erfolgt ist? 181 |
Und
wenn wir sagen, das
Verständnis || Verstehen
des Befehls sei eine andere Übersetzung,
als die Befolgung, was nützt uns dann diese
(andere)
Übersetzung? |
Das Element der Betonung || des Tonfalls in der Wortsprache
kümmert uns an und für sich gar nicht,
daß es aber verwendet werden
kann, um den Sinn deutlich zu machen, ist für uns
sehr wichtig. |
Was
heißt es: verstehen,
daß etwas ein Befehl ist, wenn man auch
den Befehl selbst noch nicht versteht? (“Er
meint: ich soll etwas tun, aber was er wünscht,
weiß ich nicht”.) |
Ich verstehe doch einen Befehl
als Befehl, d.h., ich sehe in ihm nicht nur
ein Gebilde, sondern es hat – sozusagen – einen
Einfluß auf mich. Ich reagiere
auf einen Befehl (auch ehe ich ihn befolge) anders, als etwa
auf eine Mitteilung oder Frage. |
Es kann keine notwendige
Zwischenstufe zwischen dem Auffassen eines Befehles und dem
Befolgen geben. |
Es
sagt mir jemand etwas; nun, wie immer er es meint,
ich fasse es als einen Befehl auf, ohne ihn aber noch
auszuführen. Wie es der Andere meint, ist für uns überhaupt immer ganz gleichgültig. Gegeben sind mir ja nur seine Worte und eventuell seine Gebärden und sein Gesichtsausdruck, welche aber alle auf gleicher Stufe stehen. – D.h., ich muß sie alle deuten. |
Deuten. –
Deuten wir denn etwas, wenn uns jemand einen Befehl gibt?
wir fassen auf, was wir sehen: oder: wir sehen, was wir
sehen. 182 |
Es
sei denn, daß wir “deuten”
doch nur auf die Worte beziehen und sagen: wir deuten sie mit
Hilfe seiner Gebärde, was dann nur
heißt, ﹖– wir
nehmen Worte und Gebärde
wahr. –﹖ |
Wenn mich jemand fragt:
‘wieviel Uhr ist es’, so geht in mir dann keine
Arbeit des Deutens vor. Sondern ich reagiere unmittelbar
auf das, was ich sehe und höre. |
Philosophie wird nicht in Sätzen,
sondern in einer Sprache niedergelegt. |
Ich deute die Worte; wohl; aber
deute ich auch die Mienen? Deute ich
etwa, einen Gesichtsausdruck als drohend? oder
freundlich? – |
Wenn ich nun den früheren Einwand hier geltend machte und
sagte: Es ist nicht genug,
daß ich das drohende Gesicht als Gebilde
wahrnehme, sondern ich
muß es erst deuten. Es zückt jemand das Messer und ich sage: “ich verstehe das als eine Drohung”. |
Das Subjekt tritt in das
Verstehen, im primären Sinn, so wenig ein, wie in
das Sehen des Zeichens. |
Ich sehe eine deutsche Aufschrift und eine chinesische. – Ist die chinesische etwa ungeeignet etwas
mitzuteilen? – Ich sage, ich habe Chinesisch
nicht gelernt. Aber das Lernen der Sprache fällt als
bloße Ursache,
Geschichte, aus der
Gegenwart heraus. Nur auf seine Wirkungen
kommt es an und die sind Phänomene, die eben nicht eintreten,
wenn ich das Chinesische sehe. || anschaue. (Warum sie
nicht eintreten, ist ganz gleichgültig.) 183 |
Das
Lernen der Sprache ist in ihrer Benützung || ihrem Gebrauch nicht
enthalten. (Wie die Ursache eben nicht in
ihrer Wirkung.) |
Das Festsetzen einer Regel ist die
Vorgeschichte || Geschichte des Handelns nach
dieser Regel. Es fällt aus letzterem heraus,
nicht aber die Regel, die in dem Folgen verkörpert ist
(indem das Folgen durch den Ausdruck der Regel beschrieben
ist). |
Ich kann
die Regel selbst festsetzen und
mich eine || die Sprache lehren. Ich
gehe spazieren und sage mir: Wo immer ich einen Baum
treffe, soll mir das das Zeichen sein, bei der nächsten Kreuzung
links zu gehen, und nun richte ich mich nach den Bäumen in
dieser Weise (fasse ihre Stellung als einen Befehl
auf). |
Das Fassen des Vorsatzes
gehört zur Geschichte seiner Ausführung, dagegen ist
er in seiner Ausführung enthalten. |
“Die Hand zeigt
dahin”. Aber in wiefern zeigt sie dahin?
einfach, weil sie sich in einer Richtung verjüngt?
(Zeigt ein Nagel in die Wand?)
D.h., ist es dasselbe zu sagen “sie
zeigt etc.”
oder || und “sie verjüngt sich in dieser
Richtung”? |
“Das Betreten dieser Brücke ist
gefährlich” zeigt nicht auf die Gefahr des
Betretens || beim Betreten der
Brücke. Und sofern es auf die Brücke zeigt,
gehört diese mit zum Symbol || Zeichen. |
Was heißt die
Frage: ist das dasselbe
‘non’, für welches
die Regel non-non-non-p =
non-p gilt? 184 |
“Meinst du das ‘non’ so,
daß ich aus non-p
non-non-~p
schließen kann?” |
Wie Gesetze nur Interesse gewinnen,
wenn die Neigung besteht, sie zu übertreten, || wenn sie übertreten werden so
gewinnen gewisse grammatische Regeln erst dann
Interesse, wenn die Philosophen sie übertreten
möchten. |
Daß das deutsche Wort
‘ist’ und das englische
‘is’ dasselbe bedeuten, kann man
auf zweierlei Art erfahren. Entweder ich habe die eine
Sprache unabhängig von der andern gelernt und lerne die andere
mit Hilfe (durch Übersetzung) der
ersten, lerne also aus dem Wörterbuche
‘is’ heiße
‘ist’. Oder ich habe beide Sprachen
unabhängig voneinander so gelernt, wie man in der Kindheit
seine eigene Muttersprache lernt und komme dann darauf,
daß ‘is’ und
‘ist’ einander entsprechen. |
Man sagt dem Kind:
“nein, kein Stück Zucker mehr!” und
nimmt es ihm weg. So lernt das Kind die
Bedeutung des Wortes ‘kein’.
Hätte man ihm mit denselben Worten ein Stück Zucker gereicht, so hätte es gelernt, das Wort anders zu verstehen. |
Die
Regel beschreibt ihre Anwendung. |
Ist es denn willkürlich, welche
Interpretation wir den Worten geben, die uns gesagt
werden? Kommt nicht das Erlebnis der Interpretation
185 mit dem Erlebnis des
Hörens der Zeichen, wenn wir ‘die Sprache der Andern
verstehen’? |
Soweit man also das Verständnis || Verstehen als einen Vorgang
beschreiben kann, ist es ein Phänomen, wie das Sehen des Zeichens
selbst. Die Frage aber ist dann, wo finden wir
(nun﹖) jenes von sich in den Raum
Weisende, was das Symbol zu sein scheint. |
Denn alle Zeichen, und was sie
mit sich bringen, scheint uns wesentlich von gleicher Art zu
sein. Es ist, was es ist, ist aber kein Symbol.
|
Als Symbol kann ich die
Dinge nur sehen, wenn ich sie von einem andern Standpunkt
betrachte. |
Wenn
ich z.B. sage stellt eine Hand vor,
oder: ich verstehe es als Hand, so sage ich etwas über
den Eindruck, den das Zeichen macht. Es ist
aber doch keine Hand, noch ist eine wirkliche Hand im Spiele und wenn
ich sage, es erinnert mich an eine Hand, so
heißt das, es ruft Vorstellungen in
mir wach, || … es verursacht in mir Vorstellungen,
Empfindungen, etc. in denen eine
Hand nicht vorkommt. Heißt das nun
also, daß ich diese Vorstellungen
etc. auch anders ohne Erwähnung der Hand
hätte beschreiben können, und die Anspielung auf die Hand
überflüssig || unnötig war? Aber das
ist offenbar dieselbe Frage wie die: Wenn ich mir
einen roten Fleck an der Wand vorstelle, der nicht da ist, so
geschieht doch etwas, worin nichts wirklich Rotes, und jedenfalls
kein roter Fleck an dieser Wand, eine Rolle spielt, denn es ist
doch keiner da: Kann ich also, was bei
diesem || dem Vorstellen
geschieht, nicht beschreiben, ohne der
Gegenstände Erwähnung zu tun || die
Gegenstände zu erwähnen, die
nicht in der Tatsache beteiligt sind,
﹖– oder doch nur als ein Teil einer
indirekten Beschreibung des Gegenstandes, von dem eigentlich die
Rede ist –﹖. – Aber so ist
es natürlich nicht. Und diese
Ausführung zeigt nur, worin der falsche
Gedankengang || Gedankenweg
besteht, den zu machen 186 wir versucht sind. |
Wenn ich sage: ich stelle mir
einen roten Fleck an dieser Wand vor, so ist das allerdings die
Beschreibung eines Vorgangs, einer Tatsache, unabhängig von
jener andern, die der Satz “an dieser Wand ist ein roter
Fleck” beschreibt; aber ich kann
diese || jene Tatsache nicht anders als durch
die Ausdrücke ‘rot’ und
‘Fleck’ etc., ja nur in dieser
Zusammenstellung, beschreiben (in einer Sprache
nämlich, in der die Tatsache, daß ein
roter Fleck an der Wand ist, mit diesen Worten beschrieben
wird). |
Und wenn
ich mich darüber || darüber
wundere, so muß || kann ich mich über jeden
sprachlichen Ausdruck wundern. |
Hier, glaube ich, sieht man, was
‘Mißverstehen
der || unserer Sprachlogik’
bedeutet. |
Wir sind
durch falsche Analogien in die Irre geführt und können
uns nicht aus dieser Verstrickung erretten. Das ist der
morbus philosophicus. |
D.h., es ist
eben nicht mehr Grund, sich über den Ausdruck
“ich stelle mir einen roten Fleck an der Wand
vor” (oder, ich wünsche mir
etc.) zu wundern, als über den:
‘an der Wand ist ein roter Fleck’ und über die
Ähnlichkeit dieses mit dem
Satz: ‘auf dem Tisch ist kein || ein roter
Fleck’. Das Vorkommen des Wortes
‘rot’ bedeutet eben nicht,
daß etwas rot ist und die
Gemeinsamkeit des Wortes ‘rot’ nicht,
daß zwei Gegenstände die Farbe
gemeinsam haben (es kann das Gegenteil davon bedeuten, wie
in den Sätzen “A ist rot” und
“B ist nicht
rot”). |
Wir könnten uns den Marsbewohner denken,
der auf der Erde erst nach und nach den Gesichtsausdruck des
Menschen als solchen verstehen lernte 187 und den drohenden erst nach
gewissen Erfahrungen als solchen empfinden lernt. Er
hätte bis dahin diese Gesichtsform angeschaut || angesehen, wie wir die Form eines
Steins betrachten. |
Kann ich so nicht sagen: er
lernt erst die befehlende Geste in einer
gewissen Satzform verstehen. |
Wenn mir jemand etwas sagt und ich verstehe
es, so geschieht mir dies ebenso, wie,
daß ich höre, was er sagt. || wie, daß ich, was er sagt,
höre. |
Kann man den Vorgang des Verständnisses eines Befehls
mit dem Vorgang der Befolgung vergleichen, um zu zeigen,
daß diese Befolgung
diesem Verständnis, dieser Auffassung, wirklich
entspricht? und in wiefern sie
übereinstimmen? |
Wie beschreibt die Sprache den Vorgang des
Verständnisses des Satzes
‘p’. Kann sie es anders
als durch den Satz, daß ich
‘p’ verstehe? Und
kann sie die Befolgung des Befehls ‘q’ anders beschreiben,
als indem sie sagt, daß ich
‘q’ befolge? Denn alles,
was bei diesen Vorgängen dadurch noch nicht
beschrieben ist, –﹖– ist
unwesentlich und kann sich so und anders
verhalten. –﹖ |
Einen Satz verstehen
heißt, ihn als Satz sehen und seine
Befolgung || die Befolgung des
Befehls kann keine Beschreibung haben, als ihn
selbst. |
Drury sagte mir einmal, er
habe überlegt, daß es unmöglich
sei, sich des Zustandes vor der Erlernung der Sprache zu
erinnern. – Man könnte natürlich
Erinnerungsbilder aus dieser || jener Zeit besitzen, aber man
188 kann sich nicht an ein
Fühlen des Mangels der Sprache erinnern, || entsinnen da man keinen Begriff der
Sprache haben kann, ehe man spricht, und freilich auch nachher
nicht, weil es einen solchen Begriff nicht gibt. Auch kann
man sich nicht an das Bedürfnis nach dem sprachlichen Ausdruck
erinnern, denn, wo das vorhanden ist, gibt es schon eine Sprache,
in der man denkt. |
Kann man jemandem befehlen, einen Satz zu verstehen?
|
Beim Hören eines
Wortes kann ich mir die Erklärung dieses Worts nicht ins
Gedächtnis zurückrufen; sie kommt, oder sie kommt
nicht. |
Da alles
offen daliegt, ist auch nichts zu erklären. Denn
was etwa nicht offen daliegt, interessiert uns
nicht. || … , denn, was etwa verborgen
ist, interessiert uns
nicht. |
Die Antwort auf die Frage nach der
Erklärung der Negation ist wirklich: verstehst Du
sie denn nicht? Nun, wenn Du sie verstehst, was
gibt es da noch zu erklären, was hat eine Erklärung
da noch zu tun? |
Wir unterscheiden doch aber Sprache, von dem was nicht Sprache
ist. Wir sehen Striche und sagen, wir verstehen sie, und
andere, und sagen, sie bedeuten nichts (oder, uns
nichts). Damit ist doch eine allgemeine Erfahrung
charakterisiert, die wir nennen könnten: “etwas
als Sprache verstehen” – ganz abgesehen davon,
was wir aus dem gegebenen Gebilde herauslesen.
|
Wir unterscheiden eine
Schrift, von dem, was keine || nicht Schrift
ist. Was heißt es, etwas als
Schrift sehen? Heißt es,
mich darnach richten? |
Wenn ich mich nun darnach richte –
wähle ich die Art, wie ich mich darnach richte?
Nein, denn sonst würde ich mich, wenigstens in
dieser 189 Beziehung, nicht nach dem Zeichen
richten. Wie aber, wenn ich doch die Art der Interpretation wähle? (Würfeln) |
Angenommen, ich lasse mich (wie
ich oben beschrieben habe) von den Bäumen auf meinem
Spazierweg leiten: Das setzt doch voraus,
daß ich eine Regel festsetze und mich
nach der Festsetzung richte, d.h.,
es hätte keinen Sinn, zu sagen, ich richte
mich nach den Bäumen, wenn ich die Art der
Interpretation erst für jeden einzelnen Fall bestimmen
wollte; d.h., in diesem Fall wäre es
eben keine Interpretation, sondern eine ganz
überflüssige Zuordnung. Es kann nicht
heißen: Hier ist ein Baum, also
will ich hier einmal links gehen, sondern: Hier ist ein
Baum, also muß ich hier
etc.. Das ‘also’ im
ersten Satz || Fall hat keinen Sinn und es
muß hier einfach ‘und’
heißen. Bei der Interpretation
aber hat es Sinn. Und das ‘also’ ist natürlich kein kausales, und wir können nicht fragen “bist Du sicher, daß Du deswegen links gehen mußt?” |
Das ist aber doch
falsch. Wahr ist es, daß zur
Interpretation das ‘also’
gehört und nicht das
‘und’. Aber ich könnte
etwa sagen, daß es nicht nötig war,
eine Festsetzung zu treffen, d.h. die allgemeine
Regel vorher auszusprechen (das ist Geschichte), wohl aber,
einer Festsetzung zu folgen. Und ich könnte sagen,
es ist nicht genug einer Regel zu folgen, denn das geschieht, was
immer ich tue, sondern ich muß einer
Festsetzung folgen; das ist ein anderer
Prozeß. |
Ich könnte nun auch sagen
“also muß ich nach
meiner Festsetzung links gehen”. Aber hier
ist das Merkwürdige, daß ich nun nicht
noch einmal sage: “und diese Festsetzung ist nach
jener anderen so zu deuten”, und es wäre ja auch
unsinnig, denn diese Regression || dieser
Regreß ist endlos. |
Aber ich will sagen, dieser
Prozeß kann nur
äußerlich
verschieden 190 sein von einem Handeln, das sich
nicht nach einer Festsetzung richtet. So verschieden,
wie auch zwei Arten des Benehmens || äußerlichen
Verhaltens || äußeren
Verhaltens sein können (oder zwei
Zeichengruppen an der Tafel). |
‘Der Festsetzung folgen’
muß ein Vorgang sein, aus dem man den
Ausdruck der Regel ablesen kann. Es besteht also nicht
darin, daß mehrere Vorgänge || eine Reihe von Vorgängen,
Intentionen, einer Regel folgen, denn dann wäre diese Regel
wieder ein Erfahrungssatz und natürlich nicht eindeutig durch
die Vorgänge || Tatsachen
bestimmt. Und ich muß die Regel eindeutig aus dem Vorgang ablesen können. Sonst könnte sie ja auch in der Beschreibung des Vorgangs nicht enthalten sein müssen. |
Wer die allgemeine Regel,
die er erkennt, nun herausschreibt, schreibt mehr auf,
als er sieht.
|
Der Prozeß des
Lernens hat natürlich etwas mit der Anwendung der Sprache
gemein. Das, was der Ausdruck der allgemeinen Regel mit
ihrer Anwendung gemein hat. 191 |
Der Befehl ist die Beschreibung seiner
Ausführung. |
Haben wir hier nicht das Wesen des Motivs im Gegensatz zur
Ursache? Offenbar ja. Der Befehl wird,
wenn ich ihn befolge, zum Motiv meiner Handlungsweise.
|
Und das Motiv ist nicht
hypothetisch. In dem Motiv kann ich mich nicht irren, es
ist in meiner Handlung enthalten, aber nicht so ihre Ursache.
|
(Ogdens und
Richards' und
Russells
Theorie der Bedeutung beruht also auf einer Verwechslung, oder
Gleichsetzung, von Motiv und Ursache.) |
Das Befolgen des Befehls liegt darin,
daß ich etwas tue – – Kann
ich aber auch sagen, ‘daß ich das
tue, was er befiehlt’? Gibt es ein
Kriterium dafür, daß das die
Handlung ist, die ihn befolgt? |
Das muß
natürlich heißen “wir
können von so einem Kriterium nicht reden”.
|
Was wir wollen, ist doch
wohl, die Grammatik des Ausdrucks “der Befehl wird
befolgt” klarzulegen || auseinanderzulegen.
“Ja, woher weiß ich aber dann, daß ich den Befehl befolgt habe?” ‒ ‒ (Ich kann den zentralen grammatischen Fehler nicht finden, auf dem alle diese Probleme beruhen.) Es ist natürlich dieselbe Frage wie die: Woher weiß ich, daß dieser Satz diese Tatsache beschreibt? Und ich möchte immer antworten: “weil ich ihn ja von dieser Tatsache heruntergelesen habe”. Und: “ich muß doch wissen, wie ich zu ihm gekommen 192 bin”. |
Wenn ich ein Kriterium angeben
könnte, so muß ich es mit der Sprache
angeben und dann müßte ich es nach dem
sprachlichen Ausdruck erkennen können; aber zu diesem
Erkennen brauchte ich ja selbst wieder das Kriterium.
|
Wenn ich Worte wählen
kann, daß sie der Tatsache – in
irgendeinem Sinne – passen, dann
muß ich also schon vorher einen Begriff
dieses Passens gehabt haben. Und nun fängt das
Problem von neuem an, denn, wie weiß ich,
daß dieser Sachverhalt dem Begriffe vom
Passen entspricht. |
Aber warum beschreibe ich dann die Tatsache gerade
so? Was
machte || ließ Dich
diese Worte sagen? |
Und wenn ich nun sagen würde:
“alles was geschieht, ist eben,
daß ich auf diese Gegenstände sehe
und dann diese Worte gebrauche”, so﹖ wäre
die Antwort: “also besteht das Beschreiben in weiter
nichts, und ist es immer eine Beschreibung, wenn
Einer …?” Und darauf
müßte ich sagen:
“Nein. Nur kann ich den Vorgang nicht
anders, oder doch nicht mit einer
andern || anderen
Multiplizität beschreiben, als, indem ich
sage: ‘ich beschreibe was ich sehe’; und
darum ist keine Erklärung mehr möglich, weil
mein Satz bereits die richtige || volle Multiplizität
hat.” |
Ich
könnte auch so fragen: Warum verlangst Du
Erklärungen? Wenn diese gegeben sein
werden || würden, wirst Du ja doch wieder
vor einem Ende stehen. Sie können Dich
nicht weiterführen,
als Du jetzt bist. |
Wir müssen am Schluß die Sprache ohne
Erklärung benützen. 193 |
Erklärung || Erklären
des Nähens oder des Rauchens im Gegensatz zum Erklären
des Übersetzens. Dort gibt die
Erklärung immer eine Beschreibung, die nicht die des
unmittelbar Wahrgenommenen ist. Der Mensch hatte vom Nähen oder Rauchen einen Begriff, ehe man's ihm erklärt hatte. Und nach der Erklärung weiß er mehr davon, als vorher. Die Erklärung des Denkens, die wir fordern, soll uns aber nicht mehr darüber sagen, als was wir wissen. Deshalb kann Er nach der Erklärung des Rauchens fragen. Und die Antwort kann nicht die Beschreibung dessen sein, was er unter “Rauchen” versteht, sondern die Beschreibung eines andern Vorgangs. |
(Ich kann || darf nie
sagen: “aus diesen Gründen
muß es sich so
verhalten”. Denn, was nicht offenbar ist, ist
für mich nicht vorhanden.) |
Das Triviale, was ich zu sagen habe
ist, daß auf den Satz “ich
sage das nicht nur, ich meine etwas damit” und
die Frage “was?”, ein weiterer Satz, in
irgendwelchen Zeichen, zur Antwort steht. |
(Ich kann nur die Schlüssel
reichen, aufsperren muß jeder
selbst.) |
Ich
kann aber doch auch fragen: Wie sieht ein Sonnenuntergang
aus? Auch wenn ich von allem Hypothetischen
absehe. Und so kann ich natürlich auch das Denken beschreiben, denn ich kann ja auch das Reden beschreiben. |
“Ich sage das nicht nur, ich meine auch etwas
damit”. – Wenn man sich überlegt was
dabei in uns vorgeht, wenn wir Worte meinen (und
nicht nur sagen) so ist es uns, als wäre dann etwas mit diesen
Worten gekuppelt, während sie sonst leer liefen. – Als ob sie gleichsam in uns eingriffen. 194 |
Niemand kann uns unseren || den
Gesichtsraum näher kennen lehren. Aber wir
können seine sprachliche Darstellung übersehen
lernen. |
Wenn ich
recht habe, so müssen sich philosophische
Probleme wirklich restlos lösen lassen, im Gegensatz zu
allen andern. |
Wenn ich sage: Hier sind wir an der Grenze der Sprache,
so scheint || klingt das immer,
als wäre hier eine Resignation nötig, während im
Gegenteil volle Befriedigung eintritt, da keine Frage
übrig bleibt. |
Die Probleme werden im eigentlichen Sinne aufgelöst – wie
ein Stück Zucker im Wasser. |
Die ‘Erklärung des
Denkens’ müßte dem, der nicht
weiß, was Denken ist, es
erklären können. Sie müßte also auch den, dazu anleiten können, der es früher nicht getan hat. || … es erklären können. Ihn dazu anleiten können. Und das alles mittels Gedankens. |
So weit || Insoweit
jede Tätigkeit (Schreiben, Sprechen, Nähen,
Rauchen) beschreibbar, lehrbar, ist, ist Denken keine
Tätigkeit. So wenig, wie Sich-ärgern,
das auch so wenig lehrbar ist. (Meine
Bemerkung über ‘kein Subjekt im
Denken’. Keine Tätigkeit ohne
Täter.) |
﹖– Das
Interesse an dem Psychologischen des Denkens ist dadurch für
uns aufgehoben, daß wir uns nur für die
Beziehung des Denkens zu sich selbst interessieren und
das Psychologische dadurch wegfällt, sich
kürzt. –﹖ 195 |
Wenn ich nun aber das Wort “ist”
betrachte: Wie kann ich hier zwei
verschiedene Anwendungsarten unterscheiden, wenn ich nur auf die
grammatischen Regeln sehe || achte? Denn diese erlauben
ja eben die Verwendung des Wortes im Zusammenhang
“die Rose ist rot” und “zweimal zwei ist
vier”. An diesen Regeln sehe ich nicht,
daß es sich hier um zwei
verschiedene Wörter handelt || daß wir hier zwei verschiedene
Wörter haben. – Ich ersehe es
aber z.B. wenn ich versuche in beiden
Sätzen statt “ist” “ist
gleich” zu setzen || einzusetzen (oder auch den Ausdruck
“hat die Eigenschaft”). Aber
nur wieder, weil ich für den Ausdruck “ist
gleich” die Regel kenne,
daß er in “die Rose …
rot” nicht eingesetzt werden darf || nicht stehen darf. |
Überhaupt: wovon gelten die
grammatischen Regeln, wenn sie vom Wort “ist”
gelten? Vom Laut, den ich dann und da ausspreche || hervorgebracht habe?
Von dem was allen “ist”-Lauten gemeinsam
ist? Sie gelten von “ist”, wenn es in diesem Sinne gebraucht wird. – “Wenn Du es so || in dieser Verbindung anwendest, so gebrauchst Du es eben nicht in diesem Sinne”. |
Die Frage ist
nämlich || aber: ist alles was ich hier treibe
nicht Mythologie? Dichte ich nicht zu dem
Offenbaren hinzu || dazu? Wenn ich
nämlich von dem Vorgang rede der beim Verstehen
(verständnisvollen Aussprechen oder Hören) des
Satzes vor sich geht. |
D.h., könnte ich nicht die Sprache
als soziale Einrichtung betrachten, die gewissen Regeln
unterliegt, weil sie sonst nicht wirksam wäre ||
wirken würde. Aber hier
liegt es: dieses Letztere || Letzte kann ich nicht sagen; eine
Rechtfertigung der Regeln kann ich, auch so, nicht geben.
Ich könnte sie nur als ein Spiel, das die Menschen spielen,
beschreiben. 196 |
Wenn ich mich weigere ein Wort, z.B. das Wort
‘ist gleich’ in zwei Zusammenhängen zu
gebrauchen, so ist der Grund das, was wir mit den Worten
beschreiben “das Wort habe in den beiden Fällen
verschiedene Bedeutung”. || das Wort
werde in diesen Fällen in verschiedenem Sinn
gebraucht. |
Kann ich nun aber das, was die grammatischen
Regeln von einem Worte sagen, auch anders beschreiben, nämlich
durch die Beschreibung des Vorgangs, der beim Verstehen des
Wortes stattfindet? |
Wenn also die Grammatik – z.B.
– die Geometrie der Verneinung ist, kann ich sie durch eine
Beschreibung dessen ersetzen, was bei der Verwendung sozusagen
hinter dem Wort ‘nicht’ steht? |
Aber so eine Beschreibung wäre
doch – wie gesagt – ein Ersatz des Wortes || für das Wort
‘nicht’, etwa wie
|
In meiner Darstellung schienen doch die
grammatischen Regeln die Auseinanderlegung dessen, was ich im
Gebrauch des Wortes auf einmal erlebe. Sozusagen
(nur)﹖ Folgen,
Äußerungen, der
Eigenschaften, die ich beim Verstehen auf einmal
erlebe. Das muß
natürlich ein Unsinn sein. |
Man würde ja geradezu sagen:
die || eine Verneinung hat die Eigenschaft,
daß sie verdoppelt eine Bejahung
ergibt. (Etwa wie: Eisen hat
die Eigenschaft, mit Schwefelsäure Eisensulfat zu
geben.) Während die Regel die Verneinung nicht
näher beschreibt, sondern konstruiert || konstituiert. |
Daß wir dieses Wort dieser Regel
gemäß gebrauchen, das dafür
197 einsetzen
etc., damit dokumentieren wir, wie wir es
meinen. |
Das Wort
‘nicht’ in der grammatischen Regel hat keine
Bedeutung, sonst könnte das nicht von ihm
ausgesagt werden. |
Die Negation hat keine andere
Eigenschaft, als etwa die, in gewissen Sätzen, die
Wahrheit zu ergeben. Und ebenso hat ein Kreis die Eigenschaft, da oder dort zu stehen, diese Farbe zu haben, von einer Geraden tatsächlich geschnitten zu werden; aber nicht, was ihm die Geometrie zuzuschreiben scheint. (Nämlich diese Eigenschaften haben zu können.) |
Was heißt es: “Dieses
Papier ist nicht schwarz und ‘nicht’ ist
hier in dem Sinne || ist hier so
gebraucht, daß eine dreifache
Verneinung eine Verneinung ergibt”? Wie
hat sich denn das im Gebrauch
geäußert?
Oder: “Dieses Papier ist nicht schwarz und zwei von diesen Verneinungen geben eine Bejahung”. Kann ich das sagen? Oder: “Dieses Buch ist rot und die Rose ist rot und die beiden Wörter ‘rot’ haben die gleiche Bedeutung”. (Dieser Satz ist von gleicher Art wie die beiden oberen.) Was ist denn das für ein Satz? ein grammatischer? Sagt er etwas über das Buch und die Rose? Ist der Zusatz zum Verständnis des ersten Satzes nicht nötig, so ist er Unsinn, und wenn nötig, dann war das erste noch kein Satz; und dasselbe gilt in den oberen Fällen. |
“Daß 3
Verneinungen wieder eine Verneinung ergeben,
muß doch schon in der einen Verneinung,
die ich jetzt gebrauche, liegen”. Aber deute
ich hier nicht schon wieder?
(D.h. bin ich nicht im Begriffe eine
Mythologie zu erfinden?) 198 |
Aber sind die grammatischen Regeln nicht nur || ausschließlich
Regeln des Übergangs von einem Satz zum
andern? |
In
wiefern kann man sagen: “diese Regel gilt von
dieser Verneinung”? |
Heißt es
etwas, zu sagen, daß drei
solche Verneinungen eine Verneinung ergeben.
(Das erinnert immer an “drei solche Pferde
können diesen Wagen fortbewegen”.)
Aber, wie gesagt, in jenem logischen Satz ist gar nicht von der
Verneinung die Rede (von der Verneinung handeln nur Sätze
wie: Es || es regnet nicht)
sondern nur vom Wort ‘nicht’, und es ist eine
Regel über die Ersetzung eines Zeichens durch ein
anderes. |
Aber
können wir die Berechtigung dieser Regel nicht einsehen, wenn
wir die Verneinung verstehen? Ist sie nicht eine Folge
aus dem Wesen der Verneinung? Sie ist nicht eine
Folge, aber ein Ausdruck dieses Wesens. |
Was wir sehen, wenn wir einsehen,
daß eine doppelte Verneinung
etc. … , muß von der Art
dessen sein, was wir im Zeichen
|
Wenn ich ein dreidimensionales
Gebilde, etwa einen Würfel, sehe, so sehe ich in gewissem
Sinne die Möglichkeit, Würfel gleicher
Größe in drei Richtungen an diesen
Würfel anzubauen. Die Geometrie sagt mir dann,
daß ich dies
könne. Sehe ich ein Quadrat, so sehe ich
diese Möglichkeit nicht etc..
|
(Die
perspektivische Zeichnung eines Würfels
und solcher Würfelgruppen ist ein herrliches Exempel, wie
man den dreidimensionalen Raum in die Ebene abbilden
kann.) 199 |
Die
Geometrie spricht aber so wenig von Würfeln, wie die Logik von
der Verneinung. (Man möchte hier vielleicht einwenden, daß die Geometrie vom Begriff des Würfels und die Logik vom Begriff der Negation handelt. Aber diese Begriffe gibt es nicht.) |
Man
kann einen Würfel – ich meine das Wesentliche des
Würfels – nicht beschreiben. Aber kann ich
denn nicht beschreiben, wie man z.B. eine
Kiste macht? und ist damit nicht eine Beschreibung
des || eines Würfels gegeben?
Das Wesentliche am Würfel ist damit nicht beschrieben, das
steckt vielmehr in der Möglichkeit dieser Beschreibung,
d.h. darin, daß sie
eine Beschreibung ist; nicht darin, daß
sie zutrifft. |
Nun
kann ich doch aber sagen: “Ich sehe die Figur
dreidimensional”. Aber
dieser Satz entspricht der Beschreibung einer Kiste. Er
beschreibt einen bestimmten Würfel, nicht die
Würfelform. Freilich kann ich das Wort
“Würfelform” definieren.
D.h. Zeichen geben, durch die es ersetzt
werden kann || darf. |
Man kann eine geometrische Figur
nicht beschreiben. Auch die Gleichung beschreibt sie
nicht, ﹖– sondern vertritt sie durch die
Regeln, die von ihr gelten –﹖.
|
Und haben wir hier nicht
das Wort “Figur” so angewendet || angewandt, wie in unseren
Betrachtungen so oft das Wort “Gedanke” oder
“Symbol”? Die Art der Anwendung dieses
Wortes, von welcher ich sagte, es bedeute dann kein
Phänomen, sondern sei quasi ein unvollständiges
Zeichen || Symbol und
entspreche eben einer Funktion. |
Man kann auch nicht sagen, die
Würfelform habe die Eigenschaft, 200 lauter gleiche Seiten zu
besitzen. Wohl aber hat ein Holzklotz diese
Eigenschaft. (Noch hat “die Eins die
Eigenschaft, zu sich selbst addiert, zwei zu
ergeben”.) |
Ich sagte doch: Es schien, als wären die
grammatischen Regeln die ‘Folgen in der Zeit’
dessen, was wir in einem Augenblick wahrnehmen, wenn wir eine
Verneinung verstehen. Und als gebe es also zwei Darstellungen des Wesens der Verneinung: Den Akt (etwa den seelischen Akt) der Verneinung selbst, und seine Spiegelung in dem System der Grammatik. |
In
“non-p & (non-non-p =
p)” kann der zweite Teil nur eine
Spielregel sein. |
Es hat den Anschein, als könnte man aus der Bedeutung
der Negation schließen,
daß non-non-p,
p
heißt. |
Als würden aus der Natur der Negation
die Regeln über das Negationszeichen
folgen. So daß, in gewissem Sinne, die Negation zuerst vorhanden wäre || ist und dann die Regeln der Grammatik. |
Es ist
also, als hätte das Wesen der Negation einen zweifachen
Ausdruck in der Sprache: Dasjenige, was ich sehe, wenn ich
die Negation verstehe, und die Folgen dieses Wesens in der
Grammatik. Anderseits ist es klar, daß die Regeln, wenn sie aus dem Wesen 201 der Negation hervorgehen,
nicht (wie﹖) aus einer
Regel, einem Satze, folgen. Und täten sie es,
so wäre eben dieser Satz die eigentliche Regel, auf die es uns
ankäme. |
Ich
will also sagen: die Regeln folgen nicht aus dem
Wesen der Negation, sondern sie drücken es aus.
|
(Ich kann
sozusagen || gleichsam die Regeln
über die Negation von ihr ablesen. Aber das scheint
eben zu besagen || beinhalten,
daß sie schon irgendwo anders,
nämlich in der Negation, aufgeschrieben stehen.
Das, wovon ich sie ablese, muß die gleiche
Mannigfaltigkeit haben, wie sie selbst.) |
Ist das nicht so, wie ich aus einer
Figur geometrische Sätze ablesen kann? |
Statt der Betrachtung der Negation,
könnte ich auch die eines Pfeiles setzen und
z.B. sagen: wenn ich ihn zweimal um
180˚ drehe, zeigt er wieder, wohin er jetzt zeigt; welcher
Satz dem non-non-p = p entspricht.
Wie ist es nun hier mit der Darstellung des Wesens dieses
Pfeils durch die Sprache? Jener Satz
muß doch unmittelbar von diesem Wesen
abgeleitet || abgelesen
sein und es also darstellen. Oder nehmen wir den Fall eines Quadrats und eines Rechtecks und die Sätze, daß das Quadrat durch eine Vierteldrehung mit sich selbst zur Deckung gebracht werden kann; das Rechteck aber erst durch eine halbe Drehung. Ich habe sie offenbar von dem Quadrat und dem Rechteck abgelesen. Aber was sind das überhaupt für Sätze? Wenn sie von bestimmten quadratischen oder rechteckigen Stücken handelten, wären es Hypothesen. Hier aber sind es geometrische Sätze. 202 |
Zu
sagen, daß eine Vierteldrehung ein Quadrat
mit sich selbst zur Deckung bringt, heißt
doch offenbar nichts andres als: Das Quadrat ist
um﹖ zwei zueinander senkrechte Achsen symmetrisch, und
das wieder, daß es Sinn hat, von zwei
senkrechten Achsen zu reden, ob sie vorhanden sind oder
nicht. Dies ist ein Satz der Grammatik. |
Die Schwierigkeit ist wieder,
daß es scheint, als wäre in einem
Satz, der etwa das Wort ‘Quadrat’ enthält,
schon der Schatten eines andern Satzes mit diesem Worte
enthalten. – Nämlich eben die
Möglichkeit jenen anderen Satz zu bilden,
die ja, wie ich sagte, im Sinn des Wortes
‘Quadrat’ liegt. |
Und doch kann man eben nur sagen, der andere
Satz ist nicht mit diesem ausgesprochen, auch nicht
schattenhaft. (Und wird vielleicht nie
ausgesprochen werden.) |
Aber er ist doch schon ausgesprochen, wenn
ich sage “er kann ausgesprochen
werden”. |
Die Grammatik sagt z.B.: so wird das
Wort ‘Quadrat’ gebraucht. Aber das
muß doch schon in dem
einen || einmaligen Gebrauch dieses
Wortes liegen! Was heißt aber: Es muß darin liegen? Heißt es etwas andres, als daß ich auch nach diesem einen Gebrauch die Regeln für das Wort muß angeben können? (﹖) Daß ich sagen kann: “Nein so habe ich es nicht gebraucht, nicht in dem Sinn, in dem ich sagen könnte … sondern in dem Sinn …”. |
Mein Problem könnte man auch so
aussprechen: “Wie kann sich jene
Erklärung (die ich einmal gelernt habe) auf
dieses Wort (das ich eben 203 aussprach)
beziehen?” |
Denken wir daran, daß man ja die
Regeln der Grammatik nie auszusprechen brauchte und die Sprache
dennoch gebrauchen kann. (Die menschliche Sprache
bestand gewiß, ehe jemand grammatische Regeln
aussprach und ein Kind lernt die Sprache ohne solche, und die
Wilden haben keine Grammatik. D.h.
natürlich nicht, daß ihre Sprache
keinen grammatischen Regeln folgt, sie sprechen diese Regeln
nur nicht aus.) |
Daß ein Wort nur im Satz Bedeutung hat,
heißt nichts, als
daß es seine Funktion nur im Satz
hat. Einzeln kann es wohl eine Vorstellung erwecken,
aber diese ist nicht seine Bedeutung, noch ist es die Funktion
eines Wortes, eine bestimmte Vorstellung aufzurufen. |
Es könnte nun
eingewandt || eingewendet
werden, daß ich die Bedeutung,
z.B., der Worte ‘blau’ und
‘rot’ vertauschen könnte und dadurch zwar
Sätze, die früher wahr, jetzt falsch würden (und
umgekehrt), aber kein Satz, der früher Sinn hatte, jetzt
unsinnig würde (und umgekehrt). Das ist
wahr. Es ist aber dabei nicht bedacht,
daß auch Sätze wie “das hat
diese Farbe” zu unserer Sprache gehören und die
Grammatik mir dann sagen muß,
daß dieser Satz soviel
heißt, wie “das ist
rot”. |
Es
frägt sich einfach: Was ist das für ein Satz
“das Wort ‘ist’ in ‘die Rose
ist rot’ ist dasselbe, wie in ‘das Buch ist
rot’, aber nicht dasselbe, wie in ‘zweimal zwei
ist vier’”? Man kann nicht antworten,
es heiße, verschiedene Regeln
gelten von den beiden Wörtern, denn damit geht man im
Zirkel. Wohl aber heißt es, das
Wort ist in seinen verschiedenen Verbindungen durch zwei
Zeichen ersetzbar, die nicht für einander einzusetzen
sind. Ersetze ich dagegen das Wort in den beiden ersten
Sätzen durch zwei verschiedene Wörter, so kann ich
sie für einander einsetzen. 204 |
Nun könnte ich wieder fragen: sind
diese Regeln || ist diese Regel nur
eine Folge des Ersten:
daß im einen
Falle || Fall die beiden
Wörter ‘ist’ die gleiche Bedeutung haben, im
andern Fall nicht? Oder ist es so,
daß diese Regel eben der sprachliche Ausdruck
dafür ist, daß die Wörter das
gleiche bedeuten? |
Ich will es damit vergleichen, daß das Wort ‘ist’ einen andern Wortkörper hinter sich hat. Daß es beide Male die gleiche Fläche ist, die einem andern Körper angehört, wie wenn ich ein Dreieck im Vordergrund sehe, das das eine Mal die Endfläche eines Prismas, das andere Mal eines Tetraeders ist. |
Oder denken wir uns diesen Fall: Wir hätten
Glaswürfel deren eine Seite || Seitenfläche rot gefärbt
wäre. Wenn wir sie aneinander reihen, so
wird im Raum nur eine ganz bestimmte Anordnung roter Quadrate
entstehen können, bedingt durch die Würfelform der
Körper. Ich könnte nun die Regel, nach der
hier rote Quadrate angeordnet sein können, auch ohne
Erwähnung der Würfel angeben, aber in ihr
wäre doch bereits das Wesen der Würfelform
präjudiziert. Freilich nicht,
daß wir gläserne Würfel haben, wohl
aber die Geometrie des Würfels. |
Wenn wir nun aber einen solchen
Würfel sehen, sind damit
wirklich schon alle Gesetze der möglichen Zusammenstellung
gegeben?! Also die ganze
Geometrie? Kann ich die Geometrie des Würfels von einem Würfel ablesen? |
Der Würfel ist dann eine
Notation der Regel. Und hätten wir eine solche Regel gefunden, so könnten wir sie wirklich nicht besser notieren als durch die Zeichnung eines Würfels (und daß es hier eine Zeichnung tut, ist wieder ungemein wichtig || bedeutsam). 205 |
Und
nun ist die Frage: in wiefern kann der Würfel oder die
Zeichnung (denn die beiden kommen hier auf dasselbe hinaus || auf eins hinaus) als Notation der
geometrischen Regeln dienen? |
Doch auch nur, sofern er einem System
angehört: nämlich der Würfel mit der einen
roten Endfläche wird etwas anderes notieren, als eine Pyramide
mit quadratischer roter Basis, etc..
D.h., es wird dasjenige Merkmal der
Regeln notieren, worin sich z.B. der Würfel
von der Pyramide unterscheidet. |
Und das bringt mich wieder darauf,
daß ja jede Erklärung eines Zeichens
statt des Zeichens sollte dienen können.
D.h. wenn ich ein Zeichen durch
Erklärungen gleichsam aufbaue, dann muß
das Aufbauen mit dem Resultat des Aufbauens äquivalent
sein. (Da es nie auf
(verschiedene) Attribute
ankommt.) |
“Es liegt schon in dem Akt || der
Operation der Negation,
daß sie verdoppelt sich selbst
aufhebt”. Das, was schon ‘darin liegt’, kann man immer nur durch eine Regel ausdrücken || aussprechen, weil man es nicht ausdrücken kann, sofern || soweit es darin liegt, sondern nur detachiert. Darum ist ‘non’ in “non-non-p = p” keine Negation. |
Das einzige Korrelat, in der Sprache, zu
einer Naturnotwendigkeit ist eine willkürliche
Regel. Sie ist das einzige, was man von dieser
Notwendigkeit in Sätze || einen
Satz abziehen kann. |
“Ich sage doch diese Worte nicht
bloß, sondern ich meine auch etwas mit
ihnen”. Wenn ich z.B. sage
“Du darfst nicht hereinkommen”, so ist es der
natürliche Akt, zur Begleitung dieser Worte, mich vor die
Tür zu 206 stellen und sie zuzuhalten.
Aber es wäre nicht so offenbar
naturgemäß, wenn ich sie ihm bei
diesen Worten öffnen würde. Diese Worte haben,
wie sie hier verstanden werden, offenbar etwas mit jenem Akt zu
tun. Der Akt ist sozusagen eine Illustration zu ihnen – müßte als Sprache aufgefaßt werden können. Anderseits ist er aber auch der Akt, den ich abgesehen von jedem Symbolismus aus meiner Natur tun tue will. |
Die
grammatische Regel spiegelt in der Sprache die Weise, wie
wir die Negation befolgen. |
Wie ich einen Befehl befolge, zeigt doch wohl, wie ich ihn
verstehe || auffasse. Aber das Band
zwischen Befolgung und Befehl ist der unsichtbare
(gläserne) Körper des
Symbols, der in den Regeln der Sprache sichtbar gemacht
wird. (﹖) |
Jedes Zeichen der Negation ist gleichwertig
jedem andern, denn
|
Ich möchte sagen: Nur
dynamisch wirkt das Zeichen, nicht statisch.
Der Gedanke ist dynamisch. |
Wenn ich die Verneinung übersetze, so
muß ich doch von ihren geometrischen
Eigenschaften Gebrauch machen. |
Jeder, der einen Satz liest und
versteht, sieht die Worte || die
verschiedenen Wortarten 207
﹖– in verschiedener Weise,
obwohl sich ihr Bild und Klang der Art nach nicht
unterscheidet –﹖. Wir
vergaßen ganz, daß
‘nicht’ und ‘Tisch’ und
‘grün’ als Laute oder Schriftbilder
betrachtet sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden und
sehen es nur klar in einer uns fremden Sprache. |
Die Wörter haben offenbar ganz
verschiedene Funktionen im Satz. Und diese Funktionen
scheinen aus ausgedrückt in den Regeln, die von den
Wörtern gelten. |
Man denke nur daran, was es heißt,
daß sich ein Wort auf diesen Bereich
des Satzes bezieht! |
(Beim Lesen einer schleuderhaften Schrift
kann man erkennen, was es heißt,
etwas in das gegebene Bild || Gebilde hineinsehen. || … erkennen, wie man etwas in das gegebene
Bild || Gebilde hineinsehen
kann. Denke an die Vexierbilder. Ein Komplex von Strichen wird plötzlich || auf einmal als das umgekehrte Bild eines Mannes erkannt und gesehen.) |
Wenn man eine Uhr abliest, so sieht man einen Komplex von
Strichen, Flecken, etc., aber auf ganz
bestimmte Weise, wenn man ihn als Uhr und Zeiger
auffassen will. |
Das ‘Nicht’ macht eine
abwehrende || verneinende Geste. |
(Jede || Die
ethische Rechtfertigung einer
Handlung must appeal to the man vor dem ich sie
rechtfertige. || rechtfertigen will. || … dem ich sie begreiflich machen
will.) |
Das Verstehen der Verneinung ist das Sehen
ihrer abwehrenden 208 Geste. |
Oder: Das Verstehen der
Verneinung ist dasselbe, wie das Verstehen einer abwehrenden
Geste. Und was ich oben über ‘statisch’ und ‘dynamisch’ gesagt habe, bezieht sich auch ganz auf diese || die Geste. |
Wir
können sagen: Ich kann mir denken,
daß ich diese Geste wahrnehme und sie
nicht ‘abwehrend’ empfinde. Denn die
bloße vorgestreckte Hand und der
zurückgelehnte Körper ist nicht mehr abwehrend als ein
Sessel oder Wasserkrug. Ich möchte sagen: es ist die Wirkung der Bewegung auf mich, die das Abwehrende ausmacht. Aber es ist nicht die Wirkung, denn von der wüßte ich nicht, die Ursache, und ein Medikament, das dieselbe Wirkung hätte (welche immer sie sein mag) würde ich nicht abwehrend nennen. Es ist, wie ich mich früher ausdrückte, ‘die Art, wie ich diese Bewegung sehe’. Aber das wäre wieder statisch. Ich glaube, es ist, daß sich etwas Bestimmtes in mir nach dieser Bewegung || Geste richtet. Aber was in dieser Behauptung ist nun bloße Hypothese (Mythologie)? |
Und nun will ich sagen: Es liegt
nicht an der speziellen Bewegung,
daß sie an und für sich keine abwehrende
Geste ist, sondern eine Bewegung ist an sich überhaupt keine
Geste. Es ist natürlich auch nicht, || Es liegt natürlich auch nicht daran, daß sie keine ruhende Attitude ist, sondern Bewegung, denn die || diese Bewegung ist an sich, in meinem Sinne, ebenso ‘statisch’ wie die ruhende Stellung. 209 |
Die
Gebärdensprache ist eine Sprache und wir haben
sie nicht – im gewöhnlichen Sinne – gelernt.
Das heißt: Sie würde
uns nicht (absichtlich,) geflissentlich
gelehrt. Und doch haben wir sie gelernt. –
|
Chinesische Gesten verstehen wir so wenig, wie
chinesische Sätze. |
Man könnte sich das Lernen einer Sprache
analog dem Fingerhutsuchen vorstellen, wo die gewünschte
Bewegung durch “heiß,
heiß”, “kalt,
kalt”, herbeigeführt wird. Man
könnte sich denken, daß der Lehrende
statt dieser Worte auf irgendeine Weise (etwa durch Mienen)
angenehme und unangenehme Empfindungen hervorruft, und der
Lernende nun dazu gebracht wird, die Bewegung auf den
Befehl hin auszuführen, die
regelmäßig von der angenehmen
Empfindung begleitet wird (oder zu ihr führt).
Wir könnten denken, daß er auf diese Art abgerichtet wird, auf gewisse Zeichen in bestimmter Art || Weise zu reagieren. (Und Abrichten geschieht wirklich so.) |
Hätten wir nun dadurch den Zeichen
folgen gelernt, so verhielte es sich so: Wir
würden beobachten, daß wir bei gewissen
Bewegungen und Worten des Andern reflexartig gewisse Bewegungen
machen und würden dies nachträglich dadurch
erklären, daß diese Bewegungen uns
seinerzeit zu angenehmen Empfindungen verholfen haben.
Diese Erklärung verhielte sich zu unseren Handlungen so,
wie die Darwin'sche
Erklärung des Stirnrunzelns – aus einem gewissen Nutzen,
den es unsern tierischen Vorfahren gebracht habe – zu dem
Akt des Stirnrunzelns, der jetzt keine Beziehung zu diesem Zweck
hat. Die Erklärung wäre eine
hypothetische und würde die Ursache der
Handlung betreffen, nicht das Motiv. 210 |
Es ist sehr sonderbar: Das Verstehen einer
Geste möchten wir durch ihre
Übersetzung in Worte erklären || Wir sind versucht das Verstehen einer Geste
durch ihre Übersetzung
in Worte zu erklären, und das
Verstehen von Worten, durch diesen entsprechende
Gesten. || Es ist sehr sonderbar:
Wir sind versucht, das Verstehen einer Geste durch, ihr
entsprechende, Worte zu erklären, und das Verstehen von Worten
durch, diesen entsprechende Gesten. |
Und wirklich werden wir Worte durch
eine Geste und eine Geste durch Worte erklären. |
Das Abbilden (Nachahmen)
enthält wesentlich eine gewisse Bereitschaft –
Empfänglichkeit, die Bereitschaft sich führen zu lassen,
sich nach dem Modell zu richten, die Funktion zu sein, zu der das
Argument das Modell sein wird. Und wirklich ist der Ausdruck dafür der, daß ich gleichsam x² oder ( )² bin, und wenn nun das Modell 5 ist, so ergibt es “von selbst” 5². (Sich für das unbestimmt halten, und || sich von ihm bestimmen lassen.) (﹖) |
Wenn ich nun
x² war und es kommt die 5
daher, so müßte es nun
daraus allein folgen, daß ich zu
5²
werde. Und das ist in einem Sinn der Fall und in einem andern nicht. Es ist nicht der Fall in dem Sinn: daß ich eine Handlung nicht als die Befolgung eines Befehls durch Vergleichen der Handlung mit dem Befehl erweisen kann. Und es ist der Fall in dem Sinn, in dem ich die Handlung durch Kollationieren mit dem Befehl rechtfertigen kann. |
Ich bin x², nun kommt die 5 daher
und ich werde
5².
Nun kann ich die
5² mittels
der 5 und x² in einem Sinne
rechtfertigen, in einem andern nicht. Und ich
möchte sagen: soweit ich sie nicht rechtfertigen
211 kann, hat es keinen Sinn,
das Wort “rechtfertigen” zu gebrauchen.
|
Ich kann
5² mittels
x² rechtfertigen, wenn ich
dabei x² einem
x³ oder einem andern
Zeichen des Systems entgegenstelle. |
Die Schwierigkeit ist offenbar, das nicht zu
rechtfertigen versuchen, was keine Rechtfertigung
verträgt || zuläßt.
|
Wenn man fragt:
“warum schreibst Du 5²?” und ich
antworte “es steht doch da, ich soll quadrieren”,
so ist das eine Rechtfertigung – und eine volle
–. ﹖– Eine Rechtfertigung
verlangen, in dem Sinne in dem dies keine ist, ist
sinnlos –﹖. |
Ich hätte jemandem alle
möglichen Erklärungen || mögliche
Erklärung dafür gegeben, was der Befehl
“quadriere diese Zahlen”
heißt. (Und diese
Erklärungen sind doch sämtlich
Zeichen.) Er quadriere darauf,
und nun frage ich ihn “warum tust Du das auf
diese Erklärung hin?” Dann hätte es
keinen Sinn mir zu antworten: “Du hast mir doch
gesagt: (es folgt die Wiederholung der
Erklärungen)”. Eine andre Art der
Antwort ist aber auf diese Frage auch nicht möglich und die
Frage heißt eben nichts.
Sie müßte sinnvoll lauten:
“Warum tust Du das und nicht jenes
auf diese Erklärungen hin (ich habe Dir doch
gesagt …)”. |
Wenn man nun fragen würde:
Wie lange vor der Anwendung der Regel
muß die Disposition
“x²” gedauert haben?
Eine Sekunde, oder zwei? Diese Frage klingt
natürlich, und mit Recht, wie eine Persiflage. Wir
fühlen, daß es darauf gar nicht
ankommen kann. Aber diese Art der﹖ Frage
taucht immer wieder auf. |
“Die
Weise”, wie ich mich nach der Regel richte, wenn
dieses 212 Wort überhaupt einen Sinn haben
soll, muß das sein, was durch eine weitere
Regel über die Anwendung der ersten ausgedrückt ist.
Ist eine solche weitere Regel nicht vorhanden, so gibt es keine
Weise der Anwendung der ersten, sondern nur ihre
Anwendung. Eine Weise ist dies, im Gegensatz zu einer
andern Weise. |
Warum sollte ich mir vor der Ausführung des
Quadrierens || der Quadrierung die
Regel wiederholen? Denn, wenn ich im Stande
bin, sie zu wiederholen, dann kann ich sie ja auch gleich
anwenden. Den Wortlaut der allgemeinen Regel
wiederholen, hätte nur Sinn, wenn ich sie im
Gegensatz zu anderen Regeln hervorheben will.
Weil das allgemeine Zeichen der Regel ja nicht magisch
wirkt, sondern nur in sofern Sinn hat, als es auf eine Stelle eines
Systems zeigt. |
Könnte man also sagen: Das Zeichen
muß, um verstanden zu werden, als Argument
in eine Funktion fallen, die eben den Raum charakterisiert, in dem
dann das Zeichen die Stelle im Gegensatz zu anderen Stellen
anzeigt? |
Darum
kann das Zeichen ohne Grammatik nicht existieren. |
Das heißt,
ich kann auch eine Geste nicht verstehen, wenn ich sie nicht als
eine Möglichkeit in einem bestimmten Raum sehe. Und
also gibt es auch eine Grammatik der Gesten (nämlich ihre
Geometrie). |
Wenn ich die Geste des Uhrzeigers verstehen
soll, so muß ich sie als den einen Wert
einer bestimmten Variablen auffassen. Die Grammatik sagt
mir die möglichen Stellungen des Uhrzeigers,
d.h., gibt mir diese Variable.
|
(Nun, glaube ich,
sehen wir auch den Grund, warum uns der Gedanke im gewissen Sinne
als ergänzungsbedürftig, unvollständig,
erschien.) 213 |
Man
kann zu einem Zeichen, etwa dem Pfeil der eine bestimmte Richtung
andeuten soll, die Erklärung hinzusetzen: im
Gegensatz zu oder . Und, obwohl
das keine erschöpfende Grammatik ist, so zeigt es doch,
daß wir damit eine Erklärung andeuten
können; daß, was in dieser
Erklärung angedeutet wird, im Verständnis irgendwo
mitverstanden ist. |
Nicht darin besteht das Abbilden der Strecke
a, daß ich daneben die
gleichlange a' setze, sondern darin,
daß a, in die allgemeine
Disposition eingesetzt, a' ergibt. Die
allgemeine Disposition wird dadurch beschrieben,
daß ich sage: wenn a doppelt so
lang gewesen wäre, hätte ich auch
a' doppelt so lange gemacht. etc.
|
Wenn man fragt:
“Warum muß denn die Sprache
Grammatik haben? das muß doch mit
ihrer Anwendung zu tun haben”. So
müßte ich sagen: Ja, denn
wie sollte ich sonst etwas beschreiben, einer Tatsache einen Satz
zuordnen, wenn ich nicht in einem bestimmten System das
Passende wählen könnte, oder – was auf
dasselbe hinauskommt – nach einem bestimmten
System wählen könnte. Sonst
wäre ja die Zuordnung willkürlich || müßte ja die
Zuordnung willkürlich sein.
Und umgekehrt, wie sollte ich mich nach einem Zeichen richten,
ihm eine Bewegung, Handlung, zuordnen, wenn nicht nach einem
System. |
Wenn ich
mich mit der Bewegung des Punktes P von A nach B
nach dem Pfeil richte, so ist, was hier
geschieht, nur dadurch beschrieben,
daß ich das System von Pfeilen beschreibe,
dem dieser angehört. – Ich könnte nun
wohl sagen: Ist das genug?
muß ich nicht auch die Regel angeben, nach
der die Übersetzung geschieht,
z.B. hier, daß ich mich
parallel zum Pfeil bewegen soll? Aber diese
Übersetzungsregel kann || könnte ich mir in Gestalt etwa
des Zeichens “❘ ❘” (im
Gegensatz etwa zu “|–” dem Pfeile
zugesetzt 214 denken; aber dann würde
das Zeichen “ ❘ ❘”
auf keiner andern Stufe stehen wie
“ ❘” und
ich könnte doch jetzt nur das System beschreiben, dem dieses
Zeichen angehört, wenn ich nicht ad
infinitum, also
erfolglos, weitere Zeichen zu den obigen setzen
will. |
Das Wort
“in Übereinstimmung
mit” || “entsprechend”
(dem Pfeil, z.B.) hat keinen Sinn, wenn
es sich nicht auf ein System bezieht, dem der Pfeil
angehört. |
Denken wir uns, daß das Schachspiel nicht
als Brettspiel erfunden worden wäre, sondern als Spiel, das
mit Ziffern und Buchstaben auf Papier zu spielen ist und
so, daß sich niemand dabei ein
Quadrat mit 64 Feldern etc. vorgestellt
hätte. Nun aber hätte jemand die Entdeckung
gemacht, daß dieses Spiel ganz einem
entspricht, das man auf einem Brett in der und der Weise spielen
könnte. Diese Erfindung wäre eine
große Erleichterung des Spiels gewesen
(Leute, denen es früher zu schwer gewesen wäre,
könnten es nun spielen). Aber es ist klar,
daß diese neue Illustration der Spielregeln
nur ein neuer, leichter übersehbarer, Symbolismus wäre,
der übrigens mit dem Geschriebenen auf gleicher
Stufe stünde. Vergleiche nun damit das Gerede
darüber, daß die Physik heute nicht
mehr mit mechanischen Modellen, sondern “nur mit
Symbolen” arbeitet. |
Wenn man fragte: Aber wäre
es nicht doch möglich von dem, was beim Quadrieren von 5 in
x²
Und nun ist es klar, daß alles, was ich erklären will, gerade das 215
“daher” ist. |
Wir stoßen
hier immer auf die peinliche Frage, ob denn nicht das Anschreiben
des ‘5²’ (z.B.)
mehr oder weniger (oder ganz) automatisch
erfolgt sein könne, und fühlen,
daß das der Fall sein mag und
daß es uns gar nichts angeht.
﹖– Daß wir hier
auf ganz irrelevantem Boden sind wo wir nicht
hingehören. –﹖ |
Wir möchten nämlich
sagen: Soweit das Hinschreiben automatisch erfolgt,
geht es uns nichts an und es hat keine Deutung eines Zeichens
stattgefunden. – Erst wenn ich das, was ich
hinschreibe || tue, durch ein
Zeichen rechtfertige, liegt in dieser Rechtfertigung der Hinweis
auf das, ﹖– was in der Regel der
Grammatik ausgedrückt ist –﹖.
|
Das
heißt: Wenn immer ich x
schreibe weil hier y steht, setzt dieses
Weil eine Regel voraus. |
“Ich schreibe
‘5²’, weil hier
‘x²’ steht”.
Was aber, wenn ich sagte: “Ich schreibe
‘+’, weil hier
‘A’ steht”? Man
würde fragen: Schreibst Du denn überall
‘ + ’ wo ‘A’
steht? D.h., man würde nach
einer allgemeinen Regel fragen. Und das
‘weil’ im letzten Satz hätte sonst keinen
Sinn. |
Gehen wir
zum Uhrzeiger zurück: gewiß
stellen wir uns den Uhrzeiger nicht in verschiedenen Stellungen
vor, wenn wir seine gegenwärtige Stellung ablesen (auch
würde uns das nicht helfen). Und vielleicht, wenn
wir sagen “es ist 5 Uhr, ich muß
gehen”, sagen wir dies und gehen automatisch. Aber
ich hätte ja auch wie der Betrunkene, auf die
Streichholzschachtel sehen können und sagen
“Donnerstag, da muß ich
gehen”. Und soweit Ursache und Wirkung in Frage
kommen, sehe ich zwischen den beiden Fällen keinen
Unterschied. |
Wenn
also Einer sagt “5, – da muß
ich
‘5²’
schreiben”, so muß 216 dazugeschrieben werden
können: “weil ich jede Zahl, die mir
unterkommt, quadrieren
muß”, und zwar darf
dieser Zusatz der Tatsache nichts hinzufügen.
|
Es kann keine Diskussion
darüber geben, ob diese Regeln oder andere, die
richtigen für das Wort ‘nicht’ sind.
Denn das Wort hat ohne diese || die Regeln noch
keine Bedeutung, und wenn wir die Regeln ändern, so hat es nun
eine andere Bedeutung (oder keine) und wir können dann
ebensogut auch das Wort ändern. Daher sind diese
Regeln willkürlich, weil die Regeln erst dann Zeichen
machen. |
Ich habe die
Weise erhalten. Diese Weise ist das Konstante in den Fällen
|
Ich benütze das Zeichen
“
|
Die
Rechtfertigung, daß ich
‘
217 |
Man
muß wissen, worauf im Zeichen man zu sehen
hat. Etwa: auf welcher Ziffer der Zeiger steht,
nicht darauf, wie lang er ist. |
“Geh' in der Richtung, in
der der Zeiger zeigt”.
“Geh' so viele Meter in der Sekunde, als der Pfeil cm lang ist”. “Mach' so viele Schritte, als ich Pfeile zeichne”. “Zeichne diesen Pfeil nach”. Für jeden dieser Befehle kann der gleiche Pfeil stehen. ‒ ‒ ‒ |
Ist es so: Den Befehl zum Motiv
meiner Handlung nehmen, heißt, das
Gleiche wie: während man handelt, wissen,
daß man damit den Befehl befolgt, oder
ihm entgegenhandelt? |
Es zeigt mir jemand zum ersten Mal eine Uhr und will,
daß ich mich nach ihr richte.
Ich frage nun: worauf soll ich bei diesem Ding
achten. Und er sagt: auf die Stellung der
Zeiger. |
“Folge der Richtung des Pfeils”, das gibt die
ganze Grammatik des Pfeils. Das Wort ‘Richtung’ ist die Variable, die den Raum darstellt. |
“Ich muß auf die Länge
achten”, “ich muß auf die
Richtung achten”,
d.h. || das
heißt schon: auf die
Länge im Gegensatz zu anderen, etc..
|
Kann man nun auch, ohne
der Richtung des Pfeils zu folgen, auf seine Richtung
achten? (Denn das
heißt so viel wie: kann man
verstehen, ohne zu übersetzen?) |
“Folge dem Pfeil”
hat gar keinen Sinn, wenn es nicht eine Abkürzung einer
bestimmten Erklärung (von mehreren
möglichen) ist. 218 |
Nein, aber ich habe ‘25’ geschrieben, weil dort ‘y’ steht. – Woher weißt Du denn, daß Du es deswegen geschrieben hast? |
Was heißt es
aber? Ich geh zur Tür, weil der Befehl
gelautet hat “geh' zur
Tür”? Und wie vergleicht sich dieser Satz mit: ich geh zur Tür, obwohl der Befehl gelautet hat “geh' zur Tür”. Oder: Ich geh zur Tür, aber nicht weil der Befehl lautete “geh' … ”, sondern … Oder: Ich geh nicht zur Tür, weil der Befehl gelautet hat “geh' zur Tür”. |
“Ich wünsche,
daß sein Wunsch erfüllt
wird”. Damit meine ich nicht nur: ich
wünsche, was er wünscht; sondern auch, ich wünsche
seine Befriedigung. |
“Wie kann das Wort ‘nicht’
verneinen?” Ja, haben wir denn
abgesehen von der Verneinung || außer der
Verneinung durch ein Zeichen, noch einen Begriff
von der Verneinung? Doch es fällt uns dabei etwas ein, wie: Hindernis, abwehrende Geste, Ausschluß. Aber das alles (ist) doch immer in einem Zeichen verkörpert. |
Die
Zeigerstellung konnte mir natürlich auch als unabhängiges
Signal erklärt werden, indem mir gesagt
würde: “Sieh' immer wieder auf die
Uhr und wenn sie einmal so || so ausschaut,
dann …”. Das wäre so wie:
Wenn Du einmal ein Trompetensignal hörst, dann
… 219 |
Das
heißt übrigens,
daß ich nicht von einer
allgemeinen Regel für ein Zeichen reden
muß, denn die Regel kann lauten:
“Wenn Du in einer halben Stunde läuten hörst,
dann … ” und nur für dieses Mal gelten.
Eine Allgemeinheit gibt es freilich auch hier, da ich
mich nach dem genauen Zeitpunkt des Signals zu richten
habe. Aber auch das kann wegfallen, wenn es
heißt: “Wenn es genau in
einer halben Stunde läutet, dann kommt; wenn es zu dieser
Zeit nicht läutet, dann nicht”. |
Wenn Einer fragt “wie kann
das Wort ‘nicht’ verneinen”, so
könnte man als Antwort fragen: Wie kann der
Pfeil eine Zeit angeben (und er kann's,
wenn wir in ihm den Stundenzeiger einer Uhr sehen). Aber
wie kann der Ausdruck “7 Uhr” eine
(Zeit) angeben? Und das
Zeichen ‘7’ (wie alle
Ziffern von 0 bis 9) ist
gerade so ein Signal, von dem man sich wundern kann,
daß es eine Zahl bezeichnet || bezeichnen kann. |
“Ich
muß jetzt gehen”. –
“Warum?” – “Weil der
Pfeil in dieser Richtung zeigt”. –
“Zeigt Dir (also) der Pfeil
die Richtung, in der || die Du zu gehen
hast?” – “Nein, er zeigt,
daß es 7 Uhr ist und um 7 Uhr
muß ich gehen”. |
Und was ich sagen will, ist,
daß ich ursprünglich, als ich
sagte “ich muß jetzt gehen,
weil der Pfeil so zeigt”, mich nach ihm in
dem einen und nicht in dem andern Sinne gerichtet habe.
Daß also diese Erklärung
(daß der Pfeil mir die Zeit und nicht die
Bewegungsrichtung anzeigt) eine Beschreibung des früheren
Vorgangs ist und nicht einer neuen Tatsache, die mit der ersten
etwa kausal zusammenhinge. |
Könnte ich einfach so sagen:
Die Bedeutung eines Wortes spielt eine Rolle in seiner
Anwendung und die grammatischen Regeln beschreiben seine
Bedeutung. Man könnte z.B. ausmachen, im Deutschen statt, ‘nicht’, immer 220 ‘not’ zu
setzen und dafür statt ‘rot’
‘nicht’. So daß
das Wort ‘nicht’ in der Sprache bliebe und doch
könnte man nun sagen, daß
‘not’ so gebraucht wird,
wie früher ‘nicht’, und
daß jetzt ‘nicht’
anders gebraucht wird als früher. |
Es ist eine andere Versuchung
anzunehmen, daß beim Aussprechen des
Wortes, wenn es mit Bedeutung gebraucht (gedacht) wird, ein sehr
komplizierter Vorgang stattfinden müsse, der etwa so
lange || lang dauert, wie das
Aussprechen des Wortes und sehr rasch vor sich geht.
Dies ist – natürlich – ebensowenig der Fall,
wie, daß man beim Ablesen der Uhr in Gedanken
irgendwie einen komplizierteren
Vorgang ausführt, als der durch die Zeigerstellung
gegebene. So ein komplizierter Vorgang || So eine komplizierte
Tätigkeit würde uns
ja doch nichts helfen. Warum
sollte denn der Vorgang gerade komplizierter sein
müssen?! Nein. Der Zeiger, in
diesem Raume gesehen, ist nicht komplizierter; und
‘nicht’ als Verneinung gesehen, ist nicht
komplizierter. Die Regeln beschreiben
nicht einen komplizierten Vorgang, der hinter dem Zeichen
stattfindet || geschieht. |
Ist alles, was ich sagen
darf || kann damit gesagt:
man kann nicht von den grammatischen Regeln sagen, sie seien eine
Einrichtung dazu, daß die Sprache ihren
Zweck erfüllen könne. Wie man etwa sagt:
wenn die Dampfmaschine keine Steuerung hätte, so könnte
der Kolben nicht hin und her gehen, wie er soll. Als
könne man sich eine Sprache auch ohne Grammatik
denken. |
Die grammatischen Regeln sind, wie sie nun einmal da sind,
Regeln des Gebrauchs der Wörter.
Übertreten wir sie, so können
wir deswegen die Wörter dennoch mit Sinn gebrauchen.
Wozu wären dann die grammatischen Regeln da?
Um den Gebrauch der Sprache im Ganzen gleichförmig zu
machen? (etwa aus ästhetischen
Gründen?) Um den Gebrauch der Sprache als
gesellschaftliche 221 Einrichtung zu
ermöglichen? also wie eine Verkehrsordnung, damit keine
Kollision geschieht || entsteht? (Aber was
macht es uns || geht es uns an,
wenn eine entsteht?) Die Kollision, die nicht
geschehen || entstehen
darf, darf nicht entstehen können!
D.h., ohne Grammatik ist es nicht eine
schlechte Sprache, sondern keine Sprache. |
Aber die Notwendigkeit der
Grammatik kann wieder nicht ausgesprochen werden, sondern nur die
Grammatik selbst (beschrieben
werden). Sie ist eben nicht vergleichbar
einer Verkehrsordnung. |
Anderseits muß man doch
sagen, die Grammatik einer Sprache als allgemein anerkannte
Institution ist eine Verkehrsordnung. Denn,
daß man das Wort “Tisch”
immer in dieser Weise gebraucht, ist nicht der
Sprache als solcher wesentlich, sondern quasi nur eine
praktische Einrichtung. |
Was aber nun der Sprache “als solcher”
wesentlich ist, wie kann man das beschreiben? Es ist
auch in jener Institution gegeben, nämlich eben darin,
daß sie gebraucht werden
kann. Auch darin,
daß ich die Grammatik ändern
kann. |
Man
könnte auch so fragen: Ist der ganze Satz nur ein
unartikuliertes Zeichen, in dem ich erst nachträglich
Ähnlichkeiten mit anderen
Sätzen erkenne? |
Ja, man könnte unsere Frage in einer
sehr elementaren Form stellen: Warum eine Sprache
nicht mit bloß einem Wort möglich
ist || auskommen könnte, da es
ja doch vorkommt, daß ein Wort
(in einer Sprache) mehrere
Bedeutungen hat. (Warum also nicht alle?)
222 |
Gibt es so etwas, wie eine komplette Grammatik,
z.B., des Wortes
‘nicht’? |
Das eine kann man sicher sagen,
daß in dieser Sprache diese
Zusammenstellung kein Satz ist || keinen
Sinn hat. Und
daß dadurch
(aber) kein Sinn verloren
geht. Und das sollte schon genug sein. |
Nun möchte ich sagen:
Und die Worte bestimmen allein den Sinn des Satzes.
Aber was heißt das eigentlich?
Da doch die Worte außerhalb des Satzes
keine Bedeutung haben. Ich möchte sagen:
Um den Satz zu verstehen, braucht es keiner weiteren
Abmachung, als die Abmachungen, welche || die die
Worte betreffen. Das heißt
eben, um den Satz zu verstehen, lernen wir nur Worte
verstehen. Aber wir lernen die Worte schon in Sätzen
verstehen. |
Die
‘Abmachung’ als Geschichte der Bedeutung eines
Wortes hat für uns kein Interesse. Sie scheint mir
aber in einem logischen Sinn in die Funktion eines Wortes
einzutreten. Etwa so, daß, wenn
man ein Wort versteht, man diesem Verständnis immer eine
Abmachung zu Grunde liegend denken kann. |
Das Wort
‘Teekanne’ hat Bedeutung,
gewiß, im Gegensatz zum
Worte
‘Abrakadabra’, nämlich in
der deutschen Sprache. Aber wir könnten ihm
natürlich auch eine Bedeutung geben; das wäre ein Akt
ganz analog dem, wenn ich ein Täfelchen mit der Aufschrift
‘Teekanne’ an eine Teekanne hänge.
Aber was habe ich hier anders als eine Teekanne mit einer Tafel,
auf der Striche gemalt sind? Also wieder nichts
logisch Interessantes. Die Festsetzung der Bedeutung
eines Wortes kann nie (wesentlich) von
anderer Art sein. |
(Der Mensch, der in den Spiegel
sieht um sich zwinkern zu sehen; und was er nun wirklich
sieht. Ungeeignete physikalische Theorien.)
|
Nicht die anderen
Lagen kommen in Betracht, sondern nur der Raum
(die Möglichkeit jener Lagen). Aber dieser Raum kann doch unmöglich beschrieben werden: ich meine, nicht im Zeichen selbst. Es || Er kann eben nur in der Grammatik, außerhalb des Satzes beschrieben werden. |
non²-p
= p ist ja nicht eine nachträgliche Beschreibung
der Verneinung. Von der man fragen könnte, ob sie
schon früher gestimmt hat. Das ist die
Versuchung, es so﹖ anzusehen. |
“Ich brauche das Wort
‘non’ so,
daß non³-p =
non-p”, “ich meine
‘Drehung um 180˚’ in dem Sinne,
daß drei solche Drehungen dasselbe
leisten, wie eine”. Wie verhält sich
nun das Wesen einer halben Drehung zu dieser Regel?
(Übrigens genau so, wie das
Wesen der Verneinung zu jener.) Die Regel scheint wie ein Spiegelbild des Wesens in der Sprache. (Wie ein Definition.) |
“Wenn Du das damit
meinst, dann gilt diese Regel”; – wenn Du
was damit meinst? Nein, die Regel kann nur
ein Ausdruck dessen || davon sein, was gemeint
ist. |
Ganz
richtig: wie ich früher einmal bemerkt habe, ich lese
die Regel von der Verneinung ab, wie einen Satz der Geometrie von
einer Figur. 224 |
Alle Probleme verflüchtigen sich in der
ursach- und wirkungslosen Welt der
Vorstellung. Wir sind nicht im Reich der Erklärungen. |
Sich nach einem Zeichen richten, heißt,
daß das Zeichen in eine variable
Disposition eingesetzt, die
Handlungsweise ergibt. |
Wir finden, in uns die Bedeutung eines Wortes vor,
nicht anders, als wäre sie uns in einer Erklärungstafel
(Legende einer Karte) gegeben. |
Das Wort mit seiner Bedeutung, das nenne ich
“Symbol”. |
“Die doppelte Negation gibt eine
Bejahung”, das klingt so wie: Kohle und Sauerstoff
gibt Kohlensäure. Aber in Wirklichkeit
gibt die doppelte Negation nichts, sondern
ist etwas. |
“Wer die Negation versteht, der
weiß, daß die
doppelte Negation … |
Es täuscht uns da etwas eine Tatsache vor.
So, als sähen wir ein Ergebnis des logischen Prozesses. Während das Ergebnis nur das des physischen Prozesses ist. |
Man kann eine Kreisfläche
beschreiben, die durch Durchmesser in 8 kongruente Teile geteilt
ist, aber es ist sinnlos, das von einer
elliptischen Fläche zu sagen. Und
darin liegt, was die Geometrie in dieser Beziehung
von der Kreis- und
Ellipsenfläche aussagt. |
Auch das Kind lernt nur eine
Sprache vermittels einer anderen. 225 Es lernt die Wortsprache durch die Gebärdensprache. Aber das Verständnis dieser müssen die Erwachsenen bei ihm voraussetzen, oder abwarten. Niemand denkt daran, das Kind die Gebärdensprache zu lehren. Niemand könnte daran denken. |
Ich kollationiere etwa einen
Linienzug nach einem andern und sage: ja, es
stimmt. Was heißt
das? In den beiden Linienzügen liegt das Stimmen
natürlich nicht. Und überhaupt nie in zwei
Tatsachen. Von keiner Tatsache kann man sagen,
daß sie mit einer andern übereinstimmt
(natürlich auch mit keiner psychischen).
Es ist nicht vielleicht eine besondere Eigentümlichkeit
gewisser seelischer Vorgänge, daß mit
ihnen etwas übereinstimmen kann. (Wenn ich
sage, daß “eine Tatsache mit einer
anderen nicht übereinstimmen könne”, so
heißt das selbstverständlich,
daß es keinen Sinn hat, so
etwas zu sagen.) |
Meine Anschauung könnte ich so ausdrücken,
daß im Satz “geh' dort
hin” die Worte auch nur die gleiche Funktion haben, wie die
Handbewegung. |
In welchem Sinne sagt man, man kennt die Bedeutung des Wortes
A noch ehe man den Befehl, in dem es vorkommt, befolgt
hat? Und in wiefern kann man sagen, man hat die
Bedeutung durch die Befolgung des Befehls kennen
gelernt? Können die beiden
Bedeutungen mit einander in Widerspruch
stehen? |
Das Fundamentale grammatisch ausgedrückt:
Wie ist es mit dem Satz “man kann nicht zweimal
durch den gleichen Fluß gehen || in
den gleichen Fluß steigen”? |
Ich wünsche, einen Apfel zu
bekommen. In welchem Sinne kann ich
226 sagen,
daß ich noch vor der Erfüllung des
Wunsches die Bedeutung des Wortes “Apfel”
kenne? Wie äußert sich denn
die Kenntnis der Bedeutung? d.h., was
versteht man denn unter ihr. Offenbar wird das Verständnis des Wortes durch eine Worterklärung gegeben; welche nicht die Erfüllung des Wunsches ist. |
Übrigens Eines: Der
Satz “ich kann ihn zeichnen, wenn Du mir einen Bleistift
gibst” (als Beweis des
Verstehens), wenn er gewiß ist
und nicht erst durch die Tat bewiesen wird, wird dann auch von
einer Tatsache wahr gemacht, die von jener Tat ganz
unabhängig ist, und der Satz ist dann auch richtig, wenn die
Zeichnung bei gegebener Gelegenheit nicht
ausgeführt wird. (Dadurch verliert aber dann
jener Satz für uns an Bedeutung.) Jener Satz, wenn er gewiß ist und nicht ‘erst’ durch die Tat bewiesen wird, wird dann durch die Tat überhaupt nicht bewiesen, und durch die entgegengesetzte wird nicht sein Gegenteil bewiesen; d.h., er ist von dieser Tat einfach unabhängig. |
Denken wir uns den Standpunkt eines Forschers: er findet,
daß in der Sprache der Erde ein Zeichen
benützt wird, das nach diesen und diesen Regeln (etwa
nach denen der Negation) gebraucht wird, und fragt sich:
Wozu können sie das brauchen? Die Antwort
wäre aber: Wenn immer ein Zeichen mit
diesen Regeln zu gebrauchen ist. |
Wir können in der alten Ausdrucksweise
sagen: das Wesentliche am Wort ist seine Bedeutung.
|
Es ist wirklich
“the meaning of meaning” was wir
untersuchen: Nämlich || Oder
die Grammatik des Wortes “Bedeutung”. |
Wir sagen: das
Wesentliche am Wort ist seine Bedeutung; wir
227 können das Wort durch
ein anderes ersetzen, das die gleiche Bedeutung hat.
Damit ist gleichsam ein Platz für das Wort fixiert und
man kann ein Wort für das andere setzen, wenn man es
an den gleichen Platz setzt. |
Woher weiß ich,
daß zwei Worte die gleiche Bedeutung
haben? Doch entweder dadurch,
daß es heißt
A =
B, oder daß sie beide auf die
gleiche Art erklärt werden. Das
heißt aber, daß sie
beide dasselbe Zeichen ersetzen
(A
= C und B = C). Man
könnte aber meinen, es gäbe eine Art der Erklärung
(gleichsam durch Anwendung) die nicht die Ersetzung eines
Zeichens durch ein anderes wäre! Wie wenn man etwa
dem Kind die Negation beibringt, indem man es verhindert Gewisses
zu tun. Veranlassen wir es dadurch nicht, Worten einen Sinn beizulegen, ohne daß wir sie durch ein anderes Zeichen ersetzen, also ohne diesen Sinn auf andere Weise auszudrücken. Veranlassen wir es nicht gleichsam, für sich etwas zu tun, dem kein äußerer Ausdruck gegeben wird, oder wozu der äußere Ausdruck nur im Verhältnis einer Hindeutung, eines Signals, steht? Die Bedeutung ließe sich nicht aussprechen, sondern nur auf sie von ferne hinweisen. Aber welchen Sinn hat es dann überhaupt, wenn wir von dieser Bedeutung reden? |
Denken wir
uns einen Zerstreuten der auf den Befehl
“rechtsum” sich nach links gedreht hätte und
nun, “an die Stirne greifend”, sagte
“ach so –
‘rechtsum’!” und rechtsum
machte. |
Welcher
Art ist unsere Untersuchung? Untersuche ich die
Fälle, die ich als Beispiele anführe, auf ihre
Wahrscheinlichkeit? oder
Tatsächlichkeit? Nein, ich
führe nur an, was möglich ist, gebe also grammatische
Beispiele. |
Die Untersuchung, ob die Bedeutung eines Zeichens seine Wirkung
228 ist, ist auch eine
grammatische Untersuchung. |
Gewiß, ich
rechtfertige meine Handlung mit dem
Paradigma. |
Das
Phänomen der Rechtfertigung.
|
In gewissem Sinn bringt uns das nicht
weiter. Aber es kann uns ja auch nicht
weiter, d.h., zu einem
Fundament || zu dem
Metalogischen, bringen. |
Das Problem
äußert sich auch in der Frage:
Wie erweist sich ein
Mißverständnis? Denn das
ist dasselbe wie das Problem: Wie zeigt es
sich, daß ich richtig verstanden
habe? Und das ist: Wie kann ich die
Bedeutung erklären? Es fragt sich nun: Kann sich ein Mißverständnis darin äußern, daß, was der Eine bejaht, der Andere verneint? |
Nein, denn dies ist, wie es steht,
eine Meinungsverschiedenheit und kann als solche aufrecht erhalten
werden. Bis wir annehmen, der Andere habe
Recht … |
Wenn ich
also, um das Wort “lila” zu erklären, auf einen
Fleck zeigend sage “dieser Fleck ist lila”, kann
diese Erklärung dann auf zwei Arten
funktionierten?: einerseits als Definition, die den Fleck
als Zeichen 229 gebraucht und anderseits als
Erläuterung? Und wie das letztere? Ich
müßte annehmen,
daß der Andere die Wahrheit sagt und dasselbe
sieht, was ich sehe. Der Fall, der wirklich
vorkommt, ist der: A erzählt dem B in meiner
Gegenwart, daß ein bestimmter
Gegenstand lila ist. Ich höre das, habe den
Gegenstand auch gesehen und denke mir: “jetzt
weiß ich doch, was
‘lila’
heißt”. Das
heißt, ich habe aus jenen Sätzen || jener Beschreibung eine
Worterklärung gezogen. Ich könnte sagen: Wenn das, was A dem B erzählt, die Wahrheit ist, so muß das Wort ‘lila’ diese Bedeutung haben. Ich kann diese Bedeutung also auch quasi hypothetisch annehmen und sagen: wenn ich das Wort so verstehe, hat A Recht. |
Man sagt: “ja, wenn
das Wort das bedeutet, so ist der Satz
wahr”. |
Aber dieses “das” muß
doch irgendwie ausgedrückt sein. |
Nehmen wir an, die Erklärung der
Bedeutung war nur eine Andeutung: konnte man da
nicht sagen: Ja, wenn diese Andeutung so
verstanden wird, dann gibt das Wort in dieser Verbindung einen
wahren Satz etc.. Aber dann
muß nun dieses “so”
ausgedrückt sein. |
Man könnte auch so fragen: Ist die
Erklärung etwas Exaktes, oder muß sie
nichts Exaktes sein? |
“In 5 Minuten wird hier ein schwarzer Fleck
erscheinen”. “In 5 Minuten wird hier ein schwarzer § erscheinen”. “Verstehst Du das?” Ein § ist das: ” das muß auch in bestimmter Weise gemeint sein. Das heißt, die Zeichenerklärung muß selbst so und so gemeint 230 sein. Wie könnte man hier ein Mißverständnis aufdecken? (Verifikation des Verständnisses.) Könnte man sagen: Wenn kein Mißverständnis festzustellen ist, dann ist auch kein Unterschied der Bedeutung. Der Fleck als Zeichen, statt des Wortes “Fleck” hat eben auch seine Grammatik und zwar eine andere, als er als Zeichen – etwa – dieser besonderen Gestalt hat. Aber wie ist uns denn die gegenwärtig, wenn || während wir die Zeichenerklärung geben? |
Nicht,
“wie kann ich es so verstehen” ist
das || dies Problem, sondern “wie kann ich es
überhaupt in einer Weise, sozusagen, auf einmal
verstehen”. |
So seltsam es klingt: die Worte
‘Linie’, ‘Fläche’,
‘Punkt’ sind so verschieden, wie
eine Linie, eine Fläche und ein Punkt. |
“Ich habe etwas bestimmtes
damit gemeint, als ich sagte …”. –
“Wann hast Du es gemeint und wie lange hat es
gebraucht. Und hast Du bei jedem Wort
etwas anderes gemeint oder während des ganzen Satzes
dasselbe?” Man sieht klar: hier ist eine Unklarheit in dem Gebrauch des Wortes “meinen”. |
Übrigens komisch,
daß, wenn man bei jedem – sagen wir,
deutschen – Wort etwas meint, eine Zusammenstellung
solcher Wörter Unsinn sein kann! |
Wiedererkennen: “Diesen
Mann habe ich gestern gesehen”. –
Woher weißt Du
das?” – “Ich erinnere mich an sein
Gesicht”. – “Woher
weißt Du
das?” Diese Frage ist nun
sinnlos. Das Wiedererkennen des Menschen
231 war hypothetisch, das
Erinnern nicht. Aber als nicht-hypothetisch bürgt
es auch nicht für etwas Anderes, sondern nur
für sich selbst. |
Gibt mir die Erklärung des Wortes die Bedeutung, oder
verhilft sie mir nur zur Bedeutung? So
daß also diese Bedeutung in der
Erklärung nicht niedergelegt wäre, sondern durch sie nur
äußerlich bewirkt, wie die Krankheit
durch eine Speise. |
Zu sagen, daß der Satz ein Bild sei, hebt
gewisse Züge in der Grammatik des Wortes
“Satz” hervor. |
Woher nahmen || nahmen
die Alten philosophischen Probleme ihre
Bedeutung? |
Der
Satz der Identität z.B. schien eine
fundamentale Bedeutung zu haben. Aber der Satz,
daß dieser “Satz” ein
Unsinn ist, hat diese Bedeutung übernommen. |
Wie unterscheiden sich dann die
Sprachregeln von denen des Benehmens?
Wenn man kein Ziel angeben kann, das nicht erreicht würde, wenn diese Regeln anders wären. |
Woher die Bedeutung der Sprache?
Kann man denn sagen: Ohne Sprache könnten
wir uns nicht miteinander verständigen. Nein, das ist
ja nicht so, wie: ohne Telephon könnten wir nicht von
Amerika nach Europa reden.
(Es sei denn, daß wir
unter “Telephon” jede Vorrichtung
verstehen, welche etc.
etc..) |
Wir können aber sagen: Ohne Sprache
könnten wir die Menschen nicht
beeinflussen. ¤ 232 Oder, nicht
trösten. Oder nicht ohne eine Sprache Häuser und
Maschinen bauen. |
Es ist auch richtig || sinnvoll
zu sagen, ohne den Gebrauch des Mundes oder der
Hände können sich Menschen nicht verständigen.
|
Das Paradox ist
doch, das, daß die willkürliche
Regel eine Wichtigkeit für uns hat. Während
sonst gerade des Willkürliche uns nicht
interessiert. (Z.B.
Spielregeln.) |
Die Lösung kann nur kommen, wenn man den Widerstand der
falschen Methode aufgibt. |
Das Wort von den grammatischen Regeln, die
willkürlich sind, muß ja auch
irreführend sein. Was heißt
es denn: “sie lassen sich nicht
begründen”? Und was
heißt es, zu sagen, die Regeln eines Spiels
seien willkürlich und welche Regeln sind es
nicht? Sie können nicht willkürlich in dem Sinne sein, in dem man dies von Regeln aussagt, die auch anders als willkürlich sein könnten. |
Man würde sagen:
Die Regeln, nach denen ein Dampfkessel bemessen wird,
sind nicht willkürlich, im Gegensatz zu denen der Farbe seines
Anstrichs. |
In
welchem Sinne kann ich sagen, der Satz sei ein Bild?
Wenn ich darüber denke, möchte ich sagen: er
muß ein Bild sein, damit er mir zeigen
kann, was ich tun soll, damit ich mich nach ihm richten kann.
Aber, ist die Antwort, dann willst Du eben || also bloß
sagen, daß Du Dich nach dem Satz richtest
in demselben Sinne, in dem Du Dich nach einem Bild
richtest. 233 |
Ist jedes Bild ein Satz? Und was
heißt es, etwa zu sagen,
daß jedes als ein Satz gebraucht werden
kann? |
Ich kann
die Beschreibung des Gartens in ein gemaltes Bild, das Bild in eine
Beschreibung übersetzen. |
“Was ein Wort bedeutet, kann man
nicht sagen”. |
Ich kann die ganze Sprache zum Voraus beschreiben; ja, in
gewissem Sinne auch aussprechen. |
Kann ich mich nach einem roten Täfelchen
im Satz besser richten, als nach dem Wort
“rot”? |
“Ja, aber das Wort ‘rot’ hat mir
einmal mit Hilfe eines solchen Täfelchens erklärt werden
müssen””. Vielleicht, aber das rote
Täfelchen ist mir jetzt eben nicht gegeben. Ja, Du hast
auch ganz vergessen, wie Du eigentlich die Bedeutung des Wortes
“rot” gelernt hast und gebrauchst es und es tut
Dir dieselben Dienste, wie das rote Täfelchen (ja,
bessere). |
Man
sollte also meinen, daß man mit dem Wort ganz
dasselbe, und ebensogut, meinen kann, wie mit dem
Täfelchen. |
Damit ist aber nicht gesagt, daß nicht die
Gebärdensprache, die sich des roten Gegenstandes bedient, uns
menschlich natürlicher ist. |
Kann ich nicht mit “rot”
dasselbe meinen, wie mit dem roten Täfelchen, und kann ich
nicht mit dem roten Täfelchen auch etwas andres
meinen, als, was ich jetzt mit “rot”
meine?! 234 |
Wie verhält es sich mit dem Blinden; kann ihm
ein Teil der Sprache nicht erklärt
werden? Oder vielmehr, nicht
beschrieben werden? |
Wenn das Wort ‘rot’
ebensogut ist, wie das rote Täfelchen, so sollte man glauben,
der Blinde könne die Sprache ebensowohl lernen, wie ein
Sehender. |
Könnte ich denn nicht z.B. annehmen,
daß er etwas Rotes sieht, wenn ich ihm auf
den Kopf schlage? Das angenommen, so ist er doch für das praktische Leben blind. D.h., er reagiert nicht wie der normale Mensch. Wenn aber jemand mit den Augen blind wäre, dagegen sich so benähme, daß wir sagen müßten, er sieht mit den Handflächen (dieses Benehmen ist leicht auszumalen), so würden wir ihn als Sehenden behandeln und auch die Erklärung des Wortes ‘rot’ mit dem Täfelchen würden wir hier für möglich halten. |
Nehmen
wir aber an, ich || ich
wäre blind. Aber was hilft das? Ich
kann natürlich annehmen, daß ich mit
den Augen nicht mehr sehe. Aber hier bin ich im Reiche
der Tatsachen (nicht der Grammatik). |
Oder muß ich nicht
jetzt sagen: Die Gebärdensprache gibt es für
den Blinden nicht und sie ist ein wesentlicher Bestandteil unserer
Sprache? Nein, denn es kann nur
heißen, daß ich
durch meine Gebärden nicht bewirke,
daß er Gebärden sieht.
Vielleicht aber ginge es auf ganz andere Weise. |
Ist der Blindgeborene in
einem wesentlich andern Fall als der Erblindete? Ich
kann mir doch vorstellen, daß auch der
Blindgeborene ein visuelles Innenleben hat, und wenn Einer dazu
eine Erklärung verlangt, so will ich sagen, er habe die
Eindrücke geerbt. || ererbt.
(Natürlich ist das ganz 235 gleichgültig.) Nur
ist er trotz dieser Annahme für alle praktischen Zwecke ein
Blinder. Und ich will damit nur zeigen,
daß es sich hier nicht um einen
Unterschied der Grammatik, also des Wesentlichen der Welt handelt,
sondern um Tatsachen. |
Ich könnte dem Blinden die hinweisende
Erklärung “das ist rot” nicht geben.
Aber in seiner Phantasie könnte er sie sich
geben. Aber das würde für
praktische Zwecke keinen Unterschied machen. |
Wir bezeichnen ja in der
Geometrie auch sowohl Linien als auch Punkte, wie Flächen und
Körper mit Buchstaben. |
Daß das Wort nur im
Satzverband Bedeutung hat, heißt dasselbe
wie, daß Wörter, von denen wir sagen,
sie haben in unserer Sprache Bedeutung, in gewissen
Zusammenstellungen keinen Sinn ergeben.
D.h., nichts weniger Unsinniges, als eine
beliebige Zusammenstellung von Lautreihen, von denen wir nicht
sagen, sie hätten Bedeutung. |
Kann man von einem Verstehen reden, für
das es kein exaktes Kriterium gibt? Oder von einer Unterscheidung des Verstehens, oder der Bedeutung, für welche es kein solches Kriterium gibt? Das heißt, von einem Unterschied der Bedeutung, der nicht in dem Unterschied zweier Erklärungen gegeben ist? Das heißt aber: nicht endlich in dem Unterschied zweier Zeichen. Oder, was noch sonderbarer wäre: Gibt es einen Unterschied der Bedeutung, der sich erklären läßt, und einen, der in einer Erklärung nicht zu Tage tritt? 236 |
Erfahrung ist nicht etwas, das man durch
Bestimmungen von einem Andren abgrenzen kann, was nicht
Erfahrung ist; sondern eine logische Form. |
Wenn man sich die Namengebung durch
Etikettierung der Gegenstände denkt,
so könnte man eine Farbe nicht in demselben Sinne
etikettieren (ihr ein Täfelchen
anhängen), wie
(etwa﹖) einem Menschen oder der
Kreisform. |
Ich
kann doch offenbar eine Erwartung einmal in den Worten
“ich erwarte einen roten Kreis”, ein ander Mal
statt der letzten Worte durch das farbige Bild eines roten Kreises
ausdrücken. Aber in diesem Ausdruck entsprechen
den beiden Wörtern “rot” und
“Kreis” nicht zwei Dinge. Also ist der
Ausdruck der zweiten Sprache von ganz anderer
Art. |
Zeigt
das nicht, daß die Erklärungen
“das ist rot”, “das ist ein
Kreis” noch nicht alles sind, sondern,
daß es eine solche Erklärung
gibt: “das ist ein roter Kreis”. |
Es gäbe
außer dieser auch eine Sprache, in der
‘roter Kreis’ durch Nebeneinanderstellen eines
Kreises und eines roten Flecks ausgedrückt würde.
|
Wenn ich nun auch zwei
Zeichen bei mir habe, den Ausdruck “roter
Kreis” und das farbige Bild, oder die Vorstellung, des roten
Kreises, so wäre doch die Frage: Wie ist denn dann
das eine Wort der Farbe, das andere der Form zugeordnet?
Denn man scheint sagen zu können, das eine Wort lenke die Aufmerksamkeit auf die Farbe, das andere auf die Form. Aber was heißt das? Wie kann man diese Wörter in dieses Bild übersetzen? 237 |
Oder auch: Wenn mir das Wort
‘rot’ eine Farbe ins Gedächtnis ruft, so
muß sie doch mit einer Form verbunden sein;
wie kann ich denn dann von der Form abstrahieren? |
Die wichtige Frage ist dabei
die: wie weiß er, wovon er
abstrahieren soll? sondern: wie ist das
überhaupt möglich? oder: was
heißt es? |
Vielleicht wird es klarer, wenn man
die beiden Sprachen vergleicht, in deren einer ein
rotes Täfelchen und eines mit einem Kreis darauf (etwa
einem schwarzen auf weißem Grund) die
Worte “roter Kreis” ersetzen; und in der
andren statt dessen ein roter Kreis gemalt wird.
Wie geht denn hier die Übersetzung vor sich? Er schaut etwa zuerst auf das rote Täfelchen und wählt einen roten Stift, dann auf den Kreis, und macht nun mit diesem Stift einen Kreis. Es würde etwa zuerst gelernt, daß das erste Täfelchen immer die Wahl des Bleistiftes bestimmt, das zweite, was wir mit ihm zeichnen sollen. Die beiden Täfelchen gehören also verschiedenen Wortarten an (etwa Hauptwort und Tätigkeitswort). In der zweiten Sprache aber gäbe es nichts, was man hier zwei Wörter nennen könnte. |
Der
Befehl sei: “Stelle Dir einen roten
Kreis vor”. Und ich tue es. Wie
konnte ich den Worten auf diese Weise folgen?
Das ist doch ein Zeichen || Beweis dafür, daß wir den Worten auch ohne Vorstellungen gehorchen können. |
Unsere
größte Schwierigkeit ist, die Welt zu
nehmen, wie sie ist. |
Wie kann ich es rechtfertigen,
daß ich mir auf diese Worte hin diese
Vorstellung mache? 238 |
Oder: Wo endet die
Rechtfertigung? Denn, wo sie endet, verlassen auch wir
die Betrachtung. |
Wie könnte man mit dem a-Laut das Schriftzeichen
“A” rechtfertigen, oder zeigen,
daß “E” falsch
wäre! |
“Du hast ja﹖ den Befehl gar nicht
befolgt. Ich habe gesagt
‘schreibe a’ und Du hast
‘A’ geschrieben. Wo liegt da die
Befolgung?” Darauf müßte ich antworten: “Nein; es war ein Zusammenhang zwischen den Worten und dem was ich schrieb”. |
Der “kausale Zusammenhang”
ist kein primärer Zusammenhang, es
heißt also auch nichts, ihn fühlen
(oder ähnliches). |
Ich sage: “was ich mir
vorgestellt habe, war nicht willkürlich (und kausale
Bedingtheit ist keine Bedingtheit), sondern es ist bestimmt
durch ein Wort”. |
Diese Abhängigkeit muß sich
beschreiben lassen: Weil Du das gesagt
hast, habe ich mir das vorgestellt.
Das heißt nur, || , nur in dem, was da beschrieben wird, besteht die Abhängigkeit. |
Immer wieder ist der Fehler, in den man zu fallen droht der, der
in der Frage ausgedrückt ist: “sehen zwei
Leute wirklich die selbe Farbe, wenn sie von Rot
reden”. (Wobei man nicht das Kriterium der
Gleichheit bedenkt.) |
Die Rechtfertigung muß immer so
ausschauen: Du sagtest so … und ich tat das …
239 Und fragt man weiter, so müssen Worterklärungen folgen. Und fragt man “warum hast Du A geschrieben, wie || als ich sagte ‘schreibe ein A || großes A’?” so kann man sich zur Rechtfertigung nur auf etwas von der Art einer Tabelle berufen. Anders kann eine Rechtfertigung nicht aussehen. |
Der
Zweck der Grammatik ist nur der Zweck der Sprache.
Der Zweck der Grammatik ist der Zweck der Sprache. |
Die Wichtigkeit der Grammatik
ist die Wichtigkeit der Sprache. |
Denken wir an die witzige Bedeutung, die wir
den grammatischen Spielen Lewis
Carroll's
geben. ‒ ‒ ‒ |
Ich könnte fragen: Warum
empfinde ich einen grammatischen Witz in gewissem Sinne als
tief? (Und das ist natürlich die philosophische
Tiefe.) |
Die Worte, die einer bei gewisser Gelegenheit sagt, sind in
sofern nicht willkürlich, als gerade diese
in der Sprache, die er sprechen will (oder
muß) das meinen, was er sagen will;
d.h., als gerade für sie diese
grammatischen Regeln gelten. Was er aber meint,
d.h. die grammatischen Regeln, sind in
sofern nicht willkürlich, als er einen bestimmten Zweck nur so
glaubt erreichen zu können. |
Man könnte auch ein Wort
z.B. ‘rot’ wichtig nennen in
sofern als es oft und zu Wichtigem gebraucht wird im Gegensatz etwa
zu dem Wort
‘Pfeifendeckel’. Und die
Grammatik des Wortes ‘rot’ ist dann wichtig, weil
sie die Bedeutung des Wortes ‘rot’
beschreibt. |
Eine
Sprache erfinden. Im Gegensatz zur
Erfindung einer 240 Maschine.) |
Nehmen wir an: in den
ägyptischen Urkunden wird immer wieder eine Farbe
erwähnt, die besonders herrlich sei. Wir wissen nicht,
welche es war. Können uns nur aus Andeutungen
denken, daß es ein bestimmtes Braunrot
gewesen sein muß. Eines Tages aber
findet sich eine braunrote Platte in besonderer
Weise (durch Luftabschluß
etc. etc.) konserviert und
darunter jener Name der Farbe. Nun
heißt es: jetzt wissen wir, welche
Farbe es war. (Und alle Cambridger
Ästheten werden solche
Krawatten
tragen.) |
Für uns gibt es keinen Zusammenhang, der sich beschreiben
läßt, sondern nur den, der sich
zeigt. |
Wie werde
ich denn wissen, daß ich ein Wort zweimal in
derselben Bedeutung gebraucht habe? Kann ich denn
die Bedeutung niederlegen? Oder: nur in sofern
ich sie niederlegen kann, kann ich von ihr
reden. |
Was wir
Bedeutung nennen, muß mit der primitiven
Gebärden- (Zeige-)
Sprache zusammenhängen. |
In wiefern kann nun diese hinweisende
Erklärung mit den Regeln der Verwendung kollidieren?
|
Denn eigentlich
dürfen ja Regeln nicht kollidieren,
außer sie widersprechen einander.
Denn im Übrigen bestimmen sie ja eine
Bedeutung, und sind nicht einer verantwortlich, so
daß sie ihr widersprechen
könnten. |
Wenn Einer von einer idealen Sprache redet, so
müßte man
fragen: 241 in welcher Beziehung
‘ideal’? |
Man kann keine Sprache lernen, wenn man nicht
schon eine versteht. |
Ob einer der
mir einen deutschen Satz sagt, ihn wirklich so meint, wie ich ihn
verstehe, ist nur eine Hypothese. Sicher ist nur,
daß ich ihn so
deute. |
Aber was
heißt es, ihn so zu
deuten. Wie unterscheidet sich diese Deutung von einer
andern? Doch wohl durch die Erklärung, die ich
von ihr geben kann. Wenn ich etwa sage “in
diesem Sinne wird der Satz von dieser Tatsache
bewahrheitet, in jenem Sinne von jener”, so habe ich mich
durch den Hinweis auf diese und jene Tatsache wieder eines Zeichens
bedient. Am Schluß also
müssen sich die Zeichen unterscheiden.
|
∣ Beispiel: Man muß
manchen Satz öfter lesen, um ihn als Satz zu
verstehen. ∣ |
Kann man denn etwas Anderes als einen Satz verstehen? Oder: Ist es nicht erst ein Satz, wenn man es versteht. Also: Kann man etwas anders, als als Satz verstehen? |
Man könnte davon
reden “einen Satz zu erleben”.
Läßt sich dieses Erlebnis niederschreiben? |
Wenn ich einen deutschen Satz höre, oder ausspreche, so
kommt es ja nicht darauf an, daß mir das
Deutsche wohl bekannt ist und auf die Geschichte der Bekanntschaft
kommt es nicht an. Aber das Wesentliche des besonderen
Erlebnisses ist das || da, ich erlebe eine
Tatsache als Satz. 242 |
Da ist es wichtig, daß es
in einem gewissen Sinne keinen halben Satz gibt.
Das heißt, vom halben Satz gilt, was vom Wort gilt, daß es nur im Zusammenhang des Satzes Sinn || Bedeutung hat. |
Das Verstehen fängt aber erst mit dem Satz an.
|
Man kann nicht sagen
“dieser Struktur fehlt noch etwas, um ein Satz zu
sein”. Sondern es fehlt ihr etwas um
dieser Satz zu sein. |
Den Russen, welche statt “er ist
gut” sagen “er gut” geht nichts
verloren, und sie denken sich auch kein Verbum dazu. |
Den kompletten Satz zu
charakterisieren ist so unmöglich, wie die komplette
Tatsache. |
Die
Philosophie darf den wirklichen || tatsächlichen Gebrauch der Sprache in keiner Weise antasten,
sie kann ihn || darf, was wirklich gesagt wird in keiner Weise
antasten, sie kann es am Ende also nur beschreiben.
|
Denn sie kann ihn auch
nicht begründen. |
Sie läßt alles wie es
ist. Sie läßt auch die Mathematik wie sie ist (jetzt ist) und keine mathematische Entdeckung kann sie weiter bringen. Ein “führendes Problem der mathematischen Logik” (Ramsey) ist ein Problem der Mathematik wie jedes andere. |
Wie es keine Metaphysik gibt, so gibt es keine Metalogik.
Das Wort “Verstehen”, der Ausdruck
“einen Satz verstehen”, ist auch nicht
metalogisch, 243
sondern ein Ausdruck wie
jeder andre der Sprache. |
Wie ich oft gesagt habe, führt die
Philosophie mich zu keinem Verzicht, da ich mich nicht entbreche,
etwas zu sagen, sondern eine gewisse Wortverbindung als sinnlos
aufgebe. In anderem Sinne aber erfordert die
Philosophie dann eine Resignation, aber des Gefühls, nicht
des Verstandes. Und das ist es vielleicht, was sie
Vielen so schwer macht. Es kann schwer sein, einen
Ausdruck nicht zu gebrauchen, wie es schwer ist, die Tränen
zurückzuhalten, oder einen Ausbruch des
Zorns. || der Wut. |
“Einen Satz verstehen
heißt: wissen was er
sagt”. “Die Gebärde verstehen, heißt wissen, was sie bedeutet” (“wissen, was er meint”). Das müßte || würde heißen “wissen, daß sie dies und nicht jenes bedeutet”. Dann aber müßte dieses Verstehen die Multiplizität eines Satzes haben. |
Nun ist die Frage:
muß ich wirklich in so einem Sinne das
Zeichen verstehen, um etwa darnach handeln zu
können? – Wenn jemand sagt:
“gewiß! sonst
wüßte ich ja nicht, was ich zu tun
habe”, so würde ich antworten:
“Aber es gibt ja keinen
Übergang vom Wissen zum Tun. Und
keine prinzipielle Rechtfertigung dessen,
daß es das war, was dem Befehl
entsprach”. |
Man beachte in diesem Satz den Ausdruck
“handeln zu können” und das Wort
“was” in “was ich zu tun
habe”. |
Was heißt dann also der Satz:
“Ich muß den Befehl
verstehen, ehe ich nach ihm handeln kann”?
Denn dieser Satz || dies zu sagen,
hat natürlich einen Sinn. Aber
gewiß || jedenfalls
wieder keinen
metalogischen. 244 |
“Aber ich
muß doch einen Befehl verstehen, um nach ihm
handeln zu können”. Hier ist das
‘muß’
verdächtig. Wenn das wirklich ein
Muß ist – ich meine –
wenn es ein logisches Muß ist, so
handelt es sich hier um eine grammatische Anmerkung.
|
Auch wäre da eine
Frage möglich: Wie lange vor dem Befolgen
mußt Du denn den Befehl
verstehen? |
Wie,
wenn man sagte: “ich kann den Befehl nicht
ausführen, wenn ich ihn nicht deute”? – Das heißt nichts, denn seine
Ausführung ist eine Deutung. |
“Ich kann den Befehl nicht
ausführen, weil ich nicht verstehe, was Du meinst. – Ja, jetzt verstehe ich Dich”.
Was ging da vor, als ich plötzlich den Andern verstand? Ich konnte mich natürlich irren, und daß ich den Andern verstand, war eine Hypothese. Aber es fiel mir plötzlich eine Deutung ein, die mir einleuchtete. Aber war diese Deutung etwas anderes, als ein Satz einer Sprache? |
Es konnten mir auch vor
diesem Verstehen mehrere Deutungen vorschweben, für deren
eine ich mich endlich entscheide. Aber das
Vorschweben der Deutungen war das Vorschweben von
Ausdrücken. |
Statt dem Spiel der Vorstellungen könnten wir immer ein
Produzieren physischer Bilder – etwa mit dem Bleistift auf
Papier – annehmen, so daß keine
“private” Sprache entstünde. |
Wenn ich einen philosophischen
Fehler rektifiziere und sage, 245 man hat sich das immer so
vorgestellt, aber so ist es nicht, so zeige ich immer auf
eine Analogie || so muß ich
immer auf eine Analogie
zeigen, nach der man sich gerichtet hat, und,
daß diese Analogie nicht
stimmt. || … so
muß ich immer eine Analogie aufzeigen,
nach der man gedacht hat, die man aber nicht als Analogie erkannt
hat. |
Die Idee, die man von dem Verstehen hat, ist etwa,
daß man dabei von dem Zeichen näher
an die verifizierende Tatsache kommt, etwa durch die
Vorstellung. Und wenn man auch nicht wesentlich,
d.h. logisch, näher kommt, so ist doch
etwas an der Idee richtig, daß das Verstehen
in dem Vorstellen der Tatsache besteht. Die Sprache der
Vorstellung ist in dem gleichen Sinne wie die Gebärdensprache
primitiv. |
Daher
ist auch etwas daran richtig, daß die
Unvorstellbarkeit ein Kriterium der Unsinnigkeit ist. |
Warum empfinden wir die
Untersuchung der Grammatik als fundamental? |
Das Wort
“fundamental” kann auch nichts metalogisches,
oder philosophisches bedeuten, wenn || wo es
überhaupt eine Bedeutung hat. |
Die Untersuchung der Grammatik ist im selben
Sinne fundamental, wie wir die Sprache fundamental – etwa
ihr eigenes Fundament – nennen können. |
Unsere grammatische
Untersuchung unterscheidet sich ja von der eines Anglisten oder
Germanisten etc.; uns interessiert
z.B. die
Übersetzung von einer Sprache in andre
Sprachen. Überhaupt
interessieren uns Regeln, die der Philologe gar nicht
betrachtet. Diesen Unterschied
246 können wir also wohl
hervorheben. |
Anderseits wäre es irreführend zu sagen,
daß wir das Wesentliche der Grammatik
behandeln (er, das Zufällige). |
“Aber das ist ja nur eine
äußere Unterscheidung ||
ein äußerer
Unterschied”. Ich glaube, eine
andere gibt es nicht. |
Eher könnten wir sagen, daß wir
doch etwas Anderes Grammatik nennen, als er.
Wie wir eben Wortarten unterscheiden, wo für ihn kein
Unterschied (vorhanden)
ist. |
Was tut der,
der eine neue Sprache konstruiert (erfindet)? nach
welchem Prinzip geht er vor? Denn dieses
Prinzip ist der Begriff ‘Sprache’.
|
Eine Sprache erfinden,
heißt nicht auf Grund von Naturgesetzen
(oder im Einklang mit ihnen || in
Übereinstimmung mit ihnen) eine
Vorrichtung zu einem bestimmten Zweck erfinden. Wie
es etwa die Erfindung des Benzinmotors oder der Nähmaschine
ist. Auch die Erfindung eines Spiels ist nicht in
diesem Sinne eine Erfindung, aber vergleichbar der
Erfindung einer Sprache. |
Ich brauchte nicht zu sagen,
daß ich nur die Grammatik des Wortes
“Sprache” weiter beschreibe, indem ich sie mit der
Grammatik des Wortes
“Erfindung” in Verbindung bringe. |
Beiläufig gesprochen, hat es
in || nach der alten Auffassung – etwa der, der
(großen) westlichen Philosophen –
zwei Arten von Problemen im wissenschaftlichen Sinne
gegeben || zweierlei Arten
von Problemen im wissenschaftlichen
Sinne gegeben:
wesentliche, große, universelle, und
unwesentliche, quasi akzidentelle
Probleme. 247 Und dagegen ist
unsere Auffassung, daß es kein
großes, wesentliches
Problem im Sinne der Wissenschaft gibt. |
Eine Sprache erfinden,
heißt eine Sprache konstruieren.
Ihre Regeln aufstellen. Ihre Grammatik
verfassen. |
Erweitert jede erfundene Sprache den Begriff der Sprache?
|
Was für das Wort
“Sprache” gilt, muß auch
für den Ausdruck “System von Regeln”
gelten. Also auch für das Wort
“Kalkül”. |
Ist es da übrigens nicht
merkwürdig, daß die Mathematiker
immer mit der Feder auf dem Papier arbeiten? Und warum
z.B. nie mit kontinuierlichen
Farbübergängen? (Vergleiche aber eine
gezeichnete geometrische Konstruktion. Hier haben
wir einen kontinuierlichen Übergang von
einem Raumpunkt zum andern.) |
Wie bin ich denn zum Begriff
‘Sprache’ gekommen? Doch nur durch
die Sprachen, die ich gelernt habe. Aber die haben mich in gewissem Sinne über sich hinausgeführt, denn ich wäre jetzt im Stande, eine neue Sprache zu konstruieren, z.B. Wörter zu erfinden. Also gehört diese Methode der Konstruktion noch zum Begriff der Sprache. Aber nur, wenn ich ihn so festlege. |
Der
Begriff: sich einander etwas mitteilen. Wenn ich
z.B. sage: ‘Sprache’
werde ich jedes System von Zeichen nennen, das Menschen
untereinander vereinbaren, um sich miteinander zu
verständigen, so könnte man hier schon fragen:
Und was schließt Du unter dem Begriff
‘Zeichen’ ein? |
Immer wieder hat mein
“u.s.w.” eine
Grenze. 248 |
Was
nenne ich “Handlung”, was
“Sinneswahrnehmung”? |
Die Worte “Welt”,
“Erfahrung”, “Sprache”,
“Satz”, “Kalkül”,
“Mathematik” können alle nur für
triviale Abgrenzungen stehen, wie “essen”,
“ruhen”, etc.. |
Denn, wenn auch ein solches Wort
der Titel unserer Grammatik wäre – etwa das Wort
“Grammatik” – so hätte doch dieser Titel
nur dieses Buch von andern Büchern zu unterscheiden.
|
Allgemeine
Ausführungen über die Welt und die Sprache gibt es
nicht. |
Daß der Befehl ein Bild ist,
heißt, daß aus dem
Befehl hervorgehen muß, was ich zu tun
habe. Oder sagen wir so: Es muß aus dem Befehl hervorgehen, so weit es überhaupt aus etwas hervorgehen kann. (Das ist natürlich alles eine falsche Darstellung. Man kann nicht sagen, aus dem Befehl müsse es hervorgehen, was ich zu tun habe, denn dies hieße: aus dem Befehl muß der Befehl hervorgehen.) Nehmen wir nämlich an, es könnte aus einem Bild klarer hervorgehen, dann müßte Einer etwas tun können, das zwar dem Wortbefehl entgegen, aber dem Bild, das diesen Befehl – nur deutlicher – ausdrückt, nicht entgegen wäre. Das Bild aber müßte aus dem Wortbefehl hervorgehen können, oder doch ein Vergleich zeigen können, daß beide das Gleiche befehlen. |
Die
Handlung kann ebenso wohl || gut
durch den Befehl bestimmt werden, wie sie
nachträglich beschrieben werden kann.
D.h., so weit sie
überhaupt beschrieben werden kann, so weit wir
(also) von ihr reden
können, (sie von andern Handlungen unterscheiden
können) so weit kann 249 sie auch durch die Sprache (den
Befehl) vorausbestimmt werden. |
(Hier führe ich natürlich durch
die Worte “so weit sie überhaupt
etc.” irre. Denn das
hieße ja, daß man
einen noch erreichbaren Grad der Beschreibung von einem nicht mehr
erreichbaren unterscheiden könnte;
Daß man von einem nicht mehr
erreichbaren unterscheiden könnte, bis zu dem man gelangen
könnte, im Gegensatz zu etwas, was sich nicht mehr beschreiben
ließe. So als wäre am
Schluß die Handlung natürlich doch nicht
ganz beschrieben.) |
So weit die Tatsache die Worte der Beschreibung bestimmen
kann, so weit können Worte die Tatsache bestimmen.
|
Ich sage einen Satz
“ich sehe einen schwarzen Kreis”; aber auf die
Worte || Wörter kommt es
doch nicht an; sagen || setzen
wir also statt dessen “a b c d e”.
Aber nun kann ich nicht ohne weiteres mit diesem Zeichen den
oberen Sinn verbinden (es sei denn, daß
ich “a b c d e” als
ein Wort auffasse und dies als
Abkürzung des oberen Satzes). Diese
Schwierigkeit ist doch aber sonderbar. Ich könnte sie
so ausdrücken: Ich bin nicht gewöhnt statt
‘ich’ ‘a’ zu sagen und statt
‘sehe’ ‘b’, und statt
‘einen’ ‘c’,
etc.. Aber damit meine ich nicht,
daß ich, wenn ich daran gewöhnt
wäre, mit dem Worte
‘a’ sofort das Wort
‘ich’ assoziieren würde;
sondern daß ich nicht gewöhnt bin
‘a’ an der Stelle von ‘ich’
zu gebrauchen – in der Bedeutung von
‘ich’. |
Ich halte meine Wange, und jemand fragt, warum ich es tue
und ich antworte: “Zahnschmerzen”.
Das heißt offenbar dasselbe, wie
“ich habe Zahnschmerzen”, aber weder stelle ich
mir die fehlenden Worte im Geiste vor, noch gehen sie mir im Sinn
irgendwie ab. Daher ist es auch möglich,
daß ich die Worte “ich habe
Zahnschmerzen” in dem Sinne ausspreche, als
sagte ich nur das letzte Wort oder, als wären die drei nur
ein Wort. 250 |
Und doch ist noch etwas unklar || nicht klar, was sich
z.B. in der dreifachen Verwendung des Wortes
‘ist’ zeigt. Denn, was
heißt es, wenn ich sage,
daß im Satz ‘die Rose ist
rot’ das ‘ist’ eine andere Bedeutung
hat, als in ‘zweimal zwei ist vier’?
Wenn man sagt, es heiße,
daß verschiedene Regeln von diesen beiden
Wörtern gelten, so muß
man zunächst sagen, daß wir hier nur
ein Wort haben. Zu sagen aber: von
diesem gelten in einem Fall die Regeln im anderen jene,
ist Unsinn. Und das hängt wieder mit der Frage zusammen, wie wir uns denn aller Regeln bewußt sind, wenn wir ein Wort in einer bestimmten Bedeutung gebrauchen, und doch die Regeln die Bedeutung ausmachen? |
Es
wäre eine Sprache denkbar, in der die
Bedeutung || Bedeutungen
von Worten nach bestimmten Regeln abwechselten, etwa:
Vormittag heißt das Wort A dies
Nachmittag jenes. Oder eine Sprache, in der die Wörter sich täglich änderten, indem an jedem Tag jeder Buchstabe des vorigen Tages durch den nächsten im Alphabet (und z durch a) ersetzt würde. |
Man sagt, die Seele
verläßt den
Körper, um || . Um ihr
dann aber jede Ähnlichkeit mit dem
Körper zu nehmen und damit man beileibe nicht denkt, es sei
irgendein gasförmiges Ding gemeint, sagt man, die
Seele ist unkörperlich, unräumlich; aber mit dem Worte
“verläßt” hat man
schon alles gesagt. Zeige mir
wie Du das Wort seelisch” gebrauchst,
und ich werde sehen, ob die Seele
“unkörperlich” ist, und was Du unter
“Geist” verstehst. |
Ich möchte sagen: nichts
zeigt unsere Verwandtschaft mit jenen Wilden besser, als
daß Frazer ein ihm und uns so geläufiges Wort wie
“ghost”
oder“shade” bei der Hand hat, um die
Ansichten dieser Leute zu beschreiben. 251 |
(Das ist ja doch etwas anderes, als wenn er etwa
beschriebe, die Wilden bildeten || bilden
sich ein, daß ihnen ihr
Kopf herunterfällt, wenn sie einen Feind erschlagen
haben. Hier hätte unsere
Beschreibung nichts Abergläubisches
oder Magisches an sich.) |
Ja, diese Sonderbarkeit bezieht sich nur auf
die Ausdrücke
“ghost”, || und “shade”, und es wird viel
zu wenig Aufhebens davon gemacht, daß wir
das Wort “Seele”, “Geist”
(“spirit”) zu unserem
eigenen gebildeten Vokabular zählen.
Dagegen ist eine Kleinigkeit,
daß wir nicht glauben,
daß unsere Seele
ißt und trinkt. |
In unserer Sprache ist eine ganze Mythologie
niedergelegt. |
Austreiben des Todes oder Umbringen des Todes; aber anderseits
wird er als Gerippe dargestellt, also selbst in gewissem Sinne
tot. “As dead as
death”. ‘Nicht ist so tot
wie der Tod; nichts so schön wie die
Schönheit selbst’.
Das Bild, worunter man sich hier die Realität denkt ist,
daß die Schönheit, der Tod,
etc. die reine (konzentrierte)
Substanz ist, während sie in einem schönen Gegenstand als
Beimischung vorhanden ist. || reinen (konzentrierten Substanzen
sind, während sie in einem schönen Gegenstand als
Beimischung vorhanden sind. – Und
erkenne ich hier nicht meine eigenen Betrachtungen über
‘Gegenstand’ und
‘Komplex’? |
Die primitiven Formen unserer Sprache:
Substantiv, Eigenschaftswort und Tätigkeitswort zeigen das
einfache Bild, auf dessen Form sie
alles zu bringen sucht. |
Aber wenn so der allgemeine Begriff der Sprache sozusagen
zerfließt,
zerfließt da nicht auch die
Philosophie? Nein, denn ihre Aufgabe ist es nicht,
eine neue Sprache zu schaffen, sondern die zu reinigen, die
vorhanden ist. 252 |
Nun könnte man aber sagen: “Du
gibst uns Regeln für den Gebrauch der Sätze; woran sollen
wir aber erkennen, daß etwas ein
Satz ist?” |
Ich hätte nicht sagen sollen,
daß sich die Naturnotwendigkeit
charakteristisch durch eine
willkürliche || in einer willkürlichen Regel
ausdrückt. Sondern: Das
Naturnotwendige wird nicht, wie das Notwendige, durch einen
notwendigen Satz ausgedrückt, sondern charakteristisch
durch eine Regel, die einfach beschreibt was ist. |
Ich möchte sagen:
Es muß die ganze Grammatik als eine
Veranstaltung äußerlicher Regeln
genommen werden, mit allen Regeln für das Ersetzen
z.B., und das Wesentliche nur in der Anwendung
eben dieses ganzen Gebildes gesehen || gesucht
werden. |
Die grammatische Regel soll
z.B. etwas verbieten, etwa,
daß das Wort ‘A’
an die Stelle des Wortes ‘B’ gesetzt
wird. Wie kann sie den aber
(dann) verbieten,
daß das ‘ist’ aus
“zweimal zwei ist vier” an die Stelle des Wortes
‘ist’ in “die Rose ist rot”
gesetzt wird? Das ist ja Unsinn. |
Der rührt von der
verderblichen Vorstellung her, als sei hinter dem Wort ein
unsichtbarer Schweif von Regeln, so daß es
einen Sinn hätte, von zwei Worten zu reden die
gleich ausschauen. Es handelt sich um ein
Wort, das sich durch zwei Worte ersetzen
läßt, die nicht für einander
eingesetzt werden dürfen. |
Denken wir uns die absurde Regel:
Es gibt ein Wort ‘A’ das
ich in f(x) als Argument
einsetzen darf und eines, das ich nicht einsetzen darf. |
Die Sprache
muß als ganze Institution genommen und
betrachtet 253 werden. |
Denken wir uns ein Tagebuch mit Signalen
geführt. Etwa die Seite in Abschnitte für jede
Stunde eingeteilt und nun heißt
‘A’ ich schlafe,
‘B’ ich stehe auf,
‘C’ ich schreibe,
etc.. |
Muß denn nicht die Regel der Sprache
– daß also dieses Zeichen
das bedeutet – irgendwo niedergelegt
sein? Muß denn nicht schon, daß sie niedergelegt werden kann, alles besagen? Freilich auch: Mehr als die Regel niederlegen, kann ich nicht. |
Und
warum soll ich, daß
‘A’ in dieser Zeile steht, nicht ein Bild
dessen nennen, daß ich dann schlafen
gehe? Freilich, daß es die
Multiplizität dessen wiedergeben soll die in jenen Worten
liegt, kann ich nicht verlangen. Der Akt des Schlafengehens war ja auch nicht dadurch bestimmt. |
Wie kann ich denn kontrollieren,
daß es immer dasselbe ist was ich
‘A’ nenne. Es sei denn,
daß ich etwa ein Erinnerungsbild
zuziehe. Das aber dann zum Zeichen gehört.
|
Und wenn ich es nur in
der Signalsprache beschreibe, so weiß ich
auch nur, daß A von B verschieden
ist und sonst nichts. |
Wenn z.B. Einer fragte: wie
weißt Du, daß Du
jetzt dasselbe tust, wie vor einer Stunde, und ich
antwortete: ich habe mir's ja aufgeschrieben,
hier steht ja ein ‘A’! 254 |
Wenn ich mich in dieser Sprache ausdrücke, so
werde ich also mit ‘B’ immer
dasselbe meinen. Es muß
einen || keinen Sinn haben,
zu sagen, daß ich beide Male dasselbe tue,
wenn ich den Befehl ‘B’ befolge (oder
dasselbe getan habe, als ich tat, was ich durch
‘B’ bezeichnete). |
Ist “a c c b
|
Erinnern wir uns,
daß auch das gezeichnete Bild ein solches
nur durch eine Projektionsart ist. |
Erinnere Dich, wenn Du in einem
Projektionssystem etwas Komplexes in etwas Einfaches
projizierst, wird doch die komplexe Natur des
Projizierten in der weiteren Anwendung der Projektionsregel zu
Tage treten. |
Keine logische Verbindung der Dinge kann der Sprache entgehen,
sobald sie alle Verhältnisse will beschreiben
können. |
Wenn
man fragt: “ist der Satz ‘geh aus dem
Zimmer’ wirklich ein Bild dieser Handlung”, so
kann ich entgegenfragen: ist dieser Strich das Bild dieses
Buches? Und doch kann er das sehr wohl sein, es kommt nur
auf die Projektionsart an. Sie
muß sehr kompliziert sein, wenn der Strich
wirklich das Bild des Buches sein soll, und das wird sich wo
anders zeigen; es werden dann sehr einfache Verhältnisse sehr
komplizierte Projektionen erhalten. |
Wie unterscheidet sich
denn blau von rot? Wir meinen doch nicht, daß das eine die, das andere jene Eigenschaften hat. Übrigens sind Eigenschaften von Blau und Rot, daß dieser 255 Körper (oder
Ort) blau, jener Rot ist. |
Auf die Frage “welcher Unterschied
ist denn zwischen blau und rot” möchte man
antworten: das eine ist blau das andere rot.
Aber das heißt natürlich nichts
und man denkt hier in Wirklichkeit an den Unterschied der
Flächen oder Örter, die diese Farben
haben. Sonst nämlich hat die Frage
überhaupt keinen Sinn. |
Was ich sage heißt
also: Rot kann man nicht beschreiben. Aber
kann man es denn nicht malerisch darstellen, indem man etwas rot
malt? |
Nein, das
ist keine malerische Darstellung der Bedeutung des Wortes
‘rot’ (die gibt es nicht).
Das Porträt von Rot. |
Aber jedenfalls ist es doch nicht Zufall,
daß man zur Erklärung der Bedeutung
des Wortes ‘rot’ ganz
natürlich || naturgemäß
auf einen roten Gegenstand zeigt! |
(Was daran natürlich ist, ist in
diesem Satze dargestellt durch das zweimalige
Vorkommen || Auftreten des Wortes
‘rot’.) |
In wiefern hilft die hinweisende
Erklärung “das ist
‘rot’” zum Verständnis des
Wortes. |
(Sie
‘hilft’ gar nicht, sondern
ist eben eine der symbolischen Regeln
für den Gebrauch des Wortes
‘rot’.) |
Muß es nicht
so sein, wenn ich recht habe: Aus der
Beschreibung der Sprache muß
hervorgehen, welche Bedeutung jedes Wort hat? 256 |
(Und hier ist das Wort || der Ausdruck
“wenn ich recht habe”
unrichtig; denn wenn ich wirklich Philosophie betreibe, darf ich
nicht recht haben müssen. Denn erst, wenn ich nur
das Selbstverständliche sage, ist es
Philosophie.) |
D.h. das Bild des Bildes
muß selbst ein Bild im ersten
Sinn || der ersten Art
sein. || D.h.: das Bild des Bildes der Welt muß selbst ein Bild der Welt sein. |
D.h.: Das
Bild des Bildes muß dieses ersetzen
können. |
Wenn
die Beschreibung der Sprache zugleich ihre Bedeutung gibt, dann
kann man die Sprache ein Bild der Welt nennen. |
Die Beschreibung der Sprache
muß dasselbe leisten wie die Sprache.
|
Denn dann kann ich
wirklich aus dem Satz, der Beschreibung, ersehen, wie es sich
verhält. |
(Aber nur das nennt man ja
“Beschreibung” und nur das nennt man
ja “ersehen, wie es sich
verhält”!) |
(Und etwas anderes ist es ja nicht, was
wir alle damit sagen: daß wir aus
der Beschreibung ersehen, wie es sich in Wirklichkeit
verhält.) |
Angenommen, wir lassen die Übersetzung
in die Gebärdensprache fort; zeigt es sich dann in der
Anwendung (ich meine, in den grammatischen Regeln der
Anwendung), daß diese
Übersetzung möglich ist?
257 |
Und
kann es sich nur zeigen, daß sie
möglich ist, oder auch,
daß sie notwendig ist?
Wenn sie notwendig ist, so heißt das, daß die Sprache vermittels des roten Täfelchens in irgend einem Sinn notwendig ist; und nicht gleichberechtigt der Wortsprache. |
Aber wie könnte das
sein? denn dann wären ja die hinweisenden
Erklärungen überflüssig; das
heißt aber schon,
implizite in den andern enthalten.
Wie kann denn eine Regel eines Spiels
überflüssig¤ sein, wenn es
eben das Spiel sein soll, was auch durch
diese Regel charakterisiert wird.
|
Der || Mein Fehler besteht hier immer wieder
darin, daß ich vergesse,
daß erst alle Regeln das
Spiel, die Sprache, charakterisieren, und daß
diese Regeln nicht einer Wirklichkeit verantwortlich
sind, so daß sie von ihr
kontrolliert würden, und so daß man von
einer Regel Bezweifeln könnte, daß
sie notwendig, oder richtig, wäre. (Vergleiche das
Problem der Widerspruchsfreiheit der
nicht-euklidischen
Geometrie.) |
Die Grammatik ist keiner Wirklichkeit verantwortlich. |
(Die Grammatik ist der
Wirklichkeit nicht Rechenschaft schuldig.) |
Ich kann ein helles Rot
‘A’ nennen und ein dunkles
‘B’, aber es wird sich in der Grammatik
dieser Wörter zeigen, daß sie in dem
Sinne Verwandtes bedeuten, wie eben hellrot und dunkelrot verwandt
sind. Es wird z.B. gesagt werden
können, daß die Farbe eines Flecks
A ist und dann immer dunkler wird bis sie B
wird. |
(Ein
Gleichnis gehört zu unserem Gebäude; aber wir
können auch aus ihm keine Folgen ziehen; es führt uns
nicht über sich selbst hinaus, sondern
muß 258 als Gleichnis stehen bleiben.
Wir können keine Folgerungen daraus ziehen. So,
wenn wir den Satz mit einem Bild vergleichen (wobei ja, was wir
unter ‘Bild’ verstehen, schon früher || vorher in uns festliegen
muß), oder, wenn ich die
Anwendung der Sprache mit der, etwa, des Multiplikationskalküls
vergleiche. Die Philosophie stellt eben alles bloß hin und erklärt und folgert nichts.) |
Woher
aber die Sicherheit, daß es sich zeigen
muß? Da fehlt mir ein
Ausdruck. |
Denn
nur, was sich in der Anwendung zeigt, ist ja die Bedeutung!
Anderseits: Wenn man sagt “es
muß sich in der Anwendung zeigen,
daß das Wort diese Bedeutung
hat”, ist das irreführend.
Welche Bedeutung denn? – Und
der Ausdruck, der diese Frage beantwortet, || der darauf antwortet,
muß die Anwendung enthalten || enthält die Anwendung, die die
Bedeutung zeigt. |
Die Erklärung der Wortbedeutung ist die || eine
Erklärung der Anwendung des Wortes. |
Zu sagen,
daß das Wort “rot” mit
allen Vorschriften, die von ihm gelten, das bedeuten könnte,
was tatsächlich das Wort “blau” bedeutet;
daß also durch diese Regeln die
Bedeutung nicht fixiert ist, hat nur einen Sinn, wenn ich die
beiden Möglichkeiten der Bedeutung ausdrücken kann und dann
sagen, welche die von mir bestimmte ist.
|
(Diese letztere
Aussage ist aber eben die Regel, die vorher zur
Eindeutigkeit gefehlt hat.) |
Wie, wenn eine Sprache aus lauter
einfachen und unabhängigen Signalen
bestünde?! Denken wir uns diesen Fall:
Es handle sich etwa um die
Beschreibung 259 einer Fläche, auf der in
schwarz und weiß sich allerlei Figuren
zeigen können. Wäre es nun möglich, alle
möglichen Figuren durch unabhängige Symbole zu
bezeichnen ||
kennzeichnen? (Ich nehme
dabei an, daß ich nur über, sagen
wir, 10000 Figuren reden will.) Wenn ich recht habe, so
muß die ganze Geometrie in den Regeln
über die Verwendung dieser 10000 Signale wiederkehren.
(Und zwar ebenso, wie die Arithmetik, wenn wir statt 10
unabhängiger Zahlzeichen eine Billion
verwendeten.) |
Um eine Abhängigkeit auszudrücken, bedarf es einer
Abhängigkeit. |
Wenn man sagt: es muß sich doch in
den Regeln für die Anwendung zweier Worte zeigen, wenn sie
Dinge bezeichnen, die eine innere Verwandtschaft haben, so macht
man hier den Fehler zu vergessen, daß ich ja
von dieser Verwandtschaft der Bedeutung nur reden kann, wenn
sie sich in der Erklärung – etwa der hinweisenden –
der Bedeutung zeigt. Wenn ich also etwa sage
“‘A’ bedeutet diese
Farbe, ‘B’ diese”, so
habe ich, welche Verwandtschaft immer in den Bedeutungen
liegt || liegen mag, in die
Erklärung gelegt. |
Die Anwendung der Sprache geht über diese hinaus, aber
nicht die Deutung. Die Deutung vollzieht sich noch im
Allgemeinen, als Vorbereitung auf jede Anwendung. Sie
geht in der Sprachlehre vor sich und nicht im
Gebrauch der Sprache. |
Die Anwendung der Sprache geht über diese hinaus, aber
nicht die Deutung. Die Deutung vollzieht sich noch im
Allgemeinen, als Vorbereitung auf jede Anwendung. Sie
geht in der Sprachlehre vor sich und nicht im
Gebrauch der Sprache. |
Wir reden von dem räumlichen und
zeitlichen Phänomen der Sprache.
Nicht von einem unräumlichen und unzeitlichen Unding.
Aber wir reden von ihr so, wie von den Figuren des Schachspiels,
indem wir Regeln für sie tabulieren, nicht ihre physikalischen
Eigenschaften beschreiben. |
Wir können in der Philosophie auch keine
größere
Allgemeinheit erreichen, als in dem, was wir in
Leben und Wissenschaft sagen ||
aussprechen. 260
(D.h., auch hier lassen wir alles, wie es
ist.) |
So ist
eine aufsehenerregende Definition der Zahl keine || nicht die Sache der
Philosophie. |
Die
Philosophie hat es mit den bestehenden Sprachen zu tun und nicht
vorzugeben, daß sie von einer abstrakten
Sprache handeln müsse. |
Ich kann mich doch offenbar von der Farbe
führen lassen und zwar, wie ich mich durch Worte nicht
führen lassen kann﹖– , weil ich nicht
für alle Schattierungen Worte
habe –﹖. |
Was immer Beiläufiges beim Aussprechen
des Satzes vor sich geht, ich muß mich
dann nach ihm richten können. Und dabei wird sich die
Bedeutung der Wörter zeigen; aber nicht so, als ob sie nun
erst in der Handlung zum Vorschein käme. Denn sie
kommt ja nur bei der Handlung zum Vorschein, die dem Satz
entspricht. Und ob sie ihm entspricht, kann ja
wieder nur auf Grund der Bedeutung der Wörter entschieden
werden. Sondern bei der Entscheidung ob
die Handlung dem Satz entspricht, zeigt sich die
Wortbedeutung. D.h. beim
Kollationieren der Tatsache gegen den Satz zeigt sich die
Bedeutung. Aber dieses Kollationieren ist eben unabhängig davon, ob der Satz stimmt oder nicht. |
Soweit die
Bedeutung der Wörter in der Tatsache (Handlung)
zum Vorschein kommt, kommt sie
(schon) in der Beschreibung der Tatsache
zum Vorschein. (Sie wird also ganz in der Sprache
bestimmt.)
(In dem, was sich hat voraussehen lassen; worüber man schon vor dem Eintreffen der Tatsache reden konnte.) |
“Bedeutung” kommt von
“deuten”. 261 |
Nun ist aber dieses Kollationieren, wie, auch der
Begriff der Bedeutung ein Überbleibsel
einer primitiven Anschauung. |
Wenn ich etwa die wirkliche Sitzordnung an
einer Tafel nach einer Aufschreibung kollationiere, so hat es einen
guten Sinn beim Lesen jedes Namens auf einen bestimmten
Menschen zu zeigen. Sollte ich aber etwa die
Beschreibung eines Bildes mit dem Bild vergleichen und
außer dem Personenverzeichnis sagte
die Beschreibung auch daß N den M
küßt, so
wüßte ich nicht, worauf ich als
Korrelat des Wortes ‘küssen’ zeigen
sollte. Oder, wenn etwa stünde “A
ist größer als B”, worauf
soll ich beim Wort
‘größer’
zeigen? – Ganz offenbar kann ich ja gar nicht
auf etwas diesem Wort entsprechendes in dem
Sinne zeigen, wie ich etwa auf die Person A im Bilde
zeige. |
Das Wort
“ein gewisser” und seine Grammatik. Ein
Beispiel, wie man Worte häuft um eine Bedeutung zu sichern,
statt auf die Spielregeln zu achten. (Als wollte man
dem Schachkönig ein wirkliches Gesicht anmalen, um ihm die
richtige Wirkung zu sichern.) |
Es gibt freilich einen Akt “die
Aufmerksamkeit auf die Größe der
Personen richten”, oder auf ihre Tätigkeit, und in
diesem Sinne kann man auch das Küssen und die
Größenverhältnisse
kollationieren. Das zeigt, wie der allgemeine
Begriff der Bedeutung entstehen konnte. Es geschieht da
etwas Analoges, wie wenn das Pigment an Stelle der Farbe
tritt. |
Die
deutsche, und jede, Sprache legt nicht nur Sprachformen fest,
sondern sagt auch, was sie bedeuten sollen, fixiert ihre
Bedeutung. |
Was
ein Satz ist, wird durch die Grammatik bestimmt.
D.h., innerhalb der Grammatik.
(Dahin zielte auch meine “allgemeine Satzform”.) 262 |
“Ich kann das Wort ‘gelb’
anwenden” – ist das auf einer anderen Stufe als
“ich kann Schach spielen”, oder “ich kann
den König im Schachspiel verwenden”? |
Denken wir wieder an die
Intention, Schach zu spielen. Ich setze
mich hin und sage “nun wollen wir Schach
spielen”. In gewissem Sinne habe ich mir damit
vorgenommen, die Regeln des Schachspiels zu befolgen. Aber
habe ich diese Regeln alle an mir vorbeipassieren lassen?
Nein. – Ich habe z.B.
nicht an die Regel des Rochierens gedacht. Nun kommt es
aber zum Rochieren. Warum erkenne ich diese Regel als
Regel des Schachspiels an? Weil sie im Schachbuch
steht? Nein. Ich könnte mir ja denken,
daß sie, wenn ich nachsehen will, in
keinem Buch steht. – Weil ich sie mir vorgesetzt
hatte? Nein, denn ich hatte nicht an sie
gedacht. Es wird also auf andere Weise entschieden, ob
eine Regel zum Schachspiel gehört, ob ich also meinem Vorsatz
gefolgt bin oder nicht. ¤ |
In
der Grammatik des Wortes “Schach” stehen auch die
Schachregeln. |
Wenn ich nun sage: das Schachspiel besteht in den
Regeln: wo sind denn diese Regeln vorhanden. Ich
erkenne ja die Autorität der Schachbücher nicht an,
da ich es für möglich halte,
daß sie nicht die Regeln enthalten, die
ich meine. Und mein Vorsatz wird ein anderer, wenn ich mir vornehme, die Regeln zu befolgen, welche immer es sein mögen, die ich in einem bestimmten Buche finde. |
Kann man
nun etwa sagen; mein Vorsatz sei der, zu tun, was ich an einer
bestimmten Stelle meines Gedächtnisses finde? 263 |
Das
heißt, es wird im Vorsatz ein bestimmtes
Kriterium gegeben, wonach dann entschieden wird, ob etwas
einer Schachregel gemäß ist.
(Quasi der Begriff der Schachregel.)
|
Wenn ich daher sage, ich
verstehe das Wort
“gelb”, so werde
ich auch erst später entscheiden, ob diese
Verwendung der ursprünglichen Bedeutung
gemäß ist, oder nicht. Denn
nach einem Regelverzeichnis kann ich mich auch hier nicht
richten. Denn wer weiß, was ich
darin finde. |
Ich kann nichts tun, als
Regeln in einem Buche niederlegen. |
Und das zeigt das
Verhältnis, welches meine Tätigkeit zum Unmittelbaren
hat. |
Wenn ich
z.B.﹖ sage, von der
Verneinung gelten diese Regeln, so darf es keinen Sinn haben zu
fragen: Woher weißt Du,
daß Du noch immer vom Selben (der
Verneinung im selben Sinne) sprichst. Denn in diesem Sinne konstituieren die Regeln die Verneinung, wie die Schachregeln das Schach. |
Wenn ich von ‘der
Bedeutung’ des Wortes “Schach’ (oder
“gelb”) rede, statt das Wort
(bloß) zu
gebrauchen, so setze ich dabei ein Regelverzeichnis
voraus. Wenn ich ein Buch über
eine || die Sprache schreibe, so
muß das die Regeln enthalten, oder in
andere Bücher eingreifen, die sie || die
die Regeln enthalten. (Ich meine
“eingreifen”, wie ein Zahnrad ins
andere.) |
Über die Sprache sind nicht mehr
Skrupeln berechtigt, als ein Schachspieler über das
Schachspiel hat, nämlich keine. 264 |
Kann man eine Intention haben, ohne sie
auszudrücken? Kann man die Absicht haben, Schach
zu spielen (in dem Sinne, in welchem man apodiktisch sagt,
“ich hatte die Absicht Schach zu spielen;
ich
muß
es doch wissen”), ohne einen Ausdruck dieser
Absicht? – Könnte man da nicht fragen:
Woher weißt Du,
daß das, was Du hattest,
diese Absicht war? Ist die Absicht, Schach zu spielen etwa wie die Vorliebe für das Spiel, oder für eine Person. Wo﹖ man auch fragen könnte: Hast Du diese Vorliebe die ganze Zeit oder etc. und die Antwort ist, daß “eine Vorliebe haben” gewisse Handlungen, Gedanken und Gefühle einschließt und andere ausschließt |
Muß ich nicht
sagen: “Ich weiß,
daß ich die Absicht hatte,
denn ich habe mir gedacht ‘jetzt komme ich
endlich zum Schachspielen’” oder
etc. etc.. |
Es würde sich mit der Absicht in diesem
Sinne auch vollkommen vertragen,
daß || wenn
ich beim ersten Zug darauf käme,
daß ich alle Schachregeln vergessen habe,
und zwar so, daß ich nicht etwa sagen
könnte “ja, als ich den Vorsatz hatte || faßte, da
hatte || habe ich sie noch
gewußt”. |
Es wäre wichtig, den Fehler allgemein
auszudrücken, den ich in allen diesen Betrachtungen zu machen
neige || geneigt bin.
Die falsche Analogie, aus der er entspringt. |
Eine der wichtigsten Aufgaben ist
es ja, alle falschen Gedankengänge so charakteristisch
auszudrücken, daß der Leser sagt
“ja, genau so habe ich es gemeint”.
Die Physiognomie jedes Irrtums nachzuzeichnen. 265 |
Wir
können ja auch nur dann den Andern eines Fehlers
überführen, wenn er anerkennt,
daß dies wirklich der Ausdruck seines
Gefühls ist. || … wenn er diesen
Ausdruck (wirklich) als den richtigen
Ausdruck seines Gefühls anerkennt.
|
Nämlich, nur wenn er ihn als solchen anerkennt,
ist er der richtige Ausdruck.
(Psychoanalyse.) |
Ich glaube, jener Fehler liegt in der Idee,
daß die Bedeutung eines Wortes eine
Vorstellung ist, die das Wort begleitet. Und diese Konzeption hat wieder mit der des Bewußt-Seins zu tun. || Und diese Konzeption steht wieder mit der des Bewußt-Seins in Verbindung. Dessen, was ich immer “das Primäre” nannte. |
Wenn ich nämlich über die
Sprache – Wort, Satz etc. – rede,
muß ich die Sprache des Alltags reden. – Aber gibt es denn eine andere? |
Ist diese Sprache etwa zu grob,
materiell, für das, was wir sagen wollen? Und
kann es eine andere geben? Und wie merkwürdig,
daß wir dann mit der
unseren || Unseren
dennoch || überhaupt etwas
anfangen können. |
Es ist doch klar, daß jede Sprache
die dasselbe leistet, dieselbe sein
müßte.
Daß also unsere gewöhnliche nicht
schlechter ist als irgend eine andere. |
Daß ich
beim Erklären der Sprache (in unserem Sinne) schon die
volle Sprache (nicht etwa eine vorbereitende,
vorläufige) anwenden
muß, zeigt schon,
daß ich nur
Äußerliches
über die Sprache sagen || vorbringen
kann. 266 |
Ja, aber wie können uns diese Ausführungen
dann befriedigen? – Nun, Deine Fragen waren
ja auch schon in dieser Sprache
abgefaßt;
mußten in dieser Sprache ausgedrückt
werden, wenn etwas zu fragen war! |
Und Deine Skrupel sind
Mißverständnisse. |
Deine Fragen beziehen sich
auf Wörter, so muß ich von
Wörtern reden. |
Man sagt: Es kommt doch nicht auf das || auf's Wort an,
sondern auf seine Bedeutung, und denkt dabei immer an
die Bedeutung, als ob sie nun eine Sache von der Art des
Worts wäre, allerdings vom Wort verschieden. Hier
ist das Wort, hier die Bedeutung. (Das Geld, und die Kuh
die man dafür kaufen kann. Anderseits aber:
Das || das
Geld, und sein Nutzen.) |
Was der
Andere || Andre
anerkennt, ist die Analogie die ich ihm darbiete, als Quelle seines
Gedankens. |
Wenn
ich sagte, in die Grammatik des Wortes “Schach”
treten die Regeln des Spiels ein, so hätte ich statt dessen
auch sagen können: das Wort “Schach”
wird mit Hilfe der Regeln definiert. Seine Bedeutung durch
diese Regeln erklärt. |
Für den, der die Spielregeln vergessen
hat, kann aber das Schach nicht auf diese Weise definiert sein,
sondern, etwa, als ein || das Brettspiel mit
diesen Figuren. – Aber ist das wahr?
Er wird doch, wenn ich ihm die Regeln in
Erinnerung bringe, sie als die Regeln des Spiels
anerkennen, das er gemeint hat. 267 |
Der
Spieler, der die Intention hatte, Schach zu spielen, hatte sie
schon dadurch, daß er zu sich etwa die Worte
sagte “jetzt wollen wir Schach spielen”.
Ich will sagen, daß das Wort “Schach” eben auch (nur) ein Stein in einem Kalkül ist. Wird der Kalkül beschrieben, so müssen wir die Regeln tabulieren || tabuliert vor uns haben, wird er aber angewandt, so wird jetzt gemäß der einen, dann gemäß der andern Regel vorgegangen, dabei kann uns ihr Ausdruck vorschweben, oder auch nicht. |
Muß denn dem, der das Wort
“Schach” gebraucht eine Definition des Wortes
vorschweben? Gewiß nicht. – Gefragt, was er unter “Schach”
versteht, wird er erst eine geben.
Diese Definition ist selber ein bestimmter Schritt in
seinem Kalkül. |
Wenn ich ihn aber nun fragte: Wie
Du das Wort ausgesprochen hast, was hast Du damit
gemeint? Wenn er mir darauf antwortet:
“ich habe das Spiel gemeint, das wir so oft
gespielt haben etc.,
etc.”, so weiß ich,
daß ihm diese Erklärung in keiner
Weise beim Gebrauch des Wortes vorgeschwebt hatte, und
daß seine Antwort meine Frage nicht in
dem Sinn beantwortet, daß
sie mir sagt, was, quasi, “in ihm vorging || vorgegangen ist”, als er
dieses Wort sagte. |
Denn die Frage ist eben, ob unter der “Bedeutung, in der
man ein Wort gebraucht” ein Vorgang verstanden werden
soll, den wir beim Sprechen oder Hören des Wortes
erleben. |
Die
Quelle des Fehlers scheint die Idee vom Gedanken zu
sein, der den Satz begleitet. Oder der seinem
Ausdruck vorangeht. Dem Wortausdruck kann natürlich
ein andrer Ausdruck vorangehen, aber für uns kommt der
Unterschied || Artunterschied
dieser beiden Ausdrücke 268 – oder Gedanken
– nicht in Betracht. Und es kann der Gedanke
unmittelbar in seiner Wortform gedacht werden. |
“Er hat diese Worte
gesagt, sich aber dabei gar nichts
gedacht.” – “Doch, ich habe
mir etwas dabei gedacht”. – “Und
zwar was denn?” – “Nun, das,
was ich gesagt habe”. |
Man muß sich aber
hüten die Vorstellungen, die ein Wort begleiten,
nebensächliche Begleiterscheinungen – sozusagen
Abfallsprodukte – zu nennen. Sie können sehr
wesentlich und wichtig sein, aber für uns sind sie nur
von Interesse, insofern sie wieder Glieder eines
Kalküls, also Symbole, sind.
Und als solche sind
sie den Worten gleichberechtigt || beigeordnet, sind aber
nicht “die Bedeutungen” der Worte. |
“Dieses Wort hat doch eine
ganz bestimmte Bedeutung”. Wie ist sie denn
(ganz) bestimmt? |
Es
läßt sich kein ||
Man kann keinen Grund abgeben, weswegen man
denken soll. Es sei denn ein Grund, von der Art dessen, weswegen man essen soll. |
Man kann einen Gedanken aus anderen
begründen, aber nicht das Denken. Das, glaube ich,
ist es, was unsere Untersuchung rein beschreibend macht.
|
Ich glaube, wenn einer
sagt “ich weiß doch, was das Wort
‘gelb’ bedeutet”, so ruft er sich eine
Vorstellung auf﹖, oder er meint gar
nichts. Oder aber er meint es ganz so, wie man
sagt: “ich kann Schach spielen, aber nicht
Dame”. 269 |
Wie, wenn man fragte: Wann kannst Du
Schach spielen? Immer? oder während Du es
sagst? aber während des ganzen Satzes? –
Und wie seltsam, daß
Schachspielen-Können so kurze Zeit braucht || dauert und eine Schachpartie so
viel länger! |
Wenn nun “das Wort
‘gelb’ verstehen”
heißt, es anwenden können, so
besteht || ist die gleiche
Frage: Wann kannst Du es anwenden.
Redest Du von einer Disposition? Ist es eine
Vermutung? |
Kannst Du das Alphabet? Bist Du sicher? – Ja! – Ist das damit vereinbar,
daß Du versuchen wirst es herzusagen und
stecken bleiben wirst? –
Ja! Das ist doch der gleiche Fall, wie: “Kannst Du Deinen Arm heben?” In welchem Falle würde ich dies verneinen müssen, oder bezweifeln? Solche Fälle sind leicht zu denken. Als Bestätigung dessen, daß wir den Arm heben können, sehen wir etwa ein Zucken mit den Muskeln an, oder eine kleine Bewegung des Arms. Oder die geforderte || Die Bestätigung dessen, daß wir den Arm heben können, sehen wir etwa in einem Zucken mit den Muskeln, oder einer kleinen Bewegung des Arms. Oder in der geforderten Bewegung selbst, jetzt ausgeführt, als Kriterium dafür, daß ich sie gleich darauf ausführen kann. |
Das Können und Verstehen wird scheinbar
als Zustand beschrieben, wie der Zahnschmerz, und das ist die
falsche Analogie, unter der ich laboriere. |
Der Gebrauch des Wortes
“Tatsache” und “Tat”. – “Das war eine edle Tat”. – “Aber das ist ja nie geschehen”. – Es liegt nahe, das Wort “Tat” so gebrauchen zu wollen, daß es nur dem wahren Satz entspricht. Man redet dann also nicht von einer Tat die nie || nicht getan wurde. Aber der Satz “das war eine edle Tat” muß doch seinen Sinn behalten, auch wenn ich mich darin irre, daß geschehen ist, 270 was ich die Tat nenne. Und
darin liegt bereits alles Wichtige und ich kann nur die Bestimmung
treffen, daß ich die Wörter
“Tat”, “Tatsache”, (etwa
auch “Ereignis”) nur in einem Satz verwenden
werde, der komplett, das
¤
Bestehen dieser Tatsache behauptet. |
(p & q) ⌵ (p
& ~q) ⌵
(~p & q)
⌵ (~p &
~q):
Das wird meine Tautologie, und ich würde dann nur sagen,
daß sich jeder “Satz || jedes
“Gesetz der Logik” nach bestimmten Regeln
auf diese Form bringen läßt.
Das heißt aber dasselbe,
wie || als: sich von ihr ableiten
läßt; und hier wären wir bei der
Russell'schen Art der Demonstration angelangt und alles, was wir
dazusetzen ist nur, daß diese Ausgangsform
selber kein selbständiger Satz ist und
daß dieses und alle anderen
“Gesetze der Logik” die Eigenschaft haben
p & Log = p,
p ⌵ Log =
Log. |
Absurde Fragen, wie “wie lange braucht man dazu, Schach
spielen zu können” sind einerseits
absurd || sind es einerseits, weil es
Unsinn wäre, zu fragen “wie lange braucht man
dazu, Zahnschmerzen zu haben”, anderseits
rechtfertigen sie sich scheinbar, weil || hat sie
ihre scheinbare Rechtfertigung darin,
daß sie die Dauer aus der
Frage “wie lange dauert eine Schachpartie” in die
Frage nach der Fähigkeit || dem Können
überträgt. |
[Zu “Tat”
und “Tatsache”] Es wäre
besser, die Einschränkung in dem Gebrauch dieser Wörter
fallen zu lassen, da sie nur irreführend wirkt, und ruhig
zu sagen “diese Tat ist nicht begangen worden”,
“diese Tatsache besteht nicht”, “dieses
Ereignis ist nicht eingetreten”. |
Die Angabe ||
Beschreibung der Verifikation eines Satzes
ist ein Beitrag zu seiner Grammatik. |
Wir haben es also (in der
Logik) mit dem Verstehen des Satzes nicht zu tun;
denn wir selbst müssen ihn verstehen,
daß er für uns ein Satz
271 ist. |
Es wäre ja auch seltsam,
daß die Wissenschaft und die
Mathematik die Sätze gebraucht, aber von ihrem Verstehen
nicht spricht. |
Man sieht in dem Verstehen das Eigentliche, im Zeichen das
Nebensächliche. –
Übrigens, wozu dann das Zeichen
überhaupt? – Nur um sich Andern
verständlich zu machen? Aber wie ist das
überhaupt möglich. – Hier wird das
Zeichen als eine Art Medizin behandelt || betrachtet || angesehen,
daß im Andern die gleichen Magenschmerzen
hervorrufen soll, wie ich sie habe. |
In wiefern ist eine rote Tafel ein besseres
Zeichen für rot, als das Wort
‘rot’?
(Versuch', das einmal ohne das Wort “rot” in den zwei ersten Plätzen zu sagen!) |
Oder: heißt es etwas, zu sagen,
daß das Wort ‘rot’, um
ein brauchbares Zeichen zu sein, ein Supplement –
etwa im Gedächtnis – braucht?
D.h., in wiefern ist es allein nicht Zeichen, und besteht nicht ein Irrtum, wenn wir glauben, daß noch etwas zur Erzeugung dieses || des Zeichens nötig ist? |
(Das Wort ‘rot’ ist ein
Stein in einem Kalkül und das rote Täfelchen ist auch
einer.) |
Ich
möchte sagen, der Schritt, den wir bei der Erfüllung des
Zeichens machen, kann auch nur beschrieben, nicht
bezeichnet werden. |
Oder will ich sagen: die
Identifizierung ist nur durch eine Beschreibung
möglich? 272 |
Das
Wahre am Idealismus ist eigentlich, daß der
Sinn des Satzes aus seiner Verifikation
ganz hervorgeht. |
Wenn der Idealismus sagt, der Baum sei nur meine Vorstellung, so
ist ihm vorzuhalten, daß der Ausdruck
“dieser Baum” nicht dieselbe Bedeutung hat
wie “meine Vorstellung von diesem Baum”.
Sagt der Idealismus, meine Vorstellung allein existiert,
(hat Realität) nicht der Baum, so
mißbraucht er das Wort
“existieren” oder “Realität
haben”. 1.) Du scheinst ja hier zu sagen, daß die Vorstellung eine Eigenschaft hat, die der Baum nicht hat. Aber wie weißt Du das? Hast Du alle Vorstellungen und Bäume daraufhin untersucht. Oder ist das ein Satz a priori, dann soll er in eine grammatische Regel gefaßt werden, die sagt, daß man von der Vorstellung etwas Bestimmtes mit Sinn aussagen darf, nicht aber vom Baum. 2.) Was soll es aber heißen von einer Vorstellung Realität auszusagen? Dem Sprachgebrauch || Gebrauch entsprechend höchstens || nur, daß diese Vorstellung vorhanden ist. In anderm Sinne – freilich – sagen wir aber auch von einem Baum aus, er existiere (habe Realität) im Gegensatz zu dem Fall etwa, daß er bereits umgehauen ist. Und es bleibt nur übrig, daß das Wort “Baum” in der Bedeutung, in der man sagen kann “der Baum wird umgehauen und verbrannt” einer anderen grammatischen Kategorie angehört, als der Ausdruck “meine Vorstellung vom Baum”, etwa im Satz: “Meine Vorstellung vom Baum wird immer undeutlicher”. Sagt aber der Realismus, die Vorstellungen seien doch “nur die subjektiven Bilder || Abbilder der Dinge”, so ist zu sagen, daß dem eine falsche Analogie || ein falscher Vergleich zwischen der Vorstellung von einem Ding und dem Bild des Dinges zu Grunde liegt. Und zwar einfach, weil es wohl möglich ist, ein Ding zu sehen und sein Bild (etwa nebeneinander), aber nicht ein Ding und die Vorstellung davon. Es handelt sich um die Grammatik des Wortes ‘Vorstellung’ im Gegensatz zur Grammatik der ‘Dinge’. 273 |
Ja,
was einen Satz erfüllt, kann in der Sprache nur
durch einen Satz niedergelegt werden. Und wenn durch ein
gemaltes oder plastisches || gestelltes
Bild, so ist dieses Bild ein Satz. |
(Ich will sagen, ich kann mich
auch nicht darüber beschweren, daß
dieses Zeichen nicht die nötige Multiplizität hat,
außer in einer Sprache, die sie
hat.) |
Wenn ich
eine Erfahrung mit den Worten beschreibe “vor mir steht
ein blauer Kessel”, ist die Rechtfertigung dieser Worte,
außer der Erfahrung, die in den Worten
beschrieben wird, noch eine andere, etwa die Erinnerung,
daß ich das Wort ‘blau’
immer für diese Farbe verwendet habe,
etc.? |
Oder umgekehrt: Was,
außer dem Befehl, rechtfertigt die
Handlung die ihm folgt? |
Wenn ich jemandem sage “wenn
ich läute, komm zu mir”, so wird er zuerst, wenn er
läuten hört, sich diesen Befehl (das Läuten) in
Worte übersetzen und erst den übersetzen
befolgen. Nach einiger Zeit aber wird er das Läuten
ohne Intervention anderer Zeichen in die Handlung
übersetzen. Und so, wenn ich sage “zeige auf einen roten Fleck”, befolgt er diesen Befehl, ohne daß ihm dabei zuerst das Phantasiebild eines roten Flecks als Zeichen für ‘rot’ erscheint. |
Wenn er läutet, so komme ich zu ihm,
ohne mir erst ein Bild meiner Bewegungen vorzustellen, wonach
ich
(dann) handle.
|
Wenn er nun heute
läutet, so kann (nicht muß) ich
mich doch dran erinnern, daß er das auch
gestern getan hat und ich auch gestern zu ihm gegangen bin.
(Wie ich mich auch erinnern könnte, gestern auf das
Läuten hin 274 etwas anderes getan zu
haben.) Und dann wäre diese Erinnerung auch ein
Zeichen, dem ich folgen kann. – Der Befehl
könnte auch lauten: tu heute, was Du gestern auf das
Läuten (hin﹖) getan
hast. Und nun kann ich mich nach dem
Erinnerungsbild richten; aber jetzt hat es keinen Sinn, eine
weitere Anweisung dafür zu verlangen, wie ich mich nach
diesem Bild richten soll. Und darin besteht
eigentlich, was ich sagen will. |
Wenn ich sage, jedes Bild braucht noch eine
Interpretation, so heißt
‘Interpretation’ die
Übersetzung in ein weiteres Bild, oder in
die Tat. Aber wie stimmt das mit der Behauptung
überein, daß der Befehl seine
Befolgung bestimmt – wird dem nicht dadurch widersprochen,
daß man sagt, der Befehl müsse
noch immer || immer noch
interpretiert werden (auch wenn er in Form
eines Modells der Tat gegeben wäre)? Nein;
bestimmt wird die Tat durch den Befehl nur insofern, als sie aus
ihm ableitbar ist wie
5² aus
x², x
= 5. |
Du beziehst von dem Befehl die Kenntnis dessen, was Du zu tun
hast. Und doch gibt Dir der Befehl nur sich selbst, und seine Wirkung ist gleichgültig. |
Der Befehl sagt mir, was ich zu tun habe; er kann es mir nur in
sich selbst mitteilen.
D.h., er muß alles, was wir mit dieser Mitteilung meinen, in sich haben. Ich weiß, was ich zu tun habe, heißt eben nicht, daß es geschieht. |
Das wird erst dann seltsam, wenn
der Befehl etwa ein Glockenzeichen ist. – Denn,
in welchem Sinne mir dieses Zeichen mitteilt, was
ich 275 zu tun habe,
außer daß ich es
einfach || eben tue
und das Zeichen da war ‒ ‒ ‒. Denn
es ist auch nicht das, daß ich es
erfahrungsgemäß immer tue, wenn das
Zeichen gegeben wird. |
Darum hat es ja auch ohne weiteres keinen Sinn,
zu sagen: “Ich muß
gehen, weil die Glocke geläutet hat”.
Sondern, dazu muß noch etwas anderes
gegeben sein. |
∣ Normal – abnormal: Wir setzen die Norm
fest und betrachten sie dann als etwas a priori
Gegebenes. Es || Sie ist eine gegebene Form
der Darstellung. ∣ |
Dieses andere ist, oder hängt damit
zusammen, daß ich es mir –
z.B. – vorgenommen habe, auf das
Glockenzeichen || Glockensignal so zu handeln.
Aber in dem Vorsatz || Vornehmen
geschah es ja auch nicht,
daß ich so handelte, und wenn ich auch
eine Handlung derselben Art ausführte, so führte ich doch
meinen Vorsatz nicht aus und meine Handlung war ein weiteres
Symbol. Ich meine: Ich rede hier immer von “dieser Handlung” (oder sage, ich habe mir vorgenommen “so” zu handeln), aber damit kann ich doch höchstens || nur ein Bild von ihr geben. |
(Aber auch das ist
irreführend ausgedrückt. “Nur ein Bild
von ihr”? Nur ein Bild
wessen? – Hier sehen wir
die Sache wieder so, als wäre die Tatsache ein
Ding, etwa ein Mensch, der sich hier befinden kann, was dem
entspricht, daß die Tatsache besteht, oder
abwesend, wenn auch || und auch existent
ist, und das soll nun dem entsprechen,
daß diese Tatsache nicht besteht. || und das entspräche nun dem Fall,
daß die Tatsache nicht besteht.
Denn, wenn ich sage: ich habe auch
hier nur ein Bild von ihr, nicht sich selbst, so
setzt das natürlich voraus, daß es Sinn
hat, zu sagen, ich habe || hätte
sie selbst vor mir im Gegensatz zu einem || ihrem bloßen
Bild. Aber 276 das könnte doch nur
heißen, daß sie
jetzt stattfindet und daß das nicht
der Fall ist, ist ja zugegeben. ||
… daß sie jetzt stattfindet, was ich
ja ausgeschlossen habe. Der falsche
Vergleich läßt es erscheinen,
daß ich die Tatsache wahrnehmen
könnte, auch wenn sie (noch) nicht
eingetreten ist, wie ich einen Menschen sehen kann, auch wenn er
nicht bei mir im Zimmer ist. Und
daß die Tatsache in irgendwelchem Sinn
besteht (intakt ist) auch wenn sie nicht eingetreten ist, wie
ein Mensch auch in sich existiert, auch wenn er nicht hier
ist.) |
D.h., der Vorsatz || das
Vornehmen könnte entweder in Worten,
oder Phantasiebildern bestehen, oder auch darin,
daß ich eine Handlung wie
die vorgenommene selbst ausführte. |
∣ Wie unterscheidet sich denn das
Vornehmen dieser Handlung vom Vornehmen einer
anderen? ∣ |
Wenn ich nun bei einem weiteren Glockenschlag wieder so handle,
so ist diese Wiederholung keine hypothetische, sondern ich wiederhole
die Handlung bewußt.
D.h., richte mich nach meiner
Erinnerung. |
Wenn
immer ich über die Erfüllung eines Satzes rede, rede ich
über sie im Allgemeinen. Ich beschreibe sie in irgend
einer Form. Ja, es liegt diese Allgemeinheit schon
darin, daß ich die Beschreibung zum Voraus
geben kann und jedenfalls unabhängig von dem Eintreten der
Tatsache. |
(Das
sind schwere grammatische Erkrankungen, die diese Sätze
zeigen || anzeigen.)
|
Wenn ich sage ich rede
über die Erfüllung des Satzes im
allgemeinen, so meine ich, ich rede mit Worten, die nicht
für diese 277 bestimmte || spezielle Gelegenheit
gemacht || hergestellt
sind. |
Alles ist
natürlich schon in den Worten “ich beschreibe die
Tatsache” ausgedrückt ||
gesagt. Und was ich machen kann ist nur,
falsche Deutungen von diesem Satz ||
von diesem Ausdruck fern zu halten.
Falsche Vergleiche, die sich zudrängen,
auszuschließen. |
Die oberen Sätze
z.B. sind nur gut, weil sie die Krankheiten
der Auffassung zeigen, und soweit sie sie klar zum
Ausdruck || zur Anschauung
bringen. Die Heilung aber ﹖– ist
das Aufzeigen des irreführenden Bildes, das zu diesen
Sätzen führt –﹖. |
Wenn man sagt,
daß die Tatsache auf “allgemeine
Art” beschrieben wird || Wenn wir
sagen, daß wir die Tatsachen auf
“allgemeine Art”
beschreiben, so setzen wir diese Art im Geiste
einer andern entgegen. (Diese Entgegenstellung
nehmen wir aber natürlich von wo anders her.) Wir
denken uns, daß bei der Erfüllung
etwas Neues entsteht und nun das ist, was früher nicht da
war. Das heißt, wir denken an
einen Gegenstand oder Komplex, auf den wir nun zeigen können,
beziehungsweise, der sich nun selbst repräsentieren
kann, während die Beschreibung nur sein Bild war.
Wie wenn ich den Apfel, der auf diesem Zweig wachsen wird,
zum Voraus gemalt hätte, nun aber er selber
kommt. Man könnte dann sagen, die Beschreibung des
Apfels war allgemein, d.h. mit Wörtern,
Farben, etc.. bewerkstelligt, die schon vor dem
Apfel und nicht speziell für ihn da waren.
Gleichsam altes Gerümpel im Vergleich mit dem
wirklichen Apfel. Vorläufer || Vorbilder, die alle abdanken
müssen, wenn der Erwartete
(selber) kommt. |
Aber der Erwartete
ist nicht die Erfüllung, sondern:
daß er gekommen ist. 278 |
Dieser Fehler ist tief in unserer Sprache verankert:
Wir sagen “ich erwarte ihn” und “ich
erwarte sein Kommen” und “ich erwarte,
daß er kommt”. |
Die Tatsache wird
allgemein beschrieben heißt, sie wird aus
alten Bestandteilen zusammengesetzt.
Sie wird beschrieben, das ist so, als wäre sie uns, außer durch die Beschreibung, noch anders gegeben. |
Hier wird die Tatsache mit einem Haus oder einem
andern || sonstigen Komplex
gleichgestellt. |
Noch einmal der Vergleich: der Mensch tritt ein –
die Tatsache tritt
ein: Als wäre die Tatsache schon vorgebildet vor der
Tür der Wirklichkeit und würde nun in diese eintreten, wenn
sie || das Ereignis tritt ein: Als wäre das Ereignis
schon vorgebildet vor der Tür der Wirklichkeit und würde nun
in diese eintreten, wenn es eintritt. |
Komplex ist nicht gleich
Tatsache. Denn von einem Komplex sage ich
z.B., er bewege sich von einem Ort zum andern,
aber nicht von einer Tatsache.
Daß aber dieser Komplex sich jetzt dort befindet, ist eine Tatsache |
Man kann im Deutschen auch sagen “in
diesem Zimmer bilden die drei Vasen ein Ornament” oder
(wenn auch geschraubt) “in diesem Zimmer besteht
die Tatsache, daß …”, und das
ist gleichbedeutend mit: in diesem Zimmer befindet sich das
Ornament (der Komplex) der drei Vasen. |
“Wenn ein Komplex von
Kugeln in diesem Raum liegt” heißt
dasselbe wie “wenn Kugeln in diesem Raum in
irgend einer || in einer beliebigen
Anordnung stehen”. 2 |
“Dieser Gebäudekomplex
wird eingerissen” heißt so viel
wie “die Gebäude, die so beisammenstehen, werden
eingerissen”. |
Die Blume, das Haus, das Sternbild nenne ich Komplexe, und
zwar, von Ziegeln, von Blättern, von Sternen,
etc..
Daß dieses Sternbild hier steht, kann allerdings durch einen Satz beschrieben werden, worin nur von seinen Sternen die Rede ist und das Wort ‘Sternbild’, oder sein Name, nicht vorkommen. |
Aber
das ist auch alles, was man von der Beziehung zwischen Komplex
und Tatsache sagen kann. Und Komplex ist ein
räumlicher Gegenstand, bestehend aus räumlichen
Gegenständen. (Wobei der Begriff
‘räumlich’ einiger Ausdehnung fähig
ist. |
Ein Komplex
besteht auf seinen Teilen, den gleichartigen Dingen, die ihn
bilden. (Dies ist natürlich ein Satz der Grammatik
über die Wörter ‘Komplex’,
‘Teil’ und ‘bestehen’.)
|
Zu sagen, ein roter Kreis
bestehe aus Röte und
Kreisförmigkeit, oder sei ein Komplex aus diesen
Bestandteilen, ist ein Mißbrauch dieser
Wörter und irreführend, (Frege wußte dies).
Ebenso irreführend, zu sagen, die Tatsache, daß dieser Kreis rot ist (daß ich müde bin), sei ein Komplex aus den Bestandteilen Kreis und Röte; (aus mir || Mir || dem Ich und der Müdigkeit). |
Auch ist das Haus nicht ein Komplex
aus den Ziegeln und ihren räumlichen Beziehungen.
D.h., auch das ist gegen den
richtigen Gebrauch der Worte || des
Wortes. |
Man kann nun zwar auf eine Konstellation zeigen und
sagen: diese 280 Konstellation besteht ganz aus
Gegenständen, || Bestandteilen,
die ich schon kenne; aber man kann nicht ‘auf eine
Tatsache zeigen’ und diese sagen. |
Ich kann nicht, mit dem Finger auf etwas
zeigend, sagen: “schau Dir diese Tatsache
an”. Denn dann würde der Andere mit Recht
fragen “welche Tatsache?” und als Antwort
müßte ein Satz kommen, der die Tatsache
aussagt, und nicht etwa die Bemerkung “nun
diese hier”, wie man antworten
könnte auf die Frage “welche Blume || Konstellation meinst
Du?” |
Der Ausdruck “eine Tatsache beschreiben” oder
“die Beschreibung einer Tatsache” für die
Aussage, die das Bestehen der Tatsache behauptet, ist auch
irreführend, weil das so klingt, wie “das Tier
beschreiben, das ich gesehen habe”. |
Man sagt freilich auch
“auf eine Tatsache hinweisen”, aber das
heißt immer “auf die Tatsache
hinweisen, daß
…”. Dagegen heißt
“auf eine Blume zeigen” (oder
“hinweisen”) nicht, darauf hinweisen,
daß diese Blume || Blüte auf diesem Stengel sitzt; denn von dieser
Blüte und diesem Stengel braucht da gar nicht die Rede zu
sein. |
Ebensowenig
kann es heißen, auf die Tatsache hinweisen,
daß dort diese Blume steht. |
Auf eine Tatsache hinweisen,
heißt, etwas behaupten, aussagen.
‘Auf eine Blume hinweisen’
heißt das nicht. |
Auch die Kette besteht
(nur﹖) aus ihren Gliedern, nicht
aus ihnen und ihren || deren
räumlichen Beziehungen. |
Die Tatsache,
daß diese Glieder so zusammenhängen,
besteht 281 aus gar nichts. |
Die Wurzel dieser Verwechslung ist
der verwirrende Gebrauch des Wortes
“Gegenstand”. |
Der Teil kleiner als das Ganze.
Das gäbe auf die Tatsache und Konstituent angewandt
eine Absurdität. |
Man kann in der Logik die Allgemeinheit nicht weiter
ausdehnen, als unsere logische Voraussicht reicht. Oder
richtiger: als unser logischer Blick reicht. |
Man kann nur scheinbar
“über jede mögliche Erfahrung
hinausgehen”; ja, dieses Wort hat auch nur
scheinbar Sinn, weil es nach Analogie sinnvoller
Ausdrücke gebildet ist. |
Die “Philosophie des
Als Ob” beruht selbst || ganz auf dieser Verwechslung
zwischen Gleichnis und Wirklichkeit. |
In den alten Riten haben wir den Gebrauch
einer äußerst ausgebildeten
Gebärdensprache. Und wenn ich in Frazer lese, so möchte ich auf Schritt und Tritt sagen: Alle diese Prozesse, diese Wandlungen der Bedeutung, haben wir noch in unserer Wortsprache vor uns. Wenn das, was sich in der letzten Garbe verbirgt, der ‘Kornwolf’ genannt wird, aber auch diese Garbe selbst, und auch der Mann der sie bindet, so erkennen wir hierin einen uns wohlbekannten sprachlichen Vorgang. |
Der Begriff der übersichtlichen Darstellung ist für
uns von grundlegender Bedeutung. Er bezeichnet unsere
Darstellungsform, die Art, wie 282 wir die Dinge sehen.
(Eine Art der ‘Weltanschauung’,
wie sie scheinbar für unsere Zeit typisch ist.
Spengler.) |
Diese übersichtliche
Darstellung vermittelt das Verstehen ||
Verständnis, welches eben darin besteht,
daß wir die “Zusammenhänge
sehen”. Daher die Wichtigkeit der
Zwischenglieder. || des Findens
von Zwischengliedern. |
Die Hypothese kann so
aufgefaßt werden,
daß sie nicht über die Erfahrung
hinausgeht, d.h. nicht der Ausdruck der
Erwartung künftiger Erfahrung ist. So kann der
Satz “es scheint vor mir auf dem Tisch eine Lampe zu
stehen” nichts weiter tun, als meine Erfahrung
(﹖– oder, wie man sagt,
unmittelbare Erfahrung –﹖)
zu beschreiben. |
Wie verhält es sich mit der Genauigkeit dieser
Beschreibung. Ist es richtig zu sagen: Mein
Gesichtsbild ist so kompliziert, es ist unmöglich es ganz zu
beschreiben? Dies ist eine sehr fundamentale
Frage. |
Das
scheint nämlich zu sagen, daß man von
Etwas sagen könnte, es könne nicht beschrieben
werden, oder nicht mit den jetzt vorhandenen Mitteln, oder
(doch) man wisse nicht, wie es
beschrieben. (Die Frage, das Problem, in der
Mathematik.) Wie ist denn das Es gegeben, das ich nicht zu beschreiben weiß? – Mein Gesichtsbild ist ja kein gemaltes Bild, oder der Ausschnitt der Natur, den ich sehe, und die Schwierigkeit nur, es in Worten darzustellen, oder soll es noch auf seine Artikulation warten? |
“Die Blume war von einem
Rötlichgelb, welches ich aber nicht genauer
(oder, nicht genauer mit Worten) beschreiben
kann”. Was heißt
das? 283 “Ich sehe es vor mir und könnte es malen”. Wenn man sagt, man könnte diese Farbe nicht mit Worten genauer beschreiben, so denkt man (immer) an eine Möglichkeit einer solchen Beschreibung (freilich, denn sonst hätte das Wort || der Ausdruck “genaue Beschreibung” keinen Sinn) und es schwebt einem dabei der Fall einer Messung vor, die wegen unzureichender Mittel nicht ausgeführt wurde. |
Es ist mir nichts zur
Hand, was diese oder eine ähnliche Farbe hätte.
|
Die eigentlichen
Grundlagen seiner Forschung fallen dem Menschen gar nicht
auf. Es sei denn, daß ihm
dies einmal aufgefallen || zum
Bewußtsein gekommen
ist. (Frazer
etc. etc..)
Und das heißt, das Auffallendste (Stärkste) fällt ihm nicht auf. |
Wollte man Thesen in
der Philosophie aufstellen, es könnte nie über sie zur
Diskussion kommen, weil Alle mit ihnen einverstanden
wären. |
Wenn
man sagt, man könne das Gesichtsbild nicht ganz beschreiben,
so meint man, man kann keine Beschreibung geben, nach der man sich
dieses Gesichtsbild genau reproduzieren könnte. |
Aber was
heißt hier “genaue
Reproduktion”? Hier liegt selbst
wieder ein falsches Bild zu Grunde. |
Was ist das Kriterium der genauen
Reproduktion? |
Wir können von dem Gesichtsbild nicht weiter
reden, als unsere Sprache jetzt reicht.
Und auch nicht mehr || weiter
meinen (denken) als unsere Sprache
sagt || reicht.
(Nicht mehr meinen, als wir sagen 284 können.) |
Einer der gefährlichsten
Vergleiche ist der des Gesichtsfelds mit einer gemalten Fläche
(oder, was auf dasselbe hinauskommt, einem farbigen
räumlichen Modell). |
Hiermit hängt es zusammen:
Könnte ich denn das Gesichtsbild “mit allen
Einzelheiten” wiedererkennen? Oder vielmehr, hat
diese Frage überhaupt einen Sinn? |
Denn als
einwandfreiste Darstellung des Gesichtsbildes
erscheint uns immer noch ein gemaltes Bild oder Modell.
Aber, daß die Frage nach dem
“Wiedererkennen in allen Einzelheiten” sinnlos ist,
zeigt, schon, wie inadäquat Bild und Modell
sind. |
Man sagt
“der Mensch nährt mich”, der mir Nahrung gibt,
aber auch “die Nahrung nährt mich”.
|
“Ich sagte,
‘geh aus dem Zimmer’ und er ging aus dem
Zimmer”. “Ich sagte, ‘geh aus dem Zimmer’ und er ging langsam aus dem Zimmer”. “Ich sagte, ‘geh aus dem Zimmer’ und er sprang zum Fenster hinaus”. Hier ist eine Rechtfertigung möglich, auch wo die Beschreibung der Handlung nicht die ist, die der Befehl gibt. |
Ich kann gewiß sagen:
“Tu jetzt, was Du Deiner Erinnerung nach gestern um
diese Zeit getan hast”. Und wenn er sich daran
erinnert, kann er seiner Erinnerung folgen. Erinnert er
sich aber nicht, so hat der Befehl keinen Sinn für
ihn. |
Wäre
dieser Befehl also wie der: “Tu, was auf dem
Zettel in dieser 285 Lade aufgeschrieben
steht”. Wenn in der Lade kein Zettel ist, so ist
das kein Befehl. |
Ist es nicht so: Wenn ich das Signal für eine
Tätigkeit setze, so mußte ich mir
vornehmen können, dieses Signal so zu
gebrauchen. Aber damit mußte
ich es bereits mit einem andern Symbolismus zusammenbringen.
|
Aber auch, wenn dieses
Vornehmen so geschah, daß ich sagte,
dieses Signal heißt ||
bedeutet das, und führte dabei
eine gewisse Tätigkeit aus, ﹖– so
muß die Erinnerung an diese Tätigkeit
später mit dem Zeichen
zusammenwirken –﹖. |
Ich kann vergessen, welche Farbe
ein Wort bezeichnet und auch, wie eine bestimmte Farbe (etwa auf
englisch) heißt. |
Ich werde aufgefordert, mir die
Farbe Orange vorzustellen und habe vergessen, was
“orange” heißt || bedeutet. Was geschieht
hier? Und was geschieht, wenn ich mich nun wieder
daran erinnere? Die Frage ist nämlich:
wovon hängt es ab, daß || ob ich der Aufforderung, mir die Farbe A vorzustellen,
folgen kann? |
Noch eine Frage: Kann man von verschiedenen
Interpretationen des Gedächtnisbildes sprechen?
In welchem Sinne nicht? |
Wenn das Wort ‘rot’, um
Bedeutung zu haben, eine Vorstellung hervorrufen
muß, die erst das eigentliche Bild ist, warum
sollte es da nicht genügen, wenn das Wort, mit einer
wirklichen Farbe konfrontiert, ein bestimmtes Gefühl, etwa
einer Befriedigung, auslöste? |
Könnte denn die Rechtfertigung
Lauten: “Du hast gesagt ‘bring’
etwas Rotes’ und dieses hier hat mir daraufhin ein
Gefühl der Befriedigung erzeugt ||
gegeben, darum habe ich es
gebracht”? |
Müßte man da nicht
antworten: Ich habe Dir doch nicht geschafft, mir das
zu bringen, was Dir auf Deine Worte hin ein solches Gefühl
geben wird! |
Aber gälte dieser Einwand nun auch, wenn ich geantwortet
hätte: “Du hast doch gesagt, ich soll etwas
Rotes bringen und da habe ich mich erinnert,
daß Du das früher
‘rot’ genannt hast”. Ich glaube,
hier gälte der Einwand nicht. |
Ich konnte mich auf jeden Fall zur
Rechtfertigung auf eine Tabelle der Farben mit ihren Namen
berufen. |
Es
könnte aber auch sein, daß ich mich so
einer Tafel widersetze und mich auf mein Gedächtnis
(oder ist es etwas Andres?) berufe. |
Heißt das
nun, daß ich in meinem Gedächtnis
gleichsam eine andere, anders lautende Tafel
habe?! Und was rechtfertigt die Wahl zwischen
diesen beiden? |
Wenn ich jemandem sage “male das Grün Deiner
Zimmertür nach dem Gedächtnis”, so bestimmt das,
was er zu tun hat, nicht eindeutiger, als der Befehl “male
das Grün, was Du auf dieser Tafel siehst”. |
Wenn es bei der Bedeutung des
Wortes “rot” auf das Bild ankommt, 287 das mein Gedächtnis beim Klang
dieses Wortes automatisch reproduziert, so
muß ich mich auf diese Reproduktion gerade so
verlassen, als wäre ich determiniert, die Bedeutung durch
Nachschlagen in einem Buche zu bestimmen, wobei ich mich diesem
Buche quasi auf Gnade und Ungnade ergeben würde. |
Das würde aber
heißen: Die Bedeutung des Wortes
ist, was mir in einer bestimmten Weise dabei einfällt.
|
Ich bin dem
Gedächtnis ausgeliefert. |
In irgend einem Sinn
heißt es nichts “eine Farbe
wiedererkennen.” Und doch kann ich sagen: “Wo habe ich nur dieses Grün schon gesehen”, oder “diese Farbenzusammenstellung”. |
Ich möchte sagen:
Wiedererkennen läßt sich nur, was
sich beschreiben läßt.
|
Und nun
scheint “grün” die Beschreibung
einer Farbe zu sein! |
Es ist doch offenbar nicht
unmöglich || undenkbar,
daß Einer die gelbe Blume so mit einem
Phantasiebild sucht, wie ein Anderer mit dem färbigen
Täfelchen, oder ein Dritter in irgend einem Sinne, mit dem Bild
einer Reaktion, die durch das, was er sucht, hervorgerufen werden
soll (Klingel). Womit immer aber er suchen geht (mit welchem Paradigma immer), nichts zwingt ihn, das als das Gesuchte anzuerkennen, was er am Schluß wirklich anerkennt, und die Rechtfertigung in Worten, oder andern Zeichen, die er dann von dem Resultat || Ergebnis gibt, rechtfertigt wieder nur im Bezug auf eine andere Beschreibung in derselben Sprache. |
Die Schwierigkeit ist, aufzuhören,
‘warum’ zu fragen (ich meine, 288 sich dieser Frage zu
enthalten). |
Es
ist offenbar ein Unterschied: ob ich sage “dieser
Streifen ist weiß”, oder
“die Farbe dieses Streifens werde ich
‘A’ nennen”. |
Eine
‘Interpretation’ ist doch wohl etwas, was in Worten
gegeben wird! Es ist diese
Interpretation im Gegensatz zu einer anderen (die anders
lautet). – Wenn man also sagt “jeder Satz
bedarf noch einer Interpretation”, so
hieße das: kein Satz kann ohne einen
Zusatz verstanden werden, – was Unsinn ist. –
Sagt man aber, jeder Satz sei noch einer Interpretation
fähig, so heißt das,
daß jedes Zeichen durch weitere Zusätze
in Systeme von noch größerer
Multiplizität einzureihen ist. Und dies wäre,
wenn überhaupt etwas, ein mathematischer Satz; wie er aber da
steht, ist er, glaube ich, vage und
bedeutungslos. |
Wir können uns denken, daß jemand die
Bedeutungen der Farbnamen aus einer Tabelle entnimmt, wo sie bei
den entsprechenden Farben stehen, bis er, wie man sagt, die
Tabelle im Kopf hat. |
Das heißt doch wohl,
daß etwas diese Tabelle jetzt ersetzt
hat. |
Könnte
nicht, was ich früher gegen den Gebrauch einer solchen
Tabelle eingewendet habe, gegen jede Rechnung eingewendet
werden? |
Wie ist
es mit den beiden Sätzen: “dieses Blatt ist
rot” und “dieses Blatt hat die Farbe, die auf
Deutsch ‘rot’
heißt”? Sagen beide
dasselbe? |
Hängt das nicht davon ab, was das
Kriterium dafür ist, daß eine Farbe
auf Deutsch ‘rot’
heißt? 289 |
Kann man auch statt “hol' mir
eine gelbe Blume” sagen:
“hol' mir eine Blume, deren Farbe Du
‘gelb’ nennst”? |
Wird der Ausdruck der Beschreibung
nur von dem Beschriebenen abgeleitet, oder aus diesem und einer
Tabelle, oder etwas dem Analoges. |
Du befiehlst mir “bringe
mir eine gelbe Blume”; ich bringe eine und Du
fragst: “warum hast Du mir so eine
gebracht?” Dann hat diese Frage nur einen
Sinn, wenn sie zu ergänzen ist “und nicht eine von
dieser (andern) Art”.
D.h., diese Frage gehört schon in || bezieht sich schon auf ein System; und die Antwort muß sich auf das gleiche System beziehen. |
Auf die Frage “warum tust Du
das auf meinen Befehl?” kann man
fragen: “was?” Da wäre es nun absurd zu fragen “warum bringst Du mir eine gelbe Blume, wenn ich Dir befohlen habe, mir eine gelbe Blume zu bringen”. Eher könnte man fragen “warum bringst Du eine rote Blume, wenn ich sagte, Du sollest eine gelbe bringen” oder “warum bringst Du ein dunkelgelbe auf den Befehl ‘bring' eine gelbe’?” |
Wie kann man die Handlung
von dem Befehl “hole eine Gelbe Blume”
ableiten? – Wie kann man das Zeichen
“5” aus dem Zeichen
“2 + 3” ableiten? |
Wie verhält es sich denn mit
der ¤ Bezeichnung eines ganz bestimmten Tones von
gelb. Da scheint es doch klar,
daß die Wortsprache nicht genügt,
jeden solchen Ton zu beschrieben, obwohl sie sagen kann, ein
rötliches oder grünliches gelb
u.s.w.?
Anderseits: Gib diesem Ton einen Namen und er steht auf gleicher Stufe, ist in keiner andern Lage, als das Wort “gelb” oder “rot”. 290 |
Ist
es denn nicht denkbar, daß ein grammatisches
System in der Wirklichkeit zwei (oder mehr) Anwendungen
hat. |
Ja, aber
wenn wir das überhaupt sagen können, so müssen wir
die beiden Anwendungen auch durch eine Beschreibung unterscheiden
können. |
Denken wir an zwei Anwendungen des grammatischen Farbenschemas,
so können wir diese beschreiben. Aber das
Wesentliche dieser Beschreibung ist, daß
sie nur eine neue Multiplizität || ein neues
System von Zeichen beschreibt und nicht in
irgend einem Sinne mit der Realität anknüpft, in einem
Sinne, in welchem das Zeichen mehr als ein Zeichen wäre.
Woher aber (überhaupt) der Begriff eines solchen Sinnes? Woher die Idee, daß wir das Gebiet der Zeichen verlassen könnten? |
Kommt das nicht daher, daß wir, wie
wir
sagen möchten || ich sagen möchte, mit
gewissen Zeichen ganz vertraut sind?
Abgesehen von den Sprachen die wir geläufig sprechen, sind
uns viele Gebärden in diesem Sinne vertraut. Aber
worin besteht diese Vertrautheit? Ich winke Einem, und er kommt zu mir. Nehmen wir aber an, er verstünde diese Frage || Sprache nicht so leicht, nach einer Überlegung aber deutete er sie doch (richtig), so hätte er sie in Gedanken in eine Sprache übersetzt, die ihm geläufig || vertraut ist. |
Ist nicht
der Grund, warum wir glauben, mit der hinweisenden
Erklärung das Gebiet der Sprache, des Zeichensystems, zu
verlassen, daß wir dieses Heraustreten aus
dem Schriftzeichen mit einer Anwendung der Sprache,
etwa einer Beschreibung dessen, was ich sehe, || wir
sehen, verwechseln. |
Man könnte fragen wollen: Ist es denn aber
ein Zufall, daß ich zur Erklärung von
Zeichen, also zur Vervollständigung des Zeichensystems, aus
291 den
Schrift- oder Lautzeichen heraustreten
muß? Trete ich damit nicht eben
in das Gebiet, in dem || worin
sich dann das zu Beschreibende || das Beschriebene
abspielt? Aber dann ist || erscheint
es seltsam, daß ich
überhaupt mit dem Schriftzeichen etwas anfangen kann. – Man faßt es dann (etwa) so
auf, daß die Schriftzeichen
bloß die Vertreter jener Dinge sind, auf die
man zeigt. – Aber wie seltsam,
daß so eine Vertretung
möglich ist. Und es wäre nun das
Wichtigste zu verstehen, wie denn Schriftzeichen die andern
Dinge vertreten können. Welche Eigenschaft müssen sie haben, die sie zu dieser Vertretung befähigt. Denn ich kann nicht sagen: statt Milch trinke ich Wasser und esse statt Brot Holz, indem ich das Wasser die Milch und Holz das Brot vertreten lasse. Ich kann nun freilich doch sagen, daß das Definiendum das Definiens vertritt; und hier steht dieses hinter jenem, wie die Wählerschaft hinter ihrem Vertreter. Und in diesem Sinne kann man auch sagen, daß das in der hinweisenden Definition erklärte Zeichen den Hinweis vertreten kann, da man ja diesen wirklich in einer Gebärdensprache für jenes setzen könnte. Aber doch handelt es sich hier um eine Vertretung im Sinne einer Definition, denn die Gebärdensprache ist || bleibt eine Sprache wie jede andere. Und das ist vielleicht der Succus dieser Betrachtung. Ich möchte sagen: Von einem Befehl in der Gebärdensprache zu seiner Befolgung ist es ebensoweit, wie von diesem Befehl in der Wortsprache. |
Denn auch die hinweisenden Erklärungen müssen ein
für allemal gegeben werden. |
D.h., auch sie
gehören zu dem Grundstock von Erklärungen, die den
Kalkül vorbereiten und nicht zu seiner Anwendung ad
hoc. |
Denn so
sehe ich eine Sprache: || die
Erscheinung einer Sprache: 292 daß man sie
lernt (ihre Grammatik, ihr Wörterbuch); und sie
dann spricht. Oder: daß es eine Lehre gibt, die von ihr handelt und Lehren, in denen sie gesprochen wird. |
Die hinweisenden Erklärungen
könnten alle in dem Buch der Sprachlehre gegeben
werden. Sie gehören alle zur Sprachlehre.
|
Mit einem Draht nach
einem Kurzschluß suchen; er ist gefunden,
wenn es läutet. Aber suche ich dabei auch nach etwas,
was der Idee des Klingelns gleich ist?
u.s.w.,
u.s.w.. |
Ich kann doch sagen: “mische
Farben nach denen, die ich die vormale”, aber
nicht: “mische Farben nach den Wörtern, die ich
Dir ansage” – wenn diese Wörter mir nicht schon
bekannt sind. – Ich kann ebenso sagen
“zeichne die Kurven, die ich Dir vorzeichne”;
aber nur in gewissen Fällen: “zeichne die
Kurven, die ich Dir ansage”. Ist das aber nicht der Fall, den wir hätten, wenn wir verschiedene, komplizierte Wahrheitsfunktionen einerseits mit neuen Namen, anderseits durch die W-F-Notation bezeichnen? |
“Mische Farben nach den
Wörtern, die ich Dir sage” kommt natürlich auf
dasselbe hinaus wie: “Mische eine Farbe nach dem
Wort ‘A’”. |
Das heißt
doch, eine Farbe, die sich mit dem Wort ‘A’
rechtfertigen läßt.
In wiefern läßt sich denn aber eine Farbe durch eine Farbe rechtfertigen? |
Wir stehen im Kampf mit
der Sprache. 293 |
Das
ganze Problem der Bedeutung der Worte ist darin aufgerollt,
daß ich den A suche, ehe ich ihn
gefunden habe. – Es ist darüber zu sagen,
daß ich ihn suchen kann, auch wenn er in
gewissem Sinne nicht existiert. Wenn wir sagen, ein Bild ist dazu nötig, wir müssen in irgend einem Sinne ein Bild von ihm herumtragen, so sage ich: vielleicht; aber was hat es für einen Sinn, zu sagen, es sei ein Bild von ihm. Das hat also auch nur einen Sinn, wenn ich ein weiteres Bild von ihm habe, das dem Wort “ihm” entspricht. |
Man sagt etwa: Wenn ich von der
Sonne spreche, muß ich ein Bild der Sonne
in mir haben. – Aber wie kann man sagen,
daß es ein Bild der Sonne ist.
Hier wird doch die Sonne wieder erwähnt, im Gegensatz zu ihrem
Bilde. Und damit ich sagen kann: “das ist
ein Bild der Sonne”, müßte ich
ein weiteres Bild der Sonne besitzen,
u.s.w.. |
Zu sagen, die Erinnerung ist ein Bild dessen,
was war, hat nur Sinn, wenn ich das, was war, diesem Bild
gegenüberstellen kann und die beiden etwa vergleichen.
Das ist auch möglich, wenn man unter dem, was war, das
Hypothetische versteht, aber nicht, wenn man darunter eben das
versteht, was in der Erinnerung gegeben ist. |
Wie seltsam, ich kann ihn suchen,
wenn er nicht da ist, aber ich kann nicht auf ihn zeigen, wenn er
nicht da ist. Das ist eigentlich das Problem des
Suchens und zeigt den irreführenden Vergleich.
Man könnte sagen wollen: da muß er doch auch dabei sein, wenn ich ihn suche. – Dann muß er auch dabei sein, wenn ich ihn nicht finde, und auch, wenn es ihn nicht gibt. |
Ihn (etwa meinen
Stock) suchen, ist eine Art des Suchens und 294 unterscheidet sich davon,
daß man etwas andres sucht, durch das, was
man beim Suchen tut (sagt, denkt), nicht durch das, was man
findet. |
Und trage
ich beim Suchen ein Bild mit mir oder eine Vorstellung, nun
gut. Und sage ich das Bild sei das Bild des Gesuchten, so
sagt das nur, welchen Platz das Bild im Vorgang des Suchens
einnimmt. Und finde ich ihn und sage “da ist
er! den habe ich gesucht”, so sind die
letzten Worte nicht etwa eine Worterklärung für die
Bezeichnung des gesuchten Gegenstandes
(etwa für die Worte “mein
Stock”), die erst jetzt, wo er gefunden ist,
gegeben werden könnte ||
kann. – Wie man das, was man
wünscht, nach der Erfüllung des Wunsches nicht besser
weiß, oder erklären kann, als
vorher. |
Man kann
den Dieb nicht hängen ehe man ihn hat, wohl aber schon
suchen. |
“Du hast den || den Menschen (auf ihn zeigend)
gesucht? Wie war das möglich, er war doch gar
nicht da!” |
“Ich suche meinen Stock. – Da ist
er!” Dies letztere ist keine
Erklärung des Ausdrucks “mein Stock”,
die für das Verständnis des ersten Satzes wesentlich
wäre, und die ich daher nicht hätte geben
können, ehe mein Stock gefunden war. Vielmehr
muß der Satz “da ist er”,
wenn er nicht eine Wiederholung der
(auch) früher
möglichen Worterklärung ist, ein neuer synthetischer Satz
sein. |
Das Problem
entspricht einer Verwechslung eines Wortes oder Ausdrucks mit
dem Satz, der die Existenz, das Dasein, des Gegenstands
behauptet. |
“Den hast Du gesucht? Du
konntest ja nicht einmal wissen, ob er da ist!”
(Vergleiche dagegen das Suchen nach der Dreiteilung des
Winkels.) 295 |
Auch haben wir hier die Verwechslung zwischen der Bedeutung und
dem Träger eines Wortes. Denn der Gegenstand, auf den
ich bei dem Worte “den” zeige, ist
der Träger des Namens, nicht seine Bedeutung. |
Kurz: ich suche den
Träger des Namens, nicht dessen || seine
Bedeutung || die Bedeutung des
Namens. Aber anderseits: ich suche und hänge den Träger des Namens. |
Man kann von dem Träger des
Namens sagen, daß er
(existiert oder) nicht existiert, und
das ist natürlich keine Tätigkeit, obwohl man es mit
einer verwechseln könnte und sagen, er müsse
doch dabei sein, wenn er nicht existiert (und das
ist von einem Philosophen bestimmt schon einmal geschrieben
worden.) |
(“Ich suche ihn”. – Wie schaut
er aus”. – “Ich
weiß es nicht aber (ich bin
sicher) ich werde ihn wiedererkennen, wenn ich ihn
sehe”.) |
Man könnte nur sagen: Wenn er von der Sonne
spricht, muß er ein visuelles Bild
(oder Gebilde von der und der Beschaffenheit – rund, gelb,
etc.) vor sich sehen. Nicht,
daß das wahr ist, aber es hat Sinn, und
dieses Bild ist dann ein Teil des Zeichens. |
Ich gehe die gelbe Blume
suchen. Auch wenn mir während des Gehens
ein Bild vorschwebt, brauche ich es denn, wenn ich die gelbe Blume
– oder eine andere – sehe? – Und wenn
ich sage “sobald ich eine gelbe Blume sehe, schnappt,
gleichsam, etwas in der Erinnerung ||
dem Gedächtnis ein”: kann ich
denn dieses Einschnappen eher voraussehen, erwarten, als die gelbe
Blume? Ich wüßte nicht,
warum. D.h., wenn es in einem
bestimmten Fall wirklich so ist, daß ich
nicht die gelbe Blume, sondern ein anderes (indirektes)
Kriterium erwarte, so ist das || dies jedenfalls keine
Erklärung des Erwartens. 296 |
Aber geht nicht mit dem Eintreffen des Erwarteten immer ein
Phänomen der Zustimmung || Bejahung
(oder Befriedigung) Hand in
Hand? Dann frage ich: Ist dieses
Phänomen ein anderes, als das Eintreten des
Erwarteten? Wenn ja, dann
weiß ich nicht, ob so ein
anderes Phänomen die Erfüllung immer begleitet. – Oder ist es dasselbe, wie die Erfüllung?
Wenn ich sage: Der, dem die Erwartung erfüllt
wird, muß doch ich sagen
“ja, das ist es” (oder dergleichen), so
kann man mir antworten:
“gewiß, aber er
muß doch wissen,
daß die Erwartung erfüllt
ist”. – Ja, soweit das Wissen dazu
gehört, daß sie erfüllt
ist. In diesem Sinne:
wüßte er's nicht, so
wäre sie nicht erfüllt. – “Wohl,
aber, wenn einem eine Erwartung erfüllt wird, so
tritt doch immer eine Entspannung auf!” –
Woher weißt Du das? – |
Es ist
vielleicht am instruktivsten zu denken, daß,
wenn wir mit einem gelben Täfelchen die Blume suchen, uns
jedenfalls nicht die Relation der Farbengleichheit in einem
weiteren Bild gegenwärtig ist. Sondern wir sind mit
dem einen ganz zufrieden. |
(So wie wir nicht für einen Augenblick daran
dächten, ein Kind die Gebärdensprache zu
lehren.) |
Wir
könnten uns freilich denken, daß der,
welcher mir das gelbe Täfelchen zum Suchen der Blume gibt, mir
dabei auch das Wort “gleich” erklärte,
indem er auf farbengleiche Flecken zeigte.
Ja, daß er mir zwei farbengleiche
Täfelchen zur Erinnerung an diese Erklärung mitgäbe,
oder aber auf einem Zettel den Satz “suche eine diesem
Täfelchen gleichfärbige Blume”. Und das
Wort “gleichfärbig” entspräche dann den
beiden gleichfärbigen Täfelchen. Aber:
Er hatte mir also seinen ersten Auftrag || Befehl erklärt und diese
Erklärung selbst bestand aus Zeichen, wie der
Auftrag und diese Zeichen konnten also weiter
erklärt werden. Jede Erklärung gesellt sich als
Zeichen zu den schon vorhandenen und gibt nun eben
ein anderes System (eine andere
Multiplizität). 297
(Keine Erklärung ist daher absolut
wesentlich, macht das Zeichen zu einem Zeichen; und
keine ist wesentlich die letzte.) |
Aber konnte denn auch
die erste Erklärung wegbleiben?
Gewiß, wenn die Zeichen ,
, , uns (etwa) ursprünglich
ebenso beigebracht worden wären, wie die Wörter
“Kirche”, “Haus”,
“Stadt”. Aber diese
mußten uns doch
erklärt werden! – Soweit sie uns
überhaupt ‘erklärt’ wurden, geschah es
durch eine Gebärdensprache, die uns nicht erklärt
wurde. – Aber wäre denn diese
Gebärdensprache einer Erklärung fähig
gewesen? – Gewiß;
z.B. durch eine Wortsprache.
|
Freilich kann man
sagen: dasselbe Täfelchen ist in Wirklichkeit auch nicht
maßgebend, weil das Gedächtnis als
Kontrolle des Täfelchens verwendet wird. Aber
erstens ist das nicht wahr, wenn wir uns nach einem ganz
bestimmten Farbton richten sollen (dann trauen wir oft dem
Täfelchen und nicht dem Gedächtnis) und
zweitens: Wie ist es mit der Relation zwischen dem, was
das Gedächtnis gibt und dem, was ich, als ihm entsprechend, in
der Wirklichkeit anerkenne? Trage ich von dieser
Relation ein Bild herum? |
Das Wort “gegeben”. Damit
läßt sich viel Unfug anstellen.
“Nur die Vorstellungen vom Baum sind mir gegeben, nicht
der Baum selbst”. “Was ich mir
erwarte, ist mir nur durch seine || eine Beschreibung
gegeben”. “Das ist mir nur 298 in einer Beschreibung
gegeben”. –
“Was?!” Das hängt unmittelbar mit der Vorstellung des letzten || vorigen Satzes zusammen. Denn ich möchte fragen: Wie ist mir denn “das, der Erinnerung in der Wirklichkeit Entsprechende”, gegeben? || Wie ist mir denn “das, dem Gedächtnis in der Wirklichkeit Entsprechende” gegeben? Das Gedächtnis ist eben selbst eine Sprache. |
Die Frage “wie ist mir denn das
gegeben”, hat Sinn, wenn sie nach der Verifikation
eines Satzes frägt, um seinen Sinn deutlich zu machen.
Z.B. können wir sagen, die Länge
dieses Körpers ist uns durch das Resultat einer Messung mit
dem Maßstab gegeben – nicht durch das
Augenmaß. Die Antwort auf die
Frage “wie ist es mir gegeben” soll
also die Bedeutung des “es” klarer machen, ist
also eine grammatische Erklärung. (Wie ja
vorauszusehen war, daß sie doch
gewiß nicht durch einen Versuch zu lösen
ist.) |
Ich habe
früher “das, was mir das Gedächtnis gibt”
dem entgegengestellt, “was ich als das, ihm in der
Wirklichkeit Entsprechende, anerkenne”.
Aber das können doch nur zwei Symbole sein und
solche, die sich ineinander übersetzen lassen, wenn
sie überhaupt etwas miteinander zu tun haben. Oder
ist es die Erinnerung (oder Erwartung) und die Erfüllung
der Erwartung? |
Ich wollte oben sagen, daß das
Gedächtnis, auch wenn es zur Kontrolle des Täfelchens
verwendet wird, im gleichen Fall ist, wie das Täfelchen.
Daß nämlich auch hier von einer
Interpretation (jener Relation “des im
Gedächtnis Gegebenen zu …”) die
Rede sein könne und gefragt werden kann, ob ein Ausdruck
dieser Interpretation dem, nach dem Gedächtnis Suchenden,
mitgegeben werden müßte.
|
Könnte ich
behaupten, daß mein Gedächtnis immer
etwas nachdunkle? Jedenfalls könnte ich sagen: “wähle die Farbe, die Du im Gedächtnis 299 hast” und auch
“wähle eine etwas dunklere Farbe, als die Du im
Gedächtnis hast”. Von einem Nachdunkeln
kann man natürlich nur im Vergleich zu
Etwas || etwas andrem
sprechen und es genügt nicht, zu sagen
“nun, mit der Farbe, wie sie wirklich war”, weil
hier die besondere Art der Verifikation, d.h.,
die (besondere) Grammatik der Worte
“wie sie war” noch nicht festgelegt ist,
diese Worte (also) noch
mehrdeutig sind. |
Die Frage aber ist: Ist im Falle einer relativen
Veränderung der Farbe des Täfelchens zu meinem
Gedächtnis (ein gewagter Ausdruck) in irgend einem Sinne
unbedingt der Deutung der Vorzug zu geben, das Täfelchen habe
sich geändert und ich müsse mich also nach dem
Gedächtnis richten? Offenbar nein.
Übrigens besagt die
‘Deutung’, das Täfelchen und nicht das
Gedächtnisbild habe sich verändert, nichts als eine
Worterklärung der Wörter “verändern”
und “gleichbleiben”. |
Man könnte auch so sagen:
Wenn meine Absicht dahin geht, etwas dunkleres oder helleres
zu malen (oder zu finden), als das Täfelchen mir zeigt,
so ist die Relation des Gefundenen zum Paradigma keine
weniger direkte ||
unmittelbare, als die der
Farbengleichheit. Oder: Wenn der Auftrag
lautet “bringe mir eine dunklere Blume,
als dieses Täfelchen ist”, so spielt bei dem
Suchen das Täfelchen keine andre Rolle (wird nicht
indirekter angewendet), als in dem früher angenommenen
Fall. |
Und das
zeigt auch, daß die Erinnerung || das Gedächtnis noch einer
Interpretation fähig ist. 300 Denn, wenn ich sage “die Blume soll die gleiche Farbe haben, wie die, die Du im Gedächtnis hast”, so zeigt das Wort “gleiche” schon, wie || wo die Interpretation ansetzen kann. (Und ich könnte eine Sprache festlegen in der das Weglassen jeder solchen Bestimmung, also “die Blume soll die Farbe des Täfelchens haben”, eben das bedeutet, was jetzt der Satz mit der Bestimmung “dunkler als” sagt.) |
Alle
Erklärung scheint hier aufzuhören. Freilich, wir
sind ja gar nicht im Gebiete der Erklärungen. |
Beim Versteckenspiel erwarte
ich, den Fingerhut zu Finden. Wenn ich ihn finde, gebe
ich ein Zeichen der Befriedigung von mir, oder ich fühle
doch
(eine﹖)
Befriedigung. Dieses Phänomen mag ich auch erwartet
haben (oder auch nicht), aber diese Erwartung ist nicht die,
den Fingerhut zu finden. Ich kann beide Erwartungen
haben und die sind offenbar ganz getrennt. |
Ich erwarte mir, eine gelbe Blume zu finden,
dabei schwebt mir das Bild einer gelben Blume vor.
Könnte mir nicht dabei das Bild einer roten vorschweben
– also einer nicht-gelben Blume? |
Es ist nicht so,
daß wir eine
Unbefriedigung || das Phänomen
einer Unbefriedigung spüren || merken || bemerken, die dann
durch finden des Fingerhutes aufgehoben wird || vergeht, und nun
sagen: “also war jenes Phänomen die
Erwartung des Fingerhutes || den Fingerhut
zu finden”. Nein, das erste Phänomen ist die Erwartung des Fingerhutes || den Fingerhut zu finden so sicher, als || wie das zweite das Finden des Fingerhutes ist. Das Wort “Fingerhut” || Der Ausdruck “finden des Fingerhuts” gehört zu der Beschreibung des ersten so notwendig, wie zur Beschreibung des zweiten. Nur verwechseln wir nicht “die Bedeutung des Wortes ‘Fingerhut’” (den Ort dieses Worts im grammatischen Raume) mit der Tatsache, daß ein Fingerhut hier 301 ist. |
Der Gedanke, daß uns
(erst) das Finden zeigt ||
sagt, was wir erwartet haben,
heißt, den Vorgang so
beurteilen, wie etwa die Symptome der Erwartung
bei einem Andern. Ich sehe ihn etwa unruhig auf und ab
gehen; da kommt jemand zur Tür herein und er wird ruhig und gibt
Zeichen der Befriedigung; und nun sage ich: “er
hat offenbar diesen Menschen erwartet”. |
Die ‘Symptome der
Erwartung’ sind nicht der Ausdruck der Erwartung.
Und zu glauben, ich wüßte erst nach dem Finden, was ich gesucht (nach der Erfüllung, was ich gewünscht) habe, läuft auf einen unsinnigen “behaviourism” hinaus. |
“Ich wünsche mir eine gelbe Blume”. – Ja, ich gehe und suche Dir eine gelbe Blume.
Hier habe ich eine gefunden”. –
Gehört die Bedeutung von “gelbe Blume”
mehr zum letzten Satz, als zu den zwei vorgehenden? |
Worin besteht das Suchen einer
gelben Blume? Nun, ich gehe umher, sehe mir die Blumen
an und – wenn ich eine gelbe Blume sehe, pflücke ich sie
etwa. |
Wir haben
uns eben außerhalb (des
Bereichs) aller Erklärung gestellt.
|
Wir können nur
beschreiben, da uns kausale Zusammenhänge,
d.i. die tatsächliche
Folge der Vorgänge, nicht interessiert (da wir
hierin bereit sind, alles zu glauben).
Und die Zusammenhänge, die dann bleiben, sind formelle, die
sich nicht beschreiben lassen, sondern sich in der Grammatik
ausdrücken. 302 |
Worin besteht es, sich eine gelbe Blume zu wünschen?
Wesentlich darin, daß man in dem, was
man sieht, eine gelbe Blume vermißt.
Also auch darin, daß man erkennt, was
in dem Satz ausgedrückt ist “ich sehe jetzt keine
gelbe Blume”. (﹖) |
Dieser Satz ist aus der Ansicht
hervorgegangen, daß der sinnvolle Gebrauch
des Ausdrucks “gelbe Blume” zwar nicht das Sehen
einer gelben Blume, wohl aber die
Gegenwärtigkeit des Farbenraumes
voraussetzt. Ich will sagen: wenn ich über
eine gelbe Blume rede, muß ich zwar keine
sehen, aber ich muß etwas
sehen und das Wort “gelbe Blume” hat quasi nur in
Übereinstimmung mit oder im
Gegensatz zu dem Bedeutung, was ich sehe. Seine Bedeutung
würde quasi nur von dem aus bestimmt, was ich sehe, entweder
als das, was ich sehe, oder als das, was davon in der und der
Richtung so und so weit weg liegt. Hier meine ich
aber weder Richtung noch Distanz räumlich im gewöhnlichen
Sinn, sondern es kann die Richtung von Rot nach Blau und die
Farbendistanz von Rot auf ein bestimmtes Blaurot gemeint sein. – Aber auch so stimmt meine Auffassung nicht.
Es ist schon richtig, daß der Satz
“ich wünsche eine gelbe Blume” den
Gesichtsraum voraussetzt, nämlich nur insofern, als er in
unserer Sprache voraussetzt, daß der
Satz “ich sehe jetzt eine gelbe Blume” und sein
Gegenteil Sinn haben muß. Ja,
es muß auch Sinn haben, oder vielmehr, es hat
auch Sinn, zu sagen “das Gelb, was ich mir wünsche,
ist grünlicher als das, welches ich
sehe”. Aber anderseits wird der
grammatische Ort des Wortes “gelbe Blume” nicht
durch eine Maßangabe, bezogen auf das, was
ich jetzt sehe, bestimmt. Obwohl, soweit von einer
solchen Entfernung und Richtung die Rede überhaupt sein kann,
durch die Beschreibung des gegenwärtigen Gesichtsbildes und des
Gewünschten diese Entfernung und Richtung
im grammatischen Raum gegeben sein
muß. |
Die Bedeutung des Wortes
“gelb” ist nicht die Existenz eines gelben
Flecks: Das ist es, was ich über das Wort
“Bedeutung” sagen möchte. 303 |
Was
die Erklärung des Pfeils betrifft, so ist es klar,
daß man sagen kann:
“Dieser Pfeil bedeutet || sagt
nicht, daß Du dorthin
(mit der Hand zeigend) gehen sollst, sondern
dahin.” – Und ich würde diese
Erklärung natürlich verstehen. –
Das müßte man (aber) dazuschreiben”. |
Unmittelbare Erfahrung
(Sinnes-Datum) ist entweder ein
Begriff von trivialer Abgrenzung oder eine Form.
|
Ich will doch
sagen: Die ganze Sprache kann man nicht
interpretieren. Eine Interpretation ist immer nur eine im Gegensatz zu einer andern. Sie hängt sich an das Zeichen und reiht es in ein weiteres System ein. |
Ist es nun
notwendig zur Interpretation, Erklärung, des
Wortes ‘gelb’ auf einen gelben Gegenstand zu
zeigen? Könnte man nicht
z.B. auf einen blauen zeigen mit den Worten
“das ist gelb”, auf einen grünen und
sagen “das ist rot”,
u.s.w., immer den Namen
der Komplementärfarbe
nennend. Daß dadurch ein
Mißverständnis hervorgerufen
würde, ist zwar klar, aber wäre diese Erklärung
nicht im gleichen Fall, wie etwa die: Es zeigt einer
mit dem Finger in eine Richtung und sagt, das ist
‘rot’ und erklärt || benennt dadurch die Farbe des
Gegenstandes, der in der entgegensetzen Richtung liegt.
Auch diese Erklärung würde
Mißverständnisse hervorrufen,
wäre aber so einwandfrei wie der Zeiger einer Uhr der so auf 6
zeigt. |
Es ist
also richtig: “Ich erinnere mich
daran” an das, was ich hier von mir
sehe.¤ Das Bild ist dann in einem
gewissen Sinne gegenwärtig und vergangen. 304 |
Der
Vorgang des Vergleiches eines Bildes mit der Wirklichkeit ist
also der Erinnerung nicht wesentlich. |
Wenn man mir sagt “bringe
eine gelbe Blume” und ich stelle mir vor, wie
ich eine gelbe Blume hole, so habe ich bewiesen,
daß ich den Befehl verstanden
habe. Aber ebenso, wenn ich ein Bild des Vorgangs
malte. – Warum? Wohl, weil
das, was ich tue, mit Worten des Befehls
beschrieben werden muß.
Oder soll ich sagen, ich habe tatsächlich einen
(dem ersten) verwandten Befehl
ausgeführt. |
Warum sieht man es als einen Beweis dafür an,
daß ein Satz Sinn hat,
daß ich mir, was er sagt, vorstellen
kann? Weil ich diese Vorstellung mit einem dem ersten
verwandten Satz beschreiben
müßte. Ich habe ja damit nur den Satz in einem primitiven Symbolismus wiederholt. |
Ist aber daher kein
Unterschied zwischen Bild und Bild? Symbol und
Symbol? |
”Ich stelle mir vor, wie das sein
wird” (wenn der Sessel
weiß gestrichen sein wird) – wie
kann ich es mir denn vorstellen, wenn es nicht
ist?! Ist denn die Vorstellung eine
Zauberei? Nein, die Beschreibung der Vorstellung ist
(ja﹖) nicht
dieselbe, wie die Beschreibung des erwarteten
Ereignisses. |
Wie kann man kalkulieren daß
3 + 2 = 5
ist?! da doch ‘5’ zu
‘3 + 2 keine interne Beziehung hat?
Es geht auch nur auf einem Weg, der diese Beziehung
herstellt. |
Der
Satz ist der Tatsache so ähnlich wie das Zeichen
‘5’ dem 305 Zeichen
‘3 + 2’. Und das gemalte Bild
der Tatsache, wie ‘❘ ❘ ❘ ❘ ❘’
dem Zeichen ‘❘ ❘ + ❘ ❘ ❘’.
|
Wenn man sagt:
Ich stelle mir die Sonne vor, wie sie rasch über den
Himmel zieht; so ist doch nicht die Vorstellung damit beschrieben,
daß “die Sonne über den
Himmel zieht”! Nun könnte ich einerseits
fragen: ist nicht, was Du vor Dir siehst, eine gelbe Scheibe
in Bewegung? aber doch nicht gerade die Sonne. – Andrerseits, wenn ich sage “ich stelle mir die
Sonne in dieser Bewegung vor”, so ist das nicht dasselbe,
wie wenn ich (etwa kinematographisch) ein solches Bild zu
sehen bekäme. Ja, es hätte Sinn, von diesem Bild zu fragen: “stellt das die Sonne vor?” |
Über das Vorstellen als Beweis des
Sinnes: Wenn es Sinn hat, zu sagen “ich kann
mir vorstellen, daß
p der Fall ist”, so hat es auch Sinn
zu sagen “p ist der Fall”. |
Was heißt
es denn “entdecken, daß ein Satz
Sinn hat”? Oder fragen wir so:
Wie kann man denn die Unsinnigkeit eines Satzes (etwa:
“dieser Körper ist ausgedehnt”)
dadurch bekräftigen, daß man sagt:
“Ich kann mir nicht vorstellen, wie
es﹖ anders wäre”?
Denn, kann ich etwa versuchen, es mir vorzustellen? Heißt es nicht: Zu sagen, daß ich es mir vorstelle, ist sinnlos? Wie hilft mir dann also diese Umformung von einem Unsinn in einen andern? – Und warum sagt man gerade: “ich kann mir nicht vorstellen, wie es anders wäre”? und nicht – was doch auf dasselbe hinauskommt – “ich kann mir nicht vorstellen, wie das wäre”? Man anerkennt scheinbar in dem unsinnigen Satz etwas wie eine Tautologie, zum Unterschied von einer Kontradiktion. Aber das ist ja auch falsch. – Man sagt gleichsam: “Ja, es || er ist ausgedehnt, aber wie könnte es denn 306 anders sein? also,
wozu es sagen?”. Es ist dieselbe Tendenz, die uns auf den Satz “dieser Stab hat eine bestimmte Länge” nicht antworten läßt “Unsinn!”, sondern: “Freilich!” Was ist aber der Grund (zu﹖) dieser Tendenz? Sie könnte auch so beschrieben werden: wenn wir die beiden Sätze “dieser Stab hat eine Länge” und seine Verneinung “dieser Stab hat keine Länge” hören, so sind wir parteiisch und neigen dem ersten Satz zu (statt beide für Unsinn zu erklären). Der Grund hiervon ist aber eine Verwechselung: Wir sehen den ersten Satz verifiziert (und den zweiten falsifiziert) dadurch, “daß der Stab 4 m hat”. Und man wird sagen: “und 4 m ist doch eine Länge” und vergißt, daß man hier einen Satz der Grammatik hat. |
Wenn man
manchmal sagt: man könne das Helle nicht sehen, wenn man
nicht das Dunkle sähe; so ist das kein Satz der Physik
oder Psychologie – denn hier stimmt es nicht und ich
kann sehr wohl eine ganz weiße Fläche
sehen und nichts Dunkles daneben – sondern es
muß heißen:
Es hat keinen Sinn in unserer Sprache von Helligkeit zu
reden, wenn es nicht Sinn hat, von etwas Dunklem zu
reden. |
Was
heißt es denn “entdecken,
daß ein Satz keinen Sinn
hat”? Und was heißt das: “wenn ich etwas damit meine, muß es doch Sinn haben”? “Wenn ich etwas damit meine …” – wenn ich was damit meine?! |
Was heißt es: “Wenn
ich mir etwas dabei vorstellen kann, muß
es doch Sinn haben”? Wenn ich mir was dabei vorstellen kann? Das was ich sage? || sagte? – Das heißt nichts. || Dann heißt dieser Satz nichts. – Und ‘Etwas’? Das würde heißen: Wenn ich die Worte auf diese Weise benützen kann, dann haben sie Sinn. Oder eigentlich: wenn ich sie zum Kalkulieren benütze, dann haben 307 sie Sinn. |
(Philosophie versteht
niemand: Entweder er versteht nicht was geschrieben
ist, oder er versteht es: aber nicht,
daß es Philosophie ist.) |
“Du hast mit der
Hand eine Bewegung gemacht; hast Du etwas damit
gemeint? – Ich dachte, Du meintest, ich solle zu Dir
kommen”. Die Frage ist ob man fragen darf “was hast Du gemeint”. Auf diese Frage (aber) kommt ein Satz zur Antwort. Während, wenn man so nicht fragen darf, das Meinen – sozusagen – amorph ist. Und “ich meine etwas mit dem Satz” ist dann von derselben Form wie “der || dieser Satz ist nützlich”, oder “dieser Satz greift in mein Leben ein”. |
Wenn man nun fragt “hast Du etwas
mit dieser Handbewegung gemeint”, so kann die Antwort
sein “nein, ich hab' gar nichts damit
gemeint”, oder “ja, ich habe etwas
gemeint”. Und in diesem Falle wird man fragen
“was?” und die Antwort werden etwa
Worte sein || wird etwa aus Worten
bestehen. |
Könnte man aber antworten: “ich habe
etwas mit dieser Bewegung gemeint, was ich nur durch diese Bewegung
ausdrücken kann”? |
Ich scheine sagen zu wollen:
Verstehen, heißt nur, eine
bestimmte || gewisse Art
(von﹖) Zeichen zu erfassen (zu
erhalten). |
“Nein, ich hab' nichts mit dieser Bewegung
gemeint. Ich hab' sie ganz willkürlich
gemacht”. Oder aber: “Ja, ich
habe etwas gemeint, ich wollte, daß Du
kommst”. Aber dann war dieses Wollen, daß der Andre kommen soll, ein besonderer Vorgang. Das heißt, ich habe jetzt den ganzen Vorgang in den Satz übersetzt “ich wollte, daß Du kommst”. Aber er war nun doch wieder nur 308 ein Zeichen. |
Auf die Frage “was meinst
Du” müßte die Antwort die
Erklärung des Zeichensystems sein, zu dem
das gegebene Zeichen gehört. – Und durch
die Antwort “ich meine, daß Du
kommen sollst” ist ja auch nur eben das getan, denn das
Zeichen wurde jetzt in einen Satz einer uns bekannten Sprache
übersetzt. Und eine Sprache ist uns nur
verständlich, weil wir sie, ihr System, kennen.
Denn alle Erklärung kann nichts tun, als uns die Sprache
kennen lehren. |
Aber dieser letzte Satz ist mit Vorsicht aufzufassen || aufzunehmen. Denn, kann man
sagen, wir verstünden die Gebärdensprache, weil wir ihr
System kennen? Ja und nein. |
Der Vorgang könnte auch so sein,
daß nach der Antwort “ja, ich
habe etwas mit der Bewegung gemeint” und der Frage
“was?” die Antwort kommt || lautet: “Du
weißt's schon, || “Ich brauch' es
nicht zu sagen, Du verstehst mich
schon”. Und diese Antwort zeigt am klarsten das Wesen des Verstehens, denn wenn nun der Andere auf einmal versteht, was gemeint war, so sieht er in dem Zeichen jetzt eines im Gegensatz zu anderen. Wenn er es nun deutet, so deutet er es so im Gegensatz zu anders. |
Die
Erklärung: “Hast Du mich denn nicht
verstanden; ich habe auf ihn gezeigt”
erklärt ein System, denn es || sie erklärt,
aus welchem Gesichtspunkt ich das Zeichen hätte auffassen
sollen. “Schau doch, auf wen er zeigt || ich zeige!” |
Ich bin nun immer zu dem Fehler geneigt, zu
glauben, ein System könnte
außerhalb seines Ausdrucks, in
der Grammatik etwa, existieren. 309 || … seines
Ausdrucks, des Ausdrucks in der Grammatik etwa, existieren.
|
“Jetzt sehe ich's erst, er zeigt
immer auf die Leute, die dort vorübergehen”.
Er hat ein System verstanden: wie Einer, dem ich die
Ziffern 1, 4, 9,
16 zeige und der sagt “ich verstehe jetzt das
System, ich kann jetzt selbst weiterschreiben”.
Aber was ist diesem Menschen geschehen, als er das System
plötzlich verstand? Ist es etwas anderes, als
daß ihm die Variable
“x²”, oder ein analoges
Zeichen, eingefallen ist? |
Man wird vielleicht sagen: ganz
richtig, es ist ihm die Form x² eingefallen, aber im
Gegensatz zu x³ oder
x
|
Was
dem Können in “ich kann jetzt selbst
weiterschreiben” zu Grunde liegt, ist auch nur der Einfall
des Variablen-Ausdrucks (also eines Zeichens,
wieder nur eines Steins im Kalkül, welches selbst sich
erst || nur in der Zeit entfaltet) und etwa das
Ausrechnen “im Kopf” von einigen weiteren
Zahlen. |
Es
handelt sich beim Verstehen nicht um einen Akt des momentanen,
sozusagen nicht diskursiven, Erfassens der Grammatik. Als
könnte man sie gleichsam auf einmal herunterschlucken.
|
Das also, was der macht,
der auf einmal die Bewegung des Andern deutet (ich sage nicht
“richtig deutet”), ist ein Schritt in einem
Kalkül. Er tut ungefähr,
was er sagt, wenn er seinem Verständnis Ausdruck
gibt. – Und das ist ja immer unser
Erkenntnisprinzip || Prinzip –.
Und wenn ich sage “was er macht, ist der Schritt eines
Kalküls”, so heißt das,
daß ich
diesen 310 Kalkül schon kenne; in dem
Sinne, in dem ich die deutsche Sprache kenne, oder das
Einmaleins. Welche ich ja auch nicht so in mir habe, als wäre || wären die ganze deutsche Grammatik und die Einmaleins-Sätze zusammengeschoben auf Etwas, was was man auf einmal, als Ganzes, erfassen kann. || was ich nun auf einmal, als Ganzes, besitze. |
Ich
fasse das Verstehen also, in irgend einem Sinne,
behaviouristisch auf. |
‘Sprache’ nenne ich
nur das, wovon sich eine Grammatik schreiben
läßt. |
‘Kalkül’ nur,
wovon sich ein Regelverzeichnis anlegen
läßt. |
Gewiß, der Vorgang
des “jetzt versteh ich …!” ist ein
ganz spezifischer, aber es ist eben auch
ein ganz spezifischer Vorgang, wenn wir auf einen
bekannten Kalkül stoßen, wenn wir
“weiter wissen”. Aber dieses Weiter-Wissen ist eben auch diskursiv (nicht intuitiv). (Und es kommt eben hier heraus, was ich vor langer Zeit aufgeschrieben habe, daß wir nämlich “von Büchern” und derlei Dingen reden müssen und nicht von einem sprachlichen Wolkenkuckucksheim.) |
Das Behaviouristische an meiner Auffassung besteht nur darin,
daß ich keinen Unterschied zwischen ‘außen’
und ‘innen’ mache. || an unserer Behandlung
besteht nur darin, daß wir keinen Unterschied zwischen
‘außen’ und ‘innen’
machen.
Weil mich die
Psychologie nichts angeht. |
“Ist die
Vorstellung nur die Vorstellung, oder ist die Vorstellung von
Etwas in der Wirklichkeit?”
311 “Ist die Vorstellung nur die Vorstellung, oder ist die Vorstellung in Beziehung auf die Wirklichkeit?” “Ist die Vorstellung nur die Vorstellung, oder ist sie Vorstellung von Etwas in der Wirklichkeit?” Und von dieser Frage könnte man auch die Beziehung der Vorstellung zum gemalten Bild erfassen. || Und von dieser Frage aus könnte man auch die Beziehung der Vorstellung zum gemalten Bild erfassen. |
Die Frage könnte
aber nicht heißen: “Ist
die Vorstellung immer Vorstellung von etwas, was
in der Wirklichkeit
existiert” –
denn das ist sie offenbar nicht immer –; sondern, es
müßte
heißen: bezieht sich die Vorstellung
immer, wahr oder falsch, auf die Wirklichkeit. – Denn
das kann man von einem gemalten Bild nicht sagen. –
|
Aber warum sollte man
dann nicht sagen, daß eine Vorstellung
Vorstellung eines Traumes sei? |
Verhalten sich nicht Vorstellung und
Wirklichkeit zueinander, wie ein ebenes Bild zum dreidimensionalen
Raum? in dem || welchem
immer etwas existieren kann, dessen Projektion das
ebene Bild ist? (Also doch wohl, wie die Sprache zur Wirklichkeit im Raum.) |
… quia plus loquitur
inquisitio quam inventio …
(Augustinus) |
Manifestissima et
usitatissima sunt, et eadem rursus nimis latent, et nova est
inventio eorum.
(Augustinus) |
Wenn man sagt, Vorstellungen seien
privat, so ist man wieder von einer Analogie irregeleitet.
|
Könnte ich malen,
daß es sich so verhält, wenn es keinen
Sinn 312 hätte, zu sagen “es
verhält sich so”? Aber dieser Ausdruck “malen, daß es sich so verhält” ist selbst problematisch. Er trägt bereits eine Deutung in das Bild hinein. |
Man wird sagen: der
Maler der “Malheurs de
Chasse” hat
nicht gemeint, daß es
wirklich so zugeht; hätte er aber seine Bilder lehrhaft
(um zu zeigen, wie es zugeht) gemeint, so wäre er im
Unrecht gewesen?? |
Aber
dasselbe gilt doch auch von Erzählungen, etwa des
Baron Münchhausen. In dem Sinne in welchem man von ihnen sagen kann, sie seien nicht wahr, kann man es allerdings auch von irgend einem Bild sagen, das keine historische Begebenheit || Tatsache darstellen soll. |
Anderseits kann man von jenen
Erzählungen insofern nicht sagen, sie seien unwahr,
als sie gar nicht auf eine Methode der Verifikation deuten.
(Ebenso wie ein Genre-Bild.) 313 |
Man
muß beim Irrtum ansetzen und ihn in die
Wahrheit überführen.)
D.h. man muß die Quelle des Irrtums aufdecken, sonst nützt uns das Hören der Wahrheit nichts. Sie kann nicht eindringen, solange || wenn etwas anderes ihren Platz einnimmt. (Einen von der Wahrheit zu überzeugen, genügt es nicht, die Wahrheit zu konstatieren, sondern man muß den Weg vom Irrtum zur Wahrheit finden.) |
(Ich
muß immer wieder im Wasser des Zweifels
untertauchen.) |
Frazers Darstellung der
magischen und religiösen Anschauungen der Menschen ist
unbefriedigend: sie läßt
diese Anschauungen als
Irrtümer erscheinen.
So war also Augustinus im Irrtum, wenn er Gott auf jeder Seite der Confessiones anruft? Aber – kann man sagen – wenn er nicht im Irrtum war, so war es doch der buddhistische Heilige – oder welcher immer – dessen Religion ganz andere Anschauungen zum Ausdruck bringt. Aber keiner von ihnen war im Irrtum, außer wo er eine Theorie aufstellte. |
Schon die Idee, den Gebrauch – etwa die
Tötung des Priesterkönigs
–¤ erklären zu wollen, scheint mir
verfehlt. Alles was Frazer tut ist, sie Menschen, die so ähnlich denken wie
er, plausibel zu machen. Es ist sehr merkwürdig,
daß alle diese Gebräuche endlich
so zu sagen als Dummheiten
dargestellt werden. Nie wird es aber plausibel, daß die Menschen aus purer Dummheit alle diese Dinge || all das tun. Wenn er uns z.B. erklärt, der König müsse in seiner Blüte getötet werden, ¤ 314 weil nach den Anschauungen der
Wilden sonst seine Seele nicht frisch
erhalten würde, so kann man doch nur sagen:
Wo jener Gebrauch und diese Anschauung
zusammengehen, dort entspringt nicht der Gebrauch der Anschauung,
sondern sie sind eben beide da. Es kann schon sein, und kommt heute oft vor, daß ein Mensch einen Gebrauch aufgibt, nachdem er einen Irrtum erkannt hat, auf den sich dieser Gebrauch stützte. Aber dieser Fall besteht eben nur dort, wo es genügt den Menschen auf seinen Irrtum aufmerksam zu machen, um ihn von seiner Handlungsweise abzubringen. Aber das ist doch bei dem religiösen Gebrauche eines Volkes nicht der Fall und darum handelt es sich eben um keinen Irrtum. |
Frazer sagt, es sei sehr
schwer, den Irrtum in der Magie zu entdecken – und darum
halte sie sich so lange – weil z.B. eine
Beschwörung, die Regen herbeiführen soll,
früher oder später gewiß als
wirksam erscheint. Aber dann ist es eben
merkwürdig, daß die Menschen nicht
früher darauf kommen, daß es ohnehin früher
oder später regnet. |
Ich glaube, daß das Unternehmen
einer Erklärung schon darum verfehlt ist, weil man nur richtig
zusammenstellen muß, was man
weiß, und nichts dazusetzen,
und die Befriedigung, die durch die Erklärung angestrebt
wird, ergibt sich von selbst. Und die Erklärung ist es hier gar nicht, die befriedigt. Wenn Frazer anfängt und uns die Geschichte von dem Waldkönig von Nemi erzählt, so tut er dies in einem Ton, der zeigt, daß er fühlt und uns fühlen lassen will, daß hier etwas Merkwürdiges und Furchtbares geschieht. Die Frage aber “warum geschieht dies?” wird eigentlich dadurch beantwortet: Weil es furchtbar ist. Das heißt, dasselbe, was uns bei diesem Vorgang furchtbar, großartig, schaurig, tragisch, etc., nichts weniger als trivial und bedeutungslos vorkommt, das hat diesen Vorgang ins Leben gerufen. 315 |
Nur beschreiben kann man
hier und sagen: so ist das menschliche Leben. |
Die Erklärung ist im
Vergleich mit dem Eindruck, den uns das Beschriebene
macht, zu unsicher. |
Jede Erklärung ist ja eine Hypothese. |
Wer aber, etwa, von der Liebe
beunruhigt ist, dem wird eine hypothetische Erklärung
wenig helfen. – Sie wird ihn nicht beruhigen.
|
Das Gedränge der
Gedanken, die nicht heraus können, weil sie sich alle
vordrängen wollen und so am Ausgang verkeilen. |
Wenn man mit jener
Erzählung vom Priesterkönig von
Nemi das Wort “die Majestät des
Todes” zusammenstellt, so sieht man,
daß die beiden Eins sind.
Das Leben des Priesterkönigs stellt das dar, was mit jenem Wort gemeint ist. |
Wer von der Majestät des Todes ergriffen ist,
kann dies durch so ein Leben zum Ausdruck bringen. –
Dies ist natürlich auch keine Erklärung,
sondern setzt nur ein Symbol für ein anderes.
Oder: eine Zeremonie für eine andere. |
Einem religiösen Symbol
liegt keine Meinung zu Grunde. Und nur der Meinung entspricht der Irrtum. |
Man möchte sagen: Dieser und
dieser Vorgang hat stattgefunden; lach', wenn Du
kannst. 316 |
Die
religiösen Handlungen, oder das religiöse Leben des
Priesterkönigs ist von keiner andern Art, als jede echt
religiöse Handlung heute, etwa ein Geständnis
der Sünden. Auch dieses
läßt sich
“erklären” und
läßt sich nicht erklären.
|
In
effigie verbrennen. Das Bild der
Geliebten küssen. Das basiert natürlich
nicht auf einem Glauben an eine bestimmte Wirkung auf den
Gegenstand, den das Bild darstellt. Es bezweckt eine
Befriedigung und erreicht sie auch. Oder
vielmehr, es bezweckt gar nichts; wir handeln
eben so und fühlen uns dann befriedigt. |
Man könnte auch den Namen der
Geliebten küssen, und hier wäre die Stellvertretung durch
den Namen klar. |
Der selbe Wilde, der, anscheinend um seinen Feind zu töten,
dessen Bild durchsticht, baut seine Hütte aus Holz
wirklich und schnitzt seinen Pfeil kunstgerecht und nicht in
effigie. |
Die Idee, daß man
einen leblosen Gegenstand zu sich herwinken kann,
wie man einen Menschen zu sich herwinkt. Hier ist das
Prinzip das, der Personifikation. |
Und immer beruht die Magie auf der Idee des
Symbolismus und der Sprache. |
Die Darstellung eines Wunsches ist, eo
ipso, die Darstellung seiner Erfüllung.
Die Magie aber bringt einen Wunsch zur Darstellung; sie äußert einen Wunsch. 317 Die Taufe als Waschung. – Ein Irrtum entsteht erst, wenn die Magie wissenschaftlich ausgelegt wird. Wenn die Adoption eines Kindes so vor sich geht, daß die Mutter es durch ihre Kleider zieht, so ist es doch verrückt zu glauben, daß hier ein Irrtum vorliegt und sie glaubt, das Kind geboren zu haben. Von den magischen Operationen sind die zu unterscheiden, die auf einer falschen, zu einfachen, Vorstellung der Dinge und Vorgänge beruhen. Wenn man etwa sagt, die Krankheit ziehe von einem Teil des Körpers in den andern, oder Vorkehrungen trifft, die Krankheit abzuleiten, als wäre sie eine Flüssigkeit oder ein Wärmezustand¤. Man macht sich dann also ein falsches, das heißt hier, unzutreffendes Bild. Welche Enge des seelischen Lebens bei Frazer! Daher“: Welche Unmöglichkeit, ein anderes Leben zu begreifen, als das englische seiner Zeit! Frazer kann sich keinen Priester vorstellen, der nicht im Grunde ein englischer Parson unserer Zeit ist, mit seiner ganzen Dummheit und Flauheit. Warum sollte dem Menschen sein Name nicht heilig sein können. Ist er doch einerseits das wichtigste Instrument, das ihm gegeben wird, anderseits wie ein Schmuckstück, das ihm bei der Geburt umgehangen wird. Wie irreführend die Erklärungen Frazers sind, sieht man – glaube ich – daraus, daß man primitive Gebräuche sehr wohl selbst erdichten könnte und es müßte ein Zufall sein, wenn sie nicht irgendwo wirklich gefunden würden. Das heißt, das Prinzip, nach welchem diese Gebräuche geordnet sind, ist ein viel allgemeineres als Frazer es erklärt und in unserer eigenen Seele vorhanden, so daß wir uns alle Möglichkeiten selbst ausdenken könnten. – Daß etwa der König eines Stammes für niemanden sichtbar bewahrt wird, können wir uns wohl vorstellen, aber auch, daß jeder 318 Mann des Stammes ihn sehen
soll. Das letztere wird dann
gewiß nicht in irgendeiner mehr oder
weniger zufälligen Weise geschehen dürfen, sondern er
wird den Leuten gezeigt werden. Vielleicht
wird ihn niemand berühren dürfen, vielleicht aber jeder
berühren müssen. Denken wir
daran, daß nach
Schubert's
Tod sein Bruder Partituren
Schubert's
in kleine Stücke zerschnitt und seinen Lieblingsschülern
solche Stücke von einigen Takten gab. Diese
Handlung, als Zeichen der Pietät, ist uns
ebenso verständlich, wie die andere,
die Partituren unberührt, niemandem zugänglich,
aufzubewahren. Und hätte
Schubert's
Bruder die Partituren verbrannt, so wäre auch das als
Zeichen der Pietät verständlich. Das Zeremonielle (heiße oder kalte) im Gegensatz zum Zufälligen (lauen) charakterisiert die Pietät. Ja, Frazers Erklärungen wären überhaupt keine Erklärungen, wenn sie nicht letzten Endes an eine Neigung in uns selbst appellierten. Das Essen und Trinken ist mit Gefahren verbunden, nicht nur für den Wilden, sondern auch für uns; nichts natürlicher, als daß man sich vor diesen schützen will; und nun könnten wir uns selbst solche Schutzmaßnahmen ausdenken. – Aber nach welchem Prinzip denken wir sie uns aus || nach welchem Prinzip erdichten wir sie? Offenbar danach, daß alle Gefahren der Form nach auf einige sehr einfache reduziert werden, die dem Menschen ohne weiteres sichtbar sind. Also nach dem selben Prinzip, nach dem die ungebildeten Leute unter uns sagen, die Krankheit ziehe sich vom Kopf in die Brust etc., etc.. In diesen einfachen Bildern wird natürlich die Personifikation eine große Rolle spielen, denn, daß Menschen (also Geister) dem Menschen gefährlich werden können, ist uns || jedem bekannt. Daß der Schatten des Menschen, der wie ein Mensch ausschaut, oder sein Spiegelbild, daß Regen, Gewitter, die Mondphasen, der Jahreszeitwechsel, die Ähnlichkeit uns Verschiedenheit der Tiere unter einander und zum Menschen, die Erscheinungen des Todes, der Geburt und des Geschlechtslebens, 319 kurz alles, was
der Mensch jahraus jahrein um sich wahrnimmt, in mannigfaltigster
Weise mit einander verknüpft, in seinem Denken
(seiner Philosophie) und seinen Gebräuchen
auftreten || eine Rolle
spielen wird, ist
selbstverständlich, oder ist eben das, was wir wirklich wissen
und interessant ist. |
Wie hätte das Feuer
oder die Ähnlichkeit des Feuers mit der
Sonne verfehlen können auf den erwachenden Menschengeist einen
Eindruck zu machen. Aber nicht vielleicht “weil
er sich's nicht erklären kann”
(der dumme Aberglaube unserer Zeit) –
denn wird es durch eine “Erklärung” weniger
eindrucksvoll? – Die Magie in “Alice in Wonderland” beim Trocknen durch Vorlesen des Trockensten was es gibt. Bei der magischen Heilung einer Krankheit bedeutet man ihr, sie möge den Patienten verlassen. Man möchte nach der Beschreibung so einer magischen Kur immer Sagen: Wenn das die Krankheit nicht versteht, so weiß ich nicht, wie man es ihr sagen soll. Nichts ist so schwierig, wie || als Gerechtigkeit gegen die Tatsachen. Ich meine nicht, daß gerade das Feuer Jedem einen Eindruck machen muß. Das Feuer nicht mehr, wie jede andere Erscheinung, und die eine Erscheinung Dem, die andere Jenem. Denn keine Erscheinung ist an sich besonders geheimnisvoll, aber jede kann es uns werden, und das ist eben das Charakteristische am erwachenden Geist des Menschen, daß ihm eine Erscheinung bedeutend wird. Man könnte fast sagen, der Mensch sei ein zeremonielles Tier. Das ist wohl teils falsch, teils unsinnig, aber es ist auch etwas Richtiges daran. Das heißt, man könnte ein Buch über Anthropologie so anfangen: Wenn man das Leben und Benehmen der Menschen auf der Erde betrachtet, so sieht man, daß sie außer den Handlungen, die man tierische nennen könnte, der Nahrungsaufnahme, etc., etc., etc., auch solche ausführen, die einen 320 ganz anderen || eigentümlichen Charakter tragen
und die man rituelle Handlungen nennen könnte.
Nun aber ist es Unsinn, so fortzufahren, daß man als das Charakteristische dieser Handlungen sagt, sie seien solche, die aus fehlerhaften Anschauungen über die Physik der Dinge entsprängen. (So tut es Frazer, wenn er sagt, Magie sei wesentlich falsche Physik, bezw. falsche Medizin || Heilkunst, Technik, etc..) Vielmehr ist das Charakteristische der rituellen Handlung gar keine Ansicht, Meinung, ob sie nun richtig oder falsch ist, obgleich eine Meinung, – ein Glaube – selbst auch rituell sein kann, zum Ritus gehören kann. |
Wenn man es für selbstverständlich
hält, daß sich der Mensch an seiner
Phantasie vergnügt, so bedenke man, daß
diese Phantasie nicht wie ein gemaltes Bild oder ein
plastisches Modell ist, sondern ein kompliziertes Gebilde aus
heterogenen Bestandteilen: Wörtern und Bildern.
Man wird dann das Operieren mit Schrift-
und Lautzeichen nicht mehr in Gegensatz stellen zu dem Operieren
mit “Vorstellungsbildern” der Ereignisse.
|
Wir müssen die ganze
Sprache durchpflügen. |
Frazer:
“… That these observances are dictated by
fear of the ghost of the slain seems certain;
…” Aber warum gebraucht
Frazer denn das Wort
“ghost”? Er versteht also
sehr wohl diesen Aberglauben, da er ihn uns mit einem ihm
geläufigen abergläubischen Wort erklärt.
Oder vielmehr, er hätte daraus sehen können,
daß auch in uns etwas für jene
Handlungsweisen der Wilden spricht. –
Wenn ich, der ich nicht glaube,
daß es irgendwo
menschlich-übermenschliche Wesen gibt, die man Götter
nennen kann – wenn ich sage: “ich
fürchte die Rache der Götter”, so zeigt
das, daß ich damit etwas meinen
(kann), oder einer Empfindung Ausdruck
geben kann, die nichts mit jenem Glauben zu tun
hat. || … , die nicht
notwendig 321
mit jenem Glauben verbunden
ist. |
Frazer wäre im
Stande zu glauben, daß ein Wilder aus
Irrtum stirbt. In
Volksschullesebüchern steht,
daß Attila
seine großen Kriegszüge
unternommen hat, weil er glaubte, das Schwert des Donnergottes zu
besitzen. |
Frazer ist viel mehr savage, als die meisten seiner
savages, denn diese werden nicht so weit vom
Verständnis einer geistigen Angelegenheit entfernt sein,
wie ein Engländer des 20sten Jahrhunderts.
Seine Erklärungen der primitiven
Gebräuche sind viel roher, als der Sinn dieser Gebräuche
selbst. |
Die
historische Erklärung, die Erklärung als eine Hypothese
der Entwicklung ist nur eine Art der
Zusammenfassung der Daten – ihrer Synopsis. Es ist
ebensowohl möglich, die Daten in ihrer Beziehung zu einander
zu sehen und in ein allgemeines Bild zusammenfassen, ohne
es in Form einer Hypothese über die zeitliche Entwicklung zu
tun || machen. |
Identifizierung der eigenen
Götter mit Göttern andrer
Völker. Man überzeugt sich davon,
daß die Namen die gleiche Bedeutung
haben. |
“Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz”
möchte man zu der
Frazer'schen Tatsachensammlung sagen. Dieses Gesetz, diese
Idee kann ich nun durch eine
Entwicklungshypothese ausdrucken || darstellen oder
auch, analog dem Schema einer Pflanze, durch das Schema einer
religiösen Zeremonie, oder aber durch die Gruppierung des
Tatsachenmaterials allein, in einer
“übersichtlichen”
Darstellung. 322 |
Ein hypothetisches Zwischenglied
aber soll in diesem Falle nichts tun, als die
Aufmerksamkeit auf die
Ähnlichkeit, den Zusammenhang, der
Tatsachen lenken. Wie wenn man eine interne
Beziehung der Kreisform zur Ellipse
dadurch illustrieren wollte ||
illustrierte, daß man
eine Ellipse allmählich in einen Kreis
überführt; aber nicht um zu behaupten,
daß eine gewisse Ellipse
tatsächlich, historisch, aus einem Kreis entstanden
wäre (Entwicklungshypothese), sondern nur um
unser Auge für einen formalen Zusammenhang zu
schärfen. Aber auch die Entwicklungshypothese kann ich als weiter Nichts sehen, als die || eine Einkleidung eines formalen Zusammenhangs. 323 |
Ist der Mechanismus ||
das Funktionieren von
“non-p”
damit erklärt, daß man sagt:
‘non-p’
ist wahr, wenn ‘p’ nicht wahr
ist? Was sollte diese “Erklärung” für ein Satz sein? Sie ist doch keine grammatische Regel. Ist es nicht sehr charakteristisch, daß die Erklärung, ausgedrückt wie in der W-F-Notation einfach zum Zeichen gehört und nur eine Handhabe für den Angriff grammatischer Regeln – Spielregeln – wird? Das “W” und “F” verfolgte eine Tendenz, aber sie ist vereitelt, dadurch, daß nun doch wieder alles zum Zeichen gehört. “W-F” ist nur noch eine Anspielung und nicht mehr. Und zwar nur eine Anspielung auf eine andere Notation, nicht auf eine Erklärung. – Es ist ja selbstverständlich: es kann nicht eine Erklärung der Notation und die Notation geben. Denn die Erklärung wird sofort zur Notation und mehr als diese kann sie auch nicht enthalten. Denn, wenn ich erkläre “‘non-p’ ist wahr, wenn ‘p’ nicht wahr ist”, so setzt das voraus, daß ich verstehe, was es heißt, ‘p’ sei nicht wahr. Dann habe ich aber nichts getan als zu definieren: non-p =
‘p’ ist falsch.
Es kommt nämlich wesentlich darauf an,
daß es nicht möglich ist, das Zeichen
“p” auf der rechten Seite der
Definition auszulassen, bezw. durch ein
anderes zu ersetzen (es sei denn wieder durch eine
Definition). Solange das nicht möglich ist, kann
und muß man auch die rechte Seite als
Funktion auffassen von p, nämlich:
‘( )’
ist falsch, oder, wie
Russell schreiben
würde: ‘x̂’ ist
falsch. Das hängt auch damit zusammen, daß ja der Tintenstrich nicht falsch ist. Wie auch das Bild nicht, es sei denn, daß es als Portrait aufgefaßt wird.) 324 |
Das
‘p’ auf der rechten Seite
muß nun nicht eine Anspielung auf
p, als Satz
aufgefaßt, sein, und ist nicht der
Name des Tintenstrichs “p”.
Wenn ich also auch dem Schriftzug “p” den Namen A gebe und daher schreibe: non-p = A ist falsch, so hat das nur einen Sinn, d.h. die rechte Seite kann nur verstanden werden, wenn A für uns als Satzzeichen steht. Dann aber ist nichts gewonnen; zum mindesten keine Erklärung der Negation. |
Und dasselbe
muß der Fall sein, wenn man erklärt,
“(x).fx” sei
wahr, wenn f() für
alle Substitutionen wahr ist. Man
muß auch dazu schon den logischen
Mechanismus der Verallgemeinerung verstehen. Es ist
auch nicht so, daß man erst
ahnungslos ist und die Verallgemeinerung nun
durch die Erklärung erst zum Funktionieren gebracht
wird. Wie wenn man in eine Maschine ein Rad einsetzt und
sie dann erst funktioniert (oder, die Maschine erst in
zwei getrennten Teilen da ist und sie nun erst durch das
Zusammensetzen als diese Maschine
funktionieren). |
Wenn man die allgemeinen Sätze von der
Art “der Kreis befindet sich im
Quadrat” betrachtet, so kommt es einem immer wieder so
vor, als sei die Angabe der Lage im Quadrat nicht eine
nähere Bestimmung zur Angabe, der Kreis liege im
Quadrat (wenigsten nicht, soweit der Gesichtsraum in
Betracht kommt), als sei vielmehr das “im
Quadrat” eine komplette Bestimmung, die an sich nicht mehr
näher zu beschreiben sei. So wie eine Angabe
der 325 Farbe eine Angabe der Härte
eines Materials nicht näher bestimmt. – So ist
nun das Verhältnis der Angaben über den Kreis natürlich
nicht, und doch hat das Gefühl einen Grund. |
In den grammatischen Regeln
für die Termini des allgemeinen Satzes
muß es liegen, welche Mannigfaltigkeit er
für mögliche Spezialfälle vorsieht || voraussieht. Was in den
regeln nicht liegt, ist nicht vorhergesehen. |
Ist es unmöglich,
daß aus einem Satz unendlich viele
Sätze folgen, – in dem Sinn nämlich,
daß nach einer Regel immer neue Sätze
aus dem einen gebildet werden könnten ad
infinitum? |
Angenommen die ersten tausend Sätze dieser Reihe
schrieben wir in Konjunktion an.
Müßte der Sinn dieses Produktes dem
Sinne des ursprünglichen Satzes nicht näherkommen, als
das Produkt der ersten hundert Sätze?
Müßte man nicht eine immer bessere
Annäherung an den ersten Satz bekommen, je mehr man das
Produkt ausdehnte und würde das nicht zeigen,
daß aus dem Satz nicht unendlich viele andere
folgen 326 können, da ich schon nicht mehr
imstande bin, das Produkt aus
10¹⁰
Gliedern zu verstehen und doch den Satz verstanden
habe, dem das Produkt aus
10¹⁰⁰
Gliedern noch näher kommt als das von
10¹⁰
Gliedern? |
Man
denkt sich wohl, der allgemeine Satz ist eine abgekürzte
Ausdrucksweise des Produkts. Aber was ist am Produkt
abzukürzen, es enthält ja nichts
Überflüssiges. |
Wenn
p aus
q folgt, so ist
q &
p = q. |
Wie verhält es sich nun mit dem
Satz: “die Fläche ist von A bis B
weiß”? Aus ihm folgt
doch, daß sie auch von A' bis
B' weiß ist. Es braucht
sich da nicht um gesehenes
Weiß zu handeln; und der
Schluß von dem ersten Satz auf den zweiten
wird jedenfalls immer wieder
ausgeführt. Es sagt mir einer
“ich habe die Fläche von A bis B damit
bestrichen” und ich sage darauf “also ist sie
jedenfalls von A' bis B' damit
angestrichen”. Wenn aber aus jenem F(AB) F(A'B') folgt, dann muß in F(AB) schon von A' und B' die Rede sein. – “A'”, “B'” müssen also Symbole sein, die aus “A” und “B” konstruiert werden können, wie etwa die Unterteilungen eines Maßstabes aus seinen Endpunkten. |
Ist denn in
(x).fx von
a die Rede, da
fa aus
(x).fx folgt?
In dem Sinne des allgemeinen Satzes, dessen Verifikation in
einer Aufzählung 327 besteht, ja.
|
Ist es nicht vielmehr so,
daß aus dem Satz “der
Streifen von A bis B ist
weiß” folgt “der Streifen
A'B' ist
weiß”, wenn in dem Streifen
AB eben die Striche
A' und
B' gezogen waren.
Unendlich ist nur die Möglichkeit dieser Art
Figuren. |
“Was aus einem Gedanken folgt,
muß in ihm mitgedacht werden.
Denn an einem Gedanken ist nichts, was wir nicht wissen,
während wir ihn denken. Er ist keine Maschine,
deren Untersuchung Ungeahntes zu Tage fördern kann, oder eine
Maschine, die etwas leisten kann, was man ihr zuerst
nicht ansieht. D.h. er wirkt eben
logisch überhaupt nicht als
Maschine. Als Gedanke liegt in ihm nicht mehr, als
hingelegt wurde. Als Maschine, d.h.
kausal, wäre ihm alles zuzutrauen; logisch ergibt er nur, was
wir mit ihm gemeint haben.”
Wenn ich sage, das Viereck ist ganz weiß, so denke ich nicht an zehn kleinere, in ihm enthaltene Rechtecke, die weiß sind; und an “alle” in ihm enthaltene Rechtecke oder Flecken, kann ich nicht denken. Ebenso denke ich im Satz “er ist im Zimmer” nicht an hundert mögliche Stellungen, die er einnehmen kann, und gewiß nicht an alle. |
“Wo immer,
innerhalb dieses Kreises Du die Scheibe triffst,
hast Du gewonnen”.
“Ich denke, Du wirst die Scheibe irgendwo innerhalb dieses Kreises treffen”. Was den ersten Satz betrifft, könnte man fragen: woher weißt Du das? Hast Du alle möglichen Orte ausprobiert? Und die Antwort 328 müßte
dann lauten: das ist ja kein Satz, sondern eine allgemeine
Festsetzung. |
Auf den ersten Blick gibt es zwei Arten der
Deduktion: in der einen ist in der Prämisse von
dem || allem die Rede, wovon
die Konklusion handelt, in der anderen nicht. Von der
ersten Art ist der Schluß von
p & q auf
q. Von der anderen
der Schluß: der ganze Stab ist
weiß, also ist auch das mittlere Drittel
weiß. In dieser Konklusion
wird von Grenzen gesprochen, von denen im ersten Satz nicht
die Rede war. (Das ist verdächtig.)
Oder wenn ich sage: “wo immer in diesem Kreise Du
die Scheibe triffst, wirst Du den Preis gewinnen” und dann
“Du hast sie hier getroffen, also …”, so war
dieser Ort im ersten Satz nicht vorausgesehen. Die
Scheibe mit dem Einschuß hat zu der
Scheibe, wie ich sie früher gesehen habe, eine bestimmte interne
Beziehung und darin besteht es,
daß das Loch hier unter die vorausgesehene
allgemeine Möglichkeit fällt. Aber es selbst war
nicht vorausgesehen und es kam in dem ersten Bild nicht
vor. Oder mußte doch nicht
darin vorkommen. Denn selbst angenommen, ich
hätte dabei an tausend bestimmte
Möglichkeiten gedacht, so hätte es zum mindesten geschehen
können, daß die ausgelassen wurde,
die später eintraf. Und wäre das Voraussehen
dieser Möglichkeit wesentlich gewesen, so hätte die
Prämisse durch das Übersehen dieser
einen Möglichkeit den unrechten Sinn bekommen und
die Konklusion würde nun nicht aus ihr folgen.
Anderseits wird dem Satz “wohin immer Du in diesem Kreis triffst, …” nichts hinzugefügt, wenn man sagt: “wohin immer Du in diesem Kreis triffst, und wenn Du insbesondere den schwarzen Punkt triffst, ¤ …”. Aber, war der schwarze Punkt schon da, als man den ersten Satz 329 aussprach, so war er
natürlich mitgemeint; war er aber nicht da, so
hat sich durch ihn eben der Sinn des Satzes geändert.
|
“Das Ganze ist
weiß, folglich ist auch ein Teil, der
durch eine solche Grenzlinie charakterisiert ist,
weiß”. “Das
Ganze war weiß, also war
auch jener Teil davon weiß, auch wenn ich
damals nicht begrenzt darin wahrgenommen habe.”
– Hatte denn das Rechteck keine rechte und linke
Hälfte, ehe ich sie als solche wahrgenommen
hatte? Und doch muß man das
sagen. |
Der
Schluß lautet auch nicht so:
“wo immer auf der Scheibe der
Schuß hintrifft, hast Du gewonnen.
Du hast auf der Scheibe dahin getroffen, also hast
Du den Preis gewonnen”. Denn wo﹖
ist dieses da? wie ist es
außer dem Schuß
bezeichnet, etwa durch einen Kreis? Und war der auch
schon früher auf der Scheibe? Wenn nicht, so hat
die Scheibe sich ja verändert, wäre er aber schon dort
gewesen, dann wäre er als eine Möglichkeit des Treffens
vorgesehen worden. Es muß
vielmehr heißen: “Du hast
die Scheibe getroffen, also …”. |
Hat es nun einen Sinn zu
sagen: “aber wenn man die Scheibe trifft,
muß man sie irgendwo
treffen”? Oder auch: “wo immer
er die Fläche trifft, wird es keine
Überraschung sein, so
daß man etwa sagen würde
‘das habe ich mir nicht erwartet, ich habe gar nicht
gewußt, daß es
diesen Ort gibt’”. Das
heißt aber doch, es kann keine
geometrische Überraschung
sein. |
Der Ort auf
der Scheibe muß nicht
notwendig durch ein 330 Zeichen, einen Kreis, auf der Scheibe
angegeben sein. Denn es gibt jedenfalls die
Beschreibung “näher dem Mittelpunkt”,
“näher dem Rand”, “rechts
oben” etc.. Wie immer die Scheibe
getroffen wird, stets muß so
eine Beschreibung möglich sein. (Aber von diesen
Beschreibungen gibt es auch nicht “unendlich
viele”.) |
Wenn man ein
Beispiel braucht dafür, daß unendlich
viele Sätze aus einem folgen, so wäre
vielleicht das Einfachste das, daß
aus “a ist rot” die Negation aller Sätze
folgt, die a eine andere Farbe zuschreiben. Diese
negativen Sätze werden gewiß in dem
einen nicht mitgedacht. Man könnte natürlich
sagen: wir unterscheiden doch nicht unendlich viele
Farbtöne; aber die Frage ist: hat die Anzahl der
Farbtöne, die wir unterscheiden, überhaupt etwas mit der
Komplikation jenes ersten Satzes zu tun; ist er
mehr oder weniger komplex, je nachdem wir mehr oder
weniger Farbtöne unterscheiden?
Müßte man nun nicht so sagen: Ein Satz folgt erst aus ihm, wenn er da ist. Erst wenn wir zehn Sätze gebildet haben, die aus dem ersten folgen, folgen zehn Sätze aus ihm. |
Was soll es aber dann heißen, zu
sagen: wenn ein Satz aus dem andern folgt, so
muß der erste im zweiten mitgedacht sein, da
es doch nicht nötig ist, im Satz “ich bin 170
cm hoch” auch nur einem einzigen der aus ihm
negativen Längenangaben mitzudenken. |
Ich möchte sagen, ein Satz folgt erst
dann aus dem anderen, wenn er mit ihm konfrontiert
wird. Jenes “u.s.w.
ad infinitum” bezieht 331 sich nur auf die Möglichkeit der
Bildung von Sätzen, die aus dem ersten folgen, ergibt aber
keine Zahl solcher Sätze.
Könnte ich also einfach sagen: Unendlich viele Sätze folgen darum nicht aus einem Satz, weil es unmöglich ist, unendlich viele Sätze hinzuschreiben (d.h. ein Unsinn ist, das zu sagen). |
“Wenn aus
F1(a) (a hat die Farbe
F1) folgt
~F2
(a), so mußte in der
Grammatik des ersten Satzes auch schon die Möglichkeit des
zweiten vorausgesehen sein (wie könnten wir auch sonst
F1 und
F2 Farben
nennen).” “Wenn der zweite Satz dem ersten, sozusagen, unerwartet gekommen wäre, so könnte er nie aus ihm folgen”. “Der erste Satz muß den anderen als seine Folge anerkennen. Oder vielmehr es muß dann beide eine Grammatik vereinigen und diese muß dieselbe sein, wie vor dem Schluß.” (Es ist schwer, hier keine Märchen von den Vorgängen im Symbolismus zu erzählen, wie an anderer Stelle keine Märchen über die psychologischen Vorgänge. Denn alles ist ja einfach und allbekannt (und nichts neues zu erfinden). Das ist ja eigentlich das Unerhörte an der Logik, daß ihre außerordentliche Schwierigkeit darauf beruht, daß nichts zu konstruieren, sondern alles schon da und bekannt ist.) |
“Welchen Satz
p nicht als seine Folge erkennt, der ist
nicht seine Folge.”
D.h., aus der kompletten Grammatik des Satzes p muß || müßte auch hervorgehen, welcher Satz aus ihm folgt; und würde nun ein neuer Satz gefunden, der aus p folgt, so würde ¤ damit nicht der Satz von p geändert werden. 332
“Wenn z.B. aus “a ist grün” folgt “a ist nicht rot”, so muß “a ist grün” den zweiten Ausdruck als seinen Verwandten anerkennen.” |
Die Grammatik ist nicht unendlich kompliziert, weil sie
die endlose Bildung von Zahlzeichen
zuläßt. |
Ist es nicht einfach so: Aus der
Grammatik des Satzes – und aus ihr allein,
muß es hervorgehen, ob ein Satz aus
ihm folgt. Keine Einsicht in einen neuen Sinn kann das
ergeben; – sondern nur die Einsicht in den alten Sinn. – Es ist nicht möglich, einen neuen Satz zu
bilden, der aus jenem folgt, den man nicht
hätte bilden können (wenn auch ohne zu wissen, ob
er wahr oder falsch ist) als jener gebildet wurde.
Entdeckte man einen neuen Sinn und folgte dieser aus
jenem || dem ersten Satz, so hätte dieser Satz
dann nicht seinen Sinn geändert. |
Man überlege: welchen Grund hat
man, ein neues Phänomen Farbe zu
nennen, wenn es sich nicht in unser bisheriges Farbenschema
einfügt. |
Ich
möchte sagen: die alte Logik hat viel mehr
Konvention und Physik in sich als man geglaubt hat. Wenn
das Substantiv der Name eines Körpers ist, das
Verbum etwa zur Bezeichnung einer Bewegung, das Adjektiv der
Eigenschaft eines Körpers dient, dann sieht man wohl, wie
voraussetzungsvoll diese Logik ist und kann annehmen,
daß diese ursprünglichen
Voraussetzungen (auch) noch tiefer in
die Anwendung dieser Worte, in die Logik der Sätze
reicht. 333 |
Man
könnte glauben, daß es günstig ist,
in der Logik möglichst “bestimmte”
Sätze zu Beispielen zu nehmen. In Wahrheit aber
muß ein Satz wie “dieser
Anzug ist mir etwas zu
groß” oder “ich sehe
meinem Vater ähnlich” für uns ebenso gut
taugen. – Beispiele taugen für uns nur
dann nicht, wenn sie einer andern Art von Sätzen
angehören als der, die wir betrachten wollen.
Vage Sätze würden uns also dann
nicht taugen, wenn wir sie für eine eigene logische
Art﹖ von Sätzen hielten und sie
augenblicklich nicht betrachten wollten. |
Die
Aristotelische Logik ist ein
Spiel, das sich auf Sätze anwenden
läßt. |
Es werden immer
Facetten der Hypothese verifiziert.
|
Ist es nun nicht etwa so,
daß das, was die
Hypothese erklärt, selbst nur wieder durch eine Hypothese
ausdrückbar ist. Das
heißt natürlich: gibt es
überhaupt primäre Sätze; die also endgültig
verifizierbar sind, und nicht die Facetten einer
Hypothese sind? (Das ist etwa, als würde man
fragen” gibt es Flächen, die nicht Oberflächen
von Körpern sind?”) |
Es kann jedenfalls kein Unterschied sein
zwischen einer Hypothese, als Ausdruck einer unmittelbaren
Erfahrung gebraucht, und einem Satz im engeren Sinne. 334 |
Es ist ein
Unterschied zwischen einem Satz wie “hier liegt eine Kugel
vor mir” und “es schaut so aus, als läge eine
Kugel vor mir”. – Das zeigt sich auch
so: man kann sagen “es scheint eine Kugel vor mir zu
liegen”, aber es ist sinnlos zu sagen: “es
schaut so aus, als schiene eine Kugel hier zu
liegen”. Wie man auch sagen kann “hier
liegt wahrscheinlich eine Kugel”, aber nicht
“wahrscheinlich scheint hier eine Kugel zu
liegen”. Man würde in so einem
Falle sagen: “ob es scheint,
mußt Du doch wissen”. |
Es ist wohl auch Unsinn zu
sagen, die Übereinstimmung (oder
Nichtübereinstimmung) zwischen Satz und Welt || Realität sei
willkürlich durch eine Zuordnung
geschaffen. Denn, wie ist diese Zuordnung
auszudrücken? Sie besteht darin,
daß der Satz
“p” sagt, es sei
gerade das der Fall. Aber wie ist dieses
“gerade das” ausgedrückt || gegeben? Wenn durch einen
andern Satz so gewinnen wir nichts dabei; wenn aber durch die
Realität, dann muß diese schon
in bestimmter Weise – artikuliert –
aufgefaßt sein. Das
heißt: man kann nicht auf einen Satz
und auf eine Realität deuten und sagen:
“das entspricht
dem”. Sondern, dem Satz entspricht
nur wieder das schon Artikulierte. |
Was hat es nun mit der allgemeinen Regel auf
sich, die etwa das Wort “Gasthaus” auf einem Haus
zum Satz macht? Das ist klar: wenn
ich es dagegen allein auf einen Zettel schreibe so sagt es nichts,
und man könnte etwa, wenn man es sieht, fragen: nun, was
ist's damit? Es ist dann eben ein einzelnes
Rad, das wir zwar als Teil eines Mechanismus kennen, das aber hier,
außerhalb jedes Verbandes keinen Zweck
erfüllt. Jenes Wort auf dem Haus aber erfüllt
den Zweck einer Mitteilung. In welchem 335 Verbande steht es nun? – Man könnte sagen, das Charakteristische eines
Zeichens ist, daß es sich von
vornherein muß lernen lassen, wie
der Lokomotivführer die Eisenbahnsignale lernt. Was
er da lernt, ist eben die “allgemeine
Regel”. Ich will also sagen: er lernt
dabei nicht nur Wörter einer Sprache, sondern auch
eine Grammatik. Wäre z.B.
“halt” eines dieser Wörter, so genügte
es allein gar nicht, denn es bedarf einer Regel zu wissen,
welcher Zug nun﹖ halten soll.
Das Schiffssignal “Stop” ist auch ein einwörtiger Satz; wo ist hier der Satzzusammenhang? Oder soll ich so sagen: Das Wort “Stop” hat nur hat nur im Schiff Sinn, nicht, wenn ich es allein etwa auf einen Zettel schreibe; wenn anderseits das Wort an seinem Ort durch kein anderes zu ersetzen wäre, so wäre es wiederum sinnlos. |
Hätte das Wort außer allem
Zusammenhang Sinn, dann genügte es,
daß es im Wörterbuch steht;
d.h., es brauchte sonst nirgends erwähnt
zu werden. Es würde sozusagen genügen,
daß man es ein für allemal
weiß. (Man könnte dann
sagen “wozu steht dieses Wort da?
Ich weiß es ja
ohnehin schon”.) – Dieses Wort sollte aber
wahr und falsch sein können: dann nur ein
für allemal das eine oder das andere; es
müßte dann sozusagen
von der Natur des Satzes 2
+ 2 = 4 sein. |
In dem, was den Satz mit der gegebenen
Tatsache verbindet, ist nichts
hypothetisches. |
Es ist doch klar,
daß eine Hypothese von der
Wirklichkeit – ich meine von der unmittelbaren Erfahrung
– einmal mit ja, einmal mit nein beantwortet wird; (wobei
freilich das “ja” und “nein” hier
nur Bestätigung und Fehlen der Bestätigung
ausdrückt) und daß man dieser
336 Bejahung und Verneinung
Ausdruck verleihen kann. |
Die Hypothese wird, mit der
Facette an die Realität angelegt, zum
Satz. |
Wie ist es
mit den Sätzen, die in Dichtungen vorkommen. Hier
kann doch gewiß von einer Verifikation nicht
geredet werden und doch haben diese Sätze Sinn. Sie
verhalten sich zu den Sätzen, für die es Verifikation
gibt, wie ein Genrebild zu einem Portrait. Und dieses
Gleichnis dürfte wirklich die Sache vollständig
darstellen. |
Entsprechen diese Sätze etwa dem, was
Frege und
Meinong
“Annahmen” nannten? |
Denn in jenen
erdichteten Sätzen haben doch die Wörter
Bedeutung, wie in den anderen; “rot”,
“blau”, “rechts”,
“links”, “Kopf”,
“Fuß”, bedeuten dasselbe
wie sonst. D.h. es ist eine
Verbindung mit der Wirklichkeit vorhanden. In
einem Sinne wenigstens; – aber es fehlt die
Verbindung mit dem Jetzt und Hier. (Erinnern
wir uns aber, wie die Bedeutung eines Wortes fixiert
ist || wird.) |
Wenn ich ein Bild anschaue, so sagt es mir
etwas, auch wenn ich keinen Augenblick glaube (mir einbilde),
die Menschen seien wirklich oder es habe wirkliche Menschen
gegeben, von denen dies ein verkleinertes Bild sei.
“Es sagt mir etwas” kann aber hier nur
heißen, 337 es bringt eine gewisse Einstellung
in mir hervor. |
Meine Stellung gegen das Bild ist
auch keine hypothetische, so daß ich
mir etwa sagte “wenn es solche Menschen gäbe,
dann …” |
Ist der Satz ein Bild, so kann ihn || die Sprache ein
Bild, so kann sie nicht erst die Meinung dazu
machen. Die Meinung macht ihn nur zum Portrait.
|
Daß die Sprache ein Bild hervorbringt,
zeigt sich schon darin, daß Bilder –
im gewöhnlichen Sinn des Wortes – sich ihr
natürlich einfügen.
Die Illustration in einem Buch ist dem Buch nichts fremdes, sondern gesellt sich hinzu wie ein verwandter Behelf einem anderen, – wie etwa eine Reibahle dem Bohrer. Wenn einen die Häßlichkeit eines Menschen abstößt, so kann sie im Bild, im gemalten, gleichfalls abstoßen, aber auch in der Beschreibung, in den Worten.) |
Übereinstimmung von Gedanke und
Wirklichkeit. Wie alles Metaphysische ist die
(prästabilierte) Harmonie zwischen Gedanken und
Wirklichkeit in der Grammatik der Sprache
aufzufinden. |
Ob der Körper, den ich sehe, eine Kugel ist, kann
zweifelhaft sein, aber, daß er von hier etwa
eine Kugel zu sein scheint, kann nicht zweifelhaft sein. – Der Mechanismus der Hypothese
würde nicht funktionieren, wenn der Schein auch noch zweifelhaft
wäre; 338 wenn also auch nicht eine
Facette der Hypothese unzweifelhaft
verifiziert würde. Wenn es hier Zweifel
gäbe, was könnte den Zweifel heben? Wenn
auch diese Verbindung locker wäre, so gäbe es auch nicht
Bestätigung einer Hypothese, die Hypothese hinge dann
gänzlich in der Luft und wäre zwecklos (und
damit sinnlos). |
Es ist eine ungemein wichtige Sache,
daß ich mich bei dem Gebrauch der Sprache
nicht erinnere, wie ich sie gelernt habe. Ich sage
“hier sehe ich eine schwarze Kugel”. Ich
weiß nicht wie ich
“schwarz” und “Kugel” gelernt
habe. Meine Anwendung der Wörter ist
unabhängig von diesem Erlernen. Es
ist so, als hätte ich die Wörter selbst
geprägt. Und nun kommt wieder die alte Frage:
Wenn die Grammatik, die von den Wörtern handelt,
für ihre Bedeutung wesentlich ist,
muß ich die grammatischen Regeln, die von
einem Wort handeln alle im Kopf haben, wenn es für mich
etwas bedeuten soll? Oder ist es hier,
wie im Mechanismus: Das Rad, das stillsteht, oder auch
sich dreht, das Rad in einer Lage, weiß,
gleichsam, nicht, welche Bewegung ihm noch erlaubt ist, der Kolben
weiß nicht, welches Gesetz seiner Bewegung
vorgeschrieben ist; und doch wirkt das Rad und der Kolben nur
durch jene Gebundenheit || jenes
Gebundenseins. Soll ich also sagen: Die grammatischen Regeln wirken in der Zeit? (Wie jene Führung.) Also: Das Wort “Kugel” wirkt nur in der Art || durch die Art seiner Anwendung. Und es wäre die seltsame Frage denkbar: “wie kann ich denn dann gleich wissen, was ich mit ‘Kugel’ meine, ich kann doch nicht die ganze Art der Anwendung auf einmal im Kopf haben?” 339 Und wenn ich mich jemand fragt “siehst Du dort eine schwarze Kugel”, so muß ich doch diese Anwendung des Wortes vor Augen haben, um ihn verstehen und ihm antworten zu können. Nun ist es seltsam, daß ich das Gefühl habe, als trüge ich die grammatischen Regeln auf irgend eine Weise mit mir herum, wenn ich das Wort gebrauche. Wie ich nicht überrascht bin, daß sich das Rad nur drehen kann, und ich seine Bewegungsfreiheit gleichsam mit einem Blicke übersehe. So, möchte ich sagen, weiß ich in irgend einem Sinn schon, daß hinter der Halbkugel die ich sehe, eine zweite gleichgroße ist und nicht etwa eine Spitze; ich weiß, daß die Kugel von der Seite gesehen auch als Kreis erscheint etc. etc.. Oder kann es mir doch durch das, was ich mit || in mir herumtrage, ableiten. Das Schließen in schwierigeren Fällen geht tatsächlich in der Zeit so vor sich, daß ich die Regeln anschauen, die Prämissen nachschlagen muß, und so den sprachlichen Apparat wie eine Maschine gebrauche |
Und ist es nicht ähnlich mit dem Schachspiel: in
irgend einem Sinne kann man sagen, ich wisse die Regeln des
Schachspiels (habe sie im Kopf) die ganze
Zeit, während ich spiele. Aber ist dieses
“sie im Kopf haben” nicht wirklich nur eine
Hypothese. Habe ich sie nicht nur insofern im Kopf, als
ich sie in jedem besondern Falle anwende? –
Gewiß, dies wissen ist nur das
hypothetische Reservoir, woraus das wirklich
gesehene Wasser fließt. 340 |
(Die Wahl
unserer Worte ist so wichtig, weil es gilt, die
Physiognomie der Sache genau zu treffen, weil
nur der genau gerichtete Gedanke auf die richtige Bahn führen
kann. Der Wagen muß haargenau
auf die Schiene gesetzt werden, damit er richtig weiterrollen
kann.) |
Die
Frage, die unmittelbar mit unserer in Beziehung steht,
ist: die nach dem Sinn der Aussage “ich
kann Schach spielen”?
Ich weiß, wie ein Bauer ziehen darf”. Ich weiß, wie das Wort ‘Kugel’ gebraucht werden darf”. |
Wenn ich sage “ich kann dieses
Gewicht heben”, so kann man antworten: “das
wird sich zeigen, wenn Du es versuchst”; und geht es dann
nicht, so kann man sagen “siehst Du, Du konntest es
nicht”; und ich kann darauf nicht antworten
“doch, ich konnte es, als ich es sagte, nur als es zum
Aufheben kam, konnte ich es nicht”.
D.h.: dieses Können ist nicht
ein Erlebnis. Ob man es kann, wird die Erfahrung
zeigen. Anders ist es, wenn ich sage
“ich verstehe diesen Befehl”; dies ist, oder
scheint ein Erlebnis zu sein. “Ich
muß wissen, ob ich ihn
(jetzt) verstehe” –
aber nicht: Ich muß wissen, ob
ich das Gewicht jetzt heben kann. – Wie
ist es nun in dieser Hinsicht mit dem Satz “ich kann
Schach spielen”? Ist das etwas, was sich
zeigen wird, oder kann man sagen, “als ich es behauptete,
konnte ich Schach spielen, nur jetzt kann ich es
nicht”. (Ich sehe hier von dem Fall ab, wo man
zur Zeit, als man es behauptete, eine bestimmte Regel
im Kopf hatte, die man dann vergaß.
Denn im allgemeinen, wenn ich sage ich kann Schach
spielen, denke ich in diesem Augenblick an gar keine der
Regeln.) Ist nicht das, was mich rechtfertigt, 341 nur,
daß ich mich erinnere, früher Schach
gespielt zu haben? Und etwa,
daß ich, aufgefordert zur Probe die Regeln im
Geiste durchfliegen kann? |
Ist es nicht auch so beim Gebrauch des Wortes
“Kugel”? Ich gebrauche das Wort
instinktiv. Aufgefordert aber, Rechenschaft
darüber zu geben, ob ich es verstehe, rufe ich mir,
gleichsam zur Probe, gewisse Vorstellungen hervor.
(Es kann nicht darauf ankommen, ob die Sprache instinktiv oder halbinstinktiv gebraucht wird. Wir sind hier im Sumpf der graduellen Unterschiede, nicht auf dem festen Grund der Logik.) |
Wenn ich sage “sieh', dort ist
eine Kugel”, oder “dort ist ein Kegel”,
so kann die Ansicht (ein Kreis) auf beides passen, und wenn
ich sage “ja, ich sehe es﹖”, so
unterscheide ich doch zwischen den beiden Hypothesen.
Wie ich im Schachspiel zwischen einem Bauern und dem König
unterscheide, auch wenn der gegenwärtige Zug einer ist, den
beide machen könnten, und wenn selbst eine Königfigur als
Bauer fungierte. Das Wort “Kugel” ist mir bekannt und steht in mir für etwas; d.h., es bringt mich in eine gewisse Stellung zu sich (wie ein Magnet eine Nadel in seine Richtung bringt). |
Dieses “Übersehen der
Wirkungsweise” eines Rades, ist es nicht darin vorhanden,
wenn wir mit einem Wort eine Vorstellung verbinden?
Haftet der Vorstellung, die etwa das Wort “rot”
in uns erweckt, auch jene Unbestimmtheit an, die erst, quasi,
geschriebener Regeln bedarf, 342 um ihr einen
bestimmten || den richtigen
Freiheitsgrad zu geben? |
Jedenfalls aber machen
geschriebene Regeln die Sprache nicht weniger unmittelbar, denn
sonst könnten sich geschriebene Regeln – die langen
Schlußketten der Mathematik – nicht ohne
Bruch in unsere Sprache einfügen. || Jedenfalls aber ist die Sprache ohne
geschriebene Regeln nicht unmittelbarer, denn
sonst könnten sich geschriebene Regeln – die langen
Schlußketten der Mathematik – nicht ohne Bruch in unsere
Sprache einfügen. |
Das ist klar: die Grammatik
ist das Leben des Satzzeichens. |
Wie weiß ich, was
der Begriff ‘Kugel’ alles beinhaltet,
– wenn ich das Wort “Kugel” gebrauche, und doch
wissen muß ||
weiß, was ich damit
meine? Da geschieht doch folgendes: für manche der Konsequenzen muß ich mich an die Geometrie (also Grammatik) wenden, und andere sind in der Vorstellung selbst || schon klar. |
Man könnte fragen:
Wie mach ich's denn, um ein Wort immer richtig
anzuwenden, schau ich immer in der Grammatik nach?
Nein, daß ich etwas meine – was
ich meine– || , hindert mich Unsinn zu
sagen; – aber was meine ich denn? Ich sage:
ich rede vom Teilen eines Apfels, aber nicht vom Teilen der Farbe
Rot, weil ich beim „Teilen eines
Apfels” 343 mir etwas denken kann, etwas
vorstellen, etwas wollen kann; beim Ausdruck “Teilen
einer Farbe” nicht. Und ist es etwa so,
daß man bei diesem Wort
nur noch keine Wirkung auf andere Menschen beobachtet
hat?! |
“Woher weiß ich,
daß ich Rot nicht teilen
kann?” – Die Frage selbst
heißt nichts. Ich möchte
sagen: Ich || Man
muß mit der Unterscheidung von Sinn
und Unsinn anfangen. Vor ihr ist nichts
möglich. |
Was
ich sage, kommt eigentlich darauf hinaus,
daß Sprechen und Denken nicht einerlei
sind. Anderseits aber, was ich hier unter
Denken verstehe, nicht wesentlich ein menschlicher Vorgang sein
kann, weil der mich hier nicht interessiert. |
Es scheint, als könnte man
so etwas sagen wie: Die Wortsprache
läßt unsinnige Ausdrücke
zu, die Sprache der
Vorstellungen || Vorstellung
aber nicht unsinnige Vorstellungen. (Natürlich kann
das, so wie es da steht, nichts
heißen.) |
Wenn ich mich entschlösse
(in meinen Gedanken) statt
“rot” ein neues Wort zu sagen, wie würde es
sich zeigen, daß dieses an dem
Platz des “rot” steht? Wodurch ist
die Stelle || der Platz eines Wortes bestimmt?
Angenommen etwa, ich wollte auf einmal alle Wörter meiner
Sprache durch andere ersetzen, wie könnte ich
wissen, welches Wort an der Stelle welches früheren
steht. Sind es da die Vorstellungen, die bleiben und
344 den Platz des Wortes
halten? So daß an einer
Vorstellung quasi ein Haken ist, und hänge ich an
den ein Wort, so ist ihm damit || dadurch
der Platz angewiesen? Ich kann es nicht
glauben. Ich kann mir nicht denken,
daß den Vorstellungen im Denken ein anderer
Platz zukommt als den Worten. |
Man kann das Wort
“existieren” so auffassen,
daß der Ausdruck “rot
existiert” bedeutet: es gibt ein Ding, das rot ist
(dies ist ein Satz oder eine Hypothese), – oder
man faßt ihn so auf,
daß damit gemeint ist, der Satz
“a ist rot” hat Sinn. |
Die Frage “habe ich diese
Farbe schon einmal gesehen” ist unsinnig, wenn ich in
einem primären Sinne frage, und nicht das Gedächtnis
als einzigen Richter anerkenne.
Es hängt damit zusammen: Wenn ich mir eine Farbe zu sehen erwarte und es kommt eine und ich sage “das ist die, die ich erwartet habe”: Läßt sich fragen “woher weißt Du das, die Farbe war ja nicht da, wie Du sie erwartet hast”? Im primären Sinne ist das Wiedererkennen nicht das Symptom || Anzeichen der Gleichheit, sondern der Ursprung des Begriffs der Gleichheit. Und zwar sowohl das Wiedererkennen der Erinnerung, wie das des Erwartens. |
Kann man denn die Erwartung mit
der eingetroffenen Tatsache vergleichen?
Man sagt ja, die Tatsache stimme mit der Erwartung
überein oder nicht überein; aber dieses
Übereinstimmen bezieht 345 sich nicht auf Eigenschaften der
Erwartung (des Vorgangs der Erwartung) und Eigenschaften des
Ereignisses, vielmehr drückt sich die
Übereinstimmung durch eine
Übereinstimmung der Zeichen aus.
|
Es ist aber nicht so als
ob ich sagte: “ich habe Lust auf einen Apfel, was
immer also diese Lust stillen wird, werde ich einen Apfel
nennen”. (Also etwa auch ein
Schlafmittel.) |
Ich suche ein Buch und sage, es ist rot, so drücke ich
durch diese Namengebung das Wiedererkennen (in der
Sprache) aus, es ist also nicht durch einen Satz
auszudrücken. |
Was ich erwarte ist nicht dem ähnlich, was die
Erwartung erfüllt, sondern es ist das, was die
Erwartung erfüllt. So heißt es in der Sprache: ich erwarte es und es geschieht. |
Es hat auch einen Sinn zu sagen, es sei nicht
das geschehen, was ich erwartet habe, sondern etwas
ähnliches; im Gegensatze aber zu dem Fall, wenn
das geschieht, was erwartet wurde. Und das
zeigt, welcher Art der Mißbrauch der
Sprache ist, zu welchem || dem wir hier verleitet
werden. |
Wenn man
nun sagte: Das Rot, das Du Dir vorstellst, ist doch
gewiß nicht dasselbe (dieselbe Sache)
wie das, was Du wirklich vor Dir siehst, – wie kannst Du dann
sagen ‘das ist dasselbe, was ich mir vorgestellt
habe’? – Zeigt denn das nicht nur,
daß, was ich “dieses
Rot” 346 nenne, eben das ist, was meiner
Vorstellung und der Wirklichkeit gemein ist? Denn das
Vorstellen des Rot ist natürlich anders als das Sehen des Rot,
aber darum heißt ja auch das eine
“Vorstellen eines roten Flecks” und das andere
“Sehen eines roten Flecks”. In beiden
(verschiedenen) Ausdrücken aber kommt dasselbe Wort
“rot” vor und so muß dieses
Wort nur das bezeichnen, was beiden Vorgängen
zukommt. Ist es denn nicht dasselbe in﹖ den Sätzen “hier ist ein roter Fleck” und “hier ist kein roter Fleck”? In beiden kommt das Wort “rot” vor, also kann dieses Wort nicht das Vorhandensein von etwas Rotem bedeuten. – (Der Satz “das ist rot” ist nur eine Anwendung des Wortes “rot”, gleichberechtigt mit allen anderen, wie mit dem Satz “das ist nicht rot”.) (Das Wort “rot” hat eben – wie jedes Wort – nur im Satzzusammenhang eine Funktion. Und ist das Mißverständnis, das, in dem Wort allein schon den Sinn eines Satzes zu sehen glauben?) |
Wenn man sagt, ich könne das Wort “rot”
nicht sinnvoll gebrauchen, wenn ich nie etwas
Rotes gesehen hätte, so ist das Unsinn, wenn es sich hier um
den physikalischen Vorgang des Sehens handeln soll.
In || Mit irgend einem Sinne konnte man
sagen: das Wort “rot” hätte für
mich keinen Sinn, wenn ich nicht erinnerte ||
erinnern könnte schon rot gesehen zu haben;
aber auch hier brauche ich mich nicht an einen bestimmten Fall
zu erinnern, wo﹖ ich etwas Rotes gesehen habe, und
so bliebe nur übrig, daß ich mir
Rot muß vorstellen
können. |
Wie
komisch wäre es, zu sagen: ein Vorgang sieht anders
aus, wenn er geschieht, als wenn er nicht geschieht. Oder
“Ein || ein
347 roter Fleck sieht anders
aus, wenn er da ist, als wenn er nicht da ist, aber die Sprache
abstrahiert von diesem Unterschied, denn sie spricht
von einem roten Fleck, ob er da ist oder nicht”.
|
Wie unterscheidet sich
das Rot eines Flecks, den wir vor uns sehen, von dem dieses
Flecks, wenn wir ihn uns bloß
vorstellen? – Aber wie wissen wir denn,
daß es das Rot dieses Flecks
ist, wenn es (von dem Ersten)
verschieden ist? – Woher wissen wir denn,
daß es dasselbe Rot ist, wenn es
verschieden ist || nicht dasselbe
ist? – Dieser
Galimathias zeigt,
daß hier ein
Mißbrauch der Sprache vorliegt. |
Wie ist es möglich,
daß ich erwarte, und das, was ich erwarte,
kommt? Wie konnt' ich es
erwarten, da es nicht da war? Die Realität ist keine Eigenschaft, die dem Erwarteten noch fehlt und ihm || die nun hinzutritt, wenn es eintritt. – Sie ist auch nicht wie das Tageslicht, das den Dingen erst ihre Farbe gibt, wenn sie im Dunkeln schon gleichsam farblos vorhanden sind. Wie konnte ich es erwarten, und es kommt dann wirklich; – als ob die Erwartung ein dunkles Transparent wäre und mit der Erfüllung das Licht dahinter angezündet würde. – Aber jedes solche Gleichnis ist falsch, weil es die Realität einen beschreibbaren Zusatz zur Erwartung || zum Gedanken darstellt; was unsinnig ist. (Es ist das im Grunde derselbe Unsinn, wie der, der die vorgestellte Farbe als matt im Vergleich zur wirklichen darstellt.) |
Du siehst also, möchte ich sagen, an diesen
Beispielen, 348 wie die Sprache tatsächlich
funktioniert. – Aber auch das stellt die Sache
falsch dar, denn es scheint dann, daß man
sich die Funktion der Sprache anders vorgestellt hat (sie sich
anders vorstellen konnte) und nun resignieren
muß. Aber es ist richtig zu
sagen: Du siehst also, wie die Worte wirklich gebraucht
werden. |
Die ganze
Antwort auf mein Problem liegt darin, daß
ich nicht fragen kann: “woher
weißt Du, daß das
wirklich das ist, was Du Dir erwartet
hast”. – Denn, weder kann man es an einem
Dritten (einem Gefühl der Befriedigung)
erkennen (sonst müßte
zum voraus durch eine Regel bestimmt sein,
daß immer wenn dieses Gefühl eintritt,
… Aber das setzt wieder die Möglichkeit einer
Annahme voraus). Noch erklärt es
etwas, wenn ich sage, ich erkenne das Erwartete wieder.
Das ist nur ein hinzugefügtes || hinzugesetztes
Wort, das uns nicht hilft. |
Denn, könnte man diese Frage beantworten (hätte
die Frage einen Sinn), so enthielte die Antwort eine
Beschreibung von Gedanken und Wirklichkeit, und der Bedingung
ihrer Übereinstimmung. |
Ist zwischen der Vorstellung eines
Erinnerungsbildes und der eines Erwartungsbildes ein
Unterschied? Ich kann doch z.B.
erwarten, die Farbe zu sehen, die ich mich erinnere, dort und dort
gesehen zu haben. Ich erinnere mich
z.B., einen Menschen heute in einer
bestimmten Stellung gesehen zu haben und kann mir nun vorstellen,
daß er morgen wieder in dieser Stellung
da und da erscheinen wird.
Ändert da das
Vorstellungsbild seinen Charakter, wenn ich von der Erinnerung
349 zur Erwartung
übergehe? |
Das “ja” (oder “nein”)
oder die Beschreibung des Ereignisses deutet
das Ereignis als Erfüllung der Erwartung. ||
deutet es als Antwort auf die
Erwartung. |
In der Sprache berühren
sich Erwartung und Ereignis. |
Es ist, als brächte die Beschreibung am
Ereignis jene Marken ||
die﹖ Striche an, die sich dann mit
denen der Erwartung berühren. |
Ich erwarte mir einen Schuß;
der || “Ich erwarte mir einen
Schuß”. Der
Schuß fällt. Wie, das hast
Du Dir erwartet; war also dieser Krach irgend wie schon in
Deiner Erwartung? Oder stimmt Deine Erwartung nur
in anderer Beziehung mit dem Eingetretenen überein, war dieser
Lärm nicht in Deiner Erwartung enthalten und kam nur als
Akzidens hinzu, als die Erwartung
erfüllt wurde? Aber nein, wenn der Lärm
nicht eingetreten wäre, so wäre meine Erwartung nicht
erfüllt worden; der Lärm hat sie erfüllt, er kam
nicht zu der Erfüllung hinzu wie ein zweiter Gast zu
dem einen, den ich erwartete. |
War das am Ereignis, was nicht auch in der
Erwartung war, ein Akzidens, eine Beigabe
des Schicksals || der
Schickung? Aber was war
denn dann nicht Beigabe, kam denn irgend etwas
vom Schuß schon im meiner Erwartung
vor? Und was war denn Beigabe, denn hatte ich
350 mir nicht den ganzen
Schuß erwartet? |
Um in einer Sprache || im
Chinesischen einen Satz bilden zu können, dazu
genügt es nicht, die Lautreihe zu lernen und zu wissen,
daß sie, etwa in der Fibel neben einem
bestimmten Bild steht. Denn das befähigt mich
nicht, die Tatsache in jener Sprache || auf Chinesisch zu
portraitieren. Ja, wenn es mir im Deutschen so geschähe, daß ich die ganze Sprache vergäße, mir aber bei einer bestimmten Gelegenheit doch die Lautverbindung einfiele, die man in diesem Falle gebraucht, so würde ich diese Lautverbindung in diesem Falle nicht verstehen. |
Wenn man jemandem fragt “wie
weißt Du, daß
diese Beschreibung wiedergibt, was Du siehst”, so
könnte er etwa antworten “ich meine das mit diesen
Worten”. Aber was ist dieses
“das”, wenn es nicht
(selbst) wieder artikuliert, also schon
Sprache ist? Also ist “ich meine
das” gar keine Antwort. Die Antwort ist eine
Erklärung der Bedeutung der Worte. |
Wenn ich die Beschreibung nach Regeln bilde,
was auch möglich ist, dann übersetze ich sie als eine
Sprache aus einer anderen. Und das kann ich
natürlich mit Grammatik und Wörterbuch tun und
so rechtfertigen. – Aber
dann ist die Übertragung
von Artikuliertem in Artikuliertes.
Und wenn ich sie durch Berufung auf die
Grammatik und das Wörterbuch rechtfertige, so tue ich
nichts, als eine Beziehung zwischen Wirklichkeit und
Beschreibung (eine projektive Beziehung) festzustellen,
von der Intention aber, meiner Beschreibung ist hiebei keine
Rede. (D.h. ich kann eben nur die
Ähnlichkeit des Bildes prüfen,
nichts weiter.) 351 |
Wie kann man
durch Denken die Wahrheit lernen? Wie man ein Gesicht besser sehen lernt, wenn man es zeichnet. |
Nehmen
wir an, ich erwarte jemand: ich sehe auf die Uhr, dann zum
Fenster hinaus, richte etwas in meinem Zimmer zurecht, schaue
wieder hinaus, etc.. Diese
Tätigkeit könnte ich das Erwarten
nennen. Denke ich nun die ganze Zeit dabei?
(D.h. ist diese Tätigkeit
wesentlich eine Denktätigkeit, oder von ihr﹖
begleitet?) Letzteres bestimmt
nicht. Und wenn ich jene Tätigkeiten Denken nenne,
welches wären die Worte, durch die dieser Gedanke
ausgedrückt würde? – Wohl aber
werden auch Gedanken während dieses Wartens sich
einfinden. Ich werde mir sagen || sagen: “vielleicht ist er zu Hause
aufgehalten worden”, und dgl.
mehr; vielleicht auch die artikulierte Erwartung “wenn er nur
käme”. In allen jenen erwartenden Handlungen ist nichts, was uns interessiert (die Erfüllung der Erwartung in diesem Sinn ist nichts anderes, als die Stillung eines Hungers). Uns interessiert nur das zu einem Zweck gemachte Bild. – Der artikulierte Gedanke. |
Ich mache einen Plan nicht nur, um mich
Andern verständlich zu machen, sondern auch, um selbst
über die Sache klar zu werden.
(D.h. die Sprache ist nur Mittel zur
Mitteilung.) |
Die Verwendung des Plans ist eine
Übersetzung in unsere
Handlungen. Eine Übertragung in
unsere Handlungen. (Es ist klar, daß da kausale Zusammenhänge gesehen werden, aber es wäre komisch, die als das Wesen eines Planes auszugeben.) 352 |
Wenn ich
sage “der Sinn eines Satzes ist dadurch bestimmt, wie er
zu verifizieren ist”, was muß ich
dann von dem Sinn des Satzes, daß
dieser Satz die Übersetzung || dieses Bild das Portrait jenes
Gegenstandes sein soll, sagen? Wie ist das denn zu
verifizieren? |
Was zum Wesen des Satzes gehört, kann die Sprache
schon darum nicht ausdrücken, weil es für jeden Satz das
Gleiche wäre; und ein Zeichen, das in jedem Satz vorkommen
muß, logisch eine
bloße Spielerei wäre. Die
Zeichen des Satzes sind ja nicht Talismane oder magische
Zeichen, die auf den Betrachter einen bestimmten Eindruck
hervorrufen sollen.
Gäbe es philosophische Zeichen im Satz, so müßte ihre Wirkung || Funktion eine solche unmittelbare sein. |
Insofern jeder Satz ein Plan ist und man mit
einem Plan einen Plan nicht erklären kann, kann man keinen
Plan mit einem Satz erklären. Jede Erklärung durch einen Satz liefert – wie gesagt – einen neuen Plan und nie das Wesen des Planes. |
Einem Plan folgen ist wesentlich
dieselbe Tätigkeit, wie eine Projektion
(Übersetzung) nach einer bestimmten
Regel zu kontrollieren. |
Der Satz ist als Richter hingestellt und wir fühlen
uns vor ihm verantwortlich. 353 |
Der Plan,
den ich gezeichnet habe, um später nach ihm zu gehen, ist
für mich nicht irgend eine Zeichnung auf einem
Stück Papier. Wie unterscheidet er sich für
mich von einem beliebigen Fetzen Papier?
Durch eine Beziehung auf etwas Anderes. Aber da das Ereignis, dessen Plan er ist, nicht stattgefunden haben muß, so kann er darauf nicht zeigen, sondern nur auf Gegenstände die vorhanden sind, ob dieses Ereignis stattfindet oder nicht. Gegenstände, die ihm seinen Sinn gestatten, nicht, die﹖ ihm wahr machen. Aber diese Gegenstände zusammen mit der Zeichnung machen auch nicht einen Plan, denn die Beziehung nach außen, die für ihn wesentlich ist, richtet sich gerade auf das Eventuelle, das Unbestimmte. Der Plan kann (also) nur seine Fühler ausstrecken, bis dorthin, wo das Ereignis eintrifft oder nicht eintrifft. Und das verlangende Ausstrecken ist es, was wir im Plan als Plan verstehen. Das Verlangende besteht darin, daß der Plan nicht abgeschlossen ist (keine Tatsache); denn ist er ein abgeschlossener Komplex, so hört es auf, nach außen zu deuten. Der Plan ist als Plan etwas Unbefriedigtes. (Wie der Wunsch, die Erwartung, die Vermutung u.s.f..) Ich möchte manchmal mein Gefühl dem Plan gegenüber als eine Innervation bezeichnen. Aber auch die Innervation an sich ist nicht unbefriedigt, ergänzungsbedürftig. |
Wenn man nach einer Regel einen
Tatbestand abbildet, so ist dieser dabei
die Vorlage. Ich brauche keine weitere
Vorlage, die mir zeigt, wie die Abbildung vor sich zu gehen hat,
wie also die erste Vorlage zu benützen ist, denn sonst brauchte
ich auch eine Vorlage, um mir die Anwendung
der zweiten zu zeigen, u.s.f.
354 ad
infinitum. D.h. eine weitere
Vorlage nützt mich nichts, ich muß ja
doch einmal ohne Vorlage handeln. |
‘p’ ist wahr =
p. Man gebraucht das Wort
“wahr” in Zusammenhängen wie “was
er sagt ist wahr”, das aber sagt dasselbe wie “er
sagt ‘p’ und
p ist der Fall”. |
Die Verneinung
verbindet sich mit dem verneinten Plan und der
verneinte kommt als Plan nicht im neuen Plan vor:
d.h., wenn ich
non-p
glaube, so glaube ich dabei nicht zugleich
p, weil
“p” in
“non-p”
vorkommt. |
Es
wäre charakteristisch für eine bestimmte irrige
Auffassung, wenn ein Philosoph glaubte, einen Satz mit roter Farbe
drucken lassen zu müssen, da
er erst so ganz das ausdrücke, was der Autor sagen
will. (Hier hätten wir die magische
Auffassung der Zeichen statt der logischen.)
(Das magische Zeichen würde wirken wie eine Droge, und für sie wäre die Kausalitätstheorie richtig || völlig zureichend.) |
p kommt
in non-p
in demselben Sinne vor, wie non-p
in p. |
Die Worte “vorkommen” etc.
sind eben unbestimmt, wie alle solche Prosa. Exakt und
unzweideutig und unbestreitbar sind nur die grammatischen Regeln,
die am Schluß zeigen müssen, was
gemeint ist || 355 worum es sich
handelt. |
Ich zeichne einen Plan (wie ich gehen will) und
schreibe das Verneinungszeichen dazu; aber das nützt nichts,
solange man nicht weiß,
daß es das Verneinungszeichen ist.
Aber wie weiß man es
denn? || Aber wie kann man es denn
wissen? Etwa dadurch,
daß es uns gesagt wird? Aber
wie wird es uns denn gesagt? Dabei kann doch nur ein
Zeichen für ein anderes gesetzt werden. Denn eine
Erklärung der Negation wäre nur wieder ein
Zeichen für sie. |
“Wie ich einen Körper durch seine verschiedenen
Ansichten geben kann und er mit diesen äquivalent ist, so
offenbart sich die Natur der Negation in den verschiedenen,
grammatisch erlaubten Anwendungen des
Negationszeichens.” |
“Was hilft es,
daß als Negationszeichen nur ein Haken vor
dem Satz p steht, ich muß ja
doch die ganze Negation denken.” |
Eine Projektionsmethode mag einen
Punkt in einen Kreis projizieren, aber die Komplikation dieser
Projektionsmethode wird sich offenbaren, wenn man nun alle die
Gebilde durchgeht, die sie ineinander verwandelt.
Wenn ich z.B. sage, “ich gehe nicht diesen Weg” so stimmt damit überein, daß ich alle jene anderen Wege gehe (und daß ich einen Weg gehe verträgt sich nicht damit, daß ich einen anderen gehe) und so zeigt es sich, was das ‘nicht’ bedeutet. 356 |
Das Zeichen “~”
deutet an, Du sollst das, was folgt, negativ auffassen.
Es deutet an, heißt, daß das nicht der letzte sprachliche Ausdruck ist. Daß das nicht das Bild des Gedankens ist. Daß mehr in der Negation ist als das. |
Die
Erklärung eines Zeichens ist gleich wieder ein
Zeichen. Denn sie konnte doch nur darin bestehen, daß sie
den Gedanken genauer darstellt als jenes Zeichen. |
Denken wir uns den Plan eines Weges
gezeichnet und mit einem Strich durchgestrichen, der anzeigen soll,
daß dieser Plan nicht auszuführen
ist. Auf dem Plan sind viele Striche gezogen, aber der,
der ihn durchstreicht hat eine gänzlich andere Funktion als
die anderen. |
Das
Zeichen hat nur einen Zweck, uns etwas mitzuteilen; eine
Erklärung des Zeichens kann also nur diese Mitteilung
verdeutlichen, ist also selbst nur ein Zeichen statt des
ersten. Eine Erklärung des Zeichens der Negation muß also selbst nur eine grammatische Auseinanderlegung der Negation sein. |
Könnte eine Erklärung,
die nicht zur Grammatik gehört, etwas Wesentliches über
die Negation sagen, so müßten wir gerade
dieses Wesentliche im Gebrauch des Zeichens entbehren. – Es würde dann das Sachliche nicht genügen
und das Unsachliche enthielte das, was zum Verständnis
nötig ist. 357 |
Vergleich
der verschiedenen Arten von Linien || der
Linien mit verschiedenen Funktionen auf der
Landkarte mit den Wortarten im Satz. Der Unbelehrte
sieht eine Menge Linien und weiß nicht,
daß sie sehr verschiedene Bedeutungen
haben. |
Ich sage,
die Verneinung ist nur eine Veranlassung um etwas viel Komplexeres
zu tun; aber was? Läßt sich
die Frage nicht beantworten (und das eine Symbol der
Negation durch ein anderes zu ersetzen, ist keine Antwort) so
ist sie unsinnig, und dann ist es auch jener erste Satz.
Es ist, als veranlaßte uns das Zeichen der Negation zu etwas; aber was, das wird scheinbar nicht gesagt. Es ist, als brauchte es nur angedeutet werden, als wüßten wir es schon. ﹖– Als wäre eine Erklärung jetzt unnötig, da wir die Sache ohnehin schon kennen. –﹖ Nun könnte man sagen, die Erklärung liegt in extenso in allen Anwendungen, in den grammatischen Regeln. |
Gäbe es eine explizitere
Ausdrucksweise der Negation, so müßte
sie sich doch in die andere abbilden lassen und könnte darum
nicht von anderer Multiplizität sein. Es wäre
denn in dem Falle, daß es ein Gebiet,
einen Komplex gäbe, der immer nur im ganzen
betrachtet würde,
sodaß wir nie über die
bloße Andeutung hinausgingen. Aber
das widerspricht der Annahme einer möglichen
Auseinanderlegung (Erklärung), die ja eben in das Innere
dieses Komplexes dringen müßte.
|
‒ ‒ ‒
D.h. es darf nichts geben, was die Sprache nur
andeutet, der Gedanke aber ausführt. Denn der
Gedanke ist selbst nur eine angewandte Sprache. 358 |
Sprache und Gedanke verhalten sich nicht wie Signal und
Ausführung des signalisierten Befehls. Denn
in diesem Falle gibt es ja noch eine ausführlichere
Erklärung, auf die sich das Signal (gleichsam durch
Definition) bezieht. Während im Fall Sprache und
Gedanke die ausführliche Erklärung ja selbst
zur Sprache gehört.
Sodaß, wo es überhaupt eine
Ausbreitung || Auseinanderlegung
gibt, die selbst zur Sprache gehört; und wo es in
der Sprache keine gibt, überhaupt von keiner die Rede sein
kann und also auch nicht von einem Signal.
|
Der Gedanke ist kein
geheimer – und verschwommener –
Prozeß von dem wir nur
Andeutungen in der Sprache sehen, als wäre die Negation ein
Stoß und der Gedanke darauf
wie﹖ ein unbestimmter Schmerz, von diesem
Stoß hervorgerufen, aber gänzlich von
ihm verschieden. |
Nun wäre aber die Frage: wie zeigt sich das uns
bekannte Spezifische der Negation in den Regeln,
die vom Negationszeichen gelten ||
handeln. Daß
z.B. ein gezeichneter Plan eines Weges ein Bild
des Weges ist verstehen wir ohne weiteres; wo sich der gezeichnete
Strich nach links biegt, biegt sich auch der Weg nach links,
etc. etc..
Daß aber das Zeichen
“nicht” den Plan
ausschließt, sehen wir nicht. Eher
noch, wenn wir etwas ausgeschlossenes mit einem Strich umfahren,
gleichsam abzäunen. Aber so könnte man ja
das “~”
als eine Tafel auffassen “verbotener
Weg”. Aber damit verstehen wir es natürlich
noch immer nicht als Bild. |
Wie ist es aber mit diesem Gedanken:
Wenn “non-p”
ein 359 Bild sein soll, wäre, was es
bedeutet, nicht am besten dadurch darzustellen,
daß das im Zeichen
nicht der Fall ist, was darstellen würde,
daß p der Fall ist.
Es ist aber klar, daß so ein Symbolismus
nicht funktioniert. Es ist dafür keine Erklärung, zu sagen (was ich einmal sagte) ein solcher negativer Symbolismus ginge schon, er sei nur darum nicht zu gebrauchen, weil man aus ihm nicht erfahren könne, was verneint sei. Dann ist er eben kein Symbolismus der Negation, wenn er uns nicht das Nötige mitteilt. Und dann fehlt es ihm an etwas Wesentlichem. Es hat ja seinen Grund, warum in gewissen Fällen der negative Symbolismus funktioniert und z.B. keine Antwort auch eine Antwort ist. In diesen Fällen ist eben der Sinn des Schweigens eindeutig bestimmt. |
Es wird eine andere Art Portrait entworfen,
durch ein Bild, was zeigen soll, wie es sich nicht verhält,
als durch eines, was zeigt wie es sich verhält. |
Es wäre die Frage:
kann je ein Portrait der negativen Art das Gleiche portraitieren,
wie eines der positiven Art; d.h. von dem
gleichen Sachverhalt wahr oder falsch gemacht werden? |
Die Farbangabe,
daß etwas nicht rot ist, ist von
anderer Art als die, daß etwas rot
(oder blau) ist.
D.h. sie ist nicht in dem gleichen Sinn
eine Farbangabe. |
Dagegen kann die Negation eines Satzes eine
Angabe gleicher Art sein, wie der negierte Satz. 360 |
Ich kann ein
Bild davon zeichnen, wie Zwei miteinander fechten; aber doch
nicht davon wie Zwei miteinander nicht fechten
(d.h. nicht ein Bild, das
bloß dies darstellt).
“Sie fechten nicht miteinander” heißt nicht, daß davon nicht die Rede ist, sondern, es ist eben davon die Rede und wird (nur﹖) ausgeschlossen. Das Fechten wird hier, quasi, weggeworfen. Aber könnte man den Zustand dann nicht eben so darstellen, daß eben das Fechten weggeworfen ist, also nicht da ist. Wohl, aber dann muß man den tatsächlichen Zustand etwa in einer allgemeinen Weise darstellen (wenn man nämlich einen bestimmten positiven nicht darstellen will), so daß dadurch das Fechten und nur dieses ausgeschlossen ist, und dann ist es eben durch das Dargestellte doch wieder bestimmt. Wenn ich sagen will “er ist nicht in diesem Kreis” so kann ich das freilich so darstellen, daß er irgendwo außerhalb ist, aber dann tritt der Kreis doch wieder in der Darstellung auf. Ich brauche im negativen Satz das intakte Bild des positiven Satzes. |
“Eine ungeteilt gesehene
Fläche hat keine Teile”.
Denken wir uns aber einen Maßstab an die Fläche angelegt, sodaß wir etwa zuerst das Bild , dann das Bild und dann vor uns hätten, dann folgt daraus, daß das erste Band durchaus weiß ist, durchaus nicht, daß im zweiten und dritten alles mit Ausnahme der Teilstriche weiß ist. |
Die
gewöhnliche Auffassung vom Beispiel des Anstrichs
ist dadurch charakterisiert, daß es
gleichgültig ist, ob wir uns die 361 Striche A' und B'
schon vorhanden denken, wenn der Stab gestrichen wird, oder ob wir
das Stück A'B' erst später auf ihm
abtragen. – Sind die Striche A' und
B' schon ursprünglich hier﹖,
dann folgt allerdings jener zweite Satz aus dem ersten
(﹖– dann ist die
Zusammengesetztheit schon in dem ersten Satz
offenbar﹖
vorhanden –﹖) dann folgen aber aus
dem ersten Satz nur so viele Sätze, als seiner
Zusammengesetztheit entspricht (also nie unendlich
viele). |
Wenn
ich sage “in dem Quadrat ist ein schwarzer Kreis”
so ist es mir immer, als habe ich hier wieder etwas Einfaches vor
mir. Als müsse ich nicht an verschiedene
mögliche Stellungen || Lagen oder
Größen des Kreises denken.
Und doch kann man sagen: wenn ein Kreis in dem Quadrat
ist, so muß er irgendwo und von irgend einer
Größe sein. Nun
kann aber doch auf keinen Fall davon die Rede sein,
daß ich mir alle
möglichen Lagen und Größen zum
voraus denke. – In dem ersten Satz scheine ich sie
vielmehr, sozusagen, durch ein Sieb zu fassen,
sodaß “Kreis innerhalb des
Quadrats” einem Eindruck zu entsprechen
scheint, für den das Wo
etc. überhaupt noch nicht in Betracht kommt, als
sei es (gegen allen Anschein) etwas, was mit jenem ersten
Sachverhalt nur physikalisch, nicht logisch verbunden
sei. Der Ausdruck “Sieb” kommt daher: wenn ich etwa eine Landschaft ansehe, durch ein Glas, das nur die Unterschiede von Dunkelheit und Helligkeit durchläßt, nicht aber die Farbunterschiede, so kann man so ein Glas ein Sieb nennen. Denkt man sich nun das Quadrat durch ein Glas betrachtet, das nur den Unterschied “Kreis im Quadrat, oder nicht im Quadrat” durchläßt || durchließe, nicht aber einen Unterschied der Lage oder Größe des Kreises, so könnten wir auch hier von einem Sieb sprechen. 362 |
Wir müssen wissen, was Erklärung
heißt. Es ist die ständige
Gefahr, dieses Wort in der Logik in einem Sinn verwenden zu
wollen, der von der Physik hergenommen ist. |
Wenn ich sage, der Fleck liegt im
Quadrat, so weiß ich – und
muß wissen –
daß es verschiedene mögliche Lagen
für ihn gibt. Aber auch,
daß ich nicht
eine bestimmte Zahl aller solcher Lagen nennen
könnte. Ich weiß von
vornherein nicht, wieviele Lagen “ich unterscheiden
könnte”. – Und ein Versuch darüber
lehrt mich auch nicht das, was ich hier wissen will.
Das Dunkel, welches über den Möglichkeiten der Lage etc. herrscht, ist die gegenwärtige logische Situation. So wie trübe Beleuchtung auch eine bestimmte Beleuchtung ist. |
Es ist
wichtig, daß ich den Sachverhalt
“der Kreis ist irgendwo im Quadrat” nicht malen
könnte, ohne einen bestimmten Fall zu malen, den ich
aber hier nicht meine. |
Es ist da immer so, als könnte man eine logische Form
nicht ganz übersehen, da man nicht weiß,
wieviel, oder welche mögliche Lagen es für den Fleck im
Viereck gibt. Anderseits weiß man
es doch, denn man ist von keiner überrascht, wenn sie
auftritt. Aber so wäre es ja mit allem Gesehenen. Wenn ich eine seltene || seltsame Blume sehe, wie ich nie eine gesehen habe, so bin ich nicht über ihre Möglichkeit überrascht, und doch überrascht, weil ich mir dergleichen nie vorgestellt habe. 363 |
Man
könnte sagen, der Satz ist immer ein Sieb (das sondert,
das eine durchläßt, das
Andre zurückhält). Und dann ist
eben auch der allgemeine Satz eins. |
In wiefern sieht der allgemeine Gedanke hier
jeden besonderen Fall voraus? Ich sage: ich kann
keine neue Möglichkeit durch die Erfahrung
lernen. |
Ich
möchte sagen, in dem Satz “ein Kreis
liegt im Quadrat” ist von der besonderen Lage
überhaupt nicht die Rede. Ich sehe dann in dem Bild
nicht die Lage, ich sehe von ihr ab. So als wären
etwa die Abstände von den Quadratseiten dehnbar und als
gälten ihre Längen nicht.
Ja, kann denn nicht der Fleck sich wirklich im Viereck bewegen? Ist das nicht nur ein spezieller Fall von dem, im Viereck zu sein? Dann wäre es also doch nicht so, daß der Fleck an einer bestimmten Stelle im Viereck liegen muß, wenn er überhaupt darin ist. |
Der Satz
“der Fleck ist im Quadrat” hält gleichsam
selbst den Fleck bloß im
Quadrat, das heißt, er beschränkt die
364 Freiheit des Flecks nur
auf diese Weise und gibt ihm in dem Quadrat volle﹖
Freiheit. Der Satz bildet dann einen Rahmen, der
die Freiheit des Flecks beschränkt und ihn innerhalb frei
läßt, das
heißt, mit seiner Lage nichts zu
schaffen hat. – Dazu
muß aber der Satz (gleichsam eine
Kiste, in der der Fleck eingesperrt ist) die logische Natur
dieses Rahmens haben und das hat er, denn ich könnte jemandem
den Satz erklären und dann jene Möglichkeiten
auseinandersetzen und zwar unabhängig davon, ob
ein solcher Satz wahr ist oder nicht, also
unabhängig von einer
Tatsache. |
Es
ist natürlich nicht “Stellung des Kreises in diesem
Quadrat” ein Begriff, und die besondere Stellung ein
Gegenstand, der unter ihn fällt. So
daß Gegenstände gefunden würden,
von denen man sich überzeugt, daß
sie (auch﹖) Stellungen des Kreises
im Quadrat sind, von denen man aber früher nichts
gewußt hat. |
Die Mittelstellung des Kreises in andere
ausgezeichnete Stellungen sind übrigens ganz analog den
primären Farben in der Farbenskala. (Dieses
Gleichnis könnte man mit Vorteil fortsetzen.) |
Die Grammatik, wenn sie in der
Form eines Buches uns vorläge, bestünde nicht aus einer
Reihe bloß nebengeordneter Artikel,
sondern würde eine andere Struktur zeigen. Und in
dieser müßte man – wenn ich
Recht habe – auch den Unterschied zwischen
Phänomenologischem und Nicht-Phänomenologischem
sehen. Es wäre da etwa ein Kapitel von den
Farben, worin der Gebrauch der Farbwörter geregelt
wäre; aber dem vergleichbar wäre nicht, was über
die Wörter “nicht”, “oder”,
etc. (die “logischen 365 Konstanten”) in der
Grammatik gesagt würde. Es würde z.B. aus den Regeln hervorgehen, daß diese letzteren Wörter in﹖ jedem Satz anzuwenden seien (nicht aber die Farbwörter). Und dieses “jedem” hätte nicht den Charakter einer erfahrungsmäßigen Allgemeinheit; sondern der inappellablen Allgemeinheit einer obersten Spielregel. Es scheint mir ähnlich, wie das Schachspiel wohl ohne gewisse Figuren zu spielen (oder doch fortzusetzen) ist, aber nie ohne das Schachbrett. |
(Eine Modedummheit der heutigen populären Physik ist es,
zu sagen, daß der Raum, etwa, eines
Eisenwürfels nicht, wie der Laie glaubt, ganz oder beinahe
ganz von Materie erfüllt sei, sondern,
daß er vielmehr beinahe leer sei, da die
Elektronen im Vergleich zu ihren Abständen voneinander
winzig klein seien. In Wahrheit aber wäre die Ansicht
des Laien natürlich gerechtfertigt wie klein
immer man die Elektronen annimmt, denn dem Erfülltsein
des Raumes mit Materie im gewöhnlichen Sinn, dem
erfahrungsmäßigen Erfülltsein,
entspricht in der physikalischen Hypothese gar nicht das
Erfülltsein mit Elektronenmasse, sondern die
Häufigkeit der Elektronen.) |
Das beste Gleichnis für jede Hypothese,
und selbst ein Beispiel, ist ein Körper mit seinen nach einer
bestimmten Regel konstruierten Ansichten aus den verschiedenen
Punkten des Raumes. |
Man bedenkt gar nicht wie merkwürdig das
dreidimensionale Sehen ist. Wie
seltsam etwa ein Bild, eine Photographie aussähe, wenn wir im
Stande wären, sie als Verteilung grauer,
weißer und schwarzer Flecken in einer
ebenen Fläche zu sehen. Was wir sehen, würde dann
ganz 366 sinnlos wirken. Ebenso,
wenn wir mit einem Aug flächenhaft sehen könnten.
Es ist z.B. garnicht klar, was geschieht, wenn wir mit zwei
Augen die Gegenstände
plastischer sehen, als mit einem. Denn sie
wirken auch mit einem gesehen schon plastisch. Und der
Unterschied zwischen Relief und Rundplastik ist auch keine richtige
Analogie. |
“Wahr” und
“falsch” sind tatsächlich nur Wörter
einer bestimmten Notation der Wahrheitsfunktion. |
Negation und Disjunktion,
möchten wir sagen, hat mit dem Wesen des Satzes zu tun, die
Zeit aber nicht, sondern mit seinem Inhalt.
Wie aber kann es sich in der Grammatik zeigen, daß Etwas mit dem Wesen des Satzes zusammenhängt und Etwas anderes nicht, wenn sie beide gleich allgemein sind? Oder sollte ich sagen, die geringere Allgemeinheit wäre auf seiten der Zeit, da die mathematischen Sätze negiert und disjungiert werden können, aber nicht zeitlich sind? Ein Zusammenhang ist wohl da, wenn auch diese Form, die Sache darzustellen, irreführend ist. |
Es kommt mir
so vor, als wäre die Gegenwart, wie sie in dem Satz
“der Himmel ist blau” steht (wenn dieser Satz
nicht-hypothetisch gemeint ist) keine Form der
Zeit. Als ob also die Gegenwart in
diesem Sinne unzeitlich wäre. |
Wie unterscheidet die Grammatik
zwischen Satzform und Inhalt? Denn dies soll
ja ein grammatikalischer Unterschied sein. Wie sollte
man ihn beschreiben können, wenn ihn die Grammatik nicht
zeigt? 367 Was hat es mit dem Schema “Es verhält sich so und so” für eine Bewandtnis? Man könnte sagen, das “Es verhält sich” ist die Handhabe für den Angriff der Wahrheitsfunktionen. Es verhält sich” ist also nur ein Ausdruck aus einer Notation der Wahrheitsfunktionen. “Es verhält sich” ist also nur ein Ausdruck aus einer Notation der Wahrheitsfunktionen. Ein Ausdruck, der uns zeigt, welcher Teil der Grammatik hier in Funktion tritt. |
Die Grammatik, das
sind die Geschäftsbücher der Sprache; aus denen alles
zu ersehen sein muß, was nicht Gefühle
betrifft, sondern Fakten. || Die
Grammatik ist das Geschäftsbuch der Sprache; woraus alles
zu ersehen sein muß, was nicht Gefühle
betrifft, sondern harte
Tatsachen. |
Ich will also eigentlich sagen:
Es gibt nicht Grammatik und Interpretation der
Zeichen. Sondern, soweit von einer Interpretation, also
von einer Erklärung der Zeichen, die Rede sein kann, so weit
muß sie﹖ die Grammatik
selbst besorgen. Denn ich brauchte nur zu fragen: Soll die Interpretation durch Sätze erfolgen? Und in welchem Verhältnis sollen diese Sätze zu der Sprache stehen, die sie schaffen? |
﹖– Jene zweifache Art der Allgemeinheit
wäre so seltsam –﹖, wie wenn von
zwei Regeln eines Spiels, die beide gleich ausnahmslos
gelten, die eine als die fundamentalere angesprochen
würde. Als könnte man also
fragen || darüber
reden, ob der König oder das Schachbrett
für das Schachspiel essentieller wäre. Welches
von beiden das Wesentlichere, welches das
Zufälligere wäre. 368 |
Wie ist das richtig in Worten wiederzugeben, was ich deutlich
als den Unterschied zwischen inhaltlicher und formaler Logik im
Satz empfinde. (Das sind noch immer nicht die richtigen
Ausdrücke || ist noch immer nicht der richtige
Ausdruck.) Der Unterschied zwischen der Logik
des Inhalts und der Logik der Satzform überhaupt.
Das eine erscheint gleichsam bunt, das andere
matt. Das eine handelt von dem, was das Bild
darstellt, das andere ist, wie der Rahmen des Bildes ein
Charakteristikum der Bildform. |
Es ist nämlich, als könnte man
sagen, die Zeit habe zwar mit dem Wesen des Satzes
nichts zu tun, dennoch aber käme die Zeit in
jedem Satz vor. Und wieder
muß man fragen, || : was
ist das für eine Allgemeinheit? Wie kann ich
wissen, daß die Zeit in jedem Satz
vorkommt, es sei denn, daß sie zum Wesen des
Satzes gehört? Ich möchte darauf
antworten: sie gehört zum Wesen der Wirklichkeit, nicht zum
Wesen des Satzes (d.h. der Darstellung
durch Sätze). |
Nun ist es aber merkwürdig, daß
die Zeit, von der ich hier rede, nicht die im physikalischen Sinne
ist. Es handelt sich hier nicht um eine
Zeitmessung. Und es ist
verdächtig, daß etwas, was mit
einer solchen Messung nichts zu tun hat, in den Sätzen
eine ähnliche Rolle spielen soll, wie die
physikalische Zeit in den Hypothesen der Physik. |
Auch unbegreiflich ist es,
daß die Zeit, wenn sie im
Wesen der Wirklichkeit liegen soll, nicht offenbar zum
Wesen des Satzes gehören soll. || … ,
wenn das Wesen der Wirklichkeit in ihr liegt,
nicht offenbar zum Wesen des Satzes gehören
soll. 369 |
Zum
mindesten scheint eine Frage berechtigt: Wenn ich die
Grammatik aufgeschrieben hätte und die verschiedenen Kapitel,
über die Farbwörter, etc.
etc. der Reihe nach da stünden, wie Regeln
über alle die Figuren des Schachspiels, wie
wüßte ich dann,
daß dies nun alle Kapitel
sind? Und wenn sich nun in allen vorhandenen Kapiteln
eine gemeinsame Eigentümlichkeit findet, so haben wir es
hier scheinbar mit einer logischen Allgemeinheit,
aber keiner wesentlichen, d.h.
voraussehbaren Allgemeinheit, zu tun. Man kann aber
doch nicht sagen, daß die Tatsache,
daß das Schachspiel mit 16 Figuren gespielt
wird, ihm weniger wesentlich ist, als, daß
es auf dem Schachbrett gespielt wird. |
Wie offenbart sich die Zeitlichkeit der
Tatsachen, wie drückt sie sich aus, als dadurch,
daß gewisse
Ausdrücke || Wendungen in
unsern Sätzen aus, als grammatisch? |
Die Sprache kann nicht durch
eine Erklärung gelehrt werden. |
Da Zeit und Wahrheitsfunktionen so
verschieden schmecken und da sie ihr Wesen allein und ganz in der
Grammatik offenbaren, so muß die Grammatik
den verschiedenen Geschmack erklären.
Das eine schmeckt nach Inhalt, das andere nach Darstellungsform. Sie schmecken so verschieden, wie der Plan und der Strich durch den Plan. |
Wenn man sagt, Satze sei
alles was wahr oder falsch sein 370 könne, so
heißt das dasselbe wie:
Satz ist alles, was sich verneinen
läßt. |
Wenn wir von dem sprechen, was der Satzform
als solcher wesentlich ist, so meinen wir die
Wahrheitsfunktionen. || Wahrheitsfunktion.
|
Wenn ich sage
“ich gehe jetzt dorthin”, so kommt in dem Symbol
manches vor, was in dem Zeichen allein nicht liegt. Der
Satz, wenn ich ihn etwa von unbekannter Hand
geschrieben, irgendwo vorfinde, sagt garnichts; das Wort “ich”, das Wort
“jetzt” und “dorthin” sind
allein ohne die Gegenwart der sprechenden Person, der
gegenwärtigen Situation und der im Raum gezeigten Richtung
bedeutungslos. |
“Jetzt”, “früher”,
“hier”, “dort”,
“ich”, “Du”,
“dieses”, sind solche Wörter zur
Anknüpfung an die Wirklichkeit.
“Aber die Wirklichkeit, die solcherart zum Symbol gehört, fällt unter die Herrschaft der Grammatik”. |
Wenn ich sage, daß ein Satz, der
Mengenlehre etwa, in Ordnung ist, aber eine neue Interpretation
erhalten muß, so
heißt das nur, dieser Teil der Mengenlehre
bleibt in sich unangetastet,
muß aber in eine andere grammatische
Umgebung gerückt werden. |
Nun könnte man fragen:
Gehört die Windrose noch zum Plan? Oder
vielmehr: gehört die Regel,
nach der die Windrose angewandt wird, noch zum Plan?
Und es ist klar, daß ich diese Regel durch
eine andere Orientierungsregel ersetzen kann, in der von der
Windrose nicht die Rede 371 ist, sondern statt dessen etwa von
einem Weg auf dem Plan und was ihm in der Gegend
entspricht. |
Wenn
(in einem Satz “ich will, daß Du
dorthin gehst”) der Sprechende, der Angesprochene und
der Pfeil der die Richtung weist, zum Symbolismus gehören, so
spielen sie in ihm jedenfalls eine ganz andere Rolle, als die
Wörter. |
Wenn
aber die Grammatik den ganzen Symbolismus umfassen soll, wie
zeigt sich in ihr die Ergänzungsbedürftigkeit der
Wörter “ich”, “Du”,
“dieses”, etc. durch
Gegenstände der Realität? |
Denn, daß
jener Satz ohne eine solche Ergänzung nichts sagt,
muß die Grammatik
sagen. Wenn sie das vollständige
Geschäftsbuch der Sprache sein soll (wie ich es
meine). |
Ich
will immer zeigen, daß alles was
in || an der Logik
“business” ist, in der
Grammatik gesagt werden muß.
Wie etwa der Fortgang eines Geschäftes aus den Geschäftsbüchern ﹖– muß vollständig herausgelesen werden können –﹖. Sodaß man, auf die Geschäftsbücher deutend, muß sagen können: Hier! hier muß sich alles zeigen; und was sich hier nicht zeigt, gilt nicht. Denn am Ende muß sich hier alles Wesentliche abspielen. Alles wirklich Geschäftliche – heißt das – muß sich in der Grammatik abwickeln. |
“Die Kinder müßten, um das
Rechnen der Volksschule 372 zu verstehen, bedeutende Philosophen
sein; in Ermanglung dessen brauchen sie die
Übung.” |
Wie erklärt die Grammatik das
Wort “jetzt”? Doch wohl durch die
Regeln, die sie für seinen Gebrauch angibt. Das
Gleiche für das Wort “ich”. |
Die Grammatik erklärt die
Bedeutung der Wörter, soweit sie zu erklären
ist. Und zu erklären ist sie soweit, als nach ihr zu fragen ist, und nach ihr fragen kann man soweit, als sie zu erklären ist. |
Die Bedeutung kann nur das sein, was wir in
der Erklärung eines Wortes
erklären. |
Ich könnte mir denken, daß Einer, um
das Wort “jetzt” zu erklären, auf den
gegenwärtigen Stand der Zeiger einer Uhr zeigt || gegenwärtigen Zeigerstand einer Uhr
zeigt. Sowie er zur Erklärung des
Ausdrucks “in fünf Minuten” auf die Ziffer der
Uhr zeigen kann, wo der Zeiger sich in fünf Minuten befinden
wird. Es ist klar, daß dadurch nur die Uhr in unsere Zeichensprache einbezogen wird. |
Das Wort “jetzt” wirkt
gleichsam als Schlag eines Zeitmessers. Es gibt durch
sein Ertönen eine Zeit an. Man kann es ja auch
wirklich durch ein anderes Zeitzeichen ersetzen. Wenn man
z.B. sagt: 373 tu das, wenn ich in die Hände
klatsche. Das Klatschen ist dann ein
Zeitzeichen, wie der Pfeil ein Richtungszeichen
ist, wenn ich sage “gehe dorthin”.
|
Wenn mir
z.B. die Rede, die ein Anderer gestern
gesprochen hat, mitgeteilt wird: “es geschieht
heute das und das”, so muß ich
verstehen, daß der Satz, wenn ich ihn
höre, nicht so verifiziert werden kann, wie er zu verifizieren
war, als er ursprünglich ausgesprochen wurde. Die
Grammatik sagt mir: wenn ich gestern sagte “heute
geschieht es”, so heißt das
soviel, wie wenn ich heute sage “gestern ist es
geschehen”. |
Zur Grammatik gehört nur das nicht, was die Wahrheit und
Falschheit eines Satzes ausmacht. Nur darum
kümmert sich die Grammatik nicht. Zu ihr
gehören alle Bedingungen des Vergleichs des Satzes mit
der Wirklichkeit || den
Tatsachen. Das heißt,
alle Bedingungen des Verständnisses. Alle
Bedingungen des Sinnes.) |
Wenn man nun sagt “dieser Mensch
heißt N”, so
muß uns die Grammatik sagen,
daß diese Wortfolge keinen Sinn
hat, wenn sie nicht durch ein Hinweisen ergänzt wird.
|
Ist nicht auch dies ein
Satz: Ich zeige zuerst auf einen Kreis, dann auf einen
andern und sage dabei “…
größer als …”?
Und fungieren da nicht eben jene Gegenstände als Zeichen,
die ich bei der hinweisenden
Erklärung in die Namen übersetze? In diesem
Sinn könnte ich auch auf die Punkte des Zifferblatts einer Uhr
zeigen, an denen jetzt die Zeiger stehen und sagen “er
kommt …” und meinen “er kommt
jetzt”. 374 |
Wie schaut
die Erklärung eines Zeichens aus? Das
müßte doch eine für die Sprache
außerordentlich wichtige Form sein, sei
dieser Behelf nun ein Satz oder nicht. |
Denke an das Kollationieren des
Satzes mittels der Wirklichkeit. Hier wird sie Schritt
für Schritt mit dem Satz verglichen, in ihm
übersetzt. |
Denken wir uns aber eine Sprache, in der ich “A
ist größer als B”
nicht nur so ausdrücke: “ ist
größer als ”,
sondern in der ich auch statt des Wortes
“größer” eine Geste
mache, die die Bedeutung des Wortes zeigt. –
Wie könnte ich nun so eine Sprache erklären?
(Wie könnte ich die Zeichen so einer Sprache
erklären?) |
Ich glaube: Wenn es eine Erklärung
für die Bedeutung eines Wortes gibt, so
muß diese Erklärung statt des Wortes
treten können. Man könnte sich ja die
Wörter des Satzes “A
ißt zwei
Äpfel” durch Gesten
erklärt denken; auf die Frage “wer ist A”
zeige ich auf einen Menschen und sage “dieser
heißt A”; auf die Frage
“was ist ‘essen’” macht man es
vor und sagt “das heißt
‘essen’”, und das Analoge für die
Worte “zwei” und
“Äpfel”.
Und nun könnte man den Satz durch eine
Bilder- und Gebärdensprache
aussprechen. Aber hätten wir nun die Dinge statt der
Zeichen gesetzt? Mit Menschen, deren Sprache man
nicht versteht, verständigt man sich ja manchmal durch eine
solche Gebärdensprache. |
Vergessen wir nicht: der Satz
“das heißt A” zusamt
der zeigenden Gebärde muß auch
verstanden || gedeutet werden. 375 |
Die Frage,
worauf || auf welche dieser Satz zur Antwort kommt, kann
nicht gestellt werden, wenn man das Wesen, die Methode, der
Sprache nicht schon versteht. |
Die Erklärungen
müßten eigentlich lauten:
“diese Farbe heißt
‘rot’”, “dieser Mensch
heißt
‘Paul’”, diese Tätigkeit
heißt ‘essen’”
(statt “das heißt
‘rot’”, “das
heißt ‘Mensch’”,
etc.); und wenn diese Sätze einen Sinn
haben sollen, so müssen die Ausdrücke “diese
Farbe”, “diese Tätigkeit”,
etc. bereits verstanden werden und könnten wie
gesagt, (mit der zeigenden Hand)
statt || anstatt der Namen verwendet werden.
|
Ich möchte
sagen: wenn das Verstehen der Sprache ohne
fortwährendes gleichzeitiges Verstehen von
Erklärungen möglich ist, so ist die Erklärung am
Verstehen der Sprache nur historisch (also nur hypothetisch,
unwesentlich) beteiligt. Ist die Erklärung
nötig, so ist dann doch nur ihr Resultat wichtig,
und wenn sich das nicht zur Erklärung verhält, wie
ein mathematischer Satz zu seinem Beweis,
sodaß es ohne die Erklärung nicht
bestehen kann, so ist die Erklärung kein
wesentliches Hilfsmittel des
Verständnisses. |
Wenn aber diese Erklärung dem Verständnis wesentlich
ist, wie kann ich dann in Abwesenheit der Erklärung, in
Abwesenheit von etwas Rotem, z.B., das Wort
“rot” gebrauchen und verstehen. Denn das
Verständnis muß in sich komplett
sein. Und unabhängig davon, wie es einmal
erreicht wurde. Denn “rot” kommt ebenso im Satze “das ist nicht rot” vor, wie im Satze “das ist rot”; und warum kann man, was das Wort bedeutet, nur 376 dort zeigen, wo etwas die Farbe
hat, und nicht wo etwas die Farbe nicht
hat? |
Nehmen wir
aber an, ich sage jemandem “diese Farbenmischung von
rot und gelb heißt
‘orange’” (wobei ich ihm die Farbe
zeige): erhält er dann nicht durch diese
Erklärung ein Wissen um eine Bedeutung sozusagen mit auf
den Weg || … Erklärung eine Bedeutung
mit auf den Weg, die nun die Bedeutung des Wortes
‘orange’ ist, wann immer er das Wort
braucht? Ja, – aber dem steht entgegen,
daß nun alle Fälle des
Auftretens von “orange” verschwinden
können und das Wort für ihn doch seine Bedeutung
behält; – es muß also an der
Verbindung (zwischen Gegenstand und Wort), die durch die
Erklärung gemacht ||
geschlagen wurde, nur das wesentlich
sein, was auch, wenn wir etwas Orangefarbenes nicht wirklich sehen,
bestehen bleibt. Das, was bestehen bleibt, ist,
beiläufig gesprochen, eine Vorstellung.
Dasjenige, was es ermöglicht, daß ich
eine wirklich gesehene Farbe mit Orange vergleichen kann
– sagen kann, daß sie gelblicher,
rötlicher etc. ist als Orange.
Es wäre auch möglich, daß ich
die Bedeutung des Wortes wiederum
vergäße. Andererseits
gehört aber, was immer von jener Verbindung wesentlich
ist, zum Bestand des Symbols. |
Ich meine also: Die Vorstellung,
die zum Gebrauch des Zeichens notwendig(,
wesentlich,) ist, gehört zum Symbol.
|
Wenn die Erklärung
des Zeichens und die Bedingung gibt, das Zeichen sinnvoll
zu gebrauchen, (und tut sie das nicht, so ist sie
irrelevant) so gibt sie uns erst das Symbol. 377 |
Die
gewöhnliche Sprache sagt “in diesem Viereck ist ein
roter Kreis”, die
Russell'sche Notation sagt “es gibt einen Gegenstand,
der ein roter Kreis in diesem Viereck ist”. Diese
Ausdrucksform ist offenbar nach dem Modell
gebildet: “es gibt eine Substanz, die im Dunkeln
leuchtet”, “es gibt einen Kreis in diesem Viereck,
der rot ist”. – Vielleicht ist schon
der Ausdruck “es gibt” irreführend.
“Es gibt” heißt
eigentlich soviel wie “es findet sich”, oder
“es gibt unter diesen Kreisen einen
…”. Wenn man also in größtmöglicher Annäherung an die Russell'sche Ausdrucksweise sagt “es gibt einen Ort in diesem Viereck, wo ein roter Kreis ist”, so heißt das eigentlich, unter diesen Orten gibt es einen, an welchem etc.. |
(Der schwierigste Standpunkt in
der Logik ist der des gesunden Menschenverstandes. Denn
er verlangt zur Rechtfertigung seiner Meinung die volle Wahrheit
und hilft uns nicht, durch die geringste Konzession, oder
Konstruktion.) |
Der richtige Ausdruck dieser Art Allgemeinheit ist
also der, der gewöhnlichen Sprache “in dem Viereck
ist ein Kreis”, welcher die Lage des Kreises einfach
offen läßt
(unentschieden
läßt).
(“Unentschieden” ist ein richtiger Ausdruck,
weil die Entscheidung einfach fehlt.)
|
Daß die Tautologie und Kontradiktion
nichts sagen, geht nicht etwa aus dem W-F-Schema hervor,
sondern muß festgesetzt werden.
Und die Schemata machen nur die Form der allgemeinen
Festsetzung einfach. 378 || … machen nur
die Festsetzung der Form
leicht. || einfach. |
Die Erklärung, die man
erhält, wenn man nach dem Wesen des Satzes fragt:
Satz, sei alles, was wahr oder falsch sein könne –
ist nicht so ganz unrichtig. Es ist die Form der
Wahrheitsfunktion (in welcher Form der Zeichengebung immer
ausgedrückt), die das logische Wesen des
Satzes ausmacht. |
“Wo immer der Fleck im Viereck ist
…” heißt “wenn
er || “solange er im Viereck ist
…” und hier ist nur die Freiheit
(Ungebundenheit) im Viereck gemeint, aber keine
Menge von Lagen. |
Es besteht freilich eine logische
Ähnlichkeit (formelle
Analogie) zwischen dieser Freiheit und der Gesamtheit
von Möglichkeiten, daher gebraucht man oft in beiden
Fällen dieselben Wörter (“alle”,
“jeder”, etc.). |
Die Bildung von Wortzeichen ist
nur präliminär.
D.h. sie ist an sich wertlos und ihr Zweck
ist erst die Bildung einer Kombination || der
Kombination. Denken wir uns, jemand sagte “dieses Holzstückchen soll der A sein, dieses soll der B sein”. So würden wir fragen: was ist es nun mit ihnen, warum hast Du A und B durch die Hölzer repräsentiert? Denn das kann doch nur die Vorbereitung dazu sein, daß Du etwas über sie sagen willst. Wie gesagt: das Satzzeichen repräsentiert nicht. – Es stellt dar. |
Wäre der Satz einfach, was soll ich mit ihm
anfangen? 379 Nehmen wir an, ich wollte jemandem
die Mitteilung machen: a. Aber damit er sie
versteht, mußte ich ihm das Zeichen
“a” erklären; dann
wüßte er aber auch schon alles, was
ich ihm mit﹖ “a”
sagen könnte. Es
muß Eines sein die Sprache zu lernen,
und ein Anderes eine Mitteilung in der Sprache zu erhalten.
Hier aber, wenn der Satz einfach wäre, wäre es
ein und dasselbe || wäre es
eins. Dann bedürfte es aber der
Sprache garnicht. |
Denn, gebe ich jemandem
ein Zeichen,
so || Denn, gebe ich
jemandem ein neues Zeichen, so versteht er es
nicht. Es muß ihm erklärt
werden. Wozu es ihm aber dann überhaupt
geben? (Anders ist es, wenn man es zum
zukünftigen Gebrauch erklärt.)
|
Der Unterschied zwischen etwas Allgemeinem,
das man wissen könne und dem Besonderen, das man aber nicht
wisse; oder zwischen der Beschreibung des Gegenstandes, die man
kenne, und dem Gegenstand, den man nicht gesehen hat, ist auch ein
Stück, das man von der physikalischen Beschreibung der Welt in
die Logik hinüber genommen hat.
Daß unsere Vernunft Fragen erkennen
kann, aber deren Antworten nicht, gehört auch hierher
|
Bemerkung
“Lies …”.
Erklärung der Aussprache von Zeichen
durch die Aussprache anderer || dieser Zeichen durch die Aussprache
jener. Aber nicht eine Erklärung des
Aussprechens von Zeichen überhaupt, also
der Beziehung zwischen Zeichen und Aussprache
überhaupt. 380 |
Wenn ich
sage “A hat einen grauen Hut” und ich
gefragt werde “wer ist A” und antworte
“dieser ist der A”, so mache ich damit
den Menschen A zu einem Symbol in meinem Satz, oder es
ist doch möglich,
daß ich ihn zu einem Bestandteil meines
Symboles mache; aber das muß
nicht geschehen, und der Name kann für eine Beschreibung
stehen – die ihren Sinn behält, auch wenn der
Gegenstand A zerstört wird. Das ist aber
merkwürdig und widerspricht einem Gefühl,
daß wir, wenn wir den Namen
“A” gebrauchen, uns nicht
bewußt sind, einmal des Umstandes,
daß “A” für
eine Beschreibung steht, das andre Mal, daß
es nur mit dem Körper A zusammen Bedeutung hat.
Tritt dieses Problem auch auf, wenn es sich z.B. um die Erklärung eines Farbnamens handelt? Wenn ich etwa sage “dieses Tuch ist mauve” und auf die Frage “was bedeutet ‘mauve’”, auf einen Gegenstand von dieser Farbe zeige. Man könnte dabei sagen “merke Dir, das ist mauve” und hat dabei eine ganz bestimmte Art der Wirkung dieses Zeigens im Sinn. |
Wenn nun der Betreffende (wie es
geschehen kann) vergißt, welche
Farbe man so bezeichnet hat, aber nicht
vergißt, daß bei
einer bestimmten Gelegenheit ihm die Bedeutung des Wortes
“mauve” erklärt wurde, und nun fällt
dieses Wort wieder und er weiß nur, es ist
die Farbe von der bei jener Gelegenheit die Rede
war: hat nun das Wort für ihn eine andere
Bedeutung, als damals, wie er wußte, wie
mauve ausschaut? Ich glaube ja. |
Das verhält sich aber doch
ebenso, wenn ich einen Menschen A kennen lerne und
vergesse wie er ausschaut und später von ihm reden 381 höre. Und es lassen
sich Sätze angeben die für mich sinnlos sind, wenn dem
Namen “A” kein visuelles Erinnerungsbild
entspricht. |
Aber
könnte ich nicht auch die falsche Erinnerung in jemandem
wachrufen, daß er etwas Rotes gesehen habe,
oder überhaupt die Vorstellung von Rot, ohne
daß er je Rot gesehen hat? |
Man kann geradezu sagen: “Ich habe Dir jetzt gezeigt, was f(❘), f(❘ ❘), f(❘ ❘ ❘), heißt, jetzt wirst Du verstehen, was f(❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘) bedeutet. D.h., man rechnet damit, daß ihm von der Demonstration der Ausführung von f(❘), f(❘ ❘), etc. etwas – quasi ein Eindruck – geblieben ist, was er nun auf f(❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘) anwenden wird. |
Aber natürlich kann das nicht anders sein, als wenn
ich z.B. sage “ich will diesen Fleck
rot anstreichen”, eine Vorstellung von der Farbe habe und
nun “weiß”,
wie diese Vorstellung in die Wirklichkeit zu übersetzen
ist. |
Ja, das
ganze Problem ist schon darin enthalten: Was
heißt es, zu wissen, wie der Fleck
aussähe, wenn er meiner Vorstellung 382 entspräche? |
Was heißt
es, eine allgemeine Regel zu verstehen?
Man kann die Zahlen ❘ ❘, ❘ ❘ ❘ ❘, ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘, sehen, ohne eine allgemeine Regel ihrer Bildung zu verstehen und man kann eine allgemeine Regel aus ihnen entnehmen. Der Befehl kann ja wirklich lauten: ❘ ❘, ❘ ❘ ❘ ❘, ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘, – setze diese Reihe fort. |
Wenn ich sage, ich erwarte mir hier
einen roten Kreis, so erwarte ich doch etwas ganz Bestimmtes,
es kann dann doch nicht etwa eben so gut dieser blaue Kreis meine
Erwartung befriedigen. Freilich nicht, aber das sagte
ich auch nicht, und wir sind damit doch nicht bis zur
Entscheidung unserer Erwartung vorgedrungen, sondern
haben nur eine Übersetzung
abgelehnt. |
Wenn
man nun fragt: Ist also die Tatsache durch die
Erwartung auf ja und nein bestimmt, oder nicht,
d.h. ist es bestimmt, in welchem Sinne die
Erwartung durch ein Ereignis, – welches immer
eintrifft﹖ – beantwortet werden﹖
wird, so muß man antworten:
ja! Unbestimmt wäre es etwa im
Falle einer Disjunktion im Ausdruck der Erwartung. |
Die scheinbare Unbestimmtheit von
der ich sprach, ist ebensowenig vorhanden, wie die, von der manche Leute
reden, die daher kommen soll, daß wir
nicht wissen können, ob zwei Menschen die gleiche Farbe sehen,
wenn sie nicht wissen können, ob zwei Menschen die gleiche
Farbe sehen, wenn sie den gleichen Gegenstand betrachten.
Das ist Unsinn, denn unter dem Sehen verschiedener Farben
verstehen wir etwas ganz Anderes 383 und es gibt in diesem Sinne
Kriterien dafür, ob die beiden die
gleiche oder verschiedene Farben sehen. |
Der Ausdruck der Erwartung ist die
Erwartung. |
“Meine Erwartung ist so gemacht,
daß, was immer kommt, mit ihr
übereinstimmen muß, oder
nicht.” |
Wenn ich gehe, so enthält der einzelne Schritt nicht das
Ziel, wohin mich das Gehen bringen wird. Komme
ich ans Ziel, so war jeder Schritt ein Schritt zu diesem
Ziel. |
In dem
Faktum des Verstehens muß das Verstehen
(was immer es ist) seinen Ausdruck finden.
In dem Vorgang des Verstehens (welcher immer der sei) muß das Verstehen ausgedrückt sein. |
Man ist (durch die falsche Grammatik)
versucht, zu fragen: wie denkt man den Satz
p, wie erwartet man,
daß das und das eintreffen wird
(wie macht man das). Und in dieser falschen
Frage liegt wohl die ganze Schwierigkeit in nuce
enthalten. |
Das
Etwas, was wir erwarten, erscheint uns immer als || scheint uns immer
wie der Mensch, der etwa zur Türe hereinkommen soll,
nicht wie das Ereignis, daß er kommen
soll. 384 |
In irgend
einem Sinne kann man sagen: ein Satzzeichen hat nur im System
einer Sprache Sinn.
D.h. ein Satz kann nur als Teil eines Systems verstanden werden. Man kann einen Satz nicht losgelöst von einer Sprache verstehen. |
Kann man sagen: Verstehen was
der Satz sagt “hier wird ein roter Kreis
erscheinen” heißt, den
gegenwärtigen Zustand in die gleiche Sprache
übersetzen können (den gegenwärtigen Zustand in
der gleichen Sprache beschreiben
können). |
Gedankenlesen kann nur darin bestehen,
daß wir Zeichen interpretieren, also
einfach lesen (nur vielleicht andere
Zeichen). Oder aber es besteht darin,
daß Einem, wenn man des
Anderen Hand hält (oder in andrer Art mit
ihm in Kontakt steht) Gedanken kommen, die durch
nachträgliches Fragen als die Gedanken auch des Anderen erkannt
werden. Aber da handelt es sich überhaupt um kein
Lesen, sondern es wäre nur die Hypothese
erlaubt, daß zwei Leute unter gewissen
Umständen das Gleiche dächten. |
Ist das Denken ein augenblicklicher
Vorgang oder etwa ein andauernder Zustand, wovon die Worte, der
Satz, nur eine ungeschickte Wiedergabe sind
(sodaß man etwa sagen könnte, wie von
dem Eindruck einer Landschaft: Worte können das gar
nicht wiedergeben)? Der Gedanke braucht solange wie
sein Ausdruck. Weil der Ausdruck der Gedanke ist.
|
Ich habe einmal gelesen,
daß ein französischer Politiker
gesagt hat, die französische Sprache sei dadurch ausgezeichnet,
daß 385 in ihr die Wörter eines Satzes
in der Ordnung folgen, wie man wirklich denkt. –
Wenn die Logiker die psychologischen Operation beschreiben, die
sie für das Denken und die Interpretation von Sätzen halten,
so ist es immer ein Wunder, wie bei so vagen
Vorgängen etwas so Bestimmtes wie ein Urteil soll
herauskommen können. |
Niemand würde fragen, ob die Multiplikation zweier
Zahlen (etwa nach der gewöhnlichen Art
durchgeführt) gleichläuft mit dem
Gedanken. Weil jeder die Multiplikation als ein
Instrument ansieht. Während man den Gedanken nicht
als ein﹖ Instrument ansieht. |
Ist das Verstehen eines Satzes dem
Verstehen eines Schachzuges als solchen nicht analog?
Wer das Schachspiel gar nicht kennt und sieht jemand einen Zug
machen, der wird ihn nicht verstehen, d.h.
nicht als Zug eines Spieles verstehen. Und es ist etwas
anderes, dem Spiel mit Verständnis zu folgen, als
es || Zug mit Verständnis zu folgen, als ihn
bloß zu sehen. |
Was ist es aber dann, was
mir || uns immer das Gefühl gibt,
daß das Verstehen eines Satzes das
Verstehen von etwas außerhalb
ihm Liegendem ist und nicht von der Welt
außerhalb des
Satzes || Zeichens, wie sie eben
ist, sondern von der Welt, wie sie das Zeichen – gleichsam –
wünscht. |
Wie
kann ich mir vornehmen, einer allgemeinen Regel zu
folgen? Nicht nur soweit, als ich die Regel ausdrücken kann? 386 |
Ich kann mir
vornehmen. einer Regel zu folgen und nicht einer
anderen. Dann müssen beide ausgedrückt
sein. |
Man kann
freilich dem Gedächtnis durch eine Notiz nachhelfen, aber
die Deutung der Notiz kann man sich nicht aufheben. |
Die Regeln des Schachspiels
unterscheiden das Schachspiel von einem Spiel, das in
derselben Sprache andere Regeln hat. ||
… von einem || jedem Spiel mit anderen Regeln in
derselben Sprache. |
Jeder Satz einer Sprache hat nur Sinn im
Gegensatz zu anderen Wortzusammenstellungen derselben
Sprache. |
Man
könnte so fragen: Ist Schachspielen-können
ein andauernder – quasi amorpher – Geisteszustand,
etwa wie Zahnschmerzen? |
Das Verständnis der Sprache – quasi des Spiels
– scheint wie ein Hintergrund, auf dem der einzelne Satz erst
Bedeutung gewinnt. |
Die allgemeine Regel erst enthüllt den Freiheitsgrad,
die Beweglichkeit des Mechanismus. Das Bild des Mechanismus
in einer seiner Stellungen enthält
hievon nichts. |
Soll ich nun sagen, der Freiheitsgrad des
Mechanismus kann sich nur mit der Zeit enthüllen?
Aber wie kann ich dann je wissen, 387 daß er
gewisse Bewegungen nicht machen kann, (und
daß er gewisse Bewegungen machen kann, die
er gerade noch nicht gemacht hat).
Darauf ist doch die Antwort: Der Freiheitsgrad des Mechanismus kann doch beschrieben werden. Wohl, aber dann ist eben nichts mehr gegeben, als was diese Beschreibung gibt. (Die doch selber nur eine Stellung eines Mechanismus ist!) |
Das Verständnis als eine
Disposition der Seele, oder des Gehirns, geht uns
nicht an. |
Der
Ausdruck des Verständnisses || der Kenntnis der
Schachregeln ist doch gewiß das Hersagen
dieser Regeln in irgend einer Form. Aber das ist doch
nur ein Ausdruck der Kenntnis dieser Regeln im Gegensatz
zu anderen, die in dieser Sprache hätten hergesagt werden
können. |
Aber
man kann fragen: ist denn das Verständnis
nicht etwas anderes, als der Ausdruck des
Verständnisses? Ist es nicht so,
daß der Ausdruck des Verständnisses
eben ein unvollkommener Ausdruck ist? Das
heißt doch wohl, ein Ausdruck, der
etwas ausläßt,
was wesentlich unausdrückbar ist. Denn sonst
könnte ich ja eben einen besseren finden.
Also wäre der Ausdruck ein vollkommener
Ausdruck. ‒ ‒ ‒ |
Ich sage “genau so habe ich
mir's vorgestellt”. Und jemand
antwortet etwa “das ist unmöglich, denn das eine war
eine Vorstellung und das andere ist keine; und hast Du etwa Deine
Vorstellung für Wirklichkeit gehalten?”
388 |
Kann man den
Vorgang des Vorbeiziehenlassens von Vorstellungen beim Denken
durch einen anderen, etwa das Schreiben von Zeichen (oder sonst
einem), ersetzen der den gleichen Dienst tut, so ist der Zug der
Vorstellungen für uns damit gleichgültig
geworden. Uns interessiert am Gedanken nur der
Gebrauch || die Anwendung.
|
Bei einem
onomatopoetischen Wort gehört der Klang mit zum
Symbol. Es ist, als schreibe man des Wort
“rot” mit roter, das Wort
“grün” mit grüner Tinte. |
Wie wird ein Plan gebraucht?
denn das ist die einzige Frage, die uns hier angeht und deren
Beantwortung zeigen kann, worin das
Verstehen || Verständnis des Planes besteht, soweit
es für uns Interesse hat. |
Man kann manchen Satz nur im Zusammenhang mit
anderen verstehen. Wenn ich z.B.
irgendwo lese “nachdem er das gesagt hatte,
verließ er sie, wie am vorigen
Tag”. Wenn man mich fragt, ob ich diesen Satz
verstehe, wäre es nicht leicht darauf zu antworten. Es
ist ein deutscher Satz und insofern verstehe ich ihn.
Ich wußte, wie man diesen Satz etwa
gebrauchen könnte, ich könnte selbst einen
Zusammenhang für ihn erfinden. Und doch verstehe
ich ihn nicht so, wie ich ihn verstünde, wenn
ich das Buch bis zu dieser Stelle gelesen hätte. |
Die philosophischen Probleme
kann man mit den Kassenschlössern vergleichen,
die durch Einstellen eines bestimmten Wortes oder einer
bestimmten Zahl geöffnet werden, sodaß
keine Gewalt ¤ die Tür
öffnen kann, ehe gerade dieses Wort getroffen ist, und
ist es getroffen, jedes 389 Kind sie öffnen kann. || … und ist es getroffen, keinerlei Anstrengung
nötig ist, die Tür || sie zu öffnen.
|
Wenn
ich gefragt würde “kannst Du das Alphabet
hersagen”, so würde ich antworten: ja. – “Bist Du sicher” –
“Ja”. Wenn ich nun aber im Hersagen
steckenbliebe und nicht weiter wüßte, so
könnte ich nicht sagen: “als ich sagte, ich
kann es hersagen, da konnte ich es, nur
jetzt geht es nicht.” – Und nun || Nun
gibt es aber doch einen Fall, in welchem ich sagen würde
“ja, als ich sagte, ich könne es hersagen, da konnte
ich es”, und zwar dann, wenn ich es mir damals “im
Geiste” hergesagt hätte. Ich
würde dies auch als Beweis angeben. Das
heißt aber, daß
das Hersagen im Geiste die Fähigkeit zum wirklichen Hersagen
– so wie wir hier das Wort Fähigkeit verstehen –
enthält. (Es kann nicht sein,
daß dieses Hersagen im Geiste nur ein
Symptom der Fähigkeit des wirklichen
Hersagens ist, denn sonst wäre die Annahme dieser Fähigkeit
wieder nur eine Hypothese.) Anderseits erstreckt sich
die Fähigkeit, die mit dem Hersagen im Geiste bewiesen ist,
nicht auf das tatsächliche Hervorbringen der Laute beim
wirklichen Aussprechen. D.h. wenn mir
dabei die Zunge oder der Atem versagen würde, könnte ich
nicht sagen, auch das hätte ich damals gekonnt.
Das heißt, – glaube ich – ich
habe doch nur die Fähigkeit dazu || zu
dem bewiesen, was ich tatsächlich getan habe.
Etwas tun können hat ja eben jenen schattenhaften Charakter, das heißt, es erscheint wie || als ein Schatten des wirklichen || tatsächlichen Tuns, gerade wie der Sinn des Satzes als Schatten seiner Verifikation || als Schatten einer Tatsache erscheint; oder das Verständnis des Befehles als Schatten seiner Ausführung. Der Befehl “wirft, gleichsam, seinen Schatten schon voraus”, oder, im Befehl wirft die Tat ihren Schatten voraus. – Dieser 390 Schatten aber, was
immer er sein mag, ist, was er ist, und nicht das
Ereignis. Er ist in sich selbst abgeschlossen und weist
nicht weiter als er selbst reicht. |
Die Idee, daß eine
Sprache eine Wortfolge haben kann, die der Reihenfolge des Denkens
entspricht, im Gegensatz zu einer anderen Sprache, rührt von
der Auffassung her, daß das Denken vom
Ausdruck der Gedanken getrennt vorgeht. Also ein
wesentlich anderer Vorgang ist. Nach dieser Auffassung
könnte man nun freilich sagen: Die wesentlichen
Eigenschaften des Negationszeichens offenbaren sich freilich
erst nach und nach im Gebrauch, aber ich
denke die Negation auf einmal. Das
Zeichen “nicht” ist ja nur ein Hinweis auf
den Gedanken “nicht”. Es
stößt mich nur,
daß ich das Rechte denke. (Es
ist nur Signal.) |
Was ich oben gesagt habe, kommt aber so heraus, wie:
eine Sache können, heißt, eine
andere
tun. || Etwas
können, heißt, etwas anderes
tun. Aber welche Beziehung
muß zwischen den beiden
bestehen?
|
Wenn man fragt: was
macht den Schatten dieses Ereignisses gerade zum
Schatten dieses Ereignisses, oder: was macht
diesen Schatten zum Schatten dieses Ereignisses, so kann man
etwa Ähnlichkeiten des Schattens und
des Ereignisses angeben, die die beiden verbinden.
Aber im Fall von Gedanke und Tatsache geht das nicht.
Denn die Tatsache macht nur das zur Verifikation des
Gedankens, daß man sie als solche
aufgefaßt hat, daß
man den Gedanken in die Tatsache übersetzt hat.
Denn ehe sie geschehen ist, konnte man den Gedanken ja nicht in sie
übersetzen. 391 |
Und
übersetzt man den Gedanken, oder vielmehr den Ausdruck des
Gedankens in die Tat, dann reicht der Ausdruck plus der
Projektionsmethode, d.i. der Gedanke,
allerdings bis zur Tatsache heran und berührt
sie wie der Maßstab den Gegenstand.
|
Man könnte sich ein
negatives Bildnis denken, das ist eins das darstellen
soll wie Herr N. nicht aussieht
(das also ein schlechtes Portrait ist, wenn es
dem N. ähnlich sieht). |
“Wie weißt
Du, daß Du einen roten Fleck
erwartest?” – Aber eben so gut
könnte man fragen, “wie weißt
Du, daß das ein roter Fleck
ist?” Wie weißt Du, daß, was Du getan hast, wirklich war, das Alphabet im Geist herzusagen? – Aber wie weißt Du, daß, was Du hersagst, nun wirklich das Alphabet ist? Das ist natürlich die gleiche Frage wie: Woher weißt Du, daß, was Du rot nennst, wirklich dasselbe ist, was der Andre so nennt. Und die eine Frage ist ebenso unsinnig wie die andere. |
Von einem Wiedererkennen sollte man
eigentlich nur reden, wo es außer dem
Wiedererkennen noch ein Kriterium dafür gibt,
daß ich es richtig wiedererkannt
habe. |
(Einer,
dem man eine Photographie des A zeigt und den man fragt,
findest Du nicht, daß ihm die Photographie
ähnlich sieht, könnte sagen: Keine Spur, sie
ist gar nicht ähnlich; das Papier ist viereckig 392 und ganz dünn und er nicht
…) |
Wenn ich
sage, das Symbol ist das, was diesen Effekt hervorruft, so fragt es
sich eben, wie ich von diesem Effekt reden kann, wenn er
(noch﹖) gar nicht da ist.
Und wie ich weiß,
daß es der ist, den ich
gemeint habe, wenn er
eintritt. || kommt. |
Es ist darum keine Erklärung, zu
sagen: sehr einfach, wir vergleichen die Tatsache
mit unserem Erinnerungsbild, – weil vergleichen eine
bestimmte Vergleichsmethode voraussetzt, die nicht gegeben
ist. |
Hat mir
jemand die Vorstellung der blauen Farbe gezeigt und gesagt,
daß sie das ist? |
Das
Frege'sche
Behauptungszeichen ist am Platze, wenn es nichts weiter bezeichnen
soll, als den Anfang des Satzes. Man könnte sagen
“den Anfang der Behauptung”, im Gegensatz zu den
Sätzen, die in der Behauptung vorkommen können.
Das Behauptungszeichen dient dann demselben Zweck, wie der
Schlußpunkt des vorhergehenden
Satzes. “Ich denke p” hat dann mit “⊢p” eben nur das Zeichen “p” gemeint. |
Im gewöhnlichen Leben, wenn ich jemandem einen Befehl gebe,
so ist es mir ganz genug, ihm Zeichen zu geben.
Und ich würde nie sagen: das sind ja nur Worte, und
ich muß hinter die Worte dringen.
Ebenso, wenn ich jemandem etwas gefragt hätte und er gibt
mir 393 eine Antwort (also Zeichen),
bin ich zufrieden – das war gerade, was ich erwartete –
und wende nicht ein: das ist ja eine
bloße Antwort. Es ist klar,
daß nichts anderes erwartet werden konnte und
daß die Antwort den Gebrauch der Sprache
voraussetze. Wie alles, was zu sagen ist. |
Die Analyse eines Satzes ist nur
durch Definitionen möglich; dadurch aber werden wir
nur von einem Satzzeichen zu einem anderen
zurückgeführt. Wenn man also fragt, was
hat die Erwartung mit der, sie erfüllenden Tatsache
gemein, so muß es etwas sein, was sich in
einem Ausdruck der Erwartung zeigt; denn ist es etwas, was in
diesem Ausdruck nicht enthalten ist,
sozusagen || sondern von der Erwartung
ausgesagt wird || werden
muß, so
muß also von der Erfüllung dieses selbe
gelten; und dann erwarte ich eben nicht nur das, was in dem
sogenannten Ausdruck der Erwartung gesagt ist, sondern noch etwas
anderes. Denn, konnte ich jene Aussage von dem
Erwarteten machen, dann hatte es auch Sinn, die
entgegengesetzte (Aussage) zu
machen, und dann wäre es möglich,
daß das eintritt, was der Ausdruck der
Erwartung sagt, und die Erwartung doch nicht erfüllt
wäre. Dann aber war der Ausdruck der Erwartung nicht
vollständig. |
Was immer ich über die Erfüllung der Erwartung sagen
mag, was sie zur Erfüllung dieser Erwartung machen soll,
zählt sich zur Erwartung, ändert den
Ausdruck der Erwartung.
D.h., der Ausdruck der Erwartung ist der
vollständige Ausdruck der Erwartung.
Und nichts kann außer ihm über die
Erwartung gesagt werden, was ihr logisch wesentlich ist (nur
Psychologisches und
Physiologisches). Ich hätte sagen sollen
“was ihr wesentlich ist” ‒ ‒ ‒ 394 |
Ich kann
nichts von einem Gedanken aussagen, was ihn genauer beschreibt, als
sein Ausdruck. |
Zu
sagen “ja, die Demonstration dieses
euklidischen Satzes mit Zirkel und
Lineal überzeugt mich schon in diesem Fall, aber, wie
weiß ich, daß er
auch in allen anderen Fällen stimmt”, ist ganz
ebenso, als wollte man sagen “ja, jetzt um 4 Uhr stimmt der
Satz, aber wie weiß ich, ob er zu jeder
andern Zeit stimmt”. Wer das sagte, zeigte
damit, daß er die Demonstration, ihr Wesen,
ganz falsch verstanden hat. Er hat sie etwa als Experiment verstanden || aufgefaßt und dann ist allerdings der zweite Einwand (so﹖) gültig, wie der erste. |
Der Sündenbock auf den man seine
Sünde legt und der damit in die Wüste hinausläuft,
– ein falsches Bild ähnlich denen die die philosophischen
Irrtümer verursachen. |
Wir fragen: Was ist ein Gedanke, welcher Art
muß etwas sein, um die Funktion des
Gedankens verrichten zu können? Und diese Frage
ist ganz analog der: Was ist, oder wie
funktioniert, eine Nähmaschine. “Wie
macht sie das?” Aber die Antwort könnte
sein: Schau den Stich an; alles, was der
Nähmaschine wesentlich ist, ist in ihm zu sehen;
alles andre kann so, oder anders sein. |
Wir
fragen, wie muß der Gedanke beschaffen sein,
um seine Bestimmung || Funktion zu
erfüllen; aber was ist denn seine
Bestimmung || Funktion?
Wenn sie nicht in ihm selbst liegt
(d.h. wenn
sie nicht ist, (das﹖) zu sein,
was er ist), liegt sie in seiner
Wirkung, aber die interessiert uns nicht.
395 |
Welcher Art
muß die Bewegung der
nähenden Hand und Nadel sein, damit dieser Stich
entsteht || herauskommt? – Alles kann man ändern –
d.h. ist unwesentlich –
außer das, was dem Stich selbst wesentlich
ist. Das, was der Stich mit jener ganzen Vorrichtung
gemein haben muß.
Die logische Erklärung der Nähmaschine könnte also nichts tun, als den Stich beschreiben. |
Wie arbeitet der Gedanke,
wie bedient er sich seines Ausdrucks?” – das
ist || klingt analog der
Frage: “wie arbeitet der Webstuhl, wie bedient
er sich der Karten?” |
Das Gefühl ist,
daß mit dem Satz “ich
glaube, daß p der Fall ist” der
Vorgang des Glaubens nicht beschrieben sei,
(daß vom Webstuhl nur die Karten
gegeben seien und alles übrige bloß
angedeutet ist). Daß man die
Beschreibung “ich glaube p” durch die
Beschreibung eines Mechanismus ersetzen könnte, worin dann
p, d.h. jetzt
die Wortfolge “p”, wie die Karten im
Webstuhl nur als ein Bestandteil vorkommen
würde. Aber hier ist der Irrtum:
Was immer diese Beschreibung enthielte, wäre für
uns wertlos, außer eben der Satz
p mit seiner
Grammatik. Sie ist der eigentliche
Mechanismus, in welchem || dem er eingebettet
liegt. |
Man hat
vielleicht das Gefühl: es kann doch nicht im Satz
“ich glaube, daß
p der Fall ist” das
‘p’ dasselbe bedeuten, wie in der
Behauptung “p”, weil ja in der
Tatsache des Glaubens, daß
p der Fall 396 ist, die Tatsache
daß p der Fall ist, nicht enthalten
ist. Aber “p” ist ja auch im
ersten Satz zusammengesetzt und nicht ein Name. |
Man hat das Gefühl,
daß ich mich im Satz “ich
erwarte, daß er kommt” der Worte
“er kommt” in anderer Weise bediene, als in der
Behauptung “er kommt”. – Aber
wäre es so, so könnte ich nie wissen, ob die Tatsache
jene Erwartung befriedigt. |
Nun könnte man aber fragen: Wie schaut das
aus, wenn er kommt? – “Es geht die
Tür auf und ein Mann tritt herein, der
…”. Wie schaut das aus, wenn ich
erwarte, daß er kommt? –
“Ich gehe auf und ab, sehe auf die Uhr,
…”. – Aber der eine Vorgang hat ja mit
dem anderen nicht die geringste
Ähnlichkeit! Wie kann man dann
dieselben Worte zu ihrer Beschreibung gebrauchen?
Aber, auf- und abgehen konnte ich ja auch, ohne zu erwarten,
daß er kommen werde, auf die Uhr sehen auch,
etc.; das ist also nicht das Charakteristische des
Erwartens, daß er kommt. Das
Charakteristische aber ist nur eben durch diese Worte
gegeben. Und “er”
heißt dasselbe, wie in der Behauptung
“er kommt” und “kommt”
heißt dasselbe, wie in der Behauptung, und
ihre Zusammenstellung bedeutet nichts anderes. |
““Die
Vorstellung, die mit dem Wort rot verbunden ist, ist
gewiß die, welche der Tatsache entspricht,
daß etwas rot ist, – nicht die, die
Tatsache entspricht, daß etwas blau, also
nicht rot ist. Statt der
Worterklärung “das ist
rot” sollte ich sagen “so sieht es aus, wenn
etwas rot ist”. Ja, die Vorstellung rot ist die
Vorstellung, daß etwas rot ist.
Und darauf beruht jene Verwechslung von Wort und Satz,
von 397 der ich früher
sprach.”” |
Daß das Wort kein
Satz ist, daß der Satz – wie ich
sagte – zusammengesetzt sein muß,
heißt nichts anderes, als
daß der Satz Teil eines grammatischen
Systems (Mechanismus) sein muß.
|
Ist es nicht ein schiefer
Ausdruck “den Satz in einem System
sehen”? – Kann es eine andere Bedeutung
haben als die, die || eine Stellung des Mechanismus
als eine, in einem System von Stellungen sehen?
|
Was
heißt es, ein Gesetz in einer Reihe von
Erscheinungen wahrnehmen? |
Natürlich, das Zeichen eines Systems
bezeichnet es nur im Gegensatz zu anderen Systemen und setzt selbst
ein System voraus. (Interne Relation, die nur
besteht, wenn ihre Glieder da sind.) |
Das Denken als Ganzes und
seine || mit seiner Anwendung geht sozusagen
automatisch vor sich. – Wieviele Zwischenstufen
ich auch zwischen den Gedanken und die
Anwendung setze, immer folgt eine Zwischenstufe der
nächsten – und die Anwendung der letzten – ohne
Zwischenglied. Und hier haben wir den gleichen Fall, wie
wenn wir zwischen Entschluß und Tat durch
Zwischenglieder vermitteln wollen. 398 |
Die
Verbindung unseres Hauptproblems mit dem
epistemologischen Problem des Wollens ist mir schon
früher einmal aufgefallen. Wenn in der Psychologie
ein solches hartnäckiges Problem auftritt, so ist es nie eine
Frage nach der tatsächlichen Erfahrung (eine
solche ist immer viel gutmütiger), sondern ein logisches,
also eigentlich grammatisches Problem. |
Warum die grammatischen Probleme so hart und
scheinbar unausrottbar sind – weil sie mit den ältesten
Denkgewohnheiten, d.h. mit den ältesten
Bildern, die in unsere Sprache selbst geprägt sind,
zusammenhängen. |
Ich habe eine bestimmte Vorstellung, –
und dann kommt jemand zur Türe herein: Aber warum
nenne ich nun die Vorstellung die ich hatte “die
(Vorstellung
¤davon),
daß dieser Mensch zur Türe hereinkommen
wird”? Aber so verwenden wir die Sprache
eben. |
Jede
für uns relevante Beschreibung der Erwartung ist eine
Beschreibung des Erwarteten. |
Aber, wird man sagen,
daß ich die Sprache so verwende ist nicht
genug, sondern ich muß berechtigt sein, sie
so zu verwenden. – Aber die Verwendung der Sprache
läßt sich nicht rechtfertigen.
Denn rechtfertigen hieße, sie durch
Sätze rechtfertigen. |
Woher aber dann || dann aber das Bedürfnis
nach Rechtfertigung? die
Unbefriedigung? 399 Es ist jedenfalls das selbe Mißverständnis unserer Sprachlogik, das uns das Gefühl gibt, daß “p. ⌵ .non-p” doch (noch) etwas sagt, daß es nicht den ganzen logischen Raum erfüllt, oder wenn, daß man doch diesen Raum abgrenzen kann gegen etwas außer ihm. Ja, das Wort “den ganzen” im vorigen Satz enthält schon dasselbe Mißverständnis. |
Und hier ist, glaube ich,
ein Hauptanstoß zum
Mißverständnis,
daß das “Vorkommen von rot”
in zwei Tatbeständen als deren gemeinsamer Bestandteil
einen doppelten Sinn hat. In dem einen Fall
heißt es, daß
sowohl da wie dort etwas rot ist –
d.h. die Eigenschaft rot hat. In
dem andern handelt es sich nicht um eine Gemeinsamkeit der Farbe
(die ja durch eine Farbangabe ausgedrückt
würde). Diese Gemeinsamkeit ist eben die Harmonie zwischen Welt || Wirklichkeit und Gedanken, die nicht zu beschreiben ist. |
Wenn man einen Satz braucht, so muß er
schon irgendwie funktionieren. Das
heißt, man gebraucht ihn nicht, um einer
Tatsache einen Lärm beizuordnen. |
Jemand sagt “diese Blume hat vier
Blätter”; ich gehe hin und sage
“ja”. Um die Angabe mit der Wirklichkeit
zu vergleichen, mußte ich die
Blätter zählen, meine Aufmerksamkeit in
bestimmter Weise auf sie richten. Und
darin bestand das Deuten des Satzes entsprechend den grammatischen
Regeln. Ich mußte die Wirklichkeit
artikulieren, um sie mit dem Satz zu vergleichen.
Dieses Artikulieren kommt im Kollationieren der Wirklichkeit
mit dem Satz || gegen den Satz klar zum Ausdruck.
400 |
Es wäre
doch nicht, einen Tatbestand portraitieren, wenn ich etwa beliebige
Striche auf das Papier kritzelte und sagte “es gibt
gewiß eine Projektionsmethode, die diesen
Tatbestand in diese Zeichnung projiziert. |
Ja auch hier (beim
Portraitieren || Abbilden) fühle ich mich
schon beim ersten Strich verpflichtet –
d.h. er ist nicht willkürlich.
Jedenfalls aber fängt das Bild erst dort
an, wo die Verpflichtung anfängt. |
Wenn ich absichtlich eine gewisse
Form nachzeichne, so hat der Vorgang des Kopierens – ich
meine, der ganze seelische Vorgang – mit der Wirklichkeit an
einer bestimmten Stelle diese Form gemein. Sie ist eine
Facette des Vorgangs des Kopierens.
Eine Facette, die an dem kopierten
Gegenstand anliegt und sich dort mit ihm deckt. |
Man könnte dann sagen:
Wenn auch mein Bleistift die Vorlage nicht trifft,
die Absicht trifft sie immer. |
So könnte ich sagen, der Körper des
Schreibens || Beschreibens,
wenn ich etwa﹖ sage “hier ist ein roter
Kreis”, liegt mit einer seiner
Facetten an dem Beschriebenen an.
Dadurch, daß ich mit diesen Worten die
Tatsache portraitiert, nachgezeichnet, habe.
D.h. die Handlung dieses Nachzeichnens
liegt mit einer ganz bestimmten ihrer
Facetten an der Vorlage. (Hat
diese Facette mit der Vorlage gemein – oder
auch, die Vorlage bildet dieses
Facette.) 401 |
Der Satz “ich erwarte mir hier einen roten Fleck”
bildet offenbar etwas von dem gegenwärtigen Zustand und
noch etwas anderes ab. |
Bildet man aber auch etwas nach, wenn man eine
Erwartung ausdrückt? |
Wie, wenn ich eine Erinnerung
beschreibe? – Ist es nicht
wesentlich anders, als wenn ich eine Erwartung
beschreibe? |
Wie aber, wenn ich sage: “Stell' Dir
ein Zimmer vor …” und nun beschreibe ich ein Zimmer
und etwa einen Vorgang darin. Ein solcher Satz hat
zu einer Behauptung dasselbe Verhältnis, wie ein Bild im
allgemeinen zu einem Portrait. Wenn ich nun etwa ein
holländisches Genrebild ansehe, so halte ich die gemalten
Menschen darin nicht für wirkliche Menschen, andererseits ist
ihre Ähnlichkeit mit Menschen für das
Verständnis des Bildes wesentlich. |
Ich kann jene || die
Beschreibung eines Zimmers in eine Zeichnung
übersetzen. Und das ist ihr wesentlich.
Ich kann mir nach einer Beschreibung (d.h. einer Beschreibung folgend) eine Vorstellung machen. Dann übersetze ich offenbar die Beschreibung in die Vorstellung ebenso, wie ich die Wirklichkeit in die Beschreibung übertragen konnte. 402 |
Denken wir
uns den einfachen Fall, daß jemand
eine Strecke absichtlich in Maßstab
1 : 1
kopiert. Ist dann in dem Vorgang des Kopierens schon das
Verständnis des Nachzeichnens irgend einer Strecke im
Maßstab
1 : 1
enthalten? D.h. ist die Weise, in
der mein Bleistift von der Strecke geführt wird, eben
dieses allgemeine Gesetz? Mein Stift
wurde von mir quasi ganz voraussetzungslos gehalten und
nur von der Länge der Vorlage
geführt ||
beeinflußt.
Ich würde dann sagen: Wäre die Vorlage länger gewesen, so wäre ich mit meinem Bleistift noch weitergefahren und wenn kürzer, weniger weit. Aber war, gleichsam, der Geist, der sich hierin ausspricht, schon im Nachziehen des einen Strichs enthalten? |
Ich
kann mir vornehmen: Ich gehe solange, bis ich ihn finde
(ich will etwa jemand auf einer Straße
treffen). Und nun gehe ich die
Straße entlang und treffe ihn an einem
bestimmten Punkt und bleibe stehen. War in dem Vorgang
des Gehens, oder irgend einem andern gleichzeitigen, die
Befolgung der allgemeinen Regel, die ich mir vorgesetzt hatte,
enthalten? Oder war der Vorgang nur in
Übereinstimmung mit dieser
Regel, aber auch mit anderen entgegengesetzten
Regeln? Aber, wenn ich mir die allgemeine Regel vornehmen konnte, || vorgenommen hatte, so war schon in dem Festhalten dieses Vorsatzes dasjenige enthalten, was das Gehen zu einer Befolgung eben der einen allgemeinen Regel machte. In dem Vorsatz wird die Länge der Strecke absichtlich offen gelassen. Das wollte ich früher mit dem Wort “voraussetzungslos” andeuten. |
Das kann aber nur
heißen: Es ist ein Unterschied
zwischen einem Vorsatz und dem andern. Ich
hätte mir auch vornehmen können, 403 1 km weit zu gehen und das
war zufällig die Weglänge, die ich gehen
mußte, um jenen Menschen zu
treffen. (Hier erklärt sich auch das Wort
“Grund”.)
Muß nun dieses Vornehmen || dieser Vorsatz darin bestehen, daß ich vor der Ausführung meiner Handlung einen Satz, den Vorsatz, ausspreche? |
Ich
könnte z.B. eine Linie so ziehen wollen,
daß sie parallel mit einer Vorlage wird,
die übrigens eine Parabel ist. Aber ich will keine
Parabel ziehen, sondern ziehe sie nur
“incidental” wenn ich der
Vorlage parallel fahre. Ich hätte
aber auch können eine Parabel ziehen wollen, die dann
zufällig mit jener Vorlage parallel geworden wäre.
Der gesamte Vorgang wäre aber in jedem der beiden
Fälle ein andrer gewesen. |
Unsere Sprache macht immer wieder neue Knoten
ins Denken. Und die Philosophie wird nicht fertig damit,
sie aufzulösen. |
Beabsichtigen ist ein menschlicher, psychischer
Vorgang. |
Ich gebe jemandem den Befehl von A eine
Linie parallel zu a zu ziehen. Er versucht
(beabsichtigt) es zu tun, aber mit dem Erfolg,
daß die Linie parallel zu b
wird. War nun der Vorgang des Kopierens derselbe, als
hätte er beabsichtigt, parallel zu b zu ziehen und seine
Absicht ausgeführt? Ich glaube offenbar,
nein. Er hat sich von der Linie a führen
lassen. 404 |
Wenn das
allgemeine Gesetz der Abbildung sich in der Tätigkeit || dem Vorgang des Abbildens
ausdrückt, dann muß es in einem Zug
dieser Tätigkeit liegen und das allgemeine
Gesetz ein notwendiger Teil der Beschreibung des Vorgangs
sein. |
D.h., das allgemeine Gesetz der Abbildung
muß ein Teil der besonderen
Beschreibung dieses Vorgangs der Abbildung
sein. |
Die
Allgemeinheit muß darin bestehen,
daß man etwas offen
läßt. Und dieses Offenlassen
ist darin ausgedrückt, daß
ich sage: Ich lasse meinen Bleistift nur von der Linie
leiten; wie immer sie geht, gehe ich ihr
nach. |
Die Frage
ist nun: wenn ich (nun) auf diese Weise eine
Vorlage nachgezeichnet habe, ist es dann möglich, den Vorgang
des Nachzeichnens, wie er war, auch nach einer anderen allgemeinen
Regel richtig zu beschreiben? Oder kann ich so
eine Beschreibung zurückweisen || ablehnen mit den Worten:
“nein, ich habe mich wirklich nur von dieser
(allgemeinen) Regel leiten lassen
(und nicht von jener anderen, die in diesem
Falle || hier allerdings auch dasselbe Resultat
ergeben hätte)”. |
Ein Mechanismus ist nicht der Ausdruck einer
allgemeinen Regel, auch dann nicht, wenn seine Bewegungen
erfahrungsgemäß mit einer bestimmten
Regel übereinstimmen. Es sei denn,
daß ich dem Fall des
Nicht-Funktionierens dadurch ausschalte,
daß ich bestimme: 405 wie immer er sich bewegt, ist, der
Definition nach, der Regel
gemäß. |
Man könnte sich denken,
daß die Bedeutung von
“rot” in einem Archiv gleich dem Urmeter in Form
eines Täfelchens von der betreffenden Farbe festgelegt
wäre. (Auch im Fall des Urmeters
muß Etwas 1 m
lang sein.) |
Wenn die Philosophen ein Wort gebrauchen und nach seiner
Bedeutung forschen, muß man sich immer
fragen: wird denn dieses Wort in der Sprache, die es
geschaffen hat || für die es geschaffen
ist, je tatsächlich so gebraucht?
Man wird dann meistens finden, daß es nicht so ist, und das Wort gegen seine normale || entgegen seiner normalen Grammatik gebraucht wird. (“Wissen”, “Sein”, “Ding”). |
Vielleicht ist die eigentliche
Schwierigkeit die: daß ich das Wort
“rot” erkläre, indem ich auf etwas Rotes zeige
und sage “das ist rot”, während doch dieses
Rote später meinem Blick entschwindet. Und nun
scheinbar etwas
Anderes an seine Stelle tritt (die Erinnerung oder
wie man es heißen mag).
|
“Also
so wird dieses Wort gebraucht!”
Aber wie bewahre ich denn dieses So in der
Erinnerung? |
Die
Erklärung eines Zeichens muß
natürlich jede Meinungsverschiedenheit im Bezug auf seine
Bedeutung beseitigen können. 406 D.h., sie
muß alle Gegensätze der Bedeutung zum
Ausdruck bringen. Und nun ist die Frage: ist dann
noch eine Frage zu entscheiden. |
Die Erklärung des Symbols
muß die ganze Verantwortung für
seine Anwendung tragen. |
Kann man etwas in einem wesentlich anderem Sinne
“offen lassen”, als man eine Klammer
leer läßt? |
Ich lasse mich von der Sprache
(der Vorlage) führen, aber dazu
muß ich ihr die Zügel in gewisser Weise
in die Hand geben. Und dann erst kann sie mich
führen. |
Wir
werden nicht durch das Notenbild dazu geführt,
überhaupt Klavier zu spielen, sondern, so zu
spielen (wie wir es tun).
D.h., wir werden nicht durch das
System von Signalen dazu gebracht, uns ihm zu
übergeben, sondern wir überlassen ||
übergeben uns ihm und werden dann,
ihm﹖ entsprechend, geführt. |
So übergeben wir uns auch der
Sprache. 407 |
“Welchen Ton wirst Du spielen?” –
“Ich werde mich darnach richten, welche Note dort
steht”. |
Mein Gedanke ist, daß aus dem einzelnen
Fall des Sich-nach-etwas-Richtens die
sogenannte allgemeine Regel muß abgelesen
werden können. Diese allgemeine Regel ist also nicht etwa eine Hypothese, die durch mehr Einzelfälle mit größerer Sicherheit zu bestimmen ist, sondern, im Gegenteil, muß man schon von einem zweiten Einzelfall sagen können, daß er nicht nach derselben Regel gebildet ist, || würde, wie der erste. |
Wenn ich
eine Anzahl Striche auf einem Blatt Papier abzähle, so lasse
ich mich von ihrer Anzahl leiten. Und hier haben wir, im
Dezimalsystem, und wo etwa weniger als zehn Striche vorhanden sind,
den Fall, daß wir zu formal
unabhängigen || unzusammenhängenden Zeichen,
den Wörtern 1, 2, 3, u.s.w.
geleitet werden. Aber haben wir es da nicht
mit einer falschen Verwendung der Analogie des Leitens zu
tun? |
Wenn ich
den Befehl – etwa das Notenbild – als Bild der
Ausführung auffasse, so ist das Auftreten des Zeichens
jedenfalls ||
natürlich kein Bild der
Tätigkeit, die ich in Befolgung des
ausführe, sondern bildhaft wird das Auftreten dieses Zeichens
erst dadurch, daß, wo immer es auftritt,
ich dieselbe Tätigkeit wiederhole. |
Es ist nur die Absicht, die an das
Modell heranreicht. Und das ist dadurch
ausgedrückt, daß der Ausdruck der
Absicht 408 die Beschreibung des Modells und den
Ausdruck der Projektionsregel enthält. Was ich
tatsächlich spiele, ist gleichgültig; die
Erfahrung wird es lehren und die Beschreibung des Gespielten
muß nichts mit der Beschreibung des
Notenbildes gemein haben. Wenn ich dagegen
meine Absicht beschreiben will, so muß es
heißen, daß ich
dieses Notenbild auf die Weise in Tönen abzubilden
beabsichtige. Und nur das kann der Ausdruck dafür
sein, daß die Absicht an die Vorlage
heranreicht und eine allgemeine Regel enthält.
|
Von der Vorlage
geführt werden, heißt nichts
anderes, als die Absicht haben, die Vorlage auf diese Weise
abzubilden. Die einzige Beschreibung dieser Absicht ist
ihr Ausdruck. |
Wenn ich einen Apparat machte, der nach Noten
spielen könnte, der also auf das
Notenbild in der Weise reagierte, daß er
die entsprechenden Tasten einer Klaviatur drückte, und wenn
dieser Apparat bis jetzt immer klaglos funktioniert hätte,
so wäre doch weder er, noch sein Funktionieren der Ausdruck
einer allgemeinen Regel. Ferner, dieses
Funktionieren der Ausdruck einer allgemeinen Regel. Ferner,
die … Funktionieren ist, wie immer er funktioniert, an
sich weder richtig noch falsch; d.h. weder
der Notenvorlage entsprechend, noch ihr
nichtentsprechend. Kein Mechanismus, welcher Art
immer, kann eine solche Regel etablieren. Man kann nur
sagen: der Mechanismus arbeitet bis jetzt dieser Regel
gemäß (was natürlich
heißt, daß er auch
anderen Regeln gemäß
arbeitet). Das Funktionieren des Apparates bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde
gewisse Regeln zu || von seiner Beschreibung
ausschließen, aber nie eine Regel
eindeutig bestimmen. 409 |
Das Wort
“psychischer Vorgang”, “mental
process”, ist an vieler Verwirrung
schuld. Wenn wir sagen, der
Gedanke, die Intention, sind psychische Vorgänge, so
stellen wir uns darunter etwas ähnliches oder analoges
vor, wie unter dem Wort chemischer Vorgang, oder
physiologischer Vorgang. –
Und soweit das richtig ist, haben wir mit dem Gedanken und der
Intention nichts zu tun. |
Die Intention, wie ich das Wort verstehe, ist
nicht eine psychische Maschine die das leisten kann, was eine aus
Holz und Eisen nicht leisten kann. Sondern ich
brauche das Wort überhaupt nicht zur Bezeichnung einer Art von
Mechanismus. Ist es die Form eines
Mechanismus? Das Verhältnis
eines bestimmten Vorgangs zur Sprache? |
“Wenn man kopiert,
d.h. überhaupt abbildet, sich von einer
Vorlage leiten läßt, so ist das
Charakteristische daran,
daß nur die Vorlage mir
bewußt wird, dagegen nicht die
Projektionsart. Ich bin mir
bewußt, daß mich die
Vorlage einmal so, einmal so, lenkt, aber das
Wie dieser Übertragung
nehme ich sozusagen hin; ich bemerke es weiter nicht.
Und zwar, weil ich es nicht mit einem Anderen vergleiche.
Ich befolge die Projektionsregel, aber ich drücke sie
nicht aus und sie fällt sozusagen aus der Betrachtung heraus,
weil sie mit nichts verglichen wird. Wenn ich sie
beschreibe, so setzt das voraus, daß ich sie
mit anderen Regeln vergleiche.” |
“Ja, im gewissem
Sinne ist alles, was beim Nachbilden der Vorlage geschieht,
daß diese Vorlage an uns vorüberzieht
und wir sie besser oder weniger gut treffen.
D.h. es ist das Ende der
Kopiermaschine, das unserer Vorlage
entlangläuft, was wir beobachten; die ganze 410 übrige Maschine nehmen wir als
gegeben hin. Wir merken sozusagen nur, was sich
ändert, nicht, was gleichbleibt. Der Abbildungsweise
haben wir durch eine Einstellung (die
gleichbleibt) (ein für alle Mal) Rechnung
getragen. – Und was wir spüren,
ist nur das Modell.” |
“Darum, wenn wir falsch nach Noten
singen oder spielen – so verschieden diese Abbildung der
Art nach von ihrem Vorbild ist – fühlen wir es als einen
Verstoß gegen das
Modell.” |
“Die ganze Verbindung
zwischen Ton und Note muß gegeben
sein. Ihre Verbindung muß
fühlbar sein. Das aber, was diesen
Ton mit dieser Note verbindet, ist die allgemeine Regel. – Das, was macht, daß ich einen
Ton als Verstoß gegen diese Note empfinden
kann. Das heißt natürlich,
daß etwas vom Ton bis zur Note reichen
muß; denn wie könnte der Ton sonst
gegen sie verstoßen?
(gleichsam gegen sie
stoßen). Die Verbindung ist
offenbar dadurch ausgedrückt, daß ich
aus der Stellung der Note die Lage des Tons
muß berechnen, erhalten,
können.” |
“Wenn ich mich bei der Konstruktion der Reihe
1, 2, 5, 26,
677, nach der Regel an = a²n ‒ 1 + 1 richte, so muß ich natürlich dabei diese Regel deuten. Man könnte glauben, daß es das Entstehungsgesetz der Reihe ausdrückt, daß ich 677 tatsächlich dadurch erhalten habe, daß ich (26 × 26) + 1 gerechnet habe; aber das ist nicht wahr, denn es handelt sich darum, daß diese 26 die 26 des vorhergehenden Gliedes ist. Ich mußte mich nach diesem Glied richten (und nicht zufällig die Rechnung mit 26 ausführen).” 411 |
“Es
ist wichtig, daß ich eine || die
Projektionsregel verstehen (sehen) kann, ohne sie in
einer allgemeinen Notation vor mir zu haben. Ich kann aus
der Reihe
|
Das was ich bezeichnen will, ist doch etwas, was
|
Wir können wohl eine Maschine
zur Illustration der Koordination zweier Vorgänge, der
Abbildung des einen in dem andern, verwenden, aber nur die
Maschine wie sie funktionieren soll, also die
Maschine in ganz bestimmter Weise als Ausdruck
aufgefaßt, also als Teil der
Sprache. |
Nur in
diesem Sinne bildet z.B. das Pianola die
Loch-Schrift auf dem Streifen in die Tonfolge ab.
Oder der Musterwebstuhl die Sprache der gelochten Karten in das
Muster des gewebten Stoffes. |
﹖– Unter dem
Verstehen verstehe ich –﹖ ein Korrelat
zur || der Erklärung, nicht
(zu﹖) einer – etwa
medizinischen – Beeinflussung.
Unter || Mit “Mißverständnis” meine ich also wesentlich etwas, was sich durch Erklärung beseitigen läßt. Eine andere Nichtübereinstimmung nenne ich nicht “Mißverständnis”. 412 |
Es ist
unsinnig zu sagen “ich sehe die
Dinge im Gesichtsraum”. Im Gegensatz wozu?
Ist es denkbar, daß ich sie höre, oder daß ein
Anderer sie || diesen Gegenstand im Gesichtsraum”.
Im Gegensatz wozu? Ist es denkbar, daß ich ihn
höre, oder daß ein Anderer sie ihn sieht?
|
Darum kann ich auch nicht
sagen, daß der Gegenstand in meinem
Gesichtsraum die Ursache dessen || davon ist,
daß ich ihn sehe.
(Darum ist es auch Unsinn zu sagen, || : aus dem Urnebel haben sich die Sonnen, Planeten, die einfachen || einfachsten Lebewesen und endlich ein Wesen entwickelt, das so organisiert ist, daß es all diese Dinge sehen und über sie Betrachtungen anstellen kann. Es sei denn, daß man unter diesen Betrachtungen die (rein﹖) physikalischen Äußerungen, im Sinne des Behaviourism, versteht. In diesem Sinne kann man auch von einer photographischen Kamera sagen, daß sie etwas wahrnehme.) |
Wenn man gefragt wurde:
was ist der Unterschied zwischen einem Ton und einer Farbe, und
die Antwort wäre “Töne hören wir,
dagegen sehen wir die Farben”, so ist das nur eine
durch Erfahrung gerechtfertigte Hypothese, wenn es
überhaupt einen Sinn haben soll, das zu sagen. Und
in diesem Sinn ist es denkbar, daß ich einmal
Töne mit den Augen wahrnehmen, also sehen werde, und Farben
hören. Das Wesentliche der Töne und Farben ist
offenbar in der Grammatik der Wörter für Töne und
Farben gezeigt. 413 |
¤ Was spricht man der Mathematik ab, wenn man sagt, sie sei nur ein Spiel (oder: sie sei ein Spiel)? |
Ein
Spiel, im Gegensatz wozu? – Was spricht man
ihr zu, wenn man sagt, ihre Sätze hätten Sinn? || Was spricht man ihr zu, wenn man sagt (sie
sei kein Spiel), ihre Sätze hätten
Sinn? |
Der Sinn außerhalb des
Satzes. Und was geht uns der an? Wo zeigt er sich und was können wir mit ihm anfangen? (Auf die Frage “was ist der Sinn dieses Satzes?” antwortet ein Satz. || kommt ein Satz zur Antwort. (“Aber der mathematische Satz drückt doch﹖ einen Gedanken aus”. – Welchen Gedanken? –) |
Kann er durch einen anderen Satz
ausgedrückt werden? oder nur durch diesen
Satz? – Oder überhaupt
nicht? In diesem Falle geht er uns nichts
an. |
Will man
durch die mathematischen Sätze von andern Gebilden, den
Hypothesen, etc. etwa﹖
unterscheiden? Daran tut man Recht, und
daß dieser Unterschied besteht, unterliegt ja
keinem Zweifel. |
Will man sagen, die Mathematik werde gespielt, wie das Schach,
oder eine Patience und es gebe dabei ein Gewinnen oder
Ausgehen || und es laufe dabei auf ein Gewinnen
oder Ausgehen hinaus, so ist das offenbar
unrichtig. 414 |
Sagt man,
daß die seelischen Vorgänge, die den
Gebrauch der mathematischen Symbole begleiten, andere sind, als
die, die das Schachspielen begleiten ||
Schachspiel begleiten, so
weiß ich darüber nichts zu
sagen. |
Es gibt
auch beim Schach einige Konfigurationen, die
unmöglich sind, obwohl jeder Stein in einer ihm erlaubten
Stellung steht. (Z.B.
wenn || (Wenn z.B. die
Anfangsstellung der Bauern intakt ist und ein Läufer schon auf
dem Feld.) Aber man könnte sich ein Spiel denken,
in welchem || worin die Anzahl der Züge vom
Anfang der Partie notiert würde, und dann gäbe es
den Fall, daß nach n Zügen
diese Konfiguration nicht eintreten könnte und man es der
Konfiguration doch nicht ohne
weiteres || weiters
ansehen kann, ob sie als n-te
möglich ist, oder nicht. |
Die Handlungen im Spiel müssen den
Handlungen im Rechnen entsprechen. (Ich meine:
darin muß die Entsprechung
bestehen, oder, so müssen die beiden einander zugeordnet
sein.) |
Welche
Gleichung, etwa, von der Form
abc … × cde … =
ghi … ist richtig, welche
falsch? |
Ja,
kann man von dem Schriftzeichen
(überhaupt) sagen, es sei
richtig (oder falsch)? Das nämlich hängt mit dem Sinn der Antwort zusammen: “richtig ist die Gleichung, die man nach den Regeln erzeugen kann” im Gegensatz zu 415 der:
“richtig ist die Gleichung, die man nach den Regeln erzeugt
hat”. |
Das ist klar, daß die Position
(Gleichung) nur im System, worin sie erzeugt werden kann,
richtig oder falsch ist. |
“Man darf ein System von Axiomen nicht
benützen, ehe seine Widerspruchsfreiheit
nachgewiesen ist”.
“In den Spielregeln dürfen keine Widersprüche vorkommen”. Warum nicht? “Weil man dann nicht wüßte, wie man zu spielen hat”? Aber wie kommt es, daß man auf den Widerspruch mit dem Zweifel reagiert? Auf den Widerspruch reagiert man überhaupt nicht. Man könnte nur sagen: Wenn das wirklich so gemeint ist (wenn der Widerspruch hier stehen soll), so versteh' ich es nicht. Oder: ich hab' es nicht gelernt. Ich verstehe die Zeichen nicht. Ich habe nicht gelernt, was ich daraufhin tun soll, ob es überhaupt ein Befehl ist; etc.. |
Wie wäre es etwa, wenn man in
der Arithmetik zu den üblichen
Axiomen die Gleichung
2 × 2 = 5
hinzunehmen wollte? Das hieße
natürlich, daß das
Gleichheitszeichen nun seine Bedeutung geändert || gewechselt hätte,
d.h., daß nun andere
Regeln für das Gleichheitszeichen gälten. |
∣ Hilbert stellt
Regeln eines bestimmten Kalküls als Regeln
einer || der Metamathematik auf. ∣ |
Wenn ich nun sagte:
“also kann ich es nicht als Ersetzungszeichen 416 gebrauchen; so
hieße das, daß
seine Grammatik nun nicht mehr mit der des Wortes
“ersetzen”
(“Ersetzungszeichen”, etc.)
übereinstimmt. Denn das Wort
“kann” in diesem Satz deutet nicht auf eine
physische (physiologische,
psychologische) Möglichkeit. |
“Die Regeln dürfen
einander nicht widersprechen”, das ist wie:
“die Negation darf nicht verdoppelt eine Negation
ergeben”. Es liegt nämlich in
der Grammatik des Wortes “Regel”,
daß
“p & non-p”
(wenn “p” eine Regel ist) keine Regel
ist. || … daß
“p ⌵ non-p”
keine Regel ist (wenn “p” eine Regel
ist). |
Das heißt, man
könnte also auch sagen: die Regeln
können || dürfen
einander widersprechen, wenn andre Regeln für das Wort || für den Gebrauch des Wortes
“Regel” gelten – wenn das Wort
“Regel” eine andere Bedeutung hat. |
Wir können eben auch hier
nicht begründen (außer
(etwa) biologisch oder
historisch) und || sondern
(können) nur beschreiben, wie
das Wort “Regel” gebraucht wird,. || … sondern nur die
Übereinstimmung oder﹖ den
Gegensatz der Regeln für gewisse Wörter konstatieren, also
sagen, daß diese Worte mit﹖
diesen Regeln gebraucht werden. |
Es
läßt sich nicht zeigen,
beweisen, daß man
gewisse || diese Regeln als Regeln dieser Handlung
gebrauchen kann.
Außer, indem man zeigt, daß die Grammatik der Bezeichnung || Beschreibung der Handlung mit der, jener Regeln übereinstimmt. 417 |
Zu dem Problem vom “Sandhaufen”: Man
könnte sich hier, wie in ähnlichen Fällen,
einen offiziellen || offiziell
festgesetzten Begriff
denken, || … denken,
daß es einen offiziellen Begriff, wie den
einer Schrittlänge gäbe, etwa: Haufe
ist alles, was über einen halben
m³ groß
ist. Dieser wäre aber dennoch nicht unser
gewöhnlich gebrauchter Begriff. Für diesen
liegt keine Abgrenzung vor (und bestimmen wir eine, so
ändern wir den Begriff); sondern es liegen
nur Fälle vor, welche wir zu dem Umfang des Begriffs || zu den Haufen rechnen und solche,
die wir nicht mehr zu dem Umfang des Begriffs rechnen. |
∣ (Punkt am Ende
des Satzes. Gefühl des Unabgeschlossenen,
wenn er fehlt.) ∣ |
Man sagt für gewöhnlich, die rekursiven
Beweise beweisen ||
zeigen, daß die
algebraischen Gleichungen für alle Kardinalzahlen gelten;
aber es kommt hier momentan nicht darauf an, ob dieser Ausdruck
glücklich oder schlecht gewählt ist, sondern nur darauf,
ob er in allen Fällen die gleiche Bedeutung hat. || ob er in allen Fällen die gleiche,
klarbestimmte, Bedeutung hat. |
∣ Die Ausdehnung eines
Begriffes der Zahl, des Begriffs ‘alle’,
etc. erscheint uns
(ganz) harmlos; aber sie ist es nicht
wenn || sobald wir vergessen,
daß wir unsern Begriff tatsächlich
geändert haben. ∣ |
Und ist es da nicht klar,
daß die rekursiven Beweise
tatsächlich dasselbe für alle
“bewiesenen” Gleichungen 418 zeigen? |
Und das heißt doch,
daß zwischen dem rekursiven Beweis und
dem von ihm bewiesenen Satz immer die gleiche (interne)
Beziehung besteht? |
Es ist ja übrigens ganz klar,
daß es so einen
rekursiven, oder richtiger, iterativen
“Beweis” geben muß.
(Der uns die Einsicht vermittelt,
daß es “mit allen Zahlen so gehen
muß”.)
∣ D.h. es scheint mir klar, und daß ich einem Anderen die Richtigkeit dieser Sätze für die Kardinalzahlen durch einen Prozeß der Iteration begreiflich machen könnte. ∣ |
D.h.: Ich möchte Einem
zeigen, daß das distributive Gesetz
wirklich im Wesen der Anzahl liegt; werde ich da nicht durch einen
Prozeß der Iteration zu zeigen versuchen,
daß das Gesetz gilt und immer weiter
gelten muß? |
Und in wiefern kann man diesen
Vorgang nicht den || einen Beweis des
(distributiven) Gesetzes
nennen? |
Und
dieser Begriff des
‘Begreiflich-Machens’
kann uns hier wirklich helfen. ||
… kann uns hier helfen.
Denn man könnte sagen: das Kriterium dafür, ob etwas ein Beweis eines Satzes ist, ist, ob man ihn dadurch begreiflich machen kann. (Natürlich handelt es sich da wieder nur um eine Erweiterung unserer grammatischen 419
Betrachtungen über das Wort || des Wortes
“Beweis”,
nicht um ein psychologisches Interesse an dem Vorgang des
Begreiflich-Machens.)
|
∣ “Dieser
Satz ist für alle Zahlen durch das rekursive
Verfahren bewiesen”. Das ist der
Ausdruck, der so ganz irreführend ist. Es klingt
so, als würde hier ein Satz, der konstatiert,
daß das und das für alle
Kardinalzahlen gilt, auf einem Wege als wahr erwiesen, und als
sei dieser Weg ein Weg in einem Raum denkbarer Wege.
Während die Rekursion in Wahrheit nur sich selber zeigt, wie auch die Periodizität. || … wie auch die Periodizität nur sich selbst zeigt. ∣ |
Ist die Frage also nicht: Kann
man 4 +
(2 + 3) = (4 + 2) + 3
ausrechnen? Wenn ja, so konnte
man also von diesem speziellen Zahlensatz einen Beweis geben und es
ist klar, daß sich dann eine
“Möglichkeit der Weiterführung”
einer Reihe solcher Beweise zeigen wird. |
∣ Das Problem der Unterscheidung von
1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 und
1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1
ist viel wichtiger ||
fundamentaler, als es auf den ersten Blick
scheint. Es handelt sich um den Unterschied zwischen
physikalischer und visueller Zahl. ∣ |
Wir haben also hier nicht den Fall, in
welchem eine Gruppe von Grundgesetzen durch eine mit
weniger Gliedern bewiesen wird, aber nun weiter in den Beweisen
alles im Gleichen bleibt. (Wie auch in einem
System von Grundbegriffen an der späteren Entwicklung dadurch
420 nichts geändert wird,
daß man die Anzahl der Grundbegriffe durch
Definitionen reduziert.)
(Übrigens, welche verdächtige Analogie, zwischen “Grundgesetzen” und “Grundbegriffen”!) |
Es ist gleichsam || etwa
so: der Beweis eines alten
Grundgesetzes setzt sonst das System der Beweise
(einfach) nach
rückwärts fort. Die Rekursionsbeweise aber
setzen das System von algebraischen Beweisen (mit den alten
Grundgesetzen) nicht nach rückwärts fort, sondern
sind ein neues System, das mit dem ersten nur parallel zu laufen
scheint. |
Ich
sprach früher von Verbindungsstrichen, Unterstreichungen,
etc. um die korrespondierenden, homologen, Teile der
Gleichungen eines Rekursionsbeweises zu zeigen. Im
Beweis
a + (b + 1) =
(a + b) + 1
entspricht
z.B. die Eins
1 nicht
der m sondern der
c
der nächsten Gleichung; m aber entspricht nicht
k,
sondern dem
p
und h nicht dem
k
sondern dem
c + k etc..
Oder in:
a + (b + (c + 1)) = a + ((b + c) + 1) = (a + (b + c)) + 1 (a + b) + (c + 1) = ((a + b) + c) + 1(Ƒ)
(a + 1) + 1 = (a + 1) + 1 1 + (a + 1) = (1 + a) + 1(Ƒ) 421 entspricht nicht
m
dem h und
n
dem i, sondern
m
dem v und
n
dem k; und nicht
k
dem p, aber
p
dem u und
v
dem r und
k
dem q und
q
dem s, aber nicht dem
u
u.s.w.. |
Das ist eine seltsame Bemerkung,
daß in den Induktionsbeweis der
Grundregeln nach wie vor ihre Unreduzierbarkeit
(Unabhängigkeit) sich zeigen
muß ||
﹖– zu Tage treten
muß –﹖.
Was, wenn man das für den Fall von gewöhnlichen
Beweisen (oder Definitionen) sagte, also für den Fall,
wo die Grundregeln eben weiter reduziert werden, eine neue
Verwandtschaft zwischen ihnen gefunden (oder konstruiert)
wird. |
(Alles,
was die Philosophie tun kann, ist, Götzen
zerstören. Und das heißt,
keinen neuen (etwa: die Abwesenheit von Götzen) zu
schaffen.) |
Wenn ich darin Recht habe, daß durch die
Rekursionsbeweise die Unreduzierbarkeit ||
Unabhängigkeit intakt bleibt, dann ist damit
(wohl﹖) alles gesagt, was sich gegen den
Begriff vom Rekursions-“Beweis” sagen || vorbringen
wollte. || kann. |
(Der Stil meiner Sätze ist
außerordentlich stark von
Frege
beeinflußt. Und wenn ich wollte,
so könnte ich wohl diesen Einfluß
feststellen, wo ihn auf den ersten Blick Keiner
sähe.) |
Der Grund, warum alle Philosophien der Mathematik fehlgehen, ist
der, daß man in der Logik nicht allgemeine
Dikta durch 422 Beispiele begründen kann, wie in
der Naturgeschichte. Sondern jeder besondere Fall
hat die
größtmögliche﹖ || volle﹖ Bedeutung,
und anderseits || wieder ist mit ihm alles
erschöpft, und man kann keinen allgemeinen
Schluß aus ihm ziehen (also
keinen Schluß). || … Bedeutung, aber alles ist mit ihm
erschöpft, und man kann keinen allgemeinen
Schluß aus ihm ziehen (also keinen
Schluß). |
Wozu brauchen wir denn das kommutative
Gesetz? Doch nicht, um die Gleichung
4 + 6 =
6 + 4 anschreiben zu können, denn diese
Gleichung wird durch ihren besonderen Beweis
gerechtfertigt. Und es kann freilich auch der Beweis des
kommutativen Gesetzes als ihr Beweis verwendet werden, aber
dann ist er eben (hier || jetzt) ein spezieller
(arithmetischer) Beweis.
Ich brauche das Gesetz also, um danach mit Buchstaben
zu operieren. Und diese Berechtigung kann mir der Induktionsbeweis nicht geben. |
Aber eines ist klar:
Wenn uns der Rekursionsbeweis das Recht gibt, algebraisch zu
rechnen, dann auch der arithmetische﹖
Beweis. || dann gibt,
uns auch der arithmetische﹖ Beweis dieses Recht.
|
∣ Kann man versuchen, zu einer Melodie den falschen Takt zu
schlagen? Oder: Wie verhält sich
dieses Versuchen || dieser Versuch
zu dem, ein Gewicht zu heben, das uns zu schwer
ist? ∣ |
(Ich habe noch nie eine Bemerkung darüber gelesen,
daß, wenn man ein Auge
schließt und “nur mit einem Auge
sieht”, man 423 die Finsternis (Schwärze)
nicht zugleich mit dem geschlossenen sieht.) |
Wie verhält sich die
Schachaufgabe (das Schachproblem) zur Schachpartie? – Denn, daß die Schachaufgabe der
Rechenaufgabe entspricht, eine Rechenaufgabe ist, ist
klar. |
Ein
arithmetisches Bild wäre z.B.
folgendes: Wir schreiben auf gut Glück eine
vierstellige Zahl hin, etwa 7368; dieser Zahl soll man sich dadurch
nähern, daß man die Zahlen 7, 3,
6 und 8 in irgend einer Reihenfolge miteinander
multipliziert. Die Spielteilnehmer rechnen mit Bleistift
auf Papier, und wer in der geringsten Anzahl von Operationen
der Zahl 7368 am nächsten kommt, hat
gewonnen. (Übrigens
lassen sich eine Menge der mathematischen Rätselfragen zu
solchen Spielen umformen.) |
Angenommen, einem Menschen wäre
Arithmetik nur zum Gebrauch in einem arithmetischen Spiel gelehrt
worden. Hätte er etwas Anderes gelernt als der,
welcher Arithmetik zum normalen ||
gewöhnlichen Gebrauch lernt?
Und wenn er nun im Spiel 21 mit 8 multipliziert und 168
erhält, tut er etwas Andres, als der,
welcher herausfinden wollte, wieviel
21 × 8
ist? |
Man wird
sagen: Der Eine wollte doch eine Wahrheit finden,
während der Andre nichts dergleichen wollte. |
Nun könnte man diesen Fall
etwa mit dem des Tennisspiels vergleichen wollen, in welchem
der Spieler eine bestimmte Bewegung 533 macht der Ball darauf in bestimmter
Weise fliegt und man diesen Schlag nun als Experiment auffassen
kann, durch welches man eine bestimmte Wahrheit erfahren hat, oder
aber auch als eine Spielhandlung, mit dem alleinigen Zweck, das
Spiel zu gewinnen. Dieser Vergleich würde aber nicht stimmen, denn wir sehen im Schachzug kein Experiment (was wir übrigens auch könnten), sondern eine Handlung einer Rechnung. |
Es könnte Einer
vielleicht sagen: In dem arithmetischen Spiel werden
wir zwar multiplizieren
Also kann man nur einwenden, daß in dem Spiel die Gleichung kein Satz ist. Aber was heißt das? Wodurch wird sie dann zu einem Satz? Was muß noch dazu kommen, damit sie ein Satz wird? – Handelt es sich nicht um die Anwendung || Verwendung der Gleichung (oder der Multiplikation)? – Und Mathematik ist es wohl dann, wenn es zum Übergang von einem Satz zu einem andern verwendet wird. Und so wäre das unterscheidende Merkmal zwischen Mathematik und Spiel mit dem Begriff des Satzes (nicht ‘mathematischen Satzes’) gekuppelt, und verliert damit für uns seine Aktualität. |
Man könnte aber
sagen, daß der eigentliche Unterschied
darin bestehe, daß für Bejahung und
Verneinung im Spiel kein Platz sei. Es 534 wird da
z.B. multipliziert und
21 × 8 =
148 wäre ein falscher Zug, aber “non.neg(21 × 8
= 148)”, welches ein richtiger
arithmetischer Satz ist, hätte in unserm Spiel nichts zu
suchen. |
(Da mag man sich daran erinnern, daß in
der Volksschule nie mit Ungleichungen gearbeitet wird, vom Kind
nur die richtige Ausführung der Multiplikation verlangt wird
und nie – oder höchst selten – die Konstatierung
einer Ungleichung.) |
Wenn ich in unserm Spiel
21 × 8
ausrechne, und wenn ich es tue, um damit eine praktische Aufgabe zu
lösen, so ist jedenfalls die Handlung der Rechnung in beiden
Fällen die Gleiche (und auch für
Ungleichungen könnte in einem Spiele Platz geschaffen
werden). Dagegen ist mein übriges Verhalten zu
der Rechnung jedenfalls in den zwei Fällen
verschieden. Die Frage ist nun: kann man von dem Menschen, der im Spiel die Stellung “21 × 8 = 168” erhalten hat, sagen, er habe herausgefunden, daß 21 × 8 168 sei? Und was fehlt ihm dazu? Ich glaube, es fehlt nichts, es sei denn eine Anwendung der Rechnung. |
Die Arithmetik ein Spiel
zu nennen, ist ebenso falsch, wie das Schieben von Schachfiguren
(den Schachregeln gemäß) ein
Spiel zu nennen; denn es kann auch eine Rechnung sein.
|
Man
müßte also sagen: Nein, das
Wort “Arithmetik” ist nicht der Name eines
Spiels. Das ist natürlich wieder eine
Trivialität.) – Aber die Bedeutung des
Wortes “Arithmetik” kann erklärt werden
535 durch die Beziehung der Arithmetik
zu einem arithmetischen Spiel, oder auch durch die Beziehung der
Schachaufgabe zum Schachspiel. Dabei aber ist es wesentlich, zu erkennen, daß dieses Verhältnis nicht das ist, einer Tennisaufgabe zum Tennisspiel. Mit “Tennisaufgabe” meine ich etwa die Aufgabe, einen Ball unter gegebenen Umständen in bestimmter Richtung zurückzuwerfen. (Klarer wäre der Fall, vielleicht﹖, einer Billardaufgabe.) Die Billardaufgabe ist keine mathematische Aufgabe (obwohl zu ihrer Lösung Mathematik angewendet werden kann). Die Billardaufgabe ist eine physikalische Aufgabe und daher “Aufgabe” im Sinne der Physik; die Schachaufgabe ist eine mathematische Aufgabe und daher “Aufgabe” in einem andern (im mathematischen) Sinn. |
In dem
Kampf zwischen dem “Formalismus” und der
“inhaltlichen Mathematik”, – was
behauptet denn jeder Teil? Dieser Streit ist so
ähnlich dem, zwischen Realismus und Idealismus!
Darin z.B. || Auch
darin, daß er bald
obsolet (geworden﹖) sein
wird und daß beide Parteien, entgegen
ihrer täglichen﹖ Praxis,
Ungerechtigkeiten﹖ behaupten﹖.
|
Die Arithmetik
ist kein Spiel, niemandem wäre es eingefallen,
unter den Spielen der Menschen die Arithmetik zu
nennen. |
Worin
besteht denn das Gewinnen und Verlieren in einem Spiel (oder das
Ausgehen der Patience)? Natürlich nicht in der
Konfiguration || Situation des
Spiels, die das Gewinnen –
z.B. – hervorbringt.
Wer gewinnt, muß durch eine eigene || besondere Regel festgestellt
werden. (“Dame” und
“Schlagdame” sind nur durch diese Regel
unterschieden.) 536 |
Konstatiert nun die Regel etwas, die sagt,
“wer zuerst seine Steine im Feld das Andern hat, hat
gewonnen”? Wie ließe
sich das verifizieren? Wie
weiß ich, ob Einer gewonnen hat?
Etwa daraus, daß er sich
freut? Diese Regel sagt doch wohl: Du mußt versuchen, Deine Steine so rasch als möglich etc. Die Regel in dieser Form bringt das Spiel schon mit dem Leben in Zusammenhang. Und man könnte sich denken, daß in einer Volksschule, in der das Schachspielen eine obligater Gegenstand || ein Lehrgegenstand wäre, die Reaktion des Lehrers auf das schlechte Spiel eines Schülers dieselbe || genau dieselbe wäre, wie die auf eine falsch gerechnete Rechenaufgabe. |
Ich möchte beinahe sagen: Im Spiel gibt es
(zwar) kein “wahr”
und “falsch”, dafür gibt es aber in der
Arithmetik kein “Gewinnen” und
“Verlieren”. |
Ich sagte einmal, es wäre denkbar,
daß Kriege auf einer Art
großem Schachbrett nach den Regeln des
Schachspiels ausgefochten würden. Aber: wenn
es wirklich bloß nach den Regeln des
Schachspiels ginge dann brauchte man eben kein Schlachtfeld
für diesen Krieg, sondern er könnte auf einem
gewöhnlichen Brett gespielt werden. Und dann wäre
es (eben﹖) im
gewöhnlichen || normalen
Sinne kein Krieg. Aber man könnte
sich ja auch eine Schlacht von den Regeln des Schachspiels geleitet
denken. Etwa so, daß der
“Läufer” mit der “Dame” nur
kämpfen dürfte, wenn seine Stellung zu ihr es ihm im
Schachspiel erlaubte, sie zu “nehmen”. |
Könnte man sich eine
Schachpartie gespielt denken, d.h.,
428 sämtliche
Spezialhandlungen ausgeführt denken, aber in einer
andern Umgebung, so daß dieser
Vorgang nun nicht die Partie eines Spiels genannt
würde || genannt werden
könnte?
Gewiß, es könnte sich ja um eine Aufgabe handeln, die die Beiden miteinander lösen. (Und einen Fall für die Nützlichkeit einer solchen Aufgabe kann man sich ja nach dem Oberen leicht konstruieren.) |
Die Regel über das Gewinnen und
Verlieren unterscheidet eigentlich nur zwei Pole.
Welche Bewandtnis es (dann﹖) mit
dem hat, der gewinnt (oder verliert), geht sie eigentlich
nichts an. Ob z.B. der Verlierende
dann etwas zu zahlen hat. (Und ähnlich, kommt es uns ja vor, verhält es sich mit dem “richtig” und “falsch” im Rechnen.) |
∣ Der Wirrwarr in der Auffassung des
“wirklich Unendlichen” kommt von dem unklaren
Begriff der irrationalen Zahl her.
D.h. davon,
daß die logisch verschiedensten Gebilde, ohne
klare Begrenzung des Begriffs, “irrationale Zahl”
genannt werden. Die Täuschung, als hätte man
einen festen Begriff, rührt daher || beruht
darauf, daß man in
Zeichen von der Art “0,
abcd … ad inf.” einen
Standard || Begriff Bild zu haben
glaubt, dem sie (die Irrationalzahlen)
jedenfalls entsprechen müssen. ∣ |
In der Logik geschieht immer wieder, was in
dem Streit über das Wesen der Definition geschehen
ist. Wenn man sagt, die Definition habe es nur mit
Zeichen zu tun und ersetze bloß ein
kompliziertes Zeichen durch ein einfacheres || ein
Zeichen durch ein anderes, so wehren
sich die Menschen dagegen und sagen, die Definition leiste nicht
429 nur das,
oder es gebe eben verschiedene Arten von Definitionen || der Definition und die
interessante und wichtige sei nicht die
(reine)
“Verbaldefinition”.
Sie glauben nämlich, man nehme der Definition ihre Bedeutung, Wichtigkeit, wenn man sie als bloße Ersetzungsregel, die von Zeichen handelt, hinstellt. Während die Bedeutung der Definition in ihrer Anwendung liegt, quasi in ihrer Lebenswichtigkeit. Und eben das geht (heute) in dem Streit zwischen Formalismus, Intuitionismus, etc. vor sich. Es ist den Leuten﹖ unmöglich, die Wichtigkeit einer Sache || Handlung || Tatsache, ihre Konsequenzen, ihre Anwendung, von ihr selbst zu unterscheiden; die Beschreibung einer Sache von der Beschreibung ihrer Wichtigkeit. |
Immer wieder hören wir
(so﹖), daß
der Mathematiker mit dem Instinkt arbeitet (oder etwa,
daß er nicht mechanisch nach der Art eines
Schachspielers vorgehe), aber wir erfahren nicht, was das
mit dem Wesen der Mathematik zu tun haben soll. Und wenn
ein solches psychisches Phänomen in der Mathematik eine
Rolle spielt, wie weit wir überhaupt exakt über die
Mathematik reden können, und wie weit nur mit der Art der
Unbestimmtheit, mit der wir über Instinkte, etc.
reden müssen. |
Immer wieder möchte ich sagen: Ich
kontrolliere die Geschäftsbücher der
Mathematiker; die seelischen Vorgänge in den
Inhabern﹖, so wichtig sie sind, kümmern mich
nicht. || … die seelischen Vorgänge,
Freuden, Depressionen, Instinkte, der
Geschäftsleute﹖, so wichtig sie in
andrer Beziehung sind, kümmern mich
nicht. |
Die Menschen sind im Netz der Sprache gefangen || verstrickt und wissen es
nicht. 430 |
Auch
so: Der Rekursionsbeweis hat es – offenbar || natürlich –
wesentlich mit Zahlen zu tun. Aber was gehen mich die
an, wenn ich rein algebraisch operieren will.
Oder: Der Rekursionsbeweis ist nur dann zu
gebrauchen﹖ ||
benützen﹖, wenn ich mit ihm
den || durch ihn einen
Übergang in einer Zahlenrechnung
rechtfertigen will. |
Man könnte nun aber fragen: Also brauchen wir
(beide:)
sowohl den Induktionsbeweis als auch das
assoziative Gesetz, da ja dieses
Übergänge der Zahlenrechnung nicht
begründen kann, und jener nicht Transformationen in der
Algebra? |
Ja,
hat man (denn﹖) vor den
Skolem'schen
Beweisen das assoziative Gesetz – etwa – hingenommen ohne
den entsprechenden Übergang in einer
Zahlenrechnung durch
Rechnen || Rechnung
begründen ||
ausführen zu
können? D.h.:
Konnte || konnte man
vorher
5 + (4 + 3)
= (5 + 4) + 3 nicht ausrechnen, sondern
hat es als Axiom betrachtet? |
Die Mathematiker verirren sich nur dann, wenn
sie über Kalküle im Allgemeinen reden
wollen: Und || , und
zwar darum, weil sie dann die besonderen Bestimmungen
vergessen, die jedem besonderen Kalkül als Grundlagen
dienen || zu Grunde
liegen. |
[ Zum indirekten Beweis, daß
eine Gerade über einen Punkt hinaus nur eine
Fortsetzung hat: Wir nahmen an, es
könne eine Gerade zwei Fortsetzungen haben. –
Wenn wir das annehmen, so muß diese
Annahme einen Sinn haben –. Was
heißt es aber: das annehmen?
Es heißt nicht, eine naturgeschichtlich
falsche Annahme machen, wie etwa die, daß
549 ein Löwe zwei Schwänze
hätte. – Es heißt nicht,
etwas annehmen, was gegen die Konstatierung einer Tatsache
spricht ||
verstößt.
Es heißt vielmehr, eine Regel
annehmen; und gegen die ist weiter nichts zu sagen,
außer daß sie etwa
einer anderen widerspricht und ich sie darum fallen lasse.
Wenn im Beweis nun eine Gerade gezeichnet wird, die sich gabelt, so darf das an und für sich nicht absurd sein, und ich kann nur sagen: so etwas || das nenne ich keine Gerade. || Wenn im Beweis nun gezeichnet wird , und das eine Gerade darstellen soll, die sich gabelt, so ist darin nichts Absurdes (Widersprechendes), es sei denn, daß wir eine Festsetzung getroffen haben, der es widerspricht. |
Wen nachträglichen ein Widerspruch
gefunden wird, so waren vorher die Regeln noch nicht klar und
eindeutig. Der Widerspruch macht also nichts, denn
er ist dann durch das Aussprechen einer Regel zu entfernen.
|
In einem völlig geklärten
System || In einem System mit klarer Grammatik || In einem grammatisch geklärten System
gibt es keinen versteckten Widerspruch,
﹖– denn da muß die
Regel gegeben sein –﹖, nach welcher
ein Widerspruch zu finden ist. Versteckt kann der
Widerspruch nur in dem Sinn sein, daß er
gleichsam im
“Kraut-und-Rüben” || in der
Unordnung der Regeln, in dem ungeordneten Teil der Grammatik
versteckt ist; ﹖– das aber macht
nichts –﹖ || ﹖– dort aber macht er
nichts –﹖, da er durch ein
Ordnen der Grammatik zu entfernen ist. |
Warum dürfen sich Regeln nicht
widersprechen? Weil es sonst keine Regeln
wären. ] 432 |
Zum
mindesten muß ich sagen,
daß, welcher Einwand gegen
den Beweis B gilt, auch z.B. gegen den der
Formel (a + b)n
= etc. gilt.
Auch hier müßte ich dann sagen, nehme ich nur eine algebraische Regel in Übereinstimmung mit den Induktionen der Arithmetik an. |
f(n) & (a + b) =
f(n + 1) f(1) = a + b also: f(1) & (a + b) = (a + b)² = f(2) also: f(2) & (a + b) = (a + b)³ = f(3) u.s.w. Soweit ist es klar. Aber nun: “also (a + b)n = f(n)”! Ist denn hier ein weiterer Schluß gezogen? Ist denn hier noch etwas zu konstatieren? |
Ich würde aber doch fragen, wenn mir Einer die Formel
(a + b)n =
f(n) zeigt: wie ist man denn
dazugekommen? Und als Antwort käme doch die
Gruppe f(n) & (a + b) = f(n + 1) f(1) = a + b . Ist sie also nicht ein Beweis des algebraischen Satzes? – Oder antwortet sie eher auf die Frage “was bedeutet der algebraische Satz”? |
Ich will sagen: hier ist doch mit der Induktion alles
erledigt. |
Wie ich
Philosophie betreibe, ist es ihre ganze Aufgabe, den Ausdruck
so zu gestalten, daß gewisse
Beunruhigungen ||
Probleme﹖
433 verschwinden. |
Wenn ich sage, die
periodische Zahlenrechnung beweist den Satz, der nicht zu jenen
Übergangen berechtigt, wie hätte
dieser Satz gelautet, wenn man ihn als Axiom angenommen und nicht
bewiesen hätte? Wie hätte der Satz gelautet, nach welchem ich 5 + (7 + 9) = (5 + 7) + 9 gesetzt hätte, ohne es beweisen zu können? Es ist doch offenbar, daß es so einen Satz nie gegeben hat. |
Die Arbeit
an der Philosophie ist – wie vielfach die Arbeit
in﹖ der Architektur – eigentlich mehr
die || eine Arbeit an Einem
selbst. An der eignen Auffassung.
Daran, wie man die Dinge sieht. (Und was man von
ihnen verlangt.) |
Ein philosophisches Problem ist immer von der Form:
“Ich kenne mich einfach nicht aus”.
|
Wie verhält es sich
mit einer Rechnung wie: (5 + 3)² =
(5 + 3)(5 + 3) =
5(5 + 3) + 3(5 + 3) =
5 × 5 + 5 × 3 + 3 × 5 + 3 × 3
= 5² + 2 × 5 × 3 +
3² …R) aus welcher wir auch eine allgemeine
Regel des Quadrierens eines Binoms herauslesen
können? Wir können diese Rechnung sozusagen arithmetisch und algebraisch auffassen || ansehen. Und dieser Unterschied in der Auffassung träte z.B. zu Tage, wenn das Beispiel gelautet hätte (5 + 2)² = 5² +
434 nicht zu unterscheiden
wären. Wir betreiben eben – glaube ich –
beide Male einen andern Kalkül. |
Nach der einen Auffassung wäre
z.B. die obige ||
vorige Rechnung ein Beweis von
(7 + 8)² = 7² +
2 × 7 × 8 + 8², nach der anderen
nicht. |
Ich
muß, um ‘A zu
beweisen’, erst – wie man sagen würde –
die Aufmerksamkeit auf etwas ganz Bestimmtes richten || … auf ganz bestimmte Züge
in || von B lenken.
(Wie in der Division
|
(Und von dem, was ich dann sehe,
hatte das α sozusagen
noch gar keine Ahnung.) |
Es verhält sich hier zwischen Allgemeinheit und
Beweis der Allgemeinheit, wie zwischen Existenz und
Existenzbeweis. |
Auf die Frage “ist
5 × 4 =
20?” könnte man antworten:
“zählen || sehen wir nach, ob
es mit den Grundregeln der Arithmetik
übereinbestimmt”; und entsprechend könnte ich
sagen: sehen wir nach, ob A mit den Grundregeln
übereinstimmt. Aber mit welchen? Nun,
wohl mit Alpha. |
Aber zwischen α und A liegt
eben die Notwendigkeit einer Festsetzung darüber, was wir
hier “Übereinstimmung”
nennen wollen. 435 |
∣ “Hat die Prozession ein Ende” könnte
auch heißen: ist sie eine in sich
geschlossene Prozession. Und nun könnte man
sagen || und nun höre ich
die Mathematiker﹖ sagen “da
siehst Du ja, daß Du Dir sehr wohl einen
solchen Fall vorstellen kannst, daß etwas
kein Ende hat; warum soll es dann nicht auch andere solche
Fälle || ﹖– einen
andern solchen Fall –﹖
geben können?” – Aber die Antwort
ist: Die “Fälle” in diesem Sinn
des Wortes sind grammatische Fälle und sie bestimmen erst den
Sinn der Frage. Die Frage “warum soll es nicht
auch andere Fälle geben können” ist
der analog gebildet: “Warum soll es
nicht noch andere Fälle von Mineralien ||
andere Mineralien geben können, die im
Dunkeln leuchten”, aber hier handelt es sich um Fälle
der Wahrheit einer Aussage, dort um
﹖– Fälle, die den Sinn eines Satzes
bestimmen –﹖ || dort um
Fälle, die den Sinn bestimmen. ∣
|
D.h. zwischen α und A liegt
die Kluft von Arithmetik und || von der Arithmetik zur
Algebra, und wenn B als Beweis von
A gelten soll, so muß diese
(Kluft﹖) durch eine Bestimmung
überbrückt werden. |
Nun ist ganz klar,
daß wir Gebrauch von so einer Idee der
Übereinstimmung machen, wenn wir uns nur
z.B. rasch ein Zahlenbeispiel ausrechnen,
um dadurch die Richtigkeit eines algebraischen Satzes zu
kontrollieren. Und in diesem Sinne könnte ich z.B. rechnen
und sagen: “ja || Ja, es stimmt, a × b = || ist gleich b × a – wenn ich mir vorstelle, daß ich das vergessen hätte.” 436 |
Wir
könnten ein Beispiel rechnen, um uns zu vergewissern,
daß (a + b)²
gleich a²
+ b² + 2ab und nicht
a² +
b² + 3ab ist – wenn wir es etwa
vergessen hätten; aber wir könnten nicht in diesem Sinn
kontrollieren, ob die Formel allgemein
gilt. Auch diese Kontrolle gibt es
natürlich und ich könnte in der Rechnung
(5 + 3)² = … = 5² + 2 × 5 × 3 + 3² nachsehen, ob die 2 im zweiten Glied ein allgemeiner Zug der Gleichung ist oder einer, der von dem speziellen Zahlen des Beispiels abhängt. |
Ich mache
(5 + 2)²
= 5² + 2 × 2 × 5 + 2²
zu einem andern Zeichen, indem ich
schreibe:
(
und dadurch
“andeute, welche Züge der rechten Seite von dem
besonderen Zahlen der linken herrühren”,
etc..
|
(Ich erkenne jetzt﹖ die Wichtigkeit dieses
Prozesses der Zuordnung. Er ist der Ausdruck einer neuen
Betrachtung der Rechnung und daher
die || der Betrachtung einer neuen
Rechnung.) |
“Du sagst ‘wo eine Frage ist, da ist auch
ein Weg zu 437 ihrer Beantwortung’, aber in
der Mathematik gibt es doch Fragen, zu deren Beantwortung wir
keinen Weg sehen”. – Ganz richtig, und daraus
folgt nur, daß wir in diesem Fall das Wort
‘Frage’ in anderem Sinn gebrauchen, als in oberen
Fall. Und ich hätte vielleicht sagen sollen
“es sind hier zwei verschiedene Formen und nur für
die erste möchte ich das Wort ‘Frage’
gebrauchen”. Aber dieses Letztere ist
nebensächlich. Wichtig ist,
daß wir es hier mit zwei verschiedenen
Formen zu tun haben. (Und daß
Du Dich in der Grammatik des Wortes ‘Art’ nicht
auskennt, wenn Du nun sagen willst, es seien eben nur zwei
verschiedene Arten von Fragen.) |
Könnte man auch so
sagen: In der Arithmetik wird das
assoziative Gesetz überhaupt nicht gebraucht,
sondern da arbeiten wir (nur﹖)
mit besonderen Zahlenrechnungen. Und die Algebra, auch wenn sie sich der arithmetischen Notation bedient, ist ein ganz anderer Kalkül, und nicht aus dem arithmetischen abzuleiten. |
Der Philosoph notiert eigentlich nur das, was
der Mathematiker so﹖ gelegentlich über
seine Tätigkeit hinwirft. |
Der Philosoph kommt leicht in die Lage eines
ungeschickten Direktors, der, statt seine Arbeit
zu tun und nur darauf zu schauen, daß
seine Angestellten ihre Arbeit richtig machen, ihnen ihre Arbeit
abnimmt und sich so eines Tages mit fremder Arbeit überladen
sieht, während die Angestellten zuschauen und ihn
kritisieren. Besonders ist er geneigt, sich die Arbeit des Mathematikers aufzuhalsen. 438 |
Eine
logische Fiktion gibt es nicht und darum kann man nicht mit
logischen Fiktionen arbeiten; und muß jedes
Beispiel ganz ausführen. |
In der Mathematik kann es nur mathematische
Schwierigkeiten ||
Troubles geben, nicht
philosophische. |
Wenn α, β,
γ bewiesen sind, muß der
allgemeine Kalkül erst erfunden werden. |
Es kommt uns ganz
selbstverständlich vor, auf die Induktionsreihe hin
“a + (b + c) =
(a + b) + c” zu schreiben; weil wir
nicht sehen, daß wir damit einen ganz
neuen Kalkül beginnen. (Ein Kind, das gerade
rechnen lernt, würde in dieser Beziehung klarer sehen als
wir.) |
∣ “Die rationalen Punkte liegen auf der
Zahlengeraden nahe beisammen || bei
einander”: irreführendes
Bild. ∣ |
Der
Satz, daß A für alle
Kardinalzahlen gilt, ist eigentlich der Komplex B.
Und sein Beweis, der Beweis von β und
γ. Aber das
zeigt auch, daß dieser Satz in einem andern
Sinne Satz ist, als eine Gleichung, und sein || dieser Beweis in anderm Sinne Beweis
eines Satzes.
Vergiß hier nicht, daß wir nicht erst den Begriff des Satzes haben, dann wissen, daß die Gleichungen mathematische Sätze sind, und dann erkennen, daß es noch andere Arten von mathematischen Sätzen gibt! 678 |
“Der
Übergang ist gerechtfertigt”
heißt in einem Falle,
daß er nach bestimmen gegebenen Formen
vollzogen werden kann. Im andern Fall wäre die
Rechtfertigung, daß der
Übergang nach Paradigmen geschieht, die
selbst eine bestimmte Bedingung befriedigen. |
Man denke sich,
daß für ein Brettspiel solche
Regeln gegeben würden, die aus lauter Wörtern ohne
“r” bestünden, und
daß ich eine Regel gerechtfertigt nenne,
wenn sie kein “r” enthält.
Wenn nun jemand sagte, er habe für das und das Spiel nur
eine Regel aufgestellt, nämlich,
daß die Züge Regeln entsprechen
müßten, die kein
“r” enthalten. – Ist denn
das eine Spielregel (im ersten Sinn)? Geht das
Spiel nicht doch nach den Regeln || nach der
Klasse von Regeln vor sich, die nur alle jener
ersten Regel entsprechen sollen? |
Es macht mir jemand die Konstruktion von
B vor und sagt nun, A ist bewiesen. Ich
frage: “Wieso? – ich sehe nur,
daß Du um A eine Konstruktion mit
Hilfe von ; gemacht
hast”. Nun sagt er: “Ja,
aber wenn das möglich ist, so sage ich eben, A sei
bewiesen”. Darauf antworte ich:
“Damit hast Du mir nur gezeigt, welchen neuen Sinn Du
mit dem Wort ‘beweisen’
verbindest”. |
In einem Sinn heißt es,
daß Du das Paradigma mittels
α so und so
konstruiert hast, in dem andern, nach wie vor,
daß eine Gleichung dem Paradigma
entspricht. |
Wenn
wir fragen “ist das ein Beweis oder
nicht?” so bewegen wir uns in den Formen der
Wortsprache. || … in der
Wortsprache. 679
Nun ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Einer sagt: Wenn die Glieder des Übergangs in einer Konstruktion der und der Art stehen, so sage ich, die Rechtmäßigkeit des Übergangs ist bewiesen. |
Was wehrt sich in mir gegen die
Auffassung von B als
einem Beweis von A? Zuerst entdecke
ich, daß ich den Satz von “allen
Kardinalzahlen” in meiner Rechnung nirgends
brauche. Ich habe den Komplex B mit Hilfe von
r konstruiert und bin dann auf
die Gleichung A
übergegangen; von “allen Kardinalzahlen” war
dabei keine Rede. (Diese Satz ist eine Begleitung der
Rechnung in der Wortsprache, die mich hier nur
verwirren kann.) Aber nicht nur fällt dieser
allgemeine Satz überhaupt fort, sondern kein anderer tritt an
seine Stelle. |
Der
Satz, der die Allgemeinheit behauptet, fällt also weg,
“es ist nichts bewiesen”, “es
folgt nichts”.
“Ja, aber die Gleichung A folgt, sie steht nun an Stelle des allgemeinen Satzes”. – Ja in wiefern folgt sie denn? Offenbar verwende ich hier “folgt” in einem ganz andern Sinn, als dem normalen, da das, woraus A folgt, kein Satz ist. Das ist es auch, warum wir fühlen, daß das Wort “folgen” nicht richtig angewandt ist. |
Wenn man sagt “aus dem Komplex
B folgt,
daß a + (b + c) =
(a + b) + c”, so schwindelt
Einem. Man fühlt,
daß man da auf irgend eine Weise einen
Unsinn geredet hat, obwohl es äußerlich
richtig klingt. |
Daß eine Gleichung folgt,
heißt eben schon etwas (hat seine
bestimmte Grammatik). 680 |
Aber wenn ich höre “aus B
folgt A”, so möchte ich fragen:
was folgt?”
Daß a + (b + c) gleich
(a + b) + c ist, ist ja eine
Festsetzung, wenn es nicht auf normale Weise aus
einer Gleichung folgt. |
Wir können unsern Begriff des Folgens mit
A und
B nicht zur Deckung
bringen. || Wir können unsern Begriff
des Folgens dem A und
B nicht
aufpassen. || … nicht aufsetzen, er
paßt hier nicht.
|
“Ich werde Dir
beweisen, daß a + (b + n) =
(a + b) + n”.
Niemand erwartet sich nun den Komplex
B zu sehen. Man
erwartet eine andere Regel über a, b, und n
zu hören, die den Übergang von der
einen auf die andere Seite vermittelt. Wenn mir statt
dessen B und das Schema R gegeben wird, so kann ich das
keinen Beweis nennen, eben weil ich unter Beweis etwas anderes
verstehe. Ja ich werde dann etwa sagen: “Ach so, das nennst Du ‘Beweis’, ich habe mir vorgestellt …”. |
Der Beweis von 17 + (18 + 5) =
(17 + 18) + 5 wird allerdings nach dem Schema
B geführt, und dieser Zahlensatz ist von der Form
A. Oder auch: B ist der Beweis des
Zahlensatzes; aber eben deshalb nicht von A. |
“Ich werde Dir
A1,
A2,
A3 aus dem
einen || aus einem
Satz ableiten”. – Man denkt
dabei natürlich an eine Ableitung, wie sie mit
Hilfe dieser Sätze gemacht wird. – Man
denkt, es wird eine Art von kleineren Kettengliedern gegeben werden,
durch die wir alle diese großen ersetzen
können. Und da haben wir doch ein bestimmtes Bild; und es wird uns etwas ganz Anderes geboten. 681 Die Gleichung wird durch den induktiven Beweis, quasi, der Quere, statt der Länge nach zusammengesetzt. |
Wenn wir nun die Ableitung ausführen || rechnen, so kommen wir endlich auf
dem Punkt, wo die Konstruktion von B vollendet ist.
Aber hier heißt es nun “also gilt
diese Gleichung”. Aber diese Worte
heißen ja nun﹖ etwas anderes
als, wo﹖ wir sonst eine Gleichung aus
Gleichungen folgern. Die Worte “die
Gleichung folgt daraus﹖” haben ja schon
eine Bedeutung. Und hier wird eine Gleichung
allerdings konstruiert, aber nach einem andern Prinzip.
|
Wenn ich sage
“aus dem Komplex folgt die Gleichung”, so
‘folgt’ hier eine Gleichung aus etwas, was gar keine
Gleichung ist. |
Man kann nicht sagen: die Gleichung, wenn sie aus B
folgt, folge doch aus einem Satz, nämlich aus
u & v & w; denn es
kommt eben darauf an, wie ich aus
diesen Satz A erhalte; ob nach einer Regel des
Folgens. Welches die Verwandtschaft der Gleichung zum Satz
u & v & w
ist. (Die Regel, die in diesem Falle zu A
führt macht gleichsam einen Querschnitt durch
u & v & w, sie
faßt den Satz anders auf, als eine Regel
des Folgens.) |
Wenn uns die Ableitung von A aus u versprochen war
und wir sehen nun den Übergang von B
auf A, so möchten wir sagen: “ach, so war
es nicht gemeint”. So, als hätte jemand mir
versprochen, er werde mir etwas schenken und nun sagt er: so,
jetzt schenke ich Dir meine Zeit || mein
Vertrauen. 443 |
Darin,
daß der Übergang
von B auf A kein Folgen ist, liegt auch, was ich damit
meinte, daß nicht das logische Produkt
u & v & w die
Allgemeinheit ausdrückt. |
Die Hervorhebungen geschehen durch das Schema
R und könnten so ausschauen:
a + (b + 1) = (a + b) + 1 a + (b + (c + 1)) = |a + ((b + c)| + 1 (a + b) + (c + 1) = |((a + b) + c)| + 1(Ƒ)
f1x =
a + (b + x), f2x =
(a + b) + x.
(Und dabei ist wieder zu bedenken || anzumerken,
daß jedes Symbol –
wie explizit auch immer –
mißverstanden werden kann.
–) |
Wer etwa
zuerst darauf aufmerksam macht, daß B
so gesehen werden kann, der fühlt ein neues
Zeichen ein; ob er nun die Hervorhebungen mit B verbindet
oder auch das Schema R daneben schreibt. Denn
dann ist eben R das neue Zeichen. Oder,
wenn man will, auch B zusammen mit R. |
Wer entdeckt,
daß ein Satz p aus einem von der Form
q ⊃ p & q folgt, der
konstruiert ein neues Zeichen, das Zeichen dieser
Regel. (Ich nehme dabei an, ein Kalkül mit
p, q,
⊃ , & , sei schon früher
gebraucht worden, und nun träte diese Regel hinzu und
schaffe damit einen 444 neuen
Kalkül.) |
Man könnte etwa sagen: Hier
wurde die untere Gleichung als a + b = b + a
gebraucht; und analog: hier wurde B als A
gebraucht, wobei B aber gleichsam der Quere nach gelesen
wurde. Oder: B wurde als A gebraucht,
aber die neue Gleichung || der neue Satz || das neue
Zeichen wird aus u & v & w so
zusammengestellt, daß, indem man
nun﹖ A aus B herausliest, man nicht
u & v & w in jener
Art von Verkürzung liest, in der man die Prämisse im
Folgesatz vor sich hat. || … im
Folgesatz liest. || … daß, indem man nun A aus
B herausliest, u & v & w nicht in
jener Art von Verkürzung erscheint, in der man
die Prämisse im Folgesatz
liest. |
Was heißt es
nun: “Ich mache Dich drauf aufmerksam,
daß hier in beiden Funktionszeichen das
gleiche Argument || Zeichen
steht (vielleicht hast Du es nicht bemerkt)”?
Heißt das, daß er
den Satz nicht verstanden hatte? Und doch hat er etwas
nicht bemerkt, was wesentlich zum Satz gehörte; nicht
etwa,
(so﹖), als
hätte er eine externe Eigenschaft des Satzes nicht
bemerkt. (Hier sieht man wieder, welcher Art das ist,
was man
“verstehen || Verstehen || verstehen
eines Satzes” nennt.) |
∣ Denken wir uns, wir
läsen die Sätze eines Buches verkehrt, die Worte in
umgekehrter Reihenfolge; könnten wir nicht dennoch den Satz
verstehen? Und klänge er jetzt nicht ganz
unsatzmäßig? ∣ |
Das Bild vom längs und quer Durchlaufen ist natürlich wieder ein logisches Bild und darum ein ganz exakter Ausdruck eines grammatischen Verhältnisses. Es ist also nicht davon zu sagen: “das ist ein bloßes Gleichnis, wer weiß, wie es sich in der Wirklichkeit 445 verhält”. || Der Vergleich vom längs und quer
Durchlaufen ist wieder﹖ ein logisches
Bild und darum nicht ein unverbindliches Gleichnis, sondern
ein korrekter Ausdruck eines grammatischen
Verhältnisses || einer grammatischen Tatsache. || … und darum nicht als unverbindliches
Gleichnis über die Achsel anzusehen, sondern
eines grammatischen Verhältnisses || einer grammatischen Tatsache.
|
Wenn ich sagte, das neue
Zeichen mit den Hervorhebungen müsse ja doch aus dem alten
ohne die Hervorhebungen abgeleitet sein ||
entstehen, so
heißt das nichts, weil ich ja das Zeichen mit
den Hervorhebungen abgesehen von seiner Entstehung betrachten
kann. Es stellt sich mir dann
(Frege) dar, als drei
Gleichungen, d.h., als die Figur dreier
Gleichungen mit gewissen Unterstreichungen
etc..
Daß diese Figur ganz analog der der drei Gleichungen ohne den Unterstreichungen ist, ist allerdings bedeutsam, wie es ja auch bedeutsam ist, daß die Kardinalzahl 1 und die Rational 1 analogen Regeln unterworfen sind, aber es hindert nicht, daß wir hier ein anderes || neues Zeichen haben. |
Ich treibe jetzt etwas ganz Neues
mit diesem Zeichen. |
Verhält es sich hier nicht so, wie in dem Fall, den ich
einmal annahm, daß der Kalkül der
Wahrheitsfunktionen von Frege
und Russell mit der
Kombination non-p
& non-q der
Zeichen “non”
und “ & ”
betrieben worden
wäre, ohne daß man das gemerkt
hätte, und daß nun
Scheffer,
statt eine neue Definition zu geben, nur auf eine
Eigentümlichkeit der bereits benützen Zeichen
aufmerksam gemacht hätte. 446 |
Man
hätte immer Dividieren können, ohne je auf die
Periodizität aufmerksam zu werden. Hat man sie
gesehen, so hat man etwas Neues
gesehen || gesehn.
|
Könnte man das aber
dann nicht ausdehnen und sagen: “ich hätte
Zahlen miteinander multiplizieren können, ohne je auf den
Spezialfall aufmerksam zu werden, in dem ich eine Zahl mit sich
selbst multipliziere, und also ist
x² nicht einfach
x ∙ x”. Die
Schaffung des Zeichens “x²”
könnte man den Ausdruck dafür nennen,
daß man auf diesen Spezialfall aufmerksam
geworden ist. Oder, man hätte (immer)
a mit
b multiplizieren und
durch c dividieren können, ohne darauf
aufmerksam zu werden, daß man
“(a ∙ b)/c” auch”a ∙ (b/c)”
schreiben kann und daß das analog
a ∙ b ist. Und weiter:
das ist doch der Fall des Wilden, der die Analogie zwischen
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ und
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ noch nicht sieht, oder die,
zwischen ❘ ❘ und ❘ ❘ ❘ ❘ ❘. |
∣ Ein Satz, der auf einer falschen
Rechnung beruht (wie etwa “er teilte das 3 m
lange Brett in 4 Teile zu je 1 m”) hat
keinen Sinn || ist unsinnig
und das wirft ein Licht auf den Sinn der
Ausdrücke “Sinn haben” und “etwas
mit dem Satz meinen. || … und das
beleuchtet, was es heißt “Sinn zu
haben” und “etwas mit dem Satz
meinen”. ∣ |
∣ Es hat Sinn zu sagen: Ich
verteile unter viele. Aber der Satz “ich
konnte die vielen Nüsse nicht unter die vielen Menschen
verteilen” kann nicht heißen,
daß es logisch unmöglich war.
Man kann auch nicht sagen: “in manchen
Fällen ist es möglich, viele unter viele zu verteilen
und in manchen nicht”; denn darauf frage ich: in
welchen Fällen ist dies möglich und in
welchen unmöglich? und darauf 447 könnte nicht mehr im
Viele-System geantwortet werden. ∣ |
In der Notation
“x²” verschwindet ja
wirklich die Möglichkeit, das eine der
x || den einen
der Faktoren x
durch eine andere Zahl zu ersetzen.
Ja, es wären zwei Stadien der Entdeckung (oder
Konstruktion) von x²
denkbar. Daß man etwa zuerst statt
“x²”
“x = ”
setzt, ehe es Einem nämlich auffällt,
daß es das System
x ∙ x, x ∙ x ∙ x,
etc. gibt, und daß man
dann erst hierauf kommt.
Ähnliches ist in
der Mathematik unzählige Male vorgekommen.
(Liebig bezeichnete
ein Oxyd noch nicht so, daß der Sauerstoff
darin || in der Notation als
gleichwertiges Element mit dem oxydierten ||
… als Element wie das oxydierte
auftrat. Und, so seltsam das klingt, man könnte
auch mit allem uns heute bekannten Daten dem Sauerstoff
durch eine ungeheuer künstliche Interpretation –
d.h. grammatische Konstruktion – eine
solche Ausnahmsstellung verschaffen; natürlich nur in der
Form der Darstellung.) |
[a + (b + 1)
und allgemein: [f1(1)
|
Mit den Definitionen
x ∙ x
= x², x ∙ x ∙ x =
x³ kommen nur die Zeichen
“x²” und
“x³” zur Welt (und
so weit war es noch nicht nötig, Ziffern als Exponenten zu
schreiben). 448 |
Man könnte die
Definition U sehen,
ohne zu wissen, warum Ich so
definiere. || so
abkürze.
Man könnte die Definition sehen, ohne ihren Witz zu verstehen. – Aber dieser Witz ist eben etwas Neues, das in ihr als spezieller Ersetzungsregel noch nicht liegt. |
Auch ist
“I” natürlich kein
Gleichheitszeichen, in dem Sinn wie sie in
u, w und
w stehen.
Aber man kann leicht zeigen, daß I gewisse formale Eigenschaften mit = gemeinsam hat. |
∣ Der
Prozeß der Generalisation || Verallgemeinerung schafft ein
neues Zeichensystem. ∣ |
Daß man sagt
“die Richtigkeit der Gleichung ist
bewiesen”, zeigt schon, daß Beweis
nicht jede Ableitung || Konstruktion
ist. || … Konstruktion der
Gleichung ist. |
Die eigentliche Entdeckung ist die, die mich
fähig macht, mit dem Philosophieren aufzuhören, wann ich
will. Die die Philosophie zur Ruhe bringt, so daß sie nicht mehr von Fragen gepeitscht ist || wird, die sie selbst in Frage stellen. Sondern es wird jetzt an Beispielen eine Methode gezeigt, und die Reihe dieser Beispiele kann man abbrechen. || kann abgebrochen werden. 449 |
Richtiger
hieße es aber: Es werden Probleme
gelöst (Beunruhigungen || Schwierigkeiten
beseitigt), nicht ein Problem. |
Es ist eine sehr wichtige Bemerkung,
daß c in
a nicht dieselbe Variable ist,
wie das c in
v und
w. Ich habe also den
Beweis nicht ganz richtig hingeschrieben, und zwar in einer
für uns sehr wichtigen Beziehung. In
A könnten wir statt
c etwa
n setzen, dagegen sind die
c in
v und
w identisch.
Es ist aber auch noch das zu fragen: kann ich nun aus A ableiten, daß i + (k + m) = (i + k) + m ist? und, wenn ja, warum dann nicht gleich aus B? Also ist auch a und b in A nicht identisch mit a und b in u, v und w? |
∣ Was die irrationalen Zahlen betrifft,
so sagte meine Untersuchung nur, daß es
falsch (oder irreführend) ist, von
Irrationalzahlen zu sprechen, indem man sie als
Zahlenart den Kardinalzahlen und Rationalzahlen
gegenüberstellt, weil man “Irrationalzahlen” in
Wirklichkeit verschiedene Zahlenarten nennt, – von
einander so verschieden, wie die Rationalzahlen von jeder
dieser Arten. ∣ |
∣ Die Frage nach der
Verifikation ist nur eine andere Form der Frage “wie
meinst Du das?”. ∣ |
∣ Es ist nicht nur höchst
bedeutsam, daß man die Gruppe
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ auf vielerlei Arten sehen kann
(in vielerlei Gruppierungen), sondern
(noch﹖) viel mehr
bemerkenswert, daß man es
willkürlich tun kann. D.h.,
daß es einen ganz bestimmten Vorgang gibt,
eine bestimmte “Auffassung” auf Befehl zu
bekommen; und daß es –
dem entsprechend
– auch 450 einen ganz bestimmten Vorgang des
vergeblichen Versuchens gibt. So kann man auf Befehl die
Figur so sehen, daß der eine oder andere
Vertikalstrich die Nase, dieser oder jener Strich
der Mund wird, und kann unter Umständen das eine oder das
andere vergeblich versuchen. ∣ |
∣ Das Wesentliche ist hier,
daß dieser Versuch den Charakter
desjenigen hat, ein Gewicht mit der Hand zu heben; nicht den
Charakter des Versuchs, in welchem man Verschiedenes tut,
verschiedene Mittel ausprobiert, um z.B. ein
Gewicht zu heben. In den zwei Fällen hat das Wort
“Versuch” ganz verschiedene Bedeutungen.
(Eine außerordentlich
folgenreiche grammatische Tatsache.) ∣ |
Heißt, was
ich oben geschrieben habe, etwas anderes, als
daß der Schein des algebraischen Beweises von
A dadurch entsteht,
daß wir in den Gleichungen
A die gleichen Variablen
a,
b,
c wieder zu finden meinen, wie
in u,
v, w und daher
A für das Resultat einer
Transformation jener Gleichungen ansehen.
(Während ich ja in Wirklichkeit dem Schriftzeichen
“u v
w” eine ganz
neue Auffassung gebe, worin es liegt, daß
das c in
v und
w nicht in derselben
Weiß als Variable gebraucht wird, wie
a und
b. So
daß es also ein Ausdruck dieser andern
Auffassung von B ist,
daß in A das
c nicht vorkommt.)
|
∣ Wenn auf die
Lösung – etwa – des
Fermat'schen Problems Preise ausgesetzt sind, so könnte man
mir vorhalten: Wie kannst Du
behaupten, || sagen, daß es
dieses Problem nicht gebe, wenn Preise auf die
Lösung ausgesetzt sind, so muß es
das Problem wohl geben. Ich
müßte sagen: 451 Gewiß,
nur mißverstehen die, die darüber reden,
die Grammatik des Wortes “mathematisches Problem”
und des Wortes “Lösung”. Der Preis
ist eigentlich auf die Lösung einer naturwissenschaftlichen
Aufgabe gesetzt; (gleichsam) auf das
Äußere
der Lösung (darum spricht man z.B. auch
von einer Riemann'schen Hypothese). Die
Bedingungen der Aufgabe sind
äußerliche; und wenn die Aufgabe
gelöst ist, so entspricht, was geschehen ist, der
gestellten Aufgabe || der Stellung der
Aufgabe, wie die Lösung einer physikalischen
Aufgabe dieser Aufgabe. |
Wäre die Aufgabe, eine Konstruktion des
regelmäßigen Fünfecks zu finden,
so ist die Konstruktion in dieser Aufgabestellung durch das
physikalische Merkmal charakterisiert, daß
sie tatsächlich ein durch Messung definiertes
regelmäßiges Fünfeck liefern
soll. Denn den Begriff der
konstruktiven Fünfteilung
(oder des konstruktiven Fünfecks)
haben wir ja noch gar nicht. ||
erhalten wir ja erst durch die Konstruktion.
|
Ebenso im
Fermat'schen Satz haben wir ein empirisches Gebilde, das wir als
Hypothese deuten, also – natürlich –
nicht als Ende einer Konstruktion. Die Aufgabe fragt also,
in gewissem Sinne, nach etwas Anderem, als was die Lösung
gibt. ∣ |
∣ Natürlich steht auch der Beweis des Gegenteils des
Fermat'schen Satzes, z.B., im gleichen
Verhältnis zur Aufgabe, wie der Beweis des Satzes.
(Beweis der Unmöglichkeit einer
Konstruktion.) ∣ |
(Der Philosoph übertreibt, schreibt gleichsam, in
seiner Ohnmacht, so lange er den Kern der Konfusion noch nicht
entdeckt hat.) 452 |
Ich sage,
(a + b)² =
etc. ist mit Hilfe von A1,
A2,
etc., bewiesen, weil die
Übergänge von
(a + b)² zu
a² +
2ab + b² alle von der Form
A1, oder
A2
etc., sind. In diesem Sinne ist in
III auch der
Übergang von (b + 1) + a auf
(b + a) + 1 nach
A1 gemacht, aber nicht
der Übergang von
a + n auf
n + a! |
Es zeigt mir jemand die Komplexe
B und ich sage “das
sind keine Beweise der Gleichungen A”. Nun sagt
er: Du siehst aber noch nicht das System, nach dem
diese Komplexe gebildet sind”, und zeigt es mir || und macht mich darauf
aufmerksam. Wie konnte das die
B zu beweisen machen? – |
Durch diese
Einsicht steige ich in eine andere, sozusagen höhere,
Ebene; während der Beweis auf der
tieferen hätte geführt werden müssen || geführt werden
müßte. |
Nur ein bestimmter
Übergang von Gleichungen zu einer
Gleichung ist ein Beweis dieser letzteren.
﹖– Dieser ist hier nicht
gemacht || Dieser findet hier nicht
statt –﹖ und alles
Andere kann auf die Sprache keinen
Einfluß
(mehr﹖) haben. || … und alles Andere kann
B nicht mehr zum Beweis von
A
machen. |
Aber kann ich eben nicht sagen, daß,
wenn ich dies über A bewiesen habe, ich damit
A bewiesen habe?
Und woher kam dann überhaupt die Täuschung,
daß ich es dadurch bewiesen
hätte? denn diese muß doch
einen tieferen Grund haben. 453 |
Nun, wenn es eine Täuschung ist, so
kam sie jedenfalls von unserer
Ausdrucksweise in der Wortsprache her “dieser Satz gilt
für alle Zahlen”; denn der algebraische
Satz war ja nach dieser Auffassung nur eine andere
Schreibweise dieses Satzes (der
Wortsprache). Und diese
Ausdrucksweise ließ den Fall
aller Zahlen mit dem Fall ‘aller
Menschen in diesem Zimmer’
verwechseln. (Während wir, um die Fälle zu
unterscheiden, fragen: Wie verifiziert man den
einen und wie den andern.) |
Wenn ich mir die Funktionen
f1,
f2,
F exakt
definiert || bestimmt
denke und nun das Schema des Induktionsbeweises
schreibe, –
auch dann kann ich nicht sagen, der Übergang von f1y und f2y sei auf Grund von r gemacht worden (wenn der Übergang in u, v, w nach r gemacht wurde – in speziellen Fällen r = u). Er bleibt, der Gleichung A entsprechend, gemacht und ich könnte nur sagen, ¤ er entspreche dem Komplex B, wenn ich nämlich ﹖– diesen als ein anderes Zeichen statt der Gleichung A auffasse –﹖. |
Denn das Schema des Übergangs
mußte ja u, v und w
enthalten. |
Tatsächlich ist R nicht
das Schema des Induktionsbeweises B3; dieses ist viel
komplizierter, da es das Schema B1 enthalten
454
muß |
Es ist nur dann nicht ratsam, etwas
‘Beweis’ zu nennen, wenn die übliche
Grammatik des Wortes ‘Beweis’ mit der Grammatik
des betrachteten Gegenstandes nicht übereinstimmt.
|
Die tiefgehende
Beunruhigung rührt am Schluß von
einem kleinen, aber offen zu Tage liegendem Zug des
überkommenen Ausdrucks her. |
(Die Philosophen sind oft wie kleine
Kinder, die zuerst mit ihrem Bleistift beliebige Striche auf
ein Papier kritzeln und nun || dann den Erwachsenen
fragen “was ist das?” – Das ging
so zu: Der Erwachsene hatte dem Kind öfters etwas
vorgezeichnet und gesagt: “das ist ein
Mann”, “das ist ein Haus”,
u.s.w.. Und nun macht das Kind
auch Striche und fragt: was ist nun
das?) |
Es wäre – nach den angenommenen Regeln
– falsch, das Gleichheitszeichen so zu
gebrauchen: ∆ … [(a + b)² = a ∙ (a + b) + b ∙ (a + b) = … = a² + 2ab + b²] . = . [(a + b)² = a² + 2ab + b²] wenn damit gemeint sein soll, daß die linke Seite der Beweis der rechten ist. Könnte man sich aber nicht diese Gleichung als Definition aufgefaßt denken? Wenn es z.B. immer Gebrauch gewesen wäre, statt der rechten Seite die ganze Kette anzuschreiben || hinzuschreiben, und man nun die Abkürzung einführte. 455 |
Freilich kann D als Definition aufgefaßt werden! Denn das links Zeichen wird tatsächlich gebraucht, und warum sollte man es nicht nach dieser Übereinkunft abkürzen. || … durch das rechte ersetzen. Nur gebraucht man dann dieses oder jenes anders, als er jetzt üblich ist. || … und warum sollte man es dann nicht nach dieser Übereinkunft abkürzen. Nur gebraucht man dann das rechte oder linke Zeichen anders, als wir es jetzt gebrauchen. || als es jetzt üblich ist. |
Es ist nie genügend hervorgehoben
worden, daß ganz
verschiedene Arten von Zeichenregeln in der Form der
Gleichung geschrieben werden. |
Die ‘Definition’
x ∙ x
= x² kann || könnte
so aufgefaßt werden,
daß sie nur erlaubt, statt des Zeichens
“x ∙ x” das Zeichen
“x²” zu setzen, also
analog der Definition 1 + 1 = 2; aber auch so (und so wird
sie tatsächlich aufgefaßt),
daß sie erlaubt,
a² statt
a ∙ a, und
(a + b)² statt
(a + b) ∙ (a + b) zu
setzen; auch so, daß für das
x jede beliebige Zahl
eintreten kann. |
Was heißt es, daß
R den
Übergang A ||
Übergang von der Form A
rechtfertigt? Es
heißt wohl, daß ich
mich entschieden habe, nur solche
Übergänge in meinem Kalkül
zuzulassen, denen ein Schema B entspricht, dessen Sätze
u, v, w wieder nach || aus
r ableitbar sein sollen.
(Und das hieße natürlich
nichts anderes, als daß ich nur die
Übergänge
A1,
A2,
etc., zuließe und diesen
Schemata B entsprächen.) ((Richtiger
wäre es, zu schreiben “und diesen Schemata der Form
R entsprechen”.
Ich wollte mit dem Nachsatz in der Klammer sagen, der Schein der
Allgemeinheit – ich meine, der Allgemeinheit des Begriffs der
Induktionsmethode – ist un 685 nötig, denn es kommt am
Schluß doch nur darauf hinaus,
daß die speziellen
Konstruktionen B1,
B2,
etc. um die Seiten der Gleichungen
A1,
A2,
etc. konstruiert wurden.
Oder: es ist ein Luxus, dann noch das
Gemeinsame dieser Konstruktionen zu erkennen; alles
was maßgebend ist, sind
diese Konstruktionen
(selber). Wenn alles, was da
steht, sind diese Beweise. Und der
Begriff, unter den die Beweise fallen, ist überflüssig,
denn wir haben nie etwas mit ihm gemacht. Wie der Begriff
Sessel überflüssig ist, wenn ich nur – auf die
Gegenstände weisend – sagen will “stelle dies
und dies und dies in mein Zimmer” (obwohl die drei
Gegenstände Sessel sind). (Und eignen
sich diese Geräte nicht, um darauf zu sitzen, so wird das
dadurch nicht anders, daß man auf eine
Ähnlichkeit zwischen ihnen
aufmerksam macht.) Das heißt
aber nichts anderes, als daß der einzelne
Beweis unsere Anerkennung als solchen braucht (wenn
‘Beweis’ bedeuten soll, was es bedeutet); hat
er die nicht, so kann keine Entdeckung einer Analogie mit anderen solchen Gebilden sie
ihm geben ||
verschaffen.
Und der Schein des Beweises entsteht dadurch,
daß u, v, w und A
Gleichungen sind, und daß eine allgemeine
Regel gegeben werden kann, nach der man aus B A bilden
(und es in diesem Sinne ableiten) kann.
Auf diese allgemeine Regel kann man nachträglich aufmerksam werden. (Wird man nun dadurch aber darauf aufmerksam, daß die B doch in Wirklichkeit Beweise der A sind?) Man wird da auf eine Regel aufmerksam, mit der man hätte beginnen können und mittels der und u man A1, A2, etc. hätte konstruieren || bauen können. Niemand aber würde sie in diesem Spiel einen Beweis genannt haben. |
Woher
dieser Konflikt: “Das ist doch kein
Beweis!” – “das ist doch ein
Beweis!”? 686 |
Man könnte sagen: Es ist
wohl wahr, ich zeichne im Beweis von B mittels u
die Konturen der Gleichung A nach, || die
Konturen der Gleichung A mittels u
nach, aber nicht auf die Weise, die ich
nenne, “A mittels u
beweisen”. |
Die Schwierigkeit, die in dieser || durch
diese Betrachtung zu überwinden ist || überwinden werden soll ist, den
Induktionsbeweis als etwas Neues, sozusagen, naiv zu
betrachten. |
Wenn
wir also oben sagten, wir können mit
R beginnen, so ist dieses
Beginnen mit R in
gewisser Weise Humbug. Es ist
nicht so, wie wenn ich eine Rechnung mit der Ausrechnung von
526 × 718 beginne. Denn
hier ist diese Problemstellung der Anfangspunkt eines Weges.
Während ich dort das R sofort wieder verlasse und wo
anders beginnen muß. Und wenn
es geschehen ist, daß ich einen Komplex von
der Form R
konstruiert habe, dann ist es wieder gleichgültig, ob ich mir
das früher äußerlich
vorgesetzt habe, weil mir dieser Vorsatz, mathematisch
(gesprochen),
d.h. im Kalkül, doch nichts geholfen
hat. Es bleibt also bei der Tatsache,
daß ich jetzt einen Komplex von der Form
R vor mir habe. |
Wir könnten uns denken,
wir kennten nur den Beweis B1 und würden nun sagen: Alles, was
wir haben, ist diese Konstruktion. Von einer
Analogie dieser mit anderen Konstruktionen, von einem
allgemeinen Prinzip bei der Ausführung dieser
Konstruktionen, ist gar keine Rede. – Wenn ich nun
so B und A sehe, muß ich
fragen: warum nennst Du das aber einen Beweis gerade von
A1? –
(ich frage noch nicht: warum nennst Du es einen
Beweis von A). Was hat dieser
Komplex mit A1 zu tun?
458 Als Antwort
muß er﹖ mich auf die Beziehung
zwischen A und B aufmerksam machen, die in V
ausgedrückt ist. |
Es zeigt uns jemand B1 und erklärt
uns den Zusammenhang mit A1,
d.i., daß die rechte
Seite von A so und so erhalten wurde, etc.
etc.. Wir verstehen ihn; und er fragt uns
(nun﹖): ist nun das ein
Beweis von A? Wir würden || werden antworten:
gewiß nicht!
Hatten wir nun alles verstanden, was über diesen Beweis zu verstehen war? Ja. Hatten wir auch die allgemeine Form des Zusammenhangs von B und A gesehen? Ja! Und wir könnten auch daraus schließen, daß man so aus jedem A ein B konstruieren kann und also auch umgekehrt A aus B |
Dieser Beweis ist nach einem bestimmten Plan
gebaut (nach dem noch andere Beweise gebaut sind).
Aber dieser Plan kann den Beweis nicht zum Beweis
machen. Denn wir haben jetzt hier nur die eine
Verkörperung dieses Planes, und können von dem Plan als
allgemeinem Begriff (ganz﹖)
absehen. Der Beweis muß für
sich sprechen und der Plan ist nur in ihm verkörpert, aber
selbst kein Bestandteil || kein Instrument
des Beweises. (Das wollte ich immer
sagen.) Daher nützt es mich nichts, wenn man
mich auf die Ähnlichkeiten zwischen
Beweisen aufmerksam macht, um mich davon zu überzeugen,
daß sie Beweise sind. |
Wenn ich sagte: “ob
p aus
q folgt,
muß aus p und
q allein zu ersehen
sein || hervorgehen”; so
müßte es
heißen: daß
p aus
q folgt, ist eine Bestimmung,
die den Sinn von p und
q bestimmt; 459 nicht etwas, das, von dem Sinn dieser
beiden ausgesagt, wahr ist. Daher kann man
(sehr) wohl die
Schlußregeln angeben, gibt damit aber Regeln
für die Benützung der Schriftzeichen an, die deren Sinn
erst bestimmen; was nichts andres heißt,
als daß diese Regeln willkürlich
festzusetzen sind; d.h. nicht von der
Wirklichkeit abzulesen, wie eine Beschreibung. Denn,
wenn ich sage, die Regeln sind willkürlich, so meine ich, sie
sind nicht von der Wirklichkeit determiniert, wie die Beschreibung
dieser Wirklichkeit. Und das
heißt; Es ist Unsinn, von ihnen zu
sagen, sie stimmen mit der Wirklichkeit überein,
überein; die Regel über die Wörter
“blau”, “rot”, etwa, stimmten
mit den Tatsachen, die diese Farben betreffen,
überein¤ etc.. |
Wenn ich nun früher sagte
“das ist doch kein Beweis”, so meinte ich
‘Beweis’ in einem bereits festgelegtem Sinne, in
welchem es aus A und B allein zu ersehen ist.
Denn in diesem Sinne kann ich sagen: Ich verstehe
doch ganz genau, was B tut und in welchem Verhältnis es zu
A steht. Jede weitere Belehrung ist
überflüssig und das ist kein
Beweis. || und das, was da ist, ist kein
Beweis. In diesem Sinne habe ich es nur
mit B und A allein zu tun; ich sehe
außer ihnen nichts und nichts
anderes || Anderes || anderes
geht mich an. Dabei sehe ich das Verhältnis nach der Regel V sehr gut || wohl, aber es kommt für mich als Konstruktionsbehelf gar nicht in Frage. Sagte mir jemand, während meiner Betrachtung von B und A, daß man auch hätte B aus A (oder umgekehrt) nach einer Regel konstruieren können, so könnte ich ihm nur sagen “komm' mir nicht mit unwesentlichen Sachen”. Denn das ist ja selbstverständlich, und ich sehe sofort, daß es B nicht zu einem Beweis von A macht. Denn, daß es so eine allgemeine Regel gibt, könnte nur zeigen || Denn diese allgemeine Regel könnte nur zeigen, daß B der Beweis von A und keinem andern Satz || der Beweis gerade von A ist, wenn es überhaupt ein Beweis wäre. 689
D.h., daß der
Zusammenhang zwischen B und A einer Regel
gemäß ist, kann nicht zeigen,
daß B ein Beweis von
A ist. Und jeder solche Zusammenhang
könnte zur Konstruktion von B aus A (und
umgekehrt) benützt werden. |
Wenn ich also sagte
“R || V wird ja gar nicht zur
Konstruktion benützt, also haben wir mit ihm
nichts zu tun”, so hätte es
heißen müssen: Ich habe
es doch nur mit A und B allein zu tun. Es
genügt doch, wenn ich A und B mit einander
konfrontiere und nun frage “ist B ein Beweis von
A”; und also brauche ich A nicht aus B nach
einer vorher festgelegten Regel zu konstruieren, sondern es
genügt, daß ich die einzelnen A
– wie viele es sind – den einzelnen B
gegenüberstelle. Ich brauche eine
Konstruktionsregel nicht; und das ist wahr. Ich brauche
eine vorher aufgestellte Konstruktionsregel nicht (aus der
ich dann erst die A gewonnen hätte). |
Ich meine: Im
Skolem'schen
Kalkül brauchen wir diesen Begriff nicht || brauchen wir keinen solchen
Begriff, es
genügt die Liste. Es geht uns nichts verloren, wenn wir nicht sagen “wir haben die Grundgesetze A bewiesen” || “wir haben die Grundgesetze A auf diese Weise bewiesen”, sondern bloß zeigen, daß sich ihnen – in gewisser Beziehung analoge – Konstruktionen zuordnen lassen. |
Der Begriff der Allgemeinheit
(und der Rekursion), der in diesen
Beweisen gebraucht wird, ist nicht allgemeiner, als er aus diesen
Beweisen unmittelbar herauszulesen ist. |
Die Klammer in R, welche u, v, und
w zusammenhält, kann weiter nichts bedeuten, als
daß wir den
Übergang in A (oder einem von
der 461 Form A) als berechtigt
ansehen, wenn die Glieder (Seiten) des
Übergangs in einer, durch das Schema
B charakterisierten Beziehung, zu einander stehen.
Es nimmt dann B den Platz von A. Und wie es
früher hieß: der
Übergang ist in meinem Kalkül erlaubt,
wenn er einem der A entspricht, so kann es jetzt
heißen || so
heißt es jetzt: er ist
erlaubt, wenn er einem der B entspricht.
Damit aber hätten wir noch keine Vereinfachung, keine Reduktion gewonnen. |
Der induktive Beweis zerlegt den
Übergang in A nicht.
Ist es nicht das, was macht, daß ich mich
dagegen sträube, ihn Beweis zu nennen? Warum
ich versucht bin zu sagen, er kann auf keinen Fall –
nämlich auch, wenn man A durch R und u
konstruiert – mehr tun, als etwas über den
Übergang zu
zeigen. |
Wenn
man sich einen Mechanismus aus Zahnrädern und diese aus lauter
gleichen, keilförmigen Stücken und je einem Ring, der
sie zu einem Rad zusammenhält, zusammengesetzt denkt, so
blieben in einem gewissen Sinne die Einheiten des Mechanismus
doch die Zahnräder. |
Es ist so: Wenn ein Faß aus
Dauben und Böden besteht, so halten doch
nur alle diese,
in dieser (bestimmten) Verbindung
(als Komplex) die Flüssigkeit und bilden als Behälter
neue Einheiten. |
Der Gleichungskalkül ist gegeben. In diesem
Kalkül hat ‘Beweis’ eine festgelegte || fixe Bedeutung. Nenne ich
nun auch die induktive Rechnung einen Beweis, so erspart
mir dieser Beweis doch 462 nicht die Kontrolle, ob die
Übergänge der Gleichungskette, nach
diesen bestimmten Regeln (oder Paradigmen)
gemacht sind. Ist das der Fall, so sage ich, die letzte
Gleichung der Kette sei bewiesen; oder auch, die Gleichungskette
stimme. |
Denken
wir uns eine Kette, sie besteht aus Gliedern und es ist
möglich, (je) ein solches Glied durch zwei kleinere zu
ersetzen. Die Verbindung, die die Kette macht, kann
dann, statt durch die großen, ganz durch
die kleineren || kleinen Glieder gemacht werden.
Man könnte sich aber auch denken,
daß jedes Glied der Kette aus – etwa
– zwei halbringförmigen Teilen bestünde, die
zusammen das Glied bildeten, einzeln aber nicht als Glieder
verwendet werden könnten. Es hätte nun ganz verschiedenen Sinn, einerseits, zu sagen: die Verbindung, die die großen Glieder machen, kann durch lauter kleine Glieder gemacht werden; – und anderseits: diese Verbindung kann durch lauter halbe große Glieder gemacht werden. Was ist der Unterschied? |
Der eine Beweis ersetzt eine
großgliedrige Kette durch eine
kleingliedrige, der andere zeigt, wie man die
(alten)
großen Glieder aus mehreren Bestandteilen
zusammensetzen kann. |
Ähnlichkeit, sowie || und
Verschiedenheit der beiden Fälle sind augenfällig || klar zu Tage liegend. |
Der Vergleich des Beweises mit
der Kette ist natürlich ein logischer Vergleich
und also ein vollkommen exakter Ausdruck dessen,
was er illustriert. 691 |
Denken wir uns, wir kontrollieren die
Rechnung (a + b)³ = …
in der ersten || auf die erste
Weise und beim ersten Übergang sagt
er: “ja, dieser Übergang
geschieht (wohl) || zwar
nach a.(b + c)
= ab + ac, aber stimmt das
auch?” Und nun zeigten wir ihm die Ableitung
dieser Gleichung im induktiven Sinne. – |
In einer Bedeutung
heißt die Frage “stimmt die
Gleichung G”:
läßt sie sich nach den Paradigmen
herleiten? – Im andern Fall
heißt es: lassen sich die Gleichungen
u, v, w nach dem Paradigma (oder den
Paradigmen) herleiten? – Und hier haben wir die
beiden Bedeutungen der Frage (oder des Wortes
‘Beweis’) auf eine Ebene gestellt
(in einem System ausgedrückt) und
können sie nun vergleichen (und sehen,
daß sie nicht Eines sind).
|
Und zwar
leistet dieser neue Beweis nicht, was man
annehmen könnte, daß er
nämlich den Kalkül auf eine kleinere || engere Grundlage setzte – wie
es etwa geschieht, wenn wir durch p ∣ q
p ⌵ q und
non-p
ersetzen, oder die Zahl der Axiome vermindern. Denn, wenn
man nun sagt, man habe alle die Grundgleichungen A aus
r allein abgeleitet, so
heißt hier das Wort
“abgeleitet” etwas
(ganz) andres. (Was man
sich bei dieser Versprechung erwartet, ist die Ersetzung der
großen Kettenglieder durch kleinere, nicht
durch zwei halbe Kettenglieder.) Und in einem
Sinne hat man durch diese Ableitungen alles beim alten
gelassen. Denn es bleibt im neuen Kalkül ein
Kettenglied des alten wesentlich als ein solches
bestehn. Die alte Struktur wird nicht
aufgelöst. So daß man sagen
muß, der alte Gang des Beweises bleibt
bestehen. Und es bleibt im alten Sinne
auch die Unreduzierbarkeit. 464 |
Man kann
daher auch nicht sagen, Skolem habe das algebraische System auf eine kleinere
Grundlage gesetzt, denn er hat es in einem andern Sinne
als dem algebraischen
‘begründet’. || denn er hat
es in einem andern Sinne, als dem der Algebra,
‘begründet’. |
“Ich
weiß, daß es
für diese Aufgabe eine Lösung gibt, obwohl ich die
Lösung || Art der Lösung
noch nicht habe”. – In
welchem Symbolismus
weiß ich es? || weißt Du es?
|
Lichtenberg: “Unsere ganze Philosophie ist
Berichtigung des Sprachgebrauchs, also, die Berichtigung einer
Philosophie, und zwar der allgemeinsten.” |
Wird ein Zusammenhang der
A durch die Induktionsbeweise mittels u gezeigt und ist
dies nicht das Zeichen dafür, daß wir es
hier doch mit Beweisen zu tun haben? – Es wird
nicht der Zusammenhang gezeigt, den ein Zerlegen
der Übergänge A im
Übergänge
r herstellen
würde. Und ein Zusammenhang
der A ist ja schon vor jedem Beweis zu sehen. |
Die Unruhe in der Philosophie kommt
daher, daß die 465 Philosophen die Philosophie falsch
ansehen, falsch sehen, nämlich gleichsam in (unendliche)
Längsstreifen zerlegt, statt in (endliche)
Querstreifen. Diese Umstellung der Auffassung macht die
größte
Schwierigkeit. Sie wollen also gleichsam den
unendlichen Streifen erfassen, und klagen,
daß es || dies nicht Stück
für Stück möglich ist. Freilich nicht, wenn
man unter einem Stück einen endlosen Längsstreifen
versteht. Wohl aber, wenn man einen Querstreifen als
Stück || Ganzes, definitives
Stück sieht. – Aber dann
kommen wir ja mit unserer Arbeit nie zu Ende!
Freilich || Gewiß nicht, denn
sie hat ja keins. |
(Der Philosoph ist nicht Bürger einer Denkgemeinde.
Das ist, was ihn zum Philosophen macht.) |
Die Worterklärung könnte
auch lauten: die Farbedieses Orts || , die dieser Ort hat, nenne ich
‘rot’. |
Aber das hätte doch nur Sinn, wenn Farbe im
Gegensatz zu etwas Anderm stünde, also etwa zu
Form. Ich könnte
also || so erklären:
die Farbe dieses Flecks heißt
“rot”, die Form “Kreis”.
Und hier stehen die Wörter “Farbe” und “Form” für Anwendungsarten (grammatische Regeln) und sind || bezeichnen in Wirklichkeit Wortarten, wie “Eigenschaftswort”, “Hauptwort”. Man könnte sehr wohl in der (gewöhnlichen﹖) Grammatik neben diesen Wörtern die Wörter “Farbwort”, “Formwort”, “Klangwort”, einführen. (Daß aber nicht jemand einwendet: “warum dann nicht auch ‘Baumwort’, ‘Buchwort’”!) |
Wenn ich sage
“die Farbe dieses Dings nenne ich
‘blau’”, so müssen die Worte
“die Farbe dieses Dings” bereits eine
Bezeichnung 466 der Farbe sein und als
solche dienen können. Diese Worte
präsentieren das Kind zur Taufe. |
Welches ist die
‘wirkliche Lage’ des Körpers,
den ich unter Wasser sehe, was, die ‘wirkliche
Farbe’ des Tisches. Hier macht eben die
Frage nach der Verifikation den Sinn der Worte || dieser Ausdrücke
klar. |
Der falsche
Ton in der Frage, ob es nicht primäre Zeichen (hinweisende
Gesten) geben müsse, während unsre Sprache auch
ohne die andern (Worte) || die andern, die
Worte, auskommen könnte, liegt darin,
daß man eine
Erklärung der bestehenden Sprache zu
erhalten erwartet, statt der bloßen
Beschreibung. |
(Statt der turbulenten Mutmaßungen und
Erklärungen wollen wir ruhige
Darlegungen || Konstatierungen
sprachlicher Tatsachen geben. || ﹖– von sprachlichen Tatsachen
geben –﹖.) || wollen wir die ruhige Festsetzung sprachlicher
Tatsachen.) |
Nicht die Farbe Rot tritt an Stelle des
Wortes “rot”, sondern die Gebärde, die auf
einen roten Gegenstand hinweist, oder das rote
Täfelchen. |
Nun sage ich aber: “Es gilt mit
Recht als ein Kriterium des Verstehens ||
Verständnisses des Wortes
“rot”, daß Einer einen
roten Gegenstand auf Befehl aus anders || anderen
gefärbten herausgreifen kann; dagegen ist das
richtige Übersetzen des Wortes
“rot” ins Englische oder Französische
467 kein Beweis des
Verstehens. Also ist das rote Täfelchen
ein primäres Zeichen für “rot”,
dagegen jedes Wort ein sekundäres || abgeleitetes
Zeichen.” ((Aber das zeigt nur, was
ich unter dem “Verstehen des Wortes
‘rot’” verstehe ||
meine. Und was
heißt “es gilt mit
recht …”?
Heißt es: Wenn ein Mensch
einen roten Gegenstand auf Befehl etc.
etc., dann hat er
erfahrungsgemäß auch das Wort
‘rot’ verstanden. Wie man sagen kann,
gewisse Schmerzen gälten mit Recht als Symptom dieser und dieser
Krankheit? So ist es natürlich nicht
gemeint. Also soll es wohl heißen,
daß die Fähigkeit rote
Gegenstände herauszugreifen der spezifische Test dessen ist,
was wir Verständnis des Wortes ‘rot’
nennen. Dann bestimmt diese Angabe,
also, was wir unter diesem Verständnis
meinen. Aber dann fragt es sich noch:
wenn wir das Übersetzen ins Englische
etc. als Kriterium ansähen, wäre es nicht
auch das Kriterium von dem, was wir ein Verständnis des Wortes
nennen? Es gibt nun den Fall, in welchem wir
sagen: ich weiß nicht, was das Wort
“rot” || ‘rouge’
bedeutet, ich weiß nur,
daß es das Gleiche bedeutet, wie das
englische ‘red’. So
ist es, wenn ich die beiden Wörter in einem
Wörterbuch auf der gleichen Zeile gesehen habe, und dies ist die
Verifikation des Satzes und sein Sinn. Wenn ich dann
sage “ich weiß nicht, was das
Wort “rot” || ‘rouge’
bedeutet”, so bezieht sich dieser Satz auf eine
Möglichkeit der Erklärung dieser Bedeutung und ich
könnte, wenn gefragt “wie stellst Du Dir denn vor,
daß Du erfahren könntest, was das Wort
bedeutet”, Beispiele solcher Erklärungen geben
(die die Bedeutung des Wortes “Bedeutung”
beleuchten würden). Diese Beispiele
wären dann entweder der Art, daß
statt des unverstandenen
Wortes || Worts ein
verstandenes – etwas das deutsche – gesetzt
würde, oder daß die Erklärung von
der Art wäre “diese(Pfeil) Farbe
heißt
‘violett’”. Im
ersten Falle wäre es für mich ein Kriterium
dafür, daß er das Wort
‘rouge’ versteht,
daß er sagt, es entspreche dem deutschen
‘rot’. “Ja”, wird man
sagen, “aber nur, weil Du schon
weißt, was das deutsche
‘rot’ bedeutet”. –
Aber das bezieht sich ja ebenso auf die hinweisende468 Definition. Das
Hinweisen auf das rote Täfelchen ist auch nur
darum || dann ein
Zeichen des Verständnisses, weil ||
wenn vorausgesetzt wird,
daß er die Bedeutung dieses
Zeichens versteht || kennt,
was so viel heißt, als
daß er das Zeichen auf bestimmte
Weise verwendet. – Es gibt also wohl || allerdings den Fall wo Einer sagt
“ich weiß,
daß dieses Wort dasselbe bedeutet wie
jenes, weiß aber nicht, was es bedeutet
(sie bedeuten)”. Willst Du den ersten Teil
dieses Satzes verstehen, so frage Dich: “wie
konnte er es wissen?”, – willst Du den
zweiten Teil verstehen, so frage: “wie kann er
erfahren, was das Wort bedeutet?” –
Ferner aber ist das Ersetzen eines Worts durch ein
andres, oder durch eine hinweisende Geste, nur sofern eine
Erklärung der Bedeutung, als wir sagen können,
daß wir die Bedeutung des
Definiens kennen. Endlich könnte
die Bedeutung eines Worts auch dadurch bestimmt sein,
daß es das Zeichen für die und die
Wörter ist (deren Bedeutung wir nicht kennen
brauchen). Es wäre dann etwa eine
Bezeichnung für die Klänge der Wörter
‘rouge’ und
‘red’, oder auch ein Begriffswort,
unter dessen Begriff alle Wörter fielen, die nach den
Lexiken gewisser Sprachen dem Worte
‘rouge’ entsprächen.))
|
Welches ist denn das
Kriterium unseres Verständnisses: das
Aufzeigen des roten Täfelchens, wenn gefragt wurde
“welches von diesen Täfelchen ist rot”,
– oder, das Wiederholen der hinweisenden Definition
“das(Pfeil) ist
‘rot’”? ((Ist denn das
Zweite nicht eine (Art﹖) Probe
zum Ersten? Wie, wenn die erste Aufgabe gelautet
hätte: zeige auf das rote Täfelchen mit den Worten
“diese Farbe nenne ich
‘rot’”? – Vergleiche
die beiden Aufgaben: “welche Farbe nennen wir
‘rot’”? und “welches ist
das rote Täfelchen”. Die erste dieser
Aufgaben lautet || heißt nicht
“welche dieser Farben nennst Du
‘rot’?” denn sonst könnte er
nun auf irgend eine Farbe zeigen und was von ihm verlangt war, war
nicht die Lösung einer Aufgabe im 469 ersten Sinn, sondern,
daß er eine willkürliche
Bestimmung || Festsetzung
mache. So wie die Aufgabe gestellt ist, verlange ich,
daß der Andre einer Festsetzung
gemäß handelt. Nun ist aber
ein Unterschied zwischen der Probe (Generalprobe) der
gewünschten Handlung und dieser Handlung selber.
Wir können uns denken, daß Einer
auf die Frage “welche Farbe nennen wir
‘rot’” auf ein grünes
Täfelchen zeigt und wir damit ganz zufrieden sind (und etwa
sagen “ich weiß, er meint das
Richtige”). Wenn wir dagegen die
Ausführung des Befehls “zeige auf das rote
Täfelchen” verlangen und er zeigt auf das grüne,
so sagen wir nun nicht “es ist in Ordnung, denn er meint das
Richtige”, sondern wir weisen diese Ausführung
als falsch zurück. Und ähnlich ist es immer,
wenn wir einerseits Proben des Verständnisses
(Generalproben der Ausführung) eines Befehls verlangen
und anderseits die Ausführung selbst. Aber auch,
was ich jetzt gesagt habe, ist etwas irreführend.
Denn, was ist das Kriterium dafür,
daß der, welcher sein Verständnis in
einer ungewöhnlichen Art (wie oben) zeigen
will “das Richtige meint”? Doch wohl
nur eine Handlung, von der man dann nicht wieder – quasi
entschuldigend – sagt “er meint das
Richtige”. Also z.B. die
richtige Ausführung des Befehls. In der
Logik können wir immer behaviouristisch denken, da
uns den Unterschied zwischen
Äußerem und
Innerem nichts angeht. Was ich aber oben sagte, ist
auch deshalb irreführend, weil ich, wenn mich das Hinweisen auf
ein grünes Täfelchen (als Antwort auf die Frage
“welche Farbe nennen wir
‘rot’”) befriedigt, zu dieser
Befriedigung einen Grund haben muß.
D.h.: weil mich doch dann nicht jede
beliebige Antwort hätte befriedigen können und ich also
in dem Sinne befriedigt bin, wie von der richtigen Ausführung
eines Befehls. Denn ich mußte
eben meine Gründe haben, zu sagen “er meint schon das
Richtige”. – Wieder zu den zwei
Aufgaben: Die Lösung beider betrachten wir als
Zeichen des Verständnisses. Hören wir jemand das
Wort ‘rot’ gebrauchen und zweifeln daran,
daß er es versteht, so können wir ihn
zur Prüfung fragen 470 “welche Farbe nennen wir
‘rot’”. Anderseits: wenn
wir jemandem die hinweisende Erklärung gegeben hätten
“diese(Pfeil) Farbe heißt
‘rot’” und nun sehen wollten, ob er
diese Erklärung richtig verstanden hat, so würden wir
nicht von ihm verlangen, daß er sie wiederholt,
sondern wir gäben ihm etwa die Aufgabe, aus einer Anzahl
von Dingen die roten herauszusuchen. In jedem Fall
ist das, was wir ‘Verständnis’ nennen, eben
dadurch || durch das
bestimmt, was wir als Probe des Verständnisses ansehen (durch
die Aufgaben bestimmt, die wir zur Prüfung des
Verständnisses stellen).)) |
Das Verstehen eines Satzes der Wortsprache
ist dem Verstehen eines musikalischen Themas (oder
Musikstückes) viel verwandter, als man glaubt.
Und zwar so, daß das Verstehen des
sprachlichen Satzes näher als man denkt dem
liegt, was man gewöhnlich das Verständnis des
musikalischen Ausdrucks nennt. – Warum pfeife ich das
gerade so? warum bringe ich den Rhythmus der
Stärke und des Zeitmaßes gerade auf
dieses ganz bestimmte Ideal? Ich möchte
sagen: “weil ich weiß,
was das alles heißt”
– aber was heißt es denn? – Ich wüßte es nicht zu
sagen, außer durch eine
Übersetzung in einen Vorgang vom gleichen
Rhythmus. Ich könnte nur sagen: so wohnt
dieses Musikstück in mir, diesen Platz nimmt
dieses Schema in meiner Seele ein. So als gäbe mir
jemand ein Kleidungsstück und ich legte es an
meinen Körper an und es nähme also dort eine
ganz bestimmte Gestalt an, indem es sich da ausdehnte,
dort zusammenzöge und nur dadurch und so
für mich Bedeutung gewönne. Diese Gestalt nimmt
dieses Thema als Kleid meiner Seele an. – Ja, man sagt manchmal: “Man
könnte das auch in diesem Tempo spielen, dann
heißt es aber etwas ganz
Anderes”. Und auf die Frage “was
heißt es denn?” wäre man
wieder in der alten Verlegenheit. Aber man könnte
sagen: nun dient es als Kopftuch, nun als Halstuch (nun
setze ich es so auf, nun so). ((Aber freilich
ist 471 der Teil der Seele, dem ich die
Melodie anziehe (nur﹖) eine
Fiktion, eine Ergänzung, die die Beschreibung des Kleides
erleichtert und wohl auch die Beschreibung seiner
Anwendung. Aber das Tuch von dem und dem Schnitt, in
dieser Lage und Ausdehnung im Raume und mit diesen
Wirkungen ist und bleibt alles was da ist.)) |
Auch wenn wir verstehen,
daß der Ausdruck “das ist
rot” zwei ganz verschiedene
Funktionen haben kann: als hinweisende Definition einerseits
(“die Farbe dieses Flecks nenne ich
‘rot’”), und als Aussage,
daß dieser Fleck rot ist, – so bleibt
doch die formale Verwandtschaft der beiden Zeichen
merkwürdig. (Die eben ihre häufige
Verwechslung hervorruft.) |
Ich kann nicht auf die Bedeutung eines Wortes
zeigen. Höchstens auf den Träger eines
Namens.) Das, was in der hinweisenden Definition auf der linken Seite des Gleichheitszeichens steht (wenn auf der rechten das Wort steht), ist nicht die Bedeutung des Wortes (das hieße nichts). |
“Dieses Buch hat die Farbe, die
‘rot’ heißt”
“Die Farbe, die dieses Buch hat,
heißt ‘rot’”
So klingen die beiden Sätze am ähnlichsten;
aber wir könnten offenbar auch einem dieser Sätze den
Sinn des andern geben. Aber in einem Fall setzen wir
den Gebrauch des Wortes fest, verkünden || enunciate also eine grammatische Regel, im
andern Fall machen wir eine Behauptung, die durch die
Erfahrung bestätigt oder
widerlegt werden kann. 472 |
Im einen
Fall machen wir den Zug eines bestehenden Spiels, im andern setzen
wir eine Spielregel fest. Man könnte auch das
Ziehen mit einer Spielfigur auf diese beiden
Arten auffassen: als Paradigma für
künftige Züge, und als Zug des Spiels. || und als Zug einer Partie (des
Spiels). |
∣ (Es könnte sich eine
seltsame Analogie daraus ergeben, daß
das Okular auch des riesigsten Fernrohrs nicht
größer sein darf ||
nicht größer ist, als
unser Auge.) ∣ |
Wie ist es, wenn ich für mich selbst eine
Bezeichnungsweise festsetze; wenn ich
z.B. für den eigenen Gebrauch gewissen
Farbtönen Namen geben will. Ich werde das etwa mittels
einer Tabelle tun (es kommt immer auf derlei
hinaus). Und nun werde ich doch nicht den
Namen zur falschen Farbe schreiben (zu der Farbe der ich ihn
nicht geben will). Aber warum nicht?
Warum soll nicht ‘rot’ gegenüber dem
grünen Täfelchen stehen und ‘grün’
gegenüber dem roten, etc.? –
Ja, aber dann müssen wir doch wenigsten wissen,
daß ‘rot’ nicht das
gegenüberliegende Täfelchen meint. – Aber
was heißt es “das wissen”,
außer, daß wir uns
etwa neben der geschriebenen Tabelle noch eine andere vorstellen,
in der die Ordnung richtiggestellt ist. –
“Ja aber dieses Täfelchen ist doch rot,
und nicht dieses!” –
Gewiß; und das ändert sich ja auch
nicht, wie immer ich die Täfelchen und Wörter setze;
und es wäre natürlich falsch, auf das grüne
Täfelchen zu zeigen und zu sagen “dieses ist
rot”. Aber das ist auch keine Definition,
sondern eine Aussage. – Gut, dann nimmt aber doch
unter allen möglichen Anordnungen die gewöhnliche (in der
das rote Täfelchen dem Wort ‘rot’
gegenübersteht) einen ganz besonderen Platz ein. – 473 |
((Da gibt es jedenfalls zwei verschiedene Fälle:
Es kann die Tabelle mit grün gegenüber
‘rot’ etc. so gebraucht werden, wie
wir die Tabelle in der gewöhnlichen Anordnung gewöhnlich
gebrauchen. Wir würden also etwa dem, der sie
gebraucht, von dem Wort ‘rot’ nicht auf das
gegenüberliegende Täfelchen blicken sehen, sondern
auf das rote, das schräg darunter steht. (Aber || (aber wir müßten auch diesen
Blick nicht sehen) und finden, daß er
dann statt des Wortes ‘rot’ in einem Ausdruck das
rote Täfelchen einsetzt. Wir würden dann
sagen, die Tabelle sei nur anders angeordnet (nach einem
andern räumlichen Schema), aber sie verbinde die
Zeichen, wie die gewohnte. – Es könnte aber
auch sein, daß der, welcher die Tabelle
benützt, von der einen Seite horizontal zur andern blickt und
nun in irgend welchen Sätzen das Wort ‘rot’
durch ein grünes Täfelchen ersetzt; aber nicht etwa auf
den Befehl ‘gib mir das rote Buch’ ein
grünes bringt, sondern ganz richtig das rote
(d.h. das, welches auch wir
‘rot’ nennen). Dieser hat nun die
Tabelle anders benützt, als der Erste, aber doch so,
daß ‘rot’ die gleiche
Bedeutung für ihn hatte, wie für uns.
(Zu einer Tabelle gehört übrigens wesentlich
die Tätigkeit des
Nachschauens || Aufsuchens in der
Tabelle.) Es ist nun offenbar der zweite
Fall welcher uns interessiert und die Frage ist: kann ein
grünes Täfelchen als Muster der roten
Farbe dienen? Und da ist es klar,
daß dies (in
einem Sinn) nicht möglich
ist. Ich kann mir eine Abmachung denken, wonach
Einer dem ich eine grüne Tafel zeige und sage, male mir diese
Farbe, mir ein Rot malt: wenn ich dasselbe sage und zeige ihm
blau, so hat er gelb zu malen u.s.w.
immer die komplementäre Farbe; und daher kann ich mir
auch denken, daß Einer meinen Befehl auch
ohne eine vorhergehende Abmachung so deutet. Ich kann
mir ferner denken, daß die Abmachung gelautet
hätte “auf den Befehl ‘male mir diese
Farbe’, male immer eine gelblichere, als ich Dir
zeige”; und wieder kann ich mir die Deutung auch ohne
Verabredung denken. Aber kann man sagen,
daß Einer ein rotes Täfelchen genau
kopiert, indem er einen bestimmten Ton von grün (oder ein
anderes Rot als das des Täfelchens) 474 malt und zwar so, wie er
eine gezeichnete Figur, nach verschiedenen Projektionsmethoden,
verschieden und genau kopieren kann? – Ist also
hier der Vergleich zwischen Farben und Gestalten richtig, und kann
ein grünes Täfelchen einerseits als der Name einer
Schattierung von rot stehen und anderseits als ein Muster
dieses Tones? wie ein Kreis als der Name einer bestimmten
Ellipse verwendet werden kann, aber auch als ihr
Muster. – Kann man also dort wie hier von
verschiedenen Projektionsmethoden sprechen, oder
gibt es für das Kopieren einer Farbe nur eine
solche: das Malen der gleichen Farbe? Wir meinen
diese Frage so, daß sie nicht dadurch
verneint wird, daß uns die
Möglichkeit gezeigt wird, mittels eines bestimmten
Farbenkreises und der Festsetzung eines Winkels von einem Farbton auf
irgend einen andern überzugehn. Das, glaube
ich, zeigt nun, in wiefern das rote Täfelchen gegenüber
dem Wort ‘rot’ in einem andern Fall ist, als das
grüne. Übrigens
bezieht sich, was wir hier für die Farben gesagt haben, auch
auf die Formen von Figuren, wenn das Kopieren ein Kopieren nach dem
Augenmaß und nicht eines mittels
Meßinstrumenten ist. – Denken
wir uns nun aber doch einen Menschen, der vorgäbe “er
könne die Schattierungen von Rot in Grün
kopieren” und auch wirklich beim Anblick des roten
Täfelchens mit allen
(äußeren)
Zeichen des genauen Kopierens einen grünen Ton mischte und so
fort bei allen ihm gezeigten roten Tönen. Der
wäre für uns auf derselben Stufe, wie Einer, der auf die
gleiche Weise (durch genaues Hinhorchen) Farben nach
Violintönen mischte. Wir würden
in dem || dem Fall sagen: “Ich
weiß nicht, wie er es
macht”; aber nicht in dem Sinne, als verstünden wir
nicht die verborgenen Vorgänge in seinem Gehirn oder seinen
Muskeln, sondern, wir verstehen nicht, was es
heißt “dieser Farbton,
sei || ist eine Kopie dieses
Violintones”. Es sei denn,
daß damit nur gemeint ist,
daß ein bestimmter Mensch
erfahrungsgemäß einen bestimmten Farbton
mit einem bestimmten Klang assoziiert (ihn zu sehen behauptet,
malt, etc.). Der Unterschied
zwischen dieser Assoziation und dem Kopieren, auch wenn ich
selbst beide Verfahren kenne, besteht darin || zeigt sich darin,
daß es für assoziierte475 Gestalt keinen Sinn hat, von
Projektionsmethoden zu reden, und daß ich
von dem assoziierten Farbton sagen kann “jetzt fällt mir
bei dieser Farbe (oder diesem Klang) diese Farbe ein, vor 5
Minuten war es eine andere”¤
etc.. Wir könnten auch niemandem sagen
“Du hast nicht richtig assoziiert”, wohl aber
“Du hast nicht richtig kopiert”. Und die
Kopie einer Farbe – wie ich das Wort gebrauche
– ist nur Eine; und es hat keinen Sinn
(hier﹖) von verschiedenen
Projektionsmethoden zu reden.)) |
Man könnte sich denken,
daß das Hindeuten auf ein grünes
Täfelchen, wenn ich will, daß der Andere
ein rotes Ding holt, ursprünglich als eine Art
Gaunersprache festgelegt worden wäre, sich dann aber bei mir
eingebürgert habe. Ich hätte
dann etwa in der ersten Zeit nach dieser Abmachung || in der ersten Zeit dieser
Übereinkunft mir auf
das grüne Täfelchen hin ein rotes vorgestellt (ein
rotes Bild wäre mir vor die Seele getreten –
was dasselbe heißt), später aber wäre das so wenig erfolgt, wie
etwa beim Hören des Wortes ‘rot’ und ich
würde jetzt den Befehl unmittelbar auf das grüne
Zeichen hin ausführen. || und ich
führte jetzt den Befehl unmittelbar auf
das grüne Zeichen hin
aus. Wenn das aber geschieht, ändert
es dann etwas an der Verwendung des grünen Zeichens,
daß ich mir einmal damit
etwas Rotes vorgestellt habe, ehe ich den roten Gegenstand
brachte? Das alles ist nur Geschichte.
((Soll das so viel heißen, als
daß eine Erklärung, eine Tabelle,
zuerst so gebraucht werden kann, daß man sie
“nachschlägt”; daß
man sie dann gleichsam im Kopf nachschlägt,
d.h., sie sich vor das innere Auge ruft
(oder dergleichen); und daß man endlich
ohne diese Tabelle arbeitet, also so, als wäre sie nie da
gewesen. In diesem letzten Fall spielt man also ein
anderes Spiel. Denn es ist nun nicht so,
daß jene Tabelle ja doch im
Hintergrund steht und man immer auf sie zurückgreifen kann;
sie ist aus unserm Spiel ausgeschieden und wenn ich auf sie
‘zurückgreife’, so tue ich, was der
Erblindete tut, der etwa auf den Tastsinn zurückgreift. 476 Eine
Erklärung ist das Anlegen einer Tabelle und sie wird
Geschichte, wenn ich die Tabelle nicht mehr
benütze. || Eine
Tabelle || Erklärung legt eine
Tabelle an und sie wird zur Geschichte, wenn ich
die Tabelle nicht mehr benütze.
Ich muß unterscheiden zwischen den
Fällen: wenn ich mich einmal nach einer Tabelle
richte, und ein andermal in
Übereinstimmung mit der Tabelle (der
Regel, welche die Tabelle ausdrückt) handle, ohne die
Tabelle zu benutzen. – Die Regel, deren Erlernung
uns veranlaßte jetzt so und so zu handeln,
ist als Ursache unserer Handlungsweise Geschichte und
(für uns) ohne Interesse.
Sofern sie aber eine allgemeine Beschreibung unserer
Handlungsweise ist, ist sie eine Hypothese. Es ist die
Hypothese, daß diese zwei Leute, die
am || über dem Schachbrett sitzen,
so und so handeln werden (wobei auch ein
Verstoß gegen die Spielregeln unter
die Hypothese fällt, denn diese sagt dann etwas darüber
aus, wie sich die Beiden benehmen werden, wenn sie auf diesen
Verstoß aufmerksam werden).
Die Spieler können aber die Regel auch benützen, indem
sie in jedem besonderen Fall nachschlagen, was zu tun ist; hier
tritt die Regel in die Spielhandlung selbst ein und verhält
sich zu ihr nicht, wie eine Hypothese zu ihrer
Bestätigung. “Hier gibt es aber eine
Schwierigkeit. Denn der Spieler, welcher ohne
Benützung des Regelverzeichnisses spielt, ja, der
nie eins gesehen hätte, könnte dennoch, wenn es
verlangt würde, ein Regelverzeichnis anlegen und zwar nicht
– behaviouristisch – indem er durch
wiederholte Beobachtung feststellte, wie er in diesem und in jenem
Fall gehandelt hat ||
handelt, sondern, indem er vor einem Zug stehend
sagt: “in diesem Fall zieht man
so‘.” – Aber wenn das so ist,
so zeigt es doch nur, daß er unter
gewissen Umständen eine Regel aussprechen wird, nicht,
daß er von ihr beim Zug
expliziten Gebrauch gemacht hat.
Daß er ein Regelverzeichnis anlegen
würde, wenn man es
verlangte || wird, wenn man es verlangt, ist eine Hypothese
und wenn man eine Disposition, ein Vermögen, ein
Regelverzeichnis anzulegen annimmt, so ist es eine psychische
Disposition auf gleicher Stufe mit einer
physiologischen. Wenn gesagt wird, diese Disposition
477 charakterisiert den
Vorgang des Spieles, so charakterisiert sie ihn als einen
psychischen oder physiologischen, was er tatsächlich ist.
(Im Studium des Symbolismus gibt es keinen Vordergrund und
Hintergrund, nicht ein sichtbares || greifbares
Zeichen und ein es begleitendes
unsichtbares || ungreifbares
Vermögen, oder Verständnis.
Kann nun aber nicht das grüne Zeichen auf mehrere Arten statt des Wortes ‘rot’ treten? Einmal als Wort, ein andermal als komplementär gefärbtes Zeichen? In dem letzteren Fall liegt natürlich eine Ähnlichkeit mit dem Kopieren der Farbe nach einer andern Projektionsmethode vor (das farbige Zeichen ist jetzt eine Art Muster). |
+ Es ist die
Frage: Wenn sich diese Regel ihrem Wesen nach nur auf
die Farben (oder Wörter) blau, rot, grün, gelb
bezieht, ist sie dann nicht identisch mit der, welche das
grüne Zeichen als Wort für “rot” und
umgekehrt etc. festsetzt? Denn eine
Regel || Allgemeinheit, die ihrem
logischen Wesen nach einem logischen Produkt äquivalent
ist, ist nichts anderes, als dieses logische
Produkt. (Denn man kann nicht sagen: hier ist das
grüne Zeichen; nun hole mir ein Ding von der
komplementären Farbe, welche immer das sein
mag.) D.h. “die
komplementäre Farbe von rot” ist keine
Beschreibung von grün.) Die Bestimmung, die
Komplementärfarbe als Bedeutung des Täfelchens zu nehmen,
ist dann, wie ein Querstrich in einer Tabelle;
ein
Querstrich in der Grammatik der Farben gezogen. Anders
wäre es, wenn die Regel (R)
hieße: das Täfelchen bedeutet
immer einen etwas dunkleren Farbton, als sein eigener || der seine ist. Man
muß nur wieder auf verschiedenen Sinn der
Farb- und der Gestaltprojektion
achten (und bei der letzteren wieder auf den Unterschied der
Abbildung nach visuellen Kriterien
und || von der
Übertragung mit
Meßinstrumenten). Das
Kopieren nach der Regel R ist
‘kopieren’ in einem andern Sinne als dem, in
welchem das Hervorbringen des gleichen Farbtons so genannt
wird. Es handelt sich also nicht um zwei
Projektionsmethoden vergleichbar, etwa, der 478 Parallel-
und der Zentralprojektion, durch die ich eine geometrische Figur
mit Zirkel und Lineal in eine andere projizieren kann.
(Die Metrik der Farbtöne.)
Wenn ich das berücksichtige, so kann ich also in dem veränderten Sinn des Wortes “Muster” (der dem veränderten Sinn des Wortes || Worts “kopieren” entspricht) das hellere Täfelchen zum Muster des dunkleren Gegenstandes nehmen. |
Die ursprüngliche Frage war: Könnten
wir nicht zur hinweisenden Erklärung von
‘rot’ ebensowohl auf ein grünes, wie
auf ein rotes Täfelchen zeigen? denn, wenn diese
Definition nur ein Zeichen statt des andern setzt, so sollte
dies doch aufs gleiche hinauslaufen || keinen
Unterschied machen. – Wenn die
Erklärung nur ein Wort für ein andres setzt, ist es
auch gleichgültig || so macht es auch
keinen. Bringt aber die Erklärung das
Wort mit einem Muster in Zusammenhang, so ist es nun nicht
unwesentlich, mit welchem Täfelchen das Zeichen verbunden wird
(denke auch wieder daran, daß eine
Farbe der andern nicht im gleichen Sinn zum Muster dienen kann, wie
ihr selbst). “Aber dann gibt es also
willkürliche Zeichen und solche, die nicht willkürlich
sind!” – Aber denken wir nur an die
Verständigung durch Landkarten, Zeichnungen, und
Sätze anderseits: die Sätze sind so wenig
willkürlich, wie die Zeichnungen. Aber die Worte
sind willkürlich. (Vergleiche die Abbildung
| = o,
– =
x) Wird denn aber ein Wort eigentlich als Wort
gebraucht, wenn ich es nur in Verbindung mit einer Tabelle
gebrauche, die den Übergang zu Mustern
macht? Ist es also nicht falsch, zu sagen, ein Satz
sei ein Bild, wenn ich doch nur ein Bild nach ihm und der Tabelle
zusammenstelle? Aber so ist also doch der Satz und
die Tabelle zusammen ein Bild? Also zwar nicht
adbcb allein, aber dieses Zeichen zusammen mit
Aber es ist offenbar, daß auch adbcb ein Bild von →←↑↓↑ genannt werden kann. Ja aber, ist nicht doch das Zeichen adbcb ein willkürlicheres Bild von →←↑↓↑ als dieses Zeichen von der Ausführung der Bewegung? Etwas ist auch an dieser Übertragung willkürlich 479 (die Projektionsmethode) und
wie sollte ich bestimmen, was willkürlicher ist?
Ich vergleiche also die Festsetzung der Wortbedeutung durch die hinweisende Definition, der Festsetzung einer Projektionsmethode zur Abbildung räumlicher Gebilde. Dies ist freilich nicht mehr als || wie ein Vergleich. Ein ganz guter Vergleich, aber er enthebt uns nicht der Untersuchung des Funktionierens der Worte, ﹖– getrennt von dem Fall der räumlichen Projektion –﹖. Wir können allerdings sagen – d.h. es entspricht ganz dem Sprachgebrauch –, daß wir uns durch Zeichen verständigen, ob wir Wörter oder Muster gebrauchen; aber das Muster ist kein Wort, und das Spiel, sich nach Worten zu richten, ein anderes als das, sich nach Mustern (zu﹖) zu richten. (Wörter sind der Sprache nicht wesentlich.) Kann man aber vielleicht sagen, daß Muster ihr wesentlich wären? (Muster sind der Benützung || dem Gebrauch von Mustern wesentlich, Worte, der Benützung || dem Gebrauch von Worten.) Was Worte leisten, können Muster nicht leisten, oder doch nur scheinbar, nämlich als Wörter gebraucht. Ich könnte natürlich – gegen den allgemeinen Gebrauch – festsetzen, Sprache sei nur, was mit dem Gebrauch von Mustern anfängt und aufhört, aber dann müßte dennoch in dieser Sprache mit Worten operiert werden. |
Die Frage war
ursprünglich: Muß ein
rotes Täfelchen ‘rot’
vertreten oder macht dies nur den Übergang
für uns leicht (natürlicher), wie es leichter ist,
sich in einer Tabelle zurechtzufinden, die nach dem
gewöhnlichen Schema, als
nach || in einer, die nach einem
verwickelteren Schema angeordnet ist? Und es ist
klar, daß ein grünes Täfelchen das
Wort “rot” so gut vertreten kann,
wie || als, ein blaues. Auch,
daß ein grünes nicht in dem Sinn als
Muster eines roten Farbtons dienen kann, wie ein Täfelchen von
diesem Farbton. – Es fragt sich nun:
Wenn es sich nur um die Bezeichnung der Farben rot,
grün, blau, gelb handelt, ist dann das rote Täfelchen in
einem andern Verhältnis zu ‘rot’ als zu
‘grün’, etc.?
D.h., kommt in diesem Fall das
Täfelchen überhaupt als Muster || als Muster
überhaupt in Betracht, oder nur als Wort? so
daß es dann 480 gleichgültig ist, welches
Täfelchen rot bezeichnet? – Ja, aber wir
müssen doch einen Weg haben, die Bedeutung, die
‘rot’ wirklich hat, im Gegensatz zu einer andern
festzulegen. – Eins ist klar: Wenn die
Täfelchen nicht als Muster fungieren, so ist kein Grund, warum
ich das Wort ‘rot’ eher einem farbigen
Täfelchen als einer bestimmten Zeichnung oder einem Klang
zuordnen soll; und das heißt:
Wenn die Täfelchen nicht als Muster irgend welcher Art
fungieren, so fungieren sie einfach als Worte. Kann ich
also sagen: wenn ein grünes Täfelchen rot
bezeichnen kann, dann nicht anders, als das a auf der
Violine? Aber man hat ein Gefühl, als wäre das
nicht so; als gäbe es hier eine Projektionsmethode (nur
nicht eine so bequeme wie die, welche rot in rot
projiziert), die rot in grün
projiziert. Wenn das so ist, so müssen wir wissen,
was diese Projektionsmethode, auf ein anderes Argument
angewandt, ergibt (denn eine Projektionsmethode ist wesentlich eine
Variable). Nun, da denken wir natürlich an
die Regel, eine Farbe durch ihr Komplement zu ersetzen. – Kommt aber das Kopieren überhaupt in Betracht,
wenn Worte definiert werden?
D.h., muß nicht
alles, wodurch ein Wort definiert ist, eo ipso, ein Wort
sein, als Wort wirken, auch wenn es ein farbiges Täfelchen ist
(und daher auch anders funktionieren
könnte)? Ist es also nicht so,
daß die Farbmuster, sobald sie
Wörter definieren, Wörter sind? – Aber es ist doch klar, daß wir
im Musterkatalog sehr wohl von den Nummern auf das Muster
übergehen und dieses dann auch als Muster gebrauchen
können. Wenn es auch wahr ist,
daß wir es nicht als Muster benützen
müssen, sondern auch als Wort benützen können
(zwei verschiedene Spiele). – Wenn aber die
Anzahl der Muster von vornherein bestimmt || beschränkt ist,
– ist dann Platz || Raum
für das Kopieren? Nun, ich kann doch auch dann
die Farbe des Zeichens kopieren. (Es kommt mir aber
z.B. gar nicht auf den genauen Ton an,
sondern nur darauf an, ob es ein Ton in der Nachbarschaft
von rot || ein Ton von Rot, Blau,
etc. ist. Ich kann aber auch so
kopieren, daß nur die Nachbarschaft der
gegebenen Farbe gewahrt bleibt.) 481 Wenn also mein Zeichensystem nur
aus den Wörtern “rot”,
“blau”, “grün”,
“gelb” und vier entsprechenden Farbtäfelchen
besteht, – ist eine Erklärung (Tabelle), die das
rote Täfelchen dem Wort “blau” zuordnet, auf
gleicher Stufe wie eine, die es mit “rot”
verbindet? Wenn ich festsetze, das blaue
Täfelchen solle rot bedeuten, u.s.w.
im Kreis der primären Farben, so folgt,
daß das rote Täfelchen gelb, das gelbe
grün, das grüne blau bedeutet und dieser Fall ist
ähnlich, wie der, der Bezeichnung durch die
Komplementärfarbe. Es ist klar,
daß ich mit Hilfe einer solchen Regel eine
Tabelle konstruieren kann (ohne noch aus der
Grammatik herauszutreten, also vor jeder Anwendung der
Sprache), indem ich erst “rot” mit dem blauen
Täfelchen und darauf dieses mit dem roten verbände,
etc.. Und das
heißt doch, daß
die eine Bezeichnung genau so gut ist, wie die andere, und in diesem
grammatischen System die gleiche Bezeichnung ist.
Ich habe durch die Bestimmung, das rote Täfelchen solle
blau bezeichnen u.s.w. im Kreise,
tatsächlich eine Projektionsmethode bestimmt, die sich auf die
internen Beziehungen der Farben stützt (wie die
Darstellung durch Komplementärfarben). Durch die
Angabe dieser Projektionsmethode wird die Bezeichnung von rot
mittels des blauen Täfelchens gleichwertig der, mittels des
roten. Das grüne Täfelchen kann also zum
Muster für rot werden, im System der Komplementärfarben
(vergleiche auch photographisches Negativ und
Positiv). Das Charakteristische an diesen
Projektionsmethoden ist, daß sie in eine
Tabelle münden (im Gegensatz zu den
räumlichen). Daher sind alle Regeln dieser Tabelle
gleichwertig. In diesem System ist also die Bezeichnung
von rot durch das rote Täfelchen nur eine
Bequemlichkeit. Nicht aber, wenn es sich um das
Hervorbringen des “genauen” Farbtons
handelt. ﹖– So weit die Farben
miteinander in internen Beziehungen
stehen –﹖, so weit kann man auch von der
einen natürlich auf die andere übergehen; ich meine,
einen Übergang in der Grammatik der Farben
selber machen im Gegensatz etwa zu einem geometrischen
Übergang auf einen bestimmten
gemalten Farbenkreis.)) 482 |
Das Wort in Anführungszeichen ist ein Muster. |
∣ Die Schwierigkeit, die
uns das Sprechen über den Gesichtsraum ohne Subjekt macht
und über “meine und seine
Zahnschmerzen”, ist die, die Sprache einzurenken,
daß sie richtig in den Tatsachen
sitzt. ∣ |
““Aber wenn ich, auf einen roten Gegenstand
zeigend, sage “diese Farbe nennt man
‘rot’”, gebe ich doch
gewiß nicht nur ein Zeichen statt des
andern! Und was wäre der Nutzen dieser
Ersetzung?”” – Ich gebe ihm ein
Zeichen, dessen Gebrauch er kennt, für eines, dessen Gebrauch
er nicht kannte, und lehre ihn damit den Gebrauch des
letzteren. ((Die Erklärung,
daß ich den Gebrauch eines Zeichens lehre,
indem ich es durch eins definiere, dessen Gebrauch ich
kenne – oder durch eine bestimmte Verbindung solcher Zeichen
– beschreibt || charakterisiert
auch den Fall der Erklärung eines mir bisher
unverständlichen spanischen Wortes durch das Wort
‘rot’. Hier gebe ich statt eines Wortes
ein anderes, im früheren Fall ein Muster statt eines
Worts.)) |
Wenn ich sage “diese Farbe nennt man
‘sepia’”, so habe ich in diesem Satz das
Wort ‘sepia’ noch nicht gebraucht.
(Auch nicht – wie jemand glauben || meinen
könnte – um zu sagen, daß
die Farbe des gezeigten Ortes sepia ist.) Gebrauche
ich nun in Hinkunft das Wort, so könnte ich immer statt seiner
die
Geste gebrauchen, durch die || den Hinweis gebrauchen,
durch den ich es damals erklärt habe. |
Wäre diese Geste nun in
jedem Fall unmittelbarer (oder leichter) zu verstehen, als
das Wort? So daß man sich nun in
der Bedeutung 483 des gebrauchten Zeichens nicht
irren könnte (kein Zweifel über die Deutung
möglich wäre), während das Wort erst einer
Erklärung bedürfte? So
daß zwar “bring' mir eine
gelbe Blume” auf eine Erklärung des Wortes
“gelb” zurückgreifen
müßte, aber der Befehl
“bring' mir eine solche Blume”
(wobei man auf ein gelbes Täfelchen deutet) eine weitere
Erklärung nicht zuließe.
Denken wir hier an den Befehl “bring' mir zwei
Äpfel” und
“bring' mir ❘ ❘
Äpfel”, denn ähnlich
verhält sich das Wort ‘rot’ zum roten
Täfelchen. ((Was hier nicht klar war, war
der Unterschied zwischen Muster und Wort und ihrem
Gebrauch. Dasselbe Muster und dasselbe Wort sind
verschiedener Verwendung fähig; dieses Muster kann
in verschiedener Weise als Muster, dieses Wort in
verschiedener Weise als Wort gebraucht werden. Sofern
sind Muster und Wort einander ähnlich, aber ihr Gebrauch ist
dennoch verschieden.)) |
“Aber es hat doch
gewiß etwas zu bedeuten,
daß ich bei der Erklärung eines
Namens gerade auf dessen Träger zeige”.
Zeigen ist doch wohl etwas, was geometrisch bestimmt ist || was durch räumliche Verhältnisse
definiert ist. Der Pfeil p zeigt auf
A und nicht auf B. Aber ich konnte
sehr wohl auf A zeigen und sagen “dieser
Punkt heißt
‘B’” und der Andere
könnte mich doch richtig verstehen, und wenn ich etwa sage
“wische B weg”, B wegwischen und nicht
A. – Freilich, aber dann
mußte er eben meine Erklärung anders
verstehen, als sie normalerweise verstanden
wird. – Aber was ist das Verstehen für ein
symbolischer Vorgang?
Mußte er sich also bei
meinen Worten die Hand unbedingt, auf B hinzeigend,
vorstellen? oder doch auf B hinblinzeln?
Aber, wenn er das auch während der Erklärung getan
hat: was hilft es ihm, wenn er nun das Zeichen
“B” gebrauchen soll? – Aber
eines ist doch klar: wenn ich Dir Herrn N.
vorstellen will (damit Du den Namen “N”
künftig verstehst), so kann ich wohl auf Herrn
M. zeigen (wenn etwa schon eine Abmachung betreffs
484 des Zeigens besteht),
aber Herr N. muß doch
jedenfalls anwesend sein. – Aber die Abmachung ist
ja jetzt nur Geschichte meines Verständnisses, also
gleichgültig, und zweitens braucht Herr N. nicht
gegenwärtig zu sein und die Vorstellung könnte doch so
verstanden werden, als wäre er hier. – Aber da
brauchst Du ja gerade das Wort “so verstanden
werden”! das heißt also,
Du gibst zu, daß bei der Vorstellung des
abwesenden N. durch Zeigen auf
M. etwas anderes (ein anderer
Komplementärvorgang in mir) stattfinden ||
vorgehen
muß, als bei (während) der
Vorstellung des anwesenden. Ja, ein
Komplementärvorgang (etwa ein ergänzender
Phantasiepfeil) sei nötig, wenn wir nicht auf
N. selbst zeigen. – Nein, das gebe ich
nicht zu: Dieses Verstehen
muß sich nicht in so einem Vorgang
äußern, sondern in der
Anwendung des Wortes “N”.
Wenn ich also den Andern frage “hast Du mich
verstanden”, so kann sich das in seinen weiteren
Erklärungen und Handlungen
äußern. Eben, wie ich
das Wort “rot” in einem Satz verstehen kann, ohne
rotes dabei zu halluzinieren. ((Auch hier wieder
Muster und Wort.
Gewiß könnte die hinweisende Geste
auf M. statt des Namens N. treten; dann
ist diese Geste ein anderes Wort. So wird sie aber
tatsächlich nicht gebraucht, denn sonst ist sie so gut wie
etwa ein Pfiff. Von der Vorstellung des N.
machen wir ganz andern Gebrauch, sie ist wesentlich ein Zeigen im
Raum und wir machen von der zeigenden Hand den Gebrauch,
daß ihr räumlich folgen.
(Daher﹖ ist es freilich auch richtig,
daß wir einen Pfeil nicht unbedingt in der
Richtung vom Schwanz zur Spitze, und auch nicht unbedingt in dieser
oder der entgegengesetzten Richtung, folgen
müssen.) Die zeigende Hand (oder der
Pfeil) werden nicht als Worte sondern als Muster gebraucht (und
sind als solche natürlich auch
vieldeutig). Wenn ich sagte “was nützt
mich das Hinblinzeln auf B bei der Erklärung des Namens
‘B’”, so hätte ich gleich
sagen können: was nützt mich diese
Erklärung. Denn die Erklärung
(der Vorgang der Erklärung) wird jedenfalls ein
anderer || eine andere dadurch, daß
ich, wenn sie in der früher beschriebenen Art gegeben wird,
dabei auf B schaue. 485 Und diese Erklärung ist ja
doch nur eine Tabelle, und wenn ich sie in Zukunft
benütze, so muß ich den
Prozeß (auf B zu schauen)
wiederholen. So benützt man ja eine
Erklärung ||
Tabelle. Es ist freilich möglich,
daß ich nach dem Kode
einer Gaunersprache bei den Worten “das ist Herr
N.” nicht auf diesen, sondern etwa auf
seinen Nebenmann, oder den Mann am andern Ende des Zimmers,
etc. etc., zeige, aber hier ist auch
die Art und Weise der Benützung dieser Erklärung
klar. Und ich kann freilich auch auf M.
zeigend zur Erklärung sagen “das ist Herr
N.” der gar nicht anwesend ist.
Aber da wird doch jeder fragen: warum tust Du das
überhaupt? und die Antwort wird dann eine
Erklärung etwa der Art sein: Wir haben ausgemacht,
ich werde auf einen Herrn zeigen, der eben solche Anzüge
trägt wie Herr N.; oder ich werde auf einen
Herrn zeigen, der in der gleichen Richtung von uns steht wie
N., oder der gleichen. Kurz, es wird
dann eben die Vorstellung des N. anders
funktionieren, als im normalen Fall und wird also eine Vorstellung in
anderem Sinne sein. Und zwar sowohl dann, wenn ich
mit dieser Vorstellung im Gedächtnis, wie mit einer Tabelle
arbeite, die ich nachsehe, als auch, wenn die
Erklärung für später nur noch als Beschreibung der
Benützung des Wortes “N.”
dient und nicht nachgeschlagen wird. Denken wir uns den
Vorgang, ich sage auf M. zeigend (in dem oben
beschriebenen Sinne) “das ist N., nun
geh' und erschlag' ihn. Worauf der
Andere richtig nicht M. erschlägt, sondern nach
dem Haus in der bezeichneten Richtung geht und N.
erschlägt. Er konnte sich dabei den Wortlaut der
Abmachung ins Gedächtnis rufen (nachschlagen).
Es mußte aber nicht geschehen, sondern er
führte den Befehl aus, als sei das die gewöhnliche Art,
diesen Befehl zu geben; dann fiel allerdings die Erklärung als
Hilfsmittel, als Teil des Kalküls
fort || weg. Dennoch gibt sie nun die
Grammatik seiner Sprache wieder, indem sie sie mit unserer Sprache
verbindet. – |
Als ich Lesen
lernte, zeigte man mir die Buchstaben und sprach sie dabei
aus. Diese Erklärung rufe ich mir nicht ins
Gedächtnis, wenn ich heute 486 lese; aber sie (ihr Wortlaut)
ist jetzt eine Beschreibung dessen, was tatsächlich
geschieht wenn ich lese. Freilich nur im Verhältnis
einer Hypothese zur Wirklichkeit. Und weiter wird
man finden, daß ich auf die Frage
“warum sprichst du dieses Wort so aus” mit einer
Erklärung jener Form antworte; wobei es dennoch so bleibt,
daß, als ich das Wort las, dieser Grund,
etwa als symbolischer Akt || Ausdruck, nicht vorhanden war.
Dies trifft übrigens alles, was ich seinerzeit über
das Motiv einer Handlung gesagt habe.
Wenn ich dem Andern den Befehl gegeben und ihm dabei zugenickt hätte mit den Worten “Du weißt schon, was ich meine”, so hätten diese Worte offenbar nur als Erinnerung an die in der Abmachung gegebene Übersetzung des Befehls in die normale Sprache Sinn. Wenn ich jemand, der Deutsch versteht, unter ganz gewöhnlichen Umständen den Befehl gebe “geh' zu Bett”, so werde ich ihm nicht zunicken “Du weißt schon, was ich meine”; und täte ich's, er würde nur – vielleicht in erstauntem Ton – den Wortlaut meines Befehls wiederholen, und zwar, um meine Bemerkung “Du weißt schon etc.” ad absurdum zu führen. Denn die richtige Antwort auf diese Bemerkung ist immer die Übersetzung des gegebenen Befehls in eine andere Sprache. – Wenn nun eine Replik früher lautete: “dann mußte er eben meine Erklärung anders verstehen”, so war das richtig, auch wenn der Vorgang (bei﹖) der Erklärung – auch im aufnehmenden Teil – genau der gleiche war, ob die Erklärung so oder so gemeint war. Denn, wie immer ich das Wort “Verstehen” auffasse, d.h., was immer ich als Kriterium des || seines Verständnisses ansehe, so wird die Übersetzung aus seiner Sprache in die meine ergeben müssen, daß die Erklärung “dieser Punkt heißt ‘B’” mit der hinweisenden Geste auf A in seiner Gebärdensprache dasselbe heißt || gleichbedeutend ist wie die gleichen Worte mit der hinweisenden Geste auf B in meiner Sprache. Die Erklärung ist ja die Übersetzung von einer Sprache in die andere und warum soll er diese Übersetzung bedürfen (selbst wenn er sie einst bedurft hat), warum soll die (ursprünglich) erklärte 487 Sprache nicht seine
Sprache sein. Aber die Erklärung als Regel der
Übersetzung von der einen Sprache in die
andere bleibt bestehen.)) |
Es liegt in der menschlichen Natur, das
Zeigen mit dem Finger so zu verstehen || so || so
aufzufassen. |
Nun gebe ich aber natürlich zu,
daß ich, ohne vorhergehende Abmachung
einer Chiffre, ein Mißverständnis
hervorrufen würde, wenn ich, auf den Punkt A zeigend,
sagte, dieser Punkt heißt
‘B’. Wie ich ja auch, wenn ich
jemandem den Weg weisen will, mit dem Finger in der Richtung weise,
in der er gehen soll, und nicht in der entgegengesetzten.
Aber auch ﹖– diese Art des
Zeigens –﹖ könnte richtig verstanden
werden, und zwar ohne daß dieses
Verständnis das gegebene Zeichen durch ein weiteres
ergänzte. Es liegt in der menschlichen Natur,
das Zeigen mit dem Finger so zu verstehen.
Und so ist die menschliche Gebärdensprache primär in
einem psychologischen Sinne. ((Die Schwierigkeit
ist die Grammatik des Wortes “meinen” klar zu
sehen. Aber der Weg dazu ist nur der über die Antwort
auf die Frage “welches ist das Kriterium dafür,
daß wir etwas so
meinen” und welcher Art ist der Ausdruck, dem dieses
“so” vertritt. Die
Antwort auf die Frage “wie ist das gemeint”
stellt die Verbindung zwischen zwei sprachlichen
Ausdrücken || zwischen zwei Sprachen
her. Also fragt auch die Frage nach
dieser Verbindung. Der Gebrauch der Hauptwörter
“Sinn”, “Bedeutung”,
“Auffassung” und anderer Wörter verleitet
uns, zu glauben, daß dieser Sinn
etc. dem Zeichen so gegenübersteht, wie das Wort,
der Name, dem Ding, das sein Träger ist. So
daß man sagen könnte:
“‘der Pfeil hat eine ganz bestimmte
Bedeutung.’ ist in einer ganz bestimmten Weise
gemeint, die ich nur faute de mieux wieder
durch ein Zeichen ausdrücken
muß”. Die Meinung, die
Intention wäre quasi seine Seele, die ich am
liebsten 488 direkt zeigen möchte, aber
auf die ich leider nur indirekt durch ihren Körper
hinweisen kann. – Wenn ich sage: “ich meine diesen Pfeil so, daß man ihm durch eine Bewegung in der Richtung vom Schwanz zur Spitze folgt”, so gebe ich eine Definition (ich setze ein Zeichen für ein andres), während es scheint, als hätte ich sozusagen die Aussage || Angabe des Pfeils ergänzt. Ich habe den Pfeil durch ein neues Zeichen ersetzt, das wir statt des Pfeiles gebrauchen können. – Gebrauchen können –. Während es scheint, als wäre der Pfeil selbst wesentlich unvollständig || unvollkommen, ergänzungsbedürftig, und als hätte ich ihm nun die nötige Ergänzung gegeben. Wie man eine Beschreibung eines Gegenstandes als unvollkommen erkennt und vervollständigt || vervollständigen kann. Als hätte der Pfeil die Beschreibung angefangen und wir sie durch den Satz vollendet. – Auch so: Wenn ich, wie oben sage “ich meine diesen Pfeil so, daß …”, so ﹖– macht es den Eindruck –﹖, als hätte ich jetzt erst das Eigentliche beschrieben, die Meinung; als wäre der Pfeil gleichsam nur das Musikinstrument, die Meinung aber die Musik, oder besser: der Pfeil das Zeichen – das heißt in diesem Falle – die Ursache des inneren, seelischen, Vorgangs und die Worte der Erklärung erst die Beschreibung dieses Vorgangs. Hier spukt die Auffassung des Satzes als des || eines Zeichens des Gedankens; und des Gedankens als eines Vorgangs in der Seele, oder im Kopf.)) |
Die Worte sind diskontinuierlich; die Wortsprache eine Abbildung
durch diskontinuierliche Zeichen. Das ist einer der
wichtigsten Gesichtspunkte, von dem man sie
betrachten muß. Aber
Ziffern sind ja auch Worte und wir haben das Dezimalsystem.
489 |
Wenn wir
einen geometrischen Beweis mit Zirkel und Lineal führen, so
bedienen wir uns eines Symbolismus mit kontinuierlichen
Symbolen. |
﹖– Vergiß hier
auch nicht, daß die Wortsprache nur
eine unter vielen möglichen Sprachen
ist –﹖ und es
Übergänge von ihr in die andern
gibt. Untersuche die Landkarte darauf || auf
das hin, was in ihr dem Ausdruck der
Wortsprache entspricht. |
Wenn man sagt “N.
existiert nicht”, so kann das verschiedenerlei
bedeuten. Es kann auch heißen,
daß ein Mann, der als er lebte diesen
Namen trug, nicht, oder nicht zu einer gewissen Zeit, in einem
gewissen Land existiert hat; aber auch,
daß spätere Geschichtsschreiber den
Charakter, den wir so (etwa
“Moses”) nennen,
erfunden haben, daß die und die Ereignisse
nie stattgefunden haben und ihr Held also nie gelebt hat.
D.h. also: kein Mensch hat
Moses geheißen
und diese Taten vollbracht; oder: das Ding, das Dir als Herr
N vorgestellt wurde, war eine Puppe;
etc.. Denken wir uns, es sagte uns
Einer, er habe Moses auf der
Straße gesehen. Wir würden
ihn fragen: “wie meinst Du das, Du hast ihn
gesehen? Wie wußtest Du
denn, daß er es war? und nun
könnte der Andre sagen: “er hat es mir
gesagt”, oder “er sah so aus, wie ich mir
Moses vorstelle”, oder
“er hatte diese und diese Merkmale”,
etc.. Ich will doch wohl das sagen, was
Russell dadurch
ausdrückt, daß der Name
Moses durch verschiedene
Beschreibungen definiert sein kann (“der Mann,
welcher ‘Moses’
hieß und zu dieser Zeit an diesem Ort
lebte”, oder “der Mann – wie immer er damals
genannt wurde – welcher die Israeliten durch die
Wüste führte”, oder “der Mann, der als
kleines Kind von der Königstochter aus dem Nil
gefischt wurde”, etc.
etc.). Und je nachdem wir die eine
oder andere Definition annehmen, bekommt der 490 Satz
“Moses hat existiert”
einen andern Sinn und ebenso jeder andere Satz, der von
Moses handelt. Man
würde auch immer, wenn uns jemand sagte “N
existiert nicht” fragen: “was meinst
Du? willst du sagen, daß …,
oder daß
…etc.?” – Wenn ich
nun sage: “N ist gestorben” so hat es
mit “N” gewöhnlich
etwa folgende Bewandtnis: Ich glaube,
daß ein Mensch N gelebt
hat: den ich 1.) dort und dort gesehen habe, der
2.) so und so ausschaut, 3.) das und
das getan hat und 4.) in der bürgerlichen Welt den
Namen “N” führt.
Gefragt, was ich unter “N” verstehe,
würde ich alle diese Dinge, oder einige von ihnen, und bei
verschiedenen Gelegenheiten verschiedene,
aufzählen. Meine Definition von
“N” wäre also: der Mann, von dem
alles das stimmt. Wenn aber nun einiges davon sich
als falsch erwiese, – wäre der Satz “N
ist gestorben” nun als falsch anzusehen? auch, wenn
nur etwas vielleicht ganz Nebensächliches, was ich von dem
Menschen glaubte, nicht stimmen würde; – und wo
fängt das Hauptsächliche an? Das
kommt nun darauf hinaus, daß wir den Namen
“N” in gewissen Sinne ohne feste Bedeutung
gebrauchen, oder: daß wir bereit
sind, die Spielregeln nach Bedarf zu verändern
(make the rules as we go along).
Das erinnert an das, was ich früher einmal über die
Benützung der Begriffswörter, z.B. des
Wortes “Blatt”, oder
“Pflanze”, geschrieben habe. – Und
hier erinnere ich mich daran, daß
Ramsey einmal betont
hat, die Logik sei eine “normative
Wissenschaft”. Wenn man damit meint, sie stelle
eine Ideal auf, dem sich die Wirklichkeit nur nähere, so
muß gesagt werden,
daß dann dieses “Ideal” uns
nur als ein Instrument der annähernden Beschreibung der
Wirklichkeit interessiert. Es ist allerdings
möglich, einen Kalkül genau zu beschreiben und zwar zu dem
Zweck, um dadurch eine Gruppe anderer Kalküle beiläufig
zu charakterisieren. Wollte
z.B. jemand wissen, was ein Brettspiel ist, so
könnte ich ihm zur Erklärung das Damespiel genau
beschreiben und dann sagen: siehst Du, so ungefähr
funktioniert jedes Brettspiel. – War es nun nicht ein Fehler von mir (denn so scheint es mir jetzt) anzunehmen,
daß der, der die Sprache gebraucht,
491 immer ein
bestimmtes Spiel spiele? Denn, war das nicht
der Sinn meiner Bemerkung, daß alles an einem
Satz – wie beiläufig immer er ausgedrückt sein mag
– ‘in Ordnung ist’? Aber wollte
ich nicht sagen: alles müsse in Ordnung sein,
wenn Einer einen Satz sage und ihn anwende? Aber
daran ist doch weder etwas in Ordnung noch in Unordnung, –
in Ordnung wäre es, wenn man sagen könnte: auch
dieser Mann spielt ein Spiel nach einem bestimmten, festen
Regelverzeichnis. Und setzt das nicht wieder voraus,
daß dieses ganze Regelverzeichnis
irgendwie schon in jedem einzelnen Zug des Spiels
gegenwärtig ist? Ist es nicht vielmehr so,
daß sich zwar zu jeder Handlung || Spielhandlung ein Regelverzeichnis
aufstellen ließe, dem sie entspricht,
daß wir aber dann in gewissen Fällen den
Gebrauch der Sprache als ein fortwährendes Wechseln des Spiels
(des Regelverzeichnisses) beschreiben
müßten ||
müssen (als ob Einer eine Partie Dame
anfinge und mitten im Spiel anfinge Schlagdame
zu spielen).
Und daß wir also sagen müssen, wir
betrachten die Sprache unter der Form des Spiels,
des Handelns nach einem Regelverzeichnis. |
Denn ich habe zur
Feststellung der Regel, nach der er handelt, zwei Wege
angegeben. Der eine, der hypothetische, bestand in der
Beobachtung seiner Handlungen und die Regel war dann von der
Art eines naturwissenschaftlichen Satzes. Der andere
war, den Andern zu fragen, nach welcher Regel er vorgehe.
Wie aber, wenn der erste Weg ﹖– kein
klares Resultat ergibt –﹖ und die Frage
keine Regel zu Tage fördert, wie es im Fall “N ist
gestorben” geschieht. Denn, wenn wir den,
der das sagte, fragen
“was ist N?” so wird er zwar
‘N’ durch eine Beschreibung erklären,
wird aber bereit sein, diese Beschreibung zu widerrufen und
abzuändern, wenn wir ihm den einen oder andern Satz
widerlegen ||
entziehen. Wie soll ich also die
Regel bestimmen ||
auffassen, nach der er spielt? er
weiß sie selbst nicht. Ich
könnte eine Regel nur nach dem bestimmen, was er auf die Frage
“wer ist N” in diesem Fall gerade
antwortet. 492 Steckt uns da nicht die Analogie der Sprache mit dem Spiel ein Licht auf? Wir können uns doch sehr wohl denken, daß sich Menschen auf einer Wiese damit unterhielten mit einem Ball zu spielen; und zwar so, daß sie verschiedene bestehende Spiele der Reihe nach anfingen, nicht zu Ende spielten und etwa dazwischen sogar planlos den Ball würfen, auffingen, fallen ließen etc.. Nun sagte Einer: die ganze Zeit hindurch spielen die Leute ein Ballspiel und richten sich daher bei jedem Wurf nach gewissen || bestimmten Regeln. – Aber – wird man einwenden – der den Satz “N ist gestorben” gesagt hat, hat doch nicht planlos Worte aneinander gereiht (und darin besteht es ja, daß er ‘etwas mit seinen Worten gemeint hat’). – Aber man kann wohl sagen: er sagt den Satz planlos, was sich eben in der beschriebenen Unsicherheit zeigt. Freilich ist der Satz von irgendwo hergenommen und wenn man will, so spielt er nun auch ein Spiel mit sehr primitiven Regeln; denn es bleibt ja wahr, daß ich auf die Frage “wer ist N” eine Antwort bekam, oder eine Reihe von Antworten, die nicht gänzlich regellos waren. – Wir können sagen: Untersuchen wir die Sprache auf ihre Regeln hin. Hat sie dort und da keine Regeln, so ist das das Resultat unsrer Untersuchung.)) |
Wenn aber der Träger dem Namen abhanden
kommen, oder nie existiert haben, kann, so
mußte man beim Gebrauch des Namens von
vornherein damit rechnen. Das
mußte in seiner Bedeutung liegen.
((Es sei denn, daß wir diese
Bedeutung geändert haben, oder, daß das
Wort keine bestimmte Bedeutung hatte; denn
welches ist die Bedeutung, wenn er sie nicht angeben
kann? Nun, wir werden sein tatsächliches Verhalten
durch ein “Schwanken zwischen mehreren
Bedeutungen” beschreiben können. Es ist
wohl wesentlich, daß ich ihn fragen
kann: was hast Du eigentlich gemeint. Und als
Antwort wird er mir vieles sagen, und sich etwa an mich
wenden, daß ich ihm das Regelverzeichnis
einrichte, das seinem Zweck entspricht. 493 Es wird sich dann in unserm
Gespräch oft die Redeweise finden “Du wolltest also
eigentlich sagen …” (und diese kann wieder ganz
mißverstanden werden – sie ist keine
Beschreibung des damaligen Geisteszustands des
Sprechenden; als ob das “was er sagen wollte”
irgendwo in seinem Geist ausgedrückt gewesen
wäre). Aber hier ist eine Gefahr: Es
scheint nämlich dann (leicht),
als landeten wir am Schluß
bei﹖ etwas, was wir mit unserer
gewöhnlichen Sprache gar nichts mehr ausdrücken
können. Das ist aber das sicherste
Zeichen,
(dafür),
daß wir fehl gegangen sind;
aus unserm Spiel herausgetreten sind. –
Was versteht man unter “allen Regeln des
Tennisspiels”? Alle Regeln, die in einem
bestimmten Buche stehen, oder alle, die der Spieler im Kopf
hat, oder alle, die je ausgesprochen wurden, oder gar:
alle die sich angeben lassen?! – Daher wollen
wir lieber nicht so vage von ‘allen
Regeln’ reden, sondern nur von bestimmten Regeln, oder
allen Regeln eines Verzeichnisses, etc..
Und das gleiche gilt von den Regeln über die Verwendung
eines Wortes. Wenn Einer mich, z.B.,
etwas fragt, so will ich, wenn ich ihm antworte, wissen ob diese
Antwort in seinem Spiel als Antwort auf seine Frage gilt; ob in
seinem Spiel dieser Satz aus jenem folgt || aus
dem, was er gesagt hat, folgt.
Für uns ist es genügend, daß es eine Frage gibt: “wie meinst Du das?” und daß als Antwort auf diese Frage das zuerst gegebene Zeichen durch ein neues ersetzt wird. – Der Einwand dagegen ist, daß mir eine Erklärung ja nichts hilft, wenn sie nicht die letzte ist, und daß sie nie die letzte ist. Ich kann zwar erklären: unter ‘Moses’ verstehe ich den Mann, wenn es einen solchen gegeben hat, der die Israeliten aus Ägypten geführt hat, wie immer er damals genannt worden sein mag und was immer er sonst getan oder nicht getan haben mag –, aber ähnliche Fragen ergeben sich nun in Bezug auf die Wörter dieses Satzes || dieser Erklärung (was nennst Du “Ägypten”? wen, “die Israeliten”? etc.). Ja, diese Fragen kommen auch nicht zu einem Ende, wenn wir etwa bei Worten || Wörtern wie ‘rot’, ‘dunkel’, ‘süß’, angelangt wären. Unrichtig war es nur, zu sagen, 494 daß mir
deshalb eine dieser Erklärungen nichts hilft. Im
Gegenteil, sie ist es gerade, was ich brauche, ja, alles, was
ich brauchen, und auch geben, kann. Und
wenn ich auf eine solche Erklärung hin sage jetzt
“weiß ||
versteh' ich, was Du
meinst”, so kann man nicht einwenden, das könne ich
ja doch nie verstehen; sondern seine Erklärung hat mir eben
das gegeben, was ich Verständnis nenne; sie hat
die Schwierigkeit beseitigt, die ich
hatte. Was uns quälte, ist, glaube ich, ganz in
dem Pseudoproblem ausgedrückt: Das Schachspiel
ist doch durch die Gesamtheit der Schachregeln konstituiert, –
was macht dann das Rücken einer Figur im Spiel zu einem
Schachzug, da doch dabei in keiner Weise alle Regeln des Schachspiels
beteiligt sind.)) |
Wenn man fragt “in welchem
Verhältnis stehen Namen und Sachen”, so kann die
Antwort sein: || ist die Antwort: in dem
Verhältnis der Hausnummer zum Haus. |
Ich erzähle jemandem von einem
Herrn N; er habe mit mir studiert; sei dann in das und
das Geschäft gekommen, etc.. Und nun
zeige ich ihm eine Gruppe von Leuten und sage: schau, ob
einer von diesen Herr N ist. – Das ist
doch so sinnlos, wie die Aufgabe, das Alter des Kapitäns zu
bestimmen, wenn die Dimensionen des Schiffs gegeben wurden.
Nicht mehr und nicht weniger sinnlos. –
Hätte ich das
Äußere des N
beschrieben, so wäre die Aufforderung nicht absurd.
((Es ist doch so, daß die
Aufforderung im einen Fall hätte lauten können:
schau Dir diese Leute an und sage, ob einer mit mir studiert
hat und dann nach Amerika gegangen ist. Im
andern Fall: schau Dir diese Leute an, und sage, ob einer
klein und dick ist und eine rote Nase hat. Es kommt
also darauf hinaus, daß der Name N in
den zwei Fällen (wenn die Aufforderung gelautet hätte
“schau, ob einer von ihnen N ist”)
495 verschiedene Bedeutung
gehabt hätte. – Nun ist aber doch auch die erste
Aufforderung nicht absurd, denn warum soll es Einem nicht
irgendwo anzusehen sein, daß
er mit mir studiert hat (etwa durch sein Alter)
etc.. Aber, sage ich
‘anzusehen’ in einem andern Sinn. –
Aber was heißt das? Dieser
Sinn kann nur ausgedrückt sein durch das, was auf die Frage
“wie ist es ihm anzusehen” zu antworten
ist; z.B. also durch die Bemerkung
“durch sein Alter”.
Die ich ja gemacht habe um zu erklären, wie der Ausdruck
gedeutet werden kann.)) |
Sage ich jemandem
“bringe eine rote Blume” und er
bringt eine, und nun frage ich” “warum hast Du mir
eine von dieser Farbe gebracht” – und er:
“das ist doch rot” || “diese Farbe nenne ich
‘rot’”: so ist
dies Letzte ein Satz der Grammatik. Er rechtfertigt eine
Anwendung des Worts. |
Fehlt dieser Satz || diese Regel
so ist die Grammatik des Worts (seine
Bedeutung) eine andere. |
Er hätte zweierlei sagen können:
1.) “ich bringe sie, weil sie rot ist (und
Du hast doch eine rote verlangt)”, 2.)
“ich bringe sie, denn diese Farbe nenne ich || nennst Du doch
‘rot’”. – Sind diese
beiden Verteidigungen gleichwertig?
((Ich hätte einfach fragen können:
heißt es dasselbe “dieses Ding
ist rot” und “die Farbe dieses Dings
heißt
‘rot’”. Zuerst könnte
ich da Fragen: auf welche Sprache heißt
sie so? Aber es ist doch
gewiß eine eindeutige Beschreibung, wenn ich
sage: bring' mir eine Blume von der Farbe, die auf
Deutsch ‘rot’
heißt. Die Verteidigung
hätte auch
lauten || heißen
können: “ich bringe sie, weil sie rot ist, denn
diese Farbe 496 nennst Du doch
‘rot’”. “Die Farbe
dieser Blume heißt auf Deutsch
‘rot’” ist derselbe Satz, wie
“der deutsche Satz ‘diese Blume ist rot’
ist wahr”.)) |
Die Wilden haben Spiele (oder wir nennen
es doch so), für die sie keine geschriebenen Regeln, kein
Regelverzeichnis besitzen. Denken wir uns die
Tätigkeit eines Forschers, die Länder dieser
Völker zu bereisen und Regelverzeichnisse für ihre
Spiele anzulegen. Das ist das genaue Analogen zu dem,
was der Philosoph tut. |
Die primären Definitionen (oder Definitionen mittels
primärer Zeichen) sind wohl die Regeln der Anwendung der Zeichen
auf die Dinge außerhalb der Welt der geschriebenen oder
gesprochenen Zeichen || sollen wohl die Regeln der Anwendung der
Zeichen auf die Dinge außerhalb der Welt der geschriebenen oder
gesprochenen Zeichen sein. Denn es gibt, praktisch
gesprochen, offenbar die Welt der Bücher und der Rede, und
anderseits die Welt außerhalb dieser.
Die primäre Regel soll quasi die “Verbindung der Zeichen mit dem Leben” herstellen. ((Dies bezieht sich offenbar nur auf die Welt der Wortsprache, nicht auf die Zeichnungen in den Büchern. Die Auffassung ist: Wenn ich die Zeichnung kopiere, kann ich dies unmittelbar tun; wenn ich aber |–||–| auf die, seinerzeit beschriebene, Art kopieren will, so geht das nur durch die Intervention einer Tabelle. Aber ist es selbstverständlicher, daß die Zeichnung gerade dieser (von mir angenommenen) Weise kopiert wird, als |–||–| nach der Regel | = o, – = x? Ja ist es sicher, daß ich während des Kopierens || beim Kopieren der Zeichnung die Regel des Kopierens nicht wechsle; sicherer, als daß ich beim Kopieren von |–||–| die Regel nicht wechsle? Die beiden sind, was das betrifft, auf genau der gleichen Stufe. Ist hier nicht Kontinuität und Diskontinuität der in die Augen springende Unterschied?)) 497 |
∣ Man kann in gewissem Sinn mit philosophischen
Irrtümern nicht vorsichtig genug umgehn, sie
erhalten so viel Wahrheit. ∣ |
Wenn ich sage “die Farbe
dieses Gegenstands heißt
‘violett’”, so muß
ich die Farbe mit den ersten Worten “die Farbe dieses
Gegenstands” schon benannt haben, sie schon zur Taufe
gehalten haben, damit der Akt der Namengebung
﹖– das sein kann, was er
ist –﹖. Denn ich könnte
auch sagen “der Name dieser Farbe (der Farbe
dieses Dings) ist von Dir zu bestimmen”, und
der den Namen gibt, müßte nun schon
wissen, wem er ihn gibt (an welchen Platz der Sprache
er ihn stellt). |
“Wenn ich nun auch sage || wir nun auch sagen, der
Träger des Namens ist nicht seine Bedeutung, so bestimmt doch
der Träger die Bedeutung: und wenn ich, auf ihn zeigend,
sage ‘das ist N’, so
ist die Bedeutung von ‘N’
bestimmt.” Aber es bestimmt hier schon das richtige Verstehen des Wortes ‘Träger’ in dem besondern Fall (Farbe, Gestalt, Ton, etc.) die Bedeutung bis auf eine letzte Bestimmung. |
“Aber ich habe ihn
gemeint”. Sonderbarer Vorgang, dieses
Meinen! Kann man jemanden meinen, auch wenn er in
Amerika und man in Europa ist?
Und || Oder gar, wenn er schon tot
ist? |
Die
Bedeutung des Namens ist seine Stellung (ich meine, seine
Funktion) im Spiel. |
“Ich will nicht verlangen,
daß in der erklärenden 498 Tabelle das rote Täfelchen,
horizontal gegenüber dem Wort ‘rot’ stehen
soll, aber irgend ein Gesetz des Lesens der Tabelle
muß es doch geben. Denn sonst
verliert ja die Tabelle ihren Sinn”. Ist es aber
gesetzlos, wenn die Tabelle so
aufgefaßt wird, wie die Pfeile
andeuten? “Aber
muß dann nicht eben das Schema vorher
gegeben werden?” Nur, sofern auch
das Schema früher gegeben wird.
|
““Wird
aber dann nicht wenigstens eine gewisse
Regelmäßigkeit im Gebrauch
gefordert?! Würde es angehen, wenn wir einmal
eine Tabelle nach diesem, einmal nach jenem Schema zu
gebrauchen hätten? Wie soll man denn
wissen, wie man diese Tabelle zu gebrauchen
hat?”” – Ja, wie
weiß man es denn
heute? Die Zeichenerklärungen
haben doch irgend einmal || irgendwo
ein Ende. |
∣ Es gibt eine Betrachtungsweise der
elektrischen Maschinen und Apparate (Dynamos, Radiostationen
etc. etc.), die sozusagen ohne
vorgefaßtes Verständnis diese
Gegenstände als eine Verteilung von Kupfer, Eisen, Gummi,
etc. im Raum ansieht. Und diese
Betrachtungsweise könnte zu manchem
interessanten Resultat führen. Sie ist
ganz analog || ähnlich der
eines mathematischen Satzes als Ornament. – Es ist
natürlich eine durchaus strenge und korrekte Auffassung; und
das Charakteristische und Schwierige an ihr ist,
daß sie den Gegenstand ohne jede
vorgefaßte Idee betrachtet
(sozusagen von einem Marsstandpunkt), oder vielleicht
richtiger: die normale
vorgefaßte Idee zerstört
(durchkreuzt). ∣ |
“Es ist kein Zeichen, es ist der
Gegenstand selbst, – der den Namen erhält.
499 Man ernennt ‘rot’ zum Namen der Farbe, wie man einen Mensch zum Stellvertreter eines andern ernennt.” Aber ist diese Namengebung nicht wieder der Deutung – der Anwendung – unterworfen? Ist die Namengebung etwas anderes, als das Anhängen eines Namensschildes? Und der Zweck ist doch der, einen Übergang von (den﹖) Operationen mit dem Namen zu Operationen mit dem Träger des Namens (Schildchens) zu machen. Aber die Träger der Namen, wenn auch nicht (selbst) Schrift – und || oder Lautzeichen, sind doch, für unsern Standpunkt, von ihnen nicht wesentlich verschieden. Denn der Zweck und Nutzen der Operation geht uns nichts an und auch nicht, ob wir mit Körpern oder Buchstaben operieren. |
Denn
nun könnte ich ja sagen: In jeder Definition wird
einem Ding ein Name gegeben, und zwar wird eben einem Zeichen ein Name
umgehangen. Und wenn ich schreibe
“1 + 1 = 2
Def”, oder in der Tabelle
‘2’ dem
‘1 + 1’
gegenüberstelle, wie oben ‘rot’ dem
färbigen Täfelchen, so könnte ich alle Fragen, die
ich ﹖– über
die || diese Gegenüberstellung aufwarf,
auch bezüglich jener
stellen –﹖. |
∣ Durch
Russell, aber besonders
durch Whitehead, ist
in die Philosophie eine Pseudoexaktheit gekommen, die die
schlimmste Feindin wirklicher Exaktheit ist. Am Grunde
liegt hier der Irrtum, ein Kalkül könne
die metamathematische Grundlage der Mathematik sein. ∣
|
Ist das Zeigen mit dem
Finger unserer Sprache wesentlich? Es ist
gewiß ein merkwürdiger Zug unserer
Sprache, daß wir Wörter hinweisend
erklären: das ist ein Baum, das ist ein Pferd, das ist
grün, etc.. 500
((Überall auf der
Erde || bei den Menschen finden
sich Brettspiele, die mit kleinen Klötzchen auf Feldern
gespielt werden. Überall
auf der Erde findet sich eine Schrift || eine
Zeichensprache, die aus geschriebenen Zeichen auf
einer Fläche besteht.)) |
Verhält es sich hier nicht wieder, wie
mit Papiergeld und Waren? Ich kann Geld kaufen und
verkaufen und Waren kaufen und verkaufen,
etc.. Und solange nur von
kaufen und verkaufen die Rede ist, unterscheiden
sich Geld und Waren nicht. Nur in ihrer
Nützlichkeit unterscheiden sie sich. Und
so könnte ich gesprochene und geschriebene Zeichen
‘Geld’ nennen, und die Träger der Namen
‘Waren’. (Auch dieses Gleichnis ist
wieder mehr als ein Gleichnis.) |
“Das Stück Kuchen war für
Dich gemeint”; wie äußert
sich das, was ist die Verifikation dieses Satzes? So
werden wir erfahren, was sein Sinn ist. ¥ |
Was es also mit dem primären und
sekundären Zeichen auf sich hat, müssen wir ganz
an dem Musterkatalog und seiner Verwendung sehen
können, denn offenbar sind die Muster, was man
primäre Zeichen nennt, || nennen
möchte und die Nummern die
sekundären. |
⍈
Eine Sprache ist, was sie ist, und eine andere Sprache ist
nicht diese Sprache. Ich gebrauche also die
Nummern des Musterkatalogs anders, als die Wörter
“rot”, “blau”,
etc.. |
Denken wir an das
laute Lesen nach der Schrift (oder 501 das Schreiben nach dem
Gehör). Wir könnten uns natürlich eine
Art Tabelle denken, nach der wir uns dabei richten
könnten. Aber wir richten uns nach keiner.
Kein Akt des Gedächtnisses, nichts, vermittelt zwischen dem
geschriebenen Zeichen und dem Laut. |
﹖– Es handelt sich
doch darum –﹖, daß
der Schritt des Kalküls durch keine Vorbereitung ersetzt
werden kann, sondern immer von Neuem gemacht werden
muß. Oder: die Tabelle ist
die Tabelle, aber nicht die Anwendung der Tabelle.
Das heißt, ich muß den Schritt vom Buchstaben zum Laut geben || machen. Er ist in der Tabelle nicht gemacht. Ich mache ihn (wenn ich die Tabelle benütze) in der Tabelle. (Ich könnte sagen: der Sprung bleibt mir nicht erspart, wenn auch alles für ihn hergerichtet ist.) |
Ich mache nach den Zeilen der Tabelle
(oder nach den Strichen des Gleichheitszeichens) den Sprung,
den ich auch ohne die Hilfen hätte machen können.
((Die Tabelle ist daher allerdings sinnlos, wenn sie mir
nicht hilft; wenn sie also so angeordnet ist,
daß ich sie nicht verstehen kann
(mich in ihr nicht auskenne). Ob
ich sie aber verstehen kann, d.h.
verstehe, ist etwas, was sich nur durch die Erfahrung
entscheiden läßt || verstehe, kann nur die Erfahrung
entscheiden.
D.h.: welches
Schema uns den Sprung
(tatsächlich﹖) erleichtert,
ist Sache der Erfahrung.)) |
Das Definiendum ist der
Name des Definiens. ((Das ist
nicht wahr. Denn das Definiendum
vertritt das Definiens,
d.h. es wird an dessen Stelle
eingesetzt. Kann man aber sagen,
daß Namen an der Stelle ihrer Träger
stehen und die Träger dann wieder für sie
eingesetzt 502 werden? Nun, ein Name
kann so gebraucht werden; wenn etwa die Sitzordnung an einem
Tisch durch Tischkarten angegeben ist. Und
anders || anderseits kann ich das
definierte Zeichen als Name des Definierenden
gebrauchen, indem || wenn ich
z.B. sage, ich will statt
“u & v
& w” “B”
schreiben, was ich ja auch durch eine Definition
u & v & w =
B hätte ausdrucken können. Ich sage
also “schreibe ‘B’
dorthin”, “‘B’ ist ein
langer Ausdruck”, etc. und gebrauche
es so als Name des Zeichens “u
& v & w”.
Aber dieser Gebrauch ist schon zweideutig, denn auf
den ersten Befehl hätte der Andre sehr wohl den Buchstaben
‘B’ setzen können. (Man
sagt dann meistens “den Ausdruck
B”.) Wir können den
Fall, wo im strengsten Sinn ein Ding verwendet wird, um in einer
Darstellung ein anderes zu vertreten; wenn wir etwa, einen Vorfall
beschreibend, sagen “wo ich diesen Sessel hinstelle,
stand er und wo ich das Buch hinlege, lag der Revolver
…”. Oder auch “dieser Sessel ist
jetzt er, …”. Ist nun die
Nummer im Musterkatalog der Name des Musters? –
Sie kann als Name des Musters gebraucht werden
z.B. in den Sätzen:
“№ 5 wurde
zerrissen”, “ich hatte
№ 5 in der
Hand”. Aber im übrigen
bezeichnet die Nummer nicht das Muster, sondern das, wovon es ein
Muster ist. – Anderseits
muß man sagen, daß
der Satz “führe N aus dem Zimmer und
erschlage ihn” so aufgefaßt werden
kann: Handle mit N nach dem, was im Satz mit
seinem Namen geschieht (und es hat hier nichts zu sagen,
daß natürlich der Name
‘N’ im Satz nicht an Stelle von N
erschlagen wird), aber etwas geschieht in dem Satz mit
‘N’, und etwas anderes, als im Satz
“gib N die Hand”, – wonach ich mich in
meiner Handlung richte. In einem Sinn sind also die Namen stellvertretend, und die Definitionen setzen doch Stellvertreter für Zeichen || einen Stellvertreter für ein Zeichen ein. – Wenn es nun heißt: gib dem Weber das Muster № 5 zum Kopieren (und das ist doch der typische Gebrauch der Nummer und der Übergang von der Nummer zum Muster), so kann die Nummer hier gewiß als Name 503 des Musters
aufgefaßt werden und sie funktioniert
jedenfalls genau so (oder kann so funktionieren) wie die
Hausnummer, wenn ich jemandem den Befehl gebe in das Haus
№ 5 zu gehen. –
Ist hier nicht die Quelle des Wirrwarrs die Mehrdeutigkeit
des Wortes “stellvertreten”? Wenn in
den Geschäftsbüchern eines Obsthändlers von
“100 Kisten Äpfel” die
Rede ist, so kann man doch in einem Sinn nicht sagen,
daß dieser Ausdruck die Kisten vertritt,
denn sonst müßten sie ja für ihren
Vertreter eintreten können, und was täten sie || die 100 Kisten da? (Sie || sie sollten ja eben verschickt werden).
‘2” ist der buchstäbliche
Stellvertreter von
‘1 + 1’,
und vertritt es in den verschiedenen Operationen in derselben Art,
wie der Finger die Schachfigur, wenn ich, um mir die Folgen
eines Schachzuges auszumalen, den Zug mit dem Finger
(gleichsam provisorisch)
ausführe || mache.
Wenn man mathematischen Ausdrücken oder Gleichungen am Rande der Seite eine Nummer gibt, um sich auf sie kurz beziehen zu können, so gibt man damit gewiß dem Ausdruck einen Namen; aber ist das wirklich eine Definition? Wenn ja, müßte man die Definition dann nicht so schreiben, daß das Definierende in Anführungszeichen steht? Sind die Buchstaben im Satz “a a c c c b d d”, der die Beschreibung des Linienzuges ist, Namen der Pfeile in der Tabelle? Ich hätte die Buchstaben im Satz auch durch die Pfeile ersetzen können und schreiben: |
Ich will
natürlich sagen, daß der
Übergang vom definierten
zum definierenden Zeichen einfach geschieht, indem man
das definierende an die Stelle im Satzzusammenhang stellt, wo das
definierte stand; daß aber das nicht der
Übergang vom Satz, in
dem || welchem der Name steht, zu dem ist, was wir auf
diesen Satz hin mit dem Träger des Namens tun. –
Kann man aber sagen, daß die Definition
doch eine sehr spezielle Art der Namengebung ist?
Da müßte man zuerst wissen, wem
dieser Name gegeben wird. Doch nicht dem
physikalischen Objekt des Zeichens. Denn zwei
gleichlautende Tabellen gelten 504 für die Anwendung wie
eine Tabelle und anderseits erhielten ja
dadurch zwei Objekte denselben Namen. Was also
den Namen erhält, wäre wohl die
Gestalt. – || die
Gestalt des Zeichens. –
Die wichtigste Überlegung ist wohl, daß wir ja auch außerhalb der Schrift || Sprache diejenige || die Stellvertretung brauchen, in der ein Zeichen für ein anderes steht. Wäre nicht ein Fall dieser Stellvertretung auch der, wenn wir eine Schachpartie etwa auf dem Brett begönnen, sie dann mit Schriftzeichen fortsetzten und ihre letzten Züge dann wieder auf dem Brett ausführten. – Und ist der Vertreter einer Figur hier, was wir den Namen der Figur in der Zeichensprache nennen könnten? Das, worauf ich hinaus will ist, klar zu sehen, was die (Ähnlichkeit || Analogie und Verschiedenheit zwischen dem Übergang vom stellvertretenden zum vertretenen Zeichen einerseits und dem Übergang von der Überlegung zur Ausführung anderseits ist. || Worauf ich hinaus will, ist, die Analogie und Verschiedenheit zwischen dem Übergang vom stellvertretenden zum vertretenen Zeichen einerseits und dem Übergang von der Überlegung zur Ausführung anderseits klar zu sehen. Der Linienzug, der nach a a b b b c gemacht wurde, kann sehr wohl auch nur ein Zeichen sein und die Ausführung des Befehls in einer andern Bewegung bestehn, die erst wieder von dem Linienzug abgeleitet ist. Und dann ist es natürlich klar, daß der Übergang vom Zeichen zur Tat von der selben Art war, wie der Übergang vom Zeichen zu Zeichen. Die Definition und die Namengebung ordnet einer Sache ein Zeichen bei (im ersten Falle einem Zeichen ein Zeichen). – Aber ein Name wird dem Ding gegeben, daß ich von ihm sprechen kann. – Das klingt, als wäre der Name wie ein Fernglas und der vorige Satz analog dem Satz: ein Fernglas wird mir gegeben, daß ich ihn sehen kann. Aber das “von ihm reden” besteht nur darin, daß zuerst gesagt wurde “er(Pfeil) heißt ‘N’” und dann der Name ‘N’ in der Sprache gebraucht wird, und beim Übergang von der Sprache zu Handlungen, etc..– Immerhin ist, von N reden, verschieden von einer Operation, die ich mit N vornehme. Ja, auch verschieden davon, mit einem Gegenstand 505 zu operieren, den N
vertritt. Für || ,
für den aber auch N gebraucht || gesetzt werden
könnte. – Wenn ich nun aber
z.B. sehen möchte, an welcher Stelle des
Zimmers ein Tisch am vorteilhaftesten stehen würde und ich
verschiebe zu diesem Zweck eine etwa
gleichgroße Kiste: kann ich nicht
sagen, ich rede hier von dem Tisch,
meine den Tisch, und die Kiste bedeute den
Tisch? Ist das nicht die Form || das typische Bild
jeder Überlegung?
|
Ich kann
gewiß auch das sagen,
daß ich mich beim Einsetzen
nach || im Einklang mit
der Definition nach dem Zeichen richte; und
dasselbe, wenn ich einen Befehl befolge (wenn ich einen
Befehl in Übereinstimmung mit
Worterklärungen befolge). – Wenn ich zur
Abkürzung setze: Ludwig = L –
so ist nur ‘L’ der Name des selben
Gegenstandes wie
‘Ludwig’,
aber doch nicht der Name des Namens
‘Ludwig’. Die beiden haben
einen Träger, aber der linke ist nicht der
Träger des rechten. – Gut, – was, wenn
ich aber dem linken Zeichen jetzt einen Namen gebe, – wie kann
der gebraucht werden, und kann er nicht gebraucht werden wie
‘L’? Geben wir ihm den Namen
‘A’. Wenn ich dann also sage
“zeige auf A”, so
heißt das so viel wie “zeige auf
das Wort ‘Ludwig’”, oder auch
“zeige auf
‘Ludwig’”. Also
ist A =
“Ludwig”. Also ist
A nicht dasselbe wie L. Ich kann ja auch, so
lächerlich das klingen mag, definieren
N =
N, also N zum Stellvertreter seiner selbst
nehmen, – aber wird es dadurch zu einem eigenen
Namen? D.h. eigentlich:
Ich kann ein Ding statt seines Stellvertreters setzen und den
Stellvertreter überflüssig machen; kann ich aber auch das
Ding statt seines Namens setzen und diesen überflüssig
machen? Kann man also doch das Zeichen N statt
des Zeichens ‘N’ gebrauchen? Ja,
das ist möglich, aber dann gebraucht man das erste Zeichen in
einem andern Sinn, als es geschieht, wenn man es als Name für
die Person gebraucht; d.h., die Sätze,
in denen das Zeichen vorkommt hätten jetzt
(ganz) andere
Konsequenzen. (Ich kenne mich nicht
aus. Und das ist die Formulierung 506 jedes philosophischen
Problems.) Und zwar hauptsächlich nicht in der
Rolle, die ein Stellvertreter in einem Kalkül spielt.
Das ist doch eigentlich kein Stellvertreten. Der
Stellvertreter einer Schachfigur ist eben die Schachfigur, also
nicht, als solcher, Stellvertreter eines bestimmten
Stückchens Holz. Er würde nur das vertreten, was
willkürlich ist. Eher könnte man
sagen, daß eine Spielfigur jetzt ins Amt
tritt, das früher eine andere inne hatte. Und
die Definition ist ja wie eine Übergabe
eines Amtes von einem Zeichen an ein anderes. Das Amt
des Namens zu übertragen ist nicht, dem Namen einen Namen
geben. Jedes || Beides verbindet Zeichen
miteinander, aber in anderer Weise. Die linke Seite
der Definition steht (einfach) nicht im
Verhältnis zur rechten des Trägers eines Namens zum
Namen. Das heißt, der
Übergang vom Namen zur Bedeutung
muß anderer Natur sein, als der
von Definierendem zu Definiertem. Aber sind nicht beide
Übergänge,
Übersetzungen von einer Sprache in die
andere? Wie kommt es, daß der
erstere, gleichsam, nicht der
Übergang in einem || im selben Kalkül zu sein
scheint? Es ist, als ob die Befolgung eines Befehls nicht
eine (weitere) Konsequenz aus dem
Befehle zöge. – Ich will aber sagen:
sie ist doch eine Transformation dieses Befehls. (Ja,
könnte als weiterer Befehl gelten, und der Gegenstand
A entspricht doch in dieser Transformation dem Zeichen
‘A’.) Oder liegt der Unterschied
darin, daß zwar ein Mensch für das
Wort ‘Mensch’, aber nicht der Mensch N
für ‘N’ eintreten kann?
also im Unterschied zwischen Begriffsnamen und
Eigennamen? Ist es denn also nicht einfach so: das Gleichheitszeichen zwischen zwei Ausdrücken bedeutet, daß die beiden die gleiche Bedeutung haben, d.h., daß die gleichen grammatischen Regeln von ihnen gelten. Aber dies kann man doch von Namen und Benanntem nicht sagen. Auch nicht, wenn beide Zeichen sind. Es ist ja auch die Relation der Bedeutungsgleichheit symmetrisch und transitiv, nicht aber die, von Namen und Benanntem, Der Mensch ist nicht der Name seines Namens (d.h. jedenfalls nicht dadurch, daß 507 dieses Wort sein Name ist; obwohl er
natürlich als Name seines Namens gebraucht werden
könnte). – Wenn ich einem
Ding einen Namen gebe, so gebrauche ich damit
das Ding nicht als ein Zeichen. – Es gibt wohl
Fälle, wo die Ausführung des Befehls, darin besteht,
daß die Träger an Stelle der Namen
treten (in Fällen ähnlich dem der Sitzordnung); aber
in einem Fall wird A für B eingesetzt, weil die
beiden Zeichen gleicher Bedeutung sind, im anderen,
weil das eine der Name des andern ist und in diesem bestimmten
Fall, das der Übergang vom Satz zur
Handlung ist. – Der Wesensunterschied
zeigt sich in der Intransitivität der Namengebung.
Denken wir uns eine Sprache, in der eine Raute
das
bedeutet, was in der unsern “Quadrat”; und
daß in jener Sprache ein Quadrat
das Zeichen
statt unseres Wortes “Rechteck” ist.
﹖– Es handelt sich hier
um –﹖ eine Projektion, die von der
Raute durch das Quadrat zum Rechteck führt. Sondern
der Prozeß der Namengebung endet beim
Benannten. Und der Name des Namens von N ist so
wenig (ein﹖) Name von N, als
die Frau, die meiner Wäscherin ihre Wäsche wäscht,
damit meine Wäsche wäscht. Ich bestimme
allerdings die Bedeutung eines Worts, indem ich es als Name
eines Gegenstandes erkläre, und auch, indem ich es als
gleichbedeutend mit einem andern Wort erkläre,.
Aber habe ich denn nicht gesagt, man könne ein Zeichen nur
durch ein anderes Zeichen erklären? Und das ist
gewiß so, sofern ja die hinweisende
Erklärung “das(Pfeil) ist
N” ein Zeichen ist. Aber ferner bildet hier
auch der Träger von “N”, auf den
gezeigt wird, einen Teil des Zeichens. Denn:
/Dieser(Pfeil) hat es
getan/ = /N hat es
getan/. Dann
heißt aber ‘N’ der
Name von diesem Menschen, nicht vom Zeichen “dieser
(Pfeil)”, von dem ein Teil auch dieser Mensch
ist. Und zwar spielt der Träger in dem Zeichen eine
ganz besondere Rolle, verschieden von der eines andern Teiles eines
Zeichens. (Eine Rolle, nicht ganz ungleich der des
Musters.) Diese Rolle ist gänzlich verschieden von
der, eines mit dem Namen des Trägers gleichbedeutenden
Namens. Der Gegenstand des Namens ist 508 von einem andern, gleichbedeutenden
Namen so verschieden, wie die Befolgung eines Befehls von einem,
mit dem ersten gleichbedeutenden, Befehl (und da ist
doch ein Unterschied). Ich will sagen: Die
hinweisende Erklärung eines Namens ist nicht nur
äußerlich verschieden von einer
Definition wie “1 + 1 = 2”, indem etwa das eine
Zeichen aus einer Geste meiner Hand, statt in einem Laut oder
Schriftzeichen besteht, sondern sie unterscheidet sich von dieser
logisch; wie die Definition, die das Wort dem Muster
beigesellt von der, eines Wortes durch ein Wort. Es
wird von ihr in andrer Weise Gebrauch gemacht. Das
Zeichen
“1 + 1”
hat eine bestimmte Bedeutung, d.h. für das
Zeichen gelten gewisse Regeln, es darf in bestimmten Verbindungen
vorkommen; durch die Definition setze ich die gleichen Regeln
für “2” fest; ich würde aber
gänzlich andere Regeln dadurch für “2”
festsetzen, daß ich es zum Namen von
“1 + 1”
erklärte. Durch beide Bestimmungen also setze ich
grammatische Regeln fest – das haben sie gemeinsam –,
aber die Regeln sind ganz andre. Weil nämlich die
Angabe eines Gegenstands als seines Trägers die Bedeutung des
Namens ist grundverschiedener Weise bestimmt, als die Angabe etwa
dieses selben Gegenstandes als eines gleichbedeutenden Zeichens
(weil ich ja auch für dieses erst Regeln angeben
muß; im Gegensatz zum Fall des
Trägers). Daran
ändert sich auch nichts in dem Fall, wenn die Befolgung des
Befehls im Einsetzen der Gegenstände an die Plätze der
Namen besteht. Denn dann ist eben dies die
Befolgung des Befehls und eine Einsetzung anderer
Gegenstände, die ich etwa als mit dem Namen gleichbedeutend
erkläre, wäre nicht die Befolgung; und eben
so wenig die Einsetzung der Namen der ersten Namen für
diese || statt dieser.
|
Wenn ich
also einen Namen hinweisend definiere und einen zweiten durch
ihn || den ersten, so steht
dieser zu jenem in anderm Verhältnis || ist
dieser zu jenem in anderer Beziehung, als zum
Zeichen, das in der hinweisenden Definition gegeben
wurde.
D.h., dieses letztere ist seinem
Gebrauch nach wesentlich von dem Namen verschieden und daher die
Verbaldefinition 509 und die hinweisende
Definition, ‘Definitionen’ in verschiedenem
Sinne des Worts. Wie wirkt nun die hinweisende Erklärung? Sie lehrt den Gebrauch eines Zeichens; und das Merkwürdige ist nur, daß sie ihn auch für die Fälle zu lehren scheint, in denen ein Zurückgehen auf das hinweisende Zeichen nicht möglich ist. Aber geschieht das nicht, indem wir, quasi, die in der hinweisenden Definition gelernten Regeln in bestimmter Weise transformieren? (Wenn z.B. der Mann, der mir vorgestellt wurde, abwesend ist und ich nun trotzdem seinen Namen gebrauche, dessen Gebrauch mir durch die Vorstellung – hinweisende Erklärung – erklärt wurde.) Wenn ich ihn nun brauche, in wiefern mache ich da von der Erklärung der Vorstellung Gebrauch? Offenbar nicht in der Weise, in welcher ich in der Anwesenheit des Menschen von ihr Gebrauch machen konnte. Es gibt ein Spiel, worin ich immer statt des Namens das hinweisende Zeichen geben kann, und eins, in welchem das nicht mehr möglich ist. Und wir müssen nur daran festhalten, daß die Erklärung, als fortwirkende Ursache unseres Gebrauchs von Zeichen, uns nicht interessiert, sondern nur, sofern wir von ihr in unserm Kalkül Gebrauch machen können. Eine Schwierigkeit in der Erklärung des Gebrauchs der hinweisenden Definition macht es, daß wir || Es macht eine Schwierigkeit in der Erklärung des Gebrauchs der hinweisenden Definition, daß wir verschiedene Kriterien der Identität anwenden (also das Wort ‘Identität’ in verschiedener Weise gebrauchen), je nachdem ob ein Ding sich vor unsern Augen bewegt, oder unserm Blick entschwindet und vielleicht wieder erscheint. Das ist wichtig, denn für den zweiten Fall gibt uns die hinweisende Definition eigentlich nur ein Muster und tut nur, was auch der Hinweis auf ein Bild tut. Das drückt sich darin aus, daß die gegebene hinweisende Erklärung nichts nützt, wenn wir vergessen haben, wie der Mensch, wie der Mensch, auf den gezeigt wurde, aussah.)) 510 |
Behandle die
deutlichen Fälle in der Philosophie, nicht die
undeutlichen. Diese werden sich lösen wenn jene
gelöst sind. Die Tendenz mit der Untersuchung eines Satzes da anzufangen, wo seine Anwendung ganz nebelhaft und unsicher ist (der Satz der Identität ist ein gutes Beispiel), anstatt diese Fälle vorläufig beiseite zu lassen und den Satz dort anzugehen, wo wir mit gesundem Menschenverstand über ihn reden können, diese Tendenz ist für die aussichtslose Methode der meisten Menschen, die philosophieren bezeichnend. |
Es klingt wie eine lächerliche
Selbstverständlichkeit, wenn ich sage,
daß der, welcher glaubt die
Gebärden || Gesten seien
die primären Zeichen, die allen andern zu Grunde liegen,
außer Stande wäre, den
gewöhnlichsten Satz durch Gebärden zu ersetzen.
|
Du sagst, das
Hinweisen auf einen roten Gegenstand ist das primäre Zeichen
für ‘rot’. Aber das Hinweisen auf
einen roten Gegenstand ist nicht mehr, als die bestimmte
Handbewegung gegen einen roten Gegenstand, und ist vorläufig
gar kein Zeichen. Wenn Du sagst, Du meinst: das
Hinweisen auf den roten Gegenstand als Zeichen
verstanden – so sage ich: das
Verständnis, auf das es uns ankommt, ist kein Vorgang, der das
Hindeuten begleitet (etwa ein Vorgang im Gehirn) und wenn Du
doch so einen Vorgang meinst, so ist dieser an sich wieder kein
Zeichen. ((Die Idee ist hier immer wieder,
daß die Meinung, die Interpretation, ein
Vorgang sei, der das Hinweisen begleitet und ihm sozusagen die Seele
gibt (ohne welche es tot wäre). Das scheint
besonders dort so, wo ein Zeichen die ganze Grammatik
zusammenzufassen scheint, daß wir sie aus ihm
ableiten können, und es scheint,
daß sie in ihm enthalten wäre, wie eine
Perlenschnur in einer Schachtel und wir sie nur herausziehen
müßten. (Aber
511 dieses Bild ist es eben,
was || welches uns irreführt.)
Als wäre also das Verständnis ein momentanes Erfassen
von etwas, wovon später nur die Konsequenzen gezogen
werden; und zwar so, daß diese Konsequenzen
bereits in einem ideellen Sinn existieren, ehe sie gezogen
wurden. Als ob also der Würfel –
z.B. – schon die ganze Geometrie des
Würfels enthielte und ich sie nun nur noch auszubreiten
habe || hätte. Aber welcher
Würfel? – der Gesichtswürfel,
oder ein Eisenwürfel? Oder gibt es einen
ideellen Würfel? – Offenbar schwebt uns der
Vorgang vor, aus einer Zeichnung, Vorstellung (oder einem
Modell) Sätze der Geometrie abzuleiten. Aber
welche Rolle spielt dabei das Modell? Doch wohl die
des Zeichens! Des Zeichens,
welches eine bestimmte Verwendungsart hat und nur durch dieses
bezeichnet. Es ist allerdings interessant und
merkwürdig, wie dieses Zeichen verwendet wird, wie wir
etwa die Zeichnung des Würfels wieder und wieder
bringen mit immer andern Zutaten. Einmal sind
die Diagonalen gezogen, einmal Würfel aneinander gereiht,
etc. etc.. Und es ist
dieses Zeichen (mit der Identität
eines || des Zeichens)
welches wir für jenen Würfel nehmen, in dem die
geometrischen Gesetze bereits liegen. (Sie liegen
in ihm so wenig, wie im Schachkönig die
Dispositionen, in gewisser Weise benützt zu
werden.) Die geometrischen Gesetze
konstituieren den Begriff des Würfels (sie geben
eine Konstitution, eine Verfassung). Was ich
seinerzeit über den “Wortkörper”
geschrieben habe, ist der klare Ausdruck des besprochenen
Irrtums.)) |
∣ (Tolstoi:
Die || die
Bedeutung (Bedeutsamkeit) eines Gegenstandes liegt in
seiner allgemeinen Verständlichkeit. – Das ist
wahr und falsch. Das, was den Gegenstand schwer
verständlich macht ist – wenn er bedeutend, wichtig,
ist – nicht, daß irgend eine besondere
Instruktion über abstruse Dinge zu seinem Verständnis
erforderlich wäre, sondern der Gegensatz zwischen dem
Verstehen des Gegenstandes, und dem, was die meisten
Menschen sehen wollen. Dadurch kann
gerade das Naheliegendste am allerschwersten 512 verständlich
werden. Nicht eine Schwierigkeit des Verstandes, sondern
des Willens ist zu überwinden.) ∣ |
‘Primär’
müßte eigentlich
heißen:
unmißverständlich. |
(Es gibt keine Logik für
den luftleeren Raum. In sofern es keine Hypothese in der
Logik gibt. |
Das
Wesentliche ist nicht, daß das Zeichen
für ‘schwarz’ schwarz
ist, oder nur dort, wo es nicht wie dieses
Wort als Zeichen gebraucht wird. Wird es aber als
Vorlage (zum Nachmalen) gebraucht, dann ist es Unsinn, zu
sagen, es stehe nur für ‘schwarz’, wenn es
schwarz sei. Denn in dem System der Farbvorlagen
(Muster) ist das schwarze Täfelchen überhaupt nicht
hervorgehoben, sondern erst dadurch, daß ich
dem einen Täfelchen (ich sage nicht “dem
schwarzen”) den Namen “schwarz”
zuordne. ((Es klärt die Situation, wenn man,
auf die Behauptung “das Muster, das dem Wort
‘schwarz’ entspricht, muß
schwarz sein” fragt:
“Warum?” – Und
überlege, was die Antwort darauf sein
kann.)) |
Wenn eine rote Blume da war; wozu brauchte er das rote
Täfelchen, Bildchen, sie mit ihm zu suchen? Denn,
wenn er die Farbe des Bildchens als rot anerkannt hat, warum dann
nicht gleich die Farbe der Blume? –
Nun wird man sagen: er erkennt ja die Farbe des Bildes gar
nicht als rot an, denn dieser Vorgang ist nur mit dem
farbigen Vorbild möglich. Denn es
heißt die Farbe dieser Blume als rot
anerkennen nichts anderes, als, sie als
farbengleich anerkennen mit dem Täfelchen, auf dem
das Wort ‘rot’ steht. –
Gewiß, in diesem Sinne kann man dann das
rote Vorbild 513 selbst nicht als rot anerkennen
(es ist so durch Definition). Und das heißt: es ist ein anderes Spiel, mit einem Täfelchen herumgehen, es an die Gegenstände anzulegen und so die Farbengleichheit zu prüfen; und anderseits: ohne ein solches Muster nach Wörtern in einer Wortsprache handeln. Man denkt nun: Ja, das erste Spiel verstehe ich, das ist ja ganz einfach: Der erste Schritt ist der, von einem geschriebenen Wort auf das gleiche geschriebene Wort des Musters; der zweite ist der Übergang von dem Wort auf dem Mustertäfelchen zu der Farbe auf dem gleichen Täfelchen; und der dritte, das Vergleichen von Farben. Jeden Schritt dieses Kalküls gehen wir also auf einer Brücke. (Wir sind geführt, der Schritt ist vorgezeichnet.) Aber wir sind doch hier nur in sofern geführt, als wir uns führen lassen. Auf diese Weise kann ich alles, und muß ich nichts eine Führung nennen. – Und am Schluß tu ich, was ich tue und das ist Alles. Aber ein Unterschied bleibt doch: Wenn ich gefragt werde “warum nennst Du gerade diese Farbe ‘rot’”, so würde ich tatsächlich antworten: weil sie auf dem gleichen Täfelchen mit dem Wort ‘rot’ steht. Würde ich aber dem zweiten Spiel gefragt “warum nennst Du diese Farbe ‘rot’”, so gäbe es darauf keine Antwort und die Frage hätte keinen Sinn. – Aber im ersten Spiel hat die Frage keinen Sinn: “warum nennst Du die Farbe ‘rot’, die auf dem gleichen Täfelchen mit dem Wort ‘rot’ steht”. So handle ich eben (und man kann dafür wohl eine Ursache angeben, aber keinen Grund). Bedenke vor allem: Wie weiß man, daß das Täfelchen rot bleibt? Braucht man dazu wieder ein Bild? und wie ist es mit dem? etc.. Woran erkennt er das Vorbild als Vorbild? |
(Ein Grund läßt sich nur
innerhalb eines Spiels angeben.) 514 |
Die Kette
der Gründe kommt zu einem Ende und zwar dem Ende in
diesem Spiel || und zwar dem Ende des Spiels || und zwar (an﹖)
der Grenze des
Spiels¤. |
Man kann sagen: die Regeln
des Spiels sind die, die gelehrt werden, wenn das Spiel gelehrt
wird. – Nun wird z.B. dem
Menschen, der lesen lernt, tatsächlich gelehrt: das ist
ein a, das ein e, etc.; also,
könnte man sagen, gehören diese Regeln, gehört diese
Tabelle mit zum Spiel. – Aber erstens: lehrt man
denn auch den Gebrauch dieser Tabelle? und
könnte man ihn, anderseits, nicht lehren?
Und zweitens kann doch das Spiel
wirklich auf zwei verschiedene Arten gespielt
werden. Man kann nun fragen: ist es denn aber auch noch ein Spiel, wenn Einer die Buchstaben abbc sieht und irgend etwas macht? Und wo hört das Spiel auf, und wo fängt es an? Die Antwort ist natürlich: Spiel ist es, wenn es nach einer Regel vor sich geht. Aber was ist noch eine Regel und was keine mehr? Eine Regel kann ich nicht anders geben, als durch ihren Ausdruck; denn auch Beispiele, wenn sie Beispiele sein sollen, sind ein Ausdruck für die Regel, wie jeder andre. Wenn ich also sage: Spiel nenne ich es nur, wenn es einer Regel gemäß geschieht und die Regel ist eine Tabelle, so kann ich nicht die Verwendungsart || die Art des Gebrauches dieser Tabelle garantieren, denn ich kann sie nur durch eine weitere Tabelle festlegen, oder durch Beispiele. Diese Beispiele tragen nicht weiter, als sie selbst gehen || reichen und die zweite Tabelle ist im gleichen Fall wie die erste. Ich könnte auch sagen: was ist das Schachspiel andres (oder was ist vom Schachspiel andres vorhanden), als Regelverzeichnisse (gesprochen, geschrieben, etc.) und die Beschreibung einer Anzahl von Schachpartien? Es steht mir (danach) natürlich frei, ‘Spielregel’ nur ein Ding 515 von bestimmt festgelegter
äußeren Erscheinung zu nennen.
Und ich kann von primären und sekundären Zeichen sprechen – in einem bestimmten Spiel, einer bestimmten Sprache. – Im Musterkatalog kann ich die Muster die primären Zeichen und die Nummern die sekundären nennen. Was soll man aber in einem Fall, wie dem, der gesprochenen und geschriebenen Buchstaben sagen? Welches sind hier die primären, welches die sekundären Zeichen? Die Idee ist doch die: sekundär ist ein Zeichen dann, wenn, um mich danach zu richten, ich eine Tabelle brauche, die es mit einem andern (primären) Zeichen verbindet, über welches ich mich erst nach dem sekundären richten kann. Die Tabelle garantiert mir die Gleichheit aller Übergänge nicht, denn sie zwingt mich ja nicht, sie immer gleich zu gebrauchen. Sie ist da wie ein Feld, durch das Wege führen, aber ich kann ja auch querfeldein gehen. Ich mache den Übergang in der Tabelle bei jeder Anwendung von Neuem. Er ist nicht, quasi, ein für allemal in der Tabelle gemacht. (Die Tabelle verleitet mich höchstens, ihn so zu machen.) Und also richte ich mich doch unmittelbar﹖ nach dem sekundären Zeichen, wenn ich in der Tabelle von diesem sekundären Zeichen gerade dorthin gehe. |
Welcher Art ist denn meine Aussage über
die Tabelle: daß sie mich nicht
zwingt, sie so und so zu gebrauchen? Und:
daß die Anwendung durch die Regeln
(oder die Tabelle) nicht antizipiert
wird? |
Woher
nimmt die Betrachtung ihre Wichtigkeit, da sie doch nur alles
Interessante, d.h. alles
Große und Wichtige, zu
zerstören scheint? (Gleichsam alle Bauwerke,
in indem sie nur
Steinbrocken und Schutt 516 übrig
läßt.) |
Woher nimmt die Betrachtung ihre
Wichtigkeit: || , die uns darauf aufmerksam macht,
daß man eine Tabelle auf mehr als
eine Weise brauchen kann,
daß man sich eine Tabelle als Anleitung zum
Gebrauch einer Tabelle ausdenken kann,
daß man einen Pfeil auch als Zeiger der
Richtung von der Spitze zum Schwanzende auffassen kann,
daß ich eine Vorlage auf mancherlei
Weise als Vorlage benützen kann? |
“Verifying by
inspection” ist ein gänzlich
irreführender Ausdruck. Er sagt nämlich,
daß zuerst ein Vorgang, die Inspektion,
geschieht, und die wäre mit dem Schauen durch ein
Mikroskop vergleichbar, oder mit dem Vorgang des
Umwendens des Kopfes um etwas zu sehen.
Und, daß dann das Sehen notwendig
erfolge || erfolgen
müsse. Man könnte von
“sehen durch umwenden” oder
“sehen durch schauen” reden. Aber dann
ist eben das Umwenden (oder Schauen) ein dem Sehen externer
Vorgang, der uns (daher) nur
praktisch interessiert. Was man sagen möchte
ist: “sehen durch sehen”. |
Die Sprache hat für Alle die
Gleichen Fallen bereit; das ungeheure Netz gut erhaltener || gangbarer Irrwege. Und so
sehen wir also Einen || Einen nach dem Andern die
gleichen Wege gehen und wissen schon, wo er jetzt abbiegen
wird, wo er geradeaus fortgehen wird, ohne die
Abzweigung zu bemerken, etc.
etc.. Ich sollte also an allen den
Stellen, wo falsche Wege abzweigen, Tafeln aufstellen, die
über die gefährlichen Punkte hinweghelfen. |
Was
Eddington über ‘die Richtung der Zeit’
und den 517 Enthropiesatz sagt, läuft darauf
hinaus, daß die Zeit ihre Richtung
umkehren würde, wenn die Menschen eines Tages anfingen
rückwärts zu gehen. Wenn man will, kann man
das freilich so nennen; man muß dann nur
darüber klar sein, daß man damit
nichts anderes sagt, als daß die Menschen
ihre Gehrichtung geändert haben. |
Untersuchen wir die ||
unsere Sprache auf ihre Regeln
hin. |
Finden wir irgendwo keine Regeln, nun so ist das
das Resultat || Ergebnis.
|
Wenn ich sagte
“ich sah einen Sessel”; so widerspricht dem
(in einem Sinne) nicht der Satz “es war
keiner da”. Denn den ersten Satz würde ich
auch in der Beschreibung eines Traums verwenden und
niemand würde mir dann mit den Worten des zweiten
widersprechen. Aber die Beschreibung des Traums
mit jenen Worten wirft ein Licht auf den Sinn der Worte
“ich sah”.
In dem Satz “es war ja keiner da” kann das “da” übrigens verschiedene Bedeutung haben. |
(Die
meisten Menschen, wenn sie eine philosophische Untersuchung
anstellen sollen, machen es wie Einer, der
äußerst nervös einen Gegenstand
in einer Lade sucht. Er wirft Papiere aus der Lade heraus
– das Gesuchte mag darunter sein – blättert hastig
und ungenau unter den übrigen. Wirft wieder einige
in die Lade zurück, bringt sie mit den andern durcheinander,
u.s.w.. Man kann ihm dann nur
sagen: Halt, wenn Du so suchst, kann ich
Dir nicht suchen helfen. Erst mußt
Du anfangen in vollster 518 Ruhe methodisch eins nach dem
andern zu untersuchen; dann bin ich auch bereit, mit Dir zu suchen
und mich auch in der Methode nach Dir zu richten.
|
Die philosophisch wichtigsten
Aspekte der Dinge || der Sprache
sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit
verborgen. (Man kann es nicht bemerken, weil man es immer (offen) vor Augen hat.) |
(Das eigentliche Verdienst eines
Kopernikus oder Darwin war nicht die Entdeckung einer wahren Theorie, sondern
eines fruchtbaren neuen Aspekts.) |
Das philosophische Problem ist ein
Bewußtsein der Unordnung in unsern
Begriffen, und durch ordnen derselben zu heben. |
Es hat Einer gehört,
daß der Anker eines Schiffes durch eine
Dampfmaschine aufgezogen werde. Er denkt nur an die,
welche das Schiff treibt (und nach welcher es Dampfschiff
heißt) und kann sich, was er
gehört hat, nicht erklären. (Vielleicht
fällt ihm die Schwierigkeit auch erst später
ein.) Nun sagen wir ihm: Nein, es ist nicht
diese Dampfmaschine, sondern
außer ihr gibt es noch eine Reihe anderer
an Bord und eine von diesen hebt den Anker. – War sein
Problem ein philosophisches? War es ein
philosophisches, wenn er von der Existenz anderer Dampfmaschine auf
dem Schiff gehört hatte, und nur daran erinnert werden
mußte? – Ich glaube, seine
Unklarheit hat zwei Teile: Was der Erklärende
519 ihm als Tatsache mitteilt,
hätte der Fragende sehr wohl als Möglichkeit sich selber
ausdenken können, und seine Frage in bestimmter Form, statt in
der des bloßen Zugeständnisses der
Unklarheit vorlegen können. Diesen Teil des
Zweifels hätte er selber beheben können, dagegen konnte ihn
Nachdenken nicht über die Tatsachen belehren.
Oder: Die Beunruhigung, die davon herkommt,
daß er die Wahrheit nicht
wußte, konnte ihm kein Ordnen seiner
Begriffe nehmen. Die andere Beunruhigung und Unklarheit wird durch die Worte “hier stimmt mir etwas nicht” gekennzeichnet und die Lösung, durch (die Worte): “Ach so, Du meinst nicht die Dampfmaschine” oder – für einen andern Fall – “…Du meinst mit Dampfmaschine nicht nur Kolbenmaschine”. |
Die Arbeit des Philosophen ist ein
Zusammentragen von Erinnerungen zu einem bestimmten
Zweck. |
Eine
philosophische Frage ist ähnlich der, nach der Verfassung
einer bestimmten Gesellschaft. – Und es wäre etwa
so, als ob eine Gesellschaft ohne
klar geschriebene
Regeln zusammenkäme, aber mit einem Bedürfnis nach
solchen; ja, auch mit einem Instinkt, durch welchen sie gewisse
Regeln in ihren Zusammenkünften beobachten ||
einhalten; nur, daß dies
dadurch erschwert wird, daß nichts
hierüber klar ausgesprochen ist und keine
Einrichtung getroffen, die die Regeln deutlich macht. || klar hervortreten
läßt. So
betrachten sie tatsächlich einen von ihnen als
Präsidenten, aber er sitzt nicht oben an der Tafel, ist durch
nichts kenntlich und das erschwert die Verhandlung. Daher
kommen wir und schaffen eine klare Ordnung: Wir setzen
den Präsidenten an einen leicht kenntlichen Platz
und seinen Sekretär zu ihm an ein eigenes Tischchen und
die übrigen gleichberechtigten Mitglieder zwei Reihen zu
beiden 520 Seiten des Tisches
etc. etc.. |
“Etwas habe ich aber doch gemeint,
als ich das sagte!” Gut, – aber wie
können wir, was es ist, herausbringen? Doch wohl
nur dadurch, daß er es uns sagt.
Wenn wir nicht sein übriges Verhalten zum Kriterium nehmen
sollen, dann also das, was er uns erklärt. |
Wenn man die Philosophie
fragt: “was ist –
z.B. – Substanz?” so wird
um eine Regel gebeten. Eine allgemeine Regel, die
für das Wort “Substanz” gilt,
d.h.: nach welcher ich zu spielen
entschlossen bin. – Ich will sagen: die Frage
“was ist …” bezieht sich nicht auf einen
besonderen – praktischen – Fall, sondern wir fragen sie
von unserm Schreibtisch aus. Erinnere Dich nur an den Fall
des Gesetzes der Identität, um zu sehen,
daß es sich bei der Erledigung einer
philosophischen Schwierigkeit nicht um das Aussprechen neuer
Wahrheiten über den Gegenstand der Untersuchung (der
Identität) handelt. Die Schwierigkeit besteht nur darin, zu verstehen, was uns die Festsetzung einer Regel hilft. Warum die uns beruhigt, nachdem wir so schwer beunruhigt waren. Was uns beruhigt, ist offenbar, daß wir ein System sehen, das diejenigen Gebilde (systematisch) ausschließt, die uns immer beunruhigt haben, mit denen wir nichts anzufangen wußten und die wir doch ﹖– respektieren zu müssen glaubten –﹖. Ist die Festsetzung einer solchen grammatischen Regel in dieser Beziehung nicht wie die Entdeckung einer Erklärung in der Physik? z.B., des Kopernikanischen Systems? Eine Ähnlichkeit ist vorhanden. – Das Seltsame an der philosophischen Beunruhigung und ihrer Lösung möchte scheinen, daß sie ist, wie die Qual des Asketen, der, eine schwere Kugel, unter Stöhnen stemmend, da stand und den ein Mann erlöste, indem er ihm sagte: “laß' sie fallen”. Man fragt sich: wenn Dich diese Sätze beunruhigen, Du nichts mit ihnen anzufangen wußtest, 521 warum
ließest Du sie nicht schon früher
fallen, was hat Dich daran gehindert? Nun, ich glaube,
es war das falsche System, dem er sich anbequemen zu
müssen glaubte; etc.. |
““Ich sagte einmal, es
gäbe keine extensive Unendlichkeit.
Ramsey sagte
darauf: “Kann man sich nicht vorstellen,
daß ein Mensch ewig lebt,
d.h. einfach, nie stirbt, und ist das nicht
extensive Unendlichkeit?” – Ich kann mir
doch gewiß denken,
daß ein Rad sich dreht, und
nie stehen bleibt.””
Welches seltsame Argument:
“Ich || ich
kann es mir denken”!
Überlegen wir
(uns﹖), welche Erfahrung wir als
Bestätigung oder Beweis dafür betrachten würden,
daß das Rad nie aufhören wird sich zu
drehen. Vergleichen wir diese Erfahrung mit der, welche uns
lehrt, daß das Rad einen Tag, ein Jahr, 10
Jahre lang, sich dreht und wir werden einfach den Unterschied der
Grammatik der Aussagen “…bleibt nie stehn”
und “ … bleibt in 100 Jahren stehn”
erkennen. Denken wir an die Art der Evidenz, welche man
für die Behauptung anführen könnte,
daß zwei Himmelskörper sich ohne
aufzuhören in einander drehen. Denken wir an das
Gesetz der Trägheit, und daran, wie es bestätigt
wird. |
““Angenommen wir wanderten auf einer Geraden
in den
euklidischen Raum hinaus und
begegneten alle 10 m eine eiserne Kugel ad inf..”” Wieder:
Welcherlei Erfahrung würde ich als Bestätigung
hiefür ansehen und welche, anderseits dafür,
daß 10000 Kugeln in einer Reihe vorhanden
sind? – Eine Bestätigung der ersten Art
wäre etwa folgende: Ich beobachte die schwingende
Bewegung eines Körpers. Experimente haben
mich gelehrt, daß dieser Körper durch
eiserne Kugeln nach einem bestimmten Gesetz angezogen wird; die
Annahme von 100 solchen Kugeln in einer Reihe in bestimmter Lage
zum Testkörper erklärt, unter der
Annahme jenes Anziehungsgesetzes, 522 das beobachtete
(oder angenommene) Verhalten annähernd; je mehr Kugeln
wir aber in der Reihe annehmen, um so genauer entspricht das
errechnete Resultat dem beobachteten, ad inf..
Es hat dann Sinn, zu sagen, die Erfahrung bestätige
die Annahme einer unendlichen Reihe von Kugeln. Aber so
verschieden diese Erfahrung vom Sehen einer Anzahl von Kugeln ist,
so verschieden ist der Sinn der Zahlangabe von der, einer
“unendlichen Zahl”. |
““Die
bloß negative Beschreibung des
Nicht-Aufhörens kann keine positive
Unendlichkeit liefern.”” Bei dem
Ausdruck “positive Unendlichkeit” dachte ich
natürlich an eine zählbare
( = endliche) Menge von Dingen (Stühle in diesem
Zimmer) und wollte sagen, das Vorhandensein der
kolossalen Anzahl solcher Dinge könne
aus dem, was uns das Nicht-Aufhören
anzeigt, nicht geschlossen werden. “Ich
mache also hier den seltsamen Fehler in der Form meiner
Aussage, eine Tatsache zu leugnen, statt zu leugnen,
daß ein bestimmter Satz Sinn hat, oder
richtiger, zu zeigen, daß zwei ähnlich
klingende Angaben verschiedene Grammatik haben. |
““Angenommen mein
Gesichtsbild wären zwei
gleichgroße rote Kreise auf blauem
Grund: was ist hier in zweifacher Zahl vorhanden, und was
einmal? (Und was bedeutet diese Frage
überhaupt?) – Man könnte
sagen: wir haben hier eine Farbe, aber zwei
Örtlichkeiten. Es wurde aber
auch gesagt, rot und kreisförmig seien
Eigenschaften von zwei Gegenständen, die man Flecke nennen
könnte, und die in gewissen räumlichen Beziehungen zu
einander stehen.”” Die Erklärung
“es sind hier zwei Gegenstände – Flecke
–, die …” klingt wie eine Erklärung der
Physik. Wie wenn Einer fragt “was sind das
für rote Kreise, die ich dort sehe” und 523 ich antworte “das sind zwei
rote Laternen, etc.”. Eine
Erklärung wird aber hier nicht gefordert (unsere
Unbefriedigung durch eine Erklärung lösen zu wollen ist
der Fehler der Metaphysik). Was uns beunruhigt, ist die
Unklarheit über die Grammatik des Satzes “ich
sehe zwei rote Kreise auf blauem Grund”; insbesondere die
Beziehungen zur Grammatik der Sätze ||
eines Satzes wie “auf dem
Tisch liegen zwei rote Kugeln”; und wieder “auf
diesem Bild sehe ich zwei Farben”. Ich
kann || darf natürlich
statt des ersten Satzes sagen: “ich sehe zwei
Flecken von || mit den Eigenschaften
Rot und
Kreisförmig und in der
räumlichen Beziehung Nebeneinander” – und
ebensowohl: “ich sehe die Farbe rot an zwei
kreisförmigen Örtlichkeiten
nebeneinander” – wenn ich bestimme,
daß diese Ausdrücke das gleiche bedeuten
sollen, wie der obige Satz. Es wird sich dann einfach
die Grammatik der Wörter “Fleck”,
“Örtlichkeit”,
“Farbe”, etc. nach der
(Grammatik) der Wörter des
ersten Satzes richten müssen. Die Konfusion
entsteht hier dadurch, daß wir
glauben, über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein
eines Gegenstands (Dinges) – des Flecks
– entscheiden zu müssen; wie wenn man entscheidet, ob,
was ich sehe (im physikalischen Sinn) ein roter Anstrich oder
ein Reflex ist. |
Wir können in einem absoluten
Sinne || in absolutem Sinne von
einem Ort im Gesichtsfeld reden. Denken wir uns,
daß ein roter Fleck im Gesichtsfeld
verschwindet und in gänzlich neuer Umgebung wieder
auftaucht, so hat es Sinn, zu sagen, er tauche am
gleichen Ort oder an einem andern Ort wieder auf.
(Wäre ein solcher Raum mit einer Fläche
vergleichbar, die von Punkt zu Punkt eine andere Krümmung
hätte, so daß wir jeden Ort auf der
Fläche als absolutes Merkmal angeben könnten?)
|
Der Gesichtsraum ist ein
gerichteter Raum, in dem es ein Oben und Unten, Rechts und Links
gibt. Und diese Bestimmungen 457 haben nichts
mit der Richtung der Schwerkraft oder der rechten und linken Hand
zu tun. Sie würden auch dann ihren Sinn beibehalten,
wenn wir unser ganzes Leben lang durch ein Teleskop zu den Sternen
sähen. – Dann wäre unser
Gesichtsfeld dunkel mit einem helleren Kreis und in diesem
Lichtpunkte. || … unser Gesichtsfeld ein
hellerer Kreis vom Dunkel begrenzt und im Kreis
Lichtpunkte. Nehmen wir an, wir
hätten nie unsern Körper gesehen, sondern immer nur
dieses Bild, wir könnten also die Lage eines Sterns nicht mit
der unseres Kopfes oder unserer Füße
vergleichen: was zeigt mir dann, daß
mein Raum ein Oben und Unten etc. hat, oder
einfach: daß er gerichtet
ist? Es hat Sinn, zu sagen, daß
sich das ganze Sternbild im Kreis dreht, obwohl es
dadurch seine relative Lage zu nichts im Gesichtsraum
ändert. Oder richtiger ausgedrückt: ich
rede auch dann von einer Drehung im Gesichtsraum, wenn keine
relative Lageänderung in ihm stattfindet.
Dieser Sachverhalt ist nicht vielleicht dadurch wegerklärt, daß man sagt: die Retina hat eben ein Oben, Unten, etc., und so ist es leicht verständlich, daß es das Analoge im Gesichtsfeld gibt. Vielmehr ist eben das nur eine Darstellung des Sachverhalts auf dem Umweg über die Verhältnisse in der Retina. |
Man
könnte meinen: es verhält sich im Gesichtsfeld
immer so, als sähen wir mit allem
Übrigen ein gerichtetes
Koordinatenkreuz, wonach wir alle Richtungen fixieren
können. – Aber auch das ist keine richtige
Darstellung; denn sähen wir wirklich ein solches Kreuz
(etwa mit Pfeilen), so wären wir im Stande, nicht nur die
relativen Richtungen der Objekte dagegen zu fixieren, sondern
auch die Lage des Kreuzes selbst im Raum, gleichsam gegen ein
ungesehenes im Wesen dieses Raums enthaltenes
Koordinatensystem. 525 |
Ich kann die
Figur als Buchstaben, als Zeichen für
“kleiner”, oder für
“größer”,
sehen, auch ohne es || sie mit meinem
Körper zusammen zu sehen. Vielleicht wird man
sagen, daß ich die Lage meines
Körpers fühle, ohne ihn zu sehen.
Gewiß, und ich sage eben,
daß ‘die gefühlte
Lage’ nicht ‘die gesehene Lage’ ist; daher
können sie auch nicht miteinander verglichen, wohl aber
einander zugeordnet werden. Die Wörter “oben”, “unten”, “rechts”, “links” haben andere Bedeutung im Gesichtsraum, andere in Gefühlsraum. Aber auch das Wort “Gefühlsraum” ist mehrdeutig. (Definitionen der Wörter “oben”, “unten”, etc. durch die Spitze des Buchstaben “V”, des Zeichens “kleiner” und größer” einerseits, anderseits durch Kopf- und Fußschmerzen; oder durch Gleichgewichtsgefühle.) |
“Ist ein Feld eines Schachbretts
einfacher, als das ganze Schachbrett?” Das
kommt darauf an, wie Du das Wort “einfacher”
gebrauchst. Meinst Du damit “aus einer
kleineren Anzahl von Teilen bestehend”, so sage ich:
Wenn diese Teile etwa die Atome des Schachbretts sind, so ist
also das Feld einfacher als das Schachbrett, – wenn Du aber
vom visuellen Schachbrett sprichst, || von dem
sprichst, was wir am Schachbrett sehen,
so bestehen ja die Felder nicht aus Teilen, es sei
denn, daß sie wieder aus kleineren Flecken
bestehen, und wenn Du dann den Fleck den einfacheren nennst, der
weniger Flecken enthält, so ist wieder das Feld einfacher als
das Schachbrett. “Ist aber die
gleichmäßig gefärbte Fläche
einfach?” – Wenn
“einfach” bedeutet: nicht aus Flecken mehrerer
Farben zusammengesetzt, – ja!
Aber können wir nicht sagen: einfach ist, was sich nicht teilen läßt? – Wie teilen läßt? Mit dem Messer? Und mit welchem Messer? Beschreibe mir erst die Methode der Teilung, die Du erfolglos anwendest, dann werde ich wissen, was Du “unteilbar” nennst. Aber vielleicht willst Du 526 sagen:
‘unteilbar’ nenne ich nicht das, was man erfolglos
zu teilen versucht, sondern das, wovon es sinnlos
(unerlaubt) ist, zu sagen, es bestehe aus Teilen. – Dann ist ‘unteilbar’ eine grammatische
Bestimmung. Eine Bestimmung also, die Du Selbst
machen kannst und durch welche Du die Bedeutung, den Gebrauch
andrer Wörter festlegst. Wenn ich etwa
sage: ein einfärbiger Fleck ist unteilbar
(einfach), denn, wenn ich ihn – z.B.
– durch einen Strich teile, so ist er nicht mehr
einfärbig, –, so setze ich damit fest, in welcher
Bedeutung ich das Wort “teilen” gebrauchen
will. Wenn nun gefragt wird: “besteht das
Gesichtsbild aus minima visibilia”, so fragen
wir zurück: wie verwendest Du das Wort “aus
… bestehen”? Wenn in dem Sinn, in
welchem ein Schachbrett aus schwarzen
und weißen Feldern besteht, – nein! –
Denn Du wolltest doch nicht leugnen, daß
wir einfärbige Flecke sehen (ich meine Flecke deren
Erscheinung einfärbig ist). Wenn
Du aber etwa﹖ sagen willst,
daß ein physikalischer Fleck
(ein meßbarer Fleck im
physikalischen Raum) verkleinert werden kann, bis wir ihn aus
einer bestimmten Entfernung nicht mehr sehen,
daß er dann beim Entschwinden
gemessen und in dieser Ausdehnung der kleinst
sichtbare Fleck genannt werden kann, so stimmen wir bei. |
Wenn wir in der Geometrie
sagen, das regelmäßige Sechseck
bestehe aus sechs gleichseitigen Dreiecken, so
heißt das daß es
Sinn hat, von einem regelmäßigen
Sechseck zu reden, das aus sechs gleichseitigen Dreiecken
besteht. Wenn darauf hin gefragt würde “ist
also das Sechseck einfach oder zusammengesetzt”, so
müßte ich antworten:
Bestimme Du selbst, wie Du die Wörter
“einfach” und “zusammengesetzt”
gebrauchen willst. |
“Ist Distanz in der Struktur des Gesichtsraums
schon enthalten, oder scheint es uns nur, so, weil wir gewisse
Erscheinungen 527 das Gesichtsbildes mit gewissen
Erfahrungen des Tastsinnes assoziieren, welche letztere erst
Distanzen betreffen?” Woher nennen wir diese
Vermutung? Wir scheinen dergleichen irgendwo
angetroffen zu haben. Denken wir nicht an folgenden
Fall? diese Melodie mißfiele mir
nicht, wenn ich sie nicht unter diesen unangenehmen
Umständen zum erstenmal gehört hätte. Aber
hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die
Melodie mißfällt mir, wie manche
andere, für deren Mißfallen ich jenen
Grund nicht angeben würde, und es ist
bloß eine Vermutung,
daß die Ursache meines
Mißfallens in jenem früheren
Erlebnis liegt. Oder aber, wenn immer ich die
Melodie höre, fällt mir jenes Erlebnis ein und macht mir
das Hören der Melodie unangenehm; dann ist meine Aussage
keine Hypothese über die Ursache meines
Mißfallens, sondern eine
Beschreibung dieses Mißfallens selbst. – Wenn also gefragt wird: “scheint es uns
nur so, daß eine Strecke im Gesichtsraum
selbst länger ist, als eine andere und bezieht sich das
‘länger’ nicht bloß
auf eine Erfahrung des Tastsinns, die wir mit dem Gesehenen
assoziieren”, – so ist zu antworten:
Weißt Du etwas von dieser
Assoziation? beschreibst Du mit ihr Dein
Erlebnis, oder vermutest Du sie nur als Ursache Deines
Erlebnisses? – Wenn das letztere, so
können wir von Distanzen im Gesichtsraum reden, ohne auf
die Mögliche Ursache unserer Erfahrung
Rücksicht zu nehmen. Dabei
muß man sich daran erinnern,
daß die Aussagen über Distanzen
(daß diese Strecke
gleichlang ist wie jene, oder länger als jene,
etc.) einen andern Sinn haben, wenn sie sich auf
den Gesichtsraum, und einen andern, wenn sie sich auf den
euklidischen Raum beziehen.
|
Zu sagen,
der Punkt B ist nicht zwischen A und C
528 beschreiben.
Wenn Du sagst der Punkt B erscheint || scheint Dir nur zwischen A und C (zu liegen), so antworte ich: das ist es ja, was ich sage, nur gebrauche dafür den Ausdruck “er liegt zwischen A und C”. Und wenn Du fragst “scheint es nicht nur so”, so antworte ich: Welche Methode würdest Du denn anwenden, um die Antwort auf deine Frage zu finden. Dann nämlich werde ich verstehen, was Dein Verdacht eigentlich betrifft. Wenn Du sagst: ist auf diesem Tisch nicht doch vielleicht etwas, was ich nicht sehe, so antworte ich: Wie könnten wir denn das Betreffende finden? Versuche mir doch eine Erfahrung zu beschreiben, die Dich Sagen lassen würde || veranlassen würde, zu sagen: “es war doch noch etwas da“. Beschreibe mir die Erfahrung, die Dich davon überzeugen würde, daß B doch nicht zwischen A und C liegt, und ich werde verstehen, welcher Art der || dieser wirkliche Sachverhalt im Gegensatz zum scheinbaren ist. Aber Eines ist klar: die Erfahrung, die Dich das lehrt, kann nicht diejenige ändern, die ich mit den Worten beschreibe “B liegt zwischen A und C”. Dem Einwurf liegt aber eine falsche Auffassung der Logischen Analyse zugrunde. Was wir vermissen ist nicht ein genaueres Hinsehen (etwa auf A, B und C) und die Entdeckung eines Vorgangs hinter dem gewöhnlich || oberflächlich beobachteten (dies wäre die Untersuchung eines physikalischen oder psychologischen Phänomens), sondern die Klarheit in der Grammatik der Beschreibung des alten Phänomens. Denn, sähen wir genauer hin, so sähen wir eben etwas Anderes und hätten nichts für unser Problem gewonnen. Diese Erfahrung, nicht eine andere, sollte beschrieben werden. |
Zu sagen, daß diese Farbe jetzt an
einem Ort ist, 474 heißt,
diesen Ort vollständig beschreiben. –
Zwei Farben, zwei Dampfspannungen, zwei Geschwindigkeiten, zwei
elektrische Spannungen, haben nicht zugleich an einem Ort || Punkt Platz. – Eine
merkwürdige Gesellschaft, die sich da
zusammenfindet. Und auch der ‘Punkt’ von
dem ich rede, hat verschiedene Bedeutungen.
Wenn also “f(x)” sagt, x sei jetzt an einem bestimmten Ort, so ist also ‘f(a) & f(b)’ ein Widerspruch. Warum nenne ich aber “f(a) & f(b)’ einen Widerspruch; da doch p & non-p die Form des Widerspruchs ist? Bedeutet || Heißt es einfach, daß das Zeichen “fa & fb” kein Satz ist, wie etwa “ffaa” keiner ist? Unsere Schwierigkeit ist nur, daß wir doch das Gefühl haben, daß hier ein Sinn vorliegt, wenn auch ein degenerierter (Ramsey). Daß, wenn ich “und” zwischen zwei Aussagen setze, ein lebendes Wesen entstehen muß und nicht etwas Totes, wie wenn ich etwa “a & f” geschrieben hätte. Das ist ein sehr merkwürdiges und sehr tiefliegendes Gefühl. Man müßte sich darüber klar werden, was die Worte “daß hier ein Sinn vorliegt” sagen wollen. Die Entscheidung darüber, ob “fa & fb” Unsinn ist, wie “a & f”, könnte man so fällen: Ist p & ~(fa & fb) = p, oder ist die linke Seite dieser Gleichung (und also die Gleichung) Unsinn? – Kann ich nicht entscheiden, wie ich will? Kann ich die Regel, die dem allem zu Grunde liegt, so schreiben: fa = (fa & ~(fb))? d.i.: aus fa folgt non-fb. |
Ich
glaubte, als ich die
“Abhandlung” schrieb
(und auch später noch),
daß fa = fa &
non-fb nur
möglich wäre, wenn fa das logische Produkt aus
irgend einem andern Satz und non-fb
– also fa = p &
non-fb –
wäre, und war der Meinung, fa
(z.B. eine Farbenangabe) werde
sich in ein solches Produkt zerlegen lassen. Dabei hatte
ich keine klare Vorstellung davon, wie ich mir die Auffindung einer
solchen Zerlegung dachte. Oder vielmehr: ich
dachte wohl an die Konstruktion eines Zeichens, das die richtige
grammatische Verwendung 475 in jedem Zusammenhang durch
seine Beschaffenheit zum Ausdruck brächte
(d.h., seine Regeln ganz einfach gestaltete
und in gewissem Sinne schon in sich trüge, wie jede
übersichtliche Notation); aber ich übersah,
daß, wenn diese Umgestaltung des Satzes
f(a) in seiner Ersetzung
durch ein logisches Produkt bestehen sollte, dann die Faktoren
dieses Produkts einen unabhängigen und uns bereits
bekannten Sinn haben
mußten || müßten.
Als ich dann eine solche Analyse einer Farbangabe durchführen wollte, kam zum Vorschein || , zeigte sich, was es war, was ich mir unter der Analyse vorgestellt hatte. Ich glaubte die Farbangabe als ein logisches Produkt r & s & t … auffassen zu können, dessen einzelne Faktoren die Ingredienzien angaben (wenn es mehrere waren), aus denen die Farbe (color, nicht pigmentum) besteht. Es muß dann natürlich auch gesagt werden, daß dies alle Ingredienzien sind und diese abschließende Bemerkung S bewirkt, daß r & s & t & S mit r & s & t & u & S in Widerspruch steht. Die Farbangabe hieße dann: “an diesem Ort sind jetzt diese Farben (oder: ist jetzt diese Farbe) und sonst keine”. D.h.: die Farbangabe, die in unsrer gewöhnlichen Ausdrucksweise lautet “dies (oder: hier) ist rot” würde nun “hier ist rot und sonst keine Farbe” zu lauten haben || lauten müssen; während die Angabe “hier ist rot und blau” bedeuten sollte, daß die Farbe dieses Orts eine Mischfarbe aus rot und blau sei. Die Farbangaben || Sätze nähmen da folgende Form an: “in dieser Farbe ist rot enthalten”, “in dieser Farbe ist nur rot enthalten”, “in dieser Farbe ist nur rot und blau enthalten”, etc..– Aber dies gibt nicht die rechte Grammatik: Es müßte das Vorhandensein eines roten Stiches ohne irgend einen andern Stich die rein rote Färbung dieses Orts bedeuten; das scheint uns unsinnig und der Fehler klärt sich so auf: Es muß im Wesen (in der Grammatik) dieses roten Stiches liegen, daß ein Mehr oder Weniger von ihm möglich ist; ein rötliches Blau kann dem reinen Rot näher und weniger nahe liegen, also in diesem Sinne mehr oder weniger Rot enthalten. Der Satz, welcher 531 angibt,
daß Rot als Ingrediens einer Farbe hier
vorhanden ist, müßte also irgendwie
eine Quantität von Rot nennen ||
angeben; dann aber
muß dieser Satz auch
außerhalb des logischen Produkts Sinn haben,
und es müßte also Sinn haben,
zu sagen, daß dieser Ort rein
rot gefärbt ist und die und die Quantität
von Rot enthalte; und das hat keinen Sinn. Und
wie verhält es sich mit den einzelnen Sätzen, die einem
Ort verschiedene Quantitäten, oder Grade, von Rot
zuschreiben? Nennen wir zwei solche
q1r
und q2r; sollen sich diese
widersprechen? Angenommen q2 sei
größer als q1, dann
könnte zwar unsere Festsetzung sein
daß q2r &
q1r kein Widerspruch sein solle (wie die
Sätze “in diesem Korb sind 4
Äpfel” und “in diesem
Korb sind 3 Äpfel”, wenn das
“nur” fehlt), aber dann
müssen q2r
und non-q1r
einander widersprechen; und daher
müßte nach meiner alten
Auffassung q2r ein Produkt aus
q1r
und einem andern Satz sein. Dieser andre Satz
müßte die von
q1
auf q2
fehlende Quantität angeben und für ihn bestünde
daher die selbe
Schwierigkeit. – Das Schema der Ingredienzien
paßt auf den Fall der
Farbenmischung, wenn man unter ‘Farben’ nicht
Farbstoffe versteht, nicht || nicht auf den Fall der Farbenmischung,
wenn man unter ‘Farben’ nicht Farbstoffe
versteht. Und auch in diesem Schema sind
verschiedene Angaben über das verwendete Quantum eines
Bestandteils widersprechende Angaben; oder, wenn ich festsetze
daß p ( = ich habe
3 kg Salz verwendet) und q ( = ich habe
5 kg Salz verwendet) einander nicht widersprechen sollen,
dann doch q und
non-p. || dann widersprechen einander doch
q und
non-p.
Und es läuft alles darauf hinaus,
daß der Satz “ich habe 2 kg
Salz verwendet” nicht heißt
“ich habe 1 kg Salz verwendet und ich habe
1 kg Salz verwendet”,
daß also f(1 + 1) nicht gleich
ist f(1) &
f(1). |
Der Satz “an einem Ort hat zu einer Zeit nur
eine Farbe Platz” ist natürlich ein
verkappter Satz der Grammatik. Seine Verneinung ist
kein Widerspruch, widerspricht aber einer Regel
unserer angenommen Grammatik. 532 |
Die meisten
Rätsel, die uns das Wesen der Zeit aufzugeben scheint,
kann man durch die Betrachtung einer Analogie verstehen, die in
einer oder andern Form den verschiedenen falschen Auffassungen zu
Grunde liegt: Es ist der Vorgang, im
Projektionsapparat, durch welchen der Film
läuft: einerseits, und auf der Leinwand
anderseits. Wenn man sagt, die Zukunft sei bereits präformiert, so heißt das offenbar: die Bilder des Filmstreifens, welche den zukünftigen Vorgängen auf der Leinwand entsprechen, sind bereits vorhanden. Aber für das, was ich in einer Stunde tun werde, gibt es ja keine solchen Bilder, und wenn es sie gibt, so dürfen wir wieder nicht die Bilder auf dem Zukunftsteil des Filmstreifens mit den zukünftigen Ereignissen auf der Leinwand verwechseln. Nur von jenen können wir sagen, daß sie präformiert sind, d.h. jetzt schon existieren. Und bedenken wir, daß der Zusammenhang der Ereignisse auf der Leinwand mit dem, was die Filmbilder zeigen ein empirischer ist; wir können aus ihnen kein Ereignis auf der Leinwand prophezeien, sondern nur hypothetisch vorhersagen. Auch – und hier liegt eine andere Quelle des Mißverständnisses – können wir nicht sagen “es ist jetzt der Fall, daß dieses Ereignis in einer Stunde eintreten wird” oder “es ist um 5 Uhr der Fall, daß ich um 7 Uhr spazierengehen werde.” |
Es hat Sinn von einer Färbung zu sagen, sie sei nicht rein
rot, sondern enthalte einen gelblichen, oder
bläulichen, weißlichen, oder
schwärzlichen Stich; und es hat Sinn zu sagen, sie enthalte
keinen dieser Stiche, sondern sei reines Rot. Man kann
in diesem Sinne von einem reinen Blau, Gelb, Grün,
Weiß, Schwarz reden, aber nicht von einem
reinen Orange, Grau, oder Rötlichblau. (Von
einem ‘reinen Grau’ übrigens wohl, sofern
man damit ein nicht-grünliches, nicht-gelbliches
u.s.w.
Weiß-Schwarz meint; und ähnliches
gilt für ‘reines Orange’,
etc..) D.h. der
Farbenkreis hat vier ausgezeichnete Punkte. Es hat
nämlich Sinn zu sagen “dieses Orange 533 liegt (nicht in der Ebene des
Farbenkreises, sondern im Farbenraum)
näher dem Rot als jenes”; aber wir können nicht, um
das gleiche auszudrücken sagen
“dieses Orange liegt näher dem Blaurot als
jenes” oder “dieses Orange liegt näher
dem Blau als jenes”. Orange hat eine Beziehung
zu Rot und Gelb, die es nicht zu einem Rötlichblau und
Grünlichgelb hat. |
Die Farbenmischung, von der hier die Rede ist, bringt der
Farbenkreisel hervor, aber auch er nicht, wenn ich ihn nur ruhend
und dann in rascher Drehung sehe. Denn es wäre ja
denkbar, daß der Kreisel im ruhenden
Zustand halb rot und halb gelb ist und daß er
in rascher Drehung (aus welcher Ursache || welchen Ursachen
immer) grün erscheint. Vielmehr bringt der
Farbenkreisel die Mischung nur insofern zustande, als wir sie
optisch als solche wahrnehmen können ||
optisch kontrollieren können. Wenn er
sich nämlich nach und nach schneller und schneller dreht und
wir sehen, wie aus rot und gelb orange wird.
Wir sind aber darin nicht dem Farbkreisel ausgeliefert;
sondern, wenn durch irgend einen unbekannten
Einfluß, während der Kreisel sich
schneller und schneller dreht, die Farbe seiner Scheibe
ins Weißliche
überginge, so würden wir nun nicht sagen, die
Zwischenfarbe zwischen Rot und Gelb sei ein
weißliches Orange. So wenig wie
wir sagen würden
3 + 4 sei 6,
wenn beim Zusammenlegen von 3 und 4
Äpfeln einer auf unbekannte Weise
verschwände und 6 Äpfel vor uns
lägen. Ich gebrauche hier den Farbenkreisel nicht
zu einem Experiment, sondern zu einer Rechnung. |
Gibt es einen kleinst sichtbaren
Farbunterschied? – Welche Farben sind hier
gemeint? Nennen wir Farbe das Ergebnis der Mischung
von Farbstoffen: dann kann ich das Experiment machen,
z.B. zu einer Menge eines roten Farbstoffes
eine kleine Menge eines gelben beizumischen und zu
versuchen, ob ich einen Farbunterschied sehe; wenn ja,
so wiederhole 471 ich den Versuch mit einem kleineren
Zusatz des gelben Farbstoffes und immer so fort, bis der Zusatz
keinen sichtbaren Unterschied mehr hervorbringt; das kleinste
Quantum, welches noch einen sichtbaren Unterschied
hervorbrachte, nenne ich, mit einem gewissen Faktor von
Ungenauigkeit, den kleinst sichtbaren Unterschied. Das
Wesentliche ist (hier﹖),
daß der Unterschied noch da war, also noch
konstatiert wurde, als kein Unterschied mehr
gesehen wurde. Was ich so konstatiert
habe, war der kleinst sichtbare Unterschied in den
Pigmenten. Und ähnlich könnte ich von einem
kleinst sichtbaren Unterschied zwischen farbigen Lichtern reden;
wenn ich nur außer dem Gesicht ein
anderes Mittel der Unterscheidung habe. – Anders
wird es, wenn man fragt: “gibt es einen kleinst
sichtbaren Unterschied zwischen den gesehenen
Farben”. Der müßte
der kleinste in dem Sinne sein, in dem die Null die kleinste
Kardinalzahl ist. Es wäre also nicht ein
Unterschied, den man nicht mehr unterteilen könnte, weil das
Experiment seiner Unterteilung immer
mißlänge; sondern die Unmöglichkeit
der Unterteilung wäre eine logische, was so viel
heißt, als daß es
keinen Sinn hätte, von einer Unterteilung zu
reden. Der kleinst sichtbare Unterschied in diesem Sinne
wäre also ein Farbunterschied einer andern Art. |
Wenn man einen schwarzen
Streifen auf weißem Grund immer
dünner und dünner werden
läßt, so kommt man endlich zu dem,
was ich einen visuellen Strich (im Gegensatz zu einer visuellen
Linie, der Grenze zweier Farben) nennen möchte.
Der Strich ist kein Streifen, er hat keine Breite;
d.h., wenn er von einem andern Strich
durchkreuzt wird, sehen wir nicht die 4 Eckpunkte, in
denen sich die Grenzlinien zweier Streifen schneiden. Es
ist unsinnig, von der optischen Unterteilung eines Strichs zu
reden. Ihm entspricht die Erscheinung eines Fixsterns, die
sich zum visuellen Punkt, dem Schnitt zweier Farbgrenzen,
ebenso verhält, wie der Strich zur
Farbgrenze. Den optischen Fixstern könnte man also ein
Minimum visibile 535 nennen. Aber man kann nun
nicht etwa sagen, das Gesichtsfeld bestehe aus solchen
Teilen! Es bestünde nur daraus || aus
ihnen, wenn wir sie sähen. Das Bild || visuelle Bild eines
Fixsternnebels im Fernrohr, besteht aus ihnen, soweit wir
sie unterscheiden können. Denn diese beiden
Ausdrücke heißen eben dasselbe.
|
Wenn gefragt wird
“ist unser Gesichtsfeld kontinuierlich oder
diskontinuierlich”, so müßte
man erst wissen, von welcher Kontinuität man
redet. Einen Farbübergang nennen wir kontinuierlich,
wenn wir keine Diskontinuität in ihm sehen. |
““Wenn die
Erinnerung kein sehen in die Vergangenheit ist, wie wissen wir
dann überhaupt, daß sie mit Beziehung
auf die Vergangenheit zu deuten ist? Wir
könnten uns dann einer Begebenheit erinnern und zweifeln, ob
wir in unserm Erinnerungsbild ein Bild der Vergangenheit oder der
Zukunft haben. Ich kann natürlich sagen: Ich sehe nicht die Vergangenheit, sondern nur ein Bild der Vergangenheit. Aber woher weiß ich, daß es ein Bild der Vergangenheit ist, wenn dies nicht im Wesen des Erinnerungsbildes liegt. Haben wir etwa durch die Erfahrung gelernt, diese Bilder als Bilder der Vergangenheit zu deuten? Aber was hieße hier überhaupt “Vergangenheit“?”” Die Daten unseres Gedächtnisses sind geordnet; diese Ordnung nennen wir Gedächtniszeit, im Gegensatz zur physikalischen Zeit, der Ordnung der Ereignisse in der physikalischen Welt. Gegen den Ausdruck “Sehen in die Vergangenheit” sträubt sich unser Gefühl mit Recht; denn es ﹖– gibt uns ein Bild davon –﹖ || denn es ruft das Bild hervor, daß Einer einen Vorgang in der physikalischen Welt sieht, der jetzt gar nicht geschieht, sondern schon vorüber ist. Und die Vorgänge, welche wir “Vorgänge in der physikalischen 536 Welt”, und die, welche wir
“Vorgänge in unserer Erinnerung” nennen,
sind einander wirklich nur zugeordnet. Denn wir reden
von einem Fehlerinnern und das Gedächtnis ist nur
eines von den Kriterien dafür,
daß etwas in der physikalischen Welt
geschehen ist. |
Die Erinnerungszeit unterscheidet sich unter anderem dadurch von
der physikalischen, daß sie ein Halbstrahl
ist, dessen Endpunkt || Anfangspunkt
die Gegenwart ist. Der Unterschied
zwischen Erinnerungszeit und physikalischer Zeit ist
natürlich ein logischer.
D.h.: die beiden Ordnungen
könnten sehr wohl mit ganz verschiedenen Namen bezeichnet
werden und man nennt sie nur beide “Zeit”, weil eine
gewisse grammatische Verwandtschaft besteht, ganz wie zwischen
Kardinal- und Rationalzahlen; Gesichtsraum,
Tastraum und physikalischen Raum; Farbtönen und Klangfarben,
etc., etc.. |
(∃x).fx & ~(∃x,y).fx & fy (∃x,y).fx & fy. & .~(∃x,y,z).fx & fy & fz (∃x,y,z).fx & fy & fz. & .~(∃x,y,z,u).fx & fy & fz & fu ““Wie müßte man es nun anfangen, die allgemeine Form solcher Sätze zu schreiben? Die Frage hat offenbar einen guten Sinn. Denn, wenn ich nur einige solcher Sätze als Beispiele hinschreibe, so versteht man, was das Wesentliche dieser Sätze sein soll.”” Nun, dann ist also die Reihe der Beispiele schon eine Notation; denn das Verstehen dieser Reihe besteht doch in der Verwendung dieses Symbols und darin, daß wir es von andern in demselben System unterscheiden, z.B. von: (∃x).fx (∃x,y,z).fx & fy & fz (∃x,y,z,u,v).fx & fy & fz & fu & fv. 537 Warum sollen wir aber
nicht das allgemeine Glied der ersten Reihe so
schreiben:
(∃ x1 … xn).Π
Ist diese Notation unexakt? Sie selbst soll ja nichts bildhaft machen, sondern nur auf die Regeln ihres Gebrauchs, das System, in dem sie gebraucht wird, kommt es an. || , auf das System, in dem sie gebraucht wird, kommt es an. Die Skrupel, die ihr anhaften, schreiben sich von einem Gedankengang her, der sich mit der Zahl der Urzeichen in dem Kalkül der ‘Principia Mathematica’ beschäftigte. |
Hat die Anzahl wesentlich etwas mit einem Begriff zu
tun? Ich glaube, das kommt darauf hinaus, zu fragen, ob
es einen Sinn hat, von einer Anzahl von Gegenständen zu reden,
die nicht unter einen Begriff gebracht sind. Hat es
z.B. Sinn zu sagen “a, b
und c sind drei Gegenstände”? – Es ist allerdings ein Gefühl vorhanden, das
uns sagt: Wozu von Begriffen reden, die Zahl hängt
ja nur vom Umfang des Begriffes ab, und wenn der
einmal bestimmt ist, so kann der Begriff sozusagen abtreten.
Der Begriff ist nur eine Methode || nur ein Hilfsmittel, um einen
Umfang zu bestimmen, der Umfang aber ist selbständig und in
seinem Wesen unabhängig vom Begriff; denn es kommt ja auch
nicht darauf an, durch welchen Begriff wir den Umfang bestimmt
haben. Das ist das Argument für die extensive
Auffassung. Dagegen kann man zuerst sagen: Wenn
der Begriff wirklich nur ein Hilfsmittel ist, um zum Umfang zu
gelangen, dann hat der Begriff in der Arithmetik nichts zu suchen;
dann muß man eben die Klasse
gänzlich von dem zufällig mit ihr verknüpften
Begriff scheiden. Im entgegengesetzten Fall aber ist
der, vom Begriff unabhängige Umfang nur eine
Chimaire und dann
ist es besser, von ihm überhaupt nicht zu reden, sondern nur vom
Begriff. Das Zeichen für den Umfang eines Begriffes ist eine Liste. Man könnte – beiläufig – sagen: die Zahl || Anzahl ist die externe Eigenschaft 538 eines Begriffs und die
interne seines Umfangs (der Liste der
Gegenstände, die unter ihn fallen).
Die Anzahl
ist das Schema eines Begriffsumfangs.
D.h.: die Zahlangabe ist, wie
Frege sagte, die Aussage
über einen Begriff (ein Prädikat). Sie
bezieht sich nicht auf einen Begriffsumfang,
d.i. auf eine Liste, die etwa der Umfang
eines Begriffes sein kann. Aber die Zahlangabe über
einen Begriff ist ähnlich dem Satz, welcher aussagt,
daß eine bestimmte Liste der Umfang
dieses Begriffs sei. Von so einer Liste wird Gebrauch
gemacht, wenn ich sage: “a, b, c, d fallen unter
den Begriff F(x)”.
“a, b, c, d” ist die Liste.
Natürlich sagt der Satz nichts anderes, als
Fa
& Fb & Fc & Fd; aber er zeigt, mit
Hilfe der Liste geschrieben, seine Verwandtschaft mit
“(∃x,y,z,u).Fx & Fy & Fz
& Fu”, welches wir kurz
“(∃❘ ❘ ❘ ❘x).F(x)”
schreiben können. Die Arithmetik hat es mit dem Schema ❘ ❘ ❘ ❘ zu tun. – Aber redet denn die Arithmetik von Strichen, die ich mit Bleistift auf Papier mache? – Die Arithmetik redet nicht von den Strichen, sie operiert mit ihnen. |
Ramsey schlug einst vor, den Satz,
daß unendlich viele Gegenstände eine
Funktion f(x)
befriedigen, durch die Verneinung, sämtlicher Sätze
~(∃x).fx (∃x).fx & ~(∃x,y).fx & fy (∃x,y).fx & fy . & . ~(∃x,y,z).fx & fy & fz u.s.w. auszudrücken. – Aber diese Verneinung ergäbe die Reihe (∃x).fx (∃x,y).fx & fy (∃x,y,z) etc. etc.. Aber diese Reihe ist wieder ganz überflüssig: denn erstens enthält ja der zuletzt angeschriebene Satz alle vorhergehenden und zweitens nützt uns dieser 539 auch nichts, da er ja nicht von
einer unendlichen Anzahl von Gegenständen handelt.
Die Reihe kommt also in Wirklichkeit auf einen Satz
hinaus: “(∃x,y,z … ad inf.).fx & fy
& fz … ad inf.”.
Und mit diesem Zeichen können wir gar nichts anfangen, wenn
wir nicht seine Grammatik kennen. Eines aber ist
klar: wir haben es nicht mit einem Zeichen von der Form
“(∃x,y,z).fx & fy
& fz” zu tun; wohl aber mit einem
Zeichen, dessen Ähnlichkeit mit
diesem dazu gemacht scheint, uns
irrezuführen. |
““Die Zeit erscheint uns essentiell als
unendliche Möglichkeit. Und zwar,
offenbar, unendlich nach dem, was wir über ihre Struktur
wissen.”” D.h.
unendlich, nach ihrer Grammatik. |
Wie kann ich wissen,
daß ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
und ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
dasselbe Zeichen sind? Es genügt doch
nicht, daß sie ähnlich
ausschauen. Denn es ist nicht die ungefähre Gleichheit
der Gestalt, was die Identität der Zeichen ausmachen darf,
sondern gerade eben die Zahlengleichheit. |
Ob es einen Sinn hat zu sagen
“dieser Teil einer roten Fläche (der durch
keine sichtbare Grenze abgegrenzt ist) ist rot”
hängt davon ab, ob es einen absoluten Ort gibt. Denn,
wenn im Gesichtsraum von einem absoluten Ort die Rede sein
kann, dann kann ich auch diesem absoluten Ort eine Farbe
zuschreiben, wenn seine Umgebung gleichfärbig ist.
|
Die Idee
Elementarsätze zu konstruieren (wie dies
z.B. Carnap versucht hat), beruht auf einer falschen Auffassung
der logischen Analyse. Sie betrachtet das Problem dieser
Analyse als das, 540 eine Theorie der
Elementarsätze zu finden. Sie lehnt sich an das an,
was, in der Mechanik z.B., geschieht, wenn eine
Anzahl von Grundgesetzen gefunden wird, aus denen das ganze
System von Sätzen hervorgeht. |
Meine eigene Auffassung war falsch:
Teils || teils, weil
ich mir über den Sinn der Worte “in einem Satz ist ein
logisches Produkt versteckt” (und
ähnlicher) nicht klar war, zweitens, weil auch ich dachte,
die logische Analyse müsse verborgene Dinge an den Tag bringen
(wie es die chemische und physikalische tut). |
Wenn ich z.B.
sage, ein Fleck ist zugleich hellrot und dunkelrot, so denke
ich dabei, daß der eine Ton den andern
deckt. Hat es dann aber noch einen Sinn zu sagen, der Fleck habe den unsichtbaren, verdeckten Farbton? Hat es gar einen Sinn, zu sagen, eine vollkommen schwarze Fläche sei weiß, man sehe nur das Weiß, nicht, weil es vom schwarz gedeckt sei? Und warum deckt das Schwarz das Weiß und nicht Weiß das Schwarz? Wenn ein Fleck eine sichtbare und eine unsichtbare Farbe hat, so hat er diese Farben || diese zwei Farben jedenfalls in ganz verschiedenem Sinne. |
Man kann den Satz “dieser
Ort ist jetzt rot” (oder “dieser Kreis ist
jetzt rot”, etc.) einen Elementarsatz
nennen, wenn man damit sagen will, daß er
weder eine Wahrheitsfunktion anderer Sätze ist, noch als
solche definiert
(ist﹖).
(Ich sehe hier von Verbindungen der Art
p &
(q. ⌵ .non-q)
und analogen ab.) Aus “a ist jetzt rot” folgt aber “a ist jetzt nicht grün” und die Elementarsätze in diesem Sinn sind also nicht von einander unabhängig, wie 541 die Elementarsätze in
meinem seinerzeit beschriebenen Kalkül, von dem
ich annahm, der ganze Gebrauch der Sätze müsse sich auf
ihn zurückführen lassen; – verleitet durch einen
falschen Begriff von diesem
“zurückführen” || von
dieser Zurückführung. |
“Rot und grün gehen
nicht zugleich an denselben Ort”
heißt nicht, sie sind tatsächlich nie
beisammen, sondern, es ist Unsinn zu sagen, sie seien zugleich
am selben Ort und also auch Unsinn zu sagen, sie seien nie zugleich
am selben Ort. |
Eine Mischfarbe, oder besser Zwischenfarbe, von blau und rot ist
dies durch eine interne Relation zu den Strukturen von blau und
rot. Richtiger ausgedrückt: was wir
“eine Zwischenfarbe von blau und rot” (oder
“blaurot”) nennen, heißt
so, wegen einer Verwandtschaft, die sich in der
Grammatik der Wörter || in den grammatischen
Bestimmungen über die Wörter
“blau”, “rot”, und
“blaurot” zeigt. (Der Satz, der von
einer internen Relation der Strukturen redet, entspringt schon aus
einer unrichtigen Vorstellung; aus der, welche in den
Begriffen ‘rot’, ‘blau’,
etc. komplizierte Strukturen ||
Gebäude sieht; deren innere Konstruktion die
Analyse zeigen muß.) Die
Verwandtschaft aber der reinen Farben und ihrer Zwischenfarbe ist
elementarer Art, d.h., sie besteht
nicht darin, daß der Satz, welcher
einem Gegenstand die Farbe blaurot zuschreibt, aus den Sätzen
besteht, die ihm die Farben rot und blau zuschreiben.
Und so ist auch die Verwandtschaft verschiedener Grade eines
rötlichen Blau, z.B., eine elementare
Verwandtschaft. |
Worin liegt
der Unterschied zwischen der Zahlangabe über einen
Begriff || Zahlangabe, die sich auf einen Begriff
und einer 542 || der Zahlangabe, die sich
auf eine Variable bezieht? Die Erste ist
ein Satz, der von dem Begriff handelt, die zweite eine grammatische
Regel, die Variable betreffend.
Kann ich aber nicht eine Variable dadurch bestimmen, daß ich sage, ihre Werte sollen alle Gegenstände sein, die eine bestimmte Funktion befriedigen? – Dadurch bestimme ich ja die Variable nicht, außer wenn ich weiß, welche Gegenstände die Funktion befriedigen, d.h., wenn mir diese Gegenstände auch auf andre Weise (etwa durch eine Liste) gegeben sind; und dann wird die Angabe der Funktion überflüssig. Wissen wir nicht, ob ein Gegenstand die Funktion befriedigt, so wissen wir nicht, ob er ein Wert der Variablen sein soll und die Grammatik der Variablen ist dann in dieser Beziehung einfach nicht bestimmt || ausgesprochen. |
Zahlangaben
in der Mathematik (z.B.
“die Gleichung x² = 1 hat 2
Wurzeln”) sind daher von ganz anderer Art, als
Zahlangaben außerhalb der Mathematik
(“auf dem Tisch liegen 2
Äpfel”.) |
(Es wäre unsere Aufgabe,
Figuren verschiedener Gestalt, die sich in einer Ebene I
befänden in eine Ebene II zu projizieren.
Wir könnten dann eine Projektionsmethode bestimmen (etwa in
der orthogonalen Projektion) und nach ihr die Abbildung
ausführen. Wir könnten dann auch leicht von
den Bildern auf der Ebene II auf die Figuren in I
schließen. ||
Schlüsse ziehen. Wir können aber
auch diesen Weg einschlagen: Wir bestimmen etwa
(vielleicht weil uns diese Darstellung am bequemsten ist),
daß die Bilder in der zweiten Ebene
sämtlich Kreise sein sollen, – was immer die abgebildeten
Figuren in der ersten Ebene sein mögen.
D.h. verschiedene Figuren der ersten Ebene
werden durch verschiedene 543 Projektionsmethoden in die zweite abgebildet.
Um dann die Kreise in II als Bilder der Figuren in I
zu verstehen || deuten, werde ich
zu jedem Kreis die Projektionsmethode angeben müssen; die
(bloße)
Tatsache aber, daß sich eine Figur in
II als ein Kreis in I darstellt, sagt
nur (allein noch)
nichts über die Gestalt der
abgebildeten || abgebildete Figur
(aus﹖).
Daß das Bild in II ein Kreis ist,
ist ja die festgesetzte Norm der || unserer
Abbildung. – Dasselbe geschieht nun,
wenn wir die Wirklichkeit nach der
Subjekt-Prädikat-Norm in unsere Sprache abbilden.
Das Subjekt-Prädikat Schema dient als Projektion
unzähliger verschiedener logischer Formen. |
“Begriff und
Gegenstand” Freges,
das ist nichts anderes, als Subjekt und
Prädikat. |
Ich sagte: “Eine Schwierigkeit der
Frege'schen
Theorie ist die Allgemeinheit der Worte ‘Begriff’
und ‘Gegenstand’. Denn, da man Tische,
Töne, Schwingungen und Gedanken zählen kann, so ist es
schwer, sie alle unter einen Hut zu bringen”. –
Aber was heißt es: “man
kann sie zählen”? Doch,
daß es Sinn hat, sie zu
zählen || , auf sie die Kardinalzahlen
anzuwenden. Wenn wir aber das wissen,
diese grammatische Regel wissen, was
brauchen wir uns da den Kopf über die andern grammatischen
Regeln zu zerbrechen, wenn es sich uns nur um eine Rechtfertigung
der Anwendung der Kardinalarithmetik handelt? Es ist
nicht schwer “sie alle unter einen Hut zu
bringen”, sondern sie sind, soweit das für
diesen Zweck || Fall nötig
ist, unter einen Hut gebracht. |
Die Arithmetik aber kümmert sich (wie
wir alle sehr wohl wissen) überhaupt nicht um diese
Anwendung. Ihre Anwendbarkeit 544 sorgt für sich selbst.
|
Daher ist alles
ängstliche Suchen nach den Unterschieden zwischen
Subjekt-Prädikat-Formen, aber auch die Konstruktion
von Funktionen ‘in extension’
(Ramsey), zur
Begründung der Arithmetik Zeitverschwendung. |
Wenn die
Dirichlet'sche Auffassung der Funktion einen strengen Sinn hat, so
muß sie sich in einer
Definition ausdrücken, die das Funktionszeichen
mit der Tabelle als gleichbedeutend erklärt. |
Wenn Leute sagen, der Satz
“es ist wahrscheinlich, daß
p eintreffen wird” sage
etwas über das Ereignis
p, so vergessen sie,
daß es auch wahrscheinlich bleibt, wenn das
Ereignis p nicht
eintrifft. |
Wir sagen mit dem Satz “p wird wahrscheinlich
eintreffen” zwar etwas über die Zukunft, aber
nicht etwas “über das Ereignis
p”, wie die grammatische Form der
Aussage uns glauben macht. |
Wenn ich nach dem Grund einer Behauptung frage, so ist die
Antwort auf diese Frage nicht für den Gefragten und eben
diese Handlung (die Behauptung), sondern
allgemein gültig. |
Wenn ich sage: “das Wetter
deutet auf Regen”, sage ich etwas über das
zukünftige Wetter? Nein, sondern über das
gegenwärtige, 545 mit Hilfe eines Gesetzes, welches das
Wetter zu einer Zeit mit dem Wetter zu einer
späteren || in einer früheren
Zeit in Verbindung bringt. Dieses
Gesetz muß bereits vorhanden sein, und mit
seiner Hilfe fassen wir gewisse Aussagen über unsere Erfahrung
zusammen. – Aber dasselbe könnte man dann auch für historische Aussagen behaupten. Aber es war ja auch vorschnell, zu sagen, der Satz “das Wetter deutet auf Regen” sage nichts über das zukünftige Wetter. Das kommt darauf an, was man darunter versteht “etwas über etwas sagen || auszusagen”. Der Satz sagt eben seinen Wortlaut! Der Satz “p wird wahrscheinlich eintreten” sagt || Er sagt nur etwas über die Zukunft in einem Sinn, in welchem seine Wahr- und Falschheit gänzlich unabhängig ist von dem, was in der Zukunft geschehen wird. |
Wenn wir sagen, “das Gewehr zielt jetzt
auf den Punkt P”, so sagen wir nichts darüber,
wohin der Schuß treffen wird.
Der Punkt auf den es zeigt || zielt, ist ein
geometrisches Hilfsmittel zur Angabe seiner
Richtung. Daß wir gerade dieses
Mittel verwenden, hängt allerdings mit gewissen
Erfahrungen || Beobachtungen
zusammen (Wurfparabel, etc.), aber diese treten
jetzt nicht in die Beschreibung der Richtung ein. |
Ramsey
definiert x = y als
(φe).φex
≡ φey. Aber nach den Erklärungen, die er über seine Funktionszeichen “Fe” gibt, ist (φe).φex ≡ φex die Aussage: “jeder Satz ist sich selbst äquivalent” (φe).φex ≡ φey die Aussage: “jeder Satz ist jedem Satz äquivalent”. || Ramsey erklärt “x = x” auf einem Umweg als die Aussage “jeder Satz ist sich selbst äquivalent” und “x = y” als “jeder Satz ist jedem Satz äquivalent”. Er hat also mit seiner Erklärung nichts andres erreicht, als was die zwei 563 Definitionenx = x ≝ Tautologie x = y ≝ Kontradiktion bestimmen. (Das Wort “Tautologie” kann hier durch jede beliebige Tautologie ersetzt werden und das gleiche gilt für “Kontradiktion”.) Soweit ist nichts geschehn, als Erklärungen der zwei verschiedenen Zeichenformen x = x und x = y zu geben. Diese Erklärungen können natürlich durch zwei Klassen von Erklärungen ersetzt werden: || , z.B.:
“(∃x,y). x ≠
y”, d.h.
“(∃x,y).
~(x =
y)”, – dazu hat er aber gar
kein Recht: denn, was bedeutet in diesem Zeichen das
“x = y”?
es || Es ist ja
weder das Zeichen “x = y”, welches
ich in der Definition oben gebraucht habe, noch natürlich
das “x = x” in der
vorhergehenden Definition. Also ist es ein noch
unerklärtes Zeichen. Um übrigens die
Müßigkeit jener ||
dieser Definitionen einzusehen, lese man sie
(wie sie der Unvoreingenommene lesen würde) so:
Ich erlaube, statt des Zeichens “Taut.”,
dessen Gebrauch wir kennen, das Zeichen
“a = a” oder
“b = b”, etc.
zu setzen; und statt des Zeichens
“Cont.”
(“non-Taut.”)
die Zeichen “a = b”,
“a = c”,
etc.. Woraus übrigens hervorgeht,
daß(a = b) = (c = d) = (a ≠ a) = etc.! Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, daß ein so definiertes Gleichheitszeichen nichts mit demjenigen zu tun hat, welches wir zum Ausdruck einer Ersetzungsregel brauchen. Ich kann nun “(∃x,y). x ≠ y” natürlich wieder erklären; etwa als a ≠ a . ⌵ . a ≠ b . ⌵ . b ≠ c . ⌵ . a ≠ c; diese Erklärung aber ist eigentlich Humbug und ich sollte unmittelbar schreiben (∃x,y). x ≠ y≝Taut.¤ (D.h. das Zeichen auf der linken Seite würde mir als ein neues – unnötiges – Zeichen für “Taut.” gegeben.) 564 Denn wir dürfen nicht
vergessen, daß nach der
Erklärung “a = a”,
“a = b”,
etc. unabhängige Zeichen sind und nur insofern
zusammenhängen, als eben die Zeichen
“Taut.” und
“Cont.”.
|
Die Frage
ist hier die nach der Nützlichkeit der
“extensiven” Funktionen, denn die
Ramsey'sche Erklärung des Gleichheitszeichens ist ja so
eine Bestimmung durch die Extension. Welcher Art
ist || Worin besteht nun die
extensive Bestimmung einer Funktion? Sie ist offenbar
eine Gruppe von Definitionen, z.B.
die:
Denn die Zeichen “fa”, “fb”, “fc” sind Funktionen || Funktion und Argument nur, sofern es auch die Wörter “Ko(rb)”, “Ko(pf)” und “Ko(hl)” sind. (Es macht dabei keinen Unterschied, ob die “Argumente” “rb”, “pf”, “hl” sonst noch als Wörter gebraucht werden, oder nicht.) (Welchen Zweck also die Definitionen haben können, außer den, uns irrezuführen, ist schwer einzusehen.) Das Zeichen “(∃x).fx” heißt zunächst gar nichts; denn die Regeln für Funktionen im alten Sinn des Wortes gelten ja hier nicht. Für diese wäre eine Definition fa = … Unsinn. Das Zeichen “(∃x).fx” ist, wenn keine ausdrückliche Erklärung dafür gegeben wird, nur wie ein Rebus zu verstehen, in welchem auch die Zeichen eine Art uneigentliche Bedeutung haben. Jedes der Zeichen “a = a”, “a = c”, etc. in den Definitionen (a = a)≝Taut., etc. ist ein Wort. Der Endzweck der Einführung der extensiven Funktionen war übrigens, die Analyse von Sätzen über unendliche Extensionen und dieser Zweck 548 ist verfehlt, da eine extensive
Funktion durch eine Liste von Definitionen eingeführt
wird. |
Wenn man
wissen will, was
“2 + 2 =
4” heißt,
muß man fragen, wie wir es
(erhalten), es﹖
ausrechnen. Wir betrachten dann den Vorgang der
Berechnung als das Wesentliche, und diese Betrachtungsweise ist die
des gewöhnlichen Lebens, wenigstens, was die Zahlen anbelangt,
für die wir eine Ausrechnung bedürfen. Wir
dürfen uns ja nicht schämen, die Zahlen || Ziffern und Rechnungen so
aufzufassen, wie sie die alltägliche Arithmetik jedes
Kaufmanns auffaßt. Wir rechnen
dann 2 + 2 =
4 und überhaupt die Regeln des kleinen Einmaleins
gar nicht aus, sondern nehmen sie – sozusagen als
Axiome – an und rechnen nur mit ihrer
Hilfe. Wir könnten aber natürlich auch
2 + 2 = 4
ausrechnen und die Kinder tun es auch durch Abzählen.
Gegeben die Ziffernfolge 1 2 3 4 5 6, ist die
Ausrechnung:
|
Die Erklärung von
(∃x).fx als
einer logischen Summe und (x).fx als logischem
Produkt kann natürlich nicht aufrecht erhalten werden.
Sie ging mit einer falschen Auffassung der logischen Analyse
zusammen, indem ich etwa dachte, das logische Produkt für ein
bestimmtes (x).fx werde sich schon
einmal finden. – Es ist natürlich richtig,
daß (∃x).fx
irgendwie als logische Summe funktioniert und
(x).fx als Produkt;
ja in einer Verwendungsart der Worte
“alle” und “einige” ist meine
alte Erklärung richtig, nämlich –
z.B. – in dem Falle “alle
primären Farben finden sich in diesem Bild” oder
“alle Töne der C-Dur Tonleiter kommen in
diesem Thema vor”. In Fällen aber wie
“alle Menschen sterben, ehe sie 200 Jahre alt
werden” stimmt meine Erklärung nicht.
Daß nun aber 549 (∃x).fx als
logische Summe funktioniert ist darin ausgedrückt,
daß es aus
fa und aus
fa. ⌵ .fb
folgt, also in den Regeln: (∃x).fx . & . fa = fa und (∃x).fx : & : fa. ⌵ .fb = fa. ⌵ .fb. Aus diesen Regeln ergeben sich dann die Grundgesetze Russells fx . ⊃ . (∃z).fz und fx. ⌵ .fy : ⊃ : (∃z).fz als Tautologien. |
Das Wesen des “logischen
Gesetzes” ist es ja, daß es im
Produkt mit irgend einem Satz diesen Satz ergibt. Und man
könnte den Kalkül Russells auch mit Erklärungen beginnen von der
Art: p ⊃ p . & . q = q p . & . p ⌵ = p etc.. |
Für (∃x).fx,
etc. brauchen wir auch die Regeln:
(∃x). fx ⌵ Fx = (∃x).fx . ⌵ . (∃x).Fx, (∃x,y). fx & fy . ⌵ . (∃x).fx & Fx = (∃x).fx . & . (∃x).Fx. Jede solche Regel ist ein Ausdruck der Analogie zwischen (∃x).fx und einer logischen Summe. |
Definitionen zur
Abkürzung:
(∃x). fx . & . non (∃x,y). fx & fy ≝ (εx). fx(∃x,y). fx & fy . & . non (∃x,y,z). fx & fy & fz ≝ (εx,y). fx & fy u.s.w. (εx). fx ≝ (ε 1x)fx (εx,y). fx & fy ≝ (ε ❘ ❘x)fx ≝ (ε 2x)fx u.s.w.. 584
Man kann zeigen daß
(Е❘ ❘x)fx & (Е❘ ❘ ❘x)Fx &
(ε❘ ❘x)φx.(ε❘ ❘ ❘x) ψx .Ind.: ⊃ :(ε ❘ ❘ + ❘ ❘ ❘x).φx & ψx tautologisch ist, denn von einer Summe “❘ ❘ + ❘ ❘ ❘” war in unseren Definitionen noch || ja gar keine Rede. (Ich werde die Tautologie zur Abkürzung in der Form “ε❘ ❘.ε❘ ❘ ❘ ⊃ ε❘ ❘ ❘ ❘ ❘” schreiben.) Wenn nun die Frage ist, welche Anzahl von Strichen rechts von “ ⊃ ” bei gegebener linker Seite das Ganze zu einer Tautologie machen, so kann man diese Zahl finden, man kann auch finden, daß sie im vorigen Fall ❘ ❘ + ❘ ❘ ❘ ist, aber genau so gut, daß sie ❘ + ❘ ❘ ❘ ❘ oder ❘ + ❘ ❘ ❘ + ❘ ist, denn sie ist dies alles. Man kann aber auch eine Induktion finden, die zeigt, daß – algebraisch ausgedrückt – εn. εm. ⊃ .ε(n + m) tautologisch wird. Dann habe ich z.B. ein Recht ε17.ε28. ⊃ . ε(17 + 28) als Tautologie anzusehen. Aber ist nun dadurch die Gleichung 17 + 28 = 45 gegeben? Keineswegs! || Durchaus nicht! Dies muß ich mir vielmehr nun erst ausrechnen. Es hat nun auch Sinn, nach dieser allgemeinen Regel ε2.ε3. ⊃ .ε5 als Tautologie hinzuschreiben; wenn ich, (sozusagen), noch nicht weiß, was 2 + 3 ergeben wird; denn 2 + 3 hat nur sofern Sinn, als es noch ausgerechnet werden muß. Daher hat die Gleichung ❘ ❘ + ❘ ❘ ❘ = ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ nur dann einen Witz, wenn das Zeichen “❘ ❘ ❘ ❘ ❘” so wiedererkannt wird, wie das Zeichen “5”; nämlich unabhängig von der Gleichung. |
Mein Standpunkt unterscheidet
sich dadurch von dem der Leute, die heute über die Grundlagen
der Arithmetik schreiben, daß 551 ich es nicht nötig habe, einen
bestimmten Kalkül, z.B. den des
Dezimalsystems, zu verachten. Einer ist für
mich so gut wie der andere. Einen besondern Kalkül
gering zu achten ist so, als wollte man Schach spielen ohne
wirkliche Figuren, weil das zu wenig abstrakt, zu speziell
sei. Soweit es auf die Figuren nicht
ankommt, sind eben die einen so gut wie die andern.
Und soweit ein Spiel sich von dem andern doch
unterscheidet, ist eben ein Spiel so gut,
d.h. so interessant, wie das andere.
Keines aber ist sublimer als das andre. || Und soweit die Spiele sich doch von
einander unterscheiden, ist eben ein Spiel
so gut, d.h. so interessant, wie das
andere. Keines aber ist sublimer als das
andre. |
Welches ist der Beweis von
ε❘ ❘.ε❘ ❘ ❘
. ⊃ .ε❘ ❘ ❘ ❘ ❘,
der der Ausdruck unseres Wissens ist, daß
dies ein richtiger logischer Satz ist?
Er macht offenbar davon Gebrauch, daß man (∃x) … als logische Summe behandeln kann. Wir übersetzen etwa von dem Symbolismus (“wenn in jedem Quadrat ein Stern ist, so sind zwei im ganzen﹖ Rechteck”) in den Russell'schen. Und es ist nicht, als gäben wir mit der Tautologie in dieser Schreibweise einer Meinung Ausdruck, die uns plausibel erscheint und (die﹖) der Beweis dann bestätigt; sondern, was uns plausibel erscheint ist, daß dieser Ausdruck eine Tautologie (ein Gesetz der Logik) ist. |
Wenn man in der Logik scheinbar mehrere
verschiedene Universen betrachtet (wie
Ramsey), so
betrachtet man in Wirklichkeit verschiedene Spiele.
Die Erklärung eines “Universums” würde
z.B. in
Ramsey's Fall einfach die || eine Definition
(∃x).fx ≝ fa ⌵ fb
⌵ fc ⌵ fd
sein. |
Man
könnte übrigens wirklich eine Notation für
552
(∃x).fx
einführen, in der man es durch ein Zeichen
“fr ⌵ fs ⌵ ft ⌵
…” ersetzt und dürfte dann damit
rechnen, wie mit einer logischen Summe; es
müßten aber die Regeln vorgesehen sein,
nach denen ich diese Notation immer in die von
“(∃x).fx”
zurücknehmen kann und die also das Zeichen
“fa ⌵ fb ⌵ fc ⌵
…” von dem einer logischen Summe
unterscheiden. Der Zweck dieser Notation
wäre nur der, in gewissen Fällen leichter mit
(∃x).fx
rechnen zu können. |
Der Satz “die Relation
R verbindet zwei
Gegenstände miteinander”, wenn das soviel
heißen soll, wie
“R ist eine zweistellige
Relation” ist ein Satz der Grammatik. |
Ich sagte früher, es sei
Unsinn zu sagen: Die Gleichung
4
Äpfel + 4
Äpfel = 8
Äpfel ist eine Ersetzungsregel die
ich verwende, wenn ich nicht das Zeichen
“4 + 4” durch “8”,
sondern das Zeichen “4
Äpfel + 4
Äpfel” durch “8
Äpfel” ersetze.
Man muß sich aber davor hüten zu glauben “4 Äpfel + 4 Äpfel = 8 Äpfel” ist die konkrete Gleichung, dagegen 4 + 4 = 8 der abstrakte Satz, wovon die erste Gleichung nur eine spezielle Anwendung ist || sei. So daß zwar die Arithmetik der Äpfel viel weniger allgemein ist || wäre, als die eigentliche allgemeine, aber eben in ihrem beschränkten Bereich (für Äpfel) gälte. – Es gibt aber keine “Arithmetik der Äpfel”, denn die Gleichung mit den benannten Zahlen || 4 Äpfel + 4 Äpfel = 8 Äpfel ist nicht ein Satz, der von Äpfeln handelt. Man kann sagen, daß in dieser Gleichung das Wort “Äpfel” keine Bedeutung hat. (Wie man es überhaupt von dem Zeichen in einer Zeichenregel sagen kann, die seine Bedeutung bestimmen hilft.) |
Die
Zahlen sind der Mathematik nicht fundamental, 553 wie ich seinerzeit glaubte.
|
Die Null ist keine der
Kardinalzahlen, denn “es ist 1 Mensch im Zimmer”
ist vereinbar mit “es sind 2 Menschen im Zimmer” und
das mit “es sind 3 Menschen im Zimmer”
u.s.f.; dagegen ist der Satz “es
ist kein (0) Mensch im Zimmer” mit dem ersten der
früheren Reihe nicht vereinbar. |
Die Reihe von
Sätzen (∃x):aRx & xRb (∃x,y):aRx & xRy & yRb (∃x,y,z):aRx & xRy & yRz & zRb u.s.f. kann man sehr wohl so ausdrücken: “es gibt ein Glied zwischen a und b” “es gibt zwei Glieder zwischen a und b” u.s.w. und kann das etwa Schreiben (∃1x).aRxRb, (∃2x). aRxRb, etc.. Es ist aber klar, daß zum Verständnis dieser Ausdrücke die obere Erklärung nötig ist, weil man sonst nach Analogie von (∃2x). fx = (∃x,y)fx & fy glauben könnte (∃2x). aRxRb sei gleichbedeutend einem Ausdruck (∃x,y).aRxRb & aRyRb. Ich könnte natürlich auch statt “(∃x,y).F(x,y)” schreiben “(∃2x,y).F(x,y)”. Aber die Frage wäre nun: was habe ich dann unter “(∃3x,y).F(x,y)” zu verstehen? Aber hier läßt sich eine Regel geben; und zwar brauchen wir eine, die uns in der Zahlenreihe beliebig weiterführt. Z.B. die: (∃3 x,y).F(x,y) = (∃x,y,z): F(x,y) & F(x,z) & F(y,z) (∃4 x,y).F(x,y) = (∃x,y,z,u): F(x,y) & F(x,z) & … es folgen die Kombinationen zu zwei Elementen. U.s.f.. Es könnte aber auch definiert werden: (∃3 x,y).F(x,y) = (∃x,y,z).F(x,y) & F(y,x) & F(x,z) & F(z,x) & F(y,z) & F(z,y) u.s.f.. 554
“(∃3x).F(x,y)” entspräche etwa dem
Satz der Wortsprache “F(x,y) wird von 3
Dingen befriedigt” und auch dieser Satz bedürfte einer
Erklärung um eindeutig zu werden.
Soll ich sagen, daß in den || diesen verschiedenen Fällen das Zeichen “3” eine andere || verschiedene Bedeutung hat? Drückt nicht vielmehr das Zeichen “3” das aus, was den verschiedenen Interpretationen gemeinsam ist? Warum hätte ich es sonst gewählt. Es gelten ja auch die gleichen Regeln von dem Zeichen “3” in dieser wie || und in jener Verwendung || in jedem dieser Zusammenhänge. Es ist nach wie vor durch 2 + 1 zu ersetzen; etc.. Allerdings aber ist ein Satz nach dem Vorbild von Е❘ ❘ & Е❘ ❘ ❘ ⊃ Е❘ ❘ ❘ ❘ ❘ nun keine Tautologie. Zwei Menschen, die miteinander in Frieden leben und drei weitere Menschen, die miteinander in Frieden leben geben nicht fünf Menschen, die miteinander in Frieden leben. Aber das heißt nicht, daß nun 2 + 3 nicht 5 ist. Vielmehr läßt sich die Addition nur nicht so anwenden. Mit andern Worten die Zeichen von der Form (∃1 x,y).F(x,y), (∃2 x,y).F(x,y), etc. haben die Multiplizität der Kardinalzahlen, wie die Zeichen (∃1x). fx, (∃2x). fx, etc. und wie auch die Zeichen (Е1x). fx, (Е2x). fx, etc.. |
Von
einem Teil meines Gesichtsfeldes zu sagen, er habe keine Farbe, ist
Unsinn; ebenso – natürlich auch – zu sagen, er habe
Farbe (oder, eine Farbe). Wohl aber || Anderseits hat es Sinn zu
sagen, er habe nur eine Farbe (sei einfärbig,
oder gleichfärbig), er habe
mindestens zwei Farben, nur zwei Farben,
u.s.w.. Ich kann also in dem Satz “dieses Viereck in meinem Gesichtsfeld hat mindestens zwei Farben” statt “zwei” nicht “eine” substituieren. Oder auch: “das Viereck hat nur eine Farbe” heißt nicht – analog (∃x). fx & ~(∃x,y). fx & fy – “das Viereck hat eine Farbe, aber nicht zwei Farben”. 573 |
Ich rede
hier von dem Fall, in dem || welchem
es sinnlos ist zu
sagen: || , “der Teil des Raumes
habe || hat keine
Farbe”. Wenn ich die gleichfärbigen
(einfärbigen) Flecke in dem Viereck zähle, so hat es
übrigens Sinn zu sagen, es seien keine solchen vorhanden,
wenn die Farbe des Vierecks sich kontinuierlich
ändert. Es hat dann natürlich auch Sinn zu
sagen, in dem Viereck sei “ein gleichfärbiger Fleck oder
mehrere” und auch, das Viereck habe eine Farbe aber nicht
zwei Farben. – Von diesem Gebrauch aber des Satzes
“das Viereck hat keine Farbe” sehe ich jetzt ab und
spreche von einem System, in welchem,
daß eine Fläche || ein
Flächenstück || ein Viereck || eine Figur eine Farbe hat,
selbstverständlich ist || genannt wird
also, richtig ausgedrückt, in
welchem dieser Satz Unsinn ist. || in welchem es
diesen Satz nicht gibt. Wenn man den
Satz selbstverständlich nennt, so meint man eigentlich
das, was eine grammatische Regel ausdrückt ||
dasjenige, was eine grammatische Regel
ausdrückt, die die Form der Sätze über
den Gesichtsraum, z.B.,
beschreibt. Wenn man nun die Zahlangabe der Farben im
Viereck mit dem Satz “in dem Viereck ist eine Farbe”
beginnt, dann darf das natürlich nicht der Satz der Grammatik
über die “Färbigkeit” des Raumes
sein. |
Was meint man, wenn man sagt “der Raum ist
färbig”? (Und, eine sehr interessante
Frage: welcher Art ist diese Frage?) Nun, man
sieht etwa zur Bestätigung herum und blickt auf die
verschiedenen Farben um sich her und möchte etwa sagen:
wohin ich schaue, ist eine Farbe. Oder:
﹖– Es ist doch alles
färbig, alles sozusagen
angestrichen –﹖. Man denkt sich
hier die Farben im Gegensatz zu einer Art
(von﹖) Farblosigkeit, die aber bei
näheren Zusehen wieder zur Farbe wird. Wenn man
übrigens zur Bestätigung sich umsieht, so schaut man vor
allem auf ruhige und einfärbige Teile des Raumes und lieber
nicht auf bewegte || unruhige,
unklar gefärbte (fließendes
Wasser, Schatten, etc.).
Muß man sich dann gestehen,
daß man eben alles Farbe nennt, was man
sieht, so will man es nun als eine Eigenschaft des 574 Raumes an und
für sich (nicht mehr der Raumteile) aussagen,
daß er färbig sei. Das
heißt aber, vom Schachspiel zu sagen,
daß es das Schachspiel sei und es kann nun
nur auf eine Beschreibung des Spiels hinauslaufen. Und
nun kommen wir zu einer Beschreibung der räumlichen
Sätze; aber ohne (eine﹖)
Begründung, und als müßte
man sie mit einer andern Wirklichkeit
in Übereinstimmung
bringen. Zur Bestätigung des Satzes “der Gesichtsraum ist färbig” sieht man sich (etwa) um und sagt: das hier ist schwarz, und schwarz ist eine Farbe; das ist weiß, und weiß ist eine Farbe; u.s.w.. “Schwarz ist eine Farbe” aber faßt man so auf, wie “Eisen ist ein Metall” (oder vielleicht besser “Gips ist eine Schwefelverbindung”). Mache ich es sinnlos zu sagen, ein Teil des Gesichtsraumes habe keine Farbe, so wird die (Frage nach der) Analyse der Angabe der Zahl der Farben in einem Teil des Gesichtsraumes ganz ähnlich der, der Angabe der Zahl der Teile eines Vierecks, etwa, das ich durch Striche in begrenzte Flächenteile teile. Auch hier kann ich es als sinnlos ansehen, zu sagen, das Viereck “bestehe aus 0 Teilen”. Man kann daher nicht sagen, es bestehe “aus einem oder mehreren Teilen”, oder es “habe mindestens einen Teil”. Denken wir uns den speziellen Fall eines Vierecks, das durch parallele Striche geteilt ist. Daß dieser Fall sehr speziell ist, macht (uns) nichts, denn wir halten ein Spiel nicht für weniger bemerkenswert, weil es nur eine sehr beschränkte Anwendung hat. Ich kann hier die Teile entweder so zählen, wie es gewöhnlich geschieht, und dann heißt es nichts, zu sagen, es seien 0 Teile vorhanden. Ich könnte aber auch eine Zählung denken, die den ersten Teil sozusagen als selbstverständlich ansieht und ihn nicht zählt oder als 0, und die nur die Teile hinzuzählt, die hinzugeteilt wurden. Anderseits könnte man sich ein Herkommen denken, nach dem, etwa﹖, Soldaten in Reih und Glied 557 immer mit der Anzahl von
Soldaten gezählt werden, welche über
einen Soldaten angetreten sind (etwa, indem die
Anzahl der möglichen Kombinationen des Flügelmanns und
eines andern Soldaten der Reihe angegeben werden
soll). Aber auch ein Herkommen
könnte existieren, wonach die Anzahl der Soldaten immer um 1
größer als die wirkliche angegeben
wird. Das wäre etwa ursprünglich
geschehen, um einen bestimmten Vorgesetzten über die
wirkliche Zahl zu täuschen, dann aber habe es sich als
Zählweise für Soldaten eingebürgert.
(Akademisches Viertel.) Die Anzahl der
verschiedenen Farben in einer Fläche könnte auch durch
die Anzahl der möglichen Kombinationen zu zwei Gliedern
angegeben werden. Und dann kämen für diese Anzahl
nur die Zahlen
|
Wie soll man nun den Satz auffassen “diese Hüte
haben die gleiche Größe”, oder
“diese Stäbe haben die gleiche
Länge”, oder “diese Flecke haben die gleiche
Farbe”? Soll man sie in der Form
schreiben:
“(∃L).La & Lb”? Aber wenn das in der gewöhnlichen Weise gemeint wird, also mit den gewöhnlichen Regeln gebraucht wird, so müßte es ja dann Sinn haben zu schreiben “(∃L).La” also “der Fleck a hat eine Farbe”, “der Stab hat eine Länge”. Ich kann freilich “(∃L).La & Lb” für “a und b sind gleich lang” schreiben, wenn ich nur weiß und berücksichtige, daß “(∃L).La” sinnlos ist; aber dann wird die Notation irreführend und verwirrend. 558
(“Eine || eine
Länge haben”, “einen Vater
haben”.) – Wir haben hier den Fall, den
wir in der gewöhnlichen Sprache oft so ausdrücken:
“Wenn a die Länge L hat, so hat
b auch L”; aber hier hätte der Satz
“a hat die Länge L” gar keinen
Sinn, oder doch nicht als Aussage über a; und der Satz
lautet richtiger “nennen wir die Länge von
a ‘L’, so ist die Länge von b
auch L” und ‘L’ ist eben
hier wesentlich eine Variable. Der Satz hat übrigens
die Form eines Beispiels, eines Satzes, der als Beispiel zum
allgemeinen Satz dienen kann und man würde etwa auch
fortfahren || fortsetzen:
“wenn z.B. a 5 m
lang ist || die Länge 5 m
hat, so hat b auch 5 m,
u.s.w.”. – Zu
sagen “die Stäbe a und b haben die
gleiche Länge” sagt nämlich gar nichts über
die Länge jedes Stabes; denn es sagt auch nicht,
“daß jeder der beiden eine
Länge hat”. Der Fall hat also gar keine
Ähnlichkeit mit dem:
“A und B haben den gleichen Vater”
und “der Name des Vaters von A und B ist
‘N’”, wo ich einfach für die
allgemeine Bezeichnung den Eigennamen einsetze.
‘5 m’ ist aber nicht der Name der
betreffenden Länge, von der zuerst nur gesagt wurde,
daß a und b sie beide
besäßen. Wenn es sich um
Längen im Gesichtsfeld handelt, können wir zwar sagen,
die beiden Längen seien gleich, aber wir können sie im
allgemeinen nicht mit einer Zahl
“benennen”. – Der
Satz “ist L die Länge von a, so hat auch
b die Länge L” schreibt seine Form nur
als eine, von
der Form eines || des Beispiels derivierte || von der eines
Beispiels derivierte Form hin. Und man
könnte den allgemeinen Satz auch wirklich durch eine
Anführung ||
Aufzählung von Beispielen mit einem
“u.s.w.”
ausdrücken. Und es ist eine Wiederholung desselben
Satzes, wenn ich sage: “a und b sind
gleichlang; ist die Länge von a L, so ist die
Länge von b auch L; ist a 5 m lang,
so ist auch b 5 m lang, ist a 7 m, so
ist b 7 m,
u.s.w.”. Die dritte
Fassung zeigt schon, daß in dem Satz nicht
das “und” zwischen zwei Formen steht, wie in
“(∃x). fx &
Fx”, so
daß man auch
(∃x). fx” und
(∃x).Fx” schreiben
dürfte. Nehmen wir als Beispiel auch den Satz “in den beiden Kisten sind 559 gleichviel
Äpfel”. Wenn man diesen
Satz in der Form schreibt “es gibt eine Zahl, die die
Zahl der Äpfel in beiden Kisten
ist”, so kann man auch hier nicht die Form bilden:
“es gibt eine Zahl, die die Zahl der
Äpfel in dieser Kiste ist”,
oder “die Äpfel in dieser Kiste
haben eine Zahl”. Schreibe ich:
(∃x). fx. & .~(∃x,y). fx & fy
. = .
(∃n1x). fx
. = . f1 etc., so
könnte man den Satz “die Anzahl der
Äpfel in den beiden Kisten ist die
gleiche” schreiben:
“(∃n).
fn &
Fn”.
“(∃n). fn” aber wäre
kein Satz. |
Denken
wir uns eine Rechenmaschine, die, anstatt mit Kugeln, mit Farben in
einem Streifen rechnet. Und während wir jetzt auf
unserm Abakus mit Kugeln, oder den Fingern, die
Farben in einem Streifen zählen, so würden wir dann
die Kugeln auf einer Stange, oder die Finger an unserer Hand, mit
Farben in einem Streifen zählen. Wie aber
müßte diese Farbenrechenmaschine
konstruiert sein, um funktionieren zu können? Wir
brauchten ein Zeichen dafür, daß keine
Kugeln an der Stange sitzen. Man
muß sich den Abakus als
ein Gebrauchsinstrument denken und als Mittel der Sprache.
Und, so wie man etwa 5 durch die fünf Finger einer Hand
darstellen kann (man denke an einer
Gebärdensprache), so würde man es durch den Streifen
mit 5 Farben darstellen. Aber für die 0 brauche ich
ein Zeichen, sonst habe ich die nötige Multiplizität
nicht. Nun, da kann ich entweder die Bestimmung treffen,
daß die Farbe || Fläche schwarz die 0 bezeichnen soll (dies ist
natürlich willkürlich und die einfärbige rote
Fläche täte es ebensogut); oder aber die
einfärbige Fläche soll 0 bezeichnen, die
zweifärbige 1, etc.. Es ist
ganz gleichgültig, welche Bezeichnungsweise ich
wähle. Und man sieht hier, wie sich die
Mannigfaltigkeit der Kugeln auf die Mannigfaltigkeit der Farben in
einer Fläche projiziert. |
Denken wir uns jemand, der
die || alle Formen
560 in diesem Zimmer
beschreibt, indem er sie mit ebenflächigen geometrischen
Formen vergleicht. Gibt es in diesem Zimmer nur solche
Formen? Nein. –
Muß der, der die Formen unter
dem Gesichtspunkt der ebenflächigen Körper beschreibt,
behaupten, es gäbe nur solche Formen im Zimmer? Auch
nicht. Kann man sagen, daß das
einseitig ist, weil er alle Formen durchgängig nach diesem
Schema auffaßt? Und sollte es
ihn in || an dieser Auffassung
irremachen, wenn er bemerkt, daß auch
runde Körper vorhanden sind? Nein. Es
wäre auch irreführend, den ebenflächigen Körper
ein “Ideal” zu nennen, dem sich die
Wirklichkeit nur mehr oder weniger nähert. Aber die
Geometrie der ebenflächigen Körper könnte man mit
Bezug auf diese Darstellungsweise ||
Darstellung eine normative Wissenschaft
nennen. (Eine, die das Darstellungsmittel
darstellt; gleichsam eine, die die
Meßgläser eicht.) |
Die Schwierigkeit,
daß “(∃n).fn” sinnlos ist, könnte man
übrigens aus dem Weg schaffen, indem man es bedeuten
läßt, daß
f || f( )
eine Anzahl größer als 0 hat.
Was nur zeigt, daß hier keine
wirkliche Schwierigkeit gelegen hatte, oder doch keine,
die jetzt weggeräumt ist. Die eigentliche
Schwierigkeit liegt nämlich im Begriff des
‘(∃n) ’
und allgemein des ‘(∃x)’. Ursprünglich stammt diese
Notation vom Ausdruck unsrer Wortsprache her: “es
gibt ein … von der und der Eigenschaft”.
Und was hier an Stelle der Punkte steht, ist etwa “Buch
meiner Bibliothek”, oder “Ding
(Körper) in diesem Zimmer”, “Wort in
diesem Brief”, u.s.w..
Man denkt dabei an Gegenstände, die man der Reihe
nach durchgehen kann. Durch einen, so oft
verwendeten ||
angewandten, Prozeß der
Sublimierung wurde diese Form dann zu der: “es gibt
einen Gegenstand, für welchen …”, und hier
dachte man sich ursprünglich auch die Gegenstände der Welt
ganz analog den ‘Gegenständen’ im Zimmer
(nämlich den Tischen, Stühlen, Büchern,
etc.). Obwohl es ganz klar ist,
daß die Grammatik dieses
“(∃x).etc.” in vielen
Fällen eine ganz andere ist, als im primitiven und als
Urbild dienenden Fall. 561 Besonders
kraß wird die Diskrepanz zwischen dem
ursprünglichen Bild und dem, worauf die Notation nun
angewendet werden soll || angewendet
wird, wenn ein Satz “in diesem Viereck
sind nur zwei Kreise” wiedergegeben wird durch die || in der Form “es gibt keinen
Gegenstand, der die Eigenschaft hat, ein Kreis in diesem Viereck,
aber weder der Kreis a noch der Kreis b zu
sein”, oder “es gibt nicht drei Gegenstände,
die die Eigenschaft haben, ein Kreis in diesem Viereck zu
sein”. Der Satz “es gibt nur zwei Dinge,
die Kreise in diesem Viereck sind” (analog gebildet
dem Satz “es gibt nur zwei Menschen, die diesen Berg
erstiegen haben”) klingt verrückt; und mit
Recht. D.h., es ist nichts damit
gewonnen, das wir den Satz “in diesem Viereck sind zwei
Kreise” in jene Form pressen; vielmehr hilft uns das
nur zu übersehen, daß wir die
Grammatik dieses Satzes nicht klargestellt haben.
Zugleich aber gibt hier die
Russell'sche Notation einen Schein von Exaktheit, der
Manchen glauben macht, die Probleme seien dadurch
gelöst, daß man den Satz auf die
Russell'sche Form gebracht hat. (Es ist das ebenso
gefährlich, wie der Gebrauch des Wortes
“wahrscheinlich”, ohne weitere Untersuchung
darüber, wie das Wort in diesem speziellen Fall gebraucht
wird. Auch das Wort
“wahrscheinlich” ist, aus leicht
verständlichen Gründen, mit einer Idee der Exaktheit
verbunden.) In allen den Fällen: “Einer der vier Füße dieses Tisches hält nicht”, “es gibt Engländer mit schwarzen Haaren”, “auf dieser Wand ist ein Fleck”, “die beiden Töpfe haben das gleiche Gewicht”, “auf beiden Seiten stehen gleichviel Wörter” – wird in der Russell'schen Notation das “(∃ …) …” gebraucht; und jedesmal mit anderer Grammatik. Damit will ich also sagen, daß mit einer Übersetzung so eines Satzes aus der Wortsprache in die Russell'sche Notation nicht viel gewonnen ist. |
Will man
den Satz “unter
f und
F fallen
gleichviele Gegenstände” in
übersichtlicher Notation schreiben, so ist man vor allem
versucht, ihn in der Form
“fn &
Fn” zu
schreiben. Und ferner empfindet man das nicht
607 als logisches Produkt von
fn und
Fn, so
daß es also auch Sinn hätte zu
schreiben fn &
F5 – sondern es ist wesentlich,
daß nach
‘f’
und ‘F’
der gleiche Buchstabe folgt und fn
& Fn ist eine Abstraktion
aus logischen Produkten f4
& F4,
f5 &
F5, etc., nicht
selbst ein logisches Produkt. (Es würde also auch nicht aus fn & Fn fn folgen. ‘fn & Fn’ verhält sich vielmehr zu einem logischen Produkt ähnlich wie der Differenzialquotient zu einem Quotienten.) Es ist so wenig ein Logisches Produkt, wie die Photographie einer Familiengruppe eine Gruppe von Photographien ist. Darum kann uns also die Form “fn & Fn” irreführen und es wäre vielleicht eine Schreibweise der Art “
f1 & F1 & (∃n). φn & ψn = f1 & (∃n). φn & ψn f2 & F2 & (∃n). φn & ψn = f2 & (∃n). φn & ψn etc. ad inf.. Und überhaupt sind die Rechnungsregeln für (∃n). φn & ψn daraus abzuleiten, daß man schreiben kann: (∃n). φn & ψn = f0 & F0 . ⌵ . f1 & F1 . ⌵ . f2 & F2 u.s.w. ad inf.. Es ist klar, daß dies keine logische Summe ist, da “u.s.w. ad inf.” kein Satz ist. Die Notation (∃n). φn & ψn ist aber auch nicht unmißverständlich; denn man könnte sich wundern, warum man hier statt φn & ψn nicht Φn sollte setzen können und dann sollte ja “(∃n).Φn” nichtssagend werden. Das klärt sich natürlich auf, wenn man auf die Notation ~(∃x). φx für f0, (∃x). φx & ~(∃x,y). φx & φy für f1, etc. zurückgeht, beziehungsweise auf (∃n0x). φx für f0, (∃n1x). φx für f1, etc.. Denn dann ist zu unterscheiden zwischen (∃n1x). φx & (∃n1x).ψx und (∃n1x). φx & ψx. Und geht man auf (∃n). φn & ψn über, so bedeutet das (∃n):(∃nnx). φx & (∃nnx).ψx (welches nicht nichtssagend ist) und nicht (∃n):(∃nnx). φx & ψx, welches nichtssagend ist. 563
608 |
Die Worte
“gleichzahlig”,
“längengleich”,
“gleichfärbig”, etc.
haben ähnliche aber verschiedene Grammatik. || aber nicht die gleiche
Grammatik. – In allen Fällen
liegt die Auffassung des Satzes als eine endlose logische Summe
nahe, deren Glieder die Form φn
& ψn haben.
Außerdem hat jedes dieser Worte mehrere
verschiedene Bedeutungen, d.h., könnte
selbst wieder durch mehrere Wörter mit verschiedener Grammatik
ersetzt werden. Denn “gleichzahlig”
heißt etwas anderes, wenn es auf
Striche angewandt wird, die gleichzeitig im Gesichtsraum sind,
als wenn es sich auf die Äpfel in zwei
Kisten bezieht; und “gleichlang” auf den || im Gesichtsraum angewandt ist
verschieden von “gleichlang” im
euklidischen Raum; und die
Bedeutung von “gleichfärbig” hängt von dem
Kriterium ab, das wir für die Gleichfärbigkeit
annehmen. |
Wenn es
sich um Flecke im Gesichtsraum
handelt, die wir zu gleicher Zeit sehen, so hat das Wort
“gleichlang” verschiedene Bedeutung, je
nachdem die Strecken unmittelbar angrenzend oder von einander
entfernt sind. In der Wortsprache hilft man sich da
oft || häufig mit dem
Wort “es scheint”. |
Die Gleichzahligkeit, wenn es sich
um eine Anzahl von Strichen handelt, “die man
übersehen kann”, ist eine andere, als die,
welche nur durch Zählen der Striche festgestellt werden
kann. Verschiedene Kriterien der Gleichzahligkeit: I und II die Zahl, die man unmittelbar erkennt; III das Kriterium der Zuordnung; IV hier muß man beide Klassen zählen; V man erkennt das gleiche Muster. (Das sind natürlich nicht die einzigen Fälle.) 609 |
Im Fall der Längengleichheit im
euklidischen Raum mag man sagen,
sie bestehe darin, daß beide Strecken die
gleiche Zahl von cm messen, beide 5 cm, beide
10 cm, etc.. Wenn es sich aber um
die Längengleichheit zweier Strecken im Gesichtsraum
handelt, so gibt es hier nicht eine Länge L die beide
haben. |
Man
möchte sagen: zwei Stäbe müssen immer entweder
gleichlang oder verschieden lang sein. Aber was
heißt das? Es ist
natürlich eine Regel der Ausdrucksweise.
“In den zwei Kisten müssen entweder gleichviel
Äpfel oder verschiedene Anzahlen
sein”. Das Anlegen zweier
Maßstäbe an je eine Strecke soll die
Methode sein, wie ich herausfinde, ob die beiden Strecken
gleichlang sind: sind sie aber gleich lang, wenn die beiden
Maßstäbe gerade nicht
angelegt sind? Wir würden in diesem Fall sagen, wir
¤
wissen nicht, ob die beiden während dieser Zeit gleich
oder verschieden lang sind. Aber man könnte auch
sagen, sie haben während dieser Zeit keine Längen, oder
etwa keine numerischen Längen. |
Ähnliches, wenn
auch nicht das Gleiche, gilt von der Zahlengleichheit.
|
Es gibt hier die
Erfahrung, daß wir eine Anzahl Punkte
sehen, deren Anzahl wir nicht unmittelbar sehen können, die wir
aber während des Zählens überblicken
können, so daß es Sinn hat zu sagen, sie
haben sich während des Zählens nicht
verändert. Anderseits aber gibt es auch den Fall
einer Gruppe von Körpern ||
Gegenständen oder Flecken, die wir
nicht übersehen können, während wir sie zählen,
so daß es hier das frühere
Kriterium, dafür, daß
die Gruppe sich während des Zählens nicht verändert,
nicht gibt. 565 |
Wenn man bei
geschlossenen Augen ein Flimmern sieht, unzählige
Lichtpünktchen, die kommen und verschwinden – wie man es
etwa beschreiben würde – so hat es keinen Sinn, hier von
einer ‘Anzahl’ der zugleich gesehenen
Pünktchen zu reden. Und man kann nicht sagen
“es sind immer eine bestimmte Anzahl von
Lichtpünktchen da, wir wissen sie bloß
nicht”; dies entspräche einer Regel, die dort
angewandt wird, ﹖– wo von einer
Kontrolle dieser Anzahl gesprochen werden
kann –﹖. |
Russells Erklärung der Gleichzahligkeit ist
aus verschiedenen Gründen ungenügend. Aber die
Wahrheit ist, daß man in der Mathematik
keine solche Erklärung der Gleichzahligkeit braucht.
Hier ist überhaupt alles falsch aufgezäumt.
Was uns verführt die Russell'sche, oder Frege'sche, Erklärung anzunehmen, ist der Gedanke, zwei Klassen von Gegenständen (Äpfeln in zwei Kisten) seien gleichzahlig, wenn man sie einander 1 zu 1 zuordnen könne. Man denkt sich die Zuordnung als eine Kontrolle der Gleichzahligkeit. Und hier macht man in Gedanken wohl noch eine Unterscheidung zwischen Zuordnung und Verbindung durch eine Relation; und zwar wird die Zuordnung zur Verbindung, was die “geometrische Gerade” zu einer wirklichen ist, eine Art idealer Verbindung; einer Verbindung, die quasi von der Logik vorgezeichnet ist und durch die Wirklichkeit nun nachgezogen werden kann. Es ist die Möglichkeit, aufgefaßt als eine schattenhafte Wirklichkeit. Dies hängt dann wieder mit der Auffassung von “(∃x). φx” als Ausdruck der Möglichkeit von φx zusammen. “f und F sind gleichzahlig” (ich werde dies schreiben “S(f,F)”, oder auch einfach “S”) soll ja aus “f5 & F5” folgen; aber aus f5 & F5 folgt nicht, daß f und F durch eine 1–1 Relation R verbunden sind (dies werde ich “Π(f,F)” oder “Π” schreiben). Man hilft sich, indem man sagt, es bestehe dann eine Relation der Art 611
“x = a & y = b
. ⌵ . x = c & y = d
. ⌵ .
u.s.w.”. Aber, erstens, warum definiert man dann nicht gleich S als das Bestehen einer solchen Relation. Und wenn man darauf antwortet, diese Definition || Erklärung würde die Gleichzahligkeit bei unendlichen Anzahlen nicht einschließen, so ist zu sagen, daß dies nur auf eine Frage der “Eleganz” hinausläuft, da ich letzten Endes für endliche Zahlen meine Zuflucht doch zu den “extensiven” Beziehungen nehmen müßte. Aber diese führen uns auch zu nichts; denn, zu sagen, zwischen f und F bestehe eine Beziehung – z.B. – der Form x = a & y = b . ⌵ . x = c & y = d sagt nichts andres, als (∃x,y). φx & φy . & . ~(∃x,y,z). φx & φy & fz : & : : & : (∃x,y).ψx & ψy . & . ~(∃x,y,z). ψx & ψy & ψz. (Was ich in der Form schreibe (∃n2x). φx
&
(∃n2x).ψx .
Und, zu sagen, zwischen f und F bestehe eine der Beziehungen x = a & y = b ; x = a & y = b . ⌵ . x = c & y = d ; etc. etc., heißt nichts andres als, es bestehe eine der Tatsachen f1 & F1 ; f2 & F2 ; etc. etc. Nun hilft man sich mit der größeren Allgemeinheit, indem man sagt, zwischen f und F bestehe irgend eine 1–1 Relation und vergißt, daß man dann doch für die Beziehung || Bezeichnung dieser Allgemeinheit die Regel festlegen muß, nach welcher “irgend eine Relation” auch die Relationen der Form x = a & y = b etc. einschließt. Dadurch, daß man mehr sagt, kommt man nicht drum herum, das Engere zu sagen, das in dem Mehr vorhanden sein soll. (Die Logik läßt sich nicht betrügen.) |
In dem Sinne von S also, in
welchem S aus
f5 &
F5 folgt, wird es durch die
Russell'sche Erklärung nicht erklärt.
Vielmehr braucht man da eine Reihe von Erklärungen
Dagegen wird Π als Kriterium der Gleichzahligkeit gebraucht und kann natürlich in einem andern Sinne von S auch S gleichgesetzt 567 werden. (Und man
kann dann nur sagen: Wenn in Deiner ||
einer Notation S =
Π ist, dann bedeutet
S nichts andres als
Π.)
Es folgt zwar nicht Π aus f5 & F5, wohl aber f5 & F5 aus Π & f5. Π &
f5 = Π &
f5 & F5 =
Π &
F5
u.s.w..
Also kann man schreiben:
Und dies kann man dadurch ausdrücken, daß man sagt, die Gleichzahligkeit folge aus Π. Und man kann auch die Regel geben Π & S = Π, die mit den Regeln, oder der Regel, B und der Regel A übereinstimmt. |
Wenn Einer konstatieren wollte “der
Gesichtsraum ist farbig”, so wären wir versucht, ihm
zu antworten: “Wir können ihn uns ja gar
nicht anders vorstellen (denken)”.
Oder: “Wenn er nicht färbig wäre,
so wäre er in dem Sinne verschieden vom Gesichtsraum, wie ein
Klang von einer Farbe”. Richtiger aber
könnte man sagen: er wäre dann eben nicht, was wir
“Gesichtsraum” nennen. In der Grammatik
wird auch die Anwendung der Sprache beschrieben; das, was man den
Zusammenhang zwischen Sprache und Wirklichkeit nennen
möchte. Wäre er aber nicht beschrieben, so
wäre einerseits die Grammatik unvollständig,
anderseits könnte sie aus dem Beschriebenen nicht
vervollständigt werden. In dem Sinn, in welchem
wir ihn uns nicht anders denken können, ist die
“Färbigkeit” in der Definition des Begriffs
“Gesichtsraum”,
d.h. in der Grammatik des Wortes
“Gesichtsraum”, enthalten. |
Es
läßt sich kein rationaler Grund angeben,
weshalb wir denken müssen. 568 |
Die Regel “aus Π folgt
S” also
Π & S =
Π könnte man auch ganz gut
weglassen: die Regel B tut denselben
Dienst. Schreibt man S in der Form f0 & F0 . ⌵ . f1 & F1 . ⌵ . f2 & F2 . ⌵ . . ⌵ . …ad inf., so kann man mit grammatischen Regeln, die der gewohnten Sprache entsprechen, leicht Π & S = Π ableiten. Denn (f0 & F0 . ⌵ . f1 & F1 etc. ad inf.) & Π = f0 & F0 & Π . ⌵ . f1 & F1 & Π . ⌵ . etc. ad inf. = f0 & Π . ⌵ . f1 & Π . ⌵ . f2 & Π . ⌵ . etc. ad inf. = Π & (f0 ⌵ f1 ⌵ f2 ⌵ etc. ad inf.) = Π. Der Satz “f0 ⌵ f1 ⌵ f2 ⌵ etc. ad inf.” muß als Tautologie behandelt werden. |
Man kann den Begriff der Gleichzahligkeit so
auffassen, daß es keinen Sinn hat, von
zwei Gruppen von Punkten Gleichzahligkeit oder das Gegenteil
auszusagen, wenn es sich nicht um zwei Reihen handelt, deren
eine zum mindesten einem Teil der andern
1–1 zugeordnet ist. Zwischen
solchen Reihen kann dann nur von einseitiger oder gegenseitiger
Inklusion ||
Einschließung die Rede
sein. Und diese hat eigentlich mit besondern Zahlen so
wenig zu tun, wie die Längengleichheit oder Ungleichheit im
Gesichtsraum mit Maßzahlen. Die
Verbindung mit den Zahlen kann gemacht werden,
muß aber nicht gemacht werden.
Wird die Verbindung mit der Zahlenreihe gemacht, so wird die
Beziehung der gegenseitigen Inklusion oder Längengleichheit
der Reihen zur Beziehung der Zahlengleichheit. Aber nun
folgt nicht nur F5 aus
Π &
f5 sondern auch
Π aus
f5 &
F5. Das
heißt, hier ist
S =
Π. |
Der Philosoph spürt den
Wechsel im Stil seiner Ableitung, an denen der Mathematiker von
heute, mit seinem stumpfen Gesicht ruhig vorübergeht. – Eine höhere Sensibilität || Sensitivität ist es eigentlich, was den
Mathematiker 569 der Zukunft von dem heutigen unterscheiden wird; und
die wird die Mathematik – gleichsam –
stutzen; weil man dann mehr auf die absolute Klarheit, als auf
ein || das Erfinden neuer Spiele bedacht sein
wird. |
Regel
und Erfahrungssatz. Ist eine Regel ein
Erfahrungssatz – etwa über den Gebrauch der
Sprache? Ist eine Regel des Schachspiels ein Satz
darüber, wie die Menschen seit dem Ereignis der Erfindung des
Schachspiels es gespielt haben; d.h. etwa mit so
geformten Figuren gezogen haben? Denn, wenn davon
die Rede ist, daß die Menschen das
Schachspiel so gespielt haben, so muß
das Schachspiel so definiert sein, daß es
Sinn hat, davon auszusagen, es sei anders gespielt worden.
Sonst nämlich gehören die Regeln zur Definition
des Schachspiels. Daß jemand der
Regel … gemäß spielt, das ist
eine Erfahrungstatsache; oder: “A spielt der
Regel … gemäß”,
“die meisten Menschen spielen der Regel …
gemäß”, “niemand
spielt der Regel …
gemäß” sind
Erfahrungssätze. Die Regel ist kein
Erfahrungssatz, sondern nur der Teil eines solchen
Satzes. Die Regel ist die Festsetzung der Maßeinheit || Die Regel setzt die Maßeinheit fest, und der Erfahrungssatz sagt, wie lang ein Gegenstand ist. (Und hier sieht man, wie logische Gleichnisse funktionieren, denn die Festsetzung der Maßeinheit ist wirklich eine grammatische Regel und die Angabe einer Länge in dieser Maßeinheit ein Satz, der von der Regel Gebrauch macht.) |
Wenn man die Regel dem Satz beifügt, so ändert sich
der Sinn des Satzes nicht. Wenn die Definition des Meters
die Länge des Pariser Urmeters ist, so sagt der
Satz “dieses Zimmer ist 4 m lang”
dasselbe wie, “dieses Zimmer ist 4 m
lang, und 1 m = die Länge des
Pariser Urmeters”.
Die Legende zu einer Landkarte ist so eine Anweisung zum Gebrauch – oder zum Verständnis – einer Beschreibung. 570 Diese Legende sagt
jedenfalls nichts über die Geographie des Landes aus.
So wenig, wie der Satz “1 m ist die Länge
des Urmeters in Paris” etwas über
die Länge eines Gegenstandes aussagt || die
Länge eines Gegenstandes
beschreibt. |
∣ Das Lehren der Philosophie hat
dieselbe ungeheure Schwierigkeit, welche der Unterricht in der
Geographie hätte, wenn der Schüler eine Menge falsche
und viel zu einfache || und falsch vereinfachte
Vorstellungen über den Lauf und
Zusammenhang der
Flußläufe ||
Flüsse und Gebirgsketten || Gebirge
mitbrächte. ∣ |
Ferner muß sich die Regel auf die Anwendung in der
Beschreibung (der Wirklichkeit)
beziehen. Denn, was hat es für einen Sinn von einem
Stab zu sagen “das ist das Urmeter”, wenn sich diese
Aussage nicht auf Messungen mit dem
Metermaß bezieht. Insofern
könnten wir uns die Regel jedem Satz beigefügt
denken. Die Regel ist eine Art vorgezeichneter Route; ein vorgezeichneter Weg. Man könnte sich in einem Wald Spazierwege markiert denken, zu dem Zweck, daß sich die Menschen über Spaziergänge im Wald verständigen können. Aber täte es für diesen Zweck nicht auch irgend ein Koordinatensystem! |
∣ Die Menschen sind tief in den
philosophischen d.i. grammatischen
Konfusionen eingebettet. Und, sie daraus zu befreien,
setzt voraus, daß man sie aus
den ungeheuer mannigfachen Verbindungen
herausreißt, in denen sie gefangen
sind. Man muß sozusagen ihre ganze
Sprache umgruppieren. – Aber diese Sprache ist ja
so entstanden || geworden,
weil Menschen die Neigung hatten – und haben –
so zu denken. Darum geht das 571 Herausreißen
nur bei denen, die in einer instinktiven Auflehnung gegen die || Unbefriedigung mit
der Sprache leben. Nicht bei denen, die ihrem
ganzen Instinkt nach in der Herde leben, die
diese Sprache als ihren eigentlichen Ausdruck
geschaffen hat. ∣ |
Die Regel möchte ich ein Instrument nennen.
|
“Die Grammatik
aufklären” heißt, sie
in || auf die Form eines Spiels mit Regeln
bringen. |
Ich will
jemandem die Form eines Linienzugs beschreiben und
gebe zuerst die Regel (der Darstellung):
Denn, können wir nicht wirklich statt “a a c b d d” schreiben
|
Wenn eine Regel ein Satz ist, dann wohl einer, der von den
Wörtern der Sprache handelt. Aber was sagt so ein Satz
von den Wörtern aus?
Daß sie in dem und dem Zusammenhang
gebraucht werden? Aber von wem und wann?
Oder, daß jemand wünscht,
daß sie so gebraucht werden?
Und wer? – Vielmehr ist die Regel von allen
diesen Aussagen ein Teil. 572 |
Verhält
es sich mit einer grammatischen Regel, wie mit einem Gesetz im
Staat? Ist es nicht von so einem Gesetz wahr,
daß es nichts darüber aussagt, was
geschieht, noch auch sagt, daß
jemand wünscht, daß so und so
gehandelt werde? Aber könnte nicht ein Gesetz immerhin so geschrieben werden: “der König befiehlt, daß …”; und könnte man eine Regel der Grammatik eventuell auch so geben? Nein. Denn dann könnte die Regel, dem Satz von dessen Worten sie gilt beigefügt, nicht diesen Satz ergeben. |
Die
Regel “links gehen!” oder einfach ein
Pfeil. Wie, wenn ich mir in meinem Zimmer einen Pfeil an
die Wand malte – wäre der auch der Ausdruck eines
Gesetzes, wie es der Pfeil auf einem Bahnhof wohl sein
könnte? Um ihn zu einem Gesetz zu machen,
gehört doch || wohl noch der
übrige Apparat, dessen ﹖– einer
Teil der Pfeil nur ist –﹖.
(Sraffa) Ein Ingenieur baut eine Brücke; er schlägt dazu in mehreren Handbüchern nach; in technischen Handbüchern und in juridischen. Aus dem einen erfährt er, daß die Brücke zusammenbrechen würde, wenn er diesen Pfeiler || Teil schwächer machen würde als etc. etc.; aus den andern, daß er eingesperrt würde, wenn er sie so und so bauen wollte || würde. – Stehn nun die beiden Bücher nicht auf gleicher Stufe? – Das kommt drauf an, was für eine Rolle sie in seinem Leben spielen. Das juridische Handbuch kann ja für ihn einfach ein Buch über die Naturgeschichte der ihn umgebenden Menschen sein. Vielleicht muß er auch ein Buch über das Leben der Biber nachschlagen, um zu erfahren, wie er die Brücke streichen muß, daß die Biber sie nicht annagen. – Gibt es aber nicht noch eine andere Weise, die Gesetze zu betrachten? Fühlen wir nicht sogar deutlich, daß wir sie nicht so betrachten? – Ist dies nicht die gleiche Frage, wie: – Ist ein Vertrag nur die Feststellung, daß es für die Parteien nützlich ist, so und so zu handeln? Fühlen wir uns nicht in manchen Fällen (wenn auch nicht in allen) auf andre 573 Weise “durch den Vertrag
gebunden”? – Kann man nun sagen:
“Wer sich durch einen Vertrag oder ein Gesetz
gebunden fühlt, stellt sich irrtümlicherweise das
Gesetz als einen Menschen – (oder Gott) vor, der ihn mit physischer Gewalt
zwingt”? – Nein; denn, wenn er handelt, als
ob ihn jemand zwänge, so ist doch seine Handlung jedenfalls
Wirklichkeit und auch die Vorstellungsbilder, die er etwa dabei
hat, sind nicht Irrtümer; und er braucht sich in nichts irren
und kann doch handeln wie er handelt und sich auch vorstellen, was
er sich etwa vorstellt. Die Worte “der Vertrag
bindet mich” sind zwar eine bildliche Darstellung und
daher mit der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes
“binden” ein falscher Satz: aber, richtig
aufgefaßt, sind sie wahr (oder
können es sein) und unterscheiden einen Fall von dem, in
welchem der Vertrag mir bloß sagt, was zu tun
mir nützlich ist. Und wenn man etwas gegen die
Worte einwendet “der Vertrag (oder das Gesetz)
bindet mich”, so kann man nichts sagen gegen die
Worte: “ich fühle mich durch den
Vertrag gebunden”. |
Der Sinn der Sprache ist nicht durch ihren
Zweck bestimmt. Oder: Was man den Sinn, die
Bedeutung, in der Sprache nennt, ist nicht ihr Zweck. |
Die Regel – wie ich sie
verstehe – ist wie ein Weg in einem Garten. Oder
wie die vorgezeichneten Felder auf einem || dem
Schachbrett, oder die Linien einer Tabelle. Von
diesen Linien etc. wird man nicht sagen,
daß sie uns etwas mitteilen (obwohl sie
ein Teil einer Mitteilung sein können, ja auch
selbst Mitteilungen). Ich lege in einer Abmachung mit
jemandem eine Regel fest. In dieser Abmachung teile ich ihm
etwa die Regel (einer künftigen Darstellung)
mit. Ich sage ihm etwa: “der Plan, den
ich Dir von meinem Haus zeichne, ist im
Maßstab
1:10”.
Das ist eigentlich ein 574 Teil der Beschreibung des
Hauses. Und wenn ich schreibe
non-p
&
(~~p
= p) so ist das wirklich
ähnlich, wie wenn ich dem Plan den
Maßstab beifüge.
Ich könnte auch so sagen: Ich will nur das mitteilen, was der Satz der Sprache mitteilt; und die Regel ist nichts als ein Hilfsmittel dieser Mitteilung (so wie ich sie, die Regel, verstehe). Schon deshalb darf || kann die Regel nicht selbst eine Mitteilung sein; denn sonst würde der Sinn des Satzes irgendwie zugleich den Sinn der Mitteilung über den Sprachgebrauch beinhalten. Wir müssen uns vergegenwärtigen, wie wir in der Philosophie, d.h. beim Klären grammatischer Fragen, wirklich von Regeln reden; – damit wir auf der Erde bleiben und nicht nebelhafte Konstruktionen machen || bauen. Ich gebe z.B. Regeln wie: (∃x). fx: ⌵ :fa: ⌵ :fb = (∃x).fx oder ~~p = p, oder ich sage, daß es sinnlos ist von einem “rötlichen Grün” zu reden, oder von einem “schwärzlichen Schwarz”, oder ich sage, daß “a = a” sinnlos ist, oder beschreibe eine Notation die dieses Gebilde und “(∃x).x = x” vermeidet, oder sage, es habe keinen Sinn zu sagen, etwas “scheine rot zu scheinen”, oder es habe Sinn zu sagen, daß im Gesichtsraum eine krumme Linie aus geraden Stücken zusammengesetzt sei, oder es habe den gleichen Sinn, zu sagen “der Stein falle, weil er von der Erde angezogen werde” und “der Stein müsse fallen, weil er von der Erde etc.”. Ich biete dem Verwirrten eine Regel an und er nimmt sie an. Ich könnte auch sagen: ich biete ihm eine Notation an. Wie schaut nun so eine Notation aus? Nun, in den meisten Fällen werde ich Sätze der alten Notation (etwa der Wortsprache) in die entsprechenden Sätze der neuen Schreibweise übersetzen; etwa indem ich schreibe:
etc.. 575 |
Die Regel entspricht aber in gewissem Sinne dem, was man eine
“Annahme” genannt hat. Sie ist quasi ein
Satzradikal (chemisch gesprochen). Und es ist
charakteristisch für die Art unserer Untersuchung,
daß wir uns nicht für die Sätze
interessieren, die mit diesem Radikal gebildet werden
(können). Im Mittelpunkt
der Betrachtung steht die Regel; nicht,
daß ich sie jemandem anbiete, nicht,
daß jemand sie benützt,
etc.. Sie könnte, glaube ich,
verglichen werden dem Plan eines Hauses, ich meine einer Zeichnung,
die als Plan eines Hauses gebraucht werden kann, der aber kein
existierendes Haus entspricht und von der auch nicht gesagt wird,
daß ihr einmal eines entsprechen soll,
etc.. |
∣ Das Rätselhafte am Kontinuum ist, wie das
Rätselhafte der Zeit für
Augustinus, dadurch
bedingt, daß wir durch die Sprache
verleitet werden, ein Bild auf sie anzuwenden, das nicht
paßt. Die Mengenlehre
behält das unpassende Bild des Diskontinuierlichen bei, aber
sagt diesem Bilde Widersprechendes von ihm aus, mit der
Idee, mit Vorurteilen zu brechen. Während in
Wirklichkeit darauf hingewiesen werden sollte,
daß dieses Bild eben nicht
paßt und daß man es
allerdings nicht strecken kann, ohne es zu zerbrechen || zerreißen,
aber ein neues und in gewissem Sinne dem alten ähnliches
brauchen kann. ∣ |
Die Beschreibung einer neuen, etwa
übersichtlicheren, Notation (denn auf die
Übersichtlichkeit kommt es
uns an) ist dann von der gleichen Art, wie die
Beschreibung einer jener Sprachen, die die Kinder erfinden,
oder von einander lernen, worin z.B. jeder Vokal
der gewöhnlichen Sprache ||
Wörter verdoppelt und zwischen die Teile der
Verdoppelung ein b gestellt wird. Hier
sind wir ganz nah an's Spiel herangekommen.
So eine Beschreibung oder ein Regelverzeichnis kann man als
Definiens 576 des Namens der Sprache oder des
Spiels auffassen. Denken wir auch an die Beschreibung
des Zeichnens, Konstruierens, irgend einer Figur, etwa eines
Sternes (welches auch in Spielen eine Rolle
spielt). Sie lautet etwa so:
“Man zieht eine Gerade von einem Punkt A nach
einem Punkt B, etc.
etc.”. Diese Beschreibung
könnte ich offenbar auch || einfach
durch eine Vorlage, d.h.
Zeichnung, ersetzen. Das, was hier irrezuführen scheint, ist ein Doppelsinn des Wortes “Beschreibung”, wenn man einmal von der Beschreibung eines wirklichen Hauses oder Baumes etc. spricht, ein andermal || einmal von der Beschreibung einer Gestalt, Konstruktion, etc., einer Notation, eines Spiels. Worunter aber eben nicht ein Satz gemeint ist der sagt, daß ein solches Spiel irgendwo wirklich gespielt, oder eine solche Notation wirklich verwendet wird; vielmehr steht die Beschreibung statt der hier gebrauchten Wörter “ein solches Spiel” und “eine solche Notation”. Die Beschreibung einer Notation fängt (man﹖) charakteristischerweise || charakteristisch oft mit den Worten an: “Wir können auch so schreiben: …”. Man könnte fragen: “was ist das für eine Mitteilung, ‘wir können …’” etc.. Man schreibt auch etwa: “übersichtlicher wird unsere Darstellung, wenn wir statt … schreiben: … ; und die Regeln geben …”; und hier stehen die Regeln in einem Satz. |
Denken wir
uns etwa ein Bild, einen Boxer in bestimmter
Kampfstellung darstellend. Dieses Bild kann nun
dazu gebraucht werden um jemandem mitzuteilen, wie er stehen,
sich halten soll; oder, wie er sich nicht halten soll; oder, wie
ein bestimmter Mann dort und dort gestanden hat || ist; etc. etc..
Man könnte dieses Bild ein Satzradikal
nennen. |
‘Regel’ ist in demselben Sinne ein Begriff
mit verschwommenen 577 Rändern, wie ‘Blatt’
oder ‘Stiel’ oder ‘Tisch’,
etc.. |
Wenn man eine Notation beschreibt, sagt man etwa:
“ich will || werde in
diesem Buch statt ‘p oder q’
‘p ⌵ q’
schreiben”, und das ist natürlich ein kompletter
Satz. Das aber, was ich ‘Regel’ nennen
will, und etwa “p oder q . = . p
⌵ q” geschrieben wird, ist keiner. – Was ich ‘Regel’ nenne, soll nichts
von einer bestimmten (oder auch unbestimmten) Zeit oder einem
Ort der Anwendung enthalten, sich auf keine bestimmten (oder
unbestimmten) Personen beziehen; sondern nur Instrument der
Darstellung sein. Wir sagen nun: “wir gebrauchen die Wörter ‘rot’ und ‘grün’ in solcher Weise, daß es als sinnlos gilt (kontradiktorisch ist) zu sagen, am selben Ort sei zu gleicher Zeit rot und grün”. Und dies ist natürlich ein Satz. Erfahrungssatz über unsere tatsächliche Sprache. |
Welcher Art nun sind die Regeln, welche
sagen, daß die und die Zusammenstellungen
von Wörtern keinen Sinn haben? Sind sie von der
Art derjenigen Vorschriften, welche etwa sagen,
daß es keine Spielstellung im Schach
ist, wenn zwei Figuren auf dem gleichen Feld stehen, oder wenn eine
Figur auf der Grenze zwischen zwei Feldern steht,
etc.? Diese Sätze sind wieder
wie gewisse Handlungen, ﹖– wie wenn man
etwa ein Schachbrett –﹖ aus einem
größeren Stück karierten Papiers
herausschneidet. Sie ziehen eine Grenze. –
Was heißt es denn, zu sagen:
“diese Wortzusammenstellung heißt
nichts”. Von einem Namen kann man sagen
“diesen Namen habe ich niemandem gegeben” und das
Namengeben ist eine bestimmte Handlung
(Umhängen || umhängen
eines Täfelchens). Denken wir an die Darstellung einer Reise auf der Erde durch eine Linie in der Projektion der zwei Halbkugeln und daß wir sagen: ein Linienstück, 578 das auf der Zeichenebene die Grenzkreise
Projektionen verläßt, ist in dieser
Darstellung sinnlos. Man könnte auch sagen:
nichts ist darüber ausgemacht worden. |
Wer etwas dagegen hat,
daß man sagt, die Regeln der Grammatik
seien Spielregeln, hat in dem Sinne Recht,
daß das, was das Spiel zum Spiel macht die
Konkurrenz von Spielern, der Zweck der Unterhaltung und Erholung,
in der Grammatik abwesend ist, etc.. Aber
niemand wird leugnen, daß das Studium
des Wesens der Spielregeln für das Studium der
grammatischen Regeln nützlich sein
muß, da irgend eine
Ähnlichkeit zweifellos besteht. Es ist
überhaupt besser, ohne ein gefaßtes
Urteil oder Vorurteil über die Analogie zwischen Grammatik und
Spiel, und nur getrieben von dem sicheren Instinkt,
daß hier eine Verwandtschaft vorliegt, die
Spielregeln zu betrachten. Und hier wieder soll man einfach
berichten, was man sieht und nicht fürchten,
daß man damit eine wichtige
Anschauung untergräbt, oder auch, seine Zeit mit etwas
Überflüssigem verliert.
Man sieht dann vor allem, wie der Begriff des Spiels und damit der Spielregel ein an den Rändern verschwimmender ist. Ferner sieht man etwa Folgendes, wenn man die Regeln z.B. des Schachspiels betrachtet: Es gibt hier Sätze, die die Züge der einzelnen Figuren beschreiben; allgemeiner ausgedrückt, Regeln über Spielhandlungen. Dann aber gibt es doch die Sätze, die die Grundstellung beschreiben und solche, die das Schachbrett beschreiben. |
Eine sehr interessante
Erwägung über die Stellung des Zahlbegriffs in der Logik
ist die: Wie steht || ist
es mit dem Zahlbegriff, wenn ein Volk keine
Zahlwörter besitzt, sondern sich statt dieser
immer eines Abakus bedient, etwa
einer Russischen Rechenmaschine? || … sondern sich zum Zählen, Rechnen,
etc.
ausschließlich 579 eines Abakus
bedient, etwa der Russischen
Rechenmaschine?
(Nichts wäre interessanter, als die Arithmetik dieser Menschen zu untersuchen und man verstünde wirklich, daß es hier keinen Unterschied zwischen 20 und 21 gibt || daß hier kein Unterschied zwischen 20 und 21 existiert || besteht.) |
Ich nehme an,
daß dieses Haus nicht in einer halben
Stunde zusammenstürzen wird. Wann nehme ich das
an? Die ganze Zeit? und was ist dieses Annehmen
für eine Tätigkeit?
Heißt, das annehmen, nicht
(wieder) zweierlei? Einmal bezeichnet
es eine hypothetische, psychologische Disposition; einmal
den Akt des Denkens, Ausdrückens, jenes Satzes || des Satzes “das Haus wird nicht
einstürzen”. Im ersten Sinne
ist das Kriterium dafür,
daß ich jene Annahme mache || das annehme das, was ich sonst sage,
fühle und tue; im andern Sinn,
daß ich einen Satz sage, der wieder ein
Glied einer Rechnung || Kalkulation
ist. Nun sagt man: Du
mußt aber doch einen Grund haben, das
anzunehmen, sonst ist die Annahme ungestützt und wertlos
(erinnere Dich daran, daß wir zwar auf der
Erde stehen, die Erde aber nicht wieder auf irgend etwas; und
Kinder glauben, sie müsse fallen, wenn sie nicht gestützt
ist). Nun, ich habe auch Gründe zu meiner
Annahme. Sie lauten etwa:
daß das Haus schon jahrelang gestanden hat,
aber nicht so lang, daß es schon
baufällig sein könnte, etc.
etc.. Was ein Grund
wofür ist (Was als Grund wofür
gilt) kann von vornherein angegeben werden und
beschreibt || bestimmt
einen Kalkül, in welchem || dem
eben das eine ein Grund des andern ist.
Soll aber nun ein Grund für diesen ganzen Kalkül
gegeben werden, so sehen wir, daß er
fehlt. Fragt man aber, ob der Kalkül also eine
willkürliche Annahme ist, so ist die Antwort,
daß er so wenig ist, wie die Furcht vor
dem Feuer oder einem wütenden Menschen, der sich uns
nähert. Wenn man nun sagt: gewiß sind doch die Regeln der Grammatik, 580 nach denen wir vorgehen
und operieren, nicht willkürlich; so
müßte man zur Antwort fragen:
Gut also, warum denkt denn ein Mensch wie er denkt?
warum geht er denn durch diese Denkhandlungen? (gefragt
ist hier natürlich nach den Gründen, nicht
Ursachen). Nun, da lassen sich Gründe in dem
Kalkül angeben; und ganz zum
Schluß ist man dann versucht zu sagen:
“es ist eben sehr wahrscheinlich,
daß sich das Ding jetzt so verhalten
wird, wie es sich immer verhalten hat” ||
… daß das Ding jetzt das gleiche
Verhalten zeigen wird, das es immer gezeigt
hat”, – oder dergleichen.
Eine Redensart, die den Anfang des
Raisonnements verhüllt und
hier || an diesem
Anfang eine ähnliche Rolle spielt, wie
der Schöpfer am Beginn || Anfang
der Welt, der || welcher
zwar in Wirklichkeit nichts erklärt, aber
ein den Menschen akzeptabler Anfang ist || einen
den Menschen akzeptablen Anfang macht.
Das, was so schwer einzusehen ist, ist, daß, solange wir ein Wahr-Falsch-Spiel spielen || daß, solange wir im Bereich der Wahr-Falsch-Spiele bleiben, eine Änderung der Grammatik uns nur von einem solchen Spiel zu einem andern führen kann, aber nicht von etwas Wahrem zu etwas Falschem. Und wenn wir anderseits aus dem Bereich dieser Spiele heraustreten, so nennen wir es eben nicht mehr Grammatik, und zu einem Widerspruch mit der Wirklichkeit kommen wir wieder nicht. |
Denken wir uns die Tätigkeit in einem Haus, in einer
Werkstätte. Da wird gehobelt, gesägt, gestrichen,
etc. etc.; und
außerdem gibt es da eine
Tätigkeit, die man
‘rechnen || Rechnen’
nennt, und die sich scheinbar von allen den andern
unterscheidet || von allen diesen
unterscheidet, besonders, was den || ihren Grund anbelangt. Wir machen da etwa ein
Bild. Die Tätigkeit des Rechnens (Zeichnens,
etc.) verbindet Teile der andern
Tätigkeit. Er setzt aus, rechnet etwas, dann
mißt er und arbeitet mit dem Hobel
weiter. Er setzt auch manchmal aus, um das
Hobelmesser zu schleifen; aber ist 581 diese Tätigkeit analog der andern des
Kalkulierens? – “Aber Du glaubst doch
auch, daß mehr Kessel explodieren
würden || mehr Kesselexplosionen
wären, wenn die Kessel nicht berechnet
würden”. “Ja, ich glaube es;
– aber was will das sagen?” Folgt
daraus, daß weniger sein
werden? Und was ist denn die Grundlage dieses
Glaubens? Wenn man nun nach dem Grund einer einzelnen Denkhandlung (Kalkülhandlung) fragt, so erhält man als Antwort die Auseinandersetzung eines Systems dem die Handlung angehört. |
∣ Die Menschen, welche kein
Bedürfnis nach Durchsichtigkeit ihrer Argumentation haben,
sind für die Philosophie verloren. ∣ |
Wenn man fragt “warum
gibst Du Eier in diesen Teig”, so ist die Antwort etwa
“weil der Kuchen dann besser schmeckt”.
Also, man hört || erfährt
eine Wirkung und sie wird als Grund
gegeben. Wenn ich dem Holzblock eine bestimmte Form geben will, so ist der Hieb der richtige, der diese Form erzeugt. – Ich nenne aber nicht das Argument das richtige, das die erwünschten Folgen hat. Vielmehr nenne ich die Rechnung falsch, obwohl || auch wenn die Handlungen, die dem Resultat entspringen, zum gewünschten Ende geführt haben. (“Ich mach' den Haupttreffer, und er will mich belehren!”) Das zeigt, daß die Rechtfertigungen in den beiden Fällen verschiedene sind, und also “Rechtfertigung” verschiedenes in beiden bedeutet. In einem Fall kann man sagen: “Wart' nur, Du wirst schon sehen, daß das Richtige (d.h. hier: Gewünschte) herauskommt”; im andern ist dies keine Rechtfertigung. Wenn man nun von der Willkürlichkeit der grammatischen Regeln spricht, so kann das nur bedeuten, daß es die Rechtfertigung, die in der Grammatik als solche gilt, nicht für die Grammatik gilt. Und wenn 582 man das Rechnen
und || aber nicht das Kochen dem
Spiel vergleicht, ﹖– so ist es eben
aus || aus eben diesem
Grunde || Grund –﹖. Das ist aber
auch der Grund, warum man das Kochen keinen Kalkül nennen
würde. Wie ist es aber mit dem Aufräumen eines
Zimmers, oder dem Ordnen eines Bücherschrankes, – oder dem
Stricken eines bestimmten Musters? Diese Dinge kommen
dem Spiel in irgend einer Weise näher. Ich
glaube, der Grund, warum man das Kochen kein Spiel zu nennen
versucht ist, ist der: es gibt natürlich auch
für das Kochen Regeln, aber “Kochen”
bezeichnet nicht wesentlich eine Tätigkeit nach diesen Regeln,
sondern eine Tätigkeit, die ein bestimmtes Resultat
hat. Es ist z.B. etwa eine
Regel, daß man Eier 3 Minuten lang
kocht, um weiche Eier zu erhalten; wird aber durch irgend welche
Umstände das gleiche Ergebnis durch 5 Minuten langes
Kochen erreicht, so sagt man nun nicht “das
heißt dann nicht ‘weiche Eier
kochen’”. Dagegen
heißt “Schachspielen” nicht
die Tätigkeit, die ein bestimmtes Ergebnis hat, sondern dieses
Wort bedeutet eine Tätigkeit, die nach gewissen Regeln
ausgeführt wird. Die Regeln der Kochkunst hängen
mit der Grammatik des Wortes “kochen” anders
zusammen, als die Regeln des Schachspiels mit der Grammatik des
Wortes “Schach spielen” und als die Regeln
des Multiplizierens mit der Grammatik des Wortes
“multiplizieren”. Die Regeln der Grammatik sind so (d.h. in demselben Sinne) willkürlich, wie die Wahl einer Maßeinheit. Aber das kann doch nur heißen, daß sie von der Länge des zu messenden || Zumessenden unabhängig ist. Und daß nicht die Wahl der einen Einheit ‘wahr’, der andern ‘falsch’ ist, wie die Angabe der Länge wahr oder falsch ist. Was natürlich nur eine Bemerkung über die Grammatik des Wortes “Längeneinheit” ist. |
Man ist versucht,
die Regeln der Grammatik durch Sätze zu rechtfertigen von
der Art: “Aber es gibt doch wirklich 4
primäre Farben”; und gegen die Möglichkeit
dieser Rechtfertigung, die nach dem Modell der Rechtfertigung
eines Satzes durch (den﹖) Hinweis
auf seine Verifikation gebaut ist, richtet sich das Wort,
daß die Regeln der Grammatik willkürlich
sind. 583 Kann man aber nicht doch in irgend einem Sinne sagen, daß die Grammatik der Farbwörter die Welt, wie sie tatsächlich ist, charakterisiert? Man möchte sagen: kann ich nicht wirklich vergebens nach einer fünften primären Farbe suchen? – (Und wenn man suchen kann, dann ist ein Finden denkbar.) Nimmt man nicht die primären Farben zusammen, weil sie eine Ähnlichkeit haben, oder zum mindesten die Farben, im Gegensatz z.B. von || zu den Formen oder Tönen, weil sie eine Ähnlichkeit haben? Oder habe ich, wenn ich diese Einteilung der Welt als die richtige hinstelle, schon eine vorgefaßte Idee als Paradigma im Kopf? Von der ich dann etwa nur sagen kann: “ja, das ist die Weise || Art, wie wir die Dinge betrachten”, oder “wir wollen eben ein solches Bild (von der Wirklichkeit) machen”. Wenn ich nämlich sage: “die primären Farben haben doch eine bestimmte Ähnlichkeit miteinander” – woher nehme ich den Begriff dieser Ähnlichkeit? D.h.: habe ich hier eine Funktion “x ähnlich mit y”, in die ich die Farben als Argumente einsetzen kann? Ist nicht so, wie der Begriff “primäre Farbe” nichts andres ist, als “blau oder rot oder grün oder gelb”, – auch der Begriff jener Ähnlichkeit nur durch die vier Farben gegeben? Ja, sind sie nicht die gleichen! – Ja, könnte man denn auch rot, grün und kreisförmig zusammenfassen? Warum nicht?! Die Wichtigkeit in einem Spiel liegt darin, daß wir dieses Spiel spielen. Daß wir diese Handlungen ausführen. Es verliert seine Wichtigkeit nicht dadurch, daß es selbst nicht wieder eine Handlung in einem andern (übergeordneten) Spiel ist. Warum nenne ich die Regeln des Kochens nicht willkürlich; und warum bin ich versucht, die Regeln der Grammatik willkürlich zu nennen? Weil das Kochen’ durch seinen Zweck definiert ist, dagegen der Gebrauch der Sprache nicht. Darum ist der Gebrauch der Sprache in einem gewissen Sinne autonom, in dem das Kochen und Waschen es nicht ist. Denn, wer sich beim Kochen nach andern als den richtigen Regeln richtet, kocht schlecht; aber wer sich nach andern Regeln als denen des Schach richtet, spielt ein anderes Spiel und wer sich nach andern grammatischen Regeln richtet, als den 584 und den, spricht darum nichts
Falsches, sondern von etwas Anderem. |
Die Stellung der Spielregeln zu
den Sätzen. Eine Regel verhält sich zu
einem Erfahrungssatz ähnlich, wie die Zeichnung, die die
charakteristischen Merkmale eines Wohnhausplanes hat, zu der
Beschreibung, welche sich einer solchen Zeichnung
bedient, und welche sagt, daß so
ein Haus dort und dort existiere ||
stehe. Der Respekt, den man vor den Regeln des Schachspiels – etwa – hat, entspringt || kommt daher, daß die Spiele die diese Regeln charakterisieren, uns in vielerlei Beziehung gemäß sind. Denken wir uns aber, ich erfände || beschriebe ein Spiel, das ich etwa “Abrakadabra” nenne und gebe dafür die Regel: “Man lege einen Feldstein in eine viereckige Kiste, nagle die Kiste zu und werfe mit einem andern Stein nach ihr” – gewiß hat dieses Gebilde auch der Recht, eine Regel genannt zu werden. Man wird nur fragen: “was soll das alles? wozu sollen wir das machen?” Aber auf solche Fragen geben ja auch die Schachregeln keine Antwort. Aber in dem Fall der eben gegebenen Regel fällt das Wort “man lege … und werfe” auf, || fällt das Wort auf “man lege … und werfe”, nämlich die imperative Form; man möchte fragen: warum soll ich … legen etc., oder in welchem Fall? Was muß mein Zweck sein, damit ich das tun soll? Das heißt, der Imperativ scheint uns hier unsinnig. Aber er ist es ebensowenig, wie in einer gewöhnlichen Spielregel. Nur sieht man hier || in diesem Fall klar, daß man es nicht mit einem kompletten Satz zu tun hat. Höchstens mit der Definition von “Abrakadabra”; nämlich: “Abrakadabra spielen” heißt, einen Feldstein in eine Kiste legen, etc.. |
Statt der Zeichnung allein, die zur
Beschreibung eines bestimmten Hauses dienen kann, könnte
man sich auch die unangewandte 585 Beschreibung eines Haushaltes, etwa die Einteilung eines
ganzen Tages denken, von welcher Beschreibung die Planzeichnung
einen Teil bilden würde. Das entspräche etwa
der Beschreibung des Schachbretts und der Figuren und der erlaubten
Züge, und etwas Ähnliches gibt es auch
in der Grammatik. |
Das Schema: Ding-Eigenschaft. Man
sagt: eine Handlung habe eine Eigenschaft! etwa
die der Schnelligkeit; oder die﹖ der Güte.
|
Die Gleichung
p &
q = p zeigt eigentlich den Zusammenhang des
Folgens und der Wahrheitsfunktionen. |
“In den Regeln darf
kein Widerspruch sein”, das klingt so, wie eine
Vorschrift: “in einer Uhr darf der Zeiger nicht
locker auf seiner Welle
sitzen”. Man erwartet sich dann eine
Begründung: weil sonst … Im ersten Falle
könnte diese Begründung aber nur lauten: weil es sonst
kein Regelverzeichnis ist. Es ist eben wieder ein Fall der
grammatischen Struktur, die sich logisch nicht
begründen läßt. |
Es hat keinen Sinn, von einem
schwarzen Zweieck im weißen Kreis zu
reden; und dieser Fall ist analog dem: es ist sinnlos zu
sagen, das Viereck bestehe aus 0 Teilen (keinem Teil).
Hier haben wir etwas, wie eine untere Grenze des Zählens, noch ehe wir die Eins erreichen. |
Ist Teile
Zählen in I das Gleiche, wie Punkte Zählen in
IV? Und worin besteht der Unterschied?
Man kann das Zählen der Teile in I auffassen als ein
Zählen 577 von Vierecken. Dann kann
man aber auch sagen “in dieser Zeile ist
kein Viereck”; und dann zählt man nicht
Teile. Es beunruhigt uns die Analogie
zwischen dem Zählen der Punkte und der Teile, und das
Auslassen || Versagen dieser
Analogie. Darin, die ungeteilte Fläche als “Eins” zu zählen, ist etwas Seltsames; dagegen finden wir keine Schwierigkeit darin, die einmal geteilte als Bild der 2 zu sehen. Man möchte hier viel lieber zählen “0, 2, 3, etc.”. Und dies entspricht der Zahlenreihe || Satzreihe: “das Viereck ist ungeteilt”, “das Viereck ist in 2 Teile geteilt”, etc. |
Das Natürlichste ist, die Reihe der
Schemata aufzufassen als
|
Man kann die Teiligkeit des Vierecks
beschreiben, indem man sagt: es ist in fünf || 5 Teile geteilt, oder: es sind 4 Teile davon
abgetrennt worden, oder: es hat das Teilungsschema
ABCDE, oder: man kommt durch alle Teile, indem man 4
Grenzen passiert, oder: das Viereck ist geteilt
(d.h. in 2 Teile), der eine Teil wieder
geteilt und beide Teile dieser Teilung geteilt, –
etc.. Ich will zeigen, daß nicht nur eine Methode besteht, die Teiligkeit zu beschreiben. 587 |
Man wird sich aber vielleicht
auch enthalten, den Unterschied überhaupt mit einer Zahl zu
bezeichnen, sondern sich ganz an die Schemata A, AB, ABC,
etc. halten. Oder es auch so
schreiben: 1, 12, 123, etc., oder, was auf das Gleiche hinauskommt: 0, 01, 012, etc.. Diese kann man sehr wohl auch Zahlzeichen nennen. |
Die Schemata: A, AB, ABC,
etc.: 1, 12, 123, etc.;
❘,
❘ ❘,
❘ ❘ ❘,
etc.; ❘.❘,
❘..❘,
❘...❘,
etc.; 0, 1, 2, 3, etc.; 1, 2, 3,
etc.; 1, 12, 121323, etc.;
etc. – sind alle gleich fundamental.
|
Ich kann die Reihe der Teilungsschemata
sowohl mit der Reihe 1, 2, 3, etc. als auch mit der
Reihe 0, 1, 2, 3, etc.
vergleichen. Zähle ich die Teile, so gibt es in meiner Zahlenreihe keine 0, denn die Reihe
|
Könnte man auch eine Zahlenart den
Kardinalzahlen 588 entgegensetzen, deren Reihe der der
Kardinalzahlen ohne der 5 entspräche? Oh
ja: nur wäre diese Zahlenart zu nichts zu
brauchen, wozu die Kardinalzahlen es sind. Und die 5
fehlt diesen Zahlen nicht, wie ein Apfel, den man aus einer Kiste
voller Äpfel herausgenommen || genommen hat und wieder
hineinlegen kann, sondern die 5 fehlt dem Wesen dieser Zahlen; sie
kennen die 5 nicht (wie die Kardinalzahlen die Zahl
(Zeigt sich hier nicht die Unsinnigkeit des Geredes von der “Grundintuition”?) |
Regeln der Grammatik, die
eine “Verbindung zwischen Sprache und
Wirklichkeit” herstellen, und solche, die es nicht
tun. Von der ersten Art etwa: “diese
Farbe nenne ich ‘rot’”, – von der
zweiten: ¤
“non-non-p
= p”. Aber über diesen
Unterschied besteht ein Irrtum: der Unterschied scheint
prinzipieller Art zu sein; und die Sprache wesentlich etwas, dem
eine Struktur gegeben, und was dann der Wirklichkeit
aufgepaßt wird. |
Die Philosophen, welche sagen:
“nach dem Tod wird ein zeitloser Zustand
eintreten”, oder “mit dem Tod tritt ein zeitloser
Zustand ein”, und nicht merken,
daß sie im zeitlichen Sinne
“nach” und
“mit” und “tritt ein” gesagt
haben, und daß die Zeitlichkeit in ihrer
Grammatik liegt. – |
Unrichtig ausgedrückt, aber so, wie man es
zunächst ausdrücken würde, lautet das Problem:
“warum kann man sagen ‘es gibt 2
Farben 589
auf dieser Fläche’ und nicht ‘es
gibt eine Farbe auf dieser
Fläche’?” Oder: wie
muß ich die grammatische Regel
ausdrücken, daß ich nicht mehr
versucht bin Unsinniges zu sagen, und daß sie
mir selbstverständlich ist? Wo liegt der falsche
Gedanke, die falsche Analogie, durch die ich verführt
werde, die Sprache unrichtig zu gebrauchen? Wie
muß ich die Grammatik darstellen,
daß diese Versuchung wegfällt?
Ich glaube, daß die Darstellung durch
die Reihen
Es kommt alles darauf an, ob ich mit einer Zahlenreihe zähle, die mit 0 anfängt, oder mit einer, die mit 1 anfängt. So ist es auch, wenn ich die Längen von Stäben, oder die Größen von Hüten zähle. Wenn ich mit Zählstrichen zähle, so könnte ich sie dann so schreiben: , um zu zeigen, daß es auf den Richtungsunterschied ankommt und der einfache Strich der 0 entspricht (d.h. der Anfang ist). |
(Der
aufregende Charakter der grammatischen Unklarheit.) |
Der Sinn eines || des Satzes ist nicht pneumatisch, sondern ist das, was auf
die Frage nach der Erklärung des Sinnes zur Antwort
kommt. Und – oder – der eine Sinn
unterscheidet sich vom andern, wie die Erklärung des einen von
der Erklärung des andern. |
Welche Rolle der Satz im Kalkül spielt,
das ist sein Sinn. 590 |
Der Sinn
steht also nicht hinter ihm (wie der psychische
Vorgang der Vorstellungen etc.). |
Welche Sätze aus ihm folgen
und aus welchen Sätzen er folgt, das macht seinen Sinn
aus. Daher auch die Frage nach seiner Verifikation
eine Frage nach seinem Sinn ist. |
Wende das auf einen Satz an, wie etwa
“es wird niemals Menschen mit 2 Köpfen
geben”. Dieser Satz scheint irgendwie ins
Unendliche, Unverifizierbare zu reichen und sein Sinn
von jeder Verifikation unabhängig zu sein. Aber
wenn wir seinen Sinn erforschen wollen, so meldet sich ganz richtig
die Frage: Können wir die Wahrheit eines solchen
Satzes je wissen, und wie können wir sie wissen;
und welche Gründe können wir haben, was der Satz sagt
anzunehmen oder abzulehnen? Nun wird man vielleicht
sagen: es ist ja nach dem Sinn gefragt worden; und nicht danach,
ob und wie man ihn wissen kann. Aber die Antwort auf die
Frage “wie kann man diesen Satz wissen?”
ist nicht eine psychologische, sondern sagt, aus welchem andern
Satz er folgt, gehört also zur Grammatik des
erstern. Und die Gründe, die möglich
sind den Satz anzunehmen, sind nicht persönliche
Angelegenheiten, sondern Teile des Kalküls zu dem der Satz
gehört. Wenn ich frage: wie
kann ich den Satz “jemand ist im
Nebenzimmer” verifizieren, oder wie kann ich herausfinden,
daß jemand im Nebenzimmer ist, so ist
es etwa eine Antwort: indem ich ins Nebenzimmer gehe und ihn
sehe”. Wenn nun gefragt wird “wie
kann ich ins Nebenzimmer kommen, wenn die Türe
versperrt ist”, so ist dieses “kann” ein
anderes, als das erste: Die erste Frage nach der
Möglichkeit (der logischen) hatte eine Erklärung
über den Satzkalkül zur Antwort,
daß nämlich dieser Satz aus jenem folgt;
die zweite Frage war 591 eine nach der physikalischen
Möglichkeit und hatte einen Erfahrungssatz zur Antwort:
daß man, etwa, die Mauer nicht durchbrechen
könne, weil sie zu stark sei, dagegen die Tür mit einem
Sperrhaken öffnen könne. Beide Fragen nun
sind in gewissem Sinn, aber nicht im gleichen, Fragen nach der
Verifikation. Und, indem man die erste Art mit der
zweiten verwechselt, glaubt man, die Frage nach der Verifikation
sei für den Sinn ohne Belang. Die Gründe
für die Annahme eines Satzes sind nicht zu verwechseln mit den
Ursachen der Annahme. Jene gehören zum
Kalkül des Satzes. |
Die Ursachen, warum wir einen Satz glauben, wären
bei der || für die Frage, was es denn ist, was wir
glauben, allerdings irrelevant, aber nicht so die Gründe, die
ja mit dem Satz intern verwandt sind und uns sagen, wer er
ist. |
Und der Sinn
des Satzes ist ja nicht etwas, was wir erforschen, und vielleicht
zum Teil unerforschlich ist. So
daß wir später erst noch einmal
daraufkommen könnten, daß dieser Satz
von andern Wesen als wir sind, auf eine andere Art
gewußt werden kann. So
daß er dieser Satz mit
diesem Sinn bliebe, dieser Sinn aber Eigenschaften
hätte, die wir jetzt nicht ahnen.
Der Satz, oder
sein Sinn, ist nicht das pneumatische Wesen, was sein Eigenleben
hat und nun Abenteuer besteht, von denen wir nichts zu wissen
brauchen. Wir hätten ihm quasi Geist von unserm Geist
eingehaucht – seinen Sinn – aber nun hat er sein
Eigenleben – wie unser Kind – und wir können
ihn (nur) erforschen und
mehr oder weniger verstehen. |
Der Instinkt führt Einen
richtig, der zur Frage führt: Wie kann man so
etwas wissen; was für einen Grund können wir
haben, 592 das anzunehmen; aus welchen
Erfahrungen würden wir so einen Satz ableiten;
etc.. |
Der Sinn ist keine Seele des Satzes. Er
muß, so weit wir an ihm interessiert sind,
sich gänzlich ausmessen lassen, sich ganz in Zeichen
offenbaren ||
erschließen.
|
Wenn man nun
fragt: hat es Sinn zu sagen “es wird
nie das und das geben”? –
Nun, welche Evidenz gibt es dafür; und was folgt
daraus? – Denn, wenn es keine Evidenz dafür
gibt – nicht, daß wir noch nicht im
Stande waren sie zu kriegen – sondern,
daß || wenn
keine im Kalkül vorgesehen
wurde, – dann ist damit der Charakter dieses Satzes
bestimmt. Wie das Wesen einer Zahlenart dadurch,
daß kein Vergleich zwischen ihr und
gewissen Rationalzahlen möglich ist. |
Übrigens: Eine Zahl,
die heute auf bewußte Weise mittels
des Fermat'schen Satzes definiert ist, wird dadurch nicht geändert,
daß der Beweis dieses Satzes, oder des
Gegenteils, gefunden wird. Denn der Kalkül dieser
Zahl weiß von dieser Lösung des Problems
nichts (und wird auch dann nichts von ihr wissen).
|
“Ich werde nie
einen Menschen mit 2 Köpfen sehen”: man glaubt,
durch diesen Satz irgendwie in die Unendlichkeit zu reichen.
Quasi, zum mindesten eine Eisenbahn dorthin gelegt zu haben,
wenn wir auch noch nicht die ganze Strecke bereist
haben. Es liegt da die Idee zu Grunde, daß z.B. das Wort “nie” die Unendlichkeit 593 bereits || schon mitbringe, da das eben seine
Bedeutung ist. Es kommt darauf an: Was kann ich mit so einem Satz tun || anfangen; denn, auf die Frage “was bedeutet er?” kommt ja wieder ein Satz zur Antwort, und der führt mich solange nicht weiter, als ich aus der Erklärung nichts über die Züge erfahre, die ich mit den Figuren machen darf. (Als ich, sozusagen, nur immer wieder die gleiche Konfiguration vor mir sehe und keine anderen, die ich aus ihr bilden kann.) So höre ich z.B., daß keine Erfahrung diesen Satz beweisen kann und das beruhigt mich über seine unendliche Bedeutung. |
Manche Philosophen
(oder wie man sie nennen soll) leiden an dem, was man
“loss of problems”,
“Problemverlust” nennen kann. Es
scheint ihnen dann alles ganz einfach und es scheinen keine tiefen
Probleme mehr zu existieren, die Welt wird weit und flach und
verliert jede Tiefe; und was sie schreiben, wird unendlich seicht
und trivial. Russell und H.G.
Wells haben dieses
Leiden. |
Aus
keiner Evidenz folgt, daß dieser Satz wahr
ist. – Ja, aber ich kann doch
glauben, daß er wahr
ist || daß das der
Fall ist, was er sagt! Aber was
heißt das: “glauben,
daß das der Fall ist”?
Reicht etwa dieser Glaube in die Unendlichkeit; fliegt er der
Verifikation voran? – Was
heißt es, das glauben? Diesen
Satz mit bestimmten Gefühlen sagen? ist es ein
bestimmtes Benehmen? denn etwas andres kann es doch nicht
sein. – Und dann interessiert es uns nur insofern, als
es ein Kalkulieren mit dem Satz ist. |
Es gibt so viel verschiedene
Allgemeinheiten, als es verschiedene Zahlarten
gibt. || Es gibt so viel verschiedene
‘alle’, als es 594 verschiedene
‘Eins’ gibt. |
Darum nützt es nichts, zur
Klärung das Wort “alle” zu gebrauchen, wenn
man seine Grammatik in diesem Fall noch nicht
kennt. |
Ein
einfaches Sprachspiel ist z.B. dieses:
Man spricht zu einem Kind (es kann aber auch ein
Erwachsener sein), indem man das elektrische Licht in einem
Raum andreht: “Licht”, dann, indem man
es abdreht: “Finster”;
und tut das etwa mehrere Male mit Betonung und
variierenden Zeitlängen. Dann geht
man etwa in das Nebenzimmer, dreht von dort aus das Licht im ersten
an und bringt das Kind dazu, daß es
mitteilt, ob es licht oder finster ist. ||
daß es mitteilt:
“Licht”, oder:
“Finster”.
Soll ich da nun “Licht” und “Finster” ‘Sätze’ nennen? Nun, wie ich will. – Und wie ist es mit der ‘Übereinstimmung mit der Wirklichkeit’? |
Wenn ich bestimmte einfache Spiele
beschreibe, so geschieht es nicht, um mit ihnen nach und nach
die wirklichen Vorgänge der Sprache – oder des Denkens
– aufzubauen, was nur zu Ungerechtigkeiten führt, –
sondern ich stelle die Spiele als solche hin, und lasse sie ihre
aufklärende Wirkung auf die besonderen Probleme
ausstrahlen. |
Ich
habe ein Bild mit verschwommenen Farben und komplizierten
Übergängen. Ich stelle ein
einfaches mit klargeschiedenen Farben, aber mit dem ersten
verwandtes, daneben. Ich sage nicht,
daß das erste eigentlich das
zweite || andere sei;
aber ich lade den Andern ein, das einfache anzusehen, und
verspreche mir davon, daß gewisse
Beunruhigungen für ihn verschwinden werden.
595 |
(Hängt meine Art des Denkens mit dem Zerfall der
großen Staaten in kleine unabhängige,
mit dem Hervortreten der Minoritäten ||
Respektieren der Minoritäten
zusammen?) |
Man könnte oben sagen: “die Worte
‘Licht’, ‘Finster’ sind
hier als Sätze gemeint und sind nicht einfach
Wörter”. Das heißt,
sie sind hier nicht so gebraucht, wie wir sie in der
gewöhnlichen Sprache gebrauchen (obwohl wir
tatsächlich auch oft so sprechen). Aber
wenn ich plötzlich ohne sichtbaren
Anlaß das Wort “Licht”
isoliert ausspreche, so wird man allerdings sagen:
“was heißt das? das ist doch
kein Satz” oder: “Du sagst
‘Licht’, nun was soll's
damit?” Das Aussprechen des Wortes
“Licht” ist in diesem Fall sozusagen noch
﹖– (kompletter) Zug des Spiels,
which we expect the other to
play –﹖. |
Wie unterscheidet sich nun
“Licht”, wenn es den Wunsch nach Licht
ausdrückt, von “Licht”, wenn es
konstatiert, daß es im Zimmer licht
ist? Daß wir es in jedem Fall
anders meinen? Und worin besteht
das? In bestimmten Vorgängen, die das Aussprechen
begleiten, oder in einem bestimmten Benehmen, das ihm vorangeht,
eventuell es begleitet, und ihm folgt? |
Wenn ein Mann im Ertrinken
“Hilfe!” schreit, – konstatiert
er die Tatsache, daß er Hilfe bedarf?
daß er ohne Hilfe ertrinken
wird? – Dagegen gibt es den Fall, in dem man, quasi,
sich beobachtend sagt “ich hätte
(oder: habe) jetzt den Wunsch
nach …”. |
Ich sage das Wort “Licht!”, –
der Andere fragt mich: 596 “was meinst
Du?” – und ich sage || antworte: “Ich
meinte, Du sollst Licht machen”. – Wie war
das, als ich es meinte? Sprach ich den
“kompletten Satz” in der Vorstellung
unhörbar aus, oder den entsprechenden in einer andern
Sprache? (Ja, das kann vorkommen oder
auch nicht.) Die Fälle, die man alle mit dem
Ausdruck “ich meinte”
zusammenfaßt, sind sehr
mannigfach. |
Nun kann man ruhig annehmen: ‘ich
meinte, Du solltest Licht machen’
heißt, daß mir dabei
ein Phantasiebild von Dir in dieser Tätigkeit vorgeschwebt
hat, und ebensogut: der Satz heißt,
daß mir dabei die Worte des
vollständigen Satzes in der Phantasie gegenwärtig waren,
oder, daß eins von diesen beiden der Fall
war; – nur muß ich wissen,
daß ich damit eine Festsetzung über
die Worte “ich meinte” getroffen habe und eine
engere, als die ist, welche dem tatsächlichen allgemeinen
Gebrauch des Ausdrucks entspricht. |
Wenn das Meinen für uns irgend
eine Bedeutung, Wichtigkeit, haben soll, so
muß dem System der Sätze ein System der
Meinungen zugeordnet sein, was immer für
Vorgänge die Meinungen sein sollen. |
Inwiefern stimmt nun das Wort
“Licht” im obigen Symbolismus oder
Zeichenspiel mit einer Wirklichkeit überein, – oder nicht
überein? Wie gebrauchen wir überhaupt das Wort “übereinstimmen”? – Wir sagen “die beiden Uhren stimmen überein”, wenn sie die gleiche Zeit zeigen, “die beiden Maßstäbe stimmen überein”, wenn gewisse Teilstriche zusammenfallen, 597 “die beiden Farben stimmen
überein”, wenn etwa ihre Zusammenstellung uns
angenehm ist. Wir sagen “die beiden
Längen stimmen überein”, wenn sie gleich sind,
aber auch, wenn sie in einem von uns gewünschten Verhältnis
stehen. Und, daß sie
“übereinstimmen” heißt
dann, nichts andres, als daß sie in
diesem Verhältnis – etwa
1 : 2
– stehen. So muß also in
jedem Fall erst festgesetzt werden, was unter
“Übereinstimmung” zu
verstehen ist. – So ist es nun auch mit der
Übereinstimmung einer Längenangabe mit
einer Länge. Wenn ich sage: “dieser
Stab ist 2 m lang”, so kann ich
z.B. erklären || eine
Erklärung geben, wie man nach diesem Satz
mit einem Maßstab die Länge des
Stabes kontrolliert, wie man etwa nach diesem Satz einen
Meßstreifen für den Stab
erzeugt. Und ich sage nun, der Satz stimmt mit der
Wirklichkeit überein, wenn der, auf diese Weise
konstruierte¤ Meßstreifen, mit dem
Stab übereinstimmt. Diese Konstruktion eines
Meßstreifens illustriert übrigens,
was ich in der
“Abhandlung” damit
meinte, daß der Satz bis an die
Wirklichkeit herankommt. – Man könnte das
auch so klar machen: Wenn ich die Wirklichkeit
daraufhin prüfen will, ob sie mit einem Satz übereinstimmt,
so kann ich das auch so machen, daß ich
sie nun beschreibe und sehe, ob der gleiche Satz
herauskommt. Oder: ich kann die Wirklichkeit nach
grammatischen Regeln in die Sprache des Satzes übersetzen und
nun im Land der Sprache ﹖– den Vergleich
durchführen –﹖.
Als ich nun dem Andern erklärte: “Licht” (indem ich Licht machte), “Finster” (indem ich auslöschte), hätte ich auch sagen können und mit genau derselben Bedeutung: “das ist || heißt ‘Licht’” (wobei ich Licht mache) und “das ist || heißt ‘Finster’” etc., und auch ebensogut: “das stimmt mit ‘Licht’ überein”, “das stimmt mit ‘Finster’ überein”. |
Es kommt eben wieder auf
die Grammatik des Wortes
“Übereinstimmung” an, auf
seinen Gebrauch. Und hier liegt die Verwechslung mit
‘Ähnlichkeit’ nahe, in
dem Sinn, in dem zwei Personen einander ähnlich 598 sind, wenn ich sie leicht miteinander
verwechseln kann. Ich kann auch wirklich nach der Aussage über die Gestalt eines Körpers eine Hohlform konstruieren, in die nun der Körper paßt, oder nicht paßt, je nachdem die Beschreibung richtig oder falsch war, und die konstruierte Hohlform gehört dann in dieser Auffassung noch zur Sprache (die bis an die Wirklichkeit herankommt). |
Aber auch die Hohlform macht kein finsteres
Gesicht, wenn der Körper nicht in sie
paßt. |
Behauptung, Annahme, Frage.
Man kann auf dem Schachbrett einen Zug in einer Schachpartie
machen, – aber auch während eines Gesprächs
über ein Schachproblem zur Illustration, oder wenn man
jemand das Spiel lehrt, – etc.. Man
sagt dann auch etwa: “angenommen, ich zöge
so, …”. So ein Zug hat
Ähnlichkeit mit dem, was man in der Sprache
‘Annahme’ nennt. Ich sage etwa
“im Nebenzimmer ist ein Dieb”, – der Andre
fragt mich “woher weißt Du
das?” und ich antworte: “oh ich wollte
nicht sagen, daß wirklich ein Dieb im
Nebenzimmer ist, ich habe es nur in Erwägung
gezogen”. – Möchte man da nicht
fragen: Was hast Du erwogen? wie Du
Dich benehmen würdest, wenn ein Dieb da wäre, oder, was
für ein Geräusch es machen würde,
oder, was er Dir wohl stehlen würde?
Freges Anschauung könnte man so wiedergeben: daß die Annahme (so wie er das Wort gebraucht) das ist, was die Behauptung, daß p der Fall ist, mit der Frage, ob p der Fall ist, gemeinsam hat. |
Kann man
statt der Frage “ist p der Fall” den
Satz setzen: “ich möchte wissen, ob
p der Fall ist”? (Und
wie ist es mit dieser Frage? – –) 599 |
Es gibt
wirkliche Annahmen, die wir eben durch Sätze von der Form
“angenommen p wäre (oder: ist) der
Fall” ausdrücken. Aber solche Sätze
nennen wir nicht vollständig und sie scheinen sehr
ähnlich den Sätzen der Form || erinnern uns an Sätze der Form
“wenn p der Fall ist, …”.
|
Wenn ich die Behauptung,
daß p der Fall ist
“⊢p”
schreibe, die Frage, ob p der Fall ist
“?p” und den
Wunsch, daß p der Fall sein möge
“❘p”, so kann
man also nicht schreiben
“(⊢p)
⌵ (?q)”. |
Und welcher Art ist ein Satz, wenn
sich Einer eine mögliche Situation, etwa ihrer Seltsamkeit
wegen, notiert? Oder: die Erzählung
eines Witzes? |
Ist nun aber eine solche Annahme ein Teil einer
Behauptung? Ist das nicht, als sagte man, die Frage, ob
p der Fall ist, sei ein Teil
der Behauptung, daß
p der Fall ist? |
Ist es aber nicht auffällig,
daß wir es in unsern gewöhnlich
philosophisch-grammatischen Problemen nie damit zu tun haben,
ob sie sich auf Behauptungen oder Fragen beziehen?
(Etwa in dem Problem vom Idealismus und
Realismus.) |
Übrigens tritt der Unterschied
zwischen dem, was man Sätze der Mathematik nennt und
Erfahrungssätzen zu Tage, wenn man bedenkt, ob es Sinn hat
zu sagen: “ich wünschte
2 × 2
wäre 5 !” |
Und, daß das Problem
der || von Behauptung, Frage und
600 Annahme in anderm
Zusammenhang nicht auftritt, hängt wohl auch damit
zusammen, daß jeder Frage eine
Behauptung und eine Annahme entspricht.
Und irgendwie ist die Lösung, daß wir uns nur für Kalküle interessieren, und psychische Begleiterscheinungen, die nicht zum Kalkül gehören, uns nicht angehen. |
Wenn das Wort
“Übereinstimmung mit der
Wirklichkeit” gebraucht wird ||
werden darf, dann nicht als metalogischer
Ausdruck, sondern als Teil eines Kalküls, als Teil der
gewöhnlichen Sprache. Man kann etwa sagen:
Im Sprachspiel “Licht! –
Finster!” kommt der Ausdruck
“Übereinstimmung mit der
Wirklichkeit” nicht vor. |
Wenn es so etwas gäbe, wie eine Annahme
im Sinne Freges,
müßte dann nicht die Annahme,
daß p der Fall ist gleich der
sein, daß non-p
der Fall ist? |
In dem Sinn, in welchem die Frage “ist
p der Fall?” die gleiche
ist wie “ist p nicht der Fall?”.
|
Es ist sinnlos, von einer
Frage zu sagen, sie sei wahr oder falsch; ihr ein
“~”
vorzusetzen (nämlich der Frage als solchen); zu sagen,
sie stimme (oder stimme nicht) mit der Wirklichkeit
überein. |
In
dem Sprachspiel “Licht – Finster” kommt
keine Frage vor. – Aber wir könnten es auch
mit Fragen spielen. 601 |
Man hat
natürlich das Recht, ein Behauptungszeichen zu verwenden, wenn
man es im Gegensatz etwa zu einem Fragezeichen gebraucht.
Irreleitend ist es nur, wenn man meint,
daß die Behauptung nun aus zwei Akten
bestehe, dem Erwägen und dem Behaupten (Beilegen des
Wahrheitswertes, oder dergl.) und
daß wir diese Akte nach dem geschriebenen
Satz ausführen, ungefähr wie wir nach Noten Klavier
spielen. Mit dem Klavierspielen nach Noten ist nun allerdings das laute oder auch leise, Lesen nach dem geschriebenen oder gedruckten Satz zu vergleichen und ganz analog, aber nichts, was wir denken nennen. Ist also z.B. ein Behauptungszeichen im geschriebenen Satz, so wird wieder ein Behauptungszeichen im gelesenen sein (etwa die Betonung, oder der Stimmfall). Aber nicht, als ob im geschriebenen Satz das Zeichen, im gedachten aber die Bedeutung anwesend wäre. – |
Eine Sprache (ich meine eine
Sprechart) ist denkbar, in der es keine
Behauptungssätze gibt, sondern nur Fragen und die Bejahung und
Verneinung. |
Welche Rolle spielen falsche Sätze in einem
Sprachspiel? Ich glaube, es gibt verschiedene
Fälle. 1.) Einer hat die
Signallaternen an einer
Straßenkreuzung zu beobachten und einem
Andern zu sagen, welche Farben sie zeigen. Er verspricht
sich dabei und sagt die falsche Farbe.
2.) Es werden meteorologische Beobachtungen gemacht || angestellt und nach gewissen Regeln aus ihnen das Wetter für den nächsten Tag vorhergesagt. Die Vorhersage trifft ein, oder nicht. Im ersten Fall kann man sagen, er spielt falsch; in zweiten nicht –. 602 |
Man wird hier (nämlich) von
einer Frage geplagt, die etwa so lautet: Gehört
die Verifikation noch (mit﹖) zum
Sprachspiel? |
Glauben. Hiermit verwandt: erwarten, hoffen,
fürchten, wünschen. Aber auch:
zweifeln, suchen, etc..
Man sagt: “Ich habe ihn von 5 bis 6 Uhr erwartet”, “ich habe den ganzen Tag gehofft, er werde kommen”, “in meiner Jugend habe ich gewünscht …”, etc.. Daher der falsche Vergleich mit den in der Zeit amorphen Zuständen (Zahnschmerz, das Hören eines Tones, etc., obwohl diese unter sich wieder verschieden sind). |
Was
heißt es nun: “ich glaube, er
wird um 5 Uhr kommen”? oder: “er
glaubt N werde um 5 Uhr kommen”? Nun,
woran erkenne ich, daß er das
glaubt? Daran, daß er es
sagt? oder aus seinem übrigen Verhalten?
oder aus beiden? Danach wird man dem Satz “er
glaubt …” verschiedenen Sinn geben
können. |
Hat
es einen Sinn zu fragen: “Woher
weißt Du, daß Du
das glaubst”? Und ist etwa die Antwort:
“ich erkenne es durch
Introspektion”?
In manchen Fällen wird man so etwas sagen können, in manchen aber nicht. |
Es hat einen Sinn, zu
fragen: “liebe ich sie wirklich? mache
ich mir das nicht nur vor?” Und der
Prozeß der
Introspektion ist hier das Aufrufen
von Erinnerungen, das Vorstellen möglicher Situationen und der
Gefühle, die man hätte, etc.. 392 |
Introspektion nennt man einen
Prozeß || Vorgang
des Schauens im Gegensatz zum
Sehen. |
“Woher || Wie
weiß ich, daß ich
das glaube?”, “wie
weiß ich, daß ich
Zahnschmerzen habe?”: in mancher Beziehung sind
diese Fälle || Beispiele
ähnlich.3 | 2 |
Man konstruiert hier nach dem Schema: “Woher
weißt Du, daß
jemand im andern Zimmer ist?” –
“Ich habe ihn drin singen gehört”.
“Ich weiß, daß ich Zahnschmerzen habe, weil ich es fühle” ist nach diesem Schema konstruiert und heißt nichts. Vielmehr: ich habe Zahnschmerzen = ich fühle Zahnschmerzen = ich fühle, daß ich Zahnschmerzen habe (ungeschickter und irreführender Ausdruck). “Ich weiß, daß ich Zahnschmerzen habe” sagt dasselbe, nur noch ungeschickter, es sei denn, daß unter “ich habe Zahnschmerzen” eine Hypothese verstanden wird. Wie in dem Fall: “ich weiß, daß die Schmerzen vom schlechten Zahn herrühren und nicht von einer Neuralgie”. Denken wir auch an die Frage “wie merkst Du, daß Du Zahnschmerzen hast?”, oder gar: “wie merkst Du, daß Du fürchterliche Zahnschmerzen hast?” (Dagegen: “wie merkst Du, daß Du Zahnschmerzen bekommen wirst”.) | 3 |
(Hierher gehört die Frage: welchen Sinn hat es,
von der Verifikation des Satzes ‘ich habe
Zahnschmerzen’ zu reden? Und hier sieht man
deutlich, daß die Frage “wie wird
dieser Satz verifiziert” von einem Gebiet der Grammatik
zum andern ihren Sinn ändert.) | 4 |
Man könnte nun die Sache so (falsch)
auffassen: Die 393 Frage “wie
weißt Du, daß Du
Zahnschmerzen hast” wird darum nicht gestellt, weil man
dies von den Zahnschmerzen (selbst) aus
erster Hand erfährt, während man,
daß ein Mensch im andern Zimmer ist, aus
zweiter Hand, etwa durch ein Geräusch, erfährt.
Das eine weiß ich durch unmittelbare
Beobachtung, das andere erfahre ich indirekt.
Also: “Wie weißt Du,
daß Du Zahnschmerzen hast” –
“Ich weiß es, weil ich sie
habe” – “Du entnimmst es daraus,
daß Du sie hast; aber
mußt Du dazu nicht schon wissen,
daß Du sie hast?”.
‒ ‒ ‒ Der Übergang von den
Zahnschmerzen zur Aussage “ich habe Zahnschmerzen”
ist eben ein ganz anderer, als der vom Geräusch zur Aussage
“in diesem Zimmer ist jemand”. Das
heißt, die
Übergänge gehören ganz
andern Sprachspielen an || gehören zu ganz
verschiedenen Sprachspielen. | 5 |
Ist, daß ich Zahnschmerzen habe ein
Grund zur Annahme, daß ich
Zahnschmerzen habe? | 1 |
(Man kann die Philosophen dadurch verwirren
(confound), daß man
nicht bloß da Unsinn spricht, wo auch sie es
tun, sondern auch solchen, den zu sagen sie sich scheuen
(würden).) | 2 |
Erschließt man aus der Wirklichkeit einen
Satz? Also etwa “aus den wirklichen
Zahnschmerzen, darauf, daß man
Zahnschmerzen hat”? Aber das ist doch nur
eine unkorrekte Ausdrucksweise; es müßte
heißen: man
schließt, daß man
Zahnschmerzen hat, daraus, daß man
Zahnschmerzen hat (offenbarer Unsinn). | 3 |
“Warum glaubst Du, daß Du Dich an
der Herdplatte verbrennen wirst?” – Hast
Du Gründe für diesen Glauben, und brauchst Du
Gründe? 394 Hast Du diese Gründe – gleichsam – immer bei Dir, wenn Du es glaubst? Und glaubst Du es immer – ausdrücklich – wenn Du Dich etwa wehrst, die Herdplatte anzurühren? Meint man mit ‘Gründen des Glaubens || für den Glauben’ dasselbe, wie mit ‘Ursachen des Glaubens’ (Ursachen des Vorgangs des Glaubens)? | 4 |
Was für einen Grund habe ich, anzunehmen,
daß mein Finger, wenn er den Tisch
berühren, einen Widerstand spüren wird? Was
für einen Grund, zu glauben, daß
dieser Bleistift sich nicht schmerzlos durch meine Hand stecken
läßt? Wenn ich dies frage,
melden sich hundert Gründe, die einander gar nicht zu Wort
kommen lassen wollen. “Ich habe es doch selbst
ungezählte Male erfahren; und ebenso oft von ähnlichen
Erfahrungen gehört; wenn es nicht so wäre, würde
…; etc.”. | 1 |
Glaube ich, wenn ich auf meine Türe
zugehe, ausdrücklich, daß sie
sich öffnen lassen wird, – daß
dahinter ein Zimmer und nicht ein Abgrund sein wird,
etc.? Setzen wir statt des Glaubens den Ausdruck des Glaubens. – | 2 |
Was heißt es, etwas aus einem bestimmten
Grunde glauben? Entspricht es, wenn wir statt des
Glaubens den Ausdruck des Glaubens setzen, dem,
daß Einer den Grund sagt, ehe er || man den Grund
sagt, ehe man das Begründete sagt? | 3 |
“Hast Du es aus diesen Gründen
geglaubt?” ist dann eine
ähnliche Frage, wie: “hast Du, als Du
mir sagtest, 25
× 25 sei 625, die 395 Multiplikation wirklich
ausgeführt?” | 4 |
Die Frage “warum glaubst Du
das” || “aus welchen
Gründen glaubst Du das”
könnte bedeuten: “aus welchen
Gründen leitest Du das jetzt ab (hast Du es jetzt
abgeleitet)”; aber auch: “welche
Gründe kannst Du mir nachträglich für diese Annahme
angeben”. | 1 |
Ich könnte also unter ‘Gründen’ zu
einer Meinung tatsächlich nur das || das
allein verstehen, was der Andere sich vorgesagt hat, ehe er
zu der Meinung kam. Die Rechnung, die er
tatsächlich ausgeführt hat. | 2 |
Frage ich jemand: “warum glaubst
Du, daß diese Armbewegung einen
Schmerz mit sich bringen wird?”, und er
antwortet: “weil sie ihn einmal hervorgebracht und
einmal nicht hervorgebracht hat”, so werde ich
sagen: “das ist doch kein Grund zu Deiner
Annahme”. Wie nun, wenn er mir darauf antwortet: “oh doch! ich habe diese Annahme noch immer gemacht, wenn ich diese Erfahrung gemacht hatte”? – Da würden wir doch sagen: “Du scheinst mir die Ursache (psychologische Ursache) Deiner Annahme anzugeben, aber nicht den Grund”. | 3 |
“Warum glaubst Du, daß das
geschehen wird?” – “Weil ich es
zweimal beobachtet habe”.
Oder: “Warum glaubst Du, daß das geschehen wird?” – “Weil ich es mehrmals beobachtet habe; und es geht offenbar so vor sich: …” (es folgt eine Darlegung einer umfassenden Hypothese). Aber diese Hypothese, dieses Gesamtbild, muß Dir einleuchten. Hier geht die Kette der Gründe nicht weiter. – (Eher könnte man sagen, daß sie sich schließt.) 396 | 4 |
Man möchte sagen: Wir
schließen nur dann aus der früheren
Erfahrung auf die zukünftige, wenn wir die Vorgänge
verstehen (im Besitze der richtigen Hypothese sind).
Wenn wir den richtigen, tatsächlichen, Mechanismus
zwischen den beiden beobachteten Rädern
annehmen. Aber denken wir doch nur: Was
ist denn das || unser Kriterium
dafür, daß unsere Annahme die
richtige ist? – Das Bild und die Daten überzeugen uns und führen uns nicht wieder weiter – zu andern Gründen. | 1 |
Wir sagen: “diese Gründe
sind überzeugend”; und dabei handelt es sich
nicht um Prämissen, aus denen das folgt, wovon
wir überzeugt wurden. | 2 |
Wenn man sagt: “die gegebenen
Daten sind insofern Gründe, zu glauben,
p werde geschehen, als dies aus den Daten
zusammen mit dem angenommenen Naturgesetz folgt”, –
dann kommt das eben darauf hinaus, zu sagen, das Geglaubte folge
aus den Daten nicht, sondern komme vielmehr
﹖– einer neuen Annahme
gleich –﹖. | 3 |
Wenn man nun fragt: wie
kann aber frühere Erfahrung ein Grund zur
Annahme sein, es werde später das und das eintreffen, –
so ist die Antwort: welchen allgemeinen Begriff vom Grund zu
solch einer Annahme haben wir denn? Diese Art
Angabe über die Vergangenheit nennen wir eben Grund zur
Annahme, es werde das in Zukunft geschehn. – Und wenn
man sich wundert, daß wir ein solches
Sprachspiel || Spiel spielen,
dann berufe ich mich auf die Wirkung einer
vergangenen Erfahrung (daß ein
gebranntes Kind das Feuer fürchtet). 397 | 4 |
Wer sagt, er ist durch Angaben über Vergangenes nicht davon
zu überzeugen, daß in Zukunft etwas
geschehen wird, der muß etwas anderes mit
dem Wort “überzeugen” meinen, als wir es
tun. – Man könnte ihn fragen: Was
willst Du denn hören? Was für Angaben nennst Du
Gründe um﹖ ||
dafür, das zu glauben? Was
nennst Du “überzeugen”? Welche Art
des “Überzeugens”
erwartest Du Dir. – Wenn das keine
Gründe sind, was sind denn Gründe? –
Wenn Du sagst, das sind || seien keine
Gründe, so mußt Du doch angeben
können, was der Fall sein müßte,
damit wir mit Recht sagen könnten, es seien Gründe
für unsern Glauben || unsere Annahme
vorhanden. ‘Keine
Gründe’ –: im Gegensatz wozu? | 1 |
Denn, wohlgemerkt: Gründe sind hier nicht Sätze,
aus denen das Geglaubte folgt. | 2 |
Nicht || Aber
nicht, als ob man sagen
könnte || wir sagen wollten:
Für's Glauben genügt eben weniger, als
für das Wissen. – Denn hier handelt es sich
nicht um eine Annäherung an das logische Folgen. | 3 |
Irregeführt werden wir durch die Ausdrucksweise || Redeweise:
“Das ist ein guter ||
richtiger Grund zu unserer Annahme, denn er macht
das Eintreffen des Ereignisses wahrscheinlich”. || “Dieser Grund ist gut, denn er macht
das Eintreffen des Ereignisses
wahrscheinlich”. Hier ist es,
als ob wir nun etwas weiteres über den Grund ausgesagt
hätten, was seine Zugrundelegung || was
ihn als (guten) Grund
rechtfertigt; während mit dem Satz,
daß dieser Grund das Eintreffen
wahrscheinlich macht, nichts gesagt ist, wenn nicht,
daß dieser Grund dem ||
einem bestimmten Standard des guten Grundes
entspricht, – der Standard aber nicht begründet
ist! 398 | 4 |
Ein guter Grund ist einer der so aussieht.
| 1 |
“Das ist ein guter Grund, denn er macht das
Eintreffen wahrscheinlich” erscheint uns so wie:
“das ist ein guter Hieb, denn er macht den Gegner
kampfunfähig”. | 2 |
Man möchte || ist versucht
zu sagen: “ein guter Grund ist er nur
darum, weil er das Eintreffen wirklich
wahrscheinlich macht”. Weil er sozusagen
wirklich einen Einfluß auf das Ereignis hat,
also quasi einen
erfahrungsmäßigen. | 3 |
“Warum nimmst Du an, daß er
besserer Stimmung sein wird, weil ich Dir sage,
daß er gegessen hat? ist denn das ein
Grund?” – “Das ist ein guter
Grund, denn das Essen hat
erfahrungsgemäß einen
Einfluß auf seine
Stimmung”. Und das könnte man auch so
sagen: “Das Essen macht es wirklich
wahrscheinlicher, daß er guter Stimmung sein
wird”. Wenn man aber fragen wollte: “Und ist alles das, was Du von der früheren Erfahrung vorbringst, ein guter Grund, anzunehmen, daß es sich auch diesmal so verhalten wird”, so kann ich nun nicht sagen: ja, denn das macht das Eintreffen der Annahme wahrscheinlich. Ich habe oben meinen Grund mit Hilfe des Standards für den guten Grund gerechtfertigt; jetzt kann ich aber nicht den Standard rechtfertigen. | 3 |
Wenn man sagt “die Furcht ist begründet”, so
ist nicht wieder begründet, daß wir
das als guten Grund zur Furcht ansehen. Oder
vielmehr: es kann hier nicht wieder von einer Begründung
die Rede sein. 610 | 5 |
“Wie weißt Du,
daß das wirklich der Grund ist, weswegen
Du es glaubst? – (das﹖)
ist, als fragte ich: “wie
weißt Du, daß es
das ist, was Du glaubst”. Denn er
gibt nicht die Ursache eines Glaubens an, die er nur vermuten
könnte, sondern beschreibt einen Vorgang von
Operationen, die zu dem Geglaubten führen (und etwa
geführt haben). Einen Vorgang, der seiner Art
nach zu dem des Glaubens gehört. – Der
Unterschied zwischen der Frage nach der Ursache und der
(Frage) nach dem Grund des Glaubens
ist etwa so, wie der, zwischen der Frage: “was ist die
physikalische Ursache davon, daß Du da
bist und der Frage: “auf welchem Wege bist Du
hergekommen” – Und hier sieht man sehr klar, wie
auch die Angabe der
Ursache als Angabe eines
Weges aufgefaßt werden kann, aber in ganz
anderem Sinne. |
“Man kann die Ursache einer Erscheinung nur
vermuten” (nicht wissen). – Das muß ein Satz der Grammatik
sein. Es ist nicht gemeint, daß
wir ‘mit dem besten Willen’ die Ursache nicht
wissen können. Der Satz ist insofern ähnlich
dem: “wir können in der Zahlenreihe, soweit wir
auch zählen, kein Ende erreichen”. Das
heißt: von einem “Ende der
Zahlenreihe” kann keine Rede sein; und dies ist –
irreführend – in das Gleichnis gekleidet von
Einem, der wegen der großen
Länge des Weges das Ende nicht erreichen kann. –
So gibt es einen Sinn, in dem ich sagen kann:
“ich kann die Ursache dieser Erscheinung nur
vermuten” d.h.: es ist mir
noch nicht gelungen, sie (im gewöhnlichen Sinn)
‘festzustellen’. Also im Gegensatz zu
dem Fall, in dem es mir gelungen ist, wo﹖ || in dem ich also die
Ursache weiß. – Sage ich nun
aber, als metaphysischen Satz, “ich kann
die || eine Ursache
immer nur vermuten”, so heißt
das: ich will im Falle der Ursache immer nur von
‘vermuten’ und nicht von
‘wissen’ sprechen, um so Fälle verschiedener
Grammatik voneinander zu unterscheiden. (Das ist also
so, wie wenn ich sage: ich will in einer Gleichung das Zeichen
“ = ” und 611 nicht das Wort
“ist” gebrauchen.) Was also an unserem
ersten Beispiel falsch ist, ist das Wort
“nur”, aber freilich gehört das eben ganz zu
dem Gleichnis, das schon im Gebrauch des Wortes
“können” liegt. |
“Wie weißt
Du, daß Du es aus diesem Motiv getan
hast?” – “Ich erinnere mich daran,
es darum getan zu haben”. –
“Woran erinnerst Du Dich? – Hast Du es Dir damals gesagt; oder erinnerst Du Dich
an die Stimmung in der Du warst; oder daran,
daß Du Mühe hattest, einen
Ausdruck Deines Gefühls zu
unterdrücken?” Und wenn man etwa einen Ausdruck seines Gefühls nur mit Mühe unterdrückt hat, – wie war das? Hatte man sich ihn damals leise vorgesagt? etc. etc.. |
Das Motiv ist nicht eine Ursache ‘von
innen gesehen’! Das Gleichnis von
‘innen und außen’ ist hier
– wie so oft – gänzlich irreleitend. – Es ist von der Idee der Seele (eines
Lebewesens) im Kopfe (als Hohlraum vorgestellt)
hergenommen ||
hergeleitet. Aber diese Idee ist darin
mit andern unvereinbaren vermengt, wie die Metaphern in dem
Satz: “der Zahn der Zeit, der alle Wunden heilt,
etc.”. |
Der Vorgang einer Erkenntnis in einer
wissenschaftlichen Untersuchung (in der Experimentalphysik
etwa) ist freilich nicht der einer Erkenntnis im Leben
außerhalb dem Laboratorium || des
Laboratoriums; aber er ist ein ähnlicher
und kann, neben den andern gestellt ||
gehalten, diesen beleuchten. |
Nach den Gründen zu
einer gefragt, besinnt man sich auf diese
Gründe. Geschieht hier dasselbe, wie, wenn man
über die 612 Ursachen eines Ereignisses
nachdenkt? || … wenn man darüber
nachdenkt, was die Ursachen eines Ereignisses gewesen sein
mögen? |
Wie kann man Vorbereitungen zum Empfang von
etwas eventuell Existierendem treffen, – in dem Sinn, in
welchem Russell und
Ramsey das
(immer) tun wollten? Man
bereitet etwa die Logik für die Existenz von vielstelligen
Relationen vor, oder für die Existenz einer unendlichen Zahl von
Gegenständen. – |
Nun kann man doch für die Existenz eines
Dinges vorsorgen: Ich mache
z.B. ein Kästchen, um den Schmuck
hineinzulegen, der vielleicht einmal gemacht werden wird. – Aber hier kann ich doch sagen, was der Fall sein
muß, – welcher Fall es ist, für den
ich vorsorge. Ich kann diesen Fall jetzt so gut
beschreiben, || Dieser Fall
läßt sich jetzt so gut
beschreiben, wie, nachdem er schon eingetreten
ist; und auch dann, wenn er nie eintritt.
(Lösung mathematischer Probleme.)
Dagegen sorgen Russell
und Ramsey
für eine eventuelle Grammatik vor. |
Man denkt einerseits,
daß es die Mathematik mit der Art der
Funktionen zu tun hat und ihren Gegenständen || Argumenten, von deren Anzahlen
sie handelt. Aber man will sich nicht durch die uns jetzt
bekannten Funktionen binden lassen und man
weiß nicht, ob jemals eine gefunden
werden wird, die 100 Argumentstellen hat; also
muß man vorsorgen und eine Funktion
konstruieren, die alles für die 100-stellige Relation
vorbereitet, wenn sich eine finden sollte. – Was
heißt es aber überhaupt:
“es findet sich (oder: es gibt) eine
100-stellige Relation”? Welchen Begriff
haben wir von ihr? oder auch von einer
2-stelligen? – Als Beispiel einer
2-stelligen Relation 555 gibt man etwa die zwischen
Vater und Sohn. Aber welche Bedeutung hat
dieses Beispiel für die weitere logische Behandlung der
2-stelligen Relationen? Sollen wir uns jetzt
statt jedes “aRb” vorstellen
“a ist der Vater des b”?
Wenn aber nicht, ist dann das Beispiel, oder irgend eines
überhaupt, essentiell? Spielt dieses Beispiel
nicht die gleiche Rolle, wie eines in der Arithmetik, wenn ich
jemandem 3 × 6
= 18 an 3 Reihen zu je 6
Äpfeln erkläre?
Hier handelt es sich um unsern Begriff der Anwendung. – Man hat etwa die Vorstellung von einem Motor, der erst leer geht, und dann eine Arbeitsmaschine treibt. |
Aber was gibt die Anwendung der Rechnung? || Aber was erhält die Rechnung von ihrer
Anwendung? Fügt sie ihr einen
neuen Kalkül zu || bei? dann ist sie ja
jetzt eine andere Rechnung. Oder gibt sie
ihr in irgend einem, der Mathematik (Logik) wesentlichem, Sinne
Substanz? Wie kann man dann überhaupt, auch nur
zeitweise, von der Anwendung absehen? |
Nein, die Rechnung mit
Äpfeln ist wesentlich dieselbe, wie
die mit Strichen oder Ziffern. Die Arbeitsmaschine setzt
den Motor fort, aber die Anwendung (in diesem Sinne)
nicht die Rechnung. |
Wenn ich nun sage: “die Liebe ist ein Beispiel
einer 2-stelligen Relation”, – || Wenn ich nun, um ein Beispiel zu geben,
sage: “die Liebe ist eine 2-stellige
Relation”, – sage ich hier
etwas über die Liebe aus?
Natürlich nicht. Ich gebe eine Regel für den
Gebrauch des Wortes “Liebe” und will etwa sagen,
daß wir dieses Wort
z.B. so gebrauchen. 556 |
Nun hat man
aber doch das Gefühl, daß mit dem
Hinweis auf die 2-stellige Relation ‘Liebe’
in die Hülse des Relationskalküls Sinn gesteckt
wurde. – Denken wir uns eine geometrische
Demonstration statt an einer Zeichnung oder an analytischen
Symbolen an einem Lampenzylinder vorgenommen || durchgeführt. In
wiefern ist hier von der Geometrie eine Anwendung
gemacht? Tritt denn der Gebrauch des Glaszylinders als
Lampenglas in die geometrische
Überlegung ein? Und tritt der
Gebrauch des Wortes “Liebe” in einer
Liebeserklärung in meine
Überlegung || Überlegungen über die 2-stelligen
Relationen ein? |
Wir haben es mit verschiedenen Verwendungen,
Bedeutungen, des Wortes “Anwendung” zu
tun. “Die Multiplikation wird in der Division
angewandt”; “der Glaszylinder wird in der Lampe
angewandt”; “die Rechnung ist auf diese
Äpfel angewandt”.
|
Hier kann man nun sagen: Die Arithmetik ist ihre
eigene Anwendung. Der Kalkül ist seine eigene
Anwendung. Wir können nicht in der Arithmetik für eine grammatische Anwendung vorsorgen. Denn, ist die Arithmetik nur ein Spiel, so ist für sie auch ihre Anwendung nur ein Spiel, und entweder das gleiche Spiel (dann führt es uns nicht weiter), oder ein anderes – und dann konnten wir das schon in der reinen Arithmetik betreiben. |
Wenn also der Logiker sagt, er habe für eventuell
existierende 6-stellige Relationen in der Arithmetik vorgesorgt,
so können wir fragen: Was wird denn nun zu dem,
was Du vorbereitet hast, hinzukommen ||
hinzutreten, wenn es seine Anwendung findet || finden wird? Ein neuer
Kalkül? – aber den hast Du ja eben nicht
vorbereitet. Oder etwas, was 557 den
Kalkül nicht tangiert? – dann interessiert
uns das nicht, und der Kalkül, den Du uns gezeigt hast, ist
uns Anwendung genug. |
Die unrichtige Idee ist, daß die
Anwendung eines Kalküls in der Grammatik der wirklichen
Sprache, ihm eine Realität zuordnet, eine Wirklichkeit gibt,
die er früher nicht hatte. || Die
unrichtige Idee ist: die Anwendung eines Kalküls auf die
wirkliche Sprache verleihe ihm eine Realität, die er
früher || vorher nicht
hatte. |
Aber, wie gewöhnlich in unserem Gebiet, liegt hier
der Fehler nicht darin, daß man etwas
Falsches glaubt, sondern darin, daß man
auf eine irreführende Analogie hinsieht. |
Was geschieht denn, wenn die
6-stellige Relation gefunden wird? Wird quasi
ein Metall gefunden, das nun die gewünschten (vorher
beschriebenen) Eigenschaften (das richtige spezifische Gewicht,
die Festigkeit etc.) hat? Nein;
ein Wort wird gefunden, das wir tatsächlich in
unsrer Sprache so verwenden, wie wir etwa den Buchstaben
R verwendet haben.
“Ja, aber dieses Wort hat doch Bedeutung und
“R” hatte
keine! Wir sehen also jetzt,
daß dem
“R” etwas entsprechen
kann”. Aber die Bedeutung des Wortes besteht ja
nicht darin, daß ihm etwas
entspricht. Außer etwa, wo es sich
um Namen und benannten Gegenstand handelt, aber da setzt der
Träger des Namens nur den Kalkül fort, also die
Sprache. Und es ist nicht so, wie wenn man
sagt: “diese Geschichte hat sich tatsächlich
zugetragen, sie war nicht bloße
Fiktion ||
Erfindung”. |
Das alles hängt auch mit dem falschen
Begriff der logischen Analyse Zusammen, den
Russell,
Ramsey und
ich hatten. So daß man auf
616 eine endliche logische
Analyse der Tatsachen wartet, wie auf eine chemische von
Verbindungen. Eine Analyse, durch die man dann etwa eine
7-stellige Relation wirklich findet, wie ein Element, das
tatsächlich das spezifische Gewicht 7 hat. |
Die Grammatik ist für uns ein
reiner Kalkül. (Nicht die Anwendung eines auf
die Realität.) |
“Es gibt nur 4 rote
Dinge, aber die bestehen nicht aus 2 und 2, weil es keine Funktion
gibt, die sie zu je zweien unter einen Hut
bringt”. Das hieße, den
Satz 2 + 2 =
4 so auffassen: Wenn auf einer Fläche
4 Kreise zu sehen sind, so haben je 2 von ihnen immer
eine bestimmte Eigentümlichkeit miteinander gemein; sagen wir
etwa ein Zeichen innerhalb des Kreises. (Dann sollen
natürlich auch je 3 der Kreise ein Zeichen gemeinsam haben,
etc..) Denn, wenn ich überhaupt
etwas über die Wirklichkeit annehme, warum nicht
das? Das “axiom of
reducibility” ist wesentlich von keiner andern
Art. In diesem Sinne könnte man sagen,
daß zwar 2 und 2 immer 4 ergeben, aber
4 nicht immer aus 2 und 2 besteht. (Nur durch die
gänzliche Vagheit und Allgemeinheit des
Reduktionsaxioms werden wir zu dem Glauben verleitet,
als handle es sich hier || es handle sich hier –
wenn überhaupt um einen sinnvollen Satz – um mehr, als
eine willkürliche Annahme, zu der kein Grund vorhanden
ist. Drum ist es hier und in allen ähnlichen
Fällen äußerst klärend,
diese Allgemeinheit, die die Sache ja doch nicht mathematischer
macht, ganz fallen zu lassen und statt ihrer ganz
spezialisierte Annahmen zu machen). |
Man möchte sagen: 4
muß nicht immer aus 2 und 2 bestehen, aber
es kann, wenn es wirklich aus Gruppen besteht, aus 2 und 2
588 wie aus 3 und 1,
etc., bestehen; aber nicht aus 2 und 1, oder 3 und 2,
etc.; und so bereiten wir eben alles für den
Fall vor, daß 4 in Gruppen zerlegbar
ist. Aber dann hat es eben die Arithmetik gar nicht mit der
wirklichen Zerlegung zu tun, sondern nur mit jener Möglichkeit
der Zerlegung. Die Behauptung könnte ja
auch die sein, daß von einer Gruppe von 4
Punkten auf dem Papier immer je 2 durch einen Strich verbunden
sind. || Die Behauptung könnte ja
auch die sein, daß, wenn immer ich eine
Gruppe von 4 Punkten auf einem Papier sehe, je 2 von ihnen durch
eine Klammer verbunden sind.
Denken wir gar an die Annahme, || Oder: um je 2 solche Gruppen von 2 Punkten sei in der Welt immer ein Kreis gezogen. |
Dazu kommt nun,
daß, z.B., die Aussage,
daß in einem
weißen Viereck 2 schwarze Kreise zu sehen
sind, nicht die Form “(∃x,y). etc.”
hat. Denn, gebe ich den Kreisen Namen, dann
beziehen sich diese Namen gerade auf die Orte der Kreise und ich
kann nicht von ihnen sagen, sie seien entweder in dem einen
oder dem andern Viereck. Ich kann wohl sagen:
“in beiden Vierecken zusammen sind 4 Kreise”, aber
das heißt nicht,
daß ich von jedem einzeln sagen kann,
daß er im einen oder andern Viereck
sei. Denn der Satz “dieser Kreis ist
in diesem Viereck”, ist im angenommenen
Fall sinnlos. |
Was
bedeutet nun der Satz “in den 2 Vierecken
zusammen sind 4 Kreise”?
Wie konstatiere ich das? Indem ich die Zahlen in
beiden addiere? Die Zahl der Kreise in beiden Vierecken
zusammen bedeutet also dann das Resultat der
Addition der beiden Zahlen. – Oder ist es etwa das
Resultat einer besondern ||
eigenen Zählung, die durch beide
Vierecke geht; oder die Zahl von Strichen, die ich erhalte, wenn
ich einen Strich einem Kreis zuordne, ob er nun in einem
oder im andern 589 Viereck ist. Man kann
nämlich sagen: “jeder Strich ist entweder einem
Kreis zugeordnet, der in dem einen, oder einem Kreis,
der in dem andern Viereck steht”; aber nicht:
“dieser Kreis steht entweder in diesem oder im
andern Viereck”, wenn “dieser Kreis”
eben durch seine Lage charakterisiert ist.
Dies kann nur dann hier sein, wenn
“dies” und “hier” nicht dasselbe
bedeuten. Dagegen kann dieser Strich einem
Kreis in diesem Viereck zugeordnet sein, denn er bleibt dieser
Strich, auch wenn er einem Kreis im andern Viereck zugeordnet
ist. |
Sind in diesen beiden Kreisen zusammen 9 Punkte oder
7? Wie man es gewöhnlich versteht, 7.
Aber muß ich es so verstehen?
Warum soll ich nicht die Punkte, die beiden Kreisen gemeinsam
angehören, doppelt zählen:
Anders ist es, wenn man fragt: “wieviel Punkte sind innerhalb der stark ausgezogenen Grenze?” Denn hier kann ich sagen: es sind 7, in dem Sinne, in welchem in den Kreisen 5 und 4 sind. |
Man könnte nun
sagen: die Summe von 4 und 5 nenne ich die Zahl, welche die
unter den Begriff fx ⌵
Fx fallenden Gegenstände
haben, wenn (∃n4x).fx
&
(∃n5x).Fx
& Ind. der Fall ist.
Und zwar heißt das
(nun﹖) nicht,
daß die Summe von 4 und 5 nur in der
Verbindung mit Sätzen von der Art
(∃4x).fx
etc. verwendet werden darf, sondern es
heißt: Wenn Du die Summe von
n
und m bilden willst, setze die Zahlen links von
“. ⊃ .”
in die Form (∃nx).fx & (∃mx).Fx
etc. ein, und die Zahl, die rechts stehen
muß, um aus dem ganzen Satz || Ausdruck eine Tautologie zu
machen, 590 ist die Summe von m und
n. Dies ist also eine
Additionsmethode, und zwar eine
äußerst umständliche. |
Vergleiche:
“Wasserstoff und Sauerstoff geben zusammen
Wasser” – “2 Punkte und 3 Punkte geben zusammen
5 Punkte”. |
Bestehen denn z.B. 4 Punkte
in meinem Gesichtsfeld,
die ich “als 4”, nicht “als 2 und 2
sehe”, aus 2 und 2? Ja, was
heißt das? Soll es
heißen, ob sie in irgend einem Sinne in
Gruppen von je 2 Punkten geteilt waren?
Gewiß nicht. (Denn
darin || dann
müßten sie ja wohl auch in allen
andern denkbaren Weisen geteilt sein.)
Heißt es, daß sie
sich in Gruppen von 2 und 2 teilen lassen?
also, daß es Sinn hat, von
solchen Gruppen in den vieren zu reden? – Jedenfalls
entspricht doch das dem Satz “2 + 2 =
4”, daß ich nicht sagen
kann, die Gruppe der 4 Punkte, die ich gesehen habe, habe aus
getrennten Gruppen von 2 und 3 Punkten bestanden.
Jeder wird sagen: das ist unmöglich, denn
3 + 2 =
5. (Und
“unmöglich”
heißt hier
“unsinnig”.) |
“Bestehen 4 Punkte aus 2 und
2” kann eine Frage nach einer physikalischen oder
optischen || visuellen
Tatsache sein; dann ist es nicht die Frage der Arithmetik.
Die arithmetische Frage könnte aber
allerdings in der Form gestellt werden:
“Kann eine Gruppe von 4 Punkten aus
getrennten Gruppen von je 2 Punkten bestehen”. |
“Wie kann man
Vorbereitungen für etwas eventuell Existierendes
treffen” heißt: Wie kann
man die Arithmetik auf eine Logik aufbauen, in der man
im Speziellen noch Resultate einer Analyse der || unserer
559 Sätze erwartet, und dabei für alle
eventuellen Resultate durch eine Konstruktion a priori
aufkommen wollen? – Man will sagen:
“Wir wissen nicht ob es sich nicht herausstellen
wird, daß es keine Funktionen mit 4
Argumentstellen gibt, oder, daß es nur
100 Argumente gibt, die in Funktionen einer Variablen
sinnvoll eingesetzt werden können. Gibt es
z.B. (die Annahme scheint immerhin
möglich) nur eine solche Funktion
F
und 4 Argumente a, b, c, d, und hat es in diesem Falle
Sinn, zu sagen
‘2 + 2 =
4’, da es keine
Funktionen gibt, um die Teilung in 2 und 2 zu
bewerkstelligen?” Und nun, sagt man sich,
werden wir für alle eventuellen Fälle vorbauen.
Aber das heißt natürlich
nichts: Denn einerseits baut der Kalkül nicht
für eine eventuelle Existenz vor, sondern er konstruiert sich
die Existenz, die er überhaupt braucht. Anderseits
sind die scheinbaren hypothetischen Annahmen über die
logischen Elemente (den logischen Aufbau) der Welt nichts
andres, als Angaben der Elemente eines Kalküls; und die
können freilich auch so getroffen ||
gemacht werden, daß es
darin ein
2 + 2 nicht
gibt. Treffen wir etwa Vorbereitungen für die Existenz von 100 Gegenständen, indem wir 100 Namen einführen und einen Kalkül mit ihnen. Und nehmen wir jetzt an, es werden wirklich 100 Gegenstände gefunden. Aber wie ist das, wenn jetzt den Namen Gegenstände zugeordnet werden, die ihnen früher nicht zugeordnet waren? ändert sich jetzt der Kalkül? – was hat diese Zuordnung überhaupt mit ihm zu tun? Erhält er durch sie mehr Wirklichkeit? Oder gehörte er früher bloß zur Mathematik, jetzt aber zur Logik? – Was ist das für eine Frage: “gibt es 3-stellige Relationen”, “gibt es 1000 Gegenstände”? Wie ist das zu entscheiden? – Aber es ist doch Tatsache, daß wir eine 2-stellige Relation angeben können, etwa die Liebe, und eine 3-stellige, etwa die Eifersucht, aber, vielleicht, nicht eine 27-stellige! – Aber was heißt es “eine 2-stellige Relation angeben”? Das klingt (ja﹖) so, als würden wir auf ein Ding hinweisen und sagen “siehst Du, das ist so ein Ding” (wie wir es nämlich vorher beschrieben haben). Aber so etwas findet ja gar nicht statt (der Vergleich von dem Hinweisen ist gänzlich falsch). 560 “Die Beziehung der
Eifersucht kann nicht in 2-stellige Beziehungen
aufgelöst werden”: das klingt ähnlich
wie: “Alkohol kann nicht in Wasser und eine
feste Substanz zerlegt werden”. Liegt das nun in
der Natur der Eifersucht? (Vergessen wir
nicht: der Satz “A ist wegen B auf C
eifersüchtig” kann ebensowenig zerlegt werden wie der:
“A ist wegen B auf C nicht
eifersüchtig”.) Das, worauf man
hinweist, ist etwa die Gruppe der Leute A, B und
C. – “Aber wenn nun Lebewesen
plötzlich den 3-dimensionalen Raum kennen lernten,
nachdem sie bisher nur die
Ebene kannten, aber in ihr doch eine 3-dimensionale Geometrie
entwickelt hätten?!” Würde
diese Geometrie nun ||
damit geändert, würde sie
inhaltsreicher? – “Ja, aber ist es denn
nicht so, als hätte ich mir z.B. einmal
beliebige Regeln gesetzt, die es mir verböten in meinem Zimmer
bestimmte Wege zu gehen, die ich, was die physikalischen
Hindernisse betrifft, ohne weiteres gehen könnte, – und
als würden dann die physikalischen Bedingungen eintreten, etwa
Möbel in das Zimmer gestellt, die mich nun zwängen, mich
nach den Regeln zu bewegen, die ich mir erst willkürlich
gegeben hätte? Wie also der
3-dimensionale Kalkül noch ein Spiel war, da gab es
eigentlich noch keine 3 Dimensionen; denn das x, y, z
gehorchten nur den Regeln, weil ich es so wollte; jetzt, wo wir sie
mit den wirklichen 3 Dimensionen gekuppelt haben,
können sie sich nicht mehr anders
bewegen”. Aber das ist eine
bloße Fiktion. Denn hier
handelt es sich nicht um eine Verbindung mit der Wirklichkeit, die
nun die Grammatik in ihrer Bahn hält! Die
“Verbindung der Sprache mit der Wirklichkeit”,
etwa durch die hinweisenden Definitionen, macht die Grammatik
nicht zwangsläufig (rechtfertigt die Grammatik
nicht). Denn diese bleibt immer nur ein frei im Raume
schwebender Kalkül, der nur || zwar
erweitert, aber nicht gestützt werden
kann. Die “Verbindung mit der
Wirklichkeit” erweitert nur die Sprache, aber zwingt
sie zu nichts. Wir reden von der Auffindung einer
27-stelligen Relation: aber einerseits kann mich keine
Entdeckung zwingen, (das Zeichen und)
den Kalkül der 27-stelligen Relation zu gebrauchen;
andrerseits kann ich diesen Kalkül || die Handlungen622 dieses
Kalküls selbst mittels dieser Notation
beschreiben. |
Daß das axiom of infinity nicht
ist, wofür Russell
es gehalten hat, daß es weder ein Satz der
Logik, noch auch – wie es da steht – ein Satz der Physik
ist, ist klar. Ob der Kalkül damit, in eine ganz
andre Umgebung gebracht (in ganz anderer
“Interpretation”), irgendwo eine praktische
Anwendung finden könnte, weiß ich
nicht. Von den logischen Begriffen, z.B. von dem (oder: einem) der Unendlichkeit, könnte man sagen: ihre Essenz beweise ihre Existenz. |
“Angenommen, ich glaubte, es gäbe überhaupt nur
eine Funktion und die 4 Gegenstände, die sie
befriedigen. Später komme ich darauf,
daß sie noch von einem fünften Ding
befriedigt wird; ist jetzt das Zeichen ‘4’
sinnlos geworden?” – Ja, wenn
im Kalkül die 4 nicht existiert, dann ist
‘4’ sinnlos. || Ja, wenn
es im Kalkül die 4 nicht gibt, dann ist
‘4’ || sie﹖
sinnlos. |
Wenn man sagt, es wäre
möglich, mit Hilfe der Tautologie
(∃n2x).fx
& (∃n3x).Fx & Ind.
. ⊃ . (∃n5x). fx
⌵ Fx …A) zu addieren, so wäre das
folgendermaßen zu verstehen:
Zuerst ist es möglich, nach gewissen Regeln
herauszufinden, daß (∃nx).fx & (∃nx).Fx & Ind. . ⊃ . (∃nx,y): fx ⌵ Fx . & . fy ⌵ Fy tautologisch ist. (∃nx).fx ist eine Abkürzung für (∃x).fx & ~(∃x,y). fx & fy. Ich werde ferner Tautologien der Art A zur Abkürzung so schreiben: (∃') & (∃) ⊃ (∃') So geht also aus den Regeln hervor, daß (∃'x) & (∃'x) ⊃ (∃'x,y), (∃'x,y) & (∃'x) ⊃ (Еx,y,z) und andere Tautologien. Ich schreibe “und andere” und nicht “u.s.w. ad inf.”, weil man mit diesem Begriff noch nicht operieren muß. 593 Unser
Kalkül braucht überhaupt noch nichts von der
Bildung einer Reihe
‘(∃'x)’,
‘(∃'x,y)’,
‘(∃'x,y,z)’,
etc. zu wissen, sondern kann einfach
einige, etwa 3, dieser Zeichen einführen, ohne das
“u.s.w.”. Wir
können nun einen Kalkül mit einer endlichen Reihe von
Zeichen einführen, indem wir eine Reihenfolge gewisser Zeichen
festsetzen, etwa die der Buchstaben des
Alphabets, und schreiben: (∃'a) & (∃'a) ⊃ (∃'a,b), (∃'a,b) & (∃'a) ⊃ (∃'a,b,c), (∃'a,b) & (∃'a,b) ⊃ (∃'a,b,c,d), u.s.w. bis zum z. Die rechte Seite (rechts vom “ ⊃ ”) kann man dann aus der linken durch einen Kalkül der Art finden:
Dieser Kalkül ergäbe sich aus den Regeln zur Bildung der Tautologien als eine Vereinfachung. – Dieses Gesetz der Bildung eines Reihenstückes aus zwei andern vorausgesetzt, kann ich für das erste nun die Bezeichnung “Summe der beiden andern” einführen und also definieren: a + a ≝ ab a + ab ≝ abc u.s.w. bis z. Hätte man an einigen Beispielen die Regel des Kalküls B erklärt, so könnte man auch diese Definitionen als Spezialfälle einer allgemeinen Regel betrachten und nun Aufgaben stellen von der Art: “abc + ab = ?”. Es liegt nun nahe, die Tautologie α) (∃'a,b) & (∃'a,b) ⊃ (∃'a,b,c,d) mit der Gleichung β) ab + ab = abcd zu verwechseln. – Aber diese ist eine Ersetzungsregel, jene ist keine Regel, sondern eben eine Tautologie. Das Zeichen “ ⊃ ” in α entspricht in keiner Weise dem “ = ” in β. Man vergißt, daß das Zeichen “ ⊃ ” in α ja nicht sagt, daß die 594 beiden Zeichen
rechts und links von ihm eine Tautologie ergeben.
Dagegen könnte man einen Kalkül konstruieren, in welchem die Gleichung x + η = ζ als eine Transformation erhalten wird (aus﹖) der Gleichung: γ) (∃'x) & (∃'y) ⊃ (∃'z) = Taut.¤ So, daß ich also sozusagen ζ = x + η erhalte, wenn ich ζ aus der Gleichung γ herausrechne. |
Wie
tritt der Begriff der Summe in diese
Überlegungen ein? –
Im ursprünglichen Kalkül, der
(etwa) feststellt,
daß die Form (∃'x) &
(∃'y) ⊃
(∃'z)
δ)
(z.B.﹖)
tautologisch wird für x =
ij, η = i und
ζ =
ijk, ist von Summierung nicht die Rede. – Dann bringen wir ein Zahlensystem in den Kalkül
(etwa das System a b c d … z). Und endlich
definieren wir die Summe zweier Zahlen als diejenige Zahl
ζ, welche
die Gleichung γ
löst. |
(Wenn wir statt “(∃'x) &
(∃'x) ⊃
(∃'x,y)” schrieben:
“(∃'x) &
(∃'x) ⊃ (∃'x +
x)”, so hätte das keinen Sinn; es sei
denn, daß die Notation von vornherein
nicht ι)
“(∃'x)
etc.”, “(∃'x,y)
etc.”,
“(∃'x,y,z)
etc.” lautet, sondern: κ) “(∃'x) etc.”, “(∃'x + x) etc.”, “(∃'x + x + x) etc.”. Denn warum sollten wir plötzlich statt “(∃'x,y) & (∃'x) ⊃ (∃'x,y,z)” schreiben: “(∃'x,y) & (∃'x) ⊃ (∃' xy + x)”? das wäre nur eine Verwirrung der Notation. – Nun sagt man: Es vereinfacht doch das Hinschreiben der Tautologie sehr, wenn man in der rechten Klammer gleich die Ausdrücke der beiden linken hinschreiben kann. Aber diese Schreibweise ist ja noch gar nicht erklärt; ich weiß ja nicht, was (∃' xy + x) bedeutet, daß nämlich (∃' xy + x) = (∃'x,y,z) ist. Wenn man aber von vornherein die Notation “(∃'x)”, “(∃' x + x)”, 595
“(∃' x + x +
x)”, so hätte vorerst nur der Ausdruck
“(∃' x + x + x
+ x)”, Sinn, aber nicht
“(∃'
(x + x) + (x + x))”.
Die Notation κ ist auf einer Stufe mit || im gleichen Fall wie ι. Daß || Ob sich in der Form δ eine Tautologie ergibt, kann man etwa kurz durch das Ziehen von Verbindungslinien kalkulieren, also (Еx,y) & (Еx,y) ⊃ (Еx,y,z,u) und analog (Еx + x) & (Еx + x) ⊃ (Еx + x + x + x). Die Bögen || Verbindungslinien entsprechen nur der Regel, die in jedem Fall für die Kontrolle der Tautologie gegeben sein muß. Von einer Addition ist hier noch keine Rede. Die tritt erst ein, wenn ich mich entschließe – z.B. – statt “x, y, z, u” “xy + xy” zu schreiben, und zwar in Verbindung mit einem Kalkül, der nach Regeln die Ableitung einer Ersetzungsregel “xy + xy = xyzu” erlaubt. Addition liegt auch dann nicht vor, wenn ich in der Notation κ schreibe “(∃'x) & (∃'x) ⊃ (∃' x + x)”, sondern erst, wenn ich zwischen “x + x” und “(x) + (x)” unterscheide und schreibe: (x) + (x) = (x + x). |
Ich kann “die Summe von x und
η”
(“x +
η”) als die Zahl
ζ
definieren (oder: “den Ausdruck” –
wenn wir uns scheuen, das Wort Zahl zu gebrauchen)
– ich kann “x
+ η” als die Zahl
ζ
definieren, die den Ausdruck δ
tautologisch macht; – man kann aber auch
“x +
η”,
z.B., durch den Kalkül B
definieren (unabhängig von dem der Tautologien) und nun
die Gleichung (∃'x)
& (∃'y) ⊃ (∃' x
+ y) = Taut.
beweisen ||
ableiten. |
Eine Frage, die sich leicht
einstellt, ist die: müssen wir die Kardinalzahlen in
Verbindung mit der Notation 626 (∃x,y, …). fx &
fy & …
einführen? Ist der Kalkül der
Kardinalzahlen irgendwie an den mit den Zeichen
“(∃x,y …).
fx & fy
…” gebunden? Ist etwa der
letztere die einzige, und vielleicht wesentlich einzige, Anwendung
der Kardinalzahlen || des ersten || ersteren? Was die
“Anwendung der Kardinalarithmetik auf die || in der Grammatik” betrifft,
so kann man auf das verweisen, was wir über den Begriff der
Anwendung eines Kalküls gesagt haben. – Man könnte nun unsere Frage auch so stellen:
Kommen die Kardinalzahlen in den Sätzen
unserer Sprache immer hinter dem Zeichen
“∃”
vor: wenn wir uns nämlich die Sprache in die
Russell'sche Notation übersetzt denken?
Diese Frage hängt unmittelbar mit der zusammen:
Wird das Zahlzeichen in der Sprache immer als
Charakterisierung eines Begriffes – einer
Funktion – gebraucht? Die Antwort darauf ist,
daß unsere Sprache die Zahlzeichen
immer in Verbindung mit || als
Attribute von Begriffswörtern
gebraucht – daß aber diese
Begriffswörter unter sich gänzlich verschiedenen
grammatischen Systemen angehören (was man daraus sieht,
daß das eine in Verbindungen Bedeutung
hat, in denen das andre sinnlos ist), so
daß die Norm, die sie zu
Begriffswörtern macht, für uns uninteressant
wird. Eine ebensolche Norm aber ist die Schreibweise
“(∃x,y, …)
etc.”; sie ist die direkte
Übersetzung einer Norm unserer
Wortsprachen, nämlich des Ausdruckes “es gibt
…”, eines Sprachschemas ||
Ausdrucksschemas, in das unzählige
logische || grammatische Formen
gepreßt sind. |
Übrigens ist
das Zahlzeichen, jetzt in einem andern Sinne, nicht mit
“∃”
verbunden: insofern nämlich
“(∃3x) …” nicht in
“(∃2 + 3
x) …” enthalten ist. ||
insofern || da nämlich
“(∃3)x …”
nicht in “(∃2 + 3)x …” enthalten
ist. |
Es besteht eine Versuchung, die Form der Gleichung
627 für die Form von
Tautologien und Kontradiktionen zu halten, und zwar darum, weil es
scheint, als könne man sagen, x = x ist
selbstverständlich wahr (und)
x = y selbstverständlich
falsch. Eher noch kann man natürlich
﹖– sagen, daß
x = x die Rolle einer
Tautologie spielt, als x = y die der
Kontradiktion –﹖ ||
kann man natürlich x = x mit einer Tautologie
vergleichen, als x = y mit einer
Kontradiktion, da ja alle richtigen (und
“sinnvollen”) Gleichungen der Mathematik
von der Form x = y sind. Man
könnte x = x eine degenerierte
Gleichung nennen (Ramsey nannte sehr richtig Tautologien und
Kontradiktionen degenerierte Sätze) und zwar eine
richtige degenerierte Gleichung (den Grenzfall einer
Gleichung). Denn wir gebrauchen Ausdrücke der
Form x = x wie richtige
Gleichungen, wobei wir uns vollkommen bewußt
sind, daß es sich um degenerierte Gleichungen
handelt. Im gleichen Fall sind Sätze in
geometrischen Beweisen, wie etwa: “der
Winkel ist gleich dem Winkel , der Winkel
ist sich selbst gleich, …”.
Man könnte nun einwenden, daß richtige Gleichungen der Form x = y auch Tautologien, dagegen falsche, Kontradiktionen sein müßten, weil man ja die richtige Gleichung muß beweisen können und das, indem man die beiden Seiten der Gleichung transformiert, bis eine Identität x = x herauskäme. Aber obwohl durch diesen Prozeß die erste Gleichung als richtig erwiesen ist und insofern die Identität x = x das Endziel der Transformationen war, so ist sie nicht das Endziel in dem Sinne, als hätte man durch die Transformationen der Gleichung ihre richtige Form geben wollen, wie man einen krummen Gegenstand zurechtbiegt, und als habe sie nun in der Identität diese vollkommene Form (endlich) erreicht. Man kann also nicht sagen: die richtige Gleichung ist ja eigentlich eine Identität. Sie ist eben keine Identität. |
Wenn wir von
den, mittels
“ = ” konstruierten
Funktionen
(x = a ⌵ x = b
etc.) absehen, so wird nach
Russells Theorie
597 5 = 1, wenn es
keine Funktion gibt, die nur von einem Argument, oder
nur von 5 Argumenten, befriedigt wird. Dieser Satz scheint
natürlich auf den ersten Blick unsinnig; denn, wie kann man
dann sinnvoll sagen, daß es keine solchen
Funktionen gibt. Russell müßte sagen,
daß man die beiden Aussagen,
daß es Fünfer-
und Einserfunktionen gibt, nur dann getrennt machen
kann, wenn wir in unserem Symbolismus eine
Fünfer- und eine Einserklasse
haben. Er könnte etwa sagen,
daß seine Auffassung richtig sei, weil
ich, ohne das Paradigma der Klasse 5 im Symbolismus, gar nicht
sagen könne, eine Funktion werde von 5 Argumenten
befriedigt. – D.h.,
daß aus der Existenz des Satzes
“(∃f):
(∃'1x).fx”
seine Wahrheit schon hervorgeht. – Man scheint also
sagen zu können: schau' auf diesen
Satz, dann wirst Du sehen, daß er wahr
ist. Und in einem, für uns irrelevanten, Sinn ist das
auch möglich: Denken wir uns etwa auf die Wand
eines Zimmers mit roter Farbe geschrieben: “in
diesem Zimmer befindet sich etwas Rotes”.
Dieses Problem hängt damit zusammen, daß ich in der hinweisenden Definition von dem Paradigma (Muster) nichts aussage, sondern nur mit seiner Hilfe Aussagen mache; daß es zum Symbolismus gehört und nicht einer der Gegenstände ist, auf den ich ihn anwende || auf den ich den Symbolismus anwende. Ist z.B. “1 Fuß” definiert als die Länge eines bestimmten Stabes in meinem Zimmer, und ich würde etwa statt “diese Tür ist 6 Fuß hoch” sagen: “diese Tür hat sechsmal diese Länge (wobei ich auf den Einheitsstab zeige)”, – dann könnte man nicht (etwa) sagen: “der Satz ‘es gibt einen Gegenstand von 1 Fuß Länge’ beweist sich selbst, denn ich könnte diesen Satz gar nicht aussprechen, wenn es keinen Gegenstand von dieser Länge gäbe”; denn vom Einheitsstab kann ich nicht aussagen, daß er 1 Fuß lang sei. (Wenn ich nämlich statt “1 Fuß” das Zeichen “diese Länge” einführe, so hieße die Aussage, daß der Einheitsstab die Länge 1 Fuß hat: “dieser Stab hat diese Länge (wobei ich beide Male auf den gleichen Stab zeige).) So kann man von der Gruppe der Striche, welche etwa als Paradigma der 3 598 steht nicht sagen, es bestehe aus 3
Strichen. “Wenn jener Satz nicht wahr ist, so gibt es diesen Satz gar nicht” – das heißt: “wenn es diesen Satz nicht gibt, so gibt es ihn nicht”. Und ein Satz kann das Paradigma im andern niemals || nie beschreiben, sonst ist es eben nicht Paradigma. Wenn die Länge des Einheitsstabes durch die Längenangabe “1 Fuß” beschrieben werden kann, dann ist er nicht das Paradigma der Längeneinheit, denn sonst müßte jede Längenangabe mit seiner Hilfe gemacht werden. |
Ein Satz, “non.neg(∃f):(∃'
x).fx”
muß, wenn wir ihm überhaupt einen
Sinn geben, von der Art
dessen || des Satzes
sein: “es gibt keinen Kreis auf
dieser Fläche, der nur einen schwarzen Fleck
enthält”. (Ich meine: er
muß einen ähnlich
bestimmten Sinn haben; und nicht
vage bleiben, wie er in der
Russell'schen Logik und in meiner der
Abhandlung wäre.) Wenn nun aus den Sätzen “non.neg(∃f):(∃x).fx” …ρ) und “non.neg(∃f):(∃x,y).fx & fy” …σ) folgt, daß 1 = 2 ist, so ist hier mit “1” und “2” nicht das gemeint, was wir sonst damit meinen, dann die Sätze ρ und σ würden in der Wortsprache lauten: “es gibt keine Funktion, die nur von einem Ding befriedigt wird” und “es gibt keine Funktion, die nur von 2 Dingen befriedigt wird”. Und dies sind nach den Regeln unserer Sprache Sätze mit verschiedenem Sinn. |
Man ist versucht zu sagen:
“Um ‘(∃x,y).fx &
fy’
ausdrücken zu können ||
auszudrücken, brauchen wir 2 Zeichen
‘x’ und
‘y’.”
Aber das heißt nichts.
Was wir dazu brauchen, ist vielleicht
Papier und Feder; und der Satz so wenig, wie:
“um ‘p’
auszudrücken, brauchen wir
‘p’”. || Was wir dazu brauchen, sind, etwa,
die 630 Schreibutensilien, nicht die
Bestandteile des Satzes. Ebensowenig
hieße es, zu sagen:
“Um ‘(∃x,y). fx &
fy’ auszudrücken,
brauchen wir das Zeichen ‘(∃x,y). fx &
fy’.” |
“Welchen Sinn hat ein Satz
der Art ‘(∃n).3 + n =
7’?” Man ist hier in
einer seltsamen Schwierigkeit: einerseits empfindet man es
als Problem, daß der Satz die Wahl zwischen
unendlich vielen Werten von n hat, andrerseits scheint uns
der Sinn des Satzes in sich gesichert und nur für uns
(etwa) noch zu erforschen, da wir doch
“wissen, was ‘(∃x).fx’
bedeutet”. Wenn Einer sagte, er wisse
nicht, was “(∃n). 3 + n =
7” bedeute || welchen Sinn
“(∃n). 3 + n =
7” habe, so würde man ihm
antworten: “aber Du weißt
doch, was dieser Satz sagt: 3 + 0 = 7 . ⌵ .
3 + 1 = 7 . ⌵ . 3 + 2 = 7
und so weiter!” Aber darauf kann man
antworten: “Ganz richtig – der Satz ist
also keine logische Summe, denn die endet
nicht mit ‘und so weiter’ und das, worüber
ich nicht klar bin, ist eben diese Satzform
‘f(0) ⌵
f(1) ⌵
f(2) ⌵
u.s.w.’ – und Du
hast mir nur statt der ersten unverständlichen
Satzform || Satzart eine zweite
gegeben und zwar mit dem Schein, als gäbest Du mir etwas
altbekanntes, nämlich eine Disjunktion.”
Wenn wir nämlich meinen, daß wir doch unbedingt “(∃n) etc.” verstehen, so denken wir zur Rechtfertigung an andre Fälle des Gebrauchs der Notation “(∃ …) …”, beziehungsweise der Ausdrucksform “es gibt …” unserer Wortsprache. Darauf kann man aber nur sagen: Du vergleichst also den Satz “(∃n) …” mit jenem Satz “es gibt ein Haus in dieser Stadt, welches …”, oder “es gibt zwei Fremdwörter auf dieser Seite”. Aber mit dem Vorkommen der Worte “es gibt” in diesen Sätzen ist ja die Grammatik dieser Allgemeinheit noch nicht bestimmt. Und dieses Vorkommen weist auf nichts andres hin, als eine gewisse Analogie in den Regeln. Wir werden also ruhig diese Regeln von vorne untersuchen können, ohne uns von der Bedeutung von “(∃ …) …” in andern Fällen stören zu lassen. || ohne uns von der Bedeutung, 631 die
“(∃ …) …” in andern Fällen hat,
stören zu lassen. ||
Wir werden also die Grammatik der Allgemeinheit
“(∃n) etc.”
ohne vorgefaßtes Urteil untersuchen
können, d.h., ohne uns von der
Bedeutung von
“(∃ …) …” in andern Fällen || , die
“(∃ …) …” in andern Fällen hat,
stören zu lassen. |
Wir werden uns zuerst fragen
müssen: Ist der mathematische Satz
bewiesen? und wie? Denn der Beweis gehört zur
Grammatik des Satzes! –
Daß das so oft nicht eingesehen wird,
kommt daher, daß wir hier wieder auf der
Bahn einer uns irreführenden Analogie denken. Es ist,
wie gewöhnlich in diesen Fällen, eine Analogie aus unserm
naturwissenschaftlichen Denken. Wir sagen
z.B. “dieser Mann ist vor 2 Stunden
gestorben”, und wenn man uns fragt “wie
läßt sich das feststellen”, so
können wir eine Reihe von Anzeichen (Symptomen)
dafür angeben. Wir lassen aber auch die
Möglichkeit dafür offen, daß etwa
die Medizin bis jetzt unbekannte Methoden entdeckt, die
Zeit des Todes festzustellen und das
heißt: Wir können solche
mögliche Methoden auch jetzt schon beschreiben, denn nicht ihre
Beschreibung wird entdeckt, sondern, es wird nur experimentell
festgestellt, ob die Beschreibung den Tatsachen entspricht.
So kann ich z.B. sagen: eine Methode
besteht darin, die Quantität des Hämoglobins im Blut zu
finden, denn diese nehme mit der Zeit nach dem Tode, nach dem und
dem Gesetz, ab. Das stimmt natürlich nicht, aber,
wenn es stimmte, so würde sich dadurch an der von mir
erdichteten Beschreibung nichts ändern. Nennt man nun
die medizinische Entdeckung “die Entdeckung eines Beweises
dafür, daß der Mann vor 2 Stunden
gestorben ist”, so muß man sagen,
daß diese Entdeckung an der Grammatik des
Satzes “der Mann ist vor 2 Stunden gestorben”,
nichts ändert. Die Entdeckung ist die Entdeckung,
daß eine bestimmte Hypothese wahr ist
(oder: mit den Tatsachen
übereinstimmt). Diese Denkweise sind wir nun so
gewöhnt, daß wir den Fall der Entdeckung
eines Beweises in der Mathematik unbesehen für den gleichen
oder einen ähnlichen halten. Mit Unrecht:
denn, 632 kurz gesagt, den mathematischen
Beweis konnte man nicht beschreiben, ehe er gefunden war.
Der ‘medizinische Beweis’ hat die Hypothese, die er bewiesen hat, nicht in einen neuen Kalkül eingegliedert und ihm also keinen neuen Sinn gegeben; der mathematische Beweis gliedert den mathematischen Satz in einen neuen Kalkül ein, er verändert seine Stellung in der Mathematik. Der Satz mit seinem Beweis gehört einer andern Kategorie an, als der Satz ohne den Beweis. (Der unbewiesene mathematische Satz – Wegweiser der mathematischen Forschung, Anregung zu mathematischen Konstruktionen.) |
“Alle Zahlen haben vielleicht die
Eigenschaft ε”.
Wieder ist die Frage was ist die
Grammatik dieses allgemeinen Satzes? Denn damit ist
uns nicht gedient, daß wir die Verwendung des
Ausdrucks “alle …” in andern grammatischen
Systemen kennen. Sagt man: “Du
weißt doch, was es
heißt! es
heißt:
ε(0)
& ε(1) &
ε(2)
u.s.w.”, so ist damit wieder
nichts erklärt; außer,
daß der Satz kein logisches
Produkt ist. Und man wird, um die Grammatik des Satzes
verstehen zu lernen, fragen: Wie gebraucht man diesen
Satz? Was sieht man als Kriterium seiner Wahrheit
an? Was ist seine Verifikation? –
Wenn keine Methode vorgesehen ist, um zu entscheiden, ob der
Satz wahr oder falsch ist, ist er ja zwecklos und
d.h. sinnlos. Aber hier kommen wir
nun zur Illusion, daß allerdings eine solche
Methode der Verifikation vorgesehen ist, die sich nur einer
menschlichen Schwäche wegen nicht durchführen
läßt. Diese Verifikation
besteht darin, daß man alle (unendlich
vielen) Glieder des Produktes ε(0)
& ε(1) &
ε(2) … auf ihre
Richtigkeit prüft. Hier wird logische mit
physischer Möglichkeit verwechselt. ||
Hier wird das, was man ‘logische
Unmöglichkeit’ nennt, mit physischer
Unmöglichkeit verwechselt. Denn dem
Ausdruck “alle Glieder des unendlichen Produktes auf
ihre Richtigkeit prüfen” glaubt man Sinn gegeben zu
haben, weil man das Wort “unendlich viele” für
die Bezeichnung einer riesig 633 großen Zahl
hält. Und bei der “Unmöglichkeit, die
unendliche Zahl von Sätzen zu prüfen”
schwebt uns die Unmöglichkeit vor, eine sehr
große Anzahl von Sätzen zu
prüfen, wenn wir etwa nicht die nötige Zeit haben.
Erinnere Dich daran, daß, in dem Sinne, in welchem es unmöglich ist eine unendliche Anzahl von Sätzen zu prüfen, es auch unmöglich ist, das || es zu versuchen. – Wenn wir uns mit den Worten “Du weißt doch, was ‘alle …’ heißt,” auf die Fälle berufen, in welchen diese Redeweise gebraucht wird, so kann es uns doch nicht gleichgültig sein, wenn wir einen Unterschied zwischen diesen Fällen und dem Fall sehen, für welchen der Gebrauch der Worte gerechtfertigt || erklärt werden sollte. – (Gewiß), wir wissen, was es heißt, “eine Anzahl von Sätzen auf ihre Richtigkeit prüfen” und gerade auf dieses Verständnis berufen wir uns ja, wenn wir verlangen, man solle nun auch den Ausdruck “unendlich viele Sätze …” verstehen. Aber ist denn der Sinn des ersten Ausdrucks von der Erfahrung, die mit ihm verknüpft ist || den Erfahrungen, die mit ihm verknüpft sind, unabhängig? || Aber hängt denn der Sinn des ersten Ausdrucks nicht von den spezifischen Erfahrungen ab, die ihm entsprechen? Und gerade diese Erfahrungen fehlen ja in der Verwendung (dem Kalkül) des zweiten Ausdrucks; es sei denn, daß ihm solche Erfahrungen zugeordnet werden, die von den ersten grundverschieden sind. |
“Alle Punkte dieser Fläche sind
weiß”. Wie
verifizierst Du das? – dann werde ich wissen, was
es heißt. |
“Den mathematischen Satz kann man
sich vorstellen, als ein Lebewesen, das selbst
weiß, ob es wahr oder falsch ist.
(Zum Unterschied von den empirischen Sätzen || Sätzen der Empirie.)
Der mathematische Satz weiß selbst, daß er wahr, oder daß er falsch ist. Wenn er von allen Zahlen handelt, so muß er auch schon alle 733 Zahlen übersehen.
Wie der Sinn, so muß auch seine Wahrheit
oder Falschheit in ihm liegen.” |
“Es ist, als wäre die
Allgemeinheit eines Satzes
‘(n).ε(n)’
nur eine Anweisung auf die eigentliche, wirkliche, mathematische
Allgemeinheit eines Satzes. Gleichsam nur eine Beschreibung
der Allgemeinheit, nicht diese selbst. Als bilde der
Satz nur auf rein äußerliche Weise
ein Zeichen, dem erst von innen Sinn gegeben werden
muß.” |
“Wir fühlen: Die
Allgemeinheit, die die mathematische Behauptung hat, ist anders als
die Allgemeinheit des Satzes, der bewiesen ist.”
|
“Man könnte
sagen: ein mathematischer Satz ist der Hinweis auf einen
Beweis.” |
Wie wäre es, wenn ein Satz seinen Sinn selber nicht ganz
erfaßte. Wenn er sich quasi selber
zu hoch wäre? – Und das nehmen
eigentlich die Logiker an. |
Den Satz, der von allen Zahlen handelt, kann
man sich nicht durch ein endloses Schreiten verifiziert denken,
denn, wenn das Schreiten endlos ist, so führt es ja eben nicht
zu einem Ziel. Denken wir uns eine unendlich lange Baumreihe, und ihr entlang, damit wir sie inspizieren können, einen Weg. Sehr gut, so muß dieser Weg endlos sein. Aber wenn er endlos ist, so heißt das, daß man ihn nicht zu Ende gehen kann. D.h., er bringt mich nicht dazu, die Reihe zu übersehen. 734
Der endlose Weg hat nämlich nicht ein “unendlich
fernes” Ende, sondern kein Ende. |
Man kann auch nicht sagen:
“Der Satz kann alle Zahlen nicht
sukzessive erfassen, so
muß er sie durch den Begriff
fassen”, – als ob das faute de
mieux so wäre: “Weil er es
so nicht kann, muß er es auf
andre Weise tun”. Aber ein
sukzessives Erfassen ist schon möglich,
nur führt es eben nicht zur Gesamtheit. Diese
liegt: nicht auf dem Weg, den wir schrittweise
gehen || gehn, – und
nicht: am unendlich fernen Ende dieses Weges.
(Das alles heißt nur
“ε(0)
& ε(1) &
ε(2) &
u.s.w.” ist nicht das
Zeichen eines logischen Produkts.) |
“Alle Zahlen können
nicht zufällig eine Eigenschaft
P besitzen; sondern nur ihrem
Wesen (als Zahlen) nach. || Wesen nach.” – Der Satz
“die Menschen, welche rote Nasen haben, sind
gutmütig” hat auch dann nicht denselben Sinn wie der
Satz “die Menschen, welche Wein trinken, sind
gutmütig”, wenn die Menschen, welche rote Nasen
haben, eben die sind, die Wein trinken. Dagegen:
wenn die Zahlen m, n, o der Umfang eines
mathematischen Begriffs sind, so daß
also fm
& fn & fo der Fall ist, dann hat
der Satz, welcher sagt,
daß die Zahlen, die
f befriedigen, die
Eigenschaft P haben, den gleichen Sinn wie
“ε(m)
& ε(n) &
ε(o)”.
Denn die beiden Sätze
“f(m) & f(n) &
f(o)” und
“ε(m)
& ε(n) &
ε(o)” lassen
sich, ohne daß wir dabei den Bereich der
Grammatik verlassen, in einander umformen.
Sehen wir uns nun den Satz an: “alle n Zahlen, welche der Bedingung F(x) genügen, haben zufälligerweise die Eigenschaft P.” Da kommt es drauf an, ob die Bedingung F(x) eine mathematische ist. Ist sie das, nun dann kann ich ja aus F(x) ε(x) ableiten, wenn auch über die Disjunktion der n Werte von F(x). (Denn hier gibt es eben eine Disjunktion.) Hier werde ich 636 also nicht von einem Zufall
reden. – Ist die Bedingung eine
nicht-mathematische, so wird man dagegen vom Zufall reden
können. Z.B. wenn ich
sage: alle Zahlen, die ich heute auf den Omnibussen gelesen
habe, waren zufällig Primzahlen. (Dagegen kann
man natürlich nicht sagen: “die Zahlen 17, 3,
5, 31, sind zufällig Primzahlen”, ebensowenig
wie: “die Zahl 3 ist zufällig eine
Primzahl”.) “Zufällig”
ist wohl der Gegensatz von “allgemein
ableitbar”; aber man kann sagen: der Satz
“17, 3, 5, 31 sind Primzahlen” ist allgemein
ableitbar – so sonderbar das klingt –, wie auch der Satz
2 + 3 =
5. Sehen wir nun zu unserm ersten Satz zurück, so fragen wir wieder: Wie soll denn der Satz “alle Zahlen haben die Eigenschaft P” gemeint sein? wie soll man ihn denn wissen können? denn diese Festsetzung gehört ja zur Festsetzung seines Sinnes! Das Wort “zufällig” deutet doch auf eine Verifikation durch sukzessive Versuche und dem widerspricht, daß wir nicht von einer endlichen Zahlenreihe reden. |
In der Mathematik sind Beschreibung und
Gegenstand äquivalent. “Die fünfte
Zahl der Zahlenreihe hat diese Eigenschaften” sagt
dasselbe, wie “5 hat diese
Eigenschaften”. Die Eigenschaften eines Hauses
folgen nicht aus seiner Stellung in einer
Häuserreihe; dagegen sind die Eigenschaften einer Zahl die
Eigenschaften einer Stellung. |
Welche seltsame Frage: “kann
man sich eine endlose Baumreihe denken?”!
Wenn man von einer ‘endlosen Baumreihe’ spricht,
so wird doch, was man meint, mit den Erfahrungen
zusammenhängen, die man “das Sehen einer
Baumreihe”, “das Zählen einer
Baumreihe”, “das Messen einer
Baumreihe”, etc. nennt.
“Können wir uns eine unendliche Baumreihe
denken”! Gewiß,
wenn wir festgesetzt haben, was darunter zu verstehen ist;
4
d.h.: wenn wir diesen Begriff mit all dem
in Verbindung gebracht haben, mit den Erfahrungen, die für uns
den Begriff der Baumreihe bestimmen. Was ist das Kriterium in der Erfahrung, dafür daß eine Baumreihe unendlich ist? denn daraus werde ich sehen, wie diese Aussage zu verstehen ist. Oder gibst Du mir kein solches Kriterium, – was fange ich dann mit dem Begriff “unendliche Baumreihe” an? Was hat dieser Begriff etwa mit dem zu tun, was ich sonst eine Baumreihe nenne? Oder meinst || meintest Du am Ende doch nur: eine ungeheuer lange Baumreihe?! |
“Aber wir kennen doch eine Erfahrung, wenn wir eine
Baumreihe entlang gehen, die wir das Aufhören der Reihe nennen
können. Nun, eine endlose Baumreihe ist eine
solche, an der wir diese Erfahrung nie
machen”. – Aber was bedeutet
hier “nie”? Ich kenne eine Erfahrung,
die ich mit den Worten beschreibe: “er hat in dieser
Stunde nie gehustet”, oder “er hat in seinem
Leben nie gelacht”. Von einer
entsprechenden ||
analogen Erfahrung kann nicht
gesprochen werden, wenn sich das “nie” nicht auf
ein Zeitintervall bezieht. Die Analogie
läßt uns also hier wieder im Stich
und ich muß von neuem untersuchen, wie das
Wort “nie” in diesem Falle
sinnvoll verwendet werden kann. –
Solche Verwendungen lassen sich nun allerdings finden, aber
sie sind eben eigens auf ihre Regeln zu untersuchen. Es
kann z.B. der Satz,
daß eine Baumreihe unendlich lang ist
(oder der, daß wir nie zu
einem Ende kommen werden), ein Naturgesetz von der Art des
Trägheitsgesetzes sein, das ja sagt, ein Körper
bewege sich unter bestimmten Umständen mit konstanter
Geschwindigkeit in einer Geraden; und hier könnte ja auch
gesagt werden, die Bewegung werde unter diesen Umständen
nie enden. Fragt man nach der Verifikation
so eines Satzes, so kann man vor allem sagen,
daß er falsch ist || falsifiziert wird, wenn die Bewegung (die Baumreihe) zu
einem Ende kommt. Von einer Verifikation kann hier keine
Rede sein, und das heißt,
daß wir es mit einer
grundverschiedenen Art von Satz (oder mit einem Satz 5
in einem andern
Sinn dieses Wortes) zu tun haben. Ich will
natürlich nicht sagen, daß dies die
einzige sinnvolle Verwendung des Ausdrucks “unendliche
Baumreihe”, oder des Wortes “nie” (in
alle Ewigkeit) sei. Aber jede dieser Verwendungen
muß eigens beschrieben ||
untersucht werden und hat ihre eigenen
Gesetze. Es nützt uns nichts,
daß wir eine Redeform fertig in
unserer gewöhnlichen Sprache vorfinden, weil diese Sprache
jedes ihrer Wörter in den verschiedensten Bedeutungen
gebraucht, und, daß wir den Gebrauch des
Wortes in einem Fall verstehn,
erspart uns nicht die Untersuchung seiner Grammatik in einem
andern. So meinen wir etwa: “es ist doch
gewiß möglich, sich ein unendlich
langes Leben vorzustellen, denn unendlich lang lebt der,
der einfach nie stirbt”. Aber der Gebrauch des
Wortes “nie” ist eben gar nicht so
einfach. | 1 |
Reden wir nun von einem endlosen Leben im Sinne einer
Hypothese (vergl. Trägheitsgesetz) und, der
es lebt, wählt nacheinander aus den Brüchen zwischen 1
und 2, 3 || 2 und
4 || 3, 3 und 4, etc. ad inf. einen beliebigen Bruch
aus und schreibt ihn auf. Erhalten wir so eine
“Selektion aus allen jenen
Intervallen”? Nein, denn sein Wählen hat
kein Ende. Es hat keinen Sinn, jemals von ihm zu sagen,
er habe die Selektion beendet. Kann ich aber nicht
sagen, daß doch alle Intervalle an die Reihe
kommen müssen, da ich keines nennen kann, das nicht an die
Reihe käme? Aber daraus,
daß er jedes Intervall einmal
erreichen wird, folgt doch nicht, daß er alle
einmal erreicht haben wird. Denn, wenn wir das Wort
“erreichen” so verwenden,
daß “er etwas zu einer bestimmten
Zeit erreicht” (d.h.
in diesem grammatischen Zusammenhang), dann
heißt, daß er
“jedes Intervall einmal erreicht”
etwa: daß er das erste nach
der ersten Sekunde, das zweite nach der zweiten,
das dritte nach der dritten erreicht,
u.s.w. ad inf.¤ Es wird also hier
ein Gesetz mit dem Ausdruck u.s.w.
ad inf. gegeben.
Dann hieße aber,
daß er 6
alle Intervalle
erreicht, daß er sie zu einer bestimmten Zeit
erreicht, der Prozeß also zu einem Ende
kommt, – was der ersten Annahme widerspricht.
Folgert man also daraus, daß er jedes
Intervall erreicht, daß er sie
alle erreicht, so verwendet man das Wort
“erreicht” das zweitemal in ganz anderer
Weise! “Denken wir uns aber nun einen Mann, der im Auswählen aus den Intervallen eine immer größere Übung bekäme, so daß er zur ersten Wahl eine Stunde, zur zweiten eine halbe, zur dritten ein Viertel brauchte, u.s.w. ad inf.¤ Dann würde der ja in zwei Stunden mit der ganzen Arbeit fertig!” Stellen wir uns einmal den Vorgang vor. Das Auswählen bestünde etwa im Aufschreiben des Bruches, also in einer Bewegung der Hand. Diese Bewegung würde nun immer schneller; so schnell sie aber auch wird, so gibt es immer ein letztes Intervall, das in einer bestimmten Zeit von ihr erledigt wird. Die Überlegung unseres || des Einwands beruhte auf der Bildung der Summe 1 +
| 1 |
Denken wir uns nun die Hypothese, jemand werde
unter gewissen Umständen die Ziffern der Zahl
π (etwa im Sechsersystem)
7
würfeln. Diese Hypothese ist also ein
Gesetz, mit dessen Hilfe ich für jeden Wurf die Zahl der
geworfenen Augen ausrechnen kann. Wie aber, wenn
wir die Hypothese dahin modifizierten, daß
jemand unter gewissen Umständen nicht die
Ziffern von π werfen werde!
Sollte das nicht auch einen Sinn haben? Wie aber
kann man je wissen, daß diese Hypothese
richtig ist, da er ja zu jeder gegebenen Zeit
π gemäß
geworfen haben mag und die Hypothese dadurch doch nicht widerlegt
ist. Aber das heißt, doch
eben, daß wir es hier mit einer andern
Art von Hypothese zu tun haben; mit einer Satzart,
für die in ihrer Grammatik keine Falsifikation
vorgesehen ist.
Und es steht mir frei, das “Satz”, oder
“Hypothese”, oder ganz anders zu nennen, wenn
ich will. (π ist kein
Dezimalbruch || Bruch, sondern ein
Gesetz, nach welchem Brüche gebildet
werden.) | 1 |
Die Unendlichkeit der Zeit ist keine Ausdehnung. | 1 |
Wenn wir fragen: “worin besteht die Unendlichkeit
der Zeit”, so wird man uns sagen: “darin,
daß kein Tag der letzte ist,
daß auf jeden Tag wieder ein Tag
folgt”. Hier werden wir aber wieder
verleitet, die Sache durch eine Analogie falsch zu
sehen. Wir vergleichen nämlich etwa die Folge
der Tage mit der Folge von Ereignissen (in der
Zeit) z.B. den Schlägen
einer Uhr. Wir
machen dann manchmal die
Erfahrung, daß 4 Schlägen ein
5ter folgt. Hat es nun auch Sinn, von der Erfahrung
zu reden, daß auf vier Tage ein
fünfter folgt? Und kann man sagen:
“siehst Du, ich habe es Dir vorhergesagt: es wird
auf den vierten noch einer folgen”? So gut
könnte man sagen, es sei eine Erfahrung,
daß auf den vierten gerade der fünfte
folgt und kein andrer.) Wir reden hier aber nicht von
der Vorhersage, es werde die Sonne nach dem vierten Tag sich so
wie bisher bewegen; das ist eine echte
Vorhersage. Nein, in unserm Fall handelt es sich
nicht 641 um eine Vorhersage, kein Ereignis
wird prophezeit, sondern wir sagen etwa:
daß es Sinn hat, in Bezug auf jeden
Sonnenauf-
und Untergang von einem
nächsten zu sprechen. Denn die Bedeutung der
Bezeichnung eines Zeitmaßes ist ja an ein
Geschehnis gebunden: den Umlauf eines Zeigers, die Bewegung der
Erde, etc. etc.; sagen wir aber
“auf jede Stunde folgt eine nächste”, und
haben wir die Stunde etwa durch den Umlauf eines bestimmten Zeigers
(als Paradigma) definiert, so wollen wir mit jeder Aussage
dennoch (doch) nicht prophezeien,
daß sich dieser Zeiger in alle Ewigkeit so
weiter drehen wird; – wir wollen aber sagen:
daß er sich “immer so weiter drehen
kann”; und das ist eben eine Aussage
über die Grammatik unserer Zeitbestimmungen. | 2 |
“Regellose
unendliche Dezimalzahl”. Die
Auffassung ist immer die, als ob wir nur Wörter
unserer Umgangssprache zusammenstellen brauchten, und die
Zusammenstellung hätte damit einen Sinn, den wir jetzt eben
erforschen müßten – wenn er uns
nicht gleich ganz klar sein sollte. Es ist, als
wären die Wörter Ingredienzien einer
chemischen Verbindung, die wir zusammenschütten, sich
miteinander verbinden lassen, und nun
müßten wir eben die Eigenschaften der
(betreffenden) Verbindung
untersuchen. Wer sagte, er verstünde den Ausdruck
“regellose unendliche Dezimalzahl”
nicht, dem würde geantwortet: “das ist nicht
wahr, Du verstehst ihn sehr gut! weist Du nicht, was die
Worte “regellos”, “unendlich” und
“Dezimalzahl” bedeuten?! –
Nun, dann verstehst Du auch ihre Verbindung”.
Und mit dem ‘Verständnis’ ist hier
gemeint, daß er diese Wörter in gewissen
Fällen anzuwenden weiß und etwa eine
Vorstellung mit ihnen verbindet. In
Wirklichkeit tut der, welcher diese Worte zusammenstellt und fragt
“was bedeutet das” etwas ähnliches, wie
die kleinen Kinder, die ein Papier mit regellosen Strichen
bekritzeln, es dem Erwachsenen zeigen und fragen: “was
ist das?” 642 |
“Eine regellose unendliche Dezimalzahl kann man sich
z.B. dadurch erzeugt denken,
daß endlos gewürfelt wird und die Zahl
der Augen jedesmal eine Dezimalstelle ist”.
Aber, wenn endlos gewürfelt wird, kommt ja eben kein
endgültiges Resultat heraus. |
Stellen wir uns vor,
daß ein Mann, der unendlich lange Zeit
gelebt hat, weil er nie geboren wurde, sagt:
“Jetzt schreibe ich die letzte Ziffer von
II hin,
nämlich die 3 Einer.” Er hatte an jedem
Tag seines Lebens eine Ziffer hingeschrieben und niemals damit
angefangen; jetzt ist er fertig geworden. |
“Nur der menschliche Intellekt kann
das nicht erfassen, ein höherer könnte
es!” Gut, dann beschreibe mir die Grammatik
des Ausdrucks “höherer Intellekt”; was kann
ein solcher erfassen und was nicht, und unter welchen
Umständen || in welchem Falle
(der Erfahrung) sage
ich, daß ein Intellekt etwas
erfaßt? Du wirst dann
sehen, daß die Beschreibung des
Erfassens das Erfassen selbst ist. (Vergleiche:
Lösung eines mathematischen Problems.) |
Nehmen wir an, wir würfen
mit einer Münze “Kopf und Adler” und teilen
nun eine Strecke AB nach folgender Regel:
“Kopf” sagt: nimm die linke
Hälfte und teile sie, wie der nächste Wurf
vorschreibt. “Adler”
sagt: nimm die rechte Hälfte etc..
Durch fortgesetztes Würfeln erzeuge ich dann Schnittpunkte,
die sich in einem immer kleineren Intervall
bewegen. Beschreibt es nun die Lage eines
Punktes, wenn ich sage, es solle der sein, dem sich bei
fortgesetztem Würfeln die Schnitte unendlich
nähern? Hier glaubt man etwa einen Punkt bestimmt zu
haben, der einer regellosen unendlichen Dezimalzahl
entspricht. Aber die 643 Beschreibung bestimmt doch
ausdrücklich: keinen Punkt; es sei denn,
daß man sagt, daß
die Worte “Punkt auf dieser Strecke” auch
“einen Punkt bestimmen”. Wir
verwechseln hier die Vorschrift des Würfelns mit der
mathematischen Vorschrift, etwa Dezimalstellen der
√2 zu erzeugen.
Diese mathematischen Vorschriften sind die
Punkte. D.h., es lassen sich
zwischen diesen Vorschriften Beziehungen finden,
die in ihrer Grammatik den Beziehungen
“größer” und
“kleiner” zwischen zwei Strecken analog sind und
daher mit diesen Worten bezeichnet werden. Die
Vorschrift, Stellen der √2 auszurechnen, ist das
Zahlzeichen der irrationalen Zahl selbst; und ich rede hier von
einer “Zahl”, weil ich mit diesen Zeichen
(gewissen Vorschriften zur Bildung von Rationalzahlen)
ähnlich rechnen kann, wie mit den Rationalzahlen
selbst. Will ich also analog sagen, die Vorschrift des
endlosen Halbierens nach Kopf und Adler bestimme einen Punkt, eine
Zahl, so müßte das
heißen, daß diese
Vorschrift als Zahlzeichen, d.h. analog andern
Zahlzeichen, gebraucht werden kann. Das ist aber
natürlich nicht der Fall. Sollte diese
Vorschrift einem Zahlzeichen entsprechen, so höchstens
(sehr entfernt) dem unbestimmten Zahlwort
“einige”, denn sie tut nichts, als eine Zahl offen
zu lassen. Mit einem Wort, ihr entspricht nichts
anderes, als das ursprüngliche Intervall
AB. |
Kann
man den Begriff des “Satzes” festlegen? oder
die allgemeine Form des Gesetzes? – Warum
nicht! Wie man ja auch den Begriff
‘Zahl’ festlegen könnte, etwa durch das Zeichen
“[0,
x,
x + 1]”.
Es steht mir ja frei, nur das Zahl zu nennen; und so steht es
mir auch frei, nur das Zahl zu nennen; und so
steht es mir auch frei, eine analoge Vorschrift zur Bildung von
Sätzen oder Gesetzen zu geben und das Wort
“Satz” oder “Gesetz” als ein
Äquivalent dieser Vorschrift zu
gebrauchen. Wehrt man sich dagegen und sagt, es sei doch
klar, daß damit nur gewisse Gesetze von
andern abgegrenzt worden seien, so antworte ich: Ja, Du
kannst freilich nicht eine Grenze ziehen, wenn Du
von vornherein entschlossen bist, keine anzuerkennen! – 644 Sollen die
“Sätze” den unendlichen logischen Raum
erfüllen, so kann von keiner allgemeinen Satzform die Rede
sein. Es fragt sich dann natürlich: Wie
gebrauchst Du nun das Wort “Satz”? im
Gegensatz wozu? Etwa im Gegensatz zu
“Wort”, “Satzteil”,
“Buchtitel”, “Erzählung”,
etc.. |
“Unendlich kompliziertes Gesetz”,
“unendlich komplizierte
Konstruktion”. (“Es glaubt der Mensch,
wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei auch
etwas denken lassen”.)
“Die Lage aller Primzahlen muß doch irgendwie vorausbestimmt sein. Wir rechnen sie nur sukzessive aus, aber sie sind alle schon bestimmt. Gott kennt sie sozusagen alle. Und dabei scheint es doch möglich, daß sie nicht durch ein Gesetz bestimmt sind. –” – Immer wieder das Bild von der Bedeutung eines Wortes, als einer vollen Kiste, deren Inhalt uns mit ihr und in ihr verpackt gebracht wird, und den wir nur zu untersuchen haben. – Was wissen wir denn von den Primzahlen? Wie ist uns denn dieser Begriff überhaupt gegeben? Treffen wir nicht selbst die Bestimmungen über ihn? Und wie seltsam, daß wir dann annehmen, es müssen Bestimmungen über ihn getroffen sein, die wir nicht getroffen haben. Aber der Fehler ist begreiflich. Denn wir gebrauchen das Wort “Primzahlen” und es lautet ähnlich wie “Kardinalzahlen’, “Quadratzahlen”, “gerade Zahlen”, etc.. So denken wir, es wird sich ähnlich gebrauchen lassen, vergessen aber, daß wir ganz andere – andersartige – Regeln für das Wort “Primzahl” gegeben haben, und kommen nun mit uns selbst in einen seltsamen Konflikt. – Aber wie ist das möglich? die Primzahlen sind doch die uns wohlbekannten Kardinalzahlen, – wie kann man dann sagen, der Begriff der Primzahl sei in anderem Sinne ein Zahlbegriff, als der, der Kardinalzahl? Aber hier spielt uns wieder die Vorstellung einer “unendlichen Extension” als einem Analogon || eines Analogons zu den uns bekannten “endlichen” Extensionen einen Streich. Der Begriff ‘Primzahl’ ist freilich mit Hilfe des Begriffes 645
‘Kardinalzahl’ erklärt, aber nicht
“die Primzahlen” mit Hilfe der
“Kardinalzahlen”; und den Begriff
‘Primzahl’ haben wir in wesentlich
anderer Weise aus dem Begriff ‘Kardinalzahl’
abgeleitet, als, etwa, den
Begriff ‘Quadratzahl’. (Wir
können uns also nicht wundern, wenn er sich anders
benimmt.) Man könnte sich sehr
wohl eine Arithmetik denken, die – sozusagen – beim
Begriff ‘Kardinalzahl’ sich nicht aufhält,
sondern gleich zu dem der Quadratzahl übergeht (diese
Arithmetik wäre natürlich nicht so anzuwenden, wie
die unsere). Aber der Begriff
‘Quadratzahl’ hätte dann nicht den
Charakter, den er in unserer Arithmetik hat;
daß er nämlich wesentlich ein
Teilbegriff sei, daß die Quadratzahlen
wesentlich ein Teil der Kardinalzahlen seien; sondern sie
wären eine komplette Reihe mit einer kompletten
Arithmetik. Und nun denken wir uns dasselbe für
die Primzahlen gemacht! Da
würde es klar, daß diese nun in einem
andern Sinne “Zahlen” seien, als
z.B. die Quadratzahlen; und als die
Kardinalzahlen. |
Hat es einen Sinn, zu sagen: “Ich habe so
viele Schuhe, als eine Wurzel der Gleichung
x³ +
2x ‒ 3 = 0 Einheiten hat”?
Hier könnte es scheinen als hätten wir eine Notation,
der wir es eventuell nicht ansehen können, ob sie Sinn hat
oder nicht. Wenn der Ausdruck “die Wurzel der Gleichung F(x) = 0” eine Beschreibung im Russell'schen Sinne wäre, so hätte der Satz “ich habe n Äpfel und n + 2 = 6” einen andern Sinn, als der: “ich habe 4 Äpfel”. Wir haben in dem ersten Satz ein außerordentlich lehrreiches Beispiel dafür, wie eine Notation auf den ersten Blick einwandfrei erscheinen kann, nämlich so, als verstünden wir sie; und daß wir in Wirklichkeit einen unsinnigen Satz nach Analogie eines sinnvollen gebildet haben und nur glauben, die Regeln des ersteren zu übersehen. So ist “ich habe n Schuhe und n² = 4” ein sinnvoller Satz; aber nicht: “ich habe n Schuhe und n² = 2”. 646 |
Gleichungen sind eine Art von Zahlen.
(D.h. sie können den Zahlen
ähnlich behandelt werden.) |
Die Ausdrücke “die
Kardinalzahlen”, “die reellen
Zahlen” sind außerordentlich
irreführend, außer, wo sie als Teil
einer
Beschreibung || Bestimmung
verwendet werden, wie in: “die Kardinalzahlen von 1
bis 100”, etc.. “Die
Kardinalzahlen” gibt es nicht, sondern nur
“Kardinalzahlen” und den Begriff, die Form,
‘Kardinalzahl’. Nun sagt man:
“die Zahl der Kardinalzahlen ist kleiner, als die der
reellen Zahlen” und denkt sich, man könnte die beiden
Reihen etwa nebeneinander schreiben (wenn wir nicht schwache
Menschen wären) und dann würde die eine im Endlosen
enden, während die andere ins
Wirklich-Unendliche über sie
hinaus liefe.
Aber das ist alles Unsinn. Wenn von einer
Beziehung, die man nach Analogie
“größer” und
“kleiner” nennen kann, die Rede sein kann,
dann nur, zwischen den Formen
‘Kardinalzahl’ und ‘reelle
Zahl’. Was eine Reihe ist, erfahre ich dadurch,
daß man es mir erklärt und nur
soweit, als man es erklärt. Eine endliche Reihe
wurde mir durch Beispiele der Art 1, 2, 3, 4 erklärt, eine
endlose durch Zeichen der Art “1, 2, 3, 4,
u.s.w.” oder “1, 2, 3,
4 …”. |
Der Konflikt, in welchem wir uns in logischen Betrachtungen
immer wieder befinden, ist wie der Konflikt zweier Personen, die
miteinander einen Vertrag abgeschlossen haben, dessen letzte
Formulierungen in leicht mißdeutbaren
Worten niedergelegt sind, wogegen die Erläuterungen
zu diesen Formulierungen alles in
unmißverständlicher Weise
erklären. Die eine der beiden Personen nun hat ein
kurzes Gedächtnis, vergißt die
Erläuterungen immer wieder,
mißdeutet die Bestimmungen des Vertrages und
kommt || gerät daher
fortwährend in Schwierigkeiten. Die andere
muß immer von frischem an die
Erläuterungen im Vertrag erinnern und die Schwierigkeit
wegräumen. 647 |
Man kann
sagen, daß die Eigenschaften einer
bestimmten Zahl nicht vorauszusehen sind. Man sieht
sie erst, wenn man zu ihr kommt. Das Allgemeine ist die Wiederholung einer Operation. Jedes Stadium dieser Wiederholung hat seine Individualität. Nun ist es nicht etwa so, daß ich durch die Operation von einer Individualität zur andern fortschreite. So daß die Operation das Mittel wäre, um von einer zur andern zu kommen. Gleichsam das Vehikel, das bei jeder Zahl anhält, die man nun betrachten kann. Sondern die dreimalige || dreimal iterierte Operation +1 erzeugt und ist die Zahl drei. (Im Kalkül sind Prozeß und Resultat einander äquivalent.) Ehe ich aber nun von “allen diesen Individualitäten”, oder “der Gesamtheit dieser Individualitäten” sprechen wollte, müßte, ich mir gut überlegen, welche Bestimmungen ich in diesem Falle für den Gebrauch der Worte “alle” und “Gesamtheit” gelten lassen will. |
Wie unterscheidet sich ein
unendlich kompliziertes Gesetz vom Fehlen eines Gesetzes?
|
(Vergessen wir
nicht: Die Überlegungen der
Mathematiker über das Unendliche sind doch lauter endliche
Überlegungen. Womit ich nur
meine, daß sie ein Ende haben.)
|
“Angenommen, ich
schneide eine Strecke dort, wo kein rationaler Punkt (keine
rationale Zahl) ist”. Aber kann man denn
das? Von was für Strecken sprichst Du? – “Aber, wenn meine
Meßinstrumente fein genug wären,
so könnte ich
¤ mich doch
durch fortgesetzte Bisektionen einem gewissen Punkt unbegrenzt
nähern.” – Nein, denn ich könnte ja
eben niemals 648 erfahren, ob mein Punkt ein solcher
ist. Meine Erfahrung wird immer nur sein,
daß ich ihn bis jetzt nicht erreicht
habe. “Aber wenn ich nun mit einem absolut
genauen Reißzeug die Konstruktion der
√2 durchgeführt
hätte und mich nun dem erhaltenen
Punkt durch Bisektion nähere, dann
weiß ich doch,
daß dieser Prozeß
den konstruierten Punkt niemals erreichen wird.”
– Aber das wäre doch sonderbar, wenn so die eine
Konstruktion der andern sozusagen etwas vorschreiben
könnte! Und so ist es ja auch
nicht. Es ist sehr leicht möglich,
daß ich bei der ‘genauen’
Konstruktion der √2 zu einem
Punkt komme, den die Bisektion, sagen wir nach 100 Stufen,
erreicht; – aber dann werden wir sagen: unser Raum ist
nicht euklidisch. – |
Der “Schnitt in einem
irrationalen Punkt” ist ein Bild, und ein
irreführendes Bild. |
Sind durch den Schnitt einer Strecke die Resultate aller
Bisektionen, die sich dem Schnittpunkt nähern sollen,
vorausbestimmt? Nein. |
In dem vorigen Beispiel, in dem ich mich bei
der sukzessiven Einschränkung eines
Intervalls durch Bisektionen einer Strecke von den
Ergebnissen des Würfelns leiten ließ,
hätte ich ebensowohl das Anschreiben eines Dezimalbruchs von
Würfeln leiten lassen können. So bestimmt
auch die Beschreibung “endloser Vorgang des Wählens
zwischen 1 und 0” beim Anschreiben eines Dezimalbruches
kein Gesetz. Man möchte etwa sagen: Die
Vorschrift des endlosen Wählens zwischen 0 und 1 in diesem Falle
könnte durch ein Symbol
“0,
649 die aus ihm entnehmbare
Gesetzmäßigkeit. Aus
“0,
|
Es gibt
unendlich viele Kardinalzahlen, weil wir dieses
unendliche System konstruieren und es das der Kardinalzahlen
nennen. Es gibt auch ein Zahlensystem
“1, 2, 3, 4, 5, viele”
und auch eines: “1, 2, 3, 4, 5,”.
Und warum sollte ich das nicht auch ein System von
Kardinalzahlen nennen? (und also ein
endliches). |
Wenn man wissen will, was der Ausdruck “das Maximum
einer Kurve” bedeutet, so frage man sich: wie findet
man es? – Was anders gefunden wird, ist etwas
anderes. Man definiert es als den Punkt der Kurve, der
höher liegt als alle andern, und hat dabei wieder die Idee,
daß es nur unsere menschliche
Schwäche ist, die uns verhindert, alle Punkte der Kurve
einzeln durchzugehen und den höchsten unter ihnen
auszuwählen. Und dies führt zu der Meinung,
daß der höchste Punkt unter
einer endlichen Anzahl von Punkten wesentlich dasselbe ist, wie der
höchste Punkt einer Kurve, und das man hier eben auf zwei
verschiedene Methoden das Gleiche findet, wie man auf verschiedene
Weise feststellt, daß jemand im Nebenzimmer
ist: anders etwa, wenn die Tür geschlossen ist und
wir zu schwach sind, sie zu öffnen, und anders, wenn wir
hinein können. Aber, wie gesagt, menschliche
Schwäche liegt dort nicht vor, wo die scheinbare Beschreibung der
Handlung “die wir nicht ausführen
können” sinnlos ist. Es würde freilich
nichts schaden, ja sehr interessant sein, die Analogie zwischen dem
Maximum einer Kurve und dem Maximum (in anderm Sinne) einer
Klasse von Punkten zu sehen, so lange uns die Analogie nicht das
Vorurteil eingibt, es liege im Grunde beide Male dasselbe
vor. 742 |
Es ist der
gleiche Fehler unserer Syntax, der den
geometrischen Satz “die Strecke
läßt sich durch einen Punkt in zwei
Teile teilen” als die gleiche Form darstellt, wie den
Satz: “die Strecke ist unbegrenzt
teilbar”; so daß man scheinbar in
beiden Fällen sagen kann: “nehmen wir an, die
mögliche Teilung sei ausgeführt ||
vollzogen”. “In zwei
Teile teilbar” und “unbegrenzt teilbar”
haben eine gänzlich verschiedene Grammatik. Man
operiert fälschlich mit dem Worte “unendlich”,
wie mit einem Zahlwort; weil beide in der Umgangssprache auf die
Frage “wieviele …” zur Antwort
kommen. |
“Das Maximum ist doch aber höher, als jeder
beliebige andre Punkt der Kurve.” Aber die
Kurve besteht ja nicht aus Punkten, sondern ist ein Gesetz, dem
Punkte gehorchen. Oder auch: ein Gesetz, nach dem
Punkte konstruiert werden können. Wenn man nun
fragt: “welche Punkte”, – so kann ich
nur sagen: “nun, z.B., die Punkte
P, Q, R, etc.”. Und es ist
einerseits so, daß keine Anzahl von
Punkten gegeben werden kann, von denen man sagen könnte,
sie seien alle Punkte, die auf der Kurve liegen,
daß man anderseits auch nicht von einer
solchen Gesamtheit von Punkten reden kann, die nur wir Menschen
nicht aufzählen können, die sich aber beschreiben
läßt und die man die Gesamtheit aller
Punkte der Kurve nennen könnte, – eine Gesamtheit die
für uns Menschen zu groß
wäre. Es gibt ein Gesetz einerseits und Punkte auf
der Kurve anderseits – aber nicht
““alle Punkte der
Kurve”. Das Maximum liegt höher als irgend
welche Punkte der Kurve, die man etwa konstruiert, aber nicht
höher als eine Gesamtheit von Punkten; es sei denn,
daß das Kriterium hiervon, und also der
Sinn dieser Aussage, wieder nur die Konstruktion aus dem Gesetz
der Kurve ist. |
Das Gewebe der Irrtümer auf diesem Gebiet ist
natürlich ein sehr kompliziertes. Es tritt
z.B. noch die Verwechslung zweier 743 verschiedener
Bedeutungen des Wortes “Art” hinzu. Man
gibt nämlich zu, daß die unendlichen
Zahlen eine andre Art Zahlen sind, als die endlichen,
aber man mißversteht nun, worin hier der
Unterschied verschiedener Arten besteht.
Daß es sich nämlich hier nicht um die
Unterscheidung von Gegenständen nach ihren Eigenschaften
handelt, wie wenn man rote Äpfel von gelben
unterscheidet, sondern um verschiedene logische Formen. –
So versucht Dedekind
eine unendliche Klasse zu beschreiben; indem er
sagt, es sei eine, die einer echten Teilklasse ihrer selbst
ähnlich ist.
Hierdurch hat er scheinbar eine
Eigenschaft angegeben, die die Klasse haben
muß, um unter den Begriff
‘unendliche Klasse’ zu fallen.
(Frege.)
Denken wir uns nun die Anwendung dieser || der Definition. Ich soll
also in einem bestimmten Fall untersuchen, ob eine Klasse endlich
ist oder nicht, etwa ob eine bestimmte Baumreihe endlich oder
endlos ist. Ich nehme also, der Definition folgend, eine
Teilklasse dieser Baumreihe und untersuche, ob sie der ganzen
Klasse ähnlich (d.h.
1–1 koordinierbar) ist!
(Hier fängt gleichsam schon Alles an zu
lachen.) Das heißt ja gar
nichts: denn, nehme ich eine “endliche
Klasse” als Teilklasse, so muß ja
der Versuch, sie der ganzen Klasse 1 zu 1 zuzuordnen eo
ipso mißlingen; und mache ich den Versuch
an einer unendlichen Teilklasse, ‒ ‒ ‒ aber das
heißt ja schon erst recht nichts, denn, wenn
sie unendlich ist, kann ich den Versuch dieser Zuordnung gar nicht
machen. – Das, was man im Fall
einer endlichen Klasse ‘Zuordnung
aller ihrer Glieder mit andern’ nennt, ist etwas ganz
anderes, als das, was man z.B. eine
Zuordnung aller Kardinalzahlen mit allen Rationalzahlen
nennt. Die beiden Zuordnungen, oder, was man in den
zwei Fällen mit diesem Wort bezeichnet, gehören
verschiedenen logischen Kategorien || Typen an. Und es ist nicht
die “unendliche Klasse” eine Klasse, die mehr
Glieder im gewöhnlichen Sinn des Wortes
“mehr” enthält, als die endlichen.
Und wenn man sagt, daß eine
unendliche Zahl größer ist, als
eine endliche, so macht das die beiden nicht vergleichbar, weil in
dieser Aussage das Wort
“größer” eine
andere Bedeutung hat, als etwa im Satz “5
größer als 4”. 652 |
Die
Definition gibt nämlich vor,
daß aus dem Gelingen oder
Mißlingen des Versuchs, eine wirkliche
Teilklasse der ganzen Klasse zuzuordnen, hervorgeht,
daß sie unendlich
bezw. endlich ist. Während
es einen solchen entscheidenden Versuch gar nicht gibt. – ‘Unendliche Klasse’ und
‘endliche Klasse’ sind verschiedene logische
Kategorien; was von der einen
Kategorie sinnvoll ausgesagt werden
kann, kann es nicht von der andern. |
“Welches Kriterium gibt es
dafür, daß die irrationalen
Zahlen komplett sind? Sehen wir uns eine irrationale Zahl
an: Sie läuft entlang einer Reihe rationaler
Näherungswerte. Wann
verläßt sie diese Reihe?
Niemals. Aber sie kommt allerdings auch niemals zu einem
Ende. Angenommen, wir hätten die Gesamtheit aller rationalen || irrationalen Zahlen mit Ausnahme einer einzigen. Wie würde uns diese abgehen? Und wie würde sie nun – wenn sie dazukäme, die Lücke füllen? – Angenommen, es wäre π. Wenn die irrationale Zahl durch die Gesamtheit ihrer Näherungswerte gegeben ist, so gäbe es bis zu jedem beliebigen Punkt eine Reihe, die mit der von π übereinstimmt. Allerdings kommt für jede solche Reihe ein Punkt der Trennung. Aber dieser Punkt kann beliebig weit “draußen” liegen, so daß ich zu jeder Reihe, die π begleitet, eine finden kann, die es weiter begleitet. Wenn ich also die Gesamtheit der irrationalen Zahlen habe, außer π, und nun π einsetze, so kann ich keinen Punkt angeben, an dem π nun wirklich nötig wird, es hat an jedem Punkt einen Begleiter, der es vom Anfang an begleitet. Auf die Frage “wie würde uns π abgehen”, müßte man antworten: π, wenn es eine Extension wäre, würde uns niemals abgehen. D.h., wir könnten niemals eine Lücke bemerken, die es füllt. Wenn man uns fragte: “aber hast Du auch einen unendlichen Dezimalbruch, der die Ziffer m an der r-ten Stelle hat und n an der s-ten, etc.?” – wir könnten ihm immer dienen.) 754 |
“Die
gesetzmäßig fortschreitenden unendlichen
Dezimalbrüche sind noch ergänzungsbedürftig
durch eine unendliche Menge ungeordneter ||
regelloser unendlicher Dezimalbrüche, die
‘unter den Tisch fielen’, wenn wir uns auf
die gesetzmäßig erzeugten
beschränkten.” Wo ist so ein
nicht gesetzmäßig erzeugter
unendlicher Dezimalbruch? Und wie können wir ihn
vermissen? Wo ist die Lücke, die er
auszufüllen hätte? |
Wie ist es, wenn man die verschiedenen
Gesetze der Bildung von Dualbrüchen durch die Menge der
endlichen Kombinationen der Ziffern 0 und 1 sozusagen
kontrolliert? – Die Resultate eines Gesetzes
durchlaufen die endlichen Kombinationen und die Gesetze sind
daher, was ihre Extensionen anlangt, komplett, wenn
alle endlichen Kombinationen durchlaufen
werden. |
Wenn man
sagt: Zwei Gesetze sind identisch, wenn sie
auf jeder Stufe das gleiche Resultat ergeben, so erscheint uns das wie
eine ganz allgemeine Regel. In Wirklichkeit aber hat
dieser Satz verschiedenen Sinn, je nachdem was das Kriterium
dafür ist, daß sie auf jeder Stufe
das gleiche Resultat liefern. (Denn die supponierte
allgemein anwendbare Methode des endlosen Probierens gibt es ja
nicht! Wir decken also die verschiedensten
Bedeutungen mit einer, von einer Analogie hergenommenen, Redeweise
und glauben nun, wir hätten die verschiedensten Fälle in
einem System vereinigt. |
(Die Vorschriften ||
Gesetze, die den irrationalen Zahlen
entsprechen, gehören insofern alle der gleichen Type an, als
sie alle schließlich Vorschriften zur
sukzessiven Erzeugung von Dezimalbrüchen
654 sein müssen.
Die gemeinsame Dezimalnotation bedingt in gewissem Sinne,
eine gemeinsame Type.) Man könnte das auch so sagen: Beim Approximieren durch fortgesetzte Zweiteilung kann man sich jedem Punkt der Strecke durch rationale Zahlen nähern. Es gibt keinen Punkt, dem man sich nur durch irrationale Schritte einer bestimmten Type nähern könnte. Dies ist natürlich nur, in andere Worte gekleidet, die Erklärung, daß wir unter irrationaler Zahl einen unendlichen Dezimalbruch verstehen. Und diese Erklärung wieder ist weiter nichts, als eine beiläufige Erklärung der Dezimalnotation, etwa mit einer Andeutung, daß wir Gesetze unterscheiden, die periodische Dezimalbrüche liefern und andere. |
Die
Mengenlehre sucht das Unendliche auf eine allgemeinere Art zu
fassen, als es die Untersuchung der Gesetze der reellen Zahlen
kann. Sie sagt, daß das wirklich
Unendliche mit dem mathematischen Symbolismus überhaupt nicht
zu fassen ist, und daß es also nur
beschrieben, und nicht dargestellt werden kann.
Die Beschreibung würde es etwa so erfassen, wie man eine
Menge von Dingen, die man nicht alle in der Hand halten kann, in
einer Kiste verpackt trägt. Sie sind dann unsichtbar,
und doch wissen wir, daß wir sie tragen
(gleichsam indirekt). Man könnte von dieser
Theorie sagen, sie kaufe die Katze im Sack. Soll
sich's das Unendliche in seine Kiste einrichten, wie
es will. Darauf beruht auch die Idee, daß man logische Formen beschreiben kann. In so einer Beschreibung werden die Strukturen und etwa zuordnende Relationen in verpacktem Zustand präsentiert || gezeigt || … werden uns die Strukturen in einer Verpackung gezeigt, die ihre Form unkenntlich macht und so sieht es aus, als könne man von einer Struktur reden, ohne sie in der Sprache selber wiederzugeben. So verpackte Begriffe dürfen wir allerdings verwenden, aber unsere Zeichen haben ihre Bedeutung dann über 655 Definitionen, die eben die
Begriffe || Strukturen
so verhüllt haben; und gehen wir diesen Definitionen nach, so
werden die Strukturen wieder enthüllt.
(Vergl.
Russells
Definition von “Rx”.)
|
Es geht, sozusagen, die
Logik nichts an, wieviele Äpfel
vorhanden sind, wenn von “allen
Äpfeln” geredet wird; dagegen
ist es anders mit den Zahlen: für die ist sie einzeln
verantwortlich. |
“Es gibt einen Punkt, in dem die beiden Kurven
einander schneiden”. Wie weißt Du
das? Wenn Du es mir sagst, werde ich wissen, was der
Satz “es gibt …” für einen Sinn
hat. |
Wenn in den
Diskussionen über die Beweisbarkeit der mathematischen
Sätze gesagt wird, es gäbe wesentlich Sätze der
Mathematik, deren Wahrheit oder Falschheit unentschieden bleiben
müsse, so bedenken ||
wissen, die es sagen, nicht,
daß solche Sätze, wenn wir
sie gebrauchen können und “Sätze”
nennen wollen, ganz andere Gebilde sind, als was sonst
“Satz” genannt wird: denn der Beweis
ändert die Grammatik des Satzes. Man kann wohl ein
und dasselbe Brett einmal als Windfahne, ein andermal als Wegweiser
verwenden; aber das feststehende nicht als Windfahne und das
bewegliche nicht als Wegweiser. Wollte jemand sagen
“es gibt auch bewegliche Wegweiser”, so
würde ich ihm antworten: “Du willst wohl sagen,
‘es gibt auch bewegliche Bretter’; und
ich sage nicht, daß das bewegliche Brett
unmöglich irgendwie verwendet werden kann, – nur nicht
als Wegweiser”. Das Wort “Satz”, wenn es hier überhaupt Bedeutung haben soll, ist äquivalent einem Kalkül und zwar jedenfalls dem, in welchem p¤ ⌵ ¤ nonp = Taut. ist (das “Gesetz des ausgeschlossenen Dritten” gilt). Soll es nicht 656 gelten, so haben wir den Begriff des
Satzes geändert. Aber wir haben damit keine
Entdeckung gemacht (etwas gefunden, das ein Satz ist, und
dem und dem Gesetz nicht gehorcht); sondern eine neue
Festsetzung getroffen, ein neues Spiel angegeben. |
“Wenn ich die Zahlenreihe
durchlaufe, so komme ich entweder einmal zu einer Zahl von der
Eigenschaft P, oder
niemals.” Der Ausdruck “die
Zahlenreihe durchlaufen” ist Unsinn;
außer es wird ihm ein Sinn
gegeben, der aber die vermutete Analogie
mit dem “durchlaufen der Zahlen von 1 bis 100”
aufhebt. |
Sind die
Variablen von derselben Art in den
Gleichungen: x² + y² + 2xy = (x + y)² x² + 3x + 2 = 0 x² + ax + b = 0 x² + xy + z = 0 ? Das kommt auf die Verwendung dieser Gleichungen an. – Aber der Unterschied zwischen № 1 und № 2 (wie sie gewöhnlich gebraucht werden) ist nicht einer der Extension der Werte, die sie befriedigen. Wie beweist Du den Satz “№ 1 gilt für alle Werte von x und y” und wie den Satz “es gibt Werte von x, die № 2 befriedigen”? So viel Analogie in diesen Beweisen ist, soviel Analogie ist im Sinn der beiden Sätze. |
“A ist mein Ahne” das
heißt: “A ist mein
Vater, oder der Vater meines Vaters, oder der Vater des Vaters
meines Vaters, oder
u.s.w.”. Wohl, aber
dadurch haben wir nur ein Satzzeichen für ein
anderes gesetzt, den Sinn aber noch nicht bestimmt,
denn wir haben ihn ja nicht – wie es leicht scheint – auf
den uns bekannten Sinn einer logischen 657 Summe zurückgeführt. – Ich werde also weiter fragen: “Wie
weiß man, das,
daß A ein Ahne des B
ist?” denn das heißt:
“in welchen Fällen will ich sagen, A sei ein
Ahne des B”, oder auch: “was verstehe
ich unter einem ‘Ahnen des
B’”. Nenne ich so Jeden der
eine bestimmte Eigenschaft hat, die unserer Erfahrung nach in der
Familie des B erblich ist? Wenn das die
Definition ist, so kann ich etwa von einem Menschen
feststellen, daß er kein
Ahne des B ist. Oder aber, ist der Satz so
aufzufassen, daß es eine || die Feststellung,
daß Einer kein Ahne des B
ist, nicht gibt (daß diese Feststellung
also in unserer Grammatik nicht vorgesehen wurde), sondern nur
die, daß jemand Ahne des B ist:
dann aber haben wir es mit einer ganz andern Satzart zu tun, als im
ersten Fall. (Erinnere Dich übrigens daran,
daß unter den Eigenschaften, die in der
Familie des B erblich sind, natürlich nicht die sein
darf, ‘ein Ahne des B, oder B, zu
sein’ und vergleiche Russells Definition von “Rx”.)
|
Aber kann ich nicht von
einer Gleichung sagen: “Ich
weiß, sie stimmt für einige
Substitutionen nicht – ich erinnere mich nicht, für
welche – ; ob sie aber allgemein nicht stimmt, das
weiß ich nicht? – Aber
was meinst Du damit, wenn Du sagst, Du weißt
das? Wie weißt Du
es? Hinter den Worten “ich
weiß … ” ist ja nicht ein
bestimmter Geisteszustand, der der Sinn
der || dieser Worte wäre. Was
kannst Du mit diesem Wissen anfangen? denn das wird zeigen,
worin dieses Wissen besteht. Kennst Du eine Methode, um
festzustellen, daß die Gleichung allgemein
ungiltig ist? Erinnerst Du Dich daran,
daß die Gleichung für einige Werte von
x zwischen 0 und 1000 nicht
stimmt? Hat Dir jemand bloß die
Gleichung gezeigt und gesagt, er habe Werte für
x
gefunden, die die Gleichung nicht befriedigen, und
weißt Du vielleicht selbst nicht, wie man
dies für einen gegebenen Wert konstruiert?
etc. etc.. 658 |
Die Ausdrucksweise: m = 2n ordne eine Klasse
einer ihrer echten Teilklassen ||
Subklassen zu, kleidet einen
einfachen || trivialen
Sinn durch Heranziehung einer irreführenden
Analogie in eine paradoxe Form. (Und statt sich
dieser paradoxen Form als etwas Lächerlichem zu
schämen, brüstet man sich eines Sieges über alle
Vorurteile des Verstandes.) Es ist genau so, als
stieße man die Regeln des Schach um und
sagte, es habe sich gezeigt, daß man
Schach auch ganz anders spielen könne. So verwechselt
man erst das Wort “Zahl” mit einem Begriffswort
wie “Apfel”, spricht dann von einer
“Anzahl der Anzahlen” und sieht nicht,
daß man in diesem Ausdruck nicht beidemal
das gleiche Wort “Anzahl” gebrauchen sollte; und
endlich hält man es für eine Entdeckung,
daß die Anzahl der geraden Zahlen die
gleiche ist wie die der geraden und ungeraden. |
Weniger irreführend ist es, zu
sagen “m = 2n gibt die
Möglichkeit der Zuordnung jeder Zahl mit einer andern”,
als “m = 2n ordnet alle
Zahlen anderen zu”. Aber auch hier
muß erst die Grammatik die Bedeutung
des Ausdrucks “Möglichkeit der Zuordnung”
lehren. |
Wenn
2 || zwei Pfeile in derselben Richtung zeigen, ist es
dann nicht absurd, diese Richtungen “gleich
lang” zu nennen, weil, was in der Richtung
des einen Pfeiles liegt, auch in der des andern
liegt? – Die
Allgemeinheit von m = 2n ist ein Pfeil, der der
Operationsreihe entlang weist. Und zwar kann man
sagen, der Pfeil weist in's Unendliche; aber
heißt das, daß es
ein Etwas, das Unendliche, gibt, auf das er – wie
auf ein Ding – hinweist? – Der Pfeil
bezeichnet gleichsam die Möglichkeit der Lage von Dingen in
seiner Richtung. Das Wort
“Möglichkeit” ist aber irreführend,
denn, was möglich ist, wird man sagen, soll eben nun wirklich
werden. Auch denkt man dabei immer an zeitliche Prozesse
und schließt 659 daraus,
daß die Mathematik nichts mit der Zeit zu tun
hat, daß die Möglichkeit in ihr
bereits Wirklichkeit ist. Die “unendliche Reihe der Kardinalzahlen” oder “der Begriff der Kardinalzahl” ist nur so eine Möglichkeit, – wie aus dem Symbol “[0, x, x + 1]” klar hervorgeht. Dieses Symbol selbst ist ein Pfeil, dessen Feder die “0”, dessen Spitze “x + 1” ist. Es ist möglich, von Dingen zu reden, die in der Richtung des Pfeils liegen, aber irreführend oder absurd, von allen möglichen Lagen der Dinge in der Pfeilrichtung als einem Äquivalent dieser Richtung selbst zu reden. Wenn ein Scheinwerfer Licht in den unendlichen Raum wirft, so beleuchtet er allerdings alles, was in der Richtung seiner Strahlen liegt, aber man soll nicht sagen, er beleuchtet die Unendlichkeit. |
Die Mengenlehre, wenn sie sich auf
die menschliche Unmöglichkeit eines direkten Symbolismus des
Unendlichen beruft, führt dadurch die denkbar krasseste
Mißdeutung ihres eigenen Kalküls
ein. Es ist freilich eben diese
Mißdeutung, die für die Erfindung dieses
Kalküls verantwortlich ist. Aber der
Kalkül an sich ist natürlich dadurch nicht als etwas
Falsches erwiesen (höchstens als etwas Uninteressantes),
und es ist sonderbar, zu glauben, daß
dieser Teil der Mathematik durch irgend welche
philosophische (oder mathematische) Untersuchungen
gefährdet ist. (Ebenso könnte das
Schachspiel durch die Entdeckung gefährdet werden,
daß sich Kriege zwischen zwei Armeen
nicht so abspielen, wie der Kampf auf dem
Schachbrett.) Was der Mengenlehre verloren gehen
muß, ist vielmehr die Atmosphäre von
Gedankennebeln, die den bloßen
Kalkül umgibt. Also die Hinweise auf einen, der
Mengenlehre zugrunde liegenden, fiktiven Symbolismus, der nicht zu
ihrem Kalkül verwendet wird, und dessen scheinbare
Beschreibung in Wirklichkeit Unsinn ist. (In der
Mathematik können || dürfen
wir alles fingieren, nur nicht einen Teil unseres
Kalküls.) 14 84 | 1 |
Verschiedene Verwendung des Wortes
“können” in den Sätzen:
“in dieser Richtung können 3 Dinge liegen” und
“in dieser Richtung können unendlich viele Dingen
liegen”. Welchen Sinn,
d.h. welche Grammatik, könnte nun so
eine Ausdrucksweise haben? Man könnte
z.B. sagen: “in der
natürlichen Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, … können auf
die “1” unendlich viele Ziffern folgen”;
das heißt dasselbe wie: “die
Operation +1 darf immer wieder
(oder: ohne Ende) gebraucht werden. Wenn also
z.B. Einer nach der Ziffer 100 die Ziffer
100 + 1
anschreibt. so hat er nach jener Regel das Recht dazu.
Dagegen hat es hier keinen Sinn, zu sagen: “wenn es
erlaubt ist unendlich viele Ziffern hinzuschreiben, so
schreiben wir unendlich viele Ziffern hin (oder versuchen
es)!” – Ich würde, den, der
das sagt, darauf hinweisen, daß
“unendlichviele” nicht als
Zahlwort gebraucht ist; daß es nicht
in die Form “ich schreibe n Ziffern” statt dem
n
eingesetzt werden darf. Daß
also, was ich erlaube, nicht ist,
eine bestimmte Anzahl von Ziffern hinzuschreiben
(nämlich eine Anzahl, die etwa
“unendlichviele”
hieße, denn so habe ich keine der Ziffern
genannt), sondern: daß man in dem
Anschreiben von Ziffern nach der gegebenen Regel soweit gehen darf,
als man will, wie weit das auch sein mag. Ich darf dann
natürlich auch nicht sagen: “ich kann in dem
Anschreiben der Ziffern soweit gehn, als ich will, aber nicht
bis zur Anzahl Unendlich”, weil ja von so einer Ziffer
“unendlich” gar keine
Rede ist (da ich keine solche eingeführt
habe). “Es können … unendlich
viele Ziffern folgen” könnte also besser gesagt
werden: “Es können … unendlich
Ziffern folgen”. “Unendlich”
wird hier also adverbial gebraucht.
Analog, wenn ich sage, eine Division erzeugt einen unendlichen Dezimalbruch, so gibt es nicht ein Resultat der Division, das “unendlicher Dezimalbruch” heißt, in dem Sinn, in welchem die Zahl 0,142 ein Resultat von 1 : 7 ist. Die Division liefert nicht als Endresultat eine Dezimalzahl, oder eine Anzahl von Dezimalzahlen – vielmehr kann man nicht von “ihrem Endresultat” reden; und sie liefert endlos Dezimalbrüche; nicht 15
“einen endlosen Dezimalbruch”.
“Endlos” wird adverbial
gebraucht. Denken wir uns nun folgenden Fall: Ich hätte eine besondere Art Würfel konstruiert und würde nun voraussagen: “ich werde mit diesem Würfel die Stellen von π würfeln”. Diese Aussage ist von anderer Form, als die scheinbar analoge: “ich werde mit diesem Würfel die ersten 10 Stellen von π würfeln”. Denn im zweiten Fall gibt es einen Satz “ich werde in einer Stunde die ersten 10 Stellen von π gewürfelt haben”, während dieser Satz unsinnig (nicht falsch) wird, wenn ich in ihm statt “die ersten 10 Stellen” “die Stellen” setze. Würde ich nun sagen: “es ist möglich, mit einem Würfel unendlich oft zu würfeln”, so könnte das heißen “es ist jede beliebige Anzahl von Würfen möglich, denkbar” und nicht, es sei eine bestimmte Anzahl von Würfen denkbar, die “unendlich” hieße. “Unendlich oft” hieße “beliebig oft”, und zu sagen: “wenn Du unendlich oft würfeln kannst, so tue es”, hieße: “wenn Du beliebig oft werfen kannst, so tue es”. (Diener: “Und wann pflegen der Herr Baron zu speisen?” – Neuer Reicher: “Ich speise, wann vornehme Herren speisen”. – Diener: “Vornehme Herren speisen zu verschiedenen Zeiten”. – Neuer Reicher: “So werde ich auch zu verschiedenen Zeiten speisen”.) Im Satz “es ist jede beliebige Anzahl von Würfen möglich” kann “möglich” soviel heißen wie “logisch möglich” (“denkbar”) und dann ist der Satz || ist er eine Regel, kein Erfahrungssatz, und von analoger Art, wie die Regel: “auf 1 können endlos Ziffern folgen”. Wir könnten ihn aber auch als eine Art Hypothese, für welche keine Verifikation vorgesehen ist, aber eine Falsifikation, und er wäre also ein Satz von andrer Art (‘Satz’ in einem andern Sinne) als der Erfahrungssatz: “es sind mit diesem Würfel 3 Würfe möglich”. Dieser – im Gegensatz zu der Regel “es sind 3 Würfe denkbar” – würde etwa sagen: “der Würfel wird nach 3 Würfen noch brauchbar sein”; die Hypothese “es sind mit diesem Würfel unendlich viele Würfe möglich” würde sagen: “so oft man auch würfelt, dieser Würfel wird nicht abgenützt werden”. Daß diese Sätze 662 von verschiedener Art
sind, sieht man sehr klar, wenn man an den unsinnigen Befehl
“würfle unendlich oft” oder
“würfle ad infinitum” denkt, im
Gegensatz zum sinnvollen: “würfle
3mal”. Denn für den Befehl
ist die Kontrolle seiner Ausführung
wesentlich. |
Damit, daß gesagt wird,
daß aus der unendlichen
Hypothese “(n):(∃nx).fx”
(wie ich sie, der Kürze wegen, jetzt schreiben will)
jeder beliebige Satz (∃nx).fx
folgt und sie selbst aus keinem logischen Produkt dieser
Sätze, ist natürlich noch gar nichts über den
weiteren Gebrauch dieses Spiels gesagt. |
Vergleichen wir die Sätze:
“ich richte meine Handlungsweise darauf ein,
daß dieser Zustand noch 2 Jahre dauern
wird” und “ich richte meine
Handlungsweise || mich darauf ein,
daß dieser Zustand ewig dauern
wird”. – Hat der Satz Sinn:
“ich glaube (oder erwarte, oder hoffe),
daß es die unendliche Zeit hindurch so
bleiben wird”? – Man kann sagen: “ich mache || treffe Vorbereitungen für die nächsten 3 Tage”, oder 10 Jahre, etc., und auch “ich mache || treffe Vorbereitungen auf unbestimmte Zeit”; – aber auch: “auf unendliche Zeit”? Wenn ich “Vorbereitungen auf unbestimmte Zeit treffe”, dann läßt sich gewiß ein Zeitraum angeben, für den ich jedenfalls keine Vorbereitungen mehr mache || treffe. D.h., aus dem Satz “ich mache || treffe Vorbereitungen für unbestimmte Zeit” folgt nicht jeder beliebige Satz von der Form: “ich mache || treffe Vorbereitungen für n Jahre”. Denken wir gar an den Satz: “ich vermute, daß dieser Zustand ohne Ende andauern || so weitergehen wird”! Oder an den komischen Klang der Widerlegung: “Du hast gesagt, dieses Uhrwerk werde immer so weitergehen, – nun, es steht jetzt schon”. Wir fühlen, daß ja doch auch jede endliche Vorhersage einer zu langen Gangdauer durch die Tatsache widerlegt wäre, und die Widerlegung daher in irgend 11
einem
Sinn mit der Behauptung inkommensurabel sei. – Es ist
nämlich Unsinn, zu sagen: “das Uhrwerk ist
nicht unendlich weiter gelaufen, sondern nach 10 Jahren stehen
geblieben” (oder, noch komischer:
“…, sondern schon nach 10 Jahren stehen
geblieben”). Wie seltsam, wenn man sagte: “Es gehört große Kühnheit dazu, etwas auf 100 Jahre vorauszusagen; – aber welche Kühnheit muß dazu gehören, um etwas auf unendliche Zeit vorauszusagen, wie es Newton im Trägheitsgesetz getan hat!” Ich glaube, das wird immer so weiter gehen”. – “Ist es nicht genug (for all practical purposes), wenn Du sagst, Du glaubst, es werde noch 10000 Jahre so weiter gehen?” – Wir müssen nämlich fragen: kann es Gründe zu diesem Glauben geben? Welches sind sie? Welches sind die Gründe zur Annahme, daß die Uhr noch 1000 Jahre lang weiter gehen wird; welches, die Gründe für die Annahme, daß sie noch 10000 Jahre gehen wird; – und welches nun die Gründe zur unendlichen Annahme?! – Das ist es ja, was den Satz “ich vermute, daß es endlos so weitergehen wird” so komisch macht; wir wollen fragen: warum vermutest Du das? Wir wollen nämlich sagen, daß es sinnlos ist zu sagen, man vermute das, – weil es || : weil es sinnlos ist, von Gründen so einer Vermutung zu reden. Denken wir an den Satz: “dieser Komet wird sich in einer Parabel von der Gleichung … bewegen”. Wie wird dieser Satz gebraucht? Er kann nicht verifiziert werden; d.h.: wir haben keine Verifikation in seiner Grammatik für ihn vorgesehen (das heißt natürlich nicht, daß man nicht sagen kann, es sei wahr; denn “p ist wahr” sagt dasselbe wie “p”). Der Satz kann uns nun dazu bringen, bestimmte Beobachtungen zu machen. Aber für die hätte es immer auch eine endliche Vorhersage getan. Er wird auch gewisse Handlungen bestimmen. Z.B. könnte er uns davon abhalten, den Kometen an dem und dem Ort zu suchen. Aber auch dazu hätte eine endliche Angabe genügt. Die Unendlichkeit der Hypothese besteht nicht in ihrer Größe, ¤ 664 sondern in ihrer
Unabgeschlossenheit. |
Wenn man vom Begriff ‘Unendlichkeit’ redet,
muß man sich daran erinnern,
daß dieses Wort viele verschiedene
Bedeutungen hat, und daran, von welcher wir jetzt gerade
reden. Ob z.B. von der
Unendlichkeit einer Zahlenreihe und der Kardinalzahlen
insbesondere. Wenn ich z.B.
sage: ‘unendlich’ sei eine
Charakteristik einer Regel, so beziehe ich mich auf
eine bestimmte Bedeutung des Worts. Wir
könnten aber sehr wohl sagen, ein kontinuierlicher
Farbenübergang sei ein Übergang
“durch unendlich viele Stufen, wenn wir nur nicht
vergessen, daß wir hier die Bedeutung des
Ausdrucks “unendlich viele Stufen” durch die
Erfahrung des Farbenübergangs neu
definieren. (Wenn auch nach Analogie mit anderen
Gebrauchsweisen des Wortes
“unendlich”.) |
(Die besondere Beruhigung, welche
eintritt, wenn wir einem Fall, den wir für
einzigartig hielten, andere ähnliche Fälle an die Seite
stellen können, tritt in unseren Untersuchungen immer wieder ein,
wenn wir zeigen, daß ein Wort nicht nur
eine Bedeutung (oder, nicht nur zwei) hat, sondern
in fünf oder sechs verschiedenen
(Bedeutungen) gebraucht
wird.) |
Wenn
wir sagen möchten, die Unendlichkeit ist eine Eigenschaft der
Möglichkeit, nicht der Wirklichkeit, oder: das Wort
“unendlich” gehöre immer zum Wort
“möglich”, und dergleichen, – so kommt das
darauf hinaus, zu sagen: das Wort
“unendlich” sei immer ein Teil einer
Regel. Wir wehren uns gegen die Auffassung des Unendlichen, als einer ungeheuern Größe. (Die wir merkwürdigerweise ohne Schwierigkeit erfassen, während eine große endliche Zahl zu groß sein kann, um von uns hingeschrieben 665 zu werden. Gleichsam,
als könnten wir uns zwar durch die Reihe der endlichen
Zahlen nicht durcharbeiten, aber wohl von
außen herum zum Unendlichen
gelangen.) Denken wir uns, wir erzählten jemandem: “gestern kaufte ich mir ein Lineal mit unendlichem Krümmungsradius”. Aber hier kommt doch das Wort “unendlich” in einer Beschreibung der Wirklichkeit vor. – Aber ich kann doch nie die Erfahrung haben, die mich berechtigte zu sagen, daß das Lineal wirklich den Radius unendlich hat, da der Radius 100¹⁰⁰km es gewiß auch schon tut. – Wohl, aber dann kann ich eben auch nicht die Erfahrung haben, die mich berechtigt, zu sagen, das Lineal sei gerade. Und die Worte “gerade” (oder ein andermal “parallel”) und “unendlich” sind im gleichen Fall. Ich meine: Wenn das Wort “gerade”, oder “parallel”, oder “längengleich”, etc. etc. in einem Erfahrungssatz || in einer Beschreibung der Wirklichkeit stehn darf, dann auch das Wort “unendlich”. “Unendlich ist nur die Möglichkeit” heißt “‘unendlich’ ist ein Zusatz zu ‘u.s.w.’”. Und soweit es dies ist, gehört es in eine Regel, ein Gesetz. In die Beschreibung der Erfahrung gehört es nur soweit nicht, als man unter “Erfahrung, die einem Gesetz entspricht” eine endlose Reihe von Erfahrungen meint. – Das Wort “unendlich ist nur die Möglichkeit, nicht die Wirklichkeit” ist irreleitend. Man kann sagen: “unendlich ist hier nur die Möglichkeit”. – Und man fragt mit Recht: Was ist denn an dieser Hypothese (vom Lauf des Kometen z.B.) unendlich? ist an dieser Annahme, an diesem Gedanken, etwas ungeheuer groß?! Denken wir uns, die Fee im Märchen sagte: “Du wirst so viel Goldstücke erhalten, als Du Dir wünscht, aber Du darfst nur einmal wünschen”. – Ist ihr Versprechen nicht erfüllt, wenn ich kriege, was ich mir wünsche? Und war meine Wahl nicht unbeschränkt? Wäre der Fall nicht eine anderer gewesen, wenn sie dem Betrag eine Grenze gesetzt hätte, – wie weit immer sie sie auch gezogen hätte? || … sie die Grenze auch gezogen hätte? Kann ich nun nicht sagen: die Freiheit, die mir die Fee gelassen 666 hat, war unendlich? Und
ist damit eine Wirklichkeit beschrieben? – Wenn
nun Einer sagt: “Nein, die Freiheit der Wahl ist
nur eine Möglichkeit”, so vermengt er die
Aussage: daß mir die Fee eine
unendliche Freiheit gelassen hat, – welche || welches keine Regel der Grammatik ist –, mit der Regel,
die mir erlaubt, in Übereinstimmung mit
dem Versprechen der Fee eine beliebige Zahl von
Goldstücken zu nennen. Man könnte das auch so sagen: Wenn der Begriff der Unendlichkeit in der Beschreibung der Realität angewendet wird, so ist in solchen Beschreibungen nicht von ‘unendlichen Linealen’ die Rede, sondern etwa von Linealen mit unendlichem Krümmungsradius; und nicht von ‘unendlich vielen Goldstücken’, sondern etwa von der unendlichen Freiheit, die mir Einer läßt, mir Goldstücke zu wünschen. Wenn wir sagen: “die Möglichkeit der Bildung von Dezimalstellen in der Division 1 : 3 ist unendlich”, so stellen wir damit keine Naturtatsache fest, sondern geben eine Regel des Kalküls. Sage ich aber: “ich lasse Dir die unendliche Freiheit, so viele Stellen zu bilden, als Du willst, ich werde Dich nicht hindern”, so stelle ich damit nicht die Regel eines Kalküls auf, sondern mache eine Vorhersage. Ja, aber doch nur als Beschreibung einer Möglichkeit”. – Nein, einer Wirklichkeit! aber natürlich nicht der von “unendlich vielen Stellen”; das wäre doch gerade der grammatische Fehler || der Unsinn, den wir vermeiden müssen. Und es bleibt natürlich in diesen Erfahrungssätzen “unendlich” die Eigenschaft einer Regel, wenn man es so ausdrücken will, und das heißt nichts anderes, als daß es auch hier durch “u.s.w. ad inf.” wiedergegeben werden kann; und zugleich ist das auch alles, was damit gemeint ist, wenn man sagt: die Unendlichkeit sei ein Prädikat einer || der Möglichkeit. |
(Wenn man sagt, daß dieses Gebiet
unseres Gegenstands
außerordentlich schwer ist, so ist das
insofern || insoweit nicht
667 wahr, als nicht etwa von
außerordentlich schwer vorstellbaren oder
komplizierten Dingen die Rede ist, sondern nur insofern, als es
außerordentlich schwer ist, an den
unzähligen Fallen, die hier in der Sprache für uns
aufgestellt sind, vorbeizukommen.) |
Es gibt ein Gefühl:
“In der Mathematik kann es nicht Wirklichkeit und
Möglichkeit geben. Alles ist auf einer
Stufe. Und zwar in gewissem Sinne
wirklich”. – Und das ist
richtig. Denn Mathematik ist ein Kalkül; und der
Kalkül sagt von keinem Zeichen, daß
es nur möglich wäre, sondern er hat es nur
mit den Zeichen zu tun, mit denen er wirklich
operiert. (Vergleiche die
Begründung der Mengenlehre mit der Annahme eines möglichen
Kalküls mit unendlichen Zeichen.) |
Der Schnittpunkt zweier Kurven ist nicht das
gemeinsame Glied zweier Klassen von Punkten,
sondern der Durchschnitt zweier Gesetze. Es sei denn,
daß man die erste Ausdrucksweise, sehr
irreführend, durch die zweite definiert. |
“Einmal wird die Welt
untergehen”: eine unendliche Hypothese. |
“Was wir im
physikalischen Raum denken, ist nicht das Primäre,
das wir nur mehr oder weniger erkennen können; sondern, was
vom physikalischen Raum wir erkennen können, zeigt uns, wie weit
das Primäre reicht und wie wir den physikalischen Raum zu
deuten haben.” |
Angenommen, in einem Spiel lautete eine
Spielregel: 668 “Man
schreibe einen Bruch auf, der zwischen 0 und 1 liegt”; –
ist diese Regel nicht ganz
verständlich? braucht hier eine
Einschränkung gegeben zu werden? (oder die
Regel: “Man schreibe eine Zahl auf, die
größer als 100
ist”.) |
Der Satz: daß einmal – in der
unendlichen Zukunft – ein Ereignis
(z.B. der Weltuntergang) eintreten werde,
hat eine gewisse formale Ähnlichkeit mit
dem, was wir Tautologie nennen. |
Man denkt, eine
große Zahl sei dem Unendlichen doch
näher als eine kleine. Das unendliche konkurriert mit
dem Endlichen nicht. ﹖– Es ist
das, was wesentlich kein Endliches
ausschließt –﹖.
Der Raum hat keine Ausdehnung, nur die räumlichen Gegenstände sind ausgedehnt. Die Unendlichkeit ist eine Eigenschaft des Raumes. (Und das zeigt, daß sie keine unendliche Ausdehnung ist.) |
Die unendliche Teilbarkeit besteht darin,
daß jede beliebige endliche Anzahl von
Teilen denkbar ist (aber keine unendliche). |
Wenn man sagt: “der
Raum ist unendlich teilbar”, so
heißt das eigentlich: der Raum besteht
nicht aus einzelnen Dingen (Teilen). Die
unendliche Teilbarkeit bedeutet in gewissem Sinne,
daß der Raum nicht teilbar ist,
daß eine Teilung ihn nicht
tangiert. Daß er damit nichts
zu tun hat: Er besteht nicht aus
Teilen. Er sagt gleichsam zur Realität: Du
kannst in mir machen, was Du willst. (Du kannst in
mir so oft geteilt sein, als Du willst.)
Der Raum gibt der Wirklichkeit eine unendliche Gelegenheit der Teilung. 669 |
(Und
darum steht in der ersten Klammer vom
“(n):(∃nx).fx”
nur ein Buchstabe. Offenbar nur eine
Gelegenheit, nichts anderes. – Wir denken zu wenig
daran, daß das Zeichen wirklich nicht mehr
bedeuten kann, als es ist. ||
als wir es bedeuten lassen.)
|
Sehen wir einen
kontinuierlichen Farbenübergang, eine kontinuierliche
Bewegung, dann sehen wir keine Teile,
keine Sprünge (nicht
“unendlich viele”;
außer, ich gebe diesem
Ausdruck jetzt diese Bedeutung). |
Die Annahme der Unentscheidbarkeit setzt
voraus, daß zwischen den beiden Seiten
einer Gleichung, sozusagen, eine unterirdische Verbindung
besteht; daß die Brücke nicht
in Symbolen geschlagen werden kann.
Aber dennoch besteht; denn sonst wäre die Gleichung
sinnlos. – Aber die Verbindung besteht nur, wenn
wir sie durch Symbole ||
einen Kalkül gemacht
haben. Der Übergang ist nicht
durch eine dunkle Spekulation hergestellt, von andrer Art als
das was er verbindet. (Wie ein dunkler Gang
zwischen zwei lichten Orten.) |
Wenn Brouwer die Anwendung des Satzes vom ausgeschlossenen
Dritten in der Mathematik bekämpft, so hat er Recht, soweit er
sich gegen ein Vorgehen richtet, das den Beweisen
empirischer Sätze analog ist. Man kann in der
Mathematik nie etwas auf die Art beweisen: Ich
habe 2 Äpfel auf dem Tisch liegen
gesehen; jetzt ist nur einer da; also hat A
einen Apfel gegessen. – Man kann nämlich nicht
durch Ausschließung gewisser
Möglichkeiten eine neue beweisen, die nicht, durch die von uns
gegebenen Regeln, schon in jener
Ausschließung liegt. Insofern gibt
es in der Mathematik keine echten Alternativen.
Wäre die Mathematik die Untersuchung von
erfahrungsmäßig gegebenen Aggregaten, so
könnte man durch die Ausschließung 670
eines Teils das Nichtausgeschlossene beschreiben, und hier
wäre der nicht ausgeschlossene Teil der
Ausschließung des andern nicht
äquivalent. |
Die Betrachtungsweise: daß ein
logisches Gesetz, weil es für ein Gebiet der Mathematik gilt,
nicht notwendig auch für ein anderes gelten müsse, ist in
der Mathematik gar nicht am Platz, ihrem Wesen ganz
entgegen. Obwohl manche Autoren gerade das für
besonders subtil halten, und entgegen den Vorurteilen.
|
Man
wundert sich darüber,
daß “zwischen den
überall dicht liegenden rationalen Punkten” noch
die irrationalen Platz haben. (Welche
Verdummung!) Was zeigt eine Konstruktion, wie die des
Punktes √2? Zeigt sie
diesen Punkt, wie er doch noch zwischen den rationalen Punkten
Platz hat? Sie zeigt, daß der
durch die Konstruktion erzeugte Punkt, nämlich
als Punkt dieser Konstruktion, nicht
rational ist. – Und was entspricht
dieser Konstruktion in der Arithmetik? Etwa eine
Zahl, die sich doch noch zwischen die rationalen Zahlen
hineinzwängt? Ein Gesetz, das nicht vom Wesen
der rationalen Zahl ist. |
Die Erklärung des
Dedekind'schen Schnittes gibt vor, sie wäre
anschaulich || gibt vor, anschaulich zu
sein, wenn sie sagt || gesagt wird:
Es gibt 3 Fälle: entweder hat die Klasse
R ein erstes Glied und
L kein letztes,
etc.. In Wahrheit lassen sich 2 dieser
3 Fälle gar nicht vorstellen.
Außer, wenn die Wörter
“Klasse”, “erstes Glied”,
“letztes Glied” gänzlich ihre
anscheinend || vorgeblich
beibehaltenen alltäglichen Bedeutungen
wechseln. Wenn man nämlich, – starr
darüber, daß Einer von einer Klasse
von Punkten redet, die rechts von einem gegebenen Punkt 671 liegt und keinen Anfang hat –
sagt: gib uns doch ein Beispiel so einer Klasse, –
so zieht er das von den rationalen Zahlen hervor! Aber
hier ist ja gar keine Klasse von Punkten im
alltäglichen ||
ursprünglichen Sinn! |
“m
größer als n” kann ich allerdings
definieren als (∃x).
m ‒ n = x, aber dadurch habe ich es in keiner
Weise analysiert. Man denkt nämlich,
daß durch die Verwendung des Symbolismus
“(∃ …) …” eine
Verbindung hergestellt ist || sei
zwischen “m
größer als n” und andern
Sätzen von der Form “es gibt
…”, vergißt aber,
daß damit zwar eine gewisse Analogie
betont ist, aber nicht mehr, da das Zeichen
“(∃ …) …” in
unzählig vielen verschiedenen ‘Spielen’
gebraucht wird. (Wie es eine ‘Dame’
im Schach- und im Damespiel gibt.)
Wir müssen also erst die Regeln wissen, wie || nach denen es hier
verwendet wird. Und da wird sofort klar,
daß diese Regeln hier mit den Regeln für
die Subtraktion zusammenhängen. Denn, wenn wir
– wie gewöhnlich – fragen: “wie
weiß ich – d.h.
woraus geht es hervor –, daß es eine
Zahl x gibt, die der Bedingung
m ‒ n
= x genügt”, so kommen darauf die
Regeln für die Subtraktion zur Antwort. Und nun
sehen wir, daß wir mit unserer Definition
nicht viel gewonnen haben. Ja, wir hätten gleich
als Erklärung von ‘m
größer als n’ die Regeln angeben
können, nach welchen man so einen Satz –
z.B. im Falle
‘32
größer als 17’ –
überprüft. |
Wenn ich sage:
“für jedes n gibt es ein
δ, das
die Funktion kleiner macht als n”, so
muß ich mich auf ein allgemeines
arithmetisches Kriterium beziehen, das anzeigt, wann
F(δ)
kleiner ist als n. |
Wenn ich wesentlich keine Zahl hinschreiben
kann, ohne ein Zahlensystem, so muß sich
das auch in der allgemeinen Behandlung der 672 Zahl wiederspiegeln. Das
Zahlensystem ist nicht etwas Minderwertiges – wie eine
Russische Rechenmaschine – das nur für
Volksschüler Interesse hat, während die höhere,
allgemeine Betrachtung davon absehen kann. |
Es geht auch nichts von der Allgemeinheit der
Betrachtung verloren, wenn ich die Regeln, die die Richtigkeit
und Falschheit von ‘m
größer als n’ (also seinen
Sinn) bestimmen, etwa im || für das
Dezimalsystem gebe.
Ein System brauche ich ja doch und die Allgemeinheit
ist dadurch gewahrt, daß man die Regeln
gibt, nach denen von einem System in ein anderes übersetzt
wird. |
Wenn Du
wissen willst, was der Ausdruck “Stetigkeit einer
Funktion” bedeutet, schau' den Beweis der
Stetigkeit an; der wird ja zeigen, was er beweist. Aber
sieh nicht das Resultat an, wie es in Prosa hingeschrieben || ausgedrückt ist und auch nicht,
wie es in der Russellschen Notation lautet, die ja bloß
eine Übersetzung des Prosaausdrucks ist;
sondern richte Deinen Blick dorthin, wo im Beweis noch gerechnet
wird. Denn der Wortausdruck des angeblich bewiesenen
Satzes ist meist irreführend, denn er verschleiert das
eigentliche Ziel des Beweises, das in diesem mit voller
Klarheit zu sehen ist. |
Der Beweis der Beweisbarkeit eines Satzes
wäre der Beweis des Satzes selbst. Dagegen gibt
es etwas, was wir den Beweis der Relevanz nennen
könnten. Das wäre z.B. der
Beweis, der mich davon überzeugt, daß
ich die Gleichung 17
× 38 = 456 nachprüfen kann,
noch ehe ich es getan habe. Woran erkenne ich nun,
daß ich 17 × 38 = 456
überprüfen kann, während ich das beim Anblick
eines Integralausdrucks vielleicht nicht
weiß? Ich erkenne offenbar,
daß er nach einer bestimmten
Regel gebaut ist und auch, 673 wie die Regel ||
Vorschrift zur Lösung der Aufgabe an dieser
Bauart des Satzes haftet. Der Beweis der
Relevanz ist dann etwa eine Darstellung der allgemeinen Form der
Lösungsmethode, etwa der Multiplikationsaufgaben, die die
allgemeine Form der Sätze erkennen
läßt, deren Kontrolle sie
möglich macht. Ich kann dann sagen, ich erkenne,
daß diese Methode auch diese Gleichung
nachprüft, obwohl ich die Nachprüfung noch nicht vollzogen
habe. |
Wenn man
den Menschen lehrt, einen Schritt zu machen, so gibt
man ihm damit die Möglichkeit, irgend eine ||
jede Strecke zu gehen. |
Es ist schwer, sich von der
extensiven Auffassung ganz frei zu machen: So denkt
man: “Ja, aber es muß
doch eine innere Beziehung zwischen
x³ +
y³ und z³ bestehen, da doch
(zum mindesten) die Extensionen
dieser Ausdrücke, wenn ich sie nur kennte, das Resultat einer
solchen Beziehung darstellen
müßten”. Etwa:
“Es müssen doch entweder wesentlich
alle Zahlen die Eigenschaft ε
haben, oder nicht; da doch alle Zahlen die
Eigenschaften haben, oder nicht; wenn ich auch nicht wissen
kann, welches der Fall ist.” || ; wenn ich
das auch nicht wissen kann.” |
Wo man fragen kann, kann man
auch suchen, und wo man nicht suchen kann, kann man auch nicht
fragen. Und auch nicht antworten. (Das
ist der Vorschlag einer Festsetzung für den Gebrauch der
Wörter “fragen”,
“antworten”, “suchen”.)
|
Wenn von Beweisen der
Relevanz (und ähnlichen Dingen der Mathematik) geredet
wird, so geschieht es immer, als hätten wir,
abgesehen 543 von den einzelnen
Operationsreihen, die wir Beweise der Relevanz nennen, noch
einen ganz scharfen umfassenden Begriff so eines Beweises oder
überhaupt eines mathematischen Beweises. Während
in Wirklichkeit dieses Wort wieder in vielen, mehr oder weniger
verwandten Bedeutungen angewandt wird.
(Wie etwa die Wörter “Volk”,
“König”, “Religion”,
etc.; siehe Spengler.) Denken wir nur an die Rolle, die
in || bei der Erklärung so
eines Wortes ein Beispiel spielt. Denn, wenn ich
erklären will, was ich unter “Beweis”
verstehe, werde ich auf Beispiele von Beweisen zeigen müssen, wie
ich bei der Erklärung des Wortes “Apfel” auf
Äpfel zeigen werde. Mit der
Erklärung des Wortes “Beweis”
verhält es sich nun wie mit der des Wortes
“Zahl”: ich kann das Wort
“Kardinalzahl” erklären, indem
ich auf Beispiele von Kardinalzahlen weise, ja, ich kann
geradezu für dieses Wort das Zeichen “1, 2, 3,
u.s.w. ad inf.” gebrauchen; ich kann anderseits das Wort
“Zahl” erklären, indem ich auf verschiedene
Zahlenarten hinweise; aber dadurch werde ich den Begriff
“Zahl” nun nicht so scharf fassen, wie früher
den der Kardinalzahl, es sei denn,
daß ich sagen will,
daß nur diejenigen Gebilde, die wir
heute als Zahlen Bezeichnen, den Begriff
“Zahl” konstituieren. Dann aber kann
man von keiner neuen Konstruktion sagen, sie sie die Konstruktion
einer Zahlenart. Das Wort “Beweis”
aber wollen wir ja so gebrauchen,
daß es nicht einfach durch eine
Disjunktion gerade heute üblicher Beweise definiert wird,
sondern in Fällen || sondern wir wollen es in
Fällen gebrauchen, von denen wir uns
heute “noch gar keine Vorstellung machen
können”. Soweit der Begriff des Beweises
scharf
gefaßt ist, ist er es durch einzelne
Beweise, oder durch Reihen von Beweisen (den Zahlenreihen
analog) und das müssen wir bedenken, wenn wir uns anschicken, mit voller Exaktheit
über Beweise der Relevanz, der Widerspruchsfreiheit,
etc. etc. zu reden. || wir mit
voller Exaktheit über Beweise der Relevanz, der
Widerspruchsfreiheit, etc. etc. reden
wollen. |
Man kann sagen: Ein Beweis der Relevanz wird den
Kalkül des Satzes, auf den er sich bezieht,
ändern. Einen Kalkül 544 mit diesem
Satz rechtfertigen kann er nicht; in dem Sinn, in
welchem die Ausführung der Multiplikation
17 ×
23 das Anschreiben der Gleichung
17 × 23 =
391 rechtfertigt. Wir
müßten nur dem Wort
“rechtfertigen” ausdrücklich jene
Bedeutung geben. Dann darf man aber nicht glauben,
daß die Mathematik, ohne diese
Rechtfertigung, in irgend einem allgemeineren und allgemein
feststehenden Sinne unerlaubt, oder mit einem Dolus behaftet
sei. (Das wäre ähnlich, als wollte Einer
sagen: “der Gebrauch des Wortes
‘Steinhaufen’ ist im Grunde unerlaubt, ehe wir nicht
offiziell festgelegt haben, wieviel Steine einen Haufen
machen”. Durch so eine Festlegung
würde der Gebrauch des Wortes
“Haufen” modifiziert, aber nicht in irgend
einem allgemein anerkannten Sinne
‘gerechtfertigt’. Und wenn eine solche
offizielle Definition gegeben würde ||
wäre, so wäre dadurch nicht der
Gebrauch, den man früher von dem Wort gemacht hat, als
unrichtig || etwas
Unrichtiges gekennzeichnet.)
|
Der Beweis der
Kontrollierbarkeit von
17 × 23 =
391 ist ‘Beweis’ in einem andern
Sinne dieses Worts, als der, der Gleichung selbst.
(Der Müller mahlt, der Maler malt: beide
…) Die Kontrollierbarkeit der Gleichung
ersehen || entnehmen
wir aus ihrem Beweis in analoger Weise, wie die
Kontrollierbarkeit des Satzes “die Punkte A und B
sind nicht durch eine Windung der Spirale
getrennt” aus der Figur. Und man sieht auch
schon, daß der Satz, der die
Kontrollierbarkeit aussagt, ‘Satz’ in einem
andern Sinne ist, als der, dessen Kontrollierbarkeit behauptet
wird. Und hier kann man wieder nur sagen:
Sieh Dir den Beweis an, dann wirst Du
sehen, was hier bewiesen wird, was “der
bewiesene Satz” genannt wird. |
Kann man sagen, daß
wir zu jedem Schritt eines Beweises eine frische Intuition
brauchen? (Individualität der
Zahlen.) Es wäre 676 etwa so: Ist mir eine
allgemeine (variable) Regel gegeben, so
muß ich immer von neuem erkennen,
daß diese Regel auch hier
angewendet werden kann (daß sie auch
für diesen Fall gilt). Kein Akt der
Voraussicht kann mir diesen Akt der Einsicht
ersparen. Denn tatsächlich ist die Form, auf die
die Regel angewandt wird, bei jedem neuen Schritte eine neue. – Es handelt sich aber hier nicht um einen Akt der
Einsicht, sondern um einen Akt der
Entscheidung. |
Der sogenannte Beweis der Relevanz steigt die
Leiter zu seinem Satz nicht hinauf, denn dazu
muß man jede Stufe nehmen,
sondern zeigt nur, daß die
Leiter in der Richtung zu jenem Satze führt. (In
der Logik gibt es kein Surrogat.) Es ist auch der Pfeil,
der die Richtung weist, kein Surrogat für das
Durchschreiten aller Stufen bis zum bestimmten
Ziel. |
Ich
sagte: Wo man nicht suchen kann, da kann man auch nicht
fragen, und d.h.: wo es keine logische
Methode des Findens gibt, da kann auch die Frage keinen Sinn
haben. – Nur wo eine Methode der Lösung ist,
ist ein Problem (d.h. natürlich
nicht: “nur wo die Lösung gefunden ist, ist ein
Problem”). –
D.h.: dort wo die Lösung des
Problems nur von einer Art Offenbarung erwartet werden kann, ist
auch kein Problem. Einer Offenbarung
entspricht keine Frage. – Diese Sätze sind nur
verkappte Erklärungen eines Gebrauches ||
einer Art des Gebrauches der Worte
“Problem”, “Frage”,
etc.. (Frage nach der Erfahrung
eines “sechsten” Sinnes, den wir nicht
haben. Suchen nach einer neuen
Sinneserfahrung.) |
(Es ist beinahe unglaublich, wie ein Problem durch die
irreführenden Ausdrucksweisen, die Generation auf Generation
rundherum 677 stellt, gänzlich, auf
Meilen, blockiert wird, so daß es beinahe
unmöglich wird, dazuzukommen.) |
“Wird die Gleichung von irgend
welchen Zahlen befriedigt?”; “sie wird
von Zahlen befriedigt”; “sie wird von allen Zahlen
(von keiner Zahl) befriedigt”. Hat Dein
Kalkül Beweise? und welche? daraus
erst wird man den Sinn dieser Sätze und Fragen
entnehmen können. |
Ich kann den Ausdruck “die Gleichung G ergibt
die Lösung L” nicht eindeutig
anwenden, solange ich keine Methode der Lösung besitze;
weil “ergibt” eine Struktur bedeutet, die ich, ohne
sie zu kennen, nicht bezeichnen kann. Denn das
heißt das Wort “ergibt” zu
verwenden, ohne seine Grammatik zu kennen. Ich
könnte aber auch sagen: Das Wort
“ergibt” hat andere Bedeutung, wenn ich
es so verwende, daß es sich auf eine Methode
der Lösung bezieht, und eine andere, wenn dies nicht der Fall
ist. Es verhält sich hier mit
“ergibt” ähnlich, wie mit dem Wort
“gewinnen” (oder
“verlieren”), wenn das Kriterium des
“Gewinnens” einmal ein bestimmter Verlauf der
Partie ist (hier muß
ich die Spielregeln kennen, um sagen zu können, ob Einer
gewonnen hat), oder ob ich mit “gewinnen”
etwas meine, was sich etwa || beiläufig
durch “zahlen
müssen” ausdrücken
ließe. Wenn wir “ergibt” im ersten Sinne || in der ersten Bedeutung anwenden, so heißt “die Gleichung ergibt L”; wenn ich die Gleichung nach gewissen Regeln transformiere, so erhalte ich L. So wie die Gleichung 25 × 25 = 620 besagt, daß ich 620 erhalte, wenn ich auf 25 × 25 die Multiplikationsregeln anwende. Aber diese Regeln müssen mir nun || hier schon gegeben sein, ehe das Wort “ergibt” Bedeutung hat, und ehe die Frage einen Sinn hat, ob die Gleichung L ergibt. 678 |
Der
Fermat'schen Satz hat keinen strengen Sinn, solange ich nach der
Auflösung der Gleichung durch Kardinalzahlen nicht
suchen kann. Und
“suchen” heißt:
systematisch suchen. Es ist kein Suchen, wenn ich im
unendlichen Raum nach einem Gegenstand umherirre. – An
unserer Schwierigkeit ist natürlich die falsche Auffassung der
Variablen schuld: die Auffassung, als
verträte die Variable Zahlen (und zwar
einer Klasse, Liste, von Zahlen), während sie nichts
vertritt, sondern ist, was sie ist. Verträte sie
Zahlen, dann brauchte allerdings nur
5³ + 7³
= 9³ Sinn zu haben und der Sinn der
allgemeinen Sätze über die Form
x³ +
y³ = z³
folgte daraus. Aber, da die Variable autonom ist, so
hat der Satz, in welchem sie vorkommt, erst dann Sinn,
wenn er nach seinen eigenen Prinzipien kontrollierbar ist, wie die
Zahlengleichung nach dem
ihrigen || ihren. |
Es genügt also nicht zu sagen
“p ist beweisbar”,
sondern es muß
heißen: beweisbar nach einem bestimmten
System. Und zwar behauptet der Satz nicht, p sei beweisbar nach dem System S, sondern nach seinem System, dem System von p. Daß p dem System S angehört, das läßt sich nicht behaupten (das muß sich zeigen). – Man kann nicht sagen, p gehört zum System S; man kann nicht fragen, zu welchem System p gehört; man kann nicht das System von p suchen. “p verstehen” heißt, sein System kennen. Tritt p scheinbar von einem System in das andere über, so hat in Wirklichkeit p seinen Sinn gewechselt. |
Würde denn aus dem Allen nicht das Paradox
folgen: daß es in der Mathematik
keine schweren Probleme gibt; weil, was schwer ist, kein Problem
ist? Was folgt, ist, daß das
“schwere mathematische Problem”,
d.h. das Problem der mathematischen Forschung,
zur Aufgabe “25 × 25 = ?”
679 nicht in dem
Verhältnis steht, wie etwa ein akrobatisches Kunststück zu
einem einfachen Purzelbaum (also einfach in dem
Verhältnis: sehr leicht zu sehr schwer), sondern
daß es ‘Probleme’ in
verschiedenen Bedeutungen des Wortes sind. |
Man könnte
erklären || festlegen:
“Was man anfassen kann, ist ein Problem. – Nur wo ein Problem sein kann, kann etwas behauptet
werden.” |
Welcher Art ist der Satz “die 3-Teilung
des Winkels mit Zirkel und Lineal ist
unmöglich”? Doch wohl von derselben,
wie: “in der Reihe der Winkelteilungen
F(n) kommt keine
F(3) vor, wie in der
Reihe der Kombinationszahlen
Warum nennt man diesen Beweis den Beweis dieses Satzes? Der Satz ist ja kein Name, sondern gehört (als Satz) einem Sprachsystem 680 an: Wenn ich sagen
kann “es gibt keine 3-Teilung”, so hat es Sinn
zu sagen “es gibt keine 4-Teilung”
etc. etc.. Und ist
dies ein Beweis des ersten Satzes (ein Teil seiner
Syntax), so muß es also entsprechende
Beweise (oder Gegenbeweise) für die andern
Sätze des Satzsystems geben, denn sonst gehören sie nicht
zu demselben System. |
Der bewiesene mathematische Satz hat in seiner Grammatik zur
Wahrheit hin ein Übergewicht.
Ich kann, um den Sinn von
25 × 25 =
625 zu verstehen, fragen: wie wird dieser Satz
bewiesen. Aber ich kann nicht fragen: wie wird
– oder würde – sein Gegenteil bewiesen; denn es hat
keinen Sinn, vom Beweis des Gegenteils von
25 × 25 =
625 zu reden. Will ich also eine Frage
stellen, die von der Wahrheit des Satzes unabhängig ist,
so muß ich von der Kontrolle
seiner Wahrheit, nicht von ihrem Beweis, oder
Gegenbeweis, reden. Die Methode der Kontrolle
entspricht dem, was man den Sinn des mathematischen Satzes nennen
kann. Die Beschreibung dieser Methode
ist allgemein und bezieht sich auf ein System von Sätzen,
etwa den Sätzen der Form a × b = c.
|
Wenn ich
a + (b + c) =
(a + b) + c negiere, so hat das nur Sinn,
wenn ich etwa sagen will: es ist nicht
a + (b + c) =
(a + b) + c, sondern
=
(a + 2b) + c. Denn es fragt
sich: was ist der Raum, in welchem ich den Satz
negiere? wenn ich ihn abgrenze,
ausschließe, – wovon?
Die Kontrolle von 25 × 25 = 625 ist die Ausrechnung von 25 × 25, die Berechnung der rechten Seite; – kann ich nun a + (b + c) = (a + b) + c errechnen, das Resultat (a + b) + c ausrechnen? Je nachdem man es als berechenbar oder unberechenbar betrachtet, ist es beweisbar oder nicht. Denn ist der Satz eine Regel, der jede Ausrechnung folgen muß, ein Paradigma, dann hat es keinen Sinn, von einer Ausrechnung der Gleichung zu reden; sowenig, wie von der einer Definition. 681 |
Das, was die
Ausrechnung möglich macht, ist das System, dem der
Satz angehört und das auch die Rechenfehler bestimmt,
﹖– die sich bei der Ausrechnung machen
lassen –﹖.
Z.B. ist (a + b)² = a² +
2ab + b² und nicht
= a²
+ ab + b²; aber
(a + b)² = ‒ 4 ist kein
möglicher Rechenfehler in diesem System. |
Sofern man die Unmöglichkeit
der 3-Teilung als eine physische Unmöglichkeit darstellen
kann, indem man z.B. sagt:
“versuch' nicht, den Winkel in 3 gleiche
Teile zu teilen, es ist hoffnungslos!”,
insofern beweist der “Beweis der
Unmöglichkeit” diese nicht.
Daß es hoffnungslos ist
die Teilung zu versuchen, das hängt mit physikalischen
Tatsachen zusammen. |
Man kann nicht sagen: “ich werde ausrechnen,
daß es so ist”,
sondern “ob es so ist”.
Also, ob so, oder anders |
Ich könnte ja auch ganz beiläufig
(siehe andere Bemerkungen) sagen:
“25 ×
64 = 160, 64 × 25 = 160 das beweist,
daß a × b = b × a
ist” (und diese Redeweise ist nicht vielleicht
lächerlich und falsch; sondern man
muß sie nur recht deuten). Und
man kann richtig daraus schließen; also
läßt sich
“a ∙ b = b ∙ a” in
einem Sinne berechnen ||
beweisen. Und ich will sagen: Nur in dem Sinne, in welchem die Ausrechnung so eines Beispiels Beweis des algebraischen Satzes genannt werden kann, ist der Induktionsbeweis ein Beweis dieses Satzes. Nur insofern kontrolliert er den algebraischen Satz. (Er kontrolliert seine Struktur || seinen Bau, nicht seine Allgemeinheit.) 682 |
(Die
Philosophie prüft nicht die Kalküle der Mathematik,
sondern nur, was die Mathematiker über diese Kalküle
sagen.) |
“Ich habe ausgerechnet, daß es
keine Zahl gibt, welche …”. – In
welchem Rechnungssystem kommt diese Rechnung vor? –
Dies wird uns zeigen, in welchem Satzsystem der errechnete Satz
ist. (Man fragt auch: “wie rechnet man
so etwas aus?”) |
“Ich habe gefunden,
daß es so eine || eine
solche Zahl gibt”.
“Ich habe ausgerechnet, daß es keine solche Zahl gibt”. Im ersten Satz darf ich nicht “keine” statt “eine” einsetzen. – Und wie, wenn ich im zweiten statt “keine” “eine” setze? Nehmen wir an, die || eine Rechnung ergibt nicht den Satz “non.neg(∃n) etc.”, sondern “(∃n) etc.”. Hat es dann etwa Sinn zu sagen: “nur Mut! jetzt mußt Du einmal auf eine solche Zahl kommen, wenn Du nur lang genug probierst”? Das hat nur Sinn, wenn der Beweis nicht “(∃n) etc.” ergeben, sondern dem Probieren Grenzen gesteckt hat, also etwas ganz anderes geleistet hat. D.h., das, was wir den Existenzsatz nennen, der uns eine Zahl suchen lehrt, hat zum Gegenteil nicht den Satz “(n). etc.”, sondern einen Satz, der sagt, daß in dem und dem Intervall keine Zahl ist, die …. Was ist das Gegenteil des Bewiesenen? – Dazu muß man auf den Beweis schauen. Man kann sagen: das Gegenteil des bewiesenen Satzes ist das, was statt seiner durch einen bestimmten Rechnungsfehler im Beweis bewiesen worden wäre. Wenn nun z.B. der Beweis, daß non.neg(∃n). etc. der Fall ist eine Induktion ist, die zeigt, daß, soweit ich auch gehe, eine solche Zahl nicht vorkommen kann, so ist das Gegenteil dieses Beweises (ich will einmal diesen Ausdruck gebrauchen) nicht der Existenzbeweis in unserem Sinne. – Es ist hier nicht, wie im Fall des Beweises, daß keine oder eine der Zahlen a, b, c, d die Eigenschaft P hat; und diesen 683 Fall hat man immer als
Vorbild vor Augen. Hier könnte ein Irrtum darin
bestehen, daß ich glaube c
hätte die Eigenschaft und, nachdem ich den Irrtum eingesehen
hätte, wüßte ich,
daß keine der Zahlen die
Eigenschaft hat. Die Analogie bricht eben hier
zusammen. (Das hängt damit zusammen, daß ich nicht in jedem Kalkül, in dem ich Gleichungen gebrauchen, eo ipso auch die Verneinungen von Gleichungen gebrauchen darf. Denn 2 × 3 ≠ 7 heißt nicht, daß die Gleichung “2 × 3 = 7” nicht vorkommen soll, wie etwa die Gleichung “3 × 3 = Sinus”, sondern die Verneinung ist eine Ausschließung innerhalb eines von vornherein bestimmten Systems. Eine Definition kann ich nicht verneinen, wie eine nach Regeln abgeleitete Gleichung.) Sagt man, das Intervall im Existenzbeweis sei nicht wesentlich, da ein andres Intervall es auch getan hätte, so heißt das natürlich nicht, daß das Fehlen einer Intervallangabe es auch getan hätte. – Der Beweis der Nichtexistenz hat zum Beweis der Existenz nicht das Verhältnis eines Beweises von p zum Beweis des Gegenteils. Man sollte glauben, in dem Beweis des Gegenteils von “(∃n). etc.” müßte sich eine Negation einschleichen || verirren können, durch die irrtümlicherweise “non.neg(∃n). etc.” bewiesen wird. Gehen wir doch einmal, umgekehrt, von den Beweisen aus und nehmen wir an, sie wären uns ursprünglich gezeigt worden und man hätte uns dann gefragt: was beweisen diese Rechnungen? Sieh auf die Beweise und entscheide dann, was sie beweisen. |
Die Methode der Kontrolle der
Wahrheit entspricht dem Sinn des mathematischen Satzes.
Kann von so einer Kontrolle nicht die Rede sein, dann fällt
die Analogie der “mathematischen Sätze” mit
dem, was wir sonst Satz nennen, zusammen. So gibt es
eine Kontrolle für die Sätze der Form “(∃k)
684 Denken wir nun an die Frage: “hat die Gleichung x² + ax + b = 0 eine reelle Lösung”. Hier gibt es wieder eine Kontrolle und die Kontrolle scheidet zwischen den Fällen (∃ …) etc. und non.neg(∃ …) etc.. Kann ich aber in demselben Sinne auch fragen und kontrollieren “ob die Gleichung eine Lösung hat”? es sei denn, daß ich diesen Fall wieder mit anderen || andern in ein System bringe. |
(In Wirklichkeit konstruiert der “Beweis des
Hauptsatzes der Algebra” eine neue Art von
Zahlen.) |
Der
“Satz der Mathematik”, welcher durch eine
Induktion bewiesen ist –, so aber,
daß man nach dieser Induktion nicht in
einem System von Kontrollen suchen ||
fragen kann, – ist nicht
‘Satz’ in dem Sinne, in welchem es
die Antwort auf eine mathematische Frage ist.
“Jede Gleichung G hat eine Wurzel”. Und wie, wenn sie keine hat? können wir diesen Fall beschreiben, wie den, daß sie keine rationale Lösung hat? Was ist das Kriterium dafür, daß eine Gleichung keine Lösung hat? Denn dieses Kriterium muß gegeben sein || werden, wenn die mathematische Frage einen Sinn haben soll und wenn das, was die Form eines Existenzsatzes hat, “Satz” im Sinne der Antwort auf eine Frage sein soll. || und wenn der Existenzsatz Antwort auf eine Frage sein soll. (Worin besteht die Beschreibung des Gegenteils; worauf stützt sie sich; auf welche Beispiele, und wie sind diese Beispiele mit einem besonderen Fall des bewiesenen Gegenteils verwandt? Diese Fragen sind nicht etwa nebensächlich, sondern absolut wesentlich.) (Die Philosophie der Mathematik besteht in einer genauen Untersuchung der mathematischen Beweise – nicht darin, daß man die Mathematik mit einem Dunst umgibt.) 685 |
“Wie kommt es, daß ich diesen
Satz (der Geometrie oder Arithmetik) nicht eigens beweisen
muß, sondern, daß er
durch den allgemeinen Beweis schon bewiesen
ist?” Aber Du mußt ihn
ja beweisen, – indem Du nämlich den besondern Satz
hinschreibst, denn das Übrige ist
nur, was allen Beweisen solcher Sätze gemeinsam ist.
(Du mußt diesen
euklidischen Satz
für jedes Dreieck von neuem beweisen; nur besteht allerdings
das Besondere dieses Beweises nur in der Zeichnung dieses
Dreiecks, da das Übrige durch die
allgemeine Form (den euklidischen
Beweis) schon vorgesehen ist.) |
3 × 2 = 5 + 1
3 ×
(a + 1) = 3 + (3 × a) = (5
+ b) + 3 = 5 + (b +
3) Warum nennst Du denn diese
Induktion den Beweis dafür, daß
(n): n ˃ 2
. ⊃ . 3 × n ≠
5?! – Nun, siehst Du denn nicht,
daß der Satz, wenn er für
n =
2 gilt, auch für n = 3 gilt, und dann auch für
n =
4, und daß es immer so weiter
geht? (Was erkläre ich denn, wenn ich das
Funktionieren des induktiven Beweises erkläre?)
Du nennst ihn also einen Beweis für “f(2) & f(3) &
f(4) &
u.s.w.”, ist er aber
nicht vielmehr die Form der Beweise für “f(2)” und
“f(3)” und
“f(4)”
u.s.w.? Oder kommt das auf
eins hinaus? Nun, wenn ich die Induktion
den Beweis eines Satzes nenne, dann darf ich es nur,
wenn das nichts anderes heißen soll, als
daß sie jeden Satz einer gewissen Form
beweist. (Und mein Ausdruck bedient sich der Analogie
vom Verhältnis der Sätze “alle Säuren
färben Lackmuspapier rot”,
“Schwefelsäure färbt Lackmuspapier
rot”.) Denken wir nun, jemand sagte “prüfen wir nach, ob f(n) für alle n gilt” und nun fängt er an, die Reihe zu schreiben: 3 × 2 = 5 + 1
3 × (2 + 1) = (3 × 2) + 3 = (5 + 1) + 3 = 5 + (1 + 3) 3 × (2 + 2) = (3 × (2 + 1)) + 3 = (5 + (1 + 3)) + 3 = 5 + (1 + 3 + 3) 668 und nun bricht
er ab und sagt: “ich sehe schon,
daß es für alle
n
gilt”. – So hat er also eine
Induktion gesehen! Aber hatte er denn
nach einer Induktion gesucht? Er hatte
ja gar keine Methode, um nach ihr || einer
zu suchen. Und hätte er nun keine
entdeckt, hätte er damit eine Zahl gefunden, die der Bedingung
nicht entspricht? – Die Regel der
Kontrolle kann ja nicht lauten: sehen wir nach,
ob sich eine Induktion findet, oder ein Fall, für den das
Gesetz nicht gilt. – Wenn das Gesetz vom
ausgeschlossenen Dritten nicht gilt, so
heißt das nur, daß
unser Ausdruck nicht mit einem Satz zu vergleichen ist.
Wenn wir sagen, die Induktion beweise den allgemeinen Satz, so denken wir: sie beweist, daß dieser Satz und nicht sein Gegenteil wahr ist || so wollen wir natürlich zur Ausdrucksform übergehen, sie beweise, daß dies, und nicht sein Gegenteil der Fall ist. Welches wäre aber das Gegenteil des Bewiesenen? Nun, daß (∃n).non.negfn der Fall ist. Damit verbinden wir zwei Begriffe: den einen, den ich aus meinem gegenwärtigen Begriff des Beweises von (n).f¤n¤ herleite, und einen andern, der von der Analogie mit (∃x).fx hergenommen ist. (Wir müssen ja bedenken, daß “(n).fn” kein Satz ist, solange ich kein Kriterium seiner Wahrheit habe; und dann nur den Sinn hat, den ihm dieses Kriterium gibt. Ich konnte freilich, schon ehe ich das Kriterium hatte || besaß, etwa nach einer Analogie zu (x).fx ausschauen.) Was ist nun das Gegenteil von dem, was die Induktion beweist? Der Beweis von (a + b)² = a² + 2ab + b² rechnet diese Gleichung aus im Gegensatz etwa zu (a + b)² = a² + 3ab + b². Was rechnet der Induktionsbeweis aus? |
Die
Gleichungen: 3 + 2 = 5 + 1,
3 ×
(a + 1) = (3 × a) + 3,
(5 + b) + 3 =
5 + (b + 3) im Gegensatz also etwa zu
3 + 2 =
5 + 6, 3
× (a + 1) = (4 ×
a) + 2, etc.. Aber dieses
Gegenteil entspricht ja nicht dem Satz
(∃x).fx. – Ferner ist nun mit jener Induktion im
Gegensatz jeder Satz von der Form
non-f(n),
nämlich || d.h.
der Satz “non-f(2)”,
“non-f(3)”,
669 u.s.w.;
d.h. die Induktion ist das
Gemeinsame in der Ausrechnung || den
Ausrechnungen von f(2),
f(3),
u.s.w.; aber sie ist nicht die
Ausrechnung “aller Sätze der Form
f(n)”, da ja
nicht eine Klasse von Sätzen in dem Beweis vorkommt, die ich
“alle Sätze der Form f(n)”
nenne. Jede einzelne nun von diesen Ausrechnungen
ist die Kontrolle eines Satzes von der Form
f(n). Ich
konnte nach der Richtigkeit dieses Satzes fragen und eine Methode
zu ihrer Kontrolle anwenden, die durch die Induktion nur auf eine
einfache Form gebracht war. Nenne ich aber die Induktion
“den Beweis eines allgemeinen Satzes”, so kann
ich nach der Richtigkeit dieses Satzes nicht fragen
(sowenig, wie nach der Richtigkeit der Form der
Kardinalzahlen). Denn, was ich Induktionsbeweis
nenne, gibt mir keine Methode zur Prüfung, ob
der allgemeine Satz richtig oder falsch ist; diese Methode
müßte mich vielmehr lehren,
auszurechnen (zu prüfen), ob sich für einen bestimmten
Fall eines Systems von Sätzen eine Induktion bilden
läßt, oder nicht. (Was
so geprüft wird, ist, ob alle n die oder jene Eigenschaft
haben, wenn ich so sagen darf; aber nicht, ob alle sie haben,
oder ob es einige gibt, die sie nicht haben. Wir rechnen
z.B. aus, daß
die Gleichung
x²
+ 3x + 1 = 0 keine rationalen
Lösungen hat (daß es keine rationale
Zahl gibt, die …) und nicht die Gleichung
x²
+ 2x +
|
Daher wir es seltsam empfinden, wenn uns gesagt wird, die
Induktion beweise den allgemeinen Satz; da wir das richtige
Gefühl haben, daß wir ja in der
Sprache der Induktion die allgemeine Frage gar nicht
hätten stellen können. Da uns ja nicht
zuerst eine Alternative gestellt war (sondern nur zu
sein schien, solange uns ein Kalkül mit endlichen Klassen
vorschwebte).
Die Frage nach der Allgemeinheit hätte || hatte vor dem Beweis noch gar keinen 688 Sinn, also ist sie auch keine
Frage, denn die Frage hätte nur Sinn gehabt, wenn eine
allgemeine Methode zur Entscheidung bekannt war,
ehe der besondere Beweis bekannt war. || Die Frage nach der Allgemeinheit hatte vor dem
Beweis noch gar keinen Sinn, also war sie auch keine Frage, denn
die hätte nur Sinn gehabt, wenn eine allgemeine Methode
der Entscheidung bekannt war, ehe der besondere
Beweis bekannt war.
Denn der Induktionsbeweis entscheidet nichts. || … entscheidet keine Streitfrage. || … entscheidet nicht in einer Streitfrage. |
Wenn gefragt || gesagt wird: “der Satz ‘(n).fn’
folgt aus der Induktion”
heiße nur: jeder Satz der Form
f(n) folge aus der
Induktion; – “der Satz ‘(∃n).
non-f(n)’
widerspreche || widerspricht der Induktion”
heiße nur: jeder Satz der Form
non-f(n)
werde durch die Induktion widerlegt, – so kann man sich
damit zufrieden geben || so kann man damit
einverstanden sein, aber wenn
wir jetzt fragen: Wie gebrauchen wir den Ausdruck
“der Satz (n).f(n)”
richtig? Was ist seine Grammatik. (Denn
daraus, daß ich ihn in gewissen Verbindungen
gebrauche, folgt nicht, daß ich ihn
überall dem Ausdruck “der Satz
(x).fx”
analog gebrauche.) |
Denken wir, es stritten sich Leute
darüber, ob in der Division 1 : 3
lauter Dreier im Quotienten herauskommen
müßten; sie hätten aber keine
Methode, wie dies zu entscheiden sei ||
um dies zu entscheiden. Nun
bemerkt Einer von ihnen die induktive Eigenschaft von
689 eine Entscheidung herbeigeführt,
denn die Induktion zeigt für jede Extension des Quotienten,
daß sie aus lauter 3 besteht.
Lassen sie aber die extensive Auffassung fallen, so entscheidet
die Induktion nichts. Oder nur das, was die Ausrechnung
von
Die Frage “gibt es eine rationale Zahl, die die Wurzel von x² + 3x + 1 = 0 ist” ist freilich durch eine Induktion entschieden, || : – aber hier habe ich eben eine Methode konstruiert, um Induktionen zu bilden; und die Frage hat ihren Wortlaut nur, weil es sich um eine Konstruktion von Induktionen handelt. D.h. die Frage wird durch eine Induktion entschieden, wenn ich nach dieser Induktion fragen konnte. Wenn mir also ihr Zeichen von vornherein auf ja und nein bestimmt war, so daß ich rechnerisch zwischen ihnen entscheiden konnte, wie z.B., ob der Rest in 5 : 7 gleich oder ungleich dem Dividenden sein wird. (Die Verwendung der Ausdrücke “alle …” und “es gibt …” für diese Fälle hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Verwendung des Wortes “unendlich” im Satz “heute habe ich ein Lineal mit unendlichem Krümmungsradius gekauft”.) |
Kenne ich die Regeln der elementaren Trigonometrie, so
kann ich den Satz sin 2x = 2 sin x.cos x
kontrollieren, aber nicht den Satz sin x = x ‒
690 elementaren Trigonometrie
und der Sinus der höheren Trigonometrie
verschiedene Begriffe sind. Die beiden Sätze stehen gleichsam auf zwei verschiedenen Ebenen. In der ersten kann ich mich bewegen, soweit ich will, ich werde nie zu dem Satz auf der höheren Ebene kommen. Der Schüler, dem das Rüstzeug der elementaren Trigonometrie zur Verfügung stünde und von dem die Überprüfung der Gleichung sin x = x ‒
|
Man könnte sagen: In der
Geometrie der euklidischen Ebene
kann man nach der 3-Teilung des Winkels nicht suchen, weil es sie
nicht gibt – und nach der 2-Teilung nicht, weil es sie
gibt. |
In der Welt
der euklidischen
Elemente kann ich ebensowenig nach der 3-Teilung des
Winkels fragen, wie ich nach ihr suchen kann. Es ist
von ihr einfach nicht die Rede. |
Wir müssen übrigens hier eine
Unterscheidung zwischen gewissen Arten von Fragen machen, eine
Unterscheidung, die wieder zeigt, daß, was
wir in der Mathematik “Frage” nennen, von dem
verschieden ist, was wir im alltäglichen Leben so
nennen. Wir müssen unterscheiden zwischen einer
Frage “wie teilt man den Winkel in 2 gleiche Teile”
und der Frage “ist diese Konstruktion die
Halbierung des Winkels”. Die Frage hat nur Sinn
in einem Kalkül, der uns eine Methode zu ihrer Lösung gibt;
nun kann uns ein Kalkül sehr wohl eine Methode zur
Beantwortung der einen Frage geben, aber nicht zur Beantwortung der
andern. Euklid
z.B. lehrt uns nicht 691 nach der Lösung seiner
Probleme suchen, sondern gibt sie uns und beweist,
daß es die Lösungen sind. Das
ist aber keine psychologische oder pädagogische
Angelegenheit, sondern eine mathematische.
D.h. der Kalkül (den
er uns gibt) ermöglicht es uns nicht, nach der Konstruktion zu
suchen. Und ein Kalkül, der es ermöglicht, ist
eben ein anderer. (Vergleiche auch
Methoden des Integrierens mit denen des Differenzierens;
etc..) |
Ich kann nicht fragen, ob die 4 unter den
Kombinationszahlen vorkommt, wenn dieses || das
mein Zahlensystem ist. Und nicht, ob
Bezeichnen wir mit “Kardinalzahlen” nicht einen Teil der rationalen Zahlen, so können wir nicht ausrechnen, ob
|
Statt des Problems der 3-Teilung des Winkels mit Lineal und
Zirkel können wir nun ein ganz entsprechendes, aber viel
übersichtlicheres, untersuchen. Es steht uns ja
frei, die Möglichkeiten der Konstruktion mit Lineal und
Zirkel weiter einzuschränken. So können wir
z.B. die Bedingung setzen,
daß sich die
Öffnung des Zirkels nicht verändern
läßt. Und wir können
festsetzen, daß die einzige Konstruktion, die
wir kennen – oder besser: die unser Kalkül kennt
– diejenige ist, die man zur Halbierung einer Strecke AB
benützt, nämlich: 654 |
(Das
könnte z.B. tatsächlich die primitive
Geometrie eines Volkes sein. Und für sie gälte
das, was ich über die Gleichberechtigung der Zahlenreihe
“1, 2, 3, 4, 5, viele” mit der Reihe der
Kardinalzahlen gesagt habe.
Überhaupt ist es für unsere
Untersuchungen ein guter Trick, sich die
Arithmetik oder Geometrie eines primitiven Volks
auszumalen ||
vorzustellen.)
Ich will diese Geometrie das System T nennen und fragen: “ist die 3-Teilung der Strecke im System T möglich?” Welche 3-Teilung ist in dieser Frage gemeint? – denn davon hängt offenbar der Sinn der Frage ab. Ist z.B. die physikalische 3-Teilung gemeint? D.h. die 3-Teilung durch Probieren und Nachmessen. In diesem Falle ist die Frage vielleicht zu bejahen. Oder die optische 3-Teilung? d.h. die Teilung, deren Resultat drei gleichlang aussehende Teile sind? Wenn wir z.B. durch ein verzerrendes Medium sehen, so ist es ganz leicht vorstellbar, daß uns die Teile a, b, und c gleichlang erscheinen. Nun könnte man die Resultate der Teilungen im System T nach der Zahl der erzeugten Teile durch die Zahlen 2, 2², 2³, u.s.w. darstellen; und die Frage, ob die 3-Teilung möglich ist, könnte bedeuten: ist eine der Zahlen in dieser Reihe = 3. Diese Frage kann freilich nur gestellt werden, wenn die 2, 2², 2³, etc. in einem andern System (etwa den Kardinalzahlen) eingebettet sind; nicht, wenn sie selbst unser Zahlensystem sind; denn dann kennen wir – oder unser System – eben die 3 nicht. – Aber wenn unsere Frage lautet: ist eine der Zahlen 2, 2², etc. gleich 3, so ist hier eigentlich von einer 3-Teilung der Strecke nicht die Rede. Immerhin kann || könnte die Frage nach der Möglichkeit der 3-Teilung so aufgefaßt werden. – Eine andere Auffassung erhalten wir, nun, wenn wir dem System T ein System V hinzufügen, worin es die Streckenteilung nach Art dieser Figur gibt. Es kann nun gefragt werden: ist die Teilung V in 655 108 Teile eine Teilung der Art
T? Und diese Frage könnte wieder auf die
hinauslaufen: ist 108 eine Potenz von 2? aber sie
könnte auch auf eine andere Entscheidungsart hinweisen
(einen andern Sinn haben), wenn wir die Systeme T und
V zu einem geometrischen Konstruktionssystem
verbinden; so zwar, daß es
sich nun in diesem System beweisen läßt,
daß die beiden Konstruktionen die
gleichen Teilungspunkte B, C, D “liefern
müssen”. Denken wir nun, es hätte Einer im System T eine Strecke AB in 8 Teile geteilt, nehme diese nun zu den Strecken a, b, c zusammen und fragte: ist das eine 3-Teilung || eine Teilung in 3 gleiche Teile. (Wir könnten uns den Fall übrigens leichter mit einer größeren Anzahl ursprünglicher Teile vorstellen, die es möglich macht, 3 gleichlang aussehende Gruppen von Teilen zu bilden.) Die Antwort auf diese Frage wäre der Beweis, daß 2³ nicht durch 3 teilbar ist; oder der Hinweis darauf, daß sich die Teile a, b, c wie 1:3:4 verhalten. Und nun könnte man fragen: habe ich also im System T nicht doch einen Begriff von der 3-Teilung, nämlich der Teilung, die die Teile a, b, c im Verhältnis 1:1:1 hervorbringt? Gewiß, ich habe nun einen neuen Begriff ‘3-Teilung einer Strecke’ eingeführt; wir könnten ja sehr wohl sagen, daß wir durch die 8-Teilung der Strecke AB die Strecke CB in 3 gleiche Teile geteilt haben, wenn das eben heißen soll: wir haben eine Strecke erzeugt, die aus 3 gleichen Teilen besteht. Die Perplexität, in der wir uns bezüglich des Problems der 3-Teilung befanden, war etwa die: Wenn die 3-Teilung des Winkels unmöglich ist – logisch unmöglich – wie kann man dann überhaupt nach ihr fragen? Wie kann man das logisch Unmögliche beschreiben und nach seiner Möglichkeit sinnvoll fragen? D.h., wie kann man logisch nicht zusammenpassende Begriffe zusammenstellen (gegen die Grammatik, also unsinnig) und sinnvoll nach der 694 Möglichkeit dieser
Zusammenstellung fragen? – Aber dieses Paradox
fände sich ja wieder, wenn man fragt: “ist
25 × 25 =
620?” – da es doch
logisch unmöglich ist,
daß diese Gleichung stimmt; ich
kann ja nicht beschreiben, wie es wäre, wenn –.
Ja, der Zweifel ob 25 × 25 = 620 (oder
der, ob es = 625 ist) hat eben den Sinn, den die Methode
der Prüfung ihm gibt. Und die Frage nach der
Möglichkeit der 3-Teilung hat den Sinn, den die Methode
der Prüfung ihr gibt. Es ist ganz richtig: wir
stellen uns hier nicht vor, oder beschreiben, wie es ist, wenn
25 × 25 =
620 ist, und das heißt eben,
daß wir es hier mit einer andern
(logischen) Art von Frage zu tun haben, als etwa der:
“ist diese Straße 620 oder
625 m lang?” |
(Wir sprechen von einer
“Teilung des Kreises in 7 Teile”
und von einer Teilung des Kuchens in 7 Teile.) |
Man ist geneigt, zu glauben,
daß die Notation, die eine Reihe durch
Anschreiben einiger Glieder mit dem Zeichen
“u.s.w.”
darstellt, wesentlich unexakt ist, im Gegensatz zur
Angabe des allgemeinen Gliedes. Dabei
vergißt man, daß die
Angabe des allgemeinen Gliedes sich auf eine Grundreihe bezieht,
welche nicht wieder durch ein allgemeines Glied beschrieben sein
kann. So ist 2n + 1 das allgemeine Glied der
ungeraden Zahlen, wenn n die Kardinalzahlen
durchläuft, aber es wäre Unsinn zu sagen,
n
sei das allgemeine Glied der Reihe der Kardinalzahlen. Wenn
man diese Reihe erklären will, so kann man es nicht durch
Angabe des “allgemeinen Gliedes
n”, sondern natürlich nur durch
eine Erklärung der Art
1, 1 + 1,
1 + 1 + 1, u.s.w..
Und es ist natürlich kein wesentlicher Unterschied zwischen
dieser Reihe und der: 1, 1 + 1 + 1, 1 + 1 + 1 + 1 + 1,
u.s.w., die ich ganz ebensogut als
Grundreihe hätte nehmen || annehmen können
(sodaß dann das allgemeine Glied der
Kardinalzahlenreihe
695 |
(Frege hätte
noch gesagt: “es gibt vielleicht Völker || Menschen, die in der Kenntnis der
Kardinalzahlenreihe nicht über die 5 hinausgekommen sind
(und etwa das Übrige der Reihe nur in
unbestimmter Form sehen, aber diese Reihe existiert
unabhängig von uns”. Existiert das
Schachspiel unabhängig von uns, oder nicht?
–) |
Den
Mathematiker muß es bei meinen
mathematischen Ausführungen grausen, denn seine Schulung hat
ihn immer davon abgelenkt, sich Gedanken und Zweifeln, wie ich sie
aufrolle, hinzugeben. Er hat sie als etwas
Verächtliches ansehen lernen und hat, um eine Analogie aus der
Psychoanalyse (dieser Absatz erinnert an
Freud) zu gebrauchen, einen
Ekel vor diesen Dingen erhalten, wie vor etwas
Infantilem. D.h., ich rolle alle
jene Probleme auf, die etwa ein Knabe || Kind
beim Lernen der Arithmetik, etc.
als Schwierigkeiten empfindet und die der Unterricht unterdrückt,
ohne sie zu lösen. Ich sage also zu diesen
unterdrückten Zweifeln: ihr habt ganz recht, fragt nur,
und verlangt nach Aufklärung! |
Die Wirkung einer in die Sprache aufgenommen
falschen Analogie: Sie
bedeutet﹖ einen ständigen Kampf und
Beunruhigung (quasi einen ständigen Reiz). Es
ist, wie wenn ein Ding aus der Entfernung ein Mensch zu sein
scheint, weil wir dann Gewisses nicht wahrnehmen, und in
der Nähe sehen wir, daß es ein
Baumstumpf ist. Kaum entfernen wir uns ein wenig und
verlieren die Erklärungen aus dem Auge, so erscheint uns
eine Gestalt, sehen wir
darauf hin näher zu, so sehen
wir eine andere; nun entfernen wir uns wieder,
etc. etc.. |
(Ich kann der Aufgabe der 3-Teilung
des Winkels in einem größern System
ihren Platz bestimmten, aber nicht im System der
euklidischen 696 Elemente
nach ihrer Lösbarkeit fragen || danach
fragen, ob sie lösbar ist. In
welcher Sprache sollte ich denn danach fragen?
in der euklidischen? – Und ebensowenig kann ich in der
euklidischen Sprache nach der
Möglichkeit der 2-Teilung des Winkels im
euklidischen System fragen.
Denn das würde in dieser Sprache auf eine Frage nach der
Möglichkeit schlechthin hinauslaufen, welche immer Unsinn
ist.) |
(Die
Klassifikationen der Philosophen und Psychologen: sie
klassifizieren Wolken nach ihrer Gestalt.) |
Es ist unmöglich, Entdeckungen
neuartiger Regeln zu machen, die von einer uns bekannten Form
(etwa dem Sinus eines
Winkels) gelten. Sind es neue Regeln, so ist es
nicht die alte Form. |
Man faßt die Periodizität eines
Bruches, z.B.
697
im Gegensatz zu einer andern, nicht die
Regelmäßigkeit im Gegensatz zur
Unregelmäßigkeit. Die
periodische Division, also
|
Und das Zeichen
“[0˙3, 0,x,
0,x3]” ist kein
Ersatz für eine Extension, sondern das vollwertige Zeichen
selbst; und ebensogut ist
“0˙3̇
”.
Es sollte uns doch zu denken geben, daß
ein Zeichen der Art “0˙3̇
”
genügt, um damit zu machen, was wir
brauchen. Es ist kein Ersatz, und im
Kalkül gibt es keinen Ersatz. Wenn man meint, die besondere Eigenschaft der Division
698 die ich gebildet habe?
Aber andere gibt es ja nicht. Am absurdesten
würde die Redeweise, wenn man sagte: die Eigenschaft der
Division sei ein Anzeigen dafür,
daß das Resultat die Form
[0,a,
0, x,
0, xa]
habe; das wäre so, als wollte man sagen: eine Division
ist das Anzeichen dafür, daß eine
Zahl herauskommt. Das Zeichen
“0˙3̇
”
drückt seine Bedeutung nicht von einer
größeren Entfernung aus, als
“0,333 …”, denn dieses
Zeichen gibt eine Extension von drei Gliedern und eine Regel; die
Extension 0,333
ist für unsere Zwecke nebensächlich und so bleibt nur
die Regel, die “[0˙3,
0, x,
0, x3]”
ebensogut gibt. Der Satz “die Division wird nach
der ersten Stelle periodisch”
heißt soviel wie:
“der erste Rest ist gleich dem Dividenden”.
Oder auch: der Satz “die Division wird von der
ersten Stelle an ins Unendliche die gleiche Ziffer
erzeugen” heißt
“der erste Rest ist gleich dem Dividenden”;
so wie der Satz “dieses Lineal hat einen unendlichen
Radius” heißt, es sei
gerade. |
Man
könnte nun sagen: die Stellen des ||
eines Quotienten von
1 : 3 sind notwendig
alle 3, und das würde wieder nur
heißen, daß der
erste Rest gleich dem Dividenden ist und die erste Stelle des
Quotienten 3. Die Verneinung des ersten Satzes ist daher
gleich der Verneinung des zweiten. Es ist also dem
“notwendig alle” nichts entgegengesetzt, was
man “zufällig alle” nennen könnte;
“notwendig alle” ist sozusagen ein
Wort. Ich brauche nur fragen: Was ist das
Kriterium der notwendigen Allgemeinheit, und was wäre das, der
zufälligen (das Kriterium dafür also,
daß zufällig alle Zahlen die Eigenschaft
ε
haben)? |
Hat
der rekursive Beweis von a + (b + c) =
(a + b) + c …A) eine Frage
beantwortet? und welche? Hat er eine Behauptung
als wahr erwiesen und also ihr Gegenteil als falsch?
664 |
Das, was Skolem || man den rekursiven Beweis von A nennt, kann man so
schreiben:
a + (b + 1) =
(a + b) + 1
In diesem Beweis kommt offenbar der bewiesene Satz gar nicht
vor. – Man müßte nur
eine allgemeine Bestimmung machen ||
treffen, die den
Übergang zu ihm erlaubt.
Diese Bestimmung könnte man so ausdrücken:
a + (b + (c + 1)) = a + ((b + c) + 1) = (a + (b + c)) + 1 B (a + b) + (c + 1) = ((a + b) + c) + 1
Wenn 3 Gleichungen von der Form α, β, γ bewiesen sind, so sagen wir, es sei “die Gleichung ∆ für alle Kardinalzahlen bewiesen”. Das ist eine Erklärung dieser Ausdrucksform durch die erste. Sie zeigt, daß wir das Wort “beweisen” im zweiten Fall anders gebrauchen als im ersten. Es ist jedenfalls irreführend, zu sagen, wir hätten die Gleichung ∆ oder A bewiesen, und vielleicht besser zu sagen, wir hätten ihre Allgemeingültigkeit bewiesen, obwohl das wieder in anderer Hinsicht irreführend ist. Hat nun der Beweis B eine Frage beantwortet, eine Behauptung als wahr erwiesen? Ja, welches ist denn der Beweis B: Ist || ist es die Gruppe der 3 Gleichungen von der Form α, β, γ, oder die Klasse der Beweise dieser Gleichungen? Diese Gleichungen behaupten ja etwas (und beweisen nichts in dem Sinne, in dem sie bewiesen werden). Die Beweise von α, β, γ aber beantworten die Frage, ob diese 3 Gleichungen stimmen, und erweisen die Behauptung als wahr, daß sie stimmen. Ich kann nun erklären: die Frage, ob A für alle Kardinalzahlen gilt, solle bedeuten: “gelten für die Funktionen f(x) = a + (b + x), g(x) = (a + b) + x Gleichungen α, β und γ?” Und dann ist diese Frage durch den rekursiven Beweis von A beantwortet, wenn hierunter die Beweise von α, β, γ verstanden 700 werden
(bezw. die Festsetzung von
α und die Beweise von
β und γ
mittels α).
Ich kann also sagen, daß der rekursive Beweis ausrechnet, daß die Gleichung A einer gewissen Bedingung genügt; aber es ist nicht eine Bedingung der Art, wie sie etwa die Gleichung (a + b)² = a² + 2ab + b² erfüllen muß, um “richtig” genannt zu werden. Nenne ich A “richtig”, weil sich Gleichungen von der Form u, v, w dafür beweisen lassen, so verwende ich jetzt das Wort “richtig” anders, als im Falle der Gleichungen α, β, γ, oder (a + b)² = a² + 2ab + b². Was heißt “1 : 3 = 0˙3̇ ”? heißt es dasselbe wie “
“1 : 3 = 0˙3̇ ” ist nicht von der Art, wie “1 : 2 = 0,5”; vielmehr entspricht “10 : 2 = 0,5” dem “
Ich will einmal statt der Schreibweise “1 : 4 = 0,25” die adoptieren: “1
dann kann ich sagen, diesem Satz entspricht nicht der: 1 : 3 = 0˙3̇ , sondern z.B. der: “1
701 daß die
Division a : b als Quotienten
0˙ċ
ergibt,
ist dieselbe wie die: die erste Stelle des Quotienten sei
c und der
erste Rest gleich dem Dividenden.
Nun steht B zur Behauptung, A gelte für alle Kardinalzahlen, im selben Verhältnis, wie
|
Der Gegensatz zu der Behauptung “A gilt
für alle Kardinalzahlen” ist nun: eine der
Gleichungen α,
β, γ sei
falsch. Und die entsprechende Frage sucht keine
Entscheidung zwischen einem (x).fx
und einem (∃x).non-fx.
|
Die Konstruktion der
Induktion ist nicht ein Beweis, sondern eine
bestimmte Zusammenstellung (ein Muster im Sinne
von Ornament) von Beweisen. Man kann ja auch nicht
sagen: ich beweise eine Gleichung, wenn ich drei
beweise. Wie die Sätze einer Suite nicht
einen Satz ergeben. |
Der “rekursive Beweis” ist
das allgemeine Glied einer Reihe von Beweisen. Er ist
also ein Gesetz, nach dem man Beweise konstruieren kann.
Wenn gefragt wird, wie es möglich
ist, daß mir diese allgemeine Form den
Beweis eines speziellen Satzes, z.B.
7 + (8 + 9)
= (7 + 8) + 9 ersparen kann, so ist die
Antwort, daß sie nur alles zum Beweis dieses
Satzes vorbereitet hat, ihn aber nicht beweist (er kommt ja
in ihr nicht vor). Der Beweis besteht vielmehr
aus der allgemeinen Form zusammen mit dem Satz. |
Unsere gewöhnliche
Ausdrucksweise trägt den Keim der Verwirrung in ihre
Fundamente, indem sie das Wort “Reihe”
einerseits im Sinne von ‘Extension’,
anderseits im Sinne von ‘Gesetz’ gebraucht.
Das Verhältnis der beiden kann man sich an
der Maschine klarmachen, die Schraubenfedern 702 erzeugt. Hier wird durch
einen schraubenförmig gewundenen Gang
ein Draht geschoben, der nun so viele Schraubenwindungen
erzeugt, als man erzeugen will. Das, was man die
unendliche Schraube nennt, ist nicht vielleicht etwas von der Art
der endlichen Drahtstücke, oder etwas, dem sich diese
nähern je länger sie werden, sondern das Gesetz der
Schraube, wie es in dem kurzen Gangstück verkörpert
ist. Der Ausdruck “unendliche
Schraube” oder “unendliche Reihe” ist daher
gänzlich irreführend. |
Wir können also den rekurrierenden Beweis
immer auch als Reihenstück mit dem
“u.s.w.” anschreiben und
er verliert dadurch nicht seine Strenge. Und zugleich
zeigt diese Schreibweise klarer sein Verhältnis zur Gleichung
A. Denn nun verliert der rekursive Beweis jeden
Schein einer Rechtfertigung von A im Sinne eines
algebraischen Beweises – etwa von
(a + b)² = a² +
2ab + b². Dieser Beweis mit Hilfe der
algebraischen Rechnungsregeln ist vielmehr ganz analog einer
Ziffernrechnung. |
Man kann auch so sagen: Sofern man die Regel, in
irgend einem Spiel Dezimalbrüche zu bilden, die nur
aus der Ziffer 3 bestehen, – sofern man
diese Regel als eine Art Zahl
auffaßt, kann eine Division sie nicht
zum Resultat haben, sondern nur das, was man periodische
Division nennen kann und was die Form
aa : b = c hat. |
Kann es keinen Beweis geben, der
bloß zeigt,
daß
z.B. jede Multiplikation im Dezimalsystem nach
den Regeln eine Zahl des Dezimalsystems liefern
muß? – Er
müßte analog sein einem Beweis
dafür, daß durch Addition von
Ausdrücken der Art (1), ((1) + 1),
(((1) + 1) + 1),
u.s.w. immer 703 wieder Ziffern von dieser Form
erzeugt werden. Kann man das nun beweisen?
Der Beweis liegt offenbar in der Regel der Addition solcher
Ausdrücke, d.h. in der Definition und in
nichts anderem. (Man könnte ja auf die
Frage, auf die der Beweis die Antwort geben sollte, auch
sagen: “Ja, was soll die Addition denn sonst
ergeben?”) |
Die rekursive Definition ist eine Regel zur Bildung von
Ersetzungsregeln. Oder auch das allgemeine Glied einer
Reihe von Definitionsreihen. Sie ist ein Wegweiser,
der alle Ausdrücke einer bestimmten Form auf
einem Wege heimweist. |
A, als Regel für das algebraische
Rechnen, kann nicht rekursiv bewiesen werden; das würde man
besonders klar sehen, wenn man den “rekursiven
Beweis” als eine Reihe arithmetischer Ausdrücke
hinschriebe. Denkt man sie sich hingeschrieben
(d.h. ein Reihenstück mit dem
“u.s.w.”), aber ohne
die Absicht irgend etwas zu “beweisen”, und
nun fragte Einer: “beweist dies
a + (b + c) =
(a + b) + c?”, so würden
wir erstaunt zurückfragen: “wie
kann es denn so was beweisen? in der Reihe kommen doch nur
Ziffern und keine Buchstaben vor!” –
Wohl aber könnte man nun sagen: Wenn ich
für das Buchstabenrechnen die Regel A einführe, so
kommt dieser Kalkül dadurch in einem bestimmten Sinn in
Einklang mit dem Kalkül der Kardinalzahlen, wie ich ihn
durch das Gesetz der Additionsregeln (rekursive
Definition a + (b + 1) =
(a + b) + 1) festgelegt habe. |
Wenn die Regeln des
algebraischen Rechnens mit denen des Rechnens mit reellen
Zahlen übereinstimmen sollen, so muß ich
z.B. von der Gleichung
x² +
2x + 2 = 0 sagen, sie habe keine
Lösung. Ich 704 werfe dann alle quadratischen
Gleichungen, die eine Lösung haben, sozusagen, in einen
Topf. Wenn ich aber einmal frage: wie nahe kommt denn
diese Gleichung, die keine Lösung hat, einer, die eine
Lösung hat, – so operiere ich bereits mit
komplexen Zahlen, indem ich die Gleichungen selbst als
eine Art Zahlen behandle; d.h. einen Kalkül
mit Gleichungen konstruiere, der dem, mit den reellen Zahlen
(z.B.) in gewisser Beziehung || in gewissen Beziehungen analog
ist.) |
Phänomenologische Sprache: Die
Beschreibung der unmittelbaren Sinneswahrnehmung, ohne
hypothetische Zutat. Wenn etwas, dann
muß doch wohl die Abbildung durch ein
gemaltes Bild oder dergleichen eine solche Beschreibung der
unmittelbaren Erfahrung sein. Wenn wir also
z.B. in ein Fernrohr sehen und die gesehene
Konstellation aufzeichnen oder malen. Denken wir uns
sogar unsere Sinneswahrnehmung dadurch reproduziert,
daß zu ihrer Beschreibung ein Modell erzeugt
wird, welches von einem bestimmten Punkt gesehen, diese
Wahrnehmungen erzeugt; das Modell könnte mit einem
Kurbelantrieb in die richtige Bewegung gesetzt werden und wir
könnten durch Drehen der Kurbel die Beschreibung
herunterlesen. (Eine Annäherung hierzu
wäre eine Darstellung im Film.)
Ist das keine Darstellung des Unmittelbaren – was sollte eine sein? – Was noch unmittelbarer sein wollte, müßte es aufgeben, eine Beschreibung zu sein. – ﹖– Es kommt dann vielmehr statt einer Beschreibung jener unartikulierte Laut heraus –﹖, mit dem manche Autoren die Philosophie gerne anfangen möchten. (“Ich habe, um mein Wissen wissend, bewußt etwas” Driesch.) |
Was wir die Zeit im Phänomen
(specious present) nennen können, liegt nicht
in der Zeit (Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) 705 der Geschichte, ist keine
Strecke der Zeit. Während, was wir unter
“Sprache” verstehen, ||
Während der Vorgang der “Sprache”
in der homogenen geschichtlichen
Zeit abläuft. (Denke an den Mechanismus zur
Beschreibung der unmittelbaren Wahrnehmung.) |
(Von welcher Wichtigkeit ist
denn diese Beschreibung des gegenwärtigen
Phänomens, die für uns gleichsam zur fixen Idee werden
kann. Daß wir darunter leiden,
daß die Beschreibung nicht das beschreiben
kann, was beim Lesen der Beschreibung vor sich geht. Es
scheint, als wäre die Beschäftigung mit dieser Frage
geradezu kindisch und wir in eine Sackgasse
hineingeraten. Und doch ist es eine bedeutungsvolle
Sackgasse, denn in sie lockt es Alle zu
gehen; als wäre dort die letzte Lösung der
philosophischen Probleme zu suchen. – Es ist, als
käme man mit dieser Darstellung des gegenwärtigen
Phänomens in einen verzauberten Sumpf, wo alles
Erfaßbare verschwindet.)
Anderseits brauchen wir eine Ausdrucksweise, die Vorgänge || Phänomene des Gesichtsraums getrennt von den Erfahrungen andrer Art darstellt. |
Wenn wir vom Gesichtsraum reden, so werden wir leicht zu
der Vorstellung verführt, als wäre er eine Art von
Guckkasten, den jeder mit || vor
sich herumtrüge.
D.h. wir verwenden dann das Wort
“Raum” ähnlich, wie wenn wir ein Zimmer
einen Raum nennen. In Wirklichkeit aber
bezieht sich doch das Wort “Gesichtsraum” nur
auf eine Geometrie, ich meine, auf einen Abschnitt der Grammatik
unserer Sprache. In diesem Sinne gibt es keine “Gesichtsräume”, die etwa jeder seinen Besitzer hätten. (Und etwa auch solche, vazierende, die gerade niemandem gehören?) 706 |
“Aber kann nicht ich in meinem Gesichtsraum eine
Landschaft, und Du in dem Deinen ein Zimmer sehen?”
– Nein, – ‘ich sehe in meinem
Gesichtsraum’ ist Unsinn. Es
muß heißen
“ich sehe eine Landschaft und Du
etc.” – und das wird nicht
bestritten. Was uns hier irreführt, ist eben das
Gleichnis vom Guckkasten, oder etwa von einer kreisrunden
weißen Scheibe, die wir
gleichsam als Projektionsleinwand mit uns trügen, und die der
Raum ist, in dem das jeweilige Gesichtsbild erscheint. Aber
der Fehler an diesem Gleichnis ist, daß es
sich die Gelegenheit – die Möglichkeit – zum
Erscheinen eines visuellen Bildes selbst visuell vorstellt; denn die
weiße Leinwand ist ja selbst ein
Bild. |
Es ist nun
wichtig, daß der Satz “das Auge,
womit ich sehe, kann ich nicht unmittelbar sehen” ein
verkappter Satz der Grammatik, oder Unsinn, ist. Der
Ausdruck “näher am (oder, weiter vom) sehenden
Auge” hat nämlich eine andere Grammatik, als der
“näher an dem blauen Gegenstand, welchen ich
sehe”. Die visuelle Erscheinung, die der
Beschreibung entspricht “A setzt die Brille
auf”, ist von der grundverschieden, die ich mit den
Worten beschreibe: “ich setze die Brille
auf”. Ich könnte nun sagen:
“mein Gesichtsraum hat
Ähnlichkeit mit einem
Kegel”, aber dann muß es
verstanden werden, daß ich hier den Kegel
als Raum, als Repräsentanten einer Geometrie, nicht
als Teil eines Raumes (Zimmer) denke.
(Also ist es mit dieser Idee nicht verträglich,
daß ein Mensch durch ein Loch an der
Spitze in den Kegel hineinschaut || ein Loch in der
Spitze des Kegels in diesen hineinschaut.)
|
Zwingt mich etwas zu der
Deutung, daß der Baum, den ich durch mein
Fenster sehe, größer ist, als das
Fenster? Das kommt darauf an, wie ich die Wörter
“größer” und
“kleiner” gebrauche. – Denken wir
uns die normale ||
alltägliche visuelle Erfahrung
wäre es für uns, Stäbe in 707 verschiedenen Lagen zu sehen, die
durch Teilstriche in (visuell) gleiche Teile geteilt,
wären. Könnte sich da nicht ein doppelter
Gebrauch der Worte “länger” und
“kürzer” einbürgern. Wir
würden nämlich manchmal den Stab den längeren
nennen, der in mehr Teile geteilt wäre;
etc.. |
Im Gesichtsraum gibt es absolute Lage. Wenn ich
durch ein Aug schaue, sehe ich meine Nasenspitze.
Würde diese abgeschnitten und entfernt, mir aber dann in
die Hand gegeben, so könnte ich sie ohne Hilfe des Spiegels
und bloß ﹖– durch
die Kontrolle des Sehens –﹖ wieder an ihre
alte Stelle setzen; auch dann, wenn sich inzwischen alles in meinem
Gesichtsbild geändert hätte. Der Satz
“ich sehe das sehende Auge im Spiegel” ist nur
scheinbar von der Form des Satzes “ich sehe das Auge des
Andern im Spiegel”, denn es hat keinen Sinn zu
sagen: “ich sehe das sehende Auge”.
Wenn ich “visuelles Auge” das Bild
nenne, was mir etwa das Auge eines Andern bietet, so kann ich
sagen, daß das Wort “das sehende
Aug” nicht einem visuellen Auge entspricht. |
Mein Gesichtsfeld weist keine
Unvollständigkeit auf, die mich dazu bringen könnte, mich
umzuwenden und || um zu sehen, was hinter mir
liegt. Im Gesichtsraum gibt es kein “hinter
mir”; und wenn ich mich umwende, ändert
sich ja bloß mein Gesichtsbild, wird aber
nicht vervollständigt.
(﹖– Der “Raum um mich
herum” ist eine Verbindung von Sehraum und
Muskelgefühlsraum –﹖.)
Es hat keinen Sinn, im Gesichtsraum von der Bewegung eines
Gegenstandes zu reden, die um das
sehende Auge hinten herum führt. |
Beziehung zwischen physikalischem Raum
und Gesichtsraum. Denke an das Sehen bei
geschlossenen Augen (Nachbilder, etc.)
und an die Traumbilder. 708 |
(Wir
befinden uns mit unserer Sprache (als physischer Erscheinung)
sozusagen nicht im Bereich des projizierten Bildes auf der
Leinwand, sondern im Bereich des Films, der durch die Laterne
geht. Und wenn ich zu dem Vorgang auf der Leinwand Musik
machen will, muß das, was sie hervorruft,
sich wieder im Gebiet des Films abspielen. Das
gesprochene Wort im Sprechfilm, das die Vorgänge auf der
Leinwand begleitet, ist ebenso fliehend﹖ ||
fließend﹖,
wie diese Vorgänge, und nicht das Gleiche wie der
Tonstreifen. Der Tonstreifen begleitet nicht das Spiel auf
der Leinwand.) |
Gedächtniszeit. Sie ist (wie der
Gesichtsraum) nicht ein Teil der
großen Zeit, sondern die
spezifische Ordnung der Ereignisse oder Situationen im
Gedächtnis || in der
Erinnerung. In dieser Zeit gibt es
z.B. keine Zukunft.
Gesichtsraum und physikalischer Raum,
Gedächtniszeit und physikalische Zeit, verhalten sich
zueinander nicht wie ein Stück der Kardinalzahlenreihe zum
Gesetz dieser Reihe (“der || zur ganzen
Zahlenreihe”), sondern, wie das System der
Kardinalzahlen zu dem, der rationalen Zahlen. Und dieses
Verhältnis erklärt auch den Sinn der Meinung,
daß der eine Raum den andern
einschließt, enthält. |
Begriff und Gegenstand:
das ist bei Russell und
Frege eigentlich
Eigenschaft und Ding; und zwar denke ich hier an einen
räumlichen Körper und seine Farbe.
Man kann auch sagen: Begriff und
Gegenstand: || , – das ist
Prädikat und Subjekt. Und die
Subjekt-Prädikat-Form ist eine
Ausdrucksform menschlicher Sprachen. Es
ist die Form “x ist y”
(“x ε
y”): “mein Bruder ist
groß”, “das Gewitter ist
nahe”, “dieser Kreis ist rot”,
“August ist stark”, “2 ist eine
Zahl”, “dieses Ding ist ein Stück
Kohle”. Wie nun die Physik von Körpern der Erfahrung den Begriff des 6
materiellen Punktes abgezogen hat, ähnlich hat man von der
Subjekt-Prädikat-Form unserer Sprachen
die Subjekt-Prädikat-Form der Logik abgezogen.
Die reine S-P-Form soll nun
af(x) sein, wo “a” der Name eines
Gegenstandes ist. Sehen wir uns nun nach einer
Anwendung dieses Schemas um. Bei “Name eines
Gegenstandes” denkt man zuerst an Namen von Personen und
andern räumlichen Gegenständen (der Diamant
Kohinoor).
So ein Name wird dem Ding durch eine hinweisende Erklärung
gegeben (“das (Pfeil)
ist || heißt
‘N’”). Diese
Erklärung || Definition
könnte aufgefaßt werden als eine
Regel zur Ersetzung der auf den Gegenstand hinweisenden Geste durch
das Wort “N”; so zwar,
daß man statt des Namens
“N” immer wieder jene Geste setzen
kann. Ich hätte also z.B.
erklärt “dieser Mann heißt
‘N’” und sage nun:
“‘N’ ist ein
Mathematiker”, “N ist faul”,
etc., und hätte in jedem dieser Sätze
statt ‘N’ ‘dieser Mann’
(mit der hinweisenden Geste) setzen können. Dann
wäre es übrigens besser gewesen, die hinweisende
Erklärung lauten zu lassen: “dieser Mann
heiße || heißt
‘N’”, oder “diesen Mann will
ich ‘N’ nennen”, denn die
frühere Fassung ist auch der Satz, daß
dieser Mann so genannt wird. Dies ist aber nicht die normale Art der Anwendung eines Namens; für die ist es wesentlich, daß ich nicht von Namen auf ein Zeichen der Gebärdensprache zurückgreifen kann. Wenn nämlich N aus dem Zimmer geht und später ein Mann ins Zimmer tritt, so hat – wie wir den Namen “N” gebrauchen – die Frage Sinn, ob dieser Mann N ist, ob dieser Mann derselbe ist, der vorhin das Zimmer verlassen hat. Und der Satz “N ist wieder eingetreten || ins Zimmer getreten” hat nur Sinn, wenn ich die Frage entscheiden kann. Und es wird einen andern Sinn haben, je nachdem, was das Kriterium dafür ist, daß dies derselbe || der Gegenstand ist, den ich früher ‘N’ genannt habe. Je nach der Art dieses Kriteriums werden also für das Zeichen “N” andere Regeln gelten, es wird in anderem Sinne des Wortes ein ‘Name” sein. Und so kommt es, daß das Wort ‘Name’ und das ihm entsprechende ‘Gegenstand’ die Denken wir an die möglichen Kriterien der Identität, etwa von Farbflecken in meinem Gesichtsfeld (oder den Figuren auf der Leinwand des Kinos) und an die verschiedenen Verwendungsarten eines Namens, den ich einem solchen Fleck oder eine Figur gebe. |
Gehen wir nun zur Schreibweise “(∃x).fx”
über, so ist klar, daß dies eine
Sublimierung der Ausdrucksform unserer Sprache ist: “es
gibt Menschen auf dieser Insel”, “es gibt
Sterne, die wir nicht sehen”. Und einem Satz
“(∃x).fx”
soll nun immer ein Satz “fa” entsprechen, und
“a” soll ein Name
sein. Man soll also sagen können: “(∃x).fx
nämlich a und
b” (“es
gibt eine Wert von
x, der
fx befriedigt, nämlich
a und
b”), oder
“(∃x).fx,
z.B. a”.
etc.. Und dies ist auch möglich in
einem Falle wie: “es gibt Menschen auf dieser Insel,
nämlich die Herrn A, B, C, D”. Aber ist
es denn für den Sinn des Satzes “es gibt
Menschen auf dieser Insel” wesentlich,
daß wir sie benennen können, also
ein bestimmtes Kriterium für die Identifizierung
festlegen? Das ist es nur dann, wenn der Satz
“(∃x).fx”
als eine Disjunktion von Sätzen 711
von der Form “f(x)” definiert
wird, wenn also z.B. festgesetzt wird:
“es gibt Menschen auf dieser Insel”
heiße “auf dieser Insel ist entweder
Herr A oder B oder C oder D oder
E”; wenn man also den Begriff
‘Mensch’ als eine Extension bestimmt (was
natürlich ganz gegen die normale Verwendung dieses Wortes
wäre). (Dagegen bestimmt man
z.B. den Begriff “primäre
Farbe” wirklich als Extension.)
Es hat also auf den Satz “(∃x).fx” nicht in allen Fällen die Frage einen Sinn “welche x befriedigen f”. Welcher rote Kreis vom Durchmesser 1 cm befindet sich in der Mitte dieses Vierecks?” – Man darf die Frage “welcher Gegenstand befriedigt f?” nicht mit der Frage verwechseln “was für ein Gegenstand etc.?” Auf die erste Frage müßte ein Name zur Antwort kommen, die Antwort müßte also die Form “f(a)” annehmen können; auf die Frage “was für ein …” aber ist die Antwort “(∃x).fx & Fx”. So kann es sinnlos sein, zu fragen “welchen roten Fleck siehst Du?” aber Sinn haben, zu fragen: “was für einen roten Fleck siehst Du” (einen runden, viereckigen, etc.). |
Wenn man fragt: “was
heißt denn dann
‘5 + 7 = 12’ –
was für ein Sinn oder Zweck bleibt denn, noch für diesen
Ausdruck, nachdem man die Tautologien etc. aus dem
arithmetischen Kalkül ausgeschaltet ||
ausgeschlossen hat, – so ist
die Antwort: Diese Gleichung ist eine
Ersetzungsregel, die sich auf bestimmte allgemeine
Ersetzungsregeln, die Regeln der Addition, stützt.
Der Inhalt von 5 + 7 = 12 ist (wenn einer es nicht
wüßte) genau das, was den Kindern
Schwierigkeiten macht, wenn sie diesen Satz im Rechenunterricht
lernen. |
Keine
Untersuchung der Begriffe, nur die Einsicht in den
Zahlenkalkül kann vermitteln, daß
3 + 2 =
5 ist. Das ist es, was 712 sich in uns auflehnt, gegen den
Gedanken, daß “(Е3x).fx &
(Е2x).gx &
Ind.. ⊃ .(Е5x).fx ⌵
gx” der Satz
3 + 2 = 5
sein könnte. Denn das || dasjenige,
wodurch wir diesen || jenen Ausdruck als Tautologie
erkennen, kann sich selbst nicht aus einer Betrachtung von
Begriffen ergeben, sondern muß aus dem
Kalkül zu ersehen sein. Denn die Grammatik ist
ein Kalkül. D.h., was im
Tautologien-Kalkül noch außer dem
Zahlenkalkül da ist, rechtfertigt diesen nicht
und ist, wenn wir uns für ihn interessieren, nur
Beiwerk. |
Was die
Zahlen sind? – Die Bedeutungen der Zahlzeichen;
und die Untersuchung dieser Bedeutung ist die Untersuchung der
Grammatik der Zahlzeichen. |
Wir suchen nicht nach einer Definition des
Zahl-Begriffs, sondern nach einer Klärung der
Grammatik des Wortes “Zahl” und der
Zahlwörter. || , sondern versuchen eine
Darlegung der Grammatik des Wortes “Zahl” und der
Zahlwörter. |
Messen einer Länge im Gesichtsfeld durch
Anlegen eines visuellen Maßstabes.
D.i., eines Stabes, der durch Teilstriche in
gleiche Teile geteilt ist. Es gibt hier eine Messung,
die darin besteht, daß der
Maßstab an zwei Längen || Strecken angelegt wird. Und zwar können 2
Maßstäbe je einer an eine Länge
angelegt werden und das Kriterium für die Gleichheit der
Maßeinheit ist,
daß die Einheiten gleichlang
aussehen. Es kann aber auch ein
Maßstab von einer Länge || Strecke zur andern transportiert
werden und das Kriterium der Konstanz der
Maßeinheit ist, daß
wir keine Veränderung merken. Während das
Kriterium dafür, daß die gemessenen
Längen sich nicht verändern etwa darin besteht,
daß wir keine Bewegung der Endpunkte
wahrgenommen 713 haben. Ich kann
unzählige verschiedene Bestimmungen darüber treffen,
welches das Kriterium der Längengleichheit im Gesichtsbild sein
soll und danach werden sich wieder verschiedene
Bedeutungen der Maßangaben ergeben.
|
Teilbarkeit. Unendliche Teilbarkeit.
Die unendliche Teilbarkeit der euklidischen Strecke besteht in der Regel (Festsetzung), daß es Sinn hat, von einem n-ten Teil jedes Teils zu sprechen. Spricht man aber von der Teilbarkeit einer Länge im Gesichtsraum und fragt, ob eine solche noch teilbar, oder endlos teilbar, ist, so suchen wir hier nach einer Regel, die einer gewissen Realität entspricht (aber wie entspricht sie ihr?). Ich sehe einen schwarzen Streifen an der Wand vor mir, – ist seine Breite teilbar? Was ist das Kriterium dafür? Hier gibt es nun unzählige Kriterien, die wir alle als Kriterien der Teilbarkeit im Gesichtsfeld bezeichnen || anerkennen würden, und die stufenweise ineinander übergehen. Vor allem könnte die Bedeutung von “Teilbarkeit” so festgelegt werden, daß ein Versuch sie erweist; dann ist es also nicht “logische Möglichkeit” der Teilung, sondern physische Möglichkeit, und die logische Möglichkeit, die hier in Frage kommt, ist in der Beschreibung des Versuchs der Teilung gegeben – wie immer dieser Versuch ausgehn mag. Was würden wir nun einen “Versuch der Teilung” nennen? – Etwa den, einen Strich neben den ersten zu malen, der gleichbreit aussieht und aus einem grünen und roten Längsstreifen besteht, wobei die Erinnerung das Kriterium dafür gäbe, daß der schwarze Streifen die gleiche Breite habe, die er hatte, als wir die Frage stellten. (D.h., daß wir als gleiche Breite des schwarzen Streifens jetzt und früher das bezeichnen, was als gleichbreit erinnert wird.) Anderseits könnte ich als Kriterium der Teilbarkeit des schwarzen Streifens festsetzen, daß zugleich mit ihm ein gleichbreit aussehender und geteilter Streifen gesehen wird. Und als Vollzug der möglichen Teilung würde ich dann die Ersetzung des ungeteilten durch einen 451
geteilten
bezeichnen, bei welcher der zuerst gesehene ungeteilte Streifen
bestehen bleibt. Ich würde also sagen
“a sei || ist geteilt” –
weil ich b daneben sehe und “a
sei || ist geteilt”, wenn ich danach 2
Streifen von der Art b sehe. In der Aussage
“a ist geteilt” bezeichnet
“a” also einen Ort; das
nämlich, was gleichbleibt, ob a
geteilt oder ungeteilt ist. Hier gibt es nun wieder
Verschiedenes, was wir als “Ort im Gesichtsfeld”
und “Festlegung eines Ortes im
Gesichtsfeld” bezeichnen. – Wir
könnten aber einen Streifen nur dann teilbar nennen, wenn er sich
in gleicher (gesehener) Breite in einen geteilten
Streifen fortsetzt, oder aber, wenn es uns gelingt, einen geteilten
Streifen zeitweilig an ihn (im Gesichtsfeld)
anzulegen, etc. etc. – Dann
aber gibt es das Kriterium der Vorstellbarkeit der
Teilung. Wir sagen: “oh ja, diesen Streifen
kann ich mir noch ganz leicht geteilt denken”
(oder “vorstellen”). “Wenn
eine Teilung dieses Streifens a in ungleiche Teile
möglich ist, dann umsomehr in gleiche
Teile”. Und hier haben wir wieder die Festsetzung
eines neuen Kriteriums der Teilbarkeit in gleiche
Teile. Und hier sagt man: ich kann mir doch in
diesem Fall gewiß denken,
daß der Streifen halbiert
wäre ||
wird. Aber worin besteht diese
Möglichkeit || Fähigkeit
des Denkens? Kann ich es, wenn ich
es versuche? Und wie, wenn es mir nicht
gelingt? Was hier mit dem “ich kann mir
… denken” gemeint ist, erfährt man, wenn man
fragt “wieso kannst Du Dir nun die Halbierung
denken”. Darauf ist die
Antwort: “ich brauche mir doch nur den schwarzen Teil
des Streifens etwas breiter zu denken”; und es wird
offenbar angenommen, daß das zu denken,
keine Schwierigkeit mehr hat. In Wirklichkeit aber
handelt es sich hier nicht um Schwierigkeiten || die Schwierigkeit, sich || mir ein bestimmtes Bild vor's innere
Auge zu rufen, und nicht um etwas, was ich versuchen und mir
mißlingen kann; sondern um die Anerkennung
einer Regel der Ausdrucksweise. Diese Regel kann
allerdings gegründet sein auf der || die
Fähigkeit, sich etwas vorzustellen; d.h.
die Vorstellung funktioniert in diesem Fall als Muster, also als
Zeichen, und kann 452
natürlich auch
ersetzt werden durch ein gemaltes Muster. Wenn ich
nämlich frage: “was versteht man unter dem
Wachsen der Breite eines Streifens”, so wird mir als
Erklärung so etwas vorgeführt, es wird mir ein Muster
gegeben, das ich, oder dessen Erinnerung ich etwa meiner Sprache
einverleibe. Und so kann der, den ich frage
“wieso ist der breite Streifen a teilbar,
weil b teilbar ist” als Antwort den Streifen b
verbreitern und mir zeigen || vorführen, wie aus b ein geteilter Streifen von der
Breite des a wird || werden
kann. Aber bei dieser Antwort
hätte es nun sein Bewenden. Und was hat er zur
Erklärung getan? Er hat mir ein Zeichen, ein
Muster, in mein Zeichensystem gegeben; das ist alles.
|
Gibt es
nun für die Teilbarkeit des Streifens im Gesichtsraum eine
Grenze? Nun – das kann ich festsetzen, wie ich
will. – Das heißt:
ich kann ein Zeichensystem mit begrenzter Teilbarkeit, oder eins
mit unbegrenzter Teilbarkeit einführen – nur kann ich
natürlich die Tatsachen nicht kommandieren und
muß sie dann mit dem von mir festgesetzten
Zeichensystem entsprechend beschreiben. Wenn also meine
Vorstellung, bezw. das Gesichtsbild
eines geteilten Streifens, einen Teil meines Zeichensystems bildet,
so endet dieser Teil meines Symbolismus, wo ich, aus irgend welchen
Gründen unfähig bin, eine weitere Verkleinerung der
Teile zu bewirken ||
herbeizuführen. Dann aber kann
ich mich entscheiden, || : entweder, zu sagen,
es gäbe keine weitere Teilung mehr, d.h.
von einer solchen zu reden sei sinnlos – und in diesem Falle
habe ich mich gebunden, ein eventuell auftretendes
Phänomen, das ich versucht wäre, eine weitere Teilung zu
nennen, anders zu beschreiben; – oder
aber, || : die Teilbarkeit im Symbolismus
weitergehen zu lassen, wodurch aber nichts geändert wird,
weil ja meine Reihe von Mustern, die auch zur Sprache gehört,
ein Ende hat. Soweit diese Reihe von Mustern eine Reihe
von Zeichen ist, kommt durch jedes neue Muster ein 453
neues
Zeichen in die Sprache. Diese Betrachtung ist meist ohne
Wichtigkeit; manchmal aber wird sie wichtig. Wir
haben einen dem Problem der Teilung analogen Fall || Teilbarkeit analogen Fall, wenn gefragt wird: ist es
möglich, jede beliebige Anzahl 3n von Strichen
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
mit einem Blick als Gruppe von Trippeln zu erfassen, oder jede
beliebig lange Reihe solcher Striche als ein für ihre Anzahl
charakteristisches Bild zu sehen, wie es für
❘
❘ ❘
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
können? Auch hier können wir zur
Beschreibung unserer Erfahrung ein endliches oder ein
unendliches Zahlensystem verwenden, – denn die Reihe der
Muster übersehbarer Gruppen hat ein Ende und sie determiniert
den Sinn unsrer Sätze ebensosehr, wie das verwendete
Zahlensystem. Wenn ich also sagte “wir suchen nach einer Regel, die einer gewissen Realität entspricht”, so liegt die Entsprechung in der Einfachheit und leichten Verständlichkeit der Darstellung. Die Regel wird durch die Tatsachen nur insofern gerechtfertigt, als die Wahl eines Koordinatensystems durch ihre Anwendung auf eine Kurve gerechtfertigt wird, die sich in dem System besonders einfach darstellen läßt. |
Es ist möglich, im Gesichtsfeld zwei gleichlange
(d.h. gleichlang gesehen)
Strecken zu sehen, deren jede durch Farbgrenzen in
mehrere Teile, gleiche Teile, geteilt ist und beim Zählen dieser
Teile zu finden, daß ihre Anzahlen
ungleich sind. Wie ist es nun mit einer Frage:
“Angenommen, ich könnte 30 und 31 Teile als Zahl
übersehen, wäre es auch dann möglich, zwei Strecken
von 30 und 31 gesichtsgleichen Teilen als gleichlang zu
sehen?” – Nun, wie ist diese Frage zu
entscheiden? Vor allem: wie ist das, wenn man 30
Teile als Zahl übersieht? Was kann man dafür
als Erklärung geben? Wir können freilich
niemandem einen Zentaur zeigen, weil es keinen
gibt, aber es ist für die Bedeutung des Wortes
“Zentaur”
wesentlich, 717 daß wir einen malen, oder
modellieren können. – So aber ist es auch
für den Sinn des Satzes “ich kann 30 Teile als Zahl
übersehen” wesentlich, was ich etwa
als Beispiel dieses Überblickens zeigen
kann, und daß ich keinen Fall eines
Überblickens von 30 Strichen als Muster
zeigen kann. Hier kann man sagen: ich kann mir das
Übersehen von 30 Strichen || Überblicken von 30 Strichen
als Zahlbild nicht vorstellen, ich
weiß nicht, wie das wäre, und die Frage
“wie wäre es, wenn …” ist für
mich unsinnig, denn es ist mir kein Kriterium zur Entscheidung
gegeben. | 1 |
Verschiedene Bedeutungen der Wörter
“verschwommen”,
“unklar”. |
Wenn das Kriterium dafür,
daß p aus
q folgt, darin besteht,
daß man “beim Denken von
q
p mitdenkt”, so denkt man wohl beim Denken des
Satzes “in dieser Kiste sind
10⁵ Sandkörner”
die 10⁵ Sätze: “in
dieser Kiste ist ein Sandkorn”,
“…2 Sandkörner”, etc.
etc.? Was ist denn hier das Kriterium des
Mitdenkens! Und wie ist es mit einem Satz: “ein Fleck (F) liegt zwischen den Grenzen AA”? Folgt aus ihm nicht, daß F auch zwischen BB und zwischen CC liegt, u.s.w.? Folgen hier aus einem Satz unendlich viele? und ist er also unendlich vielsagend? – Aus dem Satz “ein Fleck liegt zwischen den Grenzen AA” folgt jeder Satz von der Art “ein Fleck liegt zwischen den Grenzen BB”, den ich hinschreibe – und so viele, als ich hinschreibe. Wie aus p soviele Sätze der Form p ⌵ x folgen, als ich hinschreibe (oder ausspreche, etc.). (Der Induktionsbeweis beweist soviele Sätze von der Form … , als ich hinschreibe.) 718 |
Wenn wir
die Bedeutungen der Ausdrücke “gleichlang”
und anderer im Gesichtsraum mit den Bedeutungen derselben Wörter
im euklidischen Raum verwechseln,
dann geraten wir in || kommen wir auf
Widersprüche und fragen dann: “Wie
ist so eine Erfahrung möglich?! Wie ist es
möglich, daß 24 gleichlange Strecken
zusammen die gleiche Länge ergeben, wie 25 ebensolange?
Habe ich wirklich so eine Erfahrung gehabt?”
|
π'
ist eine Regel zur Erzeugung von Dezimalbrüchen, und zwar
ist die Entwicklung von π'
dieselbe, wie die von π,
außer wenn in der Entwicklung von
π eine
Gruppe 777 vorkommt; in diesem Falle tritt statt dieser Gruppe die
Gruppe 000. Unser Kalkül kennt keine Methode, um zu
finden, wo wir in der Entwicklung von π auf so
eine Gruppe stoßen.
P ist eine Regel zur Erzeugung von Dualbrüchen. In der Entwicklung steht an der n-ten Stelle eine 1 oder eine 0, je nachdem n prim ist oder nicht. F ist eine Regel zur Erzeugung von Dualbrüchen. An der n-ten Stelle steht eine 0, außer dann, wenn ein Zahlentrippel x, y, z aus den ersten 100 Kardinalzahlen die Gleichung xn + yn = zn löst. |
Man möchte sagen, die
einzelnen Ziffern der Entwicklung (von
π
z.B.) sind immer nur die Resultate, die Rinde
des fertigen Baumes. Das, worauf es ankommt,
oder woraus noch etwas Neues wachsen kann,
ist im Innern des Stammes, wo die Triebkräfte sind.
Eine Änderung des
Äußeren
ändert den Baum überhaupt nicht. Um ihn zu
ändern, muß man in den noch
lebenden Stamm gehen. 757 |
Ich nenne
“πn”
die Entwicklung von π bis
zur n-ten Stelle. Dann kann ich sagen:
Welche Zahl π'100
ist, verstehe ich; nicht aber π',
weil π ja gar
keine Stellen hat, ich also auch keine durch andere ersetzen
kann. || Welche Zahl
π'100
ist || bedeutet, verstehe ich; nicht aber,
(welche) π',
weil π
ja gar keine Stellen hat, ich also auch keine durch andere ersetzen
kann. Anders wäre es, wenn ich
z.B. die Division
a
720 praktisch sein, das zu tun; aber wird
es nun einem Punkt ähnlicher, wenn ich vergesse,
daß ich hier das Wort
“Punkt” in doppelter Bedeutung
gebraucht habe? |
Es zeigt sich hier
klar, daß die Möglichkeit der
Dezimalnotation || Dezimalentwicklung
π'
nicht zu einer Zahl im Sinne von π
macht. Die Regel für diese Entwicklung ist
natürlich eindeutig, so eindeutig, wie die für
π oder
√2, aber das ist kein
Argument dafür, daß
π'
eine reelle Zahl ist; wenn man die Vergleichbarkeit
mit andern reellen Zahlen || mit rationalen Zahlen
für ein wesentliches Merkmal der reellen Zahl
nimmt. Man kann ja auch von dem
Unterschied zwischen den rationalen und den irrationalen Zahlen
abstrahieren, aber der Unterschied verschwindet doch dadurch
nicht. Daß
π'
eine eindeutige Regel zur Entwickelung von
Dezimalbrüchen ist, bedeutet ||
konstituiert natürlich eine
Ähnlichkeit zwischen
π'
und π oder
√2; aber auch ein Intervall hat
Ähnlichkeit mit einem Punkt,
etc.. Allen Irrtümern, die in diesem
Kapitel der Philosophie der Mathematik gemacht werden, liegt immer
wieder die Verwechslung zu Grunde zwischen internen
Eigenschaften einer Form (der Regel als Bestandteil des
Regelverzeichnisses) und dem, was man im gewöhnlichen Leben
“Eigenschaft” nennt (rot als Eigenschaft dieses
Buches). Man könnte auch sagen; die
﹖– Widersprüche und
Unklarheiten –﹖ werden dadurch
hervorgerufen, daß die
Mathematiker || Menschen
einmal unter einem Wort, z.B.
“Zahl”, ein bestimmtes Regelverzeichnis
verstehen, ein andermal ein variables Regelverzeichnis; so als
nennte ich “Schach” einmal das bestimmte Spiel, wie
wir es heute spielen, ein andermal das Substrat einer
bestimmten historischen Entwicklung. |
“Wie weit
muß ich π
entwickeln, um es einigermaßen
zu kennen?” – Das
heißt natürlich nichts. Wir
kennen es also schon, ohne es überhaupt zu
entwickeln. Und, in diesem Sinne, könnte man sagen,
kenne ich π'
gar nicht. Hier zeigt sich nur, ganz deutlich,
daß π'
einem 759 anderen System angehört als
π, und
das erkennt man, wenn man, statt “die
Entwicklungen” der beiden zu vergleichen, die Art der Gesetze
allein ins Auge faßt.
|
Zwei mathematische
Gebilde, deren eines ich in meinem Kalkül mit jeder rationalen
Zahl vergleichen kann, das andere nicht, – sind nicht Zahlen
im gleichen Sinne des Wortes. Der Vergleich der Zahl mit
einem Punkt auf der Zahlgeraden || Zahlengeraden ist nur
stichhältig, wenn man für je zwei Zahlen a und
b sagen kann, ob a rechts von b, oder b rechts
von a liegt. Es genügt nicht, daß man den Punkt durch Verkleinerung seines Aufenthaltsortes – angeblich – mehr und mehr bestimmt, sondern man muß ihn konstruieren. Fortgesetzten Würfeln schränkt zwar den möglichen Aufenthalt des Punktes unbeschränkt ein, aber es bestimmt keinen Punkt. Der Punkt ist nach jedem Wurf (oder jeder Wahl) noch unendlich unbestimmt – oder richtiger: er ist nach jedem Wurf unendlich unbestimmt. Ich glaube, hier werden wir von der absoluten Größe der Gegenstände in unserem Gesichtsraum irregeführt; und andrerseits von der Zweideutigkeit des Ausdrucks “sich einem Punkte || Gegenstand nähern”. Von einer Strecke im Gesichtsfeld kann man sagen, sie nähere sich durch Einschrumpfen immer mehr einem Punkt; d.h. sie werde einem Punkt immer ähnlicher. Dagegen wird die euklidische Strecke durch Einschrumpfen einem Punkt nicht ähnlicher, sie bleibt ihm vielmehr immer gleich unähnlich, weil ihre Länge den Punkt, sozusagen, gar nichts angeht. Wenn man von der euklidischen Strecke sagt, sie nähere sich durch Einschrumpfen einem Punkt, so hat das nur Sinn, sofern schon ein Punkt bezeichnet ist, dem sich ihre Enden nähern, und kann nicht heißen, sie erzeuge durch Einschrumpfen einen Punkt. Sich einem Punkt nähern hat eben zwei Bedeutungen: es 760
heißt einmal, ihm räumlich näher
kommen, dann muß er schon da sein, denn
ich kann mich in diesem Sinne einem Menschen nicht nähern, der
nicht vorhanden ist. Anderseits
heißt es “einem Punkt ähnlicher
werden”, wie man etwa sagt, die Affen haben sich dem
Stadium des Menschen in ihrer Entwicklung genähert, die
Entwicklung habe den Menschen erzeugt. |
Zu sagen: “zwei reelle
Zahlen sind identisch, wenn sie in allen Stellen
ihrer Entwicklung übereinstimmen”, hat nur dann Sinn,
wenn ich dem Ausdruck “in allen Stellen
übereinstimmen”, durch eine Methode diese
Übereinstimmung festzustellen, einen Sinn
gegeben habe. Und das Gleiche gilt
natürlich für den Satz “sie stimmen nicht
überein, wenn sie an irgend einer Stelle
nicht übereinstimmen”. |
Könnte man aber nicht auch umgekehrt
π'
als das Ursprüngliche, und also als den zuerst angenommenen
Punkt, betrachten; und dann über die Berechtigung
von π im
Zweifel sein? – Was ihre Extensionen betrifft,
sind sie natürlich gleichberechtigt; was uns aber dazu
veranlaßt,
π einen
Punkt auf der Zahlengeraden zu nennen, ist seine
Vergleichbarkeit mit den Rationalzahlen. |
Wenn ich
π, oder
sagen wir √2, als Regel zur
Erzeugung von Dezimalbrüchen auffasse, so kann ich
natürlich eine Modifikation dieser Regel erzeugen, indem
ich sage, es solle jede 7 in der Entwicklung von
√2 durch eine 5 ersetzt werden;
aber diese Modifikation ist von ganz andrer
Art || Natur
als die, welche, etwa, durch eine
Änderung des
Radikanden, oder des Wurzelexponenten erzeugt
wird. Ich nehme z.B. in das
modifizierte Gesetz eine Beziehung zum Zahlensystem der
Entwicklung auf, die in dem ursprünglichen Gesetz
√2 nicht vorhanden war.
Die Änderung 723 des Gesetzes ist von viel
fundamentalerer Art, als es zuerst den Anschein haben
könnte. Ja, wenn wir das falsche Bild von der
unendlichen Extension vor uns haben, dann kann es allerdings
scheinen, als ob ich durch die Hinzufügung der Ersetzungsregel
7
→ 5 zur √2 diese
viel weniger verändert hätte, als etwa durch
Änderung der √2 in
√2,1 denn die
Entwicklungen von
|
Durch die falsche Auffassung des
Wortes “unendlich” und der Rolle der
“unendlichen Entwicklung” in der Arithmetik der
reellen Zahlen, wird man zu der Meinung verführt, es gäbe
eine einheitliche Notation der irrationalen Zahlen
(nämlich eben die der unendlichen Extension,
z.B. der unendlichen
Dezimalbrüche). Dadurch, daß man bewiesen hat, daß für jedes Paar von Kardinalzahlen x und y (
|
Gebe ich eine Regel
ρ zur
Bildung von Extensionen an, aber so, daß
mein Kalkül kein Mittel kennt, vorherzusagen, wie oft
höchstens sich eine scheinbare Periode der Extension wiederholen
kann, dann ist ρ von einer reellen Zahl
insofern verschieden, als ich ρ ‒ a
in gewissen Fällen nicht mit einer Rationalzahl vergleichen
kann, so daß der Ausdruck
ρ ‒ a =
b unsinnig wird. Wäre
z.B. die mir bekannte Entwicklung von
ρ bis auf weiteres
3,141111 …, so
ließe es sich von der Differenz
ρ ‒ 3,141̇
nicht sagen, sie sei größer, oder sie
sei kleiner, als 0; sie läßt sich
also in diesem Sinne nicht mit 0 vergleichen, also nicht mit
einem Punkt 724 der Zahlenachse, und sie und
ρ nicht
in demselben Sinne Zahl nennen wie einen dieser Punkte.
|
Es wäre eine gute
Frage für die Scholastiker gewesen:
“Kann Gott alle Stellen
von π
kennen”. |
Es tritt uns bei diesen Überlegungen
immer wieder etwas entgegen, was man “arithmetisches
Experiment” nennt || nennen möchte.
Was herauskommt, ist zwar durch das Gegebene bestimmt,
aber ich kann nicht erkennen, wie es dadurch
bestimmt ist. So geht es mit dem Auftreten der 7 in der
Entwicklung von π; so
ergeben sich auch die Primzahlen als Resultate eines
Experiments. Ich kann mich davon überzeugen,
daß 31 eine Primzahl ist, aber ich sehe
den Zusammenhang nicht zwischen ihr (ihrer Lage in der Reihe der
Kardinalzahlen) und der Bedingung, der sie entspricht. – Aber diese Perplexität ist nur die
Folge eines falschen Ausdrucks. Der Zusammenhang,
den ich nicht zu sehen glaube, existiert gar nicht. Ein
– sozusagen unregelmäßiges
– Auftreten der 7 in der Entwicklung von
π gibt
es gar nicht, denn es gibt ja keine Reihe, die
“die Entwicklung von
π”
hieße. Es gibt
Entwicklungen von π,
nämlich die, die man entwickelt hat (vielleicht
1000) und in diesen kommt die 7 nicht “regellos”
vor, denn ihr Auftreten in ihnen
läßt sich beschreiben. –
(Dasselbe für die “Verteilung der
Primzahlen”. Wer uns ein Gesetz dieser Verteilung
gibt, gibt uns eine neue Zahlenreihe,
neue Zahlen.) (Ein Gesetz des
Kalküls, das ich nicht kenne, ist kein Gesetz.)
(Nur was ich sehe, ist ein Gesetz; nicht, was
ich beschreibe. Nur das hindert mich, mehr
in meinen Zeichen auszudrücken, als ich verstehen
kann.) |
Die
Kinder lernen in der Schule wohl
2 × 2 =
4, aber 725 nicht
2 =
2. |
Die
Allgemeinheit in der Arithmetik ||
Kardinalarithmetik wird durch die
Induktion dargestellt. Die Induktion ist der
Ausdruck der arithmetischen Allgemeinheit.
(﹖) |
Wogegen ich mich wehre, ist die Anschauung,
daß eine ||
die unendliche Zahlenreihe etwas uns
Gegebenes sei, worüber es nun spezielle Zahlensätze und
auch allgemeine Sätze über alle Zahlen der Reihe
gibt. So daß der arithmetische
Kalkül nicht vollständig wäre, wenn er nicht auch
die allgemeinen Sätze über die Kardinalzahlen enthielte,
nämlich allgemeine Gleichungen der Art
a + (b + c) =
(a + b) + c. Während schon
1 : 3 =
0˙3̇
einem andern Kalkül angehört
als 1 : 3 = 0,3.
Und so ist eine allgemeine Zeichenregel
(z.B. rekursive Definition), die für
1, (1) + 1,
((1) + 1) + 1,
(((1) + 1) + 1) + 1,
u.s.w. gilt, etwas andres, als eine
spezielle Definition. Und die allgemeine Regel
fügt dem Zahlenkalkül etwas neues bei, ohne welches
er ebenso vollständig gewesen wäre, wie die Arithmetik der
Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, 5. |
Hat es keinen Sinn, – auch dann, wenn
der Fermat'sche Satz bewiesen ist, – zu sagen
F =
0,11? (Wenn ich etwa in der Zeitung
davon läse.) Ja, ich werde dann sagen:
“nun können wir also schreiben
‘F
= 0,11’ ”.
D.h. es liegt nahe, das Zeichen
“F” aus dem früheren Kalkül, in dem
es keine Rationalzahl bezeichnete, in den neuen
hinüberzunehmen und nun 0,11 damit zu bezeichnen.
|
F wäre ja eine Zahl, von
der wir nicht wüßten, ob 726 sie rational oder irrational
ist. Denken wir uns eine Zahl, von der wir nicht
wüßten, ob sie eine Kardinalzahl oder
eine Rationalzahl ist. – Eine Beschreibung im
Kalkül gilt eben nur als dieser bestimmte Wortlaut und hat
nichts mit einem Gegenstand der Beschreibung zu tun, der
vielleicht einmal gefunden werden wird. |
Man könnte – wie gesagt – den
Induktionsbeweis ganz ohne die Benützung von Buchstaben
(mit voller Strenge) anschreiben. Die rekursive
Definition a + (b + 1) =
(a + b) + 1
müßte dann als Definitionsreihe
geschrieben werden. Diese Reihe verbirgt sich nämlich
in der Erklärung ihres Gebrauchs. Man
kann natürlich auch der Bequemlichkeit halber die
Buchstaben in der Definition beibehalten,
muß sich aber dann in der Erklärung
auf ein Zeichen der Art
“1,
(1) + 1, ((1) + 1) + 1,
u.s.w.” beziehen; oder, was
auf dasselbe hinausläuft, “[1,
x,
x + 1]”.
Hier darf man aber nicht etwa glauben,
daß dieses Zeichen eigentlich lauten sollte
“(x).[1,
x,
x + 1]”! – Der Witz unserer Darstellung ist ja, daß der Begriff “alle Zahlen” nur durch eine Struktur der Art “[1, x, x + 1]” gegeben ist. Die Allgemeinheit ist durch diese Struktur im Symbolismus dargestellt und kann nicht durch ein (x).fx beschrieben werden. Natürlich ist die sogenannte “rekursive Definition” keine Definition im hergebrachten Sinne des Wortes || Worts, weil keine Gleichung. Denn die Gleichung “a + (b + 1) = (a + b) + 1” ist nur ein Bestandteil von ihr. Noch ist sie das logische Produkt von Gleichungen. Sie ist vielmehr ein Gesetz, wonach Gleichungen gebildet werden; wie [1, x, x + 1] keine Zahl ist, sondern ein Gesetz etc.. (Das Überraschende || Verblüffende am Beweis von a + (b + c) = (a + b) + c ist ja, daß er aus einer Definition allein hervorgehen soll. Aber u ist keine Definition, sondern eine allgemeine Additionsregel.) Anderseits ist die Allgemeinheit dieser Regel keine andere, als die der periodischen Division
727 offen gelassen,
ergänzungsbedürftig oder dergleichen.
Und vergessen wir nicht: Das Zeichen “[1, x, x + 1]” …N interessiert uns nicht als ein suggestiver Ausdruck des allgemeinen Gliedes der Kardinalzahlenreihe, sondern nur, sofern es mit analog gebauten Zeichen in Gegensatz tritt: N im Gegensatz zu, etwa, [2, x, x + 3]; kurz als Zeichen, als Instrument, in einem Kalkül. Und das Gleiche gilt natürlich von
|
1 + (1 + 1)
= (1 + 1) + 1, 2 + (1 + 1) =
(2 + 1) + 1, 3 + (1 + 1) =
(3 + 1) + 1
…u.s.w.
1 + (2 + 1) = (1 + 2) + 1, 2 + (2 + 1) = (2 + 2) + 1, 3 + (2 + 1) = (3 + 2) + 1 …u.s.w. 1 + (3 + 1) = (1 + 3) + 1, 2 + (3 + 1) = (2 + 3) + 1, 3 + (3 + 1) = (3 + 3) + 1 …u.s.w. u.s.w..
So könnte man die Regel “a + (b + 1) = (a + b) + 1” anschreiben. |
Vielleicht wird die Sache
klarer, wenn man als Additionsregel statt der rekursiven Regel
u folgende gibt: a + (1 + 1) = (a + 1) + 1 a + ((1 + 1) + 1) = ((a + 1) + 1) + 1 a + (((1 + 1) + 1) + 1) = (((a + 1) + 1) + 1) + 1 u.s.w..
Wir schreiben diese Regel in der Form [1, x,
x + 1]
so:
a + (
a + (x + 1) (a + x) + 1 R a + ((x + 1) + 1) = ((a + x) + 1) + 1 Dann entspricht der Regel u die Form a + (
a + (x + 1) (a + x) + 1 S a + ((x + 1) + 1) ((a + x) + 1) + 1 728 In der Anwendung der Regel
R, deren Beschreibung ja zu der
Regel selbst als ein Teil ihres Zeichens gehört, läuft
a der Reihe [1, x,
x + 1]
entlang und das könnte natürlich durch ein
beigefügtes Zeichen, etwa,
“a →
N” angegeben werden. (Die
zweite und dritte Zeile der Regel R könnte man zusammen
die Operation nennen, wie das zweite und dritte Glied des Zeichens
N.) So ist auch die Erläuterung zum
Gebrauch der rekursiven Definition u ein Teil dieser Regel
selber; oder auch eine Wiederholung ebenderselben || der Regel in andrer Form:
sowie “1,
1 + 1, 1 + 1 + 1,
u.s.w.” das
gleiche bedeutet, wie (d.h.
übersetzbar ist in) “[1,
x,
x + 1]”.
Die Übersetzung in die Wortsprache
erklärt den Kalkül mit den neuen Zeichen,
da wir den Kalkül, mit den Zeichen der Wortsprache schon
beherrschen. Das Zeichen einer Regel ist ein Zeichen eines Kalküls wie jedes andere; seine Aufgabe ist nicht, suggestiv (﹖– auf eine Anwendung hin –﹖) zu wirken, sondern, im Kalkül nach einem System || nach Gesetzen gebraucht zu werden. Daher ist die äußere Form, wie die eines Pfeiles nebensächlich, wesentlich aber das System, worin das Regelzeichen verwendet wird. Das System von Gegensätzen – sozusagen – wovon || von denen || worin das Zeichen sich unterscheidet, etc.. Das, was ich hier die Beschreibung der Anwendung nenne, enthält ja selbst ein “u.s.w.”, kann also nur eine Ergänzung oder ein Ersatz des Regelzeichens selbst sein. |
Was ist nun der Gegensatz eines
allgemeinen Satzes, wie a + (b + (1 + 1)) =
a + ((b + 1) + 1)?
Welches ist das System von Sätzen, innerhalb dessen
diese Regel || dieser Satz
verneint wird? Oder auch: wie, in welcher Form,
kann dieser Satz mit andern in Widerspruch geraten?
Oder: welche Frage kann er beantworten, zwischen
welchen Alternativen entscheiden? – Nicht
zwischen einer “(n).fn”
und einer “(∃n).
~fn”; denn die
Allgemeinheit ist dem Satz von der Regel R zugebracht. Sie
kann ebensowenig 707 in Frage gestellt || gezogen werden, wie das System der
Kardinalzahlen. || Oder:
Welche Frage beantwortet er? Nicht || Gewiß nicht
die, ob (n).fn
oder (∃n).
~fn der Fall ist,
denn die Allgemeinheit ist dem
Satz von der Regel R
zugebracht. Sie kann ebensowenig in Frage gestellt || gezogen werden, wie das System der
Kardinalzahlen. Die Allgemeinheit
einer Regel kann eo ipso nicht in Frage gestellt
werden. Denken wir uns nun den allgemeinen Satz als Reihe geschrieben p11, p12, p13, … p21, p22, p23, … p31, p32, p33, … … und verneint. Wenn wir ihn als (x).f(x) auffassen, so ist er ein logisches Produkt || so betrachten wir ihn als logisches Produkt und sein Gegenteil ist die logische Summe der Verneinungen von p11, p12, etc.. Diese Disjunktion (nun﹖) ist mit jedem beliebigen Produkt p11 & p21 & p22 & p12 … pmn vereinbar. (Gewiß, wenn man den Satz mit einem logischen Produkt vergleicht, so wird er unendlich vielsagend und sein Gegenteil nichtssagend.) (Bedenke aber: das “u.s.w.” steht im Satz nach einem Beistrich, nicht nach einem “und” (“ & ”). Das “u.s.w.” ist kein Zeichen ihrer Unvollständigkeit.) Ist denn die Regel R unendlich vielsagend? wie ein ungeheuer langes logisches Produkt? Daß man die Zahlenreihe durch die Regel laufen läßt, ist eine gegebene Form; darüber wird nichts behauptet und kann nichts verneint werden. Das Durchleiten des Zahlenstromes ist ja nichts, wovon ich sagen kann, ich könne es beweisen. Beweisen kann ich nur etwas über die Form, den Model, durch den ich den Zahlenstrom leite. Kann man nun nicht sagen, daß die allgemeine Zahlenregel a + (b + c) = (a + b) + c …A) eben die Allgemeinheit hat wie a + (1 + 1) = (a + 1) + 1 (indem diese für jede Kardinalzahl, jene für jedes Kardinalzahlentrippel gilt); 708 und daß der
rekursive Beweis || Induktionsbeweis
von A die Regel A
rechtfertigt? Daß
wir also die Regel A geben dürfen, weil der Beweis
zeigt, daß sie immer stimmt?
Rechtfertigt
A ist eine vollkommen verständliche Regel; so wie die Ersetzungsregel P. Eine solche Regel kann ich aber darum nicht geben, weil ich die einzelnen Fälle von A schon durch eine andere Regel berechnen kann, wie ich P nicht als Regel geben kann, wenn ich eine Regel gegeben habe, mit der ich 1
|
Wie wäre es, wenn man
außer den Multiplikationsregeln noch
“25 ×
25 = 625” als Regel festsetzen
wollte? (Ich sage nicht
“25 ×
25 = 624”!) –
25 × 25
= 625 hat nur Sinn, wenn die Art der
Rechnung || Ausrechnung
bekannt ist, die zu dieser Gleichung gehört, und hat nur Sinn
in Bezug auf diese Rechnung. A hat nur Sinn mit Bezug
auf die Art der Ausrechnung von A. Denn
﹖– die erste Frage wäre hier
eben –﹖: ist das eine
Bestimmung || Festsetzung, oder
ein errechneter Satz? Denn ist
25 × 25
= 625 eine Festsetzung
(Grundregel), dann bedeutet das Multiplikationszeichen
etwas anderes, als es z.B. in Wirklichkeit
bedeutet. (D.h. wir haben es
mit einer andern Rechnungsart zu tun.) Und ist A
eine Festsetzung, dann definiert das die Addition anders, als wenn
es ein errechneter Satz ist. Denn die Festsetzung ist
ja dann eine Erklärung des Additionszeichens und die
Rechenregeln, die A auszurechnen erlauben || Rechenregel, die A auszurechnen erlaubt, eine
andere Erklärung desselben Zeichens. Ich darf
hier nicht vergessen, daß
α, β,
γ nicht der Beweis von A ist,
sondern nur die Form des Beweises, oder des Bewiesenen
ist; α, β,
γ definiert also A.
Darum kann ich nur sagen “25 × 25 = 625 wird bewiesen”, wenn die Beweismethode fixiert ist, unabhängig von dem speziellen Beweis. Denn 731 diese Methode bestimmt erst
die Bedeutung von “x ∙ η”,
also, was bewiesen wird. Insofern
gehört also die Form aa : b = c zur
Beweismethode, die den Sinn von ċ
erklärt. Etwas anderes ist dann die Frage, ob ich
richtig gerechnet habe. – Und so gehört
α,
β, γ zur
Beweismethode, die den Sinn des Satzes A
erklärt. Die Arithmetik ist ohne eine Regel A vollständig, es fehlt ihr nichts. Der Satz A wird (nun﹖) mit Entdeckung einer Periodizität, mit der Konstruktion eines neuen Kalküls, in die Arithmetik eingeführt. Die Frage nach der Richtigkeit dieses Satzes hätte vor dieser Entdeckung (oder Konstruktion) so wenig Sinn, wie die Frage nach der Richtigkeit von “1
Nun ist die Festsetzung P verschieden vom Satz “1 : 3 = 0˙3̇ ” und in diesem Sinne ist “a + (b + ċ ) = (a + b) + ċ ” verschieden von einer Regel (Festsetzung) A. Die beiden gehören andern Kalkülen an. Der Beweis, die Rechtfertigung, einer Ersetzungsregel A ist der rekursive Beweis nur insofern, als er die allgemeine Form der Beweise arithmetischer Sätze von der Form A ist. || Der Beweis, die Rechtfertigung, einer Regel A ist der Beweis von α, β, γ nur insofern, als er die allgemeine Form der Beweise arithmetischer Sätze von der Form A ist. |
Die Periodizität ist nicht das Anzeichen
(Symptom) dafür, daß es
so weitergeht, aber der Ausdruck “so geht es immer
weiter” ist nur eine
Übersetzung in eine andere Ausdrucksweise
﹖– der Periodizität des
Zeichens –﹖ || des
periodischen Zeichens. (Gäbe es
außer dem periodischen Zeichen noch
etwas, wofür die Periodizität nur ein Symptom ist, so
müßte dieses Etwas seinen
spezifischen Ausdruck haben, der nichts anderes wäre, als der
vollständige Ausdruck dieses Etwas.) |
Wie ein Satz verifiziert wird, das
sagt er. Vergleiche 732 die Allgemeinheit in der Arithmetik mit
der Allgemeinheit von nicht arithmetischen Sätzen.
Sie wird anders verifiziert und ist darum eine
Andere. Die Verifikation ist nicht
bloß ein || nicht ein
bloßes Anzeichen der Wahrheit,
sondern sie bestimmt den Sinn des Satzes,.
(Einstein: wie
ein Größe gemessen wird, das ist
sie.) |
Eigentlich hat ja schon Russell durch seine
“theory of
descriptions” gezeigt, daß man
sich nicht eine Kenntnis der Dinge von
hinten herum
erschleichen kann, und daß es nur
scheinen kann, als
wüßten wir von den Dingen mehr, als sie
uns auf geradem Weg geoffenbart haben. Aber er hat durch
die Idee der “indirect knowledge” wieder
alles verschleiert. |
Wie es sich nun mit derjenigen
Allgemeinheit in der Mathematik verhält, deren Sätze
nicht von “allen Kardinalzahlen”, sondern,
z.B. von “allen reellen
Zahlen” handeln || , die nicht von “allen
Kardinalzahlen”, sondern, z.B. von
“allen reellen Zahlen” spricht, kann man nur
erkennen, wenn || indem
man diese Sätze und ihre Beweise untersucht. || Wie es sich nun mit derjenigen Allgemeinheit,
mit den Sätzen der Mathematik verhält, die nicht
von “allen Kardinalzahlen”,
sondern, z.B. von “allen reellen
Zahlen” handeln, kann man nur
erkennen, wenn || indem man diese Sätze und ihre Beweise
untersucht. |
Warum ich sage, daß
wir einen Satz, wie den Hauptsatz der Algebra, nicht finden,
sondern konstruieren? – Weil wir ihm beim Beweis
einen neuen Sinn geben, den er früher gar nicht gehabt
hat. Für diesen Sinn gab es vor dem sogenannten
Beweis nur eine beiläufige Vorlage in der Wortsprache.
|
Wenn durch Entdeckungen
ein Kalkül der Mathematik geändert
wird, – können wir den
alten Kalkül nicht behalten?
(aufheben)? 733
(D.h., müssen wir ihn
wegwerfen?) Das ist ein sehr interessanter
Aspekt. Wir haben nach der Entdeckung des
Nordpols nicht zwei
Erden: eine
mit, und eine ohne den Nordpol. Aber nach der Entdeckung
des Gesetzes der Verteilung der Primzahlen, zwei Arten von
Primzahlen. |
Denken wir, Einer würde sagen; || : das
Schachspiel mußte nur
entdeckt werden, es war immer da! Oder das
reine Schachspiel war immer da, nur das materielle,
von Materie verunreinigte, haben wir gemacht. |
Messung des Raumes und des
räumlichen Gegenstandes. Das Seltsame am leeren
Raum und an der leeren Zeit. Die Zeit (und der
Raum) ein ätherischer Stoff. Von Substantiven
verleitet, glauben wir an eine Substanz || … verleitet, nehmen wir eine Substanz
an. ﹖Ja, wenn wir der
Sprache die Zügel überlassen und nicht dem Leben,
dann entstehen die philosophischen Probleme.
“Was ist die Zeit?” – schon in der Frage liegt der Irrtum: als wäre die Frage: woraus, aus welchem Stoff, ist die Zeit gemacht. Wie man etwa sagt, woraus ist dieses feine Kleid gemacht. |
“Ergibt die Operation,
z.B., eine rationale Zahl” –
wie kann das gefragt werden, wenn man keine Methode zur Entscheidung
der Frage hat? denn die Operation ergibt
doch nur im festgesetzten Kalkül. Ich meine:
“ergibt” ist doch wesentlich
Präsens || zeitlos. Es heißt doch
nicht: “ergibt mit der Zeit”!
– sondern, || : ergibt nach der
gegenwärtigen Regel. || … nach der
jetzt bekannten, festgesetzten, Regel. 734 |
Die alles
gleichmachende Gewalt der Sprache, die sich am krassesten
im Wörterbuch zeigt, und die es möglich macht,
daß die Zeit personifiziert
werden konnte; was nicht weniger merkwürdig ist, als es
wäre, wenn wir Gottheiten der logischen Konstanten
hätten. |
Die
philosophische Klarheit wird auf das Wachstum der Mathematik den
gleichen Einfluß haben, wie das Sonnenlicht
auf das Wachsen der Kartoffeltriebe. (Im
dunklen || dunkeln Keller wachsen sie
meterlang.) |
Denken wir uns, jemand stellte sich folgendes || dieses
Problem: Es ist ein Spiel zu erfinden: das Spiel
soll auf einem Schachbrett gespielt werden; jeder Spieler soll 8
Steine haben; von den weißen Steinen
sollen 2 (die “Konsulen”), die an den Enden
der Anfangsposition stehen, durch die Regeln irgendwie
ausgezeichnet sein; sie sollen eine
größere Bewegungsfreiheit haben,
als die andern; von den schwarzen Steinen soll einer (der
“Feldherr”) ein ausgezeichneter sein; ein
weißer Stein nimmt einen schwarzen (und
umgekehrt), indem er sich an dessen Stelle setzt; das ganze
Spiel soll eine gewisse Analogie mit den Punischen Kriegen
haben. Das sind die Bedingungen, denen das
Spiel zu genügen hat. – Das ist
gewiß eine Aufgabe, und eine Aufgabe ganz
andrer Art, als die, herauszufinden, wie
Weiß im Schachspiel unter gewissen
Bedingungen gewinnen könne. –
Denken wir uns nun aber die Frage || das
Problem: “Wie kann
Weiß in unserm || dem
Kriegsspiel, dessen Regeln wir noch nicht genau kennen, in 20
Zügen gewinnen?” – Dieses
Problem wäre ganz analog den Problemen der Mathematik
(nicht ihren Rechenaufgaben). |
“Er sagt das, und
meint es”: Vergleiche das
einerseits mit: “er sagt das, und schreibt
es nieder”; anderseits mit:
735 “er sagt das und
unterschreibt es”. |
Der Glaube, daß mich
das Feuer brennen wird, ist von der Natur der Furcht,
daß es mich brennen wird. |
Wenn man mich ins Feuer zöge,
so wurde ich mich wehren und nicht gutwillig gehn; und ebenso
würde ich schreien: “das Feuer wird mich
brennen!” und ich würde nicht schreien:
“vielleicht wird es ganz angenehm
sein!” |
Ich kalkuliere so, weil ich nicht anders
kalkulieren kann. (Ich glaube das,
weil ich nicht anders glauben kann.) |
Ich kann die Regel
R auch so
schreiben:
a + (b + 1) = (a + b) + 1, wenn ich R oder S als Erklärung oder Ersatz für diese Form nehme. Wenn ich nun sage, in
693 uns nur auf die Regel
R und ihre formale Beziehung zu
α
(oder zu α,
β und
γ)
aufmerksam gemacht hättest.”
Ich hätte also auch sagen können: Ich nehme die Regel R in der und der Weise als Paradigma meiner Übergänge. Wenn nun Skolem etwa nach seinem Beweis für das assoziative Gesetz übergeht zu:
694 wirklich als den Beweis einer
solchen Allgemeinheit rechtfertigen wollen, tun wir vielmehr etwas
anderes: wir gehen Beispiele einer Reihe durch, und diese
Beispiele und das Gesetz, was wir in ihnen erkennen, befriedigt uns
nun, und wir sagen: ﹖– ja, unser
Beweis leistet wirklich, was wir
wollten –﹖. Aber wir
müssen nun bedenken, daß wir mit der
Angabe dieser Beispielreihe die Schreibweise B und C
nur in eine andere (Schreibweise)
übersetzt haben. (Denn die Beispielreihe ist
nicht die unvollständige Anwendung der allgemeinen Form,
sondern ein anderer Ausdruck dieser Form || des
Gesetzes.) Und weil die Wortsprache,
wenn sie den Beweis erklärt, erklärt was er beweist, den
Beweis nur in eine andere Ausdrucksform übersetzt, so können
wir diese Erklärung auch ganz weglassen. Und
wenn wir das tun, so werden die mathematischen
Verhältnisse viel klarer, nicht verwischt durch die
mehrdeutigen || vieles
bedeutenden Ausdrücke der
Wortsprache. Wenn ich z.B. B
unmittelbar neben A setze, ohne
Dazwischenkunft des Wortes “alle” || ohne Vermittlung durch den Ausdruck der
Wortsprache “für alle Kardinalzahlen
etc.”, so kann kein
falscher Schein eines Beweises von A durch B
entstehen. Wir sehen dann ganz nüchtern,
wie weit die Beziehungen von B zu A und zu
a + b = b + a
reichen und wo sie aufhören. ||
Wir sehen dann die nüchternen,
(nackten) Beziehungen zwischen
A und B, und wie weit sie
reichen. Man lernt so erst, unbeirrt
von der alles gleichmachenden Form der Wortsprache, die eigentliche
Struktur dieser Beziehung kennen, und was es mit ihr auf sich
hat. |
Man sieht hier vor allem, daß wir
in || an dem Baum der Strukturen
B, C, etc. interessiert sind, und
daß an ihm zwar allenthalben die Form
f(1) =
g(1) zu
sehen ist, gleichsam eine bestimmte Astgabelung, –
daß aber diese Gebilde in
verschiedenen Anordnungen, und Verbindungen untereinander,
auftreten, und daß sie nicht in dem Sinne
Konstruktionselemente bilden ||
sind, wie die Paradigmen im Beweis von
a + (b + (c + 1)) =
(a + (b + c)) + 1 oder
(a + b)² = f(n + 1) = F(fn) g(n + 1) = F(gn) 695
a² + 2ab + b². Der Zweck der
“rekursiven Beweise” ist ja, den
algebraischen Kalkül mit dem der Zahlen in Verbindung zu
setzen. Und der Baum der rekursiven Beweise
“rechtfertigt” den algebraischen Kalkül nur,
wenn das heißen soll,
daß er ihn mit dem arithmetischen
in Verbindung bringt. Nicht aber in dem Sinn, in welchem
die Liste der Paradigmen den algebraischen Kalkül,
d.h. die
Übergänge in ihm,
rechtfertigt. Wenn man also die Paradigmen der Übergänge tabuliert, so hat das dort Sinn, wo das Interesse darin liegt, zu zeigen, daß die und die Transformationen alle bloß mit Hilfe jener – im übrigen willkürlich gewählten – Übergangsformen zustande gebracht sind. Nicht aber dort, wo sich die Rechnung in einem andern Sinne rechtfertigen soll, wo also das Anschauen der Rechnung – ganz abgesehen von dem Vergleich mit einer Tabelle vorher festgelegter Normen – uns lehren muß, ob wir sie zulassen sollen oder nicht. Skolem hätte uns also keinen Beweis des assoziativen und kommutativen Gesetzes versprechen brauchen || sollen, sondern einfach sagen können, er werde uns einen Zusammenhang der Paradigmen der Algebra mit den Rechnungsregeln der Arithmetik zeigen. Aber ist das nicht Wortklauberei? hat er denn nicht die Zahl der Paradigmen reduziert und uns z.B. statt jener beiden Gesetze eines, nämlich a + (b + 1) = (a + b) + 1 gegeben? Nein. Wenn wir z.B. (a + b)⁴ = etc. (r) beweisen, so könnten wir dabei von dem vorher bewiesenen Satz (a + b)² = etc. (s) Gebrauch machen. Aber in diesem Fall lassen sich die Übergänge in r, die durch s gerechtfertigt wurden, auch durch jene Regeln rechtfertigen, mit denen s bewiesen wurde. Und es verhält sich dann s zu jenen ersten Regeln, wie ein durch Definition eingeführtes Zeichen zu dem primären Zeichen, mit deren Hilfe es definiert wurde. Man kann die Definition immer auch eliminieren und auf die primären Zeichen übergehen. Wenn wir aber in C einen Übergang machen, der durch B gerechtfertigt ist, so können wir diesen Übergang nun nicht auch mit u allein machen. Wir haben eben mit dem, was hier Beweis genannt wird, nicht einen Schritt || Übergang in Stufen zerlegt, sondern etwas ganz andres getan. 739 |
Wenn gefragt würde: ist die Negation || Verneinung in der Mathematik, etwa
in
non.neg(2 + 2
= 5), die gleiche, wie die
nicht-mathematischer Sätze? so
müßte erst bestimmt werden, was als
Charakteristikum der || dieser
Verneinung als solcher aufzufassen
ist. Die Bedeutung eines Zeichens liegt ja in
den Regeln, nach denen es verwendet wird. || in
den Regeln, die seinen Gebrauch
vorschreiben. Welche dieser Regeln machen
das Zeichen “non”
zur Verneinung? Denn es ist klar,
daß gewisse Regeln, die sich auf
“non”
beziehen, für beide Fälle die gleichen sind;
z.B. non-non-p
= p. Man könnte
ja auch fragen: ist die Verneinung eines Satzes “ich
sehe einen roten Fleck” die gleiche, wie die von
“die Erde bewegt sich in einer Ellipse um die
Sonne”; und die Antwort müßte
auch sein: Wie hast Du
“Verneinung” definiert, durch welche Klasse
von Regeln? – daraus wird sich ergeben, ob wir in
beiden Fällen “die gleiche Verneinung”
haben. Wenn die Logik allgemein von der Verneinung
redet, oder einen Kalkül mit ihr treibt, so ist die Bedeutung
des Verneinungszeichens nicht weiter festgelegt, als die Regeln
seines Kalküls. Wir dürfen hier nicht vergessen,
daß ein Wort seine Bedeutung nicht als
etwas, ihm ein für allemal verliehenes, mit sich
herumträgt, sodaß wir sicher sind, wenn
wir nach dieser Flasche greifen, auch die bestimmte
Flüssigkeit, etwa Spiritus, zu erwischen. || … auch die bestimmte Flüssigkeit,
z.B. Spiritus, in der Hand zu
halten. |
Irrtümliche Anwendung unserer physikalischen
Ausdrucksweise auf Sinnesdaten.
“Gegenstände”,
d.h. Dinge, Körper im Raum des Zimmers
– und “Gegenstände” im Gesichtsfeld; der
Schatten eines Körpers an der Wand als Gegenstand!
Wenn man gefragt wird: “existiert der Kasten
noch, wenn ich ihn nicht anschaue”, so ist die korrekte
Antwort: “ich glaube nicht,
daß ihn jemand gerade dann wegtragen wird,
oder zerstören”. Die Sprachform
“ich nehme x wahr” bezieht sich
ursprünglich auf ein Phänomen (als Argument)
740 im physikalischen Raum
(ich meine hier: im “Raum” der
alltäglichen Ausdrucksweise). Ich kann diese
Form daher nicht unbedenklich auf das anwenden, was man
Sinnesdatum nennt, etwa auf ein optisches Nachbild.
(Vergleiche auch, was wir über die Identifizierung
von Körpern, und anderseits von Farbflecken im
Gesichtsfeld gesagt haben.) Was es
heißt: ich, das Subjekt, stehe dem
Tisch, als Objekt, gegenüber, kann ich leicht verstehen;
in welchem Sinne aber stehe ich meinem optischen Nachbild des
Tisches gegenüber?
“Ich kann diese Glasscheibe nicht sehen, aber ich kann sie fühlen”. Kann man sagen: “ich kann das Nachbild nicht sehen, aber …”? Vergleiche: “Ich sehe den Tisch deutlich”; “ich sehe das Nachbild deutlich”. “Ich höre die Musik deutlich”; “ich höre das Ohrensausen deutlich”. Ich sehe den Tisch nicht deutlich, heißt etwa: ich sehe nicht alle Einzelheiten des Tisches; – was aber heißt es: “ich sehe nicht alle Einzelheiten des Nachbildes”, oder: “ich höre nicht alle Einzelheiten des Ohrenklingens”? Könnte man nicht sehr wohl statt “ein Nachbild sehen” sagen: “ein Nachbild haben”? Denn: ein Nachbild “sehen”? im Gegensatz wozu? – “Wenn Du mich auf den Kopf schlägst, sehe ich Kreise”. – “Sind es genaue Kreise, hast Du sie gemessen?” (Oder: “sind es gewiß Kreise, oder täuscht Dich Dein Augenmaß?”) – Was heißt es nun, wenn man sagt: “wir können nie einen genauen Kreis sehen”? Soll das eine Erfahrungstatsache sein, oder die Konstatierung einer logischen Unmöglichkeit? – Wenn das letztere, so heißt es also, daß es keinen Sinn hat, vom Sehen eines genauen Kreises zu reden. Nun, das kommt drauf an, wie man das Wort gebrauchen will. “Genauer Kreis” im Gegensatz zu einem Gesichtsbild, das wir eine sehr kreisähnliche Ellipse nennen würden, kann man doch gewiß sagen. 741 Das Gesichtsbild ist ein
genauer Kreis, || Das Gesichtsbild ist dann ein
genauer Kreis, welches uns wirklich, wie wir sagen
würden, kreisförmig erscheint und nicht vielleicht nur sehr
ähnlich einem Kreis || Kreise. Ist
anderseits von einem Gegenstand der Messung die Rede, so gibt es
wieder verschiedene Bedeutungen des Ausdrucks “genauer
Kreis”, je nach dem Erfahrungskriterium, welches ich
dafür bestimme, daß der Gegenstand
genau kreisförmig ist. || … je nach dem
Erfahrungskriterium, das ich für die genaue
Kreisförmigkeit des Gegenstandes bestimme.
Wenn ich nun sage ||
wir nun sagen: “keine Messung ist
absolut genau”, so erinnern wir hier an einen Zug in der
Grammatik der Angabe von Messungsresultaten. Denn sonst
könnte uns Einer sehr wohl antworten: “wie
weißt Du das, hast Du alle Messungen
untersucht?” – “Man kann nie einen
genauen Kreis sehen” kann die Hypothese
sein, daß genauere Messung eines
kreisförmig aussehenden Gegenstandes immer zu
dem Resultat führen wird, daß der
Gegenstand von der Kreisform abweicht. – Der
Satz “man kann ein 100-Eck nicht von einem Kreis
unterscheiden” hat nur Sinn, wenn man die beiden auf
irgend eine Weise unterscheiden kann, und sagen will,
man könne sie, etwa visuell, nicht unterscheiden.
Wäre keine Methode der Unterscheidung vorgesehen, so
hätte es also keinen Sinn, zu sagen, daß
diese zwei Figuren (zwar) gleich
aussehen, aber “in Wirklichkeit” || “tatsächlich”
verschieden sind. Und jener Satz wäre dann etwa
die Definition 100-Eck = Kreis.
Ist in irgend einem Sinne ein genauer Kreis im Gesichtsfeld undenkbar, dann muß der Satz “ich sehe nie einen genauen Kreis im Gesichtsfeld” von der Art des Satzes sein: “ich sehe nie ein hohes C im Gesichtsfeld”. || … , dann muß der Satz “im Gesichtsfeld ist nie ein genauer Kreis” von der Art des Satzes sein: “im Gesichtsfeld ist nie ein hohes C.” |
Verschwommen, unklar, unscharf.
“Die Linien dieser Zeichnung sind unscharf”, “meine Erinnerung an die Zeichnung ist unklar, verschwommen”, “die Gegenstände am Rand meines 742 Gesichtsfeldes sehe ich
verschwommen”. –
Wenn man von der
Verschwommenheit der Bilder am Rande des Gesichtsfeldes spricht, so
schwebt Einem || einem
oft ein Bild dieses Gesichtsfeldes vor, wie es etwa
Mach entworfen hat.
Die Verschwommenheit
aber, die die Ränder eines Bildes auf der Papierfläche haben
können || Die Verschwommenheit aber der Ränder eines
Bildes auf der Papierfläche, ist von gänzlich
andrer Natur, als die, die man von den Rändern des
Gesichtsfeldes aussagt. So verschieden, wie die
Blässe der Erinnerung an eine Zeichnung, von der
Blässe einer Zeichnung
(selbst).
Wenn im Film eine Erinnerung oder ein Traum dargestellt werden
sollte, so gab man den Bildern einen bläulichen
Ton. Aber die Traum- und
Erinnerungsbilder haben natürlich keinen bläulichen Ton
– sowenig, wie unser Gesichtsbild verwaschene Ränder hat;
also sind die bläulichen Projektionen auf der
Leinwand || bläulichen Bilder auf der Leinwand
nicht unmittelbar anschauliche Bilder
der Träume, sondern ‘Bilder’ in noch
einem andern Sinn. – Bemerken wir im gewöhnlichen
Leben, wo wir doch unablässig schauen, die
Verschwommenheit an den Rändern des Gesichtsfeldes?
Ja, welcher Erfahrung entspricht sie eigentlich, denn
im normalen Sehen kommt sie nicht vor! Nun, wenn wir
den Kopf nicht drehen und wir beobachten etwas, was wir durch
Drehen der Augen gerade noch sehen können, dann sehen wir
etwa einen Menschen, können aber sein Gesicht nicht
erkennen, sondern sehen es in gewisser Weise
verschwommen. Die Erfahrung hat nicht die geringste
Ähnlichkeit mit dem Sehen einer Scheibe,
auf der || welcher Bilder
gemalt sind, in der Mitte der Scheibe mit scharfen Umrissen, nach
dem Rand zu mehr und mehr verschwimmend, etwa in ein allgemeines
Grau unmerklich übergehend. Wir denken an
so eine Scheibe, wenn wir z.B. fragen:
könnte man sich nicht ein Gesichtsfeld mit
gleichbleibender Klarheit der Umrisse
etc. denken? Es gibt keine Erfahrung, die
im Gesichtsfeld der entspräche, wenn man den Blick einem
Bild entlang gleiten läßt, das
von scharfen
Figuren zu immer verschwommeneren übergeht. 743 |
Die
visuelle Gerade berührt den visuellen Kreis
nicht in einem Punkt, sondern in einer visuellen
Strecke. – Wenn ich die﹖ Zeichnung
eines Kreises und einer Tangente ansehe, so ist ||
wäre nicht das merkwürdig, wenn || daß ich etwa
niemals einen vollkommenen Kreis und eine vollkommene Gerade
miteinander in Berührung sehe; interessant
ist || wird || wäre es erst,
wenn ich sie sehe, und dann die Tangente mit dem Kreis ein
Stück zusammenläuft. |
Denken wir uns folgendes
psychologisches Experiment: Wir zeigen dem Subjekt zwei
Linien G1, G2, durch welche quer
die Gerade A gezogen ist. Das Stück dieser
Geraden, welches zwischen G1 und
G2 liegt, werde ich die Strecke a
nennen. Wir ziehen nun in beliebiger Entfernung von
a und parallel dazu b und fragen, ob er die Strecke
b größer sieht als a, oder
die beiden Längen nicht mehr unterscheidet. Er
antwortet, b erscheine größer als
a. Darauf nähern wir uns a, indem
wir die Distanz von a zu b mit unsern
Meßinstrumenten halbieren und ziehen
c. “Siehst Du c
größer als a?”
– “Ja”. Wir halbieren die
Distanz c–a und ziehen d.
“Siehst Du d größer
als a?” –
“Ja”. Wir halbieren
a–d. “Siehst Du e
größer als a?”
– “Nein”. Wir halbieren daher
e–d. “Siehst Du f
größer als e?”
– “Ja”. Wir halbieren also
e–f und ziehen h. Wir könnten uns
so auch von der linken Seite der Strecke a nähern, und dann
sagen, daß einer gesehenen Länge
a im euklidischen Raum nicht
eine Länge, sondern ein Intervall von
Längen entspricht, und in ähnlicher Weise
einer gesehenen Lage eines Strichs (etwa des
Zeigers eines Instruments) ein Intervall von Lagen im
euklidischen Raum: aber dieses
Intervall hat nicht scharfe Grenzen. Das
heißt: es ist nicht von Punkten
begrenzt, sondern von konvergierenden Intervallen, die nicht
gegen einen Punkt konvergieren. (Wie 744 die Reihe der Dualbrüche, die
wir durch Werfen von Kopf und Adler erzeugen.) Das
Charakteristische zweier Intervalle, die so nicht durch
Punkte sondern unscharf begrenzt sind, ist,
daß auf die Frage, ob sie einander
übergreifen oder getrennt voneinander liegen, in gewissen
Fällen die Antwort lautet:
“unentschieden”. Und
daß die Frage, ob sie einander berühren,
einen Endpunkt miteinander gemein haben, immer sinnlos ist, da
sie ja keine Endpunkte haben. Man könnte aber
sagen: sie haben vorläufige
Endpunkte. In dem Sinne, in welchem die Entwicklung von
π ein
vorläufiges Ende hat. An dieser Eigenschaft des
‘unscharfen’ Intervalls ist natürlich nichts
geheimnisvolles, sondern das etwas Paradoxe
klärt sich durch die doppelte Verwendung des Wortes
“Intervall” auf. Es ist dies der gleiche Fall, wie der der doppelten Verwendung des Wortes “Schach”, wenn es einmal die Gesamtheit der jetzt geltenden Schachregeln bedeutet, ein andermal: das Spiel, welches N.N. in Persien erfunden hat und welches sich so und so entwickelt hat. In einem Fall ist es unsinnig, von einer Änderung || Entwicklung der Schachregeln zu reden, im andern Fall nicht. Wir können “Länge einer gemessenen Strecke” entweder das nennen, was bei einer bestimmten Messung, die ich heute um 5 Uhr durchführe, herauskommt, – dann gibt es für diese Längenangabe kein “ ± etc.” –, oder etwas, dem sich Messungen nähern etc.; in den zwei Fällen wird das Wort “Länge” mit ganz verschiedener Grammatik gebraucht. Und ebenso das Wort “Intervall”, wenn ich einmal etwas Fertiges, einmal etwas sich Entwickelndes ein Intervall nenne. I) die Intervalle liegen getrennt II) sie liegen getrennt und berühren sich vorläufig III) unentschieden IV) unentschieden V) unentschieden VI) sie übergreifen VII) sie übergreifen 745 Wir können uns aber nicht
wundern, daß nun ein Intervall so seltsame
Eigenschaften haben soll: da wir eben das Wort
“Intervall” jetzt in einem nicht
gewöhnlichen Sinn gebrauchen. Und wir können
nicht sagen, wir haben neue Eigenschaften gewisser Intervalle
entdeckt. Sowenig wie wir neue Eigenschaften des
Schachkönigs entdecken würden, wenn wir die Regeln des
Spiels änderten, aber die Bezeichnung
“Schach” und “König”
beibehielten.
(Vergl. dagegen
Brouwer, über das
Gesetz des ausgeschlossenen Dritten.)
Jener Versuch ergibt also wesentlich, was wir ein “unscharfes” Intervall genannt haben; dagegen wären natürlich andere Experimente möglich || denkbar, die statt dessen ein scharfes Intervall ergeben. Denken wir etwa, wir bewegten ein Lineal von der Anfangsstellung b, und parallel zu dieser, gegen a hin, bis in unserm Subjekt irgend eine bestimmte Reaktion einträte: dann könnten wir den Punkt, an dem die Reaktion einträte; dann könnten wir den Punkt, an dem die Reaktion beginnt, die Grenze unseres Streifens nennen. – So könnten wir natürlich auch ein Wägungsresultat “das Gewicht eines Körpers” nennen und es gäbe dann in diesem Sinn eine absolut genaue Wägung, d.i. eine, deren Resultat nicht die Form “G ± g” hat. Wir haben damit unsere Ausdrucksweise geändert, und müssen nun sagen, daß das Gewicht des Körpers schwankt und zwar nach einem uns unbekannten Gesetz. (Die Unterscheidung zwischen “absolut genauer” Wägung und “wesentlich ungenauer” Wägung ist eine grammatische || Der Unterschied zwischen “absolut genauer” Wägung und “wesentlich ungenauer” Wägung ist ein grammatischer und bezieht sich auf zwei verschiedene Bedeutungen des Ausdrucks “Ergebnis der Wägung”.) |
Die Unbestimmtheit des Wortes
“Haufen”. Ich könnte
definieren: ein Körper von gewisser Form und Konsistenz
etc. sei ein Haufe, wenn sein Volumen K
m³ beträgt, oder mehr; was darunter
liegt, will ich ein Häufchen nennen. Dann gibt es
kein größtes Häufchen; das
heißt: dann ist es sinnlos, von dem
“größten
Häufchen” zu reden. Umgekehrt könnte ich
bestimmen: Haufe solle alles das sein, was
größer als K
m³ ist, und dann 746 hätte der Ausdruck “der
kleinste Haufe” keine Bedeutung. Ist aber diese
Unterscheidung nicht müßig?
Gewiß, – wenn wir unter dem
Volumen ein Messungsresultat im gewöhnlichen Sinne
verstehen; denn dieses Resultat hat die Form
“V
± v”. ||
Gewiß, – wenn wir unter dem
Resultat der Messung des Volumens einen Ausdruck von der Form
“V
± v” verstehen.
Sonst aber könnte die Unterscheidung so
unbrauchbar sein, wie || Unterscheidung nicht müßiger sein
als || wäre diese Unterscheidung so unbrauchbar wie || Unterscheidung nicht müßiger als die, zwischen einem
Schock Äpfel und 61
Äpfeln. |
Die Verschwommenheit, Unbestimmtheit unserer
Sinneseindrücke ist nicht etwas, dem sich abhelfen
läßt, eine Verschwommenheit, der
auch völlige Schärfe entspricht (oder
entgegensteht). Vielmehr ist diese allgemeine
Unbestimmtheit, Ungreifbarkeit, dieses Schwimmen der
Sinneseindrücke, das, was mit dem Worte “alles
fließt” bezeichnet worden
ist. Wir sagen “man sieht nie einen genauen
Kreis”, und wollen sagen, daß,
auch wenn wir keine Abweichung von der Kreisform sehen, uns das
keinen genauen Kreis gibt. (Es
ist, als wollten wir sagen: wir können dieses
Werkzeug nie genau führen, denn wir halten nur den Griff
und das Werkzeug sitzt im Griff lose.) Was aber
verstehen wir dann unter dem Begriff
‘genauer Kreis’? Wie sind wir zu
diesem Begriff überhaupt gekommen? Nun, wir
denken z.B. an eine genau gemessene Kreisscheibe
aus einem sehr harten Stahl. Aha – also dorthin
zielen wir mit dem Begriff ‘genauer Kreis’.
Freilich, davon finden wir im Gesichtsbild nichts.
Wir haben eben die Darstellungsform gewählt, die die
Stahlscheibe genauer nennt, als die
Holzscheibe und die Holzscheibe genauer als die Papierscheibe.
Wir haben den Begriff “genau” durch eine
Reihe bestimmt, und reden von den Sinneseindrücken als
Bildern, ungenauen Bildern, der physikalischen
Gegenstände. 747 |
Die
Galton'sche Photographie, das Bild einer
Wahrscheinlichkeit. Das Gesetz der Wahrscheinlichkeit, das
Naturgesetz, was man sieht, wenn man blinzelt. |
In den Theorien und Streitigkeiten
der Philosophie finden wir die Worte, deren Bedeutungen uns
vom alltäglichen Leben her wohlbekannt sind, in einem
ultraphysischen Sinne angewandt. |
|
Könnten die Berechnungen eines
Ingenieurs ergeben, daß die
Stärke || daß eine
Dimension eines Maschinenteils bei
gleichmäßig wachsender Belastung in der
Reihe der Primzahlen fortschreiten müsse? || , daß die Stärken eines
Maschinenteils bei gleichmäßig wachsender
Belastung in der Reihe der Primzahlen fortschreiten
müssen? |
748 hätte, so hätte er doch die
Frage “gibt es eine 4 in der Entwicklung von
1 : 3” nicht
sinnvoll stellen können, d.h.,
abgesehen davon, daß er
tatsächlich zu keiner 4 gekommen war, können wir ihn davon
überzeugen, daß er keine Methode
besitzt, seine Frage zu entscheiden. Oder wir
könnten auch sagen: abgesehen von dem Resultat seiner
Tätigkeit könnten wir ihn über die Grammatik seiner
Frage und die Natur seines Suchens aufklären (wie einen
heutigen Mathematiker über analoge Probleme).
“Aber als Folge der Entdeckung der Periodizität
hört er nun doch gewiß auf, nach einer
4 zu suchen! Sie überzeugt ihn also,
daß er nie eine finden wird”. – Nein. Die Entdeckung der Periodizität
bringt ihn vom Suchen ab, wenn er sich nun neu
einstellt. Man könnte ihn fragen:
“Wie ist es nun, willst Du noch immer nach einer 4
suchen?” (Oder hat Dich, sozusagen, die
Periodizität auf andere Gedanken gebracht.)
Und die Entdeckung der Periodizität ist in Wirklichkeit die Konstruktion eines neuen Zeichens und Kalküls. Denn es ist irreführend ausgedrückt, wenn wir sagen, sie bestehe darin, daß es uns aufgefallen sei, daß der erste Rest gleich dem Dividenden ist. Denn hätte man Einen, der die periodische Division nicht kannte, gefragt, || : ist in dieser Division der erste Rest gleich dem Dividenden, so hätte er natürlich “ja” gesagt; es wäre ihm also aufgefallen. Aber damit hätte ihm nicht die Periodizität auffallen brauchen || müssen; d.h.: er hätte damit nicht den Kalkül mit den Zeichen aa : b = c gefunden. Ist nicht, was ich hier sage, immer dasselbe, || sage, das, was Kant damit meinte, daß 5 + 7 = 12 nicht analytisch, sondern synthetisch a priori sei? |
Der Satz, daß eine
Klasse einer ihrer Subklassen nicht ähnlich ist, ist
für endliche Klassen nicht wahr, sondern eine
Tautologie. Die grammatischen Regeln über
die Allgemeinheit der generellen Implikation 749 in dem Satz “k
ist eine Subklasse von K” enthalten das, was der
Satz, K sei eine unendliche Klasse, sagt. || Die grammatischen Regeln über die
Allgemeinheit der || jener
generellen Implikation im Satz “k ist
eine Subklasse von K” enthalten
das, was der Satz, K sei eine unendliche Klasse,
sagt. |
Unzulänglichkeit der
Frege'schen
und Russell'schen Allgemeinheitsbezeichnung.
Es hat Sinn, zu sagen “schreib' eine beliebige Kardinalzahl hin”, ist aber Unsinn zu sagen: “schreib' alle Kardinalzahlen hin”. “In dem Viereck befindet sich ein Kreis” ((∃x).fx) hat Sinn, aber nicht ~(∃x). ~ fx: “in dem Viereck befinden sich alle Kreise”. “Auf einem andersfarbigen Hintergrund befindet sich ein roter Kreis” hat Sinn, aber nicht “es gibt keine von rot verschiedene Farbe eines Hintergrundes, auf der sich kein roter Kreis befindet”. “In diesem Viereck ist ein schwarzer Kreis”: Wenn dieser Satz die Form “(∃x).x ist ein schwarzer Kreis im Viereck” hat, was || welcher Art ist so ein Ding x, welches || das die Eigenschaft hat, ein schwarzer Kreis zu sein (und also auch die haben kann, kein schwarzer Kreis zu sein)? Ist es etwa ein Ort im Quadrat? dann aber gibt es keinen Satz “(x).x ist ein schwarzer …”. Anderseits könnte jener Satz bedeuten “es gibt einen Fleck im Quadrat, der ein schwarzer Kreis ist”. Wie verifiziert man diesen Satz? Nun, man geht die verschiedenen Flecken im Quadrat durch und untersucht sie daraufhin, ob sie ganz schwarz und kreisförmig sind. Welcher Art ist aber der Satz: “Es ist kein Fleck in dem Quadrat”? Denn, wenn das ‘x’ in ‘(∃x)’ im vorigen Fall ‘Fleck im Quadrat’ hieß, dann kann es zwar einen Satz “(∃x).fx” geben, aber keinen “(∃x)” oder “~(∃x)”. Oder, ich könnte wieder fragen: Was ist das für ein Ding, das die Eigenschaft hat (oder nicht hat) ein Fleck im Quadrat zu sein? Und wenn man sagen kann “ein Fleck ist in dem Quadrat”, hat es 750 dann || damit auch schon Sinn, zu sagen
“alle Flecken sind in dem
Quadrat”? Welche
alle? – |
Was heißt es:
“die Punkte, die das Experiment liefert, liegen
durchschnittlich auf einer Geraden”? oder:
“wenn ich mit einem guten Würfel würfle, so
werfe ich durchschnittlich alle 6 Würfe eine
1”? Ist dieser Satz mit jeder
Erfahrung, die ich etwa mache, vereinbar? Wenn er
das ist, so sagt er nichts. Habe ich
(vorher) angegeben, mit welcher
Erfahrung er nicht mehr vereinbar ist, welches die Grenze ist, bis
zu der die Ausnahmen von der Regel gehen dürfen, ohne die Regel
umzustoßen? Nein.
Hätte ich aber nicht eine solche Grenze aufstellen
können? Gewiß. – Denken wir uns, die Grenze wäre so gezogen:
wenn unter 6 aufeinander folgenden Würfen 4 gleiche auftreten,
ist der Würfel schlecht. Nun fragt man aber:
“Wenn das aber nur selten genug geschieht, ist er dann
nicht doch gut?” – Darauf lautet die
Antwort: Wenn ich das Auftreten von 4 gleichen
Würfen unter 6 aufeinander folgenden für eine bestimmte Zahl
von Würfen erlaube, so ziehe ich damit eine
andere Grenze, als die erste war. Wenn
ich aber sage “jede Anzahl gleicher aufeinander folgender
Würfe ist erlaubt, wenn sie nur selten genug auftritt, dann
habe ich damit die Güte des Würfels im strengen Sinne
als unabhängig von den Wurfresultaten
erklärt. Es sei denn, daß
ich unter der Güte des Würfels nicht eine Eigenschaft
des Würfels, sondern eine Eigenschaft einer bestimmten Partie
im Würfelspiel verstehe. Denn dann kann ich
allerdings sagen: Ich nenne den Würfel in
einer Partie gut, wenn unter den N Würfen der Partie
nicht mehr als log N gleiche aufeinander
folgende vorkommen. Hiermit wäre aber eben kein Test
zur Überprüfung von Würfeln
gegeben, sondern ein Kriterium zur Beurteilung einer Partie des
Spiels. |
Man sagt,
wenn der Würfel ganz gleichmäßig
und 751 sich selbst überlassen ist, dann
muß die Verteilung der Ziffern 1, 2, 3, 4,
5, 6, unter den Wurfresultaten gleichförmig sein, weil
kein Grund vorhanden ist, weshalb die eine Ziffer
öfter vorkommen sollte als die andere. Aber
wie ist es mit den Worten der Funktion
(x ‒ 3)²
Stellen wir nun aber die Wurfresultate statt durch die Ziffern 1 – || bis 6 durch die Worte der Funktion (x ‒ 3)² für die Argumente 1 bis 6 dar, also durch die Ziffern 0, 1, 4, 9. Ist ein Grund vorhanden, warum eine dieser Ziffern öfter in den neuen Wurfresultaten fungieren soll, als eine andere? Dies lehrt uns, daß das Gesetz a priori der Wahrscheinlichkeit eine Form von Gesetzen ist, wie die der Minimumgesetze der Mechanik etc.. Hätte man durch Versuche herausgefunden, daß die Verteilung der Würfe 1 bis 6 mit einem regelmäßigen Würfel so ausfällt, daß die Verteilung der Werte (x ‒ 3)² eine gleichmäßige wird, so hätte man nun diese Gleichmäßigkeit als die Gleichmäßigkeit a priori erklärt. So machen wir es auch in der kinetischen Gastheorie: wir stellen die Verteilung der Molekülbewegungen in der Form irgend einer gleichförmigen Verteilung dar; was aber gleichförmig verteilt ist – so wie an andrer Stelle was zu einem Minimum wird – wählen wir so, daß unsere Theorie mit der Erfahrung übereinstimmt. |
“Die Moleküle bewegen sich
bloß nach den Gesetzen der
Wahrscheinlichkeit”, das soll
heißen: die Physik tritt ab, und die
Moleküle bewegen sich jetzt quasi
bloß nach Gesetzen der Logik.
Diese Meinung ist verwandt der, daß
das Trägheitsgesetz ein Satz a priori ist; und auch
hier redet man davon, was ein Körper tut, wenn er sich selbst
überlassen ist. Was ist das Kriterium
dafür, daß er sich selbst
überlassen ist? Ist es am Ende das,
daß er sich gleichförmig in einer
Geraden bewegt? Oder ist es ein anderes.
Wenn das letztere, dann ist es eine Sache der Erfahrung,
752 ob das
Trägheitsgesetz stimmt; im ersten Fall aber war es gar kein
Gesetz, sondern eine Definition. Und
Analoges gilt von einem Satz: “wenn die Teilchen
sich selbst überlassen sind, dann ist die Verteilung ihrer
Bewegungen die und die”. Welches ist das Kriterium
dafür, daß sie sich selbst
überlassen sind? etc.. |
∣ Wenn die Messung ergibt,
daß der Würfel genau und homogen ist,
– ich nehme an, daß die Ziffern auf
seinen Flächen die Wurfresultate nicht
beeinflussen – und die werfende Hand bewegt
sich regellos – folgt daraus die durchschnittlich
gleichmäßige Verteilung der
Würfe 1 bis 6? Woraus sollte man die
schließen?
Über die Bewegung
beim Werfen hat man keine Annahme gemacht und die
Prämisse der || Annahme
der Genauigkeit des Würfels ist doch von
ganz anderer Art ||
Multiplizität, als eine
durchschnittlich gleichförmige Verteilung von Resultaten.
Die Prämisse ist gleichsam einfärbig, die Konklusion
gesprenkelt.
Warum hat man gesagt, der Esel werde
zwischen den beiden gleichen Heubündeln verhungern, und
nicht, er werde durchschnittlich so oft von dem einen,
wie von dem andern fressen || er werde von
beiden durchschnittlich gleich oft fressen? ∣ |
Behaviourism.
“Mir scheint, ich bin traurig, ich lasse den Kopf so
hängen”. Warum hat man kein Mitleid, wenn eine Tür ungeölt ist und beim Auf- und Zumachen schreit? Haben wir mit dem Andern, der sich benimmt, wie wir, wenn wir Schmerzen haben, Mitleid, – auf philosophische Erwägungen hin, die zu dem Ergebnis geführt haben, daß er leidet, wie wir? Ebensogut können uns die Physiker damit Furcht einflößen, daß sie uns versichern, der Fußboden sei gar nicht kompakt, wie er scheine, sondern bestehe aus losen 753 Partikeln, die regellos
herumschwirren. “Aber wir hätten doch mit
dem Andern nicht Mitleid, wenn wir
wüßten, daß er
nur eine Puppe ist, oder seine Schmerzen
bloß heuchelt.” Freilich,
– aber wir haben auch ganz bestimmte Kriterien dafür,
daß etwas eine Puppe ist, oder
daß Einer seine Schmerzen heuchelt und
diese Kriterien stehen eben im Gegensatz zu denen, die
wir Kriterien dafür nennen, daß etwas
keine Puppe (sondern etwa ein Mensch) ist und seine Schmerzen
nicht heuchelt (sondern wirklich Schmerzen hat).
|
Die Untersuchung der
Regeln des Gebrauchs unserer Sprache, die Erkenntnis dieser Regeln
und übersichtliche Darstellung, läuft auf das hinaus,
d.h. leistet dasselbe, was man oft durch die
Konstruktion einer phänomenologischen Sprache leisten || erzielen will.
Jedesmal, wenn wir erkennen, daß die und die Darstellungsweise auch durch eine andre ersetzt werden kann, machen wir einen Schritt zu diesem Ziel. |
Wie
kommt, daß die Philosophie ein so
komplizierter Bau || Aufbau
ist. Sie sollte doch gänzlich einfach sein, wenn sie
jenes Letzte, von aller Erfahrung Unabhängige ist,
wofür Du sie ausgibt. – Die Philosophie
löst Knoten auf, die wir in unser Denken gemacht haben || löst die Knoten in unserem Denken
auf; daher muß ihr Resultat
einfach sein, ihre Tätigkeit aber so kompliziert wie die
Knoten, die sie auflöst. |
Hat es Sinn zu sagen, zwei Menschen
hätten den selben Körper?
Welches wären die Erfahrungen, die wir mit
diesem Satz beschrieben?
Daß ich darauf käme,
daß das, was ich meine Hand
nenne, und bewege, an dem Körper eines
Andern sitzt, ist natürlich denkbar, denn ich 754 sehe, während ich jetzt
schreibe, die Verbindung meiner Hand mit meinem übrigen
Körper nicht. Und ich könnte wohl darauf kommen,
daß sich die frühere Verbindung
gelöst hat und also auch, daß meine Hand
jetzt an dem Arm eines Andern sitzt. |
Die Geometrie ist nicht die Wissenschaft
(Naturwissenschaft) von den geometrischen Ebenen,
geometrischen Geraden und geometrischen Punkten, im Gegensatz
etwa zu einer andern Wissenschaft, die von den groben, physischen
Geraden,
Strichen, || – Strichen – Flächen
etc. handelt und deren
Eigenschaften angibt. Der Zusammenhang der Geometrie mit
Sätzen des praktischen Lebens, die von Strichen, Farbgrenzen,
Kanten und Ecken etc. handeln, ist nicht der,
daß sie über ähnliche Dinge
spricht, wie diese Sätze, wenn auch über
ideale Kanten, Ecken, etc.; sondern der,
zwischen diesen Sätzen und ihrer Grammatik. Die
angewandte Geometrie ist die Grammatik der Aussagen über die
räumlichen Gegenstände. Die sogenannte
geometrische Gerade verhält sich zu einer Farbgrenze nicht wie
etwas Feines zu etwas Grobem, sondern wie Möglichkeit zur
Wirklichkeit. (Denke an die Auffassung der
Möglichkeit als Schatten der Wirklichkeit.) |
Der Name, den ich einem Körper
gebe, einer Fläche, einem Ort, einer Farbe, hat jedesmal
andere Grammatik. Der Name “a”
in “a ist gelb” hat eine andere Grammatik,
wenn a der Name eines Körpers und wenn es der Name einer
Fläche eines Körpers ist; ob nun ein Satz
“dieser Körper ist gelb” sagt,
daß die Oberfläche des Körpers gelb
ist, oder daß er durch und durch gelb
ist. “Ich zeige auf a” hat
verschiedene Grammatik, je nachdem a ein Körper, eine
Fläche, eine Farbe ist etc.. Und so
hat auch das hinweisende Fürwort “dieser”
andere Bedeutung (d.h. Grammatik), wenn
es sich auf Hauptwörter verschiedener Grammatik
bezieht. || Hauptwörter mit verschiedener
Grammatik bezieht. 755 |
Zu sagen, die Punkte, die dieses Experiment liefert, liegen
durchschnittlich auf dieser Linie, z.B. einer
Geraden, sagt etwas Ähnliches
wie: “aus dieser Entfernung gesehen, scheinen sie in
einer Geraden zu liegen”.
Ich kann von einer Linie || Strecke sagen, der allgemeine Eindruck ist der einer Geraden; aber nicht: “die Linie || Strecke schaut gerade aus, denn sie kann das Stück einer Linie sein, die mir als Ganzes || Ganze den Eindruck der Geraden macht”. (Berge auf der Erde und auf dem Mond. Erde eine Kugel.) |
Von
Sinnesdaten in dem Sinne dieses Worts, in dem es
undenkbar ist, daß der Andere
sie hat, kann man eben aus diesem Grunde auch nicht sagen,
daß der Andere sie nicht hat. Und
eben darum ist es auch sinnlos zu sagen,
daß ich, im Gegensatz zum
Andern, sie habe. – Wenn man sagt
“seine Zahnschmerzen kann ich nicht fühlen”,
meint man damit, daß man die Zahnschmerzen
des Andern bis jetzt nie gefühlt hat? Wie
unterscheiden sich seine Zahnschmerzen von den
meinen? Wenn das Wort
“Schmerzen” in den Sätzen “ich habe
Schmerzen” und “er hat Schmerzen” die
gleiche Bedeutung hat, – was
heißt es dann zu sagen,
daß er nicht dieselben Schmerzen haben
kann, wie ich? Wie können sich denn verschiedene
Schmerzen voneinander unterscheiden? Durch Stärke,
durch den Charakter des Schmerzes (stechend,
bohrend, etc.) und durch die Lokalisation im
Körper. Wenn nun aber diese Charakteristika
bei beiden dieselben sind? – Wenn
man aber einwendet, ihr Unterschied, || , der
Unterschied der Schmerzen sei eben der,
daß in einem Falle ich sie habe, im andern
Fall er! – dann ist also die besitzende Person eine
Charakteristik der Schmerzen selbst. Aber was ist dann
mit dem Satz “ich habe Schmerzen” oder “er
hat Schmerzen” ausgesagt? – Wenn das
Wort “Schmerzen” in beiden Fällen die gleiche
Bedeutung hat, dann muß man die Schmerzen
der Beiden miteinander vergleichen können; und wenn sie in
Stärke etc., etc. miteinander
übereinstimmen, so sind sie 756 die gleichen; wie zwei Anzüge
die gleiche Farbe besitzen, wenn sie in Bezug auf
Helligkeit, Sättigung, etc. miteinander
übereinstimmen. Wenn man fragt “ist es denkbar, daß ein Mensch die Schmerzen des Andern fühlt?” so schweben einem dabei die Schmerzen (etwa Zahnschmerzen) des Andern gleichsam als ein Körper, ein Volumen, vor im Mund des Andern und die Frage scheint zu fragen, ob wir an diesem Schmerzvolumen teilhaben können. Etwa dadurch, daß sich unser beider Wangen durchdrängen. Aber auch das scheint dann nicht zu genügen und wir müßten ganz mit ihm zusammenfallen || und wir müßten uns ganz mit ihm decken. |
Das Experiment des Würfelns dauert eine
gewisse Zeit, und unsere Erwartungen über die zukünftigen
Ergebnisse des Würfelns können sich nur auf
Tendenzen gründen, die wir in den Ergebnissen des
Experiments wahrnehmen. D.h.,
das Experiment kann nur die Erwartung begründen,
daß es so weitergehen wird, wie
(es﹖) das Experiment gezeigt
hat. Aber wir können nicht erwarten,
daß das Experiment, wenn fortgesetzt, nun
Ergebnisse liefern wird, die mehr als die des wirklich
ausgeführten Experiments mit einer
vorgefaßten Meinung über seinen Verlauf
übereinstimmen. Wenn ich also
z.B. Kopf und Adler werfe und in den Ergebnissen
des Experiments keine Tendenz der Kopf- und
Adler-Zahlen finde, sich weiter einander zu
nähern, so gibt das Experiment mir keinen Grund zur Annahme,
daß seine Fortsetzung eine solche
Annäherung zeigen wird. Ja, die Erwartung
dieser Annäherung muß sich selbst auf
einen bestimmten Zeitpunkt beziehen, denn man kann nicht sagen, man
erwarte, daß ein Ereignis
einmal – in der unendlichen Zukunft –
eintreten werde. |
Ein Gedanke über die Darstellbarkeit der unmittelbaren
Realität durch die Sprache:
“Der Strom des Lebens, oder der Strom der Welt, fließt dahin, 757 und unsere Sätze werden,
sozusagen, nur in Augenblicken verifiziert.
Unsere Sätze werden nur von der Gegenwart
verifiziert. – Sie müssen also so gemacht
sein, daß sie von ihr verifiziert werden
können. Sie müssen das Zeug haben, um von ihr
verifiziert werden zu können. Dann haben sie also in irgend einer Weise die
Kommensurabilität mit der Gegenwart und diese können sie
nicht haben || Dann sind sie also in irgend einer Weise mit der
Gegenwart kommensurabel und dies können sie nicht sein
trotz ihrer raum-zeitlichen Natur, sondern diese
muß sich zur Kommensurabilität
verhalten, wie die Körperlichkeit eines
Maßstabes zu seiner Ausgedehntheit, mit
der || mittels der er
mißt. Im Falle des
Maßstabes kann man auch nicht sagen:
‘Ja, der Maßstab
mißt die Länge, trotz seiner
Körperlichkeit; freilich, ein Maßstab,
der nur Länge hätte, wäre das Ideal, wäre
der reine
Maßstab’. Nein, wenn
ein Körper Länge hat, so kann es keine Länge ohne
einen Körper geben – und wenn ich auch verstehe,
daß in einem bestimmten Sinn nur die
Länge des Maßstabs
mißt, so bleibt doch was ich in die
Tasche stecke der
Maßstab, – der Körper und nicht
die Länge.” |
Ich stimme mit den Anschauungen neuerer Physiker
überein, wenn sie sagen, daß die Zeichen
in ihren Gleichungen keine “Bedeutungen” mehr
haben, und daß die Physik zu keinen solchen
Bedeutungen gelangen könne, sondern bei den Zeichen
stehen bleiben müsse: sie sehen
nämlich nicht, daß diese Zeichen
insofern Bedeutung haben – und nur insofern – als
ihnen, auf welchen Umwegen immer, das beobachtete Phänomen
entspricht, oder nicht entspricht. |
Darstellung einer Linie als Gerade mit
Abweichungen. Die Gleichung der Linie enthält
einen Parameter, dessen Verlauf die Abweichungen von der Geraden
ausdrückt. Es ist nicht wesentlich,
daß diese 758 Abweichungen
“gering” seien. Sie können so
groß sein, daß die
Linie einer Geraden nicht ähnlich sieht. Die
“Gerade mit Abweichungen” ist nur eine Form der
Beschreibung. Sie erleichtert es mir, einen bestimmten
Teil der Beschreibung auszuschalten, zu vernachlässigen, wenn
ich will. (Die Form “Regel mit
Ausnahmen”.) |
Alle “begründete Erwartung” ist
Erwartung, daß eine bis jetzt beobachtete
Regel weiterhin || weiter
gelten wird. (Die Regel aber muß beobachtet worden sein und kann nicht selbst wieder bloß erwartet werden.) |
Die
Logik der Wahrscheinlichkeit hat es mit dem Zustand der
Erwartung nur soweit zu tun, wie die Logik überhaupt, mit dem
Denken. |
Von der Lichtquelle Q wird ein Lichtstrahl
ausgesandt, der die Scheibe AB trifft, dort einen
Lichtpunkt erzeugt und dann die Scheibe AC
trifft. Wir haben nun keinen Grund
zur Annahme, der Lichtpunkt auf AB werde rechts von der Mitte
M liegen, noch zur entgegengesetzten; aber auch keinen
Grund anzunehmen, der Lichtpunkt auf AC werde auf
der und nicht auf jener Seite von der Mitte m
liegen. || Wir haben nun keinen Grund,
anzunehmen, daß der Lichtpunkt auf
AB eher auf der einen Seite der Mitte M, als auf der
andern liegen wird; aber auch keinen Grund, anzunehmen, der
Lichtpunkt auf AC werde auf der einen und nicht auf der
andern Seite der Mitte m liegen.
Das gibt also widersprechende Wahrscheinlichkeiten.
Wenn ich nun eine Annahme über den Grad der
Wahrscheinlichkeiten mache, daß der eine
Lichtpunkt im Stück AM liegt, 759 – wie wird diese Annahme
verifiziert? Wir denken || meinen
doch, durch einen Häufigkeitsversuch.
Angenommen nun, dieser bestätigt die Auffassung,
daß die Wahrscheinlichkeiten für das
Stück AM und BM gleich sind (also für
Am und Cm verschieden), so ist sie damit als die
richtige erkannt und erweist sich also als eine physikalische
Hypothese. Die geometrische Konstruktion zeigt nur,
daß die Gleichheit der Strecken AM und
BM kein Grund zur Annahme gleicher
Wahrscheinlichkeit war. |
Was heißt es: den
Goldbach'schen Satz glauben? Worin
besteht dieser Glaube? In einem Gefühl der
Sicherheit, wenn wir den Satz aussprechen, oder
hören? Das interessiert uns nicht. Ich
weiß ja auch nicht, wie weit dieses
Gefühl durch den Satz selbst hervorgerufen sein mag.
Wie greift der Glaube in diesen Satz ein? Sehen wir
nach, welche Konsequenzen er hat, wozu er uns
bringt. “Er bringt mich zum Suchen
nach einem Beweis dieses Satzes”. –
Gut, jetzt sehen wir noch nach, worin Dein Suchen eigentlich
besteht; dann werden wir wissen, ﹖– wie es sich mit Deinem Glauben an den Satz verhält. || … was es mit dem Glauben an den Satz auf sich
hat –﹖. |
“Der Kretische
Lügner”. Statt zu sagen “ich
lüge”, könnte er auch hinschreiben
“dieser Satz ist falsch”. Die Antwort
darauf wäre: “Wohl, aber welchen Satz
meinst Du?” – “Nun,
diesen Satz.” –
“Ich verstehe, aber von welchem Satz ist in
ihm die Rede?” –
“Von diesem.” –
“Gut, und auf welchen Satz spielt dieser
an?” u.s.w..
Er könnte uns so nicht erklären, was er meint,
ehe er zu einem kompletten Satz übergeht. –
Man kann auch sagen: Der fundamentale Fehler liegt
darin, daß man denkt || glaubt, ein Wort,
z.B. “dieser Satz”,
könne auf seinen Gegenstand gleichsam anspielen (aus der
Entfernung hindeuten), ohne ihn vertreten zu
müssen. 760 |
(Ein Satz
der von allen Sätzen oder allen Funktionen handelt.
Was stellt man sich darunter vor? ||
Was meint man damit? Es
wäre wohl ein Satz der Logik. Denken wir nun daran,
wie der Satz ~2np
= p bewiesen wird.) |
Wenn ich annehme, die Messung ergebe,
daß der Würfel genau und homogen
ist, und die Ziffern auf seinen Flächen die Wurfresultate
nicht beeinflussen, und die Hand, die ihn wirft, bewegt sich
ohne bestimmte Regel; folgt daraus die || eine
durchschnittlich gleichförmige
Verteilung der Würfe 1 bis 6 unter den Wurfergebnissen? – Woraus sollte sie hervorgehen?
Daß der Würfel genau und
homogen ist, kann doch keine durchschnittlich
gleichförmige Verteilung von Resultaten
begründen. (Die Voraussetzung ist sozusagen
homogen, die Folgerung wäre gesprenkelt.)
Und über die Bewegung beim Werfen haben wir ja keine
Annahme gemacht.
(Mit der Gleichheit der beiden
Heubündel hat man zwar begründet,
daß der Esel in ihrer Mitte verhungern
(werde);
aber nicht, daß er ungefähr
gleich oft von jedem
fressen werde.) – Mit unseren Annahmen ist es
auch vollkommen vereinbar, daß mit dem
Würfel 100 Einser nacheinander geworfen werden, wenn Reibung,
Handbewegung, Luftwiderstand so zusammentreffen. Die
Erfahrung, daß das nie
geschieht, ist eine, die diese Faktoren betrifft || ist eine diese Faktoren
betreffende. Und die Vermutung der
gleichmäßigen Verteilung der
Wurfergebnisse ist eine Vermutung über das Arbeiten dieser
Faktoren ||
Einflüsse.
Wenn man sagt, ein gleicharmiger Hebel, auf den symmetrische Kräfte wirken, müsse in Ruhe bleiben, weil keine Ursache vorhanden ist, weshalb er sich eher auf die eine als auf die andre Seite neigen sollte, so heißt das nur, daß, wenn wir gleiche Hebelarme und symmetrische Kräfte 761 konstatiert haben und nun der Hebel
sich nach der einen Seite neigt, wir dies aus den uns bekannten
– oder von uns angenommenen – Voraussetzungen nicht
erklären können. (Die Form, die wir
“Erklärung” nennen,
muß auch asymmetrisch sein; wie die
Operation, ﹖– die aus
“a + b”
“2a + 3b”
macht –﹖.) Wohl aber
können wir die andauernde Ruhe des Hebels aus unsern
Voraussetzungen erklären. – Aber auch eine
schwingende Bewegung, die durchschnittlich gleich oft von der
Mitte || Mittellage nach rechts
und nach links gerichtet ist?
Die schwingende Bewegung nicht, denn in der ist ja wieder
Asymmetrie. Nur die Symmetrie in dieser
Asymmetrie. Hätte sich der Hebel gleichförmig
nach rechts gedreht, so könnte man analog sagen:
Mit der Symmetrie der Bedingungen kann ich die
Gleichförmigkeit der Bewegung, aber nicht ihre Richtung
erklären. Eine Ungleichförmigkeit der Verteilung der Wurfresultate ist mit der Symmetrie des Würfels nicht zu erklären. Und nur insofern erklärt diese Symmetrie die Gleichförmigkeit der Verteilung. – Denn man kann natürlich sagen: Wenn die Ziffern auf den Würfelflächen keine Wirkung haben, dann kann ihre Verschiedenheit nicht eine Ungleichförmigkeit der Verteilung erklären; und gleiche Umstände können selbstverständlich nicht Verschiedenheiten erklären; soweit also könnte man auf eine Gleichförmigkeit schließen. Aber woher dann überhaupt verschiedene Wurfresultate? Gewiß, was diese || Was diese erklärt, muß nun auch ihre durchschnittliche Gleichförmigkeit erklären. Die Regelmäßigkeit des Würfels stört nur eben diese Gleichförmigkeit nicht. |
Angenommen, Einer der
täglich im Spiel würfelt, würde etwa
eine Woche lang nichts als Einser werfen, und zwar mit
Würfeln, die nach allen anderen Arten ||
Methoden der Untersuchung ||
Prüfung sich als gut erweisen, und wenn ein
Andrer sie wirft, auch die gewöhnlichen Resultate
geben ||
liefern. Hat er nun
Grund, hier ein Naturgesetz anzunehmen, 762 dem
gemäß er immer Einser
wirft || werfen
muß; hat er
Grund zu glauben, daß
das nun so weiter gehen wird, – oder
(vielmehr) Grund
anzunehmen, daß diese
Regelmäßigkeit nicht lange
mehr andauern kann ||
wird? Hat er also Grund das Spiel
aufzugeben, da es sich gezeigt hat, daß er
nur Einser werfen kann; oder weiterzuspielen, da es jetzt nur um so
wahrscheinlicher ist, daß er beim
nächsten Wurf eine höhere Zahl werfen wird? –
In Wirklichkeit wird er sich weigern, die
Regelmäßigkeit als ein Naturgesetz
anzuerkennen; zum mindesten wird sie lang andauern müssen, ehe er
diese Auffassung in Betracht zieht. Aber
warum? – “Ich glaube, weil so viel
frühere Erfahrung seines Lebens gegen ein solches Gesetz
spricht, die alle sozusagen – erst überwunden werden
muß, ehe wir eine ganz neue
Betrachtungsweise annehmen. |
Wenn wir aus der relativen Häufigkeit
eines Ereignisses auf seine relative Häufigkeit in der
Zukunft Schlüsse ziehen, so können wir das
natürlich nur nach der bisher tatsächlich
beobachteten Häufigkeit tun. Und nicht nach einer,
die wir aus der beobachteten durch irgend einen
Prozeß der Wahrscheinlichkeitsrechnung
erhalten haben. Denn die berechnete Wahrscheinlichkeit
stimmt mit jeder beliebigen tatsächlich
beobachteten Häufigkeit überein, da sie die Zeit offen
läßt. |
Wenn sich der Spieler, oder die
Versicherungsgesellschaft, nach der Wahrscheinlichkeit richten,
so richten sie sich nicht nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung,
denn nach dieser allein kann man sich nicht richten, da, was
immer geschieht, mit ihr in
Übereinstimmung zu bringen ist; sondern
die Versicherungsgesellschaft richtet sich nach einer
tatsächlich beobachteten Häufigkeit. Und zwar ist
das natürlich eine absolute Häufigkeit.
763 |
Was zum
Wesen der Welt gehört, kann die Sprache nicht
ausdrücken. Daher kann sie nicht sagen,
daß
alles || Alles
fließt. Nur was wir uns auch
anders vorstellen könnten, kann die Sprache sagen.
﹖– Daß alles || Alles fließt, muß in dem Wesen || im Wesen der Anwendung der Sprache auf der Wirklichkeit liegen. –﹖ || Daß Alles fließt, muß im Wesen der Berührung der Sprache mit der Wirklichkeit liegen. Oder besser: daß Alles fließt, muß im Wesen der Sprache liegen. Und, erinnern wir uns: im gewöhnlichen Leben fällt uns das nicht auf – sowenig, wie die verschwommenen Ränder unseres Gesichtsfeldes (“weil wir so daran gewöhnt sind”, wird mancher || Mancher sagen). Wie, bei welcher Gelegenheit, glauben wir denn, darauf aufmerksam zu werden? Ist es nicht, wenn wir Sätze gegen die Grammatik der Zeit bilden wollen? |
“Nur die Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks
hat Realität”. – Soll das
heißen, daß ich
heute früh nicht aufgestanden bin? Oder,
daß ein Ereignis, dessen ich mich in diesem
Augenblick nicht erinnere ||
entsinne, nicht stattgefunden hat? –
Soll hier ‘gegenwärtige Erfahrung’ im
Gegensatz stehen zu zukünftiger und vergangener
Erfahrung? Oder ist es ein Beiwort, wie das Wort
“rational” in “rationale Zahl”,
so daß man die beiden Wörter auch
durch eines ersetzen könnte und das Beiwort
auf eine grammatische Eigentümlichkeit hinweist. Und
was wird in diesem Falle vom Subjekt
angenommen || ausgesagt, wenn ihm Realität
zugesprochen wird? Betonen wir hier nicht wieder eine
grammatische Eigentümlichkeit, in derselben Weise, wie
wenn man sagt || etwa, als wenn man sagte:
“nur die Kardinalzahlen sind wirkliche
Zahlen”.
(Kronecker
soll gesagt haben, nur die Kardinalzahlen seien von
Gott erschaffen, alle anderen seien
Menschenwerk.) – Heißt
es ‘gegenwärtige Erfahrung’ im Gegensatz zu
zukünftiger und vergangener, dann meint man mit diesen
Erfahrungen etwa physikalische Vorgänge; 764 und wenn ich das Bild von der
Laterna magica gebrauche und die zeitlichen Beziehungen
in räumliche übersetze, so ist die
gegenwärtige Erfahrung im physikalischen Sinn das Bild auf dem
Filmstreifen, das sich vor dem Objektiv der Laterne
befindet. (Ich kann nicht sagen:
“das sich jetzt vor dem Objektiv der Laterne
befindet”.) Auf der einen Seite dieses Bildes
sind || liegen die
vergangenen, auf der andern die zukünftigen Bilder (die
beiden Seiten sind durch Eigentümlichkeiten des Apparates
charakterisiert). Das Bild auf der Leinwand
gehört der Zeit des Filmstreifens nicht an; man kann von ihm
nicht in dem eben beschriebenen Sinne sagen, es sei
gegenwärtig. (Im Gegensatz wozu?
Das Wort ‘gegenwärtig’, wenn man es hier
benützt, bezeichnet nicht einen Teil eines Raumes im Gegensatz
zu andern Teilen, sondern charakterisiert einen Raum.)
Der Satz, nur die gegenwärtige Erfahrung habe
Realität, wäre nun hier der Satz,
daß nur das Bild vor dem Objektiv dem
Bild auf der Leinwand entspricht. Und das könnte
allerdings ein Erfahrungssatz sein und das Gleichnis
läßt uns hier in Stich, wenn wir die
Entsprechung zwischen Film und Leinwand (die Projektionsart)
nicht so festsetzen ||
festlegen, daß sich dadurch
das Bild auf dem Film, welches dem Bild auf der Leinwand
entspricht, als das Bild vor dem Objektiv der Laterne
ergibt. |
Wer den
Satz, nur die gegenwärtige Erfahrung sei real, bestreiten will
(was ebenso falsch ist, wie ihn zu behaupten), wird
etwa fragen, ob denn ein Satz wie “Julius
Cäsar ging über die
Alpen” nur den gegenwärtigen Geisteszustand
desjenigen beschreibt, der sich mit dieser Sache
beschäftigt. Und die Antwort ist natürlich:
Nein! er beschreibt ein Ereignis, das, wie wir
glauben, vor ca. 2000 Jahren stattgefunden
hat. Wenn nämlich das Wort
“beschreibt” so
aufgefaßt wird, wie in dem Satz “der
Satz ‘ich schreibe’ beschreibt, was ich
gegenwärtig tue”. Der Name Julius
Cäsar 765 bezeichnet eine Person. – Aber was sagt denn das alles? Ich scheine
mich ja um die eigentliche philosophische Antwort drücken zu
wollen! – Aber Sätze, die von Personen
handeln, d.h. Personennamen enthalten,
können eben auf sehr verschiedene Weise verifiziert
werden. – Fragen wir uns nur, warum wir
den Satz glauben. –
Daß es
(z.B.) denkbar
ist, die Leiche Cäsars noch zu finden, hängt unmittelbar mit dem Sinn
des Satzes über Julius Cäsar zusammen. Aber auch,
daß es denkbar ||
möglich ist, eine Schrift zu finden, aus der
hervorgeht, daß so ein Mann nie gelebt hat
und seine Existenz zu bestimmten Zwecken erdichtet
worden ist || sei.
Diese || Solche
Möglichkeiten gibt es (aber)
für einen Satz: “ich sehe einen roten Fleck
über einen grünen dahinziehen” nicht; und das ist
es, was wir damit meinen, wenn wir sagen, daß dieser Satz in
unmittelbarerer Art Sinn hat, als || dieser Satz habe in
unmittelbarerer Art Sinn, als || . Und das
meinen wir, wenn wir sagen, dieser Satz habe in unmittelbarerer Art
Sinn, als jener || der über Julius
Cäsar. |
1.) “Ich habe Schmerzen” “N hat Schmerzen” dagegen 2.) “Ich habe graue Haare” “N hat graue Haare” Die verschiedenen philosophischen Schwierigkeiten und Konfusionen in Verbindung mit dem ersten Beispiel lassen sich zum größten Teil auf die Verwechslung der Grammatik der Fälle 1) und 2) zurückführen. Es hat Sinn zu sagen: “ich sehe seine Haare, aber nicht die meinen”, oder “ich sehe meine Hände täglich, aber nicht die seinen” und dieser Satz ist analog dem: “ich sehe meine Wohnung täglich, aber nicht die seine”. – Dagegen ist es Unsinn: “ich fühle meine Schmerzen, aber nicht die seinen”. Die Ausdrucksweise unserer Sprache in den beiden Fällen 1) und 2) ist natürlich nicht ‘falsch’, aber sie ist irreführend. “Eine herrenlose 512
Wohnung”, “herrenlose
Zahnschmerzen”. Es gibt Menschen, die
Untersuchungen darüber anstellen, “ob es
ungesehene Gesichtsbilder gibt” und sie glauben,
daß das eine Art
wissenschaftlicher Untersuchung
(über diese Phänomene)
ist. “Wie ein Satz verifiziert wird, – das sagt er”: und nun sieh Dir daraufhin die Sätze an: “Ich habe Schmerzen”, “N hat Schmerzen”. Wenn nun aber ich der N bin? – Dann haben dennoch die beiden Sätze verschiedenen Sinn. “Die Sache ist doch ganz einfach: ich spüre freilich seine Schmerzen nicht, aber er spürt sie eben (und so sind alle Verhältnisse doch﹖ symmetrisch)”. Aber dieser Satz ist eben Unsinn. – Um nun die Asymmetrie der Erfahrung mit Bezug auf mich und den Andern deutlich zum Ausdruck zu bringen, könnte ich eine asymmetrische Ausdrucksweise vorschlagen:
Da wir für jeden sinnvollen Ausdruck der alten Ausdrucksweise einen der neuen setzen und für verschiedene alte, verschiedene neue, so muß, was Eindeutigkeit und Verständlichkeit anlangt, die neue Ausdrucksweise der alten gleichwertig sein. – Aber könnte man denn nicht eine solche asymmetrische Ausdrucksweise ebensogut für Sätze der Art “ich habe graue Haare”, “N. hat graue Haare” konstruieren? Nein. Man muß nämlich verstehen, daß der Name “W.” in den Sätzen der rechten Seite sinnvoll durch andere Namen ersetzt werden können muß. 513
Und
ist das nicht der Fall, dann braucht weder
“W.” noch ein anderer Name in diesen
Sätzen vorzukommen ||
vorkommen. Ersetzt man nämlich
“W.” durch den Namen eines andern
Menschen, so wird etwa gesagt, daß ich in der
Hand eines anderen Körpers als des meinigen
Schmerzen empfinde. Es wäre
z.B. denkbar, daß
ich mit einem Andern Körper wechsle || Andern den Körper wechsle;
etwa aufwache, meinen alten Körper mir gegenüber auf einem
Sessel sitzen sehe, und mich im Spiegel sehend fände,
daß ich das Gesicht und den Körper
meines Freundes angenommen habe. Ich betrachte nun den
Personennamen als Name eines Körpers. Und es
hat nun Sinn zu sagen: “ich habe im Körper
des N (oder im Körper N)
Zahnschmerzen (in der asymmetrischen
Ausdrucksweise: “in einem Zahn des N sind
Schmerzen”); aber es hat keinen Sinn, zu sagen
“ich habe auf dem Kopf des N graue Haare”,
außer, das soll
heißen: “N hat graue
Haare”. Aber ist (denn) die vorgeschlagene asymmetrische Ausdrucksweise richtig? Warum sage ich “N benimmt sich wie W, wenn er …”? Wodurch ist denn W charakterisiert? Doch durch die Formen etc. seines Körpers und durch dessen kontinuierliche Existenz im Raum. Sind aber diese Dinge für die Erfahrung der Schmerzen wesentlich? Könnte ich mir nicht folgende Erfahrung denken: ich wache mit Schmerzen in der linken Hand auf und finde, daß sie ihre Gestalt geändert hat und jetzt so aussieht, wie die Hand meines Freundes, während er meine Hand erhalten hat. Und worin besteht die Kontinuität meiner Existenz im Raum? Wenn mir jemand verläßlicher erzählte, er sei, während ich geschlafen habe, bei mir gesessen, plötzlich sei mein Körper verschwunden und sei plötzlich wieder erschienen – ist es unmöglich das zu glauben? – Und worin besteht etwa die Kontinuität meines Gedächtnisses? In welcher Zeit ist es kontinuierlich? Oder besteht die Kontinuität darin, daß im Gedächtnis keine Lücke ist? Wie im Gesichtsfeld keine ist. (Denn überlege nur, wie wir den blinden Fleck merken!) Und was hätte diese Kontinuität mit der zu tun, die für den Gebrauch des Personennamens W. wesentlich 514
ist || von Bedeutung ist? Die
Erfahrung der Schmerzen läßt sich in
ganz anderer Umgebung als der von uns gewohnten denken.
(﹖– Denken wir doch nur,
daß man tatsächlich Schmerzen in der
Hand haben kann, obwohl es diese im physikalischen Sinn gar nicht
mehr gibt, weil sie einem amputiert worden
ist –﹖.) In diesem Sinne
könnte man Zahnschmerzen ohne Zahn, Kopfschmerzen ohne
Kopf etc. haben. Wir machen eben hier
einfach eine Unterscheidung, wie die zwischen Gesichtsraum und
physikalischem Raum, oder Gedächtniszeit und physikalischer
Zeit. – Danach nun ist es unrichtig, die
Ausdrucksweise einzuführen “N benimmt
sich wie W, wenn …”. Man könnte
vielleicht sagen “N benimmt sich, wie der Mensch
in dessen Hand Schmerzen sind”. Warum
sollte man aber überhaupt die Erfahrung der Schmerzen zur
Beschreibung des bewußten Benehmens
heranziehen? – Wir wollen doch einfach zwei
verschiedene Erfahrungsgebiete trennen; wie wenn wir Tasterfahrung
und Gesichtserfahrung an einem Körper trennen. Und
verschiedener kann nichts sein, als die
Schmerzerfahrung und die Erfahrung, einen menschlichen
Körper sich winden sehen || zu
sehen, Laute ausstoßen zu
hören, etc.. Und zwar besteht hier
kein Unterschied zwischen meinem Körper und dem des Andern,
denn es gibt auch die Erfahrung, die Bewegungen des eigenen
Körpers zu sehen und die von ihm
ausgestoßenen Laute zu hören.
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Denken
wir uns, unser Körper würde aus unserem Gesichtsfeld
entfernt, etwa, indem man ihn gänzlich durchsichtig machte; er
behielte aber die Fähigkeit, in einem geeigneten Spiegel in
der uns gewohnten Weise zu erscheinen, so
daß wir etwa die sichtbaren
Äußerungen
unserer Zahnschmerzen wesentlich wie die eines fremden Körpers
wahrnähmen. Dies ergäbe auch eine ganz
andere Koordination zwischen sehendem Auge und Gesichtsraum,
als die uns selbstverständlich erscheinende
alltägliche. (Denke an das Zeichen eines
Vierecks mit seinen Diagonalen im Spiegel.) Wenn wir
uns aber so die Möglichkeit denken können,
daß wir unsern sichtbaren Körper nur
als Bild in einem Spiegel kennten, so ist es nun auch denkbar,
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daß dieser Spiegel wegfiele und wir
ihn nicht anders sähen, als irgend einen andern
menschlichen Körper. – Wodurch wäre er dann
aber als mein Körper charakterisiert?
Nun, nur dadurch, daß ich
z.B. die Berührung dieses
Körpers fühlen würde, nicht aber die eines andern,
etc.. So ist es auch nicht mehr
wesentlich, daß der Mund unterhalb des
sehenden Auges meine Worte spricht.
(Und das ist von großer
Wichtigkeit.) Auch wenn ich meinen
Körper sehe, wie ich ihn jetzt sehe, d.h.
von seinen Augen aus, ist es denkbar, daß
ich mit Andern den Körper
tausche. Die Erfahrung bestünde einfach in dem,
was man als eine sprunghafte
Änderung meines Körpers und
seiner Umgebung beschreiben würde. Ich würde
einmal die Körper A, B, C, D von E
aus, und E von den Augen dieses Körpers sehen, und
plötzlich etwa C, D, E, A von B aus und
B aus dessen Augen;
etc.. Noch einfacher aber wird die
Sache, wenn ich alle Körper – meinen, sowie die fremden
– überhaupt nicht aus Augen sehe, und sie also, was ihre
visuelle Erscheinung betrifft, alle auf gleicher Stufe stehen.
Dann ist es klar, was es heißt,
daß ich im Zahn des Andern Schmerzen haben
kann; – wenn ich dann überhaupt noch bei der Bezeichnung
bleiben will, die einen Körper
“meinen” nennt und also einen anderen
den “eines Andern”. Denn es ist nun
vielleicht praktischer, die Körper einfach ||
nur mit Eigennamen zu
bezeichnen. – Es gibt also jetzt eine
Erfahrung, || : die, der
Schmerzen in einem Zahn eines der existierenden menschlichen
Körper; das ist nicht die, die ich in der
gewöhnlichen Ausdrucksweise mit den Worten “A
hat Zahnschmerzen” beschriebe, sondern mit den Worten
“ich habe in einem Zahn des A
Schmerzen”. Und es gibt die andere
Erfahrung: einen Körper, sei es meiner oder ein andrer,
sich winden zu sehen. Denn, vergessen wir nicht:
Die Schmerzen haben zwar einen Ort im Raum, sofern man
z.B. sagen kann, sie wandern, oder seien an
zwei Orten zugleich, etc.: aber ihr Raum ist
nicht der visuelle oder physikalische. – Und nun
haben wir zwar eine neue Ausdrucksweise,770 sie ist aber nicht mehr asymmetrisch.
Sie bevorzugt nicht einen Körper, einen
Menschen zum Nachteil des andern, ist also
nicht solipsistisch. – So ist
alles || alle Erfahrung ohne
Ansehen der Person verteilt. Aber wir teilen
anders. Es werden die Dinge in unsrer
Betrachtungsweise anders
zusammengefaßt. Wie wenn man
einmal die Zeit zum Raum rechnet und einmal nicht, oder wie wenn man
einen Wald als Holzblock mit Löchern ansähe.
Oder die Bahn des Mondes in die Sonne einmal als Kreisbahn
um die Erde, die sich verschiebt; || , – ein
andermal als Wellenlinie, die um die Sonne läuft.
(Wäre die Erde etwa nicht sichtbar, so könnte
es eine merkwürdige neue Betrachtungsweise sein, die
Wellenbewegung des Mondes um die Sonne als Kreisbahn um
einen kreisenden Körper || um ein
kreisendes Zentrum
aufzufassen.) Man könnte auf diese Weise
gewisse Vorurteile zerstören, die auf die besondere uns
geläufige Betrachtungsart aufgebaut wären. – Sehr klar wird der Charakter der anderen
Betrachtungsweise, wenn man an die analoge Verschiebung || Veränderung der Grenzen durch
die Einführung des Begriffs der Gedächtniszeit
denkt. Es ist ganz ähnlich der veränderten
Betrachtung der Mondbewegung. Eine Grenze, die
früher mit anderen in der Zeichnung zusammenlief, wird
plötzlich stark ausgezogen und hervorgehoben.
‒ ‒ ‒ |
Die
mathematische Frage muß so exakt sein, wie
der mathematische Satz. Wie irreführend die
Ausdrucksweise der Wortsprache den Sinn der mathematischen
Sätze darstellt, sieht man, wenn man sich die
Multiplizität eines mathematischen Beweises
vor Augen stellt || führt
und bedenkt, daß der Beweis zum
Sinn des bewiesenen Satzes gehört,
d.h. den Sinn bestimmt. Also nicht
etwas ist, was bewirkt, daß wir einen
bestimmten Satz glauben, sondern etwas, was uns zeigt,
was wir glauben, – wenn hier von
Glauben || glauben
eine Rede sein kann. Begriffswörter in der
Mathematik: 771 Primzahl, Kardinalzahl,
etc.. Es scheint darum unmittelbar Sinn zu
haben, wenn gefragt wird: “Wieviel Primzahlen
gibt es?”
(“Es glaubt der Mensch,
wenn er nur Worte hört, …”.) In
Wirklichkeit ist diese Wortzusammenstellung einstweilen Unsinn;
bis für sie eine besondere Syntax gegeben wurde.
Sieh' den Beweis dafür an,
“daß es unendlich viele Primzahlen
gibt” und dann die Frage, die er zu beantworten
scheint. Das Resultat eines intrikaten Beweises kann
nur insofern einen einfachen Wortausdruck haben, als das System von
Ausdrücken, dem dieser Ausdruck angehört, in seiner
Multiplizität einem System solcher Beweise
entspricht. – Die Konfusionen in diesen Dingen sind
ganz darauf zurückzuführen, daß man
die Mathematik als eine Art Naturwissenschaft behandelt.
Und das wieder hängt damit zusammen,
daß sich die Mathematik von der
Naturwissenschaft abgelöst hat. Denn, solange sie
in unmittelbarer Verbindung mit der Physik betrieben wird, ist es
klar, daß sie keine
Naturwissenschaft ist. (Etwa, wie man einen Besen
nicht für ein Einrichtungsstück des Zimmers halten kann,
solange man ihn dazu benützt, die
Einrichtungsgegenstände zu säubern.) |
In der Mathematik gibt es kein
“noch nicht” und kein “bis auf
weiteres” (außer in dem Sinne, in
welchem man sagen kann, man habe noch nicht 1000-stellige
Zahlen miteinander multipliziert). |
1) The original has slashes, not horizontal strikes.
2) See facsimile; line connecting this remark with the following one.
3) See facsimile; line connecting this remark with the following one.
To cite this element you can use the following URL:
BOXVIEW: http://wittgensteinsource.org/BTE/Ts-211_n