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                   Historisches Drama; kann man es falsch nennen? “Nein, es ist ja nicht als Geschichtsschreibung gemeint”. Worin liegt diese M Meinung?

 
   
                   Denken wir uns den F[l|a]ll, dass einer ein Geschichtswerk in aller Form geschrieben hätte // schrieb // , es aber dennoch nicht als Geschichtswerk, sondern als die Erdichtung eines Geschichtswerkes meinte.te. Was würde es heissen, dieses Werk einmal so, einmal so aufzufassen? Worin besteht diese Auffassung? Doch offenbar in etwas aussser dem Werk. Quasi in einem Zusatz zu dem Werk. Oder nicht vielmehr, in einer bestimmten Verwendung, Wirkung, des Werks, in einem Eindruck, den es mir macht? Denn ein Zusatz von Zeichen // Symbolen // kann doch wieder einer Auffassung unterliegen. // … unterliegt doch wieder einer Auffassung. //

 
   
                   Wir neigen dazu, jede Erscheinung (nur) als eine Symptom der Auffassung, Meinung, gelten zu lassen, aber nicht als diese selbst.

 
   
                   Wie sich die Sprache von der Beschreibung der Verifikation entfernt. Man muss wieder entdecken, dass man die Zeit mit der Uhr misst. – Und erkennt dabei nicht einmal, dass man eine grammatische Entdeckung gemacht hat.

 
   
                   Auffassung ist eine im Gegensatz zu einer anderen.

 
   
                   “p ist der Fall”. “Es ist wahr, dass p der Fall ist”. “Es ist wirklich wahr, dass p der Fall ist”. Wenn der Multiplizität nichts hinzugesetzt wird, ist das Hinzugefügte [o|b]edeutungs-zwe, zwecklos. Der Zusatz, der eine Auffassung ausdrückt, darf also nicht von dieser Art sein. Was ist der

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                   Was ist der Unterschied zwischen der wirklichen Anwendun[f|g] eines Satzes und der [N|n]achgeahmten, gespielten?

 
   
                   Kann man von “Beschreibung” und “Ausdruck” der Auffassung reden?

 
   
                   “Hast du das im Ernst oder im Spass gemeint?” – Das “im Ernst Meinen” besteht nicht darin, dass zu dem ausgesprochenen Satz im Stillen noch etwas hinzugesetzt wird, etwa die Worte “ich meine das im Ernst”. Von dem ganzen Satz, dem ausgesprochenenn mit den dazugedachten Worten, könnte man wieder fragen: wie war er gemeint? Von Ernst oder Spass kann man das aber nicht fragen. Also ist die Meinung (Auffassung) in diesem Sinne ein bestimmtes Erlebnis, das mit den Zeichen // dem Aussprechen // des Satzes Hand in Hand geht, aber an dem Sinn des Satzes nichts ändert, ob es nun so oder anders ist.

 
   
                   Wäre der Sinn nicht durch die Zeichen und Regeln bestimmt, gäbe es keine Verständigung und nichts, was wir Sprache nennen könnten.

 
   
                   “Ich habe gesagt ‘sie ist nicht zu Hause’, habe aber dabei gew[i|u]sst, dass sie zu Hause war”. Wie geht dieses Wissen zeitlich mit dem Sagen des Satzes zusammen? Wie eine kontinuierliche Begleitung, ein Orgelpunkt, zu einem Thema?
                   Hast du es in jedem Augenblick gewusst, und braucht das Wissen keine Zeit?
                   Ein falsches Bild verführt uns.

 
   
                   Diese Art der Betrachtung, die immer wiederkehrt,
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nimmt ihre Wichtigkeit daher, dass sie uns über einen falschen Begriff aufklärt, den wir vom Unmittelbaren haben.

 
   
                   Es hat freilich Sinn, zu sagen: “während ich ihm das erzählte, wusste ich (die ganze Zeit), dass es nicht wahr war”, so wie auch “während ich es erzählte, glaubte ich es auch”. Nur sind die beiden Vorgänge sehr kompliziert und sehen sehr einfach aus; d.h., jeder der beiden Sätze kann viele verschiedene Prozesse beschreiben. Etwa, wie wenn ich sage “ich habe mich eine halbe Stunde lang umgezogen”, diesem Satz die mannigfachsten Tätigkeiten nacheinander entsprechen.

 
   
                   Wir laborieren nämlich
an
unter
dem Irrtum, dass Glauben, Meinen, Wissen, Wünschen, Suchen, Denken etc. Zustände sind, unddass daher hinter den symbolischen Prozessen im Denken etwas von andrer Art verborgen sein muss, dass den Sinn eines Satzes gleichsam in amorpher Form enthalte, d.h. intuitiv, dem Sehen eines gleichbleibenden Bildes ähnlich, nicht diskursiv, also einer Tätigkeit (wie dem Waschen) vergleichbar.

 
   
                   Es ist nämlich die Anschauung aufzugeben, dass, um vom Unmittelbaren zu reden, wir von dem Zustand in einem Zeitmoment reden müssten. Diese Anschauung ist darin ausgedrückt, wenn man sagt: “alles, was uns gegeben ist, ist das Gesichtsbild und die Daten der übrigen Sinne, sowie die Erinnerung, inde dem gegenwärtigen Augenblick”. Das ist Unsinn; denn was meint man mit dem “gegenwärtigen Augenblick”? Dieser Vorstellung liegt vielmehr schon ein physikalisches Bild zu Grunde, nämlich das, vom Strom der Erlebnisse, den ich nun in einem Punkt // an einer Stelle // quer durchschneide. Es liegt hier eine ähnliche Tendenz und ein ähnlicher Fehler vor, wie beim Idealismus (oder Sol[p|i]psismus).

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                   Woher aber diese Tendenz, “zum Unmittelbaren” kommen zu wollen?
                   Entspringt sie nicht aus dem Bedürfnis, die Verifikation des Satzes verstehen zu wollen, die durch unsere Sprache ganz verschleiert ist.

 
   
                   Intuitives Denken, das wäre so, wie eine Schachpartie auf die Form eines dauernden, gleichbleibenden Zustandes gebracht (ebenso undenkbar).

 
   
                   Auf die Frage “wie hast du das gemeint”, können eben mehrerlei Antworten kommen:
“Ich habs im Ernst (Spass) gemeint.”
“Ich wollte damit sagen; dass … (folgt ein Satz)”
“Ich wollte dich nur aufsitzen lassen.”

 
   
                   Wie geht das vor sich, wenn man einen Satz ausspricht und dabei den anderen nur aufsitzen lassen will? Man spricht, lächelt, beobachtet den andern [,| // ]sieht zu, was der [a|A]ndere macht // , fühlt eine Spannung.
                   Aber nirgends ist die amorphe Meinung. Diese stellt man sich gleichsam vor, wie den Inhalt eines Tiegels, dessen Aufschrift der Satz ist.

 
   
                   “Inhalt des Sa[z|t]zes.”

 
   
                   Es stört uns quasi, dass der Gedanke eines Satzes in keinem Moment ganz vorhanden ist. Hier sehen wir, dass wir den Gedanken mit einem Ding vergleichen, welches wir erzeugen, und das wir nie als Ganzes besitzen; sondern, kaum entsteht ein Teil, so verschwindet ein
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andrer. Das hat gewissermassen etwas unbefriedigendes, weil wir – wieder durch eine Erklärung // ein Gleichnis // verführt – uns etwas Anderes erwarten.

 
   
                   Im lebendigen Gebrauch der Sprache fühlen wir ja eine solche Unbefriedigung nicht, sondern erst, wenn wir ein bestimmtes Bild auf die Vorgän[h|g]e // Welt // anwenden wollen. Aber es ist schwer zu sagen, welches das ist.

 
   
                   (Methodologie, wenn sie von der Messung redet, sagt nicht, aus welchem Material etwa wir den Masstab am Vorteilhaftesten herstellen um dies und dies Resultat zu erzielen; obwohl doch das auch zur Methode des Messens gehört. Vielmehr interessiert diese Untersuchung blos, unter welchen Umständen wir sagen, eine Länge, eine Stromstärke, (u.s.w.) sei gemessen. Sie will die, von uns bereits verwendeten, uns geläufigen, Methoden tabulieren, um dadurch die Bedeutung der Worte “Länge”, “Stromstärke”, etc.[m|,] festzulegen.)

 
   
                   Der Zeitmoment, von dem ich sage, er sei die Gegenwart, die alles enthält, was mir gegeben ist, gehört selbst zur physikalischen Zeit.

 
   
                   Denn, wie ist so ein Moment bestimmt? Etwa durch einen Glockenschlag? Und kann ich denn nun die ganze, mit diesem Schlag gleichzeitige Erfahrung wirklich beschreiben? Wenn man daran denkt es zu versuchen, wird man sofort gewahr, dass es eine Fiktion ist, wovon wir reden.

 
   
                   Wir stellen uns das Erleben wie einen Filmstreifen vor,
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so dass man sagen kann: dieses Bild, und kein anderes, ist in diesem Augenblick vor der Linse.

 
   
                   Aber nur im Film kann man von einem in diesem Moment gegenwärtigen Bild reden; nicht, wenn man aus dem physikalischen Raum und seiner Zeit in dem Gesichtsraum und seine Zeit übergeht.

 
   
                   Es ist viel seltsamer als man wohl glaubt, dass man im Bereich der gewöhnlichen Sprache auf den Begriff des Lichtsstrahls gekommen ist.

 
   
                   Schwerlich wäre es geschehen, wenn man nicht manchmal “Lichtstrahlen” im Staub der Luft sähe.

 
   
                   Und die Annahme einer Lichtgeschwindigkeit hängt damit zusammen.

 
   
                   “Das was ein cm³ Wasser wiegt, hat man ‘1 Gramm’ genannt” – “Ja, was wiegt er denn?” (“Bedeutung eines Wortes”).

 
   
                   Wenn das Bild die Krönung Napoleons darstellen soll, so müsste man das nicht darunter schreiben, wenn es in dem Bild enthalten wäre. Wenn es also auch in der blossen Beschreibung des Bildes mitbeschrieben wäre.
                   Und da könnte man nun den Unterschied // Gege[g|n]satz // zwischen Gedanken und Bild scharf fassen, indem man sagt, dass die Beschreibung des Gedankens im Gegensatz zu der, des blossen Bildes, auch die Beschreibung der Realität enthalten muss, auf die sich der Gedanke bezieht. Aber hier liegt ein Fehler.

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                       Liegt den der Grund der Verschiedenheit nicht darin, dass das gemalte Bild an sich nicht ein Teil eines viel umfassenderen Bildes – einer Sprache – ist? Durch die Ueberschrift gliedern wir das Bild in das umfassendere ein. Könnten wir es nicht auch so tun, dass wir es in eine Serie von gemalten Bildern mit demselben Erfolg eingliederten?

 
   
                   Das Charakteristische an der Sprache ist, dass alle Erkl Erklärungen zum Voraus gegeben werden können. D.h., dass man sie alle musste voraussehen können und keine erst ad hoc gegeben werden muss. (Und das ist es, was die Bildhaftigkeit auszumachen scheint.

 
   
                   Ich könnte mein Problem so darstellen: Wenn ich untersuchen wollte, ob die Krönung Napoleons so und so stattgefunden hat, so könnte ich mich dabei, als einer Urkunde, des Bildes bedienen, statt einer Beschreibung. Und es frägt sich nun, ist die ganze Vergleichung der Urkunde mit der Wirklichkeit von der Art, wie der Vergleich der Wirklichkeit mit dem Bild, oder gibt es dabei noch etwas Andres, von andrer Art?

 
   
                   Aber womit soll man die Wirklichkeit vergleichen,, (:) als mit dem Satz? Und was soll man andres tun, (:) als sie mit ihm zu vergleichen?

 
   
                   Oder soll ich sagen: Solange man das Bild mit nichts vergleicht, kann man es mit Allem vergleichen. Wenn wir aber denken, so vergleichen wir das Bild schon mit der Wirklichkeit, denn wir wissen z.B., dass Napoleon jetzt nicht hier ist, wohl aber Herr N.N.

 
   
                   Das hängt mit dem Problem von hier und jetzt jetzt zusammen.

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                       (Die Fähigkeit zur Philosophie besteht in der Fähigkeit, von einer Tatsacher der Grammatik einen starken und nachhaltigen Eindruck zu empfangen.)

 
   
                   In gewissem Sinne ist die Bedeutung der Wörter “Hier”, “jetzt” (etc.) die einzige, die ich nicht von vornherein festlegen kann. Aber das ist natürlich irreführend ausgedrückt: Die Bedeutung ist festzulegen und festgelegt, wenn die Regeln bezüglich dieser Worte festgelegt sind, und das kann geschehen, ehe sie in einem bestimmten Fall angewandt werden; denn wozu auch sonst ein Wort in verschiedenen Fällen gebrauchen.

 
   
                   Die Wörter “hier”, “jetzt”, etc. bezeichnen den Ursprung // Anfangspunkt // eines Koordinatensystems: “Wie der Buchstabe “O”, aber

// … sie stehen nicht für Beschreibungen der Lage des Punktes O im Verhältnis zu räumlichen Gegenständen. Sie stehen nicht für die Beschreibung einer räumlichen Situation. //


 
   
                   Die Bedeutung eines Worts verstehen, heisst, seinen Gebrauch kennen, verstehen.

 
   
                   Kann ein logisches Produkt in einem Satz verborgen sein? Und wenn, wie erfährt man das, und was für Methoden haben wir, das im S Satz Verborgene ans Tageslicht zu ziehen? Haben wie noch keine sicheren Methoden, (es zu finden,) dann können wir auch nicht davon reden, dass etwas verborgen ist, oder verborgen sein könnte. Und haben wir eine Methode des Suchens, so kann ˇ das logische Produkt etwa, im Satz nur so verborgen sein, wie es etwa die Teilbarkeit durch 3 in der Zahl 753 ist, solange ich das Kriterium noch nicht angewandt habe
;
,
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lange ich das Kriterium noch nicht angewandt habe;, oder aber auch die √7 solange ich sie noch nicht ausgerechnet habe. Denn, dasver verborgene logische Produckt finden, ist eine mathematische Aufgabe.

 
   
                    / Das fingierte Porträt. In einem Buch eine Illustration mit der Ueberschrift: Baron Münchhausen. /

 
   
                   “Doch solcherlei Verdrüsse pflegen die Denkungskräfte anzuregen”. Wie hilft der Gedanke einem Verdruss ab?

 
   
                   Also ist Elementarsatz ein solcher, der sich in dem Kalkül, wie ich es
heute
jetzt
benütze, nicht als Wahrheitsfunktion anderer Sätze darstellt.

 
   
                   Unsere Weise von den Wörtern zu reden, können wir durch das beleuchten, was Sokrates im “Kratylos” sagt. Kratylos: “Bei weitem und ohne frage ist es vorzüglicher, Sokrates, durch ein Ähnliches darzustellen, was jemand darstellen will, als durch das erste beste.” – Sokrates: “Wohlgesprochen, …”.

 
   
                   Verbindung von Wort und Sache durch die Erklärung // das Lehren der Sprache // hergestellt. Was ist das für eine Verbindung, welche Art? Was für Arten von Verbindungen gibt es?
                   Eine Verbindung kann funktionieren oder nicht funktionieren: Anwendung auf die Verbindung, die die Worterklärung herstellt.

 
   
                   Sokrates zu Theaitetos: “Und wer vorstellt, sollte nicht etwas vorstellen?” Th.: “Notwendig.” Sok.: “Und wer etwas vorstellt, nichts
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Wirkliches?” Th.: “So scheint es.”

 
   
                   Was heisst es: Sich eine Vorstellung machen, die der Wirklichkeit nicht entspricht?

 
   
                   Wie unendlich einfach dieses Problem! Und wie seltsam, dass man es überhaupt als Problem kann // konnte // ansehen wollen.

 
   
                   Ich versuche etwas, kann es aber nicht. – Was heisst es aber: “etwas nicht versuchen können”?

 
   
                   “Wir können auch nicht einmal versuchen, uns ein rundes Viereck vorzustellen.”

 
   
                   Man vergleiche das Vorstellen mit dem Malen eines Bildes. Er malt also ein Bild des Menschen, wie dieser in Wirklichkeit nicht ist.
                   Sehr einfach. Aber warum nennen wir es das Bild dieses Menschen? Denn, wenn es das nicht ist, ist es (ja) nicht falsch. – Wir nennen es so, weil er selbst es drübergeschrieben hat.
                   Also hat er nichts weiter getan, als jenes Bild zu malen, und jenen Namen drüberzuschreiben. Und das tat er wohl auch in der Vorstellung.

 
   
                   Plato nennt die Hoffnung eine Rede. (Philebos)

 
   
                   Augustinus, wenn er vom Lernen der Sprache redet, redet ausschliesslich davon, wie wir den Dingen Namen beilegen, oder die Namen der Dinge verstehen. Hier scheint also das Benennen Fundament und Um- und Auf. der Sprache zu sein. (Und was Augustinus sagt, ist für uns wichtig, weil es die Auffassung eines natürlich-klar denkenden Mannes
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ist, der von uns zeitlich weit entfernt, gewiss nicht zu unserem besonderen Gedankenkreis gehört.) Diese Auffassung des Fundaments der Sprache ist offenbar äq[i|u]ivalent mit der, die die Erklärungsform “das ist …” als fundamental auffasst. – Von einem Unterschied der Worte redet Augustinus nicht, meint also mit “Namen” offenbar Wörter wie “Baum”, “Tisch”, “Brot”, und gewiss die Eigennamen der Personen, dann aber wohl auch “essen”, “gehen”, “hier”, “dort”; kurz, alle Wörter. Gewiss aber denkt er zunächst an Hauptwörter und an die übrigen als etwas, was sich finden wird. (Und Plato sagt, dass der Satz aus Haupt- und Zeitwörtern besteht.)
                   Sie beschreiben eben das Spiel einfacher, als es ist.

                   Dieses Spiel kommt aber wohl in der Wirklichkeit vor. Nehmen wir etwa an, ich wolle aus Bausteinen ein Haus bauen, die mir ein Anderer zureichen soll, so könnten wir erst ein Uebereinkommen dadurch treffen, dass ich auf einen Stein zeigend sagte “dass ist eine Säule”, auf einen andern zeigend “das ist ein Würfel”, – “das ist eine Platte” u.s.w. Und nun bestünde die Anwendung im Ausrufen jener Wörter “Säule”, “Platte”, etc. in der
Ordnung
Reihenfolge
, wie ich sie brauche. Und ganz ähnlich ist ja das Uebereinkommen
a !
b !
c !
d !
und etwa eines, was mit Farben arbeiten würde.

 
   
                   Ich will damit sagen: Augustinus beschreibt wirklich einen Kalkül; nur ist nicht alles, was wir Sprache nennen, dieser Kalkül.

 
   
                   (Und das muss mann in einer grossen Anzahl von Fällen sagen, wo es sich frägt: ist diese Darstellung brauchbar, oder unbrauchbar. Die Antwort ist dann: “ja, brauchbar; aber nur dafür, nicht für das ganze Gebiet, das Du darzustellen vorgabst”.)

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                    Es ist also so, wie wenn jemand erklärte: “spielen besteht darin, dass man Dinge, gewissen Regeln gemäss, auf einer Fläche verschiebt …” und wir ihm antworteten: Du denkst da gewiss an die Brettspiele, und auf sie ist Deine Beschreibung auch anwendbar. Aber das sind nicht die einzigen Spiele. Du kannst also Deine Erklärung richtigstellen, indem Du sie ausdrücklich auf diese Spiele einschränkst.
                   (Man könnte also sagen, Augustinus stelle das Lernen der Sprache // stelle die Sache // zu einfach dar; aber auch: er stelle eine einfachere Sache dar.)

 
   
                   (Wer das Schachspiel einfacher beschreibt – mit einfacheren Regeln – als es ist, beschreibt damit dennoch ein Spiel, aber ein anderes.)

 
   
                   Ich wollte
ursprünglich
eigentlich
sagen: Wie Augustinus das Lernen der Sprache beschreibt, kann uns zeigen, woher sich diese Auffassung überhaupt schreibt. (Von welcher primitiven Anschauung. // Von welchem primitiven
Weltbild
Bild
// )

                   Man könnte den Fall mit dem einer Schrift vergleichen, in der Buchstaben zum Bezeichnen von Lauten benützt w[ä|ü]rden, aber auch etwa zur Bezeichnung der Stärke und Schwäche der Aussprache und als Interpunktionszeichen. Fassen wir dann diese Schrift als eine Sprache zur Beschreibung des Lautbildes auf, so könnte man sich denken, dass Einer diese Schrift beschriebe, als entspräche einfach jedem Buchstaben ein Laut und als hätten die Buchstaben nicht auch ganz andere Funktionen. – Und so einer – zu einfachen – Beschreibung der Schrift gleicht Augustin's Beschreibung der Sprache völlig.

 
   
                   Man kann z.B. – für andre verständlich – von Kombinationen von Farben mit Formen sprechen (etwa der Farben rot und blau mit den Formen Quadrat und Kreis) ebenso wie von
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Kombinationen verschiedener Formen oder Körper. Und hier haben wir die Wurzel des irreleitenden Ausdrucks, die Tatsache sei ein Komplex von Gegenständen. Es wird also hier, dass ein Mensch krank ist, verglichen mit der Zusammenstellung zweier Dinge, wovon das eine der Mensch ist, das andere die Krankheit repräsentiert. Und ich kann nur sagen: hüten wir uns vor diesem Gleichnis, oder davor, zu vergessen, dass es ein Gleichnis ist.
                   Oder man muss sagen, es verhält sich hier mit dem Wort “Kombination”, oder “Komplex”, wie mit dem Wort “Zahl”, das auch in verschiedenen – mehr oder weniger logisch ähnlichen – Weisen (oder, wenn man will, Bedeutungen) gebraucht wird.

 
   
                   Philosophieren ist: falsche Argumente zurückweisen.

 
   
                   Sokrates: Wer also vorstellt, was nicht ist, der stellt nichts vor? – Theaitetos: So scheint es. – S.: Wer aber nichts vorstellt, der wird gewiss überhaupt garnicht vorstellen? – Th.: Offenbar, wie wir sehen.
                   Setzen wir in diesem Argument // und dem ihm vorhergehenden // statt “vorstellen” etwa “
töten
zerschneiden
”, so läuft es auf eine Regel der Verwendung dieses Wortes hinaus. Man dürfe nicht sagen: “ich
töte
zerschneide
etwas, was nicht existiert”. // Es hat keinen Sinn zu | sagen …

 
   
                   Ich kann mir einen Hirsch auf dieser Wiese vorstellen, der nicht da ist, aber keinen töten, der nicht da ist. – Und sich einen Hirsch vorstellen, der nicht da ist, heisst, sich vorstellen, dass ein Hirsch da ist, obwohl keiner da ist. Einen Hirsch töten aber, heisst nicht: töten, dass ein Hirsch da ist. (also: verschiedene grammatische Regeln). Wenn aber jemand sagt: “um mir einen Hirsch vorzustellen, muss es ihn doch in einem gewissen Sinne geben”, so ist die Antwort: nein, es muss ihn dazu
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in keinem Sinne geben. Und wenn darauf gesagt würde: Aber z.B. die braune Farbe muss es doch geben, damit ich mir sie vorstellen kann, so ist zu sagen: “‘Es gibt die braune Farbe’ heisst überhaupt nichts, ausser etwa, dass sie da oder dort als Färbung eines Gegenstandes (Flecks)
erscheint
auftritt
und das ist nicht nötig, damit ich mir einen braunen Hirsch vorstellen kann.”

 
   
                   “Der Klang scheint mir von dort zu kommen”. – “Genau aus welcher Richtung?”

 
   
                   Euklidischer Haufe und Haufe im Gesichtsfeld.

 
   
                   “Er kam ungefähr von dort(Pfeil)”.
                   “Ungefähr da ist der hellste Punkt des Horizontes”.
                   “Macht' das Brett ungefähr 2 m lang”.
                   Muss ich, um das sagen zu können, Grenzen wissen, die den Spielraum dieser Länge bestimmen? Offenbar nicht. Genügt es nicht z.B. zu sagen: “der Spielraum ± 1 cm ist ohneweiteres erlaubt; ± 2 cm wäre schon zu viel”? – Es ist doch dem Sinn meines Satzes auch wesentlich, dass ich nicht imstande bin, den Spielraum “genaue” Grenzen zu geben. Kommt das nicht offenbar daher, dass der Raum, in dem ich hier arbeite, eine andere Metrik hat, als der Euklidische?
                   Wenn man nämlich den Spielraum genau durch den Versuch feststellen wollte, indem man die Länge ändert // und si[h|c]h den Grenzen des Spielraums nähert // und immer fragt, ob diese Länge noch angehe oder schon nicht mehr, so käme man nach einigen Einschränkungen zu Widersprüchen, indem einmal ein Punkt noch als innerhalb der Grenzen liegend bezeichnet würde, ein andermal ein weiter innerhalb gelegener als schon unzulässig erklärt würde; beides etwa mit der Bemerkung, die
Antworten
Angaben
seien nicht mehr (ganz) sicher.

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                    Ist es denn nicht so, wie man etwa beim Fleischhauer nur auf Deka genau abwiegt, obwohl das anderseits willkürlich ist, und nur bestimmt durch die herkömmlichen Messinggewichte. Es genügt hier zu wissen: mehr als P1 wiegt es nicht und weniger als P2 auch nicht. Man könnte sagen: die Gewichtsangabe besteht hier prinzipiell nicht aus einer Zahlangabe, sondern aus der Angabe eines Intervalls, und die Intervalle bilden eine diskontinuierliche Reihe.

 
   
                   Man könnte doch sagen: “halte Dich jedenfalls innerhalb ± 1 cm”, damit eine willkürliche Grenze setzend. – Würde nun gesagt: “gut, aber dies ist doch nicht die wirkliche Grenze des zulässigen Spielraums; welche ist es also?” so wäre etwa die Antwort “ich weiss keine, ich weiss nur, dass ± 2 cm schon zu viel wäre”.

 
   
                   Träte nun auch bei dem Experiment zur Bestimmung der Grenzen kein Schwanken ein, so lange wir tatsächlich das Experiment weiterführen, so müssen wir doch damit einmal aufhören und das Ergebnis wird immer nur sein, dass eine gewisse Länge noch erlaubt, eine andere schon unerlaubt ist. Hier führt uns wieder
eine
die
falsche Vorstellung vom Unendlichen irre, wenn wir den Prozess // wenn wir die endlose Möglichkeit dieses Prozesses // dieser Untersuchung uns abgeschlossen denken und nun von einem Grenzpunkt reden, als gäbe es hier ein Gesetz, eine geometrische Konstruktion, der der Grenzpunkt entspräche.

 
   
                   “Mach' mir hier einen Haufen Sand”. – “Gut, das nennt er gewiss noch einen Haufen”. Ich köonnte dem Befehl Folge leisten, also war er in Ordnung. Wie aber ist es mit diesem Befehl: “Mach' mir den kleinsten Haufen, den Du noch so nennst”? Ich würde sagen: das ist Unsinn; ich kann/nur eine vorläufige obere und untere Grenze bestimmen.

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                   Aber auch das trifft nicht genau, wie es sich wirklich verhält. Vielmehr scheint die Unsicherheit meistens von der Art, wie die, der Angabe des höchsten Punktes einer Kurve. Wir sind eben nicht im euklidischen Raum und es gibt nicht im euklidischen Sinne einen höchsten Punkt. Die Antwort wird heissen: “der höchste Punkt ist ungefähr da”, und die Grammatik des Wortes “ungefähr” – in diesem Zusammenhang – gehört dann zur Geometrie unseres Raumes.

 
   
                   “Ich war der Meinung, Napoleon sei 1805 gekrönt worden”. – “Warst Du die ganze Zeit ununterbrochen dieser Meinung?”

 
   
                   Was hat aber Deine Meinung mit Napoleon zu tun? Welcher Zusammenhang // Welche Verbindung // besteht zwischen Deiner Meinung und Napoleon?
                   Es kann, z.B., der sein, dass das Wort “Napoleon” in dem Ausdruck meiner Meinung vorkommt, plus dem Zusammenhang den dieses Wort mit seinem Träger hat. Also etwa, dass er sich so unterschrieben hat, so angeredet wurde, etc. etc.

 
   
                   “Aber mit dem Wort ‘Napoleon’ bezeichnest Du doch, während Du es aussprichst, eben diesen Menschen”. – “Wie geht denn, Deiner Meinung nach, dieser Akt des Bezeichnens vor sich? Momentan? oder braucht er Zeit?” – “Ja aber, wenn man Dich fragt ‘hast du jetzt (eben) den Mann gemeint, der die Schlacht bei Austerlitz gewonnen hat?’ wirst Du doch sagen ‘ja’. Also hast Du diesen Mann gemeint, als Du den Satz, in dem sein Name vorkommt, aussprachst!” – Wohl, aber nur etwa in dem Sinne, in welchem ich damals auch wusste, dass 2 + 2 = 4
sei
ist
. Nämlich nicht so, als ob zu dieser Zeit ein besonderer Vorgang stattgefunden hätte, den wir dieses ‘Meinen’ nennen könnten; auch wenn vielleicht gewisse Bilder das Aussprechen begleitet haben, die für diese Mei-
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nung charakteristisch sind und bei andrer Bedeutung des Wortes ‘Napoleon’ vielleicht andre gewesen wären. Vielmehr ist die Antwort “ja, ich habe den Sieger von Austerlitz gemeint” ein weiterer Schritt im Kalkül. Täuschend ist an ihm die vergangene Form, die eine Beschreibung dessen zu geben scheint, was “in mir” während des Aussprechens des Satzes vorgegangen war. In Wirklichkeit knüpft das Präteritum nur an den früher ausgesprochenen Satz an.

 
   
                   Wie sich der Gedanke zur Rede verhält, kann man am besten verstehen, wenn man bedenkt, ob etwa das Verständnis (der Gedanke) einer Rechnung (
z.B.
etwa
einer Multiplikation) als gesonderter Prozess neben dem Rechnungsvorgang einherläuft.

 
   
                   Wenn man das Verstehen, Wissen, etc., als Zustand auffasst, dann nur hypothetisch im Sinne einer psychischen Disposition, welche auf derselben Stufe steht, wie eine physiologische Disposition.

 
   
                   “Dachtest Du denn, als Du den Satz sagtest, daran, dass Napoleon …” – “ich dachte nur, was ich sagte”.

 
   
                   Ich finde bei Plato auf eine Frage wie “was ist Erkenntnis” nicht die vorläufige Antwort: Sehen wir einmal nach, wie dieses Wort gebraucht wird.

 
   
                   Etwas wissen, ist von der Art dessen, einen Zettel in der Lade meines Schreibtisches zu haben, auf dem es aufgeschrieben
ist
steht
.

 
   
                   Wenn ich sage: “in meine Gedanken tritt die gegenwärtige Situation ein”, so heisst das nicht: die Situation, soweit ich sie beschreiben kann. Denn soweit ich sie beschreiben kann, kann ich sie malen.

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                    Hier und Jetzt sind geometrische Begriffe, wie etwa der Mittelpunkt meines Gesichtsfeldes.

 
   
                   Hier und Jetzt haben nicht eine grössere Multiplizität, als sie zu haben scheinen. Das anzunehmen ist die grosse Gefahr. Ersetze sie, durch welchen Ausdruck Du willst, immer ist es nur ein Wort – und daher eins so gut wie das andere.

 
   
                   “Ich bin jetzt hier”: In welcher Situation hat dies Sinn, in welcher nicht?

 
   
                   Denken wir uns einen Brief datiert: “Hier, jetzt”. Aber ich glaube, das zeigt, was diese Wörter bedeuten; sie stehen für das vorgedruckte “Ort” “Ort … , Datum … ”.

 
   
                   Unterschied zwischen Sage und Märchen, Märchen (und andere Dichtungen) vom Jetzt und Hier abgeschnitten.

 
   
                   Es ist aber ein wichtiger Satz in der Grammatik des Wortes “hier”, dass es keinen Sinn hat, “hier” zu schreiben, wo eine Ortsangabe stehen soll; dass ich also auf einen Gegenstand kein Täfelchen befestigen soll, mit der Aufschrift “Dieser Gegenstand ist immer nur hier zu benützen”.

 
   
                   Ich kann natürlich in Bezug auf die Wörter “jetzt” und “hier” etc. nur tun, was ich sonst tue, nämlich ihren Gebrauch beschreiben.
Aber
Und
diese Beschreibung muss allgemein sein, d.h. im Vorhinein, vor jedem Gebrauch.

 
   
                   Ist ein Raum denkbar, der nur alle rationalen Punkte, aber nicht die irrationalen enthält? Wäre etwa diese Struktur für unsern Raum zu
grob
ungenau
? Weil wir zu den irrationalen Punkten dann (immer) nur näherungsweise
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gelangen könnten? // Weil wir die irrationalen Punkte dann nurr näherungsweise erreichen könnten? // Unser Netz wäre also nicht fein genug? Nein. Die Gesetze gingen uns ab, nicht die Extensionen.

 
   
                   Ist ein Raum denkbar, der nur alle rationalen aber nicht die irrationalen Punkte enthält?
                   Und das heisst nur: Sind die irrationalen Zahlen nicht in den rationalen präjudiziert?
                   So wenig, wie das Schachspiel im Damespiel.
                   Die irrationalen Zahlen füllen keine Lücke aus, die die rationalen offen lassen.

 
   
                   Der einfärbige Fleck in der
farbigen
färbigen
Ebene ist nicht aus kleineren Teilen zusammengesetzt, ausser so, wie die Zehn etwa aus hundert tausend Hundertsteln.

 
   
                   Das kleinste sichtbare Stück ist ein Stück der physikalischen Fläche, nicht des Gesichtsfeldes. Der Versuch, der das kleinste noch Sichtbare ermittelt, stellt eine Relation fest zwischen zwei Erscheinungen.

 
   
                   
Dieser
Der
Versuch untersucht nicht den Gesichtsraum und man kann den Gesichtsraum nicht untersuchen. Nicht in ihn tiefer eindringen.

 
   
                   (Wenn man beschreiben wollte, was auf der Hand liegt, könnte man nicht “untersuchen, was auf der Hand liegt”. // “untersuchen wollen, was auf der Hand liegt” // )

 
   
                   Man könnte glauben, das Gesichtsfeld sei aus den minima visibilia zusammengesetzt; etwa aus lauter kleinen Quadraten, die man als unteilbare Flecke sieht. Unsinn.
                   Das Gesichtsfeld ist nicht zusammengesetzt, wenn wir die Zusammen-setzung
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setzung nicht sehen. Denn bei dem Wort “Zusammensetzung” denken wir doch an die Zusammensetzung eines grösseren Flecks aus kleineren.
                   Von kleinsten sichtbaren Teilen des Gesichtsfeldes zur reden ist irreführend; gibt es denn auch Teile des Gesichtsfeldes, die wir nicht mehr sehen? Und wenn wir etwa das Bild // Gesichtsbild // eines Fixsterns so nennen, so könnte das nur heissen, dass es keinen Sinn habe, hier von ‘kleiner’ zu reden, und nicht, dass tatsächlich kein Fleck im Gesichtsfeld kleiner ist. Also ist der Superlativ “das kleinste …” falsch angewendet.

 
   
                   Es scheint, man kann einen einfärbigen Fleck nicht zusammengesetzt sehen, ausser, wenn man ihn sich nicht einfärbig vorstellt. Die Vorstellung einer Trennungslinie macht den Fleck mehrfärbig, denn die Trennungslinie muss eine andere Farbe haben, als der übrige Fleck. /Auslassung 1/

 
   
                   “Ein Gegenstand lässt sich, in gewissem Sinne, nicht beschreiben” (auch bei Plato: “er kann nicht beschrieben /erklärt/ werden, sondern nur benannt”) Mit “Gegenstand” meint man hier “Bedeutung eines nicht weiter definierbaren Wortes” und mit “Bedeutung”, oder “Erklärung” eigentlich: Definition. Denn, dass der Gegenstand ‘von aussen beschrieben werden[|] kann, dass ihm etwa Eigenschaften beigelegt // zugeschrieben // werden können, wird natürlich nicht geleugnet.

 
   
                   Wir denken also bei einem Satz, wie dem oberen, an einen Kalkül mit undefinierbaren, – aber richtig gesagt, undefinierten – Zeichen, den Namen, und sagen von ihnen, dass sie nicht erklärt werden können.

 
   
                   Folgt der Satz, dass der Kreis zwischen den beiden Geraden liegt, aus dem Satz, dass er gerade hier liegt? – Aber wie ist dieses Hier bestimmt? Aus den Worten “der Kreis liegt hier” folgt der erste (Satz)
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natürlich nicht. Zud dem ‘hier’ gehört ein Bild. Folgt also aus dem Satz “der Kreis liegt so zu den Geraden a und b: ! o !” der Satz “der Kreis liegt zwischen den Geraden a und b”? Der Kreis wäre etwa jetzt verdeckt, so dass man nicht wissen kann, ob er zwischen den Geraden a und b (die sichtbar sind) liegt, und ich weiss, dass ich das Verdeckende wegnehmen muss, um zu sehen, ob der Satz wahr ist.

 
   
                    p & q = p heisst “q folgt aus p”.

 
   
                   Wie ist der Umfang des Begriffs “Dazwischenliegen” bestimmt? Denn es soll doch im Vorhinein festgelegt werden, welche Möglichkeiten zu diesem Begriff gehören. Es kann, wie ich sage, keine Ueberraschung sein dass ich auch das “dazwischenliegen” nenne. Oder: wie können die Regeln für das Wort “dazwischenliegen” angegeben werden, da ich doch nicht die Fälle des Dazwischenliegens aufzählen kann? Natürlich muss gerade das für die Bedeutung dieses Worts charakteristisch sein.

 
   
                   Wir würden das Wort ja auch nicht durch Hinweisen auf alle besonderen Fälle jemandem ˇzu erklären suchen,
aber wohl
sondern
indem wir auf einen solchen Fall (oder einige) zeigten und in irgend einer Weise andeuteten, dass es auf den besonderen Fall nicht ankomme.

 
   
                   Das Aufzählen von Lagen ist nicht nur nicht nötig, sondern es kann hier wesentlich von so einem Aufzählen keine Rede sein.

 
   
                   Wie aber fügt sich dann das Folgen in die Regeln von den Wahrheitsfunktionen ein? Oder geschieht das durch eine festgesetzte Regel der Art p & q = p?

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                    Ich werde also ein allgemeines Zeichen der Art “! o !” haben, das sich zu dem früher gebrauchten so verhält, wie x² + x zu 4,3² + 4,3. Und diese beiden Zeichen müssen äusserlich unterscheidbar sein und verschiedene Regeln von ihnen gelten (wie von “x” und “4”). – Eine Regel aber muss sagen // besagen // , dass 4, aber auch irgend eine andre Zahl, für x eintreten darf.

 
   
                   Und nun könnte man fragen: wie soll man es ausdrücken, dass jede beliebige Zahl für “x” stehen darf, da doch dazu auch schon eine solche Variable nötig wäre.

 
   
                   p V q = q heisst “q folgt aus p”. Das folgt aus p & q = p, denn p V q ist im Allgemeinen gleich (p & q) V (p & non-q) V (non-p & q). Wenn aber q aus p folgt, so wird dies gleich p V Cont V (non-p & q) = p V (non-p & q) = q.

 
   
                   Zu sagen “der Kreis liegt entweder zwischen den beiden Geraden oder hier” (wo
das
dieses
‘hier’ ein Ort zwischen den Geraden ist) heisst offenbar nur, zu sagen “der Kreis liegt zwischen den beiden Geraden”, und der Zusatz “oder hier” erscheint überflüssig. Man wird sagen: in dem ‘irgendwo’ ist das ‘hier’ schon mitinbegriffen. Das ist aber merkwürdig, weil es nicht (darin) genannt ist.

 
   
                   Eine bestimmte Schwierigkeit besteht darin,
wenn
dass
die
Zeichen
Worte
das nicht zu sagen scheinen, was der Gedanke erfasst, oder: wenn die Worte das nicht sagen, was der Gedanke zu erfassen scheint.

 
   
                   So, wenn wir sagen “dieser Satz gilt von allen Zahlen” und glauben in dem Gedanken alle Zahlen wie die Aepfel in einer Kiste gefasst // aufgefasst // zu haben.

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                    Man kann für den Gebrauch der Variavlen wohl eine Regel aufstellen und es ist kein Pläonasmus, dass wir dabei eben diese Art der Variablen gebrauchen. Denn brauchten wir sie nicht, so wäre ja durch die Regeln die Variable definiert. Und wir nehmen ja nicht an, dass sie sich definieren lasse, oder: dass sie definiert werden müsse (denn einmal nehmen die Definitionen doch
ihr
ein
Ende).

 
   
                   Das heisst (nur), dass – z.B. – die Variable “x²” keine Abkürzung ist (etwa für eine logische Summe) und dass in unserm Gedanken auch nur ein Zeichen dieser Multiplizität vorhanden ist.

 
   
                   Nun könnte man aber fragen: Wie kann ich (nun) im Voraus wissen, aus welchen Sätzen dieser allgemeine Satz folgt? Wenn ich diese Sätze nicht angeben kann.

 
   
                   Kann man aber sagen: “man kann nicht sagen, aus welchen Sätzen dieser Satz folgt”? Das klingt so wie: man weiss es nicht. Aber so ist es natürlich nicht. Und ich kann ja Sätze sagen, und im Vorhinein sagen, aus denen er folgt. – “Nur nicht alle”. – Aber das heisst ja eben nichts.

 
   
                   Es ist eben nur der allgemeine Satz und besondere Sätze (nicht: die besonderen Sätze). Aber der allgemeine Satz zählt besondere Sätze nicht auf. Aber was charakterisiert ihn denn dann als allgemein, und was zeigt, dass er nicht einfach diejenigen // die // besonderen Sätze umschliesst, von denen wir in diesem bestimmten Falle sprechen?

 
   
                   Er kann nicht durch seine Spezialfälle charakterisiert werden; denn wieviele man auch aufzählt, so könnte er immer mit dem Produkt der angeführten Fälle // Spezialfälle // verwechselt werden. Seine Allgemeinheit liegt also in einer Eigenschaft (grammatischen Eigenschaft) der Variablen.

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                    Wie man die Zeichnung ! o ! als eine Darstellung des “allgemeinen Falls” ansehen kann. Quasi nicht im Massraum, sondern so, dass die Distanzen des Kreises von den Geraden garnichts ausmachen. Man sieht dann das Bild als Fall eines anderen Systems,
wie wenn
als wie
man es als Darstellung einer besonderen Lage des Kreises zwischen den Geraden sieht. Oder richtiger: Es ist dann Bestandteil eines andren Kalküls. Von der Variablen gelten eben andre Regeln, als von ihrem besonderen Wert.

 
   
                   Worin besteht aber – z.B. – die unendliche Möglichkeit der Besetzung
der
einer
Variablen? Wie kann man sich etwa nach der Regel richten: “an diese Stelle darf keine Zahl gesetzt werden”? Die Allgemeinheit
dieser
so einer
Vorschrift muss von der Art der hypothetischen Allgemeinheit (alle Menschen sind sterblich) sein.

 
   
                   Es scheint mir nicht, als könnte eine Allgemeinheit über eine bestimmte Aufzählung mit einer Art schattenhafter Aufzählung hinausgehen.

 
   
                   Denn nehmen wir an, ich hätte 7 Fälle // Spezialfälle // aufgezählt und sagte “ihre logische Summe ist aber nicht der allgemeine Satz”, so ist das nicht genug und ich will noch sagen, dass auch keine andere Zahl von Fällen // Spezialfällen // den allgemeinen Satz ergibt. Aber in diesem Zusatz scheine ich nun wiederum eine Aufzählung, wenn auch nicht wirklich, so doch quasi schattenhaft auszuführen. Aber so ist es nicht, denn in dem Zusatz kommen ganz andere Wörter als die Zahlwörter vor.

 
   
                   “Wie aber sooll ich es verbieten, dass ein Zahlwort dort und dort eingesetzt wird? Ich kann doch nicht vorhersehen, welches Zahlwort Einer wird einsetzen wollen, um es zu verbieten.” – Du kannst es ja verbieten, wenn es kommt. – Aber da sprechen wir ja schon, allgemein, vom
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Zahlbegriff!

 
   
                   Ich müsste sagen: Die Zahlvariable ist ein dem Zahlzeichen verwandtes Zeichen (durch die Regeln, die von ihm gelten – wie etwa der Läufer der Königin verwandter ist als dem Rössel). Und in der Verwandtschaft der Regeln muss es auch liegen, was wir damit meinen, dass das eine ein Spezialfall des anderen ist.

 
   
                   Aber es gibt nicht etwas, was eine Aufzählung ist und doch keine Aufzählung. Eine Allgemeinheit, die quasi nebelhaft aufzählt, aber nicht wirklich und ˇbis zu einer bestimmten Grenze.

 
   
                   Die Punkte in “1 + 1 + 1 + 1 …” sind eben auch nur die vier Punkte. Ein Zeichen, für das sich gewissen Regeln angeben lassen. müssen. (Nämlich dieselben, wie für das Zeichen “u.s.w. ad inf.”) Dieses Zeichen ahmt zwar die Aufzählung in gewisser Weise nach, ist aber keine Aufzählung. Und das heisst wohl, dass die Regeln, die von ihm gelten, bis zu einem Punkt mit denen, die von einer Aufzählung gelten, übereinstimmen, aber nicht ganz übereinstimmen.

 
   
Es gibt kein Mittelding zwischen einer // der // bestimmten Aufzählung und der Variablen. // und dem allgemeinen Zeichen. //

 
   
                   Ich habe einmal gesagt, es könne nicht Zahlen geben, und den Begriff der Zahl. Und das ist richtig, wenn es heisst, dass die Variable zur Zahl nicht so steht, wie der Begriff Apfel zu einem Apfel (oder der Begriff Schwert zu Nothung).
                   Anderseits ist die Zahlvariable kein Zahlzeichen.

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                    Ich wollte aber auch sagen, dass der Zahlbegriff nicht unabhängig von den Zahlen (gegeben) sein könnte, und das ist nicht wahr. Sondern die Zahlvariable ist in dem Sinne von einzelnen Zahlen unabhängig, als es einen Kalkül mit einer Klasse unserer Zahlzeichen, und ohne die allgemeine Zahlvariable, wohl gibt. Freilich gelten dann eben nicht alle Regeln von diesem Zahlzeichen, die von unsern gelten, aber doch entsprechen sie unserem, wie die Damesteine im Damespiel denen im Schlagdamespiel.

 
   
                   Was aber macht ein Zeichen zum Ausdruck der Unendlichkeit? Was gibt ihm den eigentümlichen Charakter dessen, was wir unendlich nennen? Ich glaube, dass es sich ähnlich verhält wie das Zeichen einer enormen Zahl. Denn das Charakteristische des Unendlichen, wie man es so auffasst, ist seine enorme Grösse.

 
   
                   Wenn man etwa fragt “ist das nun die letzte Regel in der Reihe”, so wäre die Antwort: natürlich nicht. – Auch kann man sagen: keine wird die letzte sein. – Aber hier bedient man sich schon einer Variablen, denn dem “keine” entspricht nicht ein logisches Produkt.

 
   
                   Soll ich nun sagen: keine ist die letzte, – oder: Es ist sinnlos, von einer “letzten” zu sprechen, und auch das Wort “keine” ist in diesem Zusammenhang nicht erlaubt?

 
   
                   Wenn wir etwa die Regeln für Division oder Multiplikation geben, so enthalten die schon die ‘unendliche Allgemeinheit’. Nämlich die Unbeschränktheit und das ‘u.s.w.’. (Und so kann man sich überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht.)

 
   
                   Schon das Kind in der Schule lernt die Rechenregeln
in
mit
dieser unendlichen Allgemeinheit.
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                   Wir zeigen ihm einige Multiplikationen und verlangen, dass es dann andre mit grösseren Zahlen selbst ausführe.

 
   
                   Man hat natürlich nur die Zahlen bis zu einer gewissen höchsten – sagen wir 10¹⁰ – hingeschrieben. Worin besteht nun die Möglichkeit, Zahlen hinzuschreiben, die man noch nicht hingeschrieben hat? Wie seltsam dieses Gefühl, als wären sie doch schon alle irgendwie vorhanden! (Frege sagte, eine Konstruktionslinie sei in gewissem Sinne schon vorhanden, auch ehe sie gezogen wurde.)

 
   
                   Hier ist die Schwierigkeit, sich zu wehren gegen den Gedanken, die Möglichkeit sei eine Art schattenhafter
Wirklichkeit.
Existenz.


 
   
                   In den Regeln für die Variable a kann eine Variable b vorkommen und auch besondere Zahlzeichen; aber auch keine Gesamtheit von Zahlen.

 
   
                   Nun scheint es aber, als wäre damit etwas (aus der Logik) weggeleugnet. Etwa gerade die Allgemeinheit; oder das, was die Punkte andeuten. Das Unfertige (Lockere, Dehnbare) der Reihe // Zahlenreihe // . Und natürlich dürfen und können wir nichts wegleugnen. Wo kommt also diese Unbestimmtheit zum Ausdruck? Etwa so: Wenn wir Zahlen anführen, die wir statt der Variablen a einsetzen dürfen, so sagen wir von keiner, es sei die letzte, oder die höchste.

 
   
                   Würde uns aber nun nach der Erklärung einer Rechnungsart jemand fragen: “und ist nun 103 das letzte Zeichen, welches ich benützen kann was sollen wir antworten? “Nein, es ist nicht das letzte”, oder “es gibt kein letztes”? – Aber muss ich ihn nicht zurückfragen: “Und wenn es nicht das letzte ist, was käme dann noch?” Und sagt er nun “104”, so müsste ich sagen: Ganz richtig, du kannst die Reihe selber fortsetzen.

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                    Von einem Ende der Möglichkeit kann ich überhaupt nicht reden.

 
   
                   (Nur vor dem Geschwätz muss man sich in der Philosophie hüten. Eine Regel aber, die praktisch anwendbar ist, ist immer in Ordnung.)

 
   
                   Es ist klar, dass man einer Regel von der Art /a, x, x + 1/ folgen kann; ich meine, ohne schon von vornherein die Reihe hinschreiben zu können, sondern, indem man sich wirklich nach der Bildungsregel richtet // indem man wirklich der Bildungsregel folgt // . Es ist ja dann dasselbe, wie wenn ich eine Reihe etwa mit der Zahl 1 anfinge und sagte: “nun gib 7 dazu, multipliziere mit 5 und zieh' die Wurzel, und diese zusammengesetzte Operation wende immer wieder auf
ihr
das
Resultat an”. (Das wäre ja die Regel // /1, x, V(x + 7).5/.)

 
   
                   (Aber was tut der, der diese Regel versteht? Wendet er sie etwa schon in schattenhafter Weise auf alle Zahlen an? –)

 
   
                   Um nun die Regel etwa dreimal nacheinander anzuwenden, braucht es keine weitere Regel, die diese Anwendung regelt (die Verbindung der ersten Regel mit der Zahl 3 herstellt). Sondern, dass wir den Raum für die Anwendung offen lassen, ist gerade unser Zeichen für die endlose Allgemeinheit.

 
   
                   Schliesslich ist ja das Wort “u.s.w.” nichts anderes, als das Wort “u.s.w.”, (d.h. wieder als ein Zeichen des Kalküls, das nicht mehr tun kann, als durch die Regeln zu bedeuten, die von ihm gelten. Das nicht mehr sagen kann, als es zeigt.)
                   D.h. es wohnt dem Wort “u.s.w.” keine geheime Kraft inne, durch die nun die Reihe fortgesetzt wird, ohne fortgesetzt zu werden.

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                    Das wohl nicht, wird man sagen, aber eben die Bedeutung der unendlichen Fortsetzung.

 
   
                   “Kann man sich einen leeren Raum vorstellen?” (Diese Frage gehört merkwürdigerweise hierher.)

 
   
                   Es ist einer der tiefstwurzelnden Fehler der Philosophie: die Möglichkeit als ein Schatten der Wirklichkeit. // , die Möglichkeit als einen Schatten der Wirklichkeit zu sehen. //
                   Anderseits aber kann es kein Irrtum sein und ist es auch nicht, wenn man den Satz diesen Schatten nennt.

 
   
                   Es muss, um die unendliche Möglichkeit zu erklären, genug sein, auf die Züge des Zeichens hinzuweisen, die uns eben zur Annahme dieser unendlichen Möglichkeit führen, besser: aus denen wir diese unendliche Möglichkeit ersehen. Das heisst (nur), das Tatsächliche des Zeichens muss genügen und nicht die Möglichkeiten des Zeichens in Betracht kommen, die sich nur wieder in einer Beschreibung der von Zeichen zeigen könnten. Es muss also in dem Zeichen “/1, x, x + 1/” – dem Ausdruck der Bildungsregel – schon alles enthalten sein. Ich darf mit der unendlichen Möglichkeit nicht wieder ein mythisches Element in die Logik // Grammatik // einführen. Beschreibt man den Vorgang der Division 1˙
0
1
: 3 = 0˙3, der zu dem Quotienten 0,3 und dem Rest 1 führt, so muss in dieser Beschreibung schon die unendliche Möglichkeit der Fortsetzung mit immer dem gleichen Erfolg liegen, denn etwas Anderes ist uns ja nicht gegeben, wenn wir sehen, “dass es immer so weiter gehen muss”.
                   Und wenn wir die “unendliche Möglichkeit der Fortsetzung sehen”, so können wir doch nichts sehen, was nicht beschrieben ist, wenn wir eben das Zeichen beschreiben, was wir sehen.

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                    Die Gefahr ist natürlich hier wieder, in einem Positivismus zu verfallen, nämlich einem, der einen eigenen Namen verdient und daher natürlich ein Irrtum sein muss. Denn wir dürfen überhaupt keine Tendenz haben, keine besondere Auffassung der Dinge, sondern müssen alles anerkennen, was jeder Mensch darüber je gesagt hat, ausser soweit er selbst eine besondere Auffassung oder Theorie hatte.

 
   
                   Denn das Zeichen “u.s.w.”, oder ein ihm entsprechendes, ist wohl für die Bezeichnung der Endlosigkeit wesentlich. Natürlich durch die Regeln, die von einem solchen Zeichen gelten. D.h. wir können wohl das Reihenstück “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1” unterscheiden von der Reihe “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, u.s.w.”. Und das letzte Zeichen und sein Gebrauch ist so wesentlich für den Kalkül, als eines der vorhergehenden. // als irgend ein anderes. //

 
   
                   Das, was mich nun bedrückt, ist, dass das “u.s.w.” scheinbar auch in den Regeln für das Zeichen “u.s.w.” vorkommen muss. Z.B. ist 1, 1 + 1, u.s.w. = 1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, u.s.w. u.s.w..

 
   
                   Aber haben wir denn hier nicht die alte Erkenntnis[m|,] dass wir die Sprache nur von aussen beschreiben können? Dass wir also nicht erwarten dürfen, durch eine Beschreibung der Sprache in andere Tiefen zu dringen, als die Sprache selbst offenbart: Denn die Sprache beschreiben wir mittels der Sprache.

 
   
                   Wir könnten sagen: Es ist ja gar kein Anlass, zu fürchten, dass wir das Wort “u.s.w.” in einer das Endliche übersteigen Weise gebrauchen.

 
   
                   Uebrigens kann der, für das “u.s.w.” charakteristische, Teil seiner Grammatik nicht in Regeln über die Verbindung vom “u.s.w.” mit ein-
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zelnen Zahlzeichen (nicht: “den einzelnen Zahlzeichen”) bestehen – denn diese Regeln geben ja wieder ein beliebiges Stück einer Reihe – sondern in Regeln der Verbindung von “u.s.w.” mit “u.s.w.”.

 
   
                   Aber hier habe ich schon das Wort “beliebig” gebraucht, und wie drückt es sich aus, dass ein angegebener // aufgeschriebener // Teil der Reihe beliebig ist?

 
   
                   Das Zeichen “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, … ” kann im Wesentlichen nicht deutlicher sein als “/1, x, x + 1/”. ([d|D]as ist sehr wichtig.)

 
   
                   Was sieht der, der in 1˙
0
1
: 3 = 0˙3 erkennt, dass es nun periodisch so weitergeht? Kann man denn diese Division nicht sehen, ohne dies zu sehen?

 
   
                   Von dem Zeichen “0,” kann man sagen: es ist keine Abkürzung.

 
   
                   Ich hätte einmal von der Division gesagt: “ich sehe eben etwas Bestimmtes in ihr, wenn ich die Periodizität erkenne”. – Muss ich nun nicht sagen, sie gehört in diesem Fall zu einem anderen System, als im Falle, wenn ich die Periodizität nicht erkenne?

 
   
                   Es ist übrigens klar, dass es keinen exakteren Beweis der Periodizität dieser Division gibt, als das oben ausgeführte Stück. Das, was ich
in
an
dieser Division sehe, befähigt mich z.B. das vierstellige Resultat 0,3333 auf [v|V]erlangen, ohne weitere Rechnung, anzuschreiben. Und hierin liegt die andere Art der Benützung dieses Zeichens.

31a
 
   
                    Es ist, als entdeckten wir an gewissen Körp[w|e]rn, die vor uns liegen, Flächen, mit denen sie aneinandergereiht werden können. Oder vielmehr, als entdeckten wir, dass sie mit den und den Flächen, die wir auch schon früher gekannt // gesehen // hatten, aneinandergereiht werden können. Es ist das die Art der Lösung vieler Spiele oder Rätselfragen.

 
   
                   Der,
der
welcher
die Periodizität entdeckt, erfindet einen neuen Kalkül. Die Frage ist, wie unterscheidet sich der Kalkül mit der periodischen Division von dem Kalkül, der die Periodizität nicht kennt?

 
   
                   (Wir hätten einen Kalkül mit Würfeln betreiben können, ohne je auf die Idee zu kommen, sie zu Prismen aneinanderzureihen.)

 
   
                   Was macht es, dass ich weiss, dass die D[i|e]finition “a + ((b) + 1) = = (a + b) + 1 Def” rekursiv auf alle Zahlen angewandt werden kann?
                   Oder: Wie zeigt sich die Periodizität dieser Division?

 
   
                   Ich könnte übrigens sagen, dass sich das Zeichen “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1 u.s.w.” vom Zeichen “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1” durch die Anwendung unterscheidet. Dass sie verschiedenen Kalkülen angehören.

 
   
                   Die Schwierigkeit fängt schon da an, wenn ich sagen soll, dass an stelle der Buchstaben, Zeichen von der Form “1, (1) + 1, ((1) + 1) + 1 u.s.w. [s|z]ugelassen werden. (Schon die willkürliche Länge der Aufzählung ist unangenehm.)

 
   
                   Diese Auf[s|z]ählung muss sich durch “/1, x, (x) + 1/” ersetzen lassen.

32
 
   
                    Anderseits aber muss es auch klar sein, dass “1, (1) + 1, ((1) + 1) + 1, u.s.w. keine Abkürzung ist.

 
   
                   Vielmehr muss es auch das vollständige Zeichen sein eines Kalküls. D.h., man muss mit ihm ebenso exakt arbeiten können, wie mit jedem anderem.

 
   
                   Man könnte nun aber fragen: Wie kommt es, dass der, welcher die allgemeine Regel auf eine weitere Zahl anwendet, nur dieser Regel folgt. Dass keine weitere Regel nötig war, die ihm erlaubt, die allgemeine auch auf diesen Fall anzuwenden; und dass doch dieser Fall in der (allgemeinen) Regel nicht genannt war.

 
   
                   Es wundert uns also, dass wir diesen Abgrund zwischen de[r|n] einzelnen Zahlen und dem allgemeinen Satz nicht überbrücken können.

 
   
                   “Woher [w|W]ie weisst Du, dass er im Zimmer ist?” – “Weil ich ihn hineingesteckt habe und er nirgends heraus kann.” – So ist also Dein Wissen der allgemeinen Tatsache, dass er irgendwo im Zimmer ist, auch von der Multiplizität dieses Grundes. Gezeichnet etwa so:
Das Bild des allgemeinen Sachverhalts wäre also auch !o!. Und dieses Zeichen würde nur anders benützt, als dann, wenn es eine spezielle Lage angibt.
                   Uebrigens haben wir ja dasselbe, wenn wir in der Geometrie einen Beweis durch Zeichnung führen und ein (allgemeines) Dreieck hinzeichnen.
                   Von dem Gebrauch des allgemeinen Dreiecks gelten dann andere Regeln als von dem, des speziellen. (Man sagt: “auf die Grösse dieses Dreiecks kommt es hier nicht an”.)

33
 
   
                    Wenn die Intuitionisten von der “Grundintuition” sprechen, – ist diese ein psychologischer Prozess? Und wie kommt er dann in die Mathematik? Oder ist, was sie meinen, nicht doch nur ein Urzeichen (im Sinne Freges); ein Bestand[z|t]eil eines Kalküls?

 
   
                   Es ist wohl charakteristisch für das allgemeine !o!, dass !o! = !o!, aber man kann das allgemeine Zeichen nicht durch eine Aufzählung solcher Gleichungen erklären // bestimmen // , da man ja wieder nicht alle auf[s|z]ählen kann.
                   (Darum sagte ich früher, dass “u.s.w.” müsse durch die möglichen // erlaubten // Verbindungen mit sich selbst, nicht mit seinen besonderen Fällen charakterisiert // erklärt // werden.)

 
   
                   Es ist, als gäbe es eine allgemeine Auffassung des Zeichens (etwa eines Dreiecks in der geometrischen Konstruktion etc.).

 
   
                   Es gibt eine Relation “zwischen”, für die ˇman nicht von einem besonderen Ort reden kann. Die also quasi alle Züge des räumlichen “Zwischen” hat, ausser denen, die sich auf bestimmte Lagen beziehen.
                   Das heisst, es gibt einen Kalkül mit einer Relation, die man “zwischen” nennen könnte, bei der aber von einer Allgemeinheit nicht die Rede wäre.
                   Anderseits aber ist dieser Kalkül derjenige der Allgemeinheitsbezeichnung für die räumliche Lage. Wie kriegt er aber den Charakter der Allgemeinheit, wenn er ihn doch nicht durch die Beziehungen zu speziellen Fällen bekommt? – Aber worin besteht denn dieser Charakter der Allgemeinheit? Handelt es sich nicht hier wieder um einen falschen Vergleich?

 
   
                   Die Allgemeinheit ist so vieldeutig, wie die Subjekt-Prädikat- Form.

34
 
   
                    Alles, was man eigentlich in der Philosophie wissen muss, ist, dass jeder Unterschied des Gebrauchs // im Gebrauch // eines Worts ein logischer Unterschied ist, und dass es sich also um verschiedene Formen handelt (deren grammatische Verwandtschaft höchstens, durch das gleiche Wort // die gleiche Bezeichnung // angedeutet wird).

 
   
                   D.h. man darf nur nicht an einem Unterschied der Formen vorbeigehen – wie man wohl an einem Unterschied zwischen Anzügen vorbeigehen kann, wenn er etwa sehr gering ist.
                   In gewissem Sinne gibt es für uns – nämlich in der Grammatik – nicht ‘geringe Unterschiede’. Und überhaupt bedeutet ja das Wort Unterschied etwas ganz anderes, als dort wo es sich um einen Unterschied zweier Dinge // Sachen // handelt.

 
   
                   Worin besteht der Charakter der Allgemeinheit des allgemeinen Kalküls? Denn ich möchte, dass er die besonderen Fälle allgemein behandelt und nicht gleichsam etwas von den besonderen Fällen ganz Losgelöstes ist. (Wie es auch in der Bezeichnung “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, u.s.w.” angedeutet ist.)
                   Wo ist die Verwandtschaft zwischen der Allgemeinheit und dem Besonderen? Die muss offenbar in der Bezeichnung zum Ausdruck kommen.
                   (Und
so
darum
enthält ja auch die allgemeine Zahlform “/1, x, (x) + 1/” das Zeichen “1”.)

 
   
                   Ich möchte sagen: das allgemeine Bild ❘ ⚬ ❘ hat eine andre Metrik als das besondere.

 
   
                   Die Möglichkeit noch weitere Zahlen anzuführen. Die Schwierigkeit scheint uns die zu sein, dass die Zahlen, die ich tatsächlich ange-
35
führt habe, ja gar nicht wesentlich sind // keine wesentliche Gruppe sind // und nichts dies andeutet, dass sie eine beliebige Kollektion sind: die zufällig aufgeschriebenen unter allen Zahlen.
                   (So, als hätte ich in einer Schachtel alle Steine eines Spiels und auf dem Tisch daneben eine zufällige Auswahl aus dieser Schachtel.
                   Oder, als wären die einen Ziffern in Tinte nachgezogen, während sie alle schon gleichsam blass vorgezeichnet sind.)
                   Dass wir aber ausser diesen zufällig benützten nur die allgemeine Form haben.
                   Haben wir hier übrigens nicht – so komisch das klingt – den Unterschied zwischen Zahlzeichen und Zahlen?

 
   
                   Im allgemeinen Zeichen “❘ ⚬ ❘” spielen die Distanzen so wenig eine Rolle wie im Ze[zh|ic]hen “aRb”.

 
   
                   Bedenke dass aus dem allgemeinen Satz eine logische Summe von, sagen wir, hundert Summanden folgen könnte, an die wir doch bestimmt nicht gedacht haben, als wir den allgemeinen Satz aussprachen. Können wir dennoch sagen, dass sie aus ihm folgt?

 
   
                   Die Allgemeinheitsbezeichnung unserer gewöhnlichen Sprache fasst die logische Form noch viel oberflächlicher, als ich früher geglaubt habe. Sie ist eben in dieser Beziehung mit der Subjekt-Prädikat Form vergleichbar.

 
   
                   Nehmen wir die besonderen Fälle des allgemeinen Sachverhalts, dass das Kreuz sich zwischen den Grenzstrichen befindet:

|–x–––––––|

|––x––––––|

|––––––x––|
Jeder dieser Fälle z.B., hat eine // seine // besondere Individualität. Tritt diese Individualität irgendwie in den Sinn des allgemeinen Satzes ein? Offenbar nicht.

36
 
   
                    “Das Kreuz liegt so auf der Geraden:

|––x––––––|
” – “Es liegt also zwischen den Strichen …”
                   “Es hat hier 16
1
2
˚”. – “Es hat also jedenfalls mehr als 15˚.”
                   Wenn man sich übrigens wundert, dass dieser Satz aus jenem folgt, obwohl man doch bei jenem gar nicht an ihn dachte, // dass ein Satz aus dem andern folgt, obwohl man doch bei diesem gar nicht an jenen dachte // so denke man nur daran, dass p V q aus p folgt, und ich denke doch gewiss nicht alle Sätze p V x wenn ich p denke.

 
   
                   Die ganze Idee, dass man bei dem Satz, aus dem ein anderer folgt, diesen denken muss, beruht auf einer falschen, und psychologisierenden, Auffassung. Wir haben uns ja nur um das zu kümmern, was in den Zeichen und (ihren) Regeln liegt. Dagegen ist es

 
   
                   Dagegen ist es eine wirkliche Schwierigkeit, dass das Folgen immer gebunden verbunden scheint an den mit dem Kalkül der Wahrheitsfunktionen.

 
   
                   Will ich sagen, dass sich das Folgen immer aus der Uebereinstimmung
von
der
Wahrheitsmöglichkeiten ergeben muss?

p
W
W
F
F

q
W
F
W
F

p V q
W
W
W
F

q
W
F
W
F
q
(p V q) & q
W
F
W
F
(p V q)
(p V q) V q
W
W
W
F
(Ex).fx V fa = (Ex).fx, (Ex).fx & fa = fa Wie weiss ich das? (denn das Obere habe ich sozusagen bewiesen). Man möchte etwa sagen: “ich verstehe ‘(Ex).fx’ eben”. (Ein herrliches Beispiel dessen, was ‘verstehen’ heisst.)
                   Ich könnte aber ebensogut fragen “wie weiss ich, dass (Ex).fx aus fa folgt” und antworten: weil ich ‘(Ex).fx’ verstehe”. Wie weiss ich aber wirklich, dass es folgt? – Weil ich so kalkuliere.
37

                   Wie weiss ich, dass (Ex).fx aus fa folgt? Sehe ich quasi hinter das Zeichen “(Ex).fx”, und sehe den Sinn, der hinter ihm steht und daraus // aus ihm // , dass er aus fa folgt? ist das das Verstehen?
                   Nein, jene Gleichung ist ein Teil des
Verständnisses
Verstehens
// drückt einen Teil des Verstehens aus // (das so ausgebreitet [f|v]or mir liegt).
                   Denn die Annahme eines Verstehens, das ursprünglich mit einem Schlag erfassbar // ein Erfassen mit einem Schlag // , erst so ausgebreitet werden kann, ist ja unrichtig.
                   Wenn ich sage “ich weiss, dass (Ex).fx folgt, weil ich es verstehe”, so hiesse das, dass ich, es verstehend, etwas anderes sehe, als das gegebene Zeichen, gleichsam eine Definition des Zeichens, aus der das Folgen hervorgeht.

 
   
                   Die Mathematik besteht aus Rechnungen. // Die Mathematik besteht ganz aus Rechnungen. //

 
   
                   Meine Auffassung des allgemeinen Satzes war doch, dass (Ex).fx eine logische Summe ist und dass nur ihre Summanden hier nicht aufgezählt seien, sich aber aufzählen liessen (und zwar aus dem Wörterbuch und der Grammatik der Sprache).
                   Denn liessen sie sich nicht aufzählen, so handelt es sich ja doch
um keine
nicht um eine
logische Summe // , so haben wir ja doch keine logische Summe // . (Vielleicht ein Gesetz, logische Summen zu bilden.)

 
   
                   Die Zahl ist durchaus kein “grundlegender mathematischer Begriff”. Es gibt so viele Kalküle, // Rechnungen // in denen von Zahlen nicht die Rede ist.
                   Und was die Arithmetik betrifft, so ist es mehr oder weniger willkürlich, was wir [d|n]och Zahlen nennen wollen. Und im Uebrigen ist der Kalkül – z.B. – der Kardinalzahlen zu beschreiben, d.h. seine Regeln sind anzuge-
38
ben, und damit sind die Grundlagen der Arithmetik gegeben // und damit ist
der der Grund gelegt
die Arithmetik begründet
// .

 
   
                   Lehre sie uns, dann hast Du begründet.

 
   
                   
(Ex).fx
W
W
F
F
fa
W
F
W
F
Aber, meinte ich, muss also nicht (Ex).fx eine Wahrheitsfunktion von fa sein, damit das möglich ist? Damit diese Abhängigkeit möglich ist?

 
   
                   Ja sagt denn eben (Ex).fx V fa = (Ex).fx nicht, dass fa schon in (Ex).fx enthalten ist? Zeigt es nicht die Abhängigkeit des fa vom (Ex).fx? Nein, ausser, wenn (Ex).fx als logische Summe definiert ist (mit einem Summanden fa). – Ist das der Fall, so ist (Ex).fx (nichts als) eine Abkürzung.

 
   
                   Einen verborgenen Zusammenhang gibt es in der Logik nicht.

 
   
                   (Eines der grössten Hindernisse für die Philosophie ist die Erwartung neuer tiefer unerhörter Aufschlüsse.)

 
   
                   Wird nicht vielmehr die Abhängigkeit durch d[e|i]e Gleichung hergestellt und festgesetzt? Denn eine verborgene Abhängigkeit gibt es eben nicht.

 
   
                   (Ex). fx & non-fa, (Ex).fx & non-fa & non-fb & non-fc “Das Kreuz befindet sich irgendwo zwischen den Strichen, ausser in der Lage a.” Man könnte nun fragen: wird durch solche fortgesetzte Subtraktionen von Möglichkeiten endlich eine Kontradiktion erzeugt?

 
   
                   Angenommen, ich gäbe eine Disjunktion von so vielen Stellungen an, dass es mir unmöglich wäre, eine Stellung von allen angegebenen als verschie-
39
den zu erkennen // sehen // ; wäre nun die Disjunktion der allgemeine Satz (Ex).fx? Wäre es nicht sozusagen Pedantrie, die Disjunktion noch immer nicht als den allgemeinen Satz anzuerkennen? Oder besteht ein wesentlicher Unterschied, und ist die Disjunktion vielleicht dem allgemeinen Satz gar nicht ähnlich?

 
   
                   Das was uns auffällt, ist, dass der eine Satz so kompliziert, der andere so einfach ist. Oder ist der einfache nur eine kurze Schreibweise des komplizierteren?

 
   
                   Es scheint uns aber das ‘zwischen den Strecken, oder Wenden, Liegen’ etwas Einfaches, wovon die verschiedenen Lagen (ob die Gesichtserscheinungen, oder die durch Messen festgestellten Lagen) ganz unabhängig sind.
                   D.h., wenn wir von den einzelnen (gesehenen) Lagen reden, so scheinen wir von etwas ganz Anderem zu reden, als von dem, wovon im allgemeinen Satz die Rede ist.

 
   
                   Es ist ein anderer Kalkül, zu dem unsere Allgemeinheitsbezeichnung gehört und ein anderer, in dem es jene Disjunktion gibt. Wenn wir sagen, das Kreuz liegt zwischen diesen Strichen, so haben wir keine Disjunktion bereit, die den Platz
dieses
des
allgemeinen Satzes nehmen könnte.

 
   
                   Ist aber gegen eine Allgemeinheit etwas prinzipiell einzuwenden, die als Allgemeinheit
fungiert
auftritt
, für die also (Ex).fx & fa = fa ist und die doch keine Wahrheitsfunktion einer gegebenen Anzahl von Sätzen ist?

 
   
                   Oder: Ist es möglich, dass (Ex).fx & fa = fa ist, ohne dass (Ex).fx eine Wahrheitsfunktion von fa ist?

40
 
   
                    (Es kann keine Wahrheitsfunktion von fa sein, ohne dass man es weiss.)
                   Ich kann doch einen Kalkül haben, ind dem es nur ein a-b-a, ein b-a-a und ein a-a-b gibt –

a

––––––
b
*

––
a

– anderseits aber einen, in welchem

a

––––––
b
*

––
a

eine bestimmte Lage bedeutet, und

a

––
b
*

––––––
a

eine andere, etc. Und warum sollte ich nun nicht die beiden so verbinden, dass man ein Zeichen

a

––
b
*

––––––
a

oder

b

––
a
*

––––––
a

etc. immer auf beide Weisen auffassen kann, dass also dann “a-b-a” aus “a +

a

–––
b
*

–––
a

folgt, etc?

 
   
                   Kann ich denn aber die Regeln des Folgens in diesem Fall angeben? Denn, wie weiss ich, dass gerade aus fa (Ex).fx folgt? ich kann ja doch nicht alle Sätze angeben, aus denen es folgt. – Das ist aber auch gar nicht nötig; folgt (Ex).fx aus fa, so war das jedenfalls vor jeder besonderen Erfahrung zu wissen, und möglich, es in der Grammatik anzugeben. – Aber ist dann nicht die Grammatik in diesem Sinn unvollendbar, da immer neue Zeichen der Form fx gebraucht werden können? –
                   Die gebraucht werden, werden gebraucht, und für sie kann ich immer in der Grammatik vorsorgen.

 
   
                   Ich sagte “es war möglich, vor jeder Erfahrung zu wissen, dass (Ex).fx aus fa folgt und es in der Grammatik anzugeben”. Es sollte aber heissen: ‘(Ex).fx folgt aus fa’ ist kein Satz (Erfahrungssatz) der Sprache, der ‘ (Ex).fx’ und ‘fa’ angehören, sondern eine in ihrer Grammatik festgesetzte Regel.

 
   
                   Ich betrachte die Sprache und Grammatik unter dem Gesichtspunkt des Kalküls // unter der Form des Kalküls // als Kalkül als Kalkül // , d.h. des Operierens nach festgelegten Regeln. // d.h. als Vorgang nach festgesetzten Regeln //

41
 
   
                    Es ist nur wesentlich, dass wir (hier) nicht sagen können, wir sind durch Erfahrung daraufgekommen, dass es auch noch diesen Fall der Grammatik gibt. Denn den müssten wir in dieser Aussage statement beschreiben und diese Beschreibung, obwohl ich ihre Wahrheit erst jetzt einsehe, hätte ich doch schon vor dieser Erfahrung verstehen müssen.

 
   
                   Es ist die alte Frage: inwiefern kann man jetzt von einer Erfahrung sprechen, die man jetzt nicht hat.
                   Was ich nicht voraussehen kann, kann ich nicht voraussehen. Und wovon ich jetzt sprechen kann, kann ich jetzt sprechen, unabhängig von/dem, wovon ich jetzt nicht sprechen kann.
                   Die Logik ist eben immer komplex.

 
   
                   “Wie kann ich wissen, was alles folgen wird?” – Was ich dann wissen kann, kann ich auch jetzt wissen.

 
   
                   Aber gibt es denn auch allgemeine Regeln der Grammatik, oder nicht nur Regeln über allgemeine Zeichen?
                   Was wäre etwa eine allgemeine und eine besondere Regel im Schachspiel (oder einem andern)? Jede Regel ist ja allgemein.
                   Doch ist eine andere Art der Allgemeinheit in der Regel, dass p V q aus p folgt, als in der, dass jeder Satz der Form p, non-non-p, … aus p & q folgt. Ist aber nicht die Allgemeinheit der Regel für den Rösslsprung eine andere als die, einer Regel für den Anfang einer Partie?

 
   
                   Ist das Wort “Regel” überhaupt vieldeutig? Und sollen wir also nicht von Regeln im Allgemeinen reden, wie auch nicht von Sprachen im Allgemeinen? Sondern nur von Regeln in besonderen Fällen.

42
 
   
                    (Sokrates stellt die Frage, was [e|E]rkenntnis sei und ist nicht mit der Aufzählung von Erkenntnissen zufrieden. Wir aber kümmern uns nicht viel um diesen allgemeinen Begriff und sind froh, wenn wir Schuhmacherei, Geometrie etc. verstehen.)

 
   
                   Gilt diese Ueberlegung aber nicht auch für den Begriff des Folgens? // für das Folgen? //

 
   
                   Wir glauben nicht, dass nur der ein Spiel versteht, der eine Definition des Begriffs ‘Spiel’ geben kann.

 
   
                   (Ich mache es mir in der Philosophie immer leichter und leichter. Aber die Schwierigkeit ist, es sich leichter zu machen und doch exakt zu bleiben.)

 
   
                   Hinter die Regeln kann man nicht dringen, weil es kein Dahinter gibt.

 
   
                   fE & fa = fa Kann man sagen: das ist nur möglich, wenn fE aus fa folgt; oder muss man sagen: das bestimmt, dass fE aus fa folgt? // folgen soll. //

 
   
                   Wenn das erste, so muss es vermöge der Struktur folgen, etwa indem fE durch eine Definition so bestimmt ist, dass es die entsprechende Struktur hat. Aber kann denn wirklich das folgen, gleichsam aus der sichtbaren Struktur der Zeichen hervorgehen, wie ein physikalisches Verhalten aus einer physikalischen Eigenschaft, und braucht etwa nicht vielmehr immer solche Bestimmungen, wie die Gleichung fE & fa = fa? Ist es etwa den p V q anzusehen, dass es aus p folgt, oder auch nur den Regeln, welche Russell für die Wahrheitsfunktionen gibt?

42a
 
   
                    Und warum sollte auch die Regel fE & fa = fa aus einer andern Regel hervorgehen und nicht die primäre Regel sein?

 
   
                   Denn was soll es heissen “fE muss doch fa in irgendeiner Weise enthalten”? Es enthält es eben nicht, insofern wir mit fE arbeiten können, ohne fa zu erwähnen. Wohl, aber, insofern eben die Regel fE & fa = fa gilt.

 
   
                   Die Meinung // Idee // ist nämlich, dass fE & fa = fa nur vermöge einer Definition von fE gelten kann.

 
   
                   Und zwar – glaube ich – darum, weil es sonst den falschen Anschein hat, als würde nachträglich noch eine Bestimmung über fE getroffen, nachde[,|m] es schon in die Sprache eingeführt sei. Es wird aber tatsächlich keine Bestimmung einer künftigen Erfahrung überlassen.

 
   
                   Und die Definition des fE aus ‘allen [e|E]inzelfällen’ ist ja ebenso unmöglich, wie die Aufzählung aller Regeln von der Form fE & fx = fx.

 
   
                   Ja, die Einzelgleichungen fE & fx = fx sind eben gerade ein Ausdruck dieser Unmöglichkeit.

 
   
                   Wie äussert es sich aber in unsern Regeln, dass die behandelten Fälle fx keine wesentlich abgeschlossenen Klasse sind? – Doch wohl nur, durch die Allgemeinheit der allgemeinen Regel. – Dass sie nicht die Bedeutung für den Kalkül haben, wie eine abgeschlossenen Gruppe von Grundzeichen (etwa den Namen der 6 Grundfarben). Wie anders, als durch die Regeln, die von ihnen ausgesagt sind. – Wenn ich etwa in einem Spiel die Erlaubnis habe, eine gewisse Art von Steinen in beliebiger Anzahl zu borgen,
43
andere aber in festgesetzter Anzahl vorhanden sind; oder das Spiel zwar [s|z]eitlich unbegrenzt, aber räumlich begrenzt ist, haben wir ja wohl denselben Fall. Und der Unterschied zwischen den einen und den anderen Figuren des Spiels muss eben durch die Spielregeln festgesetzt sein. Es heisst dann etwa von der einen: Du kannst soviele Steine dieser Art nehmen als Du willst. – Und nach einem anderen exakteren // bindenderen // Ausdruck
dieser
der
Regel darf ich nicht suchen.

 
   
                   Das heisst, dass der Ausdruck für die Unbegrenztheit der behandelten Ein[s|z]elfälle (eben) ein allgemeiner Ausdruck sein wird und kein andrer sein kann, kein Ausdruck, indem die anderen nicht behandelten Einzelfälle in schattenhafter Weise vorkämen.

 
   
                   Es ist ja klar, dass ich keine logische Summe als Definition des Satzes “das Kreuz liegt zwischen den Strichen” anerkenne. Und damit ist doch alles gesagt.

 
   
                   Wenn man gefragt wird: ist es aber nun auch sicher, dass ein anderer Kalkül als dieser nicht gebraucht wird, so muss man sagen: Wenn das heisst “gebrauchen wir nicht in unserer
wirklichen
tatsächlichen
Sprache noch andere Kalkülle”, so kann ich nur antworten “ich weiss (jetzt) keine anderen (so, wie wenn jemand fragte “sind das alle Kalkülle der (gegenwärtigen) Mathematik”, ich sagen könnte “ich erinnere mich keiner anderen, aber ich kann etwa noch ge[m|n]auer nachlesen). Die Frage kann aber nicht heissen “kann kein anderer Kalkül gebraucht werden?” Denn wie sollte ich diese Frage beantworten? // Denn wie sollte die Antwort auf diese Frage gefunden werden? //
                   Ein Kalküll ist ja da, indem man ihn beschreibt.

 
   
                   Kann man sagen: ‘Kalkül’ ist kein mathematischer Begriff?

44
 
   
                    Plato: “– Wie? sagte er, die sollte nicht nutzen? Denn wenn doch einmal die Besonnenheit die Erkenntnis der Erkenntnisse ist und den andern Erkenntnissen vorsteht, so muss sie ja auch dieser sich auf das Gute beziehenden Erkenntnis vorstehen und uns so doch nutzen. – Macht auch sie uns, sprach ich, etwa gesund und nicht die Heilkunde? Und so auch mit den andern Künsten; verrichtet sie die Geschäfte derselben und nicht vielmehr jede von ihnen das Ihrige? Oder haben wir nicht lange schon eingestanden, dass sie nur der Erkenntnisse und Unkenntnisse [e|E]rkenntnis wäre und keiner anderen Sache? – Allerdings wohl. – Sie also wird uns nicht die Gesund[j|h]eit bewirken? – Wohl nicht. – Weil nämlich die Gesundheit für eine andere Kunst gehört? – Ja. – Also auch nicht den Nutzen, Freund, wird sie uns bewirken. Denn auch dieses Geschäft haben wir jetzt einer anderen Kunst beigelegt. – Freilich. – Wie kann also die Besonnenheit nützlich sein, wenn sie uns gar keinen Nutzen bringt?”

 
   
                   Das ist klar, dass die Frage “was ist ein Kalkül” von genau dergleichen Art ist wie die: “was ist ein Spiel”, oder wie die “was ist eine Regel”.

 
   
                   Dass wir nun jemandem das Schachspiel beibringen // erklären // können, ist klar. Und es fragt sich: Versteht er es nun doch weniger, weil er nicht gelernt hat ‘was ein Spiel ist’? Oder macht das gar nichts aus?

 
   
                   Was bedeutet “undefinierbar”? Dieses Wort ist offenbar irreführend, denn es erweckt den Anschein, als könnten wir hier etwas versuchen, was sich dann als unausführbar erwiese. Als wäre also das Undefinierbare etwas, was sich nicht weiter definieren liesse, wie sich ein zu grosses Gewicht nicht heben lässt. Wir könnten sagen: “Wie denn
45
‘undefinierbar’?! Können wir denn versuchen, es zu definieren?”

 
   
                   Nun könnte man freilich sagen: die Definition ist ˇja etwas Willkürliches, d.h., wie ich ein Wort definiere, so ist es definiert. Aber darauf kann geantwortet werden: Es kommt darauf an, es so zu definieren, wie wir das Wort meinen. Also so, dass wir zur Definition des Wortes “Tisch”, z.B., sagen: ja, das ist es, was ich mit dem Wort meine. – Ja hatt' Dich nun aber die Definition dahin gebracht, das mit dem Wort zu meinen oder willst Du sagen, dass Du das schon immer gemeint hast? Und wenn das Letztere, so hast Du also immer das gemeint, was die Definition sagt (imGe Gegensatz zu etwas Anderem, was sie auch sagen könnte). D.h.: die Definition ist auch eine Beschreibung dessen, was Du schon früher gemeint hast. Du warst also auch früher schon im Besitz einer Uebersetzung dieser Definition; sie hat sozusagen nur laut gesagt, was schon Du schon im Stillen wusstest. Sie hat also auch wesentlich nichts zergliedert.

 
   
                   [d|D]er, welcher darauf aufmerksam macht, dass ein Wort in zwei verschiedenen Bedeutungen gebraucht wurde, oder dass bei dem Gebrauch
eines
dieses
Ausdrucks uns dieses Bild vorschwebt, und der überhaupt die Regeln feststellt (tabuliert), nach welche[m|n] Worte gebraucht werden, hat gar keine Pflicht eine Erklärung des (Definition) des Wortes “Regel” (oder “Wort”, “Sprache”, “Satz”, etc.) zu geben. // … , hat garnicht die Pflicht üb[r|e]rnommen, … //

 
   
                   Ich sagte oben “Kalkül ist kein mathematischer Begriff”; das heisst, das Wort ‘Kalkül’ ist kein Schachstein der Mathematik.
                   Es brauchte in der Mathematik ni[v|c]ht vorzukommen. – Und wenn es doch in einem Kalkül gebraucht wird, so ist dieser nun kein Metakalkül. Vielmehr ist dann dieses Wort wieder nur ein Schachstein wie alle andern.

46
 
   
                    So ist es mir erlaubt, das Wort ‘Regel” zu verwenden, ohne notwendig erst die Regeln über dieses Wort zu tabulieren. Und diese Regeln sind nicht Ueber-Regeln.

 
   
                   Das Wort “Regel” muss in der Erklärunf eines Spiels nicht gebraucht werden[,| (]natürlich auch kein äquivalentes).

 
   
                   Wie gebrauchen wir denn auch das Wort ‘Regel’ (wenn wir etwa von Spielen reden)? Im Gegensatz wozu? Wir sagen z.B. “das folgt aus d dieser Regel”, aber dann könnten wir ja die Regel des Spiels zitieren, und so das Wort “Regel” ersetzen. Oder wir sprechen von “allen Regeln des Spiels” und müssen sie dann entweder aufgezählt haben (und dann mit liegt (wieder) der erste Fall vor), oder wir sprechen von den Regeln, als einer Gruppe, die auf bestimmte Art aus
bestimmten
gegebenen
Grundpositionen erzeugt werden und dann entste steht das Wortb “Regel” für den Ausdruck dieser Grundpositionen und Operationen. Oder wir sagen “Das ist eine Regel, das das nicht”, wenn etwa das Zweite nur ein einzelnes Wort ist, oder eine Konfiguration der Spielsteine. (Oder: “nein, das ist nach der neuen Abmachung auch eine Regel”.) Wenn wir etwa das Regelverzeichnis des Spiels aufzuschreiben hätten, so könnte so etwas gesagt werden und dann hiesse es Das gehört hinein, das nicht. Aber nicht vermöge einer bestimmten Eigenschaft (nämlich der, eine Regel zu sein), wie wenn man etwa lauter Aepfel in eine Kiste packen möchte und sagt “nein, das gehört nicht hinein das ist eine Birne”. Ja aber wir nennen doch manches “Spiel”, manches nicht und manches “Regel”, und manches nicht! Ja, [a|A]ber auf die Abgrenzung alles dessen, was wir Spiel nennen, gegen alles a[h|n]dere, kommt es ˇja nie an. Die Spiele sind für uns die Spiele, von denen wir gehört haben, die wir aufzählen können, und etwa noch einige nach Analogie anderer neu/gebildete; und wenn jemand etwa ein Buch über die Spiele schriebe, so brauchte er ei-
47
gentlich das Wort “Spiel” auch im Titel nicht, sondern als Titel könnte eine Aufzählung dr Namen der einzelnen Spiele stehen. Und gefragt: Was ist denn aber das Gemeinsame aller dieser Dinge, weshalb Du sie zusammenfasst? könnte er sagen: ich weiss es nicht in einem Satz anzugeben, aber Du s[u|i]ehst ja viele Analogien. Im übrigen ist diese // scheint mir diese // Frage müssig, da ich auch wieder nach Analogien fortfahrend, durch unmerkbare Stufen, zu Gebilden kommen kann, die niemand mehr im gewöhnlichen Leben “Spiel” nennen würde, so dass es doch wieder willkürlich wäre, was man “Spiel” nennen wollte. Ich nenne daher “Spiel” das, was auf die[r|s]er Liste steht, wie auch, was diesen Spielen bis zu einem gewissen (von mir nicht näher bestimmten) Grade ähnlich ist. Im übrigen behalte ich mir vor, in jedem neuen Fall zu entscheiden, ob ich etwas zu den Spielen rechnen will oder ni[h|c]ht.

 
   
                   Ebenso verhält es sich nun auch mit dem Begriff der Regel. Nur in ganz besonderen // speziellen // Fällen handelt es sich uns darum, die [r|R]egeln von etwas abzugrenzen, was nicht Regel ist, und in allen diesen Fällen ist es leicht, ein unterscheidendes Kriterium zu geben. Das heisst, wir brauchen das Wort “Regel” im Gegensatz zu “Wort”, “Konfiguration der Steine” und einigem Andern, und diese Grenzen sind klar gezogen. Dagegen ist es müssig, Grenzen dort zu ziehen, wo wir sie nicht brauchen. Verhält es sich hier nicht ebenso, wie mit dem Begriff ‘Pflanze’? Wir gebrauchen dieses Wort in bestimmtem Sinne, aber, im Falle einzelliger Lebewesen war die Frage eine aZeit-lang schwebend, ob man sie Tiere oder Pflanzen nennen solle[m|,] und es liessen sich auch beliebig viel andere Grenzfälle konstruieren, für die die Entscheidung, ob etwas noch unter den Begriff Pflanze falle, erst zu treffen wäre. Ist aber darum die Bedeutung des Wortes “Pflanze” in allen anderen Fällen verschwommen, sodass man sagen könnte, wir gebrauchen das Wort, ohne es zu verstehen? Ja, würde uns eine Definition, die den Begriff nach verschiedenen Seiten begren[s|z]te, die Bedeutung
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des Wortes in allen Sätzen klarer machen, sodass wir auch alle Sätze, in denen es vorkommt, besser verstehen würden? Offenbar nein.

 
   
                   Was heisst es, zu wissen, was eine Pflanze ist?
                   Was heisst es, es zu wissen und es nicht sagen zu können?
                   “Du weisst es und kannst hellenisch reden, also musst Du es doch sagen können.”
                   Müssigkeit einer Definition, etwa der, des Begriffs Pflanze. Aber ist die Definition kein Erfordernis der Exaktheit? “Der Boden war ganz mit Pflanzen bedeckt”: damit meinen wir nicht Bacillen. Ja wir denken dabei vielleicht an grüne Pflanzen einer bestimmten Grössenordnung. Wer uns sagen würde, wir wissen nicht, was wir reden, ehe wir keine Definition der Pflanze gegeben haben, würden wir mit Recht für verrückt halten. Ja, wir könnten auch mit einer solchen Definition uns in den gewöhnlichen Fällen nicht besser verständigen. Ja, es scheint sogar, in gewissem Sinne schlechter, weil gerade das Undefinierte in diesem Fall zu unserer Sprache zu gehören scheint.

 
   
                   Denken wir uns in dem Satz einer Erzählung “der Boden war ganz mit Gräsern und Kräutern bedeckt” die Wörter “Gräser” und “Kräuter” durch Definitionen ersetzt. Es ist klar, dass diese Definitionen lange und komplizierte Ausdrücke sein müssen // werden // ; und nun ist die Frage, ob wir denn wirklich mit dem Satz das gemeint haben, was jetzt in dem ungleich viel komplizierteren steht. Wir würden – glaube ich – sagen, dass wir an alles das gar nicht gedacht hätten.

 
   
                   Kann man nun aber auf eine solche Sprache die Idee des Kalküls anwenden? Und ist das nicht so, als wollte man in einem Bild, worin alle Farbflecken verlaufen, von Farbgrenzen reden? Oder liegt die
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Sache so: Denken wir uns ein Spiel, etwa das Tennis, in dessen Regeln nichts über die Höhe gesagt ist, die ein Ball im Flug nicht übersteigen darf. Und nun sagte Einer: Das Spiel ist ja gar nicht geregelt, denn, wenn Einer den Ball so hoch wirf[s|t], dass er nicht wieder auf die Erde zurückfällt, oder so weit, dass er um die Erde herumfliegt, so wissen wir nicht, ob dieser Ball als ‘out’ oder ‘in’ gelten soll. Man würde ihm – glaube ich – antworten, wenn ein solcher Fall einträte, so werde man Regeln für ihn geben, jetzt sei es nicht nötig.
                   Könnten wir uns nicht überhaupt ein Spiel mit unvollständigem Regelverzeichnis denken und wir hätten ausgemacht, die Regeln nach Bedarf später zu ergänzen, allerdings so, dass den bereits festgesetzten Regeln keine künftige widersprechen dürfte? (Wie ja beim Tennis nichts über die erlaubte Länge der Schritte beim Laufen festgesetzt ist, aber, wenn nötig, noch festgesetzt werden könnte.) Denken wir an die Regeln über das Ueberspringen von Steinen im Brettspiel und an die besonderen Fälle, die eintreten, wenn der zu überspringende Stein am Rand des Brettes oder unmittelbar neben einem weiteren Stein steht.

 
   
                   So können doch grammatische Regeln über den Gebrauch des Wortes “Pflanze” gegeben werden und wir können also auf Fragen von der Art “folgt aus diesem Sachverhalt, dass dort eine Pflanze steht” Bescheid geben. Auf andere solche Fragen aber sind wir nicht gerüstet und können antworten: Ein solcher Fall ist noch nie vorgekommen und es wäre für uns müssig, für ihn vorzusorgen. (Wenn es etwa gelänge, ein Lebewesen halb maschinell und halb auf organischem Weg zu erzeugen, und nun gefragt würde: ist das nun noch ein Tier oder eine Pflanze.)

 
   
                   Wenn etwa beim Preisschiessen für gewisse Grenzfälle keine Bestimmungen getroffen wären, ob dieser Schüsse noch als Treffer ins Schwarze gelten soll (oder nicht). Nehmen wir nun aber an, ein solcher Schuss komme
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bei unserem Preisschiessen gar nicht vor; könnte man dann dennoch sagen, die ganze Preisverteilung gelte nichts, weil für diesen Fall nicht
vorgesorgt
vorgesehen
war?

 
   
                   Denken wir uns nun das Verzeichnis der Statuten für dieses Schiessen, und es sei in ihm von jenen Grenzfällen gar nicht die Rede. (Das wäre etwa ähnlich, wie wenn Einer bei der Berechnung von Längenausmassen nur nach den Regeln der Kardinalarithmetik verführe.) Kann man nun sagen, das Regelverzeichnis sei wesentlich unvollständig? Denn, wenn ein Schuss auf die Grenze zwischen Schwarz und Weiss trifft, wird sich doch der Richter irgendwie entscheiden müssen: er wird dann entweder sagen können, dieser Schuss gilt nicht, oder er wird ihn zum Schwarzen rechnen, u.s.w.. Wenn er das gegebene Schema anwenden will, so wird er es irgendwie anwenden müssen. Ich meine: Er wird die Regeln nur entweder anwenden können, wie sie sind, oder andere.
                   Man könnte es auch so sagen: Diese Regeln sind eigentlich für ein anderes Spiel gemacht // bestimmt // , nämlich für eines, in dem es wirklich nur die zwei Möglichkeiten gibt, ganz innerhalb und ganz ausserhalb des Kreises zu treffen. Wende ich die gleichen Regeln also auf das Scheibenschiessen an, so muss ich seine Möglichkeiten auf andere Art in die Multiplizität
der
dieser
Regeln proj[u|i]zieren.

 
   
                   (Unsere Aufgabe ist es nur, gerecht zu sein. D.h., wir haben nur die Ungerechtigkeiten der Philosophie aufzuzeigen und zu lösen, aber nicht neue Parteien – und Glaubensbekenntnisse – aufzustellen.)

 
   
                   Was versteckt ist, muss gefunden werden können. (Versteckter Widerspruch.)

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                    Was versteckt ist, muss sich auch, ehe es gefunden wurde, ganz beschreiben lassen, als wäre es (schon) gefunden.

 
   
                   Wenn man sagt, der Gegenstand ist so versteckt, dass es unmöglich ist, ihn zu finden, so hat das guten Sinn und die Unmöglichkeit ist hier natürlich keine logische; d.h., es hat Sinn, von dem Finden des Gegenstandes zu reden und auch, es zu beschreiben; und wir leugnen nur, dass
es
das
geschehen wird.

 
   
                   Ich mache mich doch anheischig, das Regelverzeichnis unserer Sprache aufzustellen: Was soll ich nun in einem Fall, wie dem des Begriffes “Pflanze”, tun?
                   Soll ich sagen, dass für diesen und diesen Fall keine Regel aufgestellt ist? Gewiss, wenn es sich so verhält. Soll ich aber also sagen, es g[i|ä]b[t|e] kein Regelverzeichnis unserer Sprache und das ganze Unternehmen, eins aufzustellen, ist Unsinn? – Aber ist ja klar, dass es nicht [U|u]nsinnig ist, denn wir stellen ja mit Erfolg Regeln auf, und wir müssen uns nur enthalten, Dogmen aufzustellen. (Was ist das Wesen eines Dogmas? Besteht es nicht darin, naturnotwendige Sätze über alle möglichen Regeln zu behaupten? // Ist es nicht die Behauptung eines naturnotwendigen Satzes über alle möglichen Regeln? // )

 
   
                   “Ich weiss, was eine Pflanze ist, kann es aber nicht sagen”. Hat dieses Wissen die Multiplizität eines Satzes, der nur nicht ausgesprochen wurde? So dass, wenn der Satz ausgesprochen würde, ich ihn als den Ausdruck meines Wissens anerkennen würde? – Ist es nicht vielmehr wahr, dass jede exakte Definition als Ausdruck unseres Verstehens abgelehnt werde[h|n] müsste? D.h., würden wir nicht von so einer sagen müssen, sie bestimme zwar einen, dem unseren verwandten, Begriff, aber nicht diesen selbst. Und die Verwandtschaft sei etwa die, zweier Bilder, deren eines aus unscharf
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begrenzten Farbflecken, das andere aus ähnlich geformten und verteilten, aber scharf begrenzten, bestünde. Die Verwandtschaft wäre dann ebenso unleugbar, wie die Verschiedenheit.

 
   
                   Die Frage ist nun: kannst Du bei dem ersten Bild auch von Flekken reden? Gewiss, nur in einem anderen, aber verwandten, Sinn.

 
   
                   Das heisst: die unscharfen Grenzen gehören zu meinem Begriff der Pflanze, so wie er jetzt ist, d.h. so, wie ich dieses Wort jetzt gebrauche, und es charakterisiert diesen Begriff, dass ich z.B. sage: ich habe darüber keine Bestimmung getroffen, ob dieses Ding eine Pflanze heissen soll oder nicht.

 
   
                   Es scheint mir hier aber auch eine falsche Verwendung des Wortes “unscharf” vorzuliegen, in einem Fall nämlich, wo kein “scharf” denkbar ist. – So, als wendete man diesen Begriff aus der farbigen euklidischen Ebene genommen, auf den Gesichtsraum an. –

 
   
                   Die Erfahrung ([D|d]er Begriff der Erfahrung) scheint (uns) von völligem Dunkel begrenzt.
                   Aber auch Schwarz ist eine Farbe, und wenn eine Farbe gegen Schwarz abgegrenzt ist, so durch eine Farbgrenze, wie jede andre.

 
   
                   Es verhält sich doch mit dem Begriff ‘Pflanze’ ähnlich, wie mit dem der Eiförmigkeit, wie wir sie im gewöhnlichen Leben meinen. Die Grenzen dieses Begriffs sind nicht scharf bestimmt und wir würden z.B. ein Osterei von dieser Form nicht als solches gelten lassen und doch nicht sagen können, bei welchem Verhältnis der Länge und Breite etwas anfängt, ein Osterei zu sein. Ja, wenn Einer nun ein solches Verhältnis angäbe, was es auch sei, so könnten wir es nicht als die rich-
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tige Begrenzung unseres Begriffs anerkennen. Sondern wir müssten entweder sagen: nein, das nenne ich kein Osterei, es ist zu schlank, oder zu dick etc., oder: ja, das ist auch ein Osterei, aber der Grenzfall ist es nicht gerade. Diesen gibt es eben nicht in unserm Kalkül und wer einen Grenzfall einführt, führt einen andern Kalkül ein.

 
   
                   Ist nun aber etwa eine Verschwommenheit in den Regeln dieses Kalküls?
Oder
Und
ist eine solche Verschwommenheit überhaupt denkbar?
                   Oder ist dies schon wieder eine der sinnlosen Fragen über alle möglichen Kalküle?

 
   
                   Denken wir uns die Erklärung des Begriffs der Pflanze. Wir zeigen jemand mehrere Gegenstände und sagen, das sind Pflanzen. Dann zeigt auch er auf einen weiteren Gegenstand und sagt “ist auch das eine Pflanze” und wir antworten “ja, das auch”, u.s.w.. Ich hätte nun einmal gesagt, er habe nun in dem Gezeigten den Begriff ‘Pflanze’ – das gewisse Gemeinsame – gesehen und er
sehe
sähe
die Beispiele der Erklärung anders, wenn er in ihnen eben diesen Begriff sieht als, wenn er sie etwa als Repräsentanten dieser bestimmten
Gestalt
Form
und Farbe allein auffasse. (So wie ich auch sagte, er sähe die in der Variablen, wenn er sie als solche versteht, etwas, was er im Zeichen für den besonderen Fall nicht sieht.) Aber der Gedanke des ‘darin Sehens’ ist von dem Fall hergenommen, wo ich z.B. die Figur !!!! verschieden ‘phrasiert’ sehe. Aber dann sehe ich eben in einem andern Sinn wirklich verschiedene Figuren und, was diese gemein haben, ist ausser ihrer Aehnlichkeit die Verursachung durch das gleiche physikalische Bild.
                   Aber diese Erklärung ist doch nicht ohneweiteres auf den Fall des Verstehens der Variablen oder der Beispiele für den Begriff ‘Pflanze’ anzuwenden. Denn angenommen, wir hätten wirklich etwas anderes in ihm ihnen gesehen, als in Pflanzen, die nur um ihrer selbst willen gezeigt wurden, so ist die Frage, kann denn dieses oder irgendein anderes Bild uns zu der
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Anwendung als Variablen berechtigen? Ich hätte Einem also die Pflanzen zur Erklärung zeigen können und ihm dazu einen Trank gegeben, durch den es verursacht wird, dass er die Beispiele in der bestimmten Weise sieht. (Wie es möglich wäre, dass ein Alkoholisierter eine Gruppe !!!! immer als !!! ! sieht.) Und damit wäre die Erklärung des Begriffs in eindeutiger Weise gegeben und wer sie verstanden hat, hätte von den vorgezeigten Specimina und den begleitenden Gesten dieses Bild empfangen. So ist es aber doch nicht. – Es ist nämlich wohl möglich, dass der, welcher z.B. das Zeichen !!!!!! für als Zahlzeichen für die 6 sieht, es anders sieht (etwas anderes darin sieht) als der, welcher es nur als Zeichen für “einige” auffasst, weil er seine Aufmerksamkeit nicht auf das Gleiche richten wird; aber es kommt dann auf das System von Regeln an, die von diesen Zeichen gelten und das Verstehen wird wesentlich kein Sehen des Zeichens in gewisser Weise sein.

 
   
                   Es wäre also möglich, zu sagen ‘jetzt sehe ich das nicht mehr als Rose, sondern nur noch als Pflanze’!
                   Oder: “Jetzt sehe ich es nur als Rose, nicht mehr als diese Rose”.
                   “Ich sehe den Fleck nur noch im Quadrat, aber nicht mehr in einer bestimmten Lage”.

 
   
                   Der seelische Vorgang des Verstehens interessiert uns eben gar nicht. (So wenig, wie der einer Intuition.)

 
   
                   “Es ist doch gar kein Zweifel, dass der, welcher die Beispiele als beliebige Fälle zur Veranschaulichung des Begriffs versteht, etwas andres versteht, als der, welcher sie als bestimmt begrenzte Aufzählung auffasst”. Sehr richtig, aber was versteht der erste also, was der
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zweite nicht versteht? Nun, er sieht eben nur Beispiele in den vorgezeigten Dingen, die nur gewisse Züge aufzeigen // aufweisen // sollen, aber er meint nicht, dass ich ihm im Uebrigen diese Dinge um ihrer selbst willen zeige. –

 
   
                   Ich möchte die eine Aufzählung // Klasse // ‘logisch begrenzt’ die andere ‘logisch nicht begrenzt’ nennen.

 
   
                   Ja, aber ist es denn so, dass er nun tatsächlich nur diese Züge an den Dingen sieht? Etwa
am
wir
Blatt nur das, was allen Blättern gemeinsam ist? Das wäre so, als sähe er alles übrige “in blanco”. Also gleichsam ein unausge[v|f]ülltes Formular, in dem die wesentlichen Züge vorgedruckt sind. (Aber die Funktion “f( … )” ist ja so ein Formular.)

 
   
                   Aber was ist denn das für ein Prozess, wenn mir Einer mehrere verschiedene Dinge als Beispiele eines Begriffes // für einen Begriff // zeigt, um mich darauf zu führen, das Gemeinsame in ihnen zu sehen; und wenn ich es nun suche und wirklich sehe? // ˇes suche und nun wirklich sehe? // Er kann mich auch auf das Gemeinsame aufmerksam machen. – Bringt er aber dadurch hervor, dass ich den Gegenstand anders sehe? Vielleicht auch, denn ich kann jedenfalls besonders auf einen seiner Teile schauen, während ich sonst ˇetwa alle gleichmässig deutlich gesehen hätte. Aber dieses Sehen ist nicht das Verstehen des Begriffs. Denn wir sehen nicht etwas mit einer leeren Argumentstelle.

 
   
                   “Such' aus diesen Federstielen die so geformten heraus”. ‒ ‒ “Ich wusste nicht, ob Du diesen auch noch dazu rechnest”.

 
   
                   Man könnte auch fragen: Sieht der, welcher das Zeichen “!!! … ”
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als Zeichen des Zahlbegriffs (im Gegensatz zu “!!!”, welches 3 bezeichnen soll) auffasst, jene erste Gruppe von Strichen anders, als die zweite? Aber auch wenn er sie anders – gleichsam, vielleicht, verschwommener – sieht, sieht er da etwas das Wesentliche des Zahlbegriffs? Hiesse das nicht, dass er dann “!!! … ” und “!!!! … ” tatsächlich nicht voneinander müsste unterscheiden können? (Wenn ich ihm (nämlich) etwa den Trank eingegeben hätte, der ihn den Begriff sehen
lässt
macht
.)

 
   
                   Denn wenn ich sage: Er bewirkt dadurch, dass er uns mehrere Beispiele zeigt, dass wir das Gemeinsame in ihnen sehen und von dem Uebrigen absehen, so heisst das eigentlich, dass das Ueübrige in den Hintergrund tritt, also gleichsam blasser wird (und warum soll es dann nicht ganz verschwinden) und “das Gemeinsame”, etwa die Eiförmigkeit, allein im Vordergrund bleibt.
                   Aber so ist es nicht. Uebrigens wären die mehreren Beispiele nur ein technisches Hilfsmittel, und wenn ich einmal das Gewünschte gesehen hätte, so könnte ich's auch in einem Beispiel sehen. (Wie ja auch ‘(Ex)fx’ nur ein Beispiel enthält.)

 
   
                   Es sind also die Regeln, die von dem Beispiel gelten, die es zum Beispiel machen. –

 
   
                   Nun genügt aber doch heute jedenfalls das blosse Begriffswort ohne eine Illustration, um sich mit mir zu verständigen // sich mir verständlich zu machen // (und die Geschichte des Verständnisses interessiert uns ja nicht) z.B., wenn mir Einer sagt “forme ein Ei”; und ich will doch nicht sagen, dass ich etwa dabei den Begriff des Ei's vor meinem inneren Aug sehe, wenn ich diesen Befehl (und das Wort “Ei”) verstehe.
                   Wenn wir eine Anwendung des Begriffes ‘Ei’ oder ‘Pflanze’ machen, so schwebt uns gewiss nicht vorerst ein allgemeines Bild vor, oder
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bei dem Hören des Wortes “Pflanze” das Bild des bestimmten Gegenstandes, den ich dann als eine Pflanze bezeichne. Sondern ich mache die Anwendung sozusagen spontan. Dennoch gibt es eine Anwendung, von der ich sagen würde: nein, das habe ich unter ‘Pflanze’ nicht gemeint; oder anderseits “ja, das habe ich auch gemeint”. Aber heisst das, dass mir diese Bilder vorgeschwebt haben // vorschwebten // und ich sie in meinem Geist ausdrücklich abgewiesen und zugelassen habe? – Und doch hat es diesen Anschein, wenn ich sage: “ja, das und das und das habe ich alles gemeint, aber das nicht”. Man könnte aber fragen: ja, hast Du denn alle diese Fälle vorausgesehen? und die Antwort würde dann lauten “ja”, oder “nein, aber ich dachte mir, es solle etwas zwischen dieser und dieser Form sein”, oder dergleichen. Meistens aber habe ich in diesem Moment gar keine Grenzen gezogen und diese ergeben sich nur auf einem Umweg durch eine Ueberlegung. Ich sage z.B. “bring' mir noch eine ungefähr so grosse Blume” und er bringt eine und ich sage: [J|j]a, so eine habe ich gemeint. So erinnere ich mich vielleicht an ein Bild, was mir vorschwebte, aber aus diesem geht nicht hervor, dass auch die herbeigebrachte Blume noch zulässig ist. Sondern hier wende ich eben jenes Bild an. Und diese Anwendung war nicht anticipiert worden.

 
   
                    / Wer aufgefordert würde, das Gesichtsfeld zu malen und es im Ernst versuchte, würde bald sehen, dass es unmöglich ist. /

 
   
                   Eines möchte ich immer sagen, um den Unterschied der Fälle, ˇzu erklären die als Beispiele für einen Begriff beigebracht werden, von denen, die in der Grammatik eine bestimmte abgeschlossene Gruppe bilden. Wird nämlich zuerst erklärt “a, b, c, d sind Bücher. – Nun bringe mir ein Buch” und er bringt eines, das von allen gezeigten verschieden ist, so kann dennoch
gesagt
erklärt
werden, er habe ganz richtig nach der aufgestellten Regel gehandelt. Hätte es aber geheissen “a, b, c, d sind meine Bücher. – Bringe mir eines von meinen
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Büchern”, so wäre es falsch gewesen, überhaupt ein fünftes // weiteres // zu bringen und die Antwort hätte gelautet: Ich habe Dir doch gesagt, dass a, b, c, d meine Bücher sind. Im ersten Fall handelt der der Regel nicht zuwider, der einen anderen Gegenstand bringt, als die in der Regel genannten, im zweiten Fall würde er dadurch der Regel zuwider/handeln. Wenn Du aber auch nur a, b, c, d im Befehl nanntest, aber die Handlung f(E f(e) als Befolgung des Befehls ansahst, heisst das nicht, dass Du mit F(a, b, c, d … ) doch F(a, b, c, d, e) meintest? Oder, wie unterscheiden sich diese Befehle, wenn sie doch von dem Selben befolgt werden? – Ja, aber es hätte ja auch f(g) mit dem Befehl übereingestimmt und nicht nur f(e). – Gut, dann meintest Du eben mit dem ersten Befehl: F(a, b, c, d, e, g). u.s.f. Was immer Du mir bringst, ich hätte es doch in einer Disjunktion einschliessen können. Wenn wir also eine Disjunktion aller von uns tatsächlich gebrauchten Fälle konstruieren, wie würde sich die syn[c|t]aktisch von dem allgemeinen Satz unterscheiden? Denn wir dürfen nun nicht sagen
:
;
; dadurch, dass der allgemeine Satz auch noch durch r (das nicht in der Disjunktion steht) wahr gemacht wird. Denn dadurch unterscheidet sich der allgemeine Satz nicht von einer Disjunktion, die r enthält. (Und also ist auch jede andere ähnliche Antwort unmöglich.) Wohl aber wird es einen Sinn haben, zu sagen: F(a, b, c, d, e) ist die Disjunktion aller tatsächlich von uns gebrauchten Fälle, aber auch andere Fälle (es wird natürlich keiner erwähnt) machen den allgemeinen Satz “F(a, b, c, d, … )” wahr. Während man hierin natürlich nicht den allgemeinen Satz für F(a, b, c, d, e) einsetzen kann.

 
   
                   Es ist übrigens hier gerade wichtig, dass die Parenthese im vorigen Satz “und also ist auch jede andere ähnliche Antwort unmöglich” ein Unsinn // unsinnig // ist, weil man zwar verschiedene besondere Fälle als Beispiele einer Allgemeinheit geben // angeben // kann, aber nicht verschiedene Variable, da die Variablen r, s, t sich ihrer Bedeutung nach nicht unterschieden.

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                   Darf ich nicht sagen: Wer auf den Befehl “F(a, b, c … )” f(d) tut, richtet sich auf andere Weise nach dem Befehl, als wer f(d) auf “F(a, b, c, d” tut? – Denn nicht darum handelt es sich, dass in einem Kalkül “F(a, b, c, … )” “F(a, b, c, d)” bedeuten kann (d.h., in den Regeln so definiert ist), sondern, dass es in unserem Kalkül nicht so definiert ist. – Nun könnte man aber fragen: kommt denn das nicht
so einer
dieser
Definition gleich, dass ich bestimme, f(d) solle F(a, b, c, … ) befriedigen und gleicher[W|w]eise F(a, b, c, d)? Denn ich hatte ja doch die Befolgung durch f(d) voraussehen können und (zum Voraus) bestimmen, dass f(d) F(a, b, c … ) befriedigt; und kommt das nicht auf eine Definition des F(a, b, c … ) hinaus?
                   Der Prozess wäre dann der, dass statt des allgemeinen Satzes F(E) zuerst F(E) V f(a) dann F(E) V f(a) V f(b) dann F(E) V f(a) V f(b) V V f(c) gesetzt würde u.s.w. bis endlich das F(E) überflüssig wäre. Wir weigern uns aber // Nun weigern wir uns aber // eine Disjunktion als Ersatz des allgemeinen Satzes anzuerkennen. (Es gibt freilich eine empirisch bestimmte Disjunktion physikalischer Gegenstände, deren Unterschied wir nicht mehr wahrnehmen können.) Also kommen wir nie dazu, das F(E) aus der Disjunktion weglassen zu können.
                   Man könnte dann freilich nicht sagen, wir befolgen F(E) anders, wenn wir f(d) tun, als eine Disjunktion,
in welcher
worin
f(d) vorkommt, denn F(E) = F(E)Vf(d). Wem der Befehl gegeben wird “hole mir irgend eine Pflanze, oder diese” (von welcher ihm ein Bild mitgegeben wird), der wird dieses Bild ruhig beiseite legen und sich sagen “da es irgend eine [g|t]ut, so geht mich dieses Bild nichts an”. Dagegen werden wir das Bild nicht einfach beiseite legen dürfen, wenn es uns mit fünf anderen gegeben wurde und der Befehl lautete, eine von diesen sechs Pflanzen zu bringen. (Es kommt also darauf an, in welcher Disjunktion sich der besondere Befehl befindet.) Und nach dem Befehl “f(a) V f(b) V f(c)” wird man sich anders richten, als nach dem Befehl “f(E)” ( = f(E) V f(c)) auch wenn man jedes
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Mal f(c) tut. – Das Bild f(c) geht in f(E) unter. (Und es hilft uns ja nichts in einem Kahn zu sitzen, wenn wir mitsamt ihm unter Wasser sind und sinken.) Man möchte (uns) sagen: Wenn Du auf den Befehl “f(E)” f(e) tust, so hätte Dir ja auch f(c) ausdrücklich erlaubt sein können, und wie hätte sich dann der allgemeine Befehl von einer Disjunktion unterschieden? – Aber auf diese Erlaubnis hättest Du Dich eben, in der Disjunktion mit dem allgemeinen Satz, gar nicht stützen können.
 
   
                   Ist es also so, dass der Befehl “bringe mir eine Blume” nie durch den Befehl ersetzt werden kann von der Form “bringe mir a oder b oder c”, sondern [I|i]mmer lauten muss “bringe mir a oder b oder c, oder eine andere Blume”?
                   Aber warum tut der allgemeine Satz so unbestimmt, wenn ich ja doch jeden Fall, der wirklich eintritt, auch im Voraus hätte beschrei[eb|be]n können?
                   Aber eine Aufzählung ist ja wohl die vollständigste, die ich geben kann – in irgend einem Sinne vollständig, etwa die Aufzählung aller besonderen Fälle, die mir vorgekommen sind – und auch nach ihr wird das “oder eine andere” seinen Sinn behalten.
                   Aber auch das scheint mir noch nicht den wichtigsten Punkt dieser Sache zu treffen. Weil es, wie ich glaube, nicht eigentlich auf die Unendlichkeit der Möglichkeiten ankommt, sondern auf eine Art von Unbestimmtheit. Ja, gefragt, wieviele Möglichkeiten es denn für einen Kreis im Gesichtsfeld gäbe, innerhalb eines bestimmten Vierecks zu liegen, könnte ich weder eine endliche Anzahl nennen, noch sagen, es gäbe unendlich viele (wie in der euklidischen Ebene). S[i|o]ndern wir kommen hier zwar nie zu einem Ende, aber die Reihe ist nicht endlos im Sinne von /1, x, x + 1/.
                   Sondern, kein Ende, zu dem wir kommen, ist wesentlich das Ende. Das heisst, ich könnte immer sagen: ich seh' nicht ein, warum das alle Möglichkeiten sein sollen. – Und das heisst doch wohl, dass es sinnlos ist, von “allen Möglichkeiten” zu sprechen. Der Begriff ‘Pflanze’ und ‘Ei’ wird also von der Aufzählung gar nicht angetastet.

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                   Würde fa darum im fE untergehen, weil dieses schon eine Disjunktion wäre, so würde eine Disjunktion der Art fE V fa V fb V fc gleich sein fa V fb V fc. Wirklich aber liegt es in der
Bedeutung
Natur
des Fe, dass das nicht eintritt.
                   Wenn wir auch sagen, wir hätten die besondere Befolgung fa immer als möglich voraussehen können, so haben wir dies doch in Wirklichkeit nie getan. – Aber selbst, wenn ich die Möglichkeit fa vorhersehe und ausdrücklich in meinen Befehl aufnehme, so verliert sie sich neben dem allgemeinen Satz und zwar, weil ich eben aus dem allgemeinen Satz ersehe, dass dieser besondere Fall erlaubt ist, und nicht einfach daraus, dass er im Befehl als erlaubt festgesetzt ist. Denn, steht der allge[,|m]eine Satz da, so nützt mir das Hinzusetzen des besonderen Falles nichts mehr (d.h. es macht den Befehl nicht expliziter). Den nur aus dem allgemeinen Satz leite ich ja die Rechtfertigung her, diesen besonderen Fall, neben ihn zu setzen. Man könnte nämlich glauben, und darauf geht ja meine ganze Argumentation aus, dass durch das Hinzusetzen des besonderen Falles die – gleichsam verschwommene – [a|A]llgemeinheit des Satzes aufgehoben wird. Man könnte sagen: // ; dass man sagen könnte // “jetzt brauchen wir sie nicht mehr, wir haben ja hier den bestimmten Fall”. Ja, aber wenn ich doch zugebe, dass ich den besonderen Fall darum hierhersetze, weil er mit dem allgemeinen Satz übereinstimmt! Oder, dass ich doch anerkenne, dass fa ein besonderer Fall von fE ist! Denn nun kann ich nicht sagen: das
heisst
beweist
eben, dass fE eine Disjunktion ist, deren ein Glied fa ist. Denn wenn dies so ist, so muss sich diese Disjunktion angeben lassen. fE muss dann als eine Disjunktion definiert sein. Eine solche Definition wäre auch ohne weiteres zu geben, sie entspräche aber nicht dem Gebrauch von fE, den wir meinen. Nicht so, dass die Disjunktion
immer noch
noch immer
etwas übrig lässt; sondern, dass sie das Wesentl[c|i]che der Allgemeinheit gar nicht berührt, ja, wenn man sie dieser beifügt, ihrer Rechtfertigung erst von dem allgemeinen Satz
bezieht.
nimmt.


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                   Ich befehle zuerst fE; er befolgt den Befehl den Befehl und tut fa. Nun denke ich, ich hätte ihm ja gleich den Befehl fe “fE V fa” geben können. (Denn, dass fa den Befehl fE befolgt, wusste ich ja früher und es kam ja auf dasselbe hinaus, ihm fE V fa zu befehlen.) Und dann hätte er sich also bei der Befolgung nach
einer
der
Disjunktion “tue Eines oder fa” gerichtet. Und ist es, wenn er den Befehl durch fa befolgt, nicht gleichgültig, was in Disjunktion mit fa steht? Wenn er auf jeden Fall fa tut, so ist ja doch der Befehl befolgt, was immer die Alternative ist.
                   Ich möchte auch sagen: In der Grammatik ist nichts nachträglich, keine Bestimmung nac nach einer anderen, sondern alles ist zugleich da.
                   Insofern kann ich also (auch) nicht sagen, ich habe zuerst den Befehl fE gegeben und bin dann erst drauf-gekommen, dass fa ein Fall von fE ist; jedenfalls aber war und blieb mein Befehl fE, und fa setzte ich dazu wissend // in der Erkenntnis // , dass fa mit fE übereinstimmt. Und diese Bestimmung, dass fa mit fE übereinstimmt, setzt doch eben den Sinn des Satzes fE voeraus, wenn er überhaupt selbständig festgehalten wird, und nicht erklärt wird, er sei durch eine Disjunktion zu ersetzen. Und mein Satz “jedenfalls war und blieb aber mein Befehl fE u.s.w.” hiess nur, dass ich den allgemeinen Befehl nac nicht durch eine Disjunktion ersetzt hatte.
 
   
                   Man kann sich nun denken, dass ich einen Befehl p V fa geben und der [a|A]ndere den ersten Teil des Befehls nicht deutlich versteht, wohl aber, dass der Befehl “ … V fa” lautet. E[s|r] könnte dann fa tun und sagen “ich weiss gewiss, dass ich den Befehl befolgt habe, wenn ich auch den ersten Teil n[o|i]cht verstanden habe”. So nun denke ich es mir auch, wenn ich sage, es käme ja auf die andere Alternative nicht an. Aber dann hat er doch nicht den gegebenen Befehl befolgt, sondern ihn als “fa!” aufgefasst. // als Befehl fa aufgefasst. // Man könnte fragen: Hat der, welcher auf den Befehl “fE V fa” fa tut, den Befehl darum (d.h. insofern) befolgt, weil der Befehl von der Form x V
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weil der Befehl von der Form x V fa ist, oder darum, weil der fE V fa = fE ist? Wer fE versteht, also weiss, dass fE V fa = fE ist, der befolgt durch fa fE, auch wenn ich es “fE V fa” schreibe, weil er ja doch sieht, dass fa ein Fall von fE ist. – Und nun kann man uns entgegenhalten: Wenn er sieht, dass fa ein Fall von fE ist, so heisst das ja doch, dass fa disjunktiv in fE enthalten ist, dass also fE mit Hilfe von fa definiert ist! Und – muss er jetzt wei[e|t]er/sagen – die übrigen Teile der Disjunktion gehen mich eben nichts an, wenn die Glieder, die ich sehe, alle sind, die ich jetzt brauche. “Du hast eben mit der Erklärung ‘dass fa ein Fall von fE ist’ nichts weiter gesagt, als dass fa in fE vorkommt, und noch andere Glieder.” – Aber gerade das meinen wir nicht. Und es ist nicht so, als hätten wir d durch unsere Bestimmung fE
unvollkommen
unvollständig
definiert. Denn dann wäre ja eine vollständige Definition möglich. Und es wäre diejenige Disjunktion, nach welcher das angehängte “ V fE” gleichsam lächerlich wäre, weil ja doch nur die
aufgezählten
genannten
Fälle für uns in Betracht kämen. Wie wir aber fE auffassen, ist die Bestimmung, dass fa ein Fall von fE ist, keine unvollkommene, sondern gar/keine Definition von fE. Ich nähere mich also auch nicht dem Sinn von fE, wenn ich die Disjunktion der Fälle vermehre; die Disjunktion der Fälle V fE ist zwar gleich fE, aber niemals gleich der Disjunktion der Fälle, sondern ein ganz anderer Satz.

 
   
                   Auf keinem Umweg kann, was über eine Aufzählung von Einzelfällen gesagt
wird
ist
, die Erklärung der Allgemeinheit
sein
ergeben.


 
   
                   Statt “Bildnis des Herrn N.N.” könnte die Aufschrift des Bildes auch sein: “ein solcher Mensch ist jetzt dort und dort zu sehen”. Und hier würde man klarer sehen, wie sich die Ueberschri[g|f]t auf jetzt und hier bezieht.

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                    Das Gemälde, die Krönung Napoleons darstellend, ohne die Ueberschrift, entspräche ganz einer fiktiven Beschreibung.

 
   
                   “Ich stelle mir die Sonne vor” ist Bild und Ueberschrift.

 
   
                   Ich richte mich nach seinen Worten und Gebärden.
                   Die Gebärden müssen als Grundlage des Kalküls dienen, wie immer d[er|ie]ser Kalkül auch ausgeführt werden mag.

 
   
                   Ist nun nicht mein Ausdruck, dass der Satz ein Bild ist, ein schiefer Ausdruck, der eine gewisse Analogie zu weit treibt?

 
   
                   Nicht das ist wahr, dass, was ich sage // wir sagen // , nur für eine “ideale Sprache” gilt (oder Geltung hätte); wohl aber kann man sagen, dass wir eine ideale Sprache konstruieren, in die aber dann alles übersetzbar ist, was
in unidealen
in den anderen
Sprachen gesagt werden kann.

 
   
                   Was ist denn die “gegenwärtige Situation”? Nun, dass das und das der Fall ist. Nicht: “dass das und das jetzt der Fall ist”.

 
   
                   “Jetzt” ist ein Wort. Wozu brauche ich dieses Wort? ‘Jetzt’ – im Gegensatz wozu? – Im Gegensatz zu ‘in einer Stunde’, ‘vor 5 Minuten’, etc. etc.
                   “Jetzt” bezeichnet kein System, sondern gehört zu einem System. “Jetzt” bezeichnet kein System, sondern gehört zu einem System. Es wirkt nicht magisch; wie auch sonst kein Wort.

 
   
                   Wenn die Sprache sich mit dem Gelde vergleichen lässt, an dem an und für sich nichts liegt, sondern das nur indirekt von Bedeutung ist,
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weil man
mit ihm
damit
Gegenstände kaufen kann, die für uns Bedeutung haben; so kann man sagen // so möchte man vielle[o|i]cht sagen // , dass hier beim Gebrauch der Wörter “ich”, “hier”, “jetzt”, etc. der Tauschhandel in den G Geldhandel eintritt. (﹖)

 
   
                   Es ist klar, dass, wer einen Plan macht, ein Bild macht.
                   Aber es gibt noch etwas anderes: Wenn er nämlich auf den Plan und die Wirklichkeit Orientierungszeichen macht.

 
   
                   Erklärung der Sprache, z.B. des Planes durch Vormachen des Gebrauches in einem bestimmten Fall: aber dieses Vormachen interessiert uns nicht, soweit es Ursache des richtige[h|n] Nachahmens ist, sondern, soweit es (nachträglich) als Erklärung gedeutet werden kann.

 
   
                   Das, was “particular” ist, ist das Ereignis. Das Ereignis, das durch die Worte beschrieben wird, “heute hat es geregnet” und am nächsten Tag durch “gestern hat es geregnet”.

 
   
                   (Scheinbare Konsequenz, wenn [e|E]iner heute verspricht “morgen werde ich Dich besuchen” und dieses Versprechen am nächsten Tag wörtlich wiederholt.).

 
   
                   Bild und Wirklichkeit müssen ein System geben. Sow[o|i]e das Resultat der Rechnung und die ganze übrige Rechnung.

 
   
                   Wenn wir eine Abbildung vormachen, so geht es uns nicht an, ob dies Vormachen die Wirkung hat, dass es richtig nachgemacht wird, sondern uns interessiert nur, was geschieht, wenn das Beispiel richtig verstanden wird.

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                    Was uns interessiert ist nur die exakte Beziehung des Beispiels zum Folgen // zu dem [d|D]anachhandeln // .

 
   
                    / Die Philosophie hat es in demselben Sinn mit Kalküllen zu [g|t]un, wie sie es mit Gedanken zu tun hat (oder mit Sätzen und Sprachen). Hätte sie's aber wesentlich mit dem Begriff des Kalküls zu tun, also mit dem Begriff des Kalküls vor allen Kalküllen, so gäbe es eine Metaphilosophie. Und die gibt es nicht. (Man könnte alles, was wir zu sagen haben, so darstellen, dass das als ein [e|l]eitender Gedanke erschiene.) /

 
   
                   Es wird aus dem Beispiel heraus wieder kalkuliert.

 
   
                   Beispiele sind ordentliche Zeichen, nicht Abfall, nicht Beeinflussung.

 
   
                   Denn uns interessiert nur die Geometrie des Mechanismus. (das heisst doch, die Grammatik seiner Beschreibung.)

 
   
                   Die Bedeutung ist eine Festsetzung, nicht Erfahrung. Und damit nicht Kausalität.

 
   
                   Das Exakte ist die interne Beziehung.

 
   
                   Das Zeichen, soweit es suggeriert, also soweit es wirkt[m|,] interessiert uns gar/nicht.
                   Es i[j|n]teressiert uns nur als Zug in einem Spiel: hier ist das Satzzeichen gemeint Glied in einem System, das selbständig ist. // ; das seine Bedeutung in sich selbst hat // … , das selbstbedeutend ist //

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                    Der Unterschied der Wortarten ist immer wie der Unterschied der Spielfigu[er|re]n, oder, wie der noch grössere, einer Spielfigur und des Schachbrettes.

 
   
                   Der Name “Napoleon” hat nur Sinn als Zeichen eines Kalküls (wie jeder Name).
                   Das System ist hier z.B. das, dass dieser Name, der über verschiedenen B[o|i]ldern stehen könnte und über einem steht.

 
   
                   Was das Zeichen suggeriert, findet man durch Erfahrung. Es ist die Erfahrung, die uns lehrt, welche Zeichen am seltensten missverstanden werden.

 
   
                   Es muss uns klar sein, dass der Zusammenhang unseres Gedankens mit Napoleon nur durch diesen selbst und durch kein Bild (Vorstellung, etc.) und sei es noch so ähnlich, gemacht werden kann. Anderseits aber ist Napoleon für uns in seiner Abwesenheit nicht weniger enthalten, als in seiner Anwesenheit.

 
   
                   “Aber der Gedanke an Napoleon muss doch mit Napoleon etwas zu tun haben”. Gewiss, und er muss das enthalten, dessen Existenz nicht zweifelhaft ist.

 
   
Und das muss den Wörtern entsprechen, dessen Existenz nicht zweifelhaft ist.

 
   
                   Wer Grün einen Gegenstand nennt, muss sagen, dass dieser Gegenstand im Symbolismus vorkommt. Den sonst wäre der Sinn des Symbolismus, also, dass es ein Symbolismus ist, nicht gewährleistet.

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                   Das stösst natürlich den ganzen Begriff vom Gegenstand um! Und mit Recht. ‘Gegenstand’ darf nicht rot, links, viel, etc. sein, sondern nur der rote Fleck, der Tisch, etc. Will man sich mit diesen Dingen nicht abgeben, so ist es wohl besser, man gebraucht das Wort “Gegenstand” nicht.

 
   
                   Die Unbeholfenheit mit der das Zeichen wie ein Stummer durch allerlei stu suggestive Gebärden sich verständlich zu machen sucht, verschwindet, wenn wir erkennen, dass das Wesentliche am Zeichen das System ist, dem es zugehört und sein übriger Inhalt wegfällt.

 
   
                   Denken ist Pläne machen.
                   Wenn Du Pläne machst, so machst Duu einen Plan zum Unterschied von // im Gegensatz zu // andern Plänen.

 
   
                   Du machst diesen zum Unterschied von anderen. Und so charakterisiert das Zeichen, das Vorstellungsbild, den Plan. Im Gegensatz nämlich zu anderen Zeichen u[j|n]d Vorstellungsbildern.

 
   
                   Wir sind nicht im Bereiche der Erklärungen und jede Erklärung klingt für uns trivial.

 
   
                   Aber dieser Verzicht auf
jede
die
Erklärung macht es so schwer zu
sagen
fassen
, was der Gedanke eigentlich leistet.

 
   
                   Man kann sagen: Er rechnet auf Grund von Gegebenem und endet in einer Handlung.

 
   
                   Die Berechnung der Wandstärke eines Kessels und, der
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entsprechenden, Verfertigung ist ein sicheres Beispiel des Denkens. // … muss ein Beispiel des Denkens sein. //
// die Berechnung der Wandstärke eines Kessels und die dieser entsprechenden Verfertigung … //

 
   
                   Der Schritt, der von der Berechnung auf dem Papier zur Handlung führt, ist noch ein Schritt der Rechnung.

 
   
                   Wenn man sagt: “es muss der Mathematik wesentlich sein, dass sie angewandt werden kann”, so meint man, dass dieses Anwendbarkekeit // [a|A]nwendbarkeit // nicht die eines Stückes Holz ist, von dem ich sage “das werde ich zu dem und dem anwenden können”.

 
   
                   Wenn das Denken nicht in gewissem Sinne mechanisch – zwangsläufig – wäre, so wäre es nichts nütze.

 
   
                   “Der Plan besteht darin, dass ich mich das und das tun sehe”. Aber wie weiss ich, dass ich es bin. – Nun, ich bin es ja nicht, was ich sehe, sondern etwa ein Bild. Warum aber nenne ich es mein Bild? Nicht etwa, weil es mir ähnlich sieht.
                   “Woher weiss ich, dass ich es bin”: Das ist ein gutes Beispiel einer falsch angebrachten Frage. Die Frage hat nämlich Sinn, wenn es etwa heisst: Woher weiss ich, dass ich es bin, den ich da im Spiegel sehe. Und die Antwort gibt dann Merkmale, nach denen ich zu erkennen bin. –

 
   
                   Hiesse das nicht: Der Träger des Namens ist nicht seine Bedeutung?

 
   
                   Aber ist nicht N der Träger des Namens “N”? Und ist nicht N die Bedeutung von “N”?

70
 
   
                    Ist nicht “N ist tot” derselbe Satz wie “der Träger des Namens ‘N’ ist tot”?

 
   
                   Ist es aber nicht Unsinn zu sagen, N sei die Bedeutung des Namens “N”? Das hiesse doch wohl, dass ich statt des Wortes “N” in meiner Sprache die Worte “die Bedeutung von ‘N’” substituieren könnte. Und das ist jedenfalls ganz gegen den Gebrauch normalen Gebrauch dieses Ausdrucks.

 
   
                   Man kann sagen, dass die Worte “der Träger des Namens ‘N’” dieselbe Bedeutung haben wie der Name “N”, – also für einander eingesetzt werden können.

 
   
                   Aber heisst es nicht dasselbe, zu sagen “zwei Namen haben einen Träger” und “zwei Namen haben ein und dieselbe Bedeutung”? (Morgenstern, Abendstern, Venus.)

 
   
                   Wenn mit dem Satz “‘a’ und ‘b’ haben denselben Träger” gemeint ist: “der Träger von ‘a’” bedutet dasselbe wie “der Träger von ‘b’”, so ist alles in Ordnung, weil das dasselbe heisst wie a = b. Ist aber mit dem Träger von ‘a’ etwa der Mensch gemeint, von dem es sich feststellen lässt, dass er auf den Namen ‘a’ getauft ist;? oder der Mensch, der das Täfelchen mit dem Namen ‘a’ um den Hals trägt; etc., so ist es garnicht gesagt, dass ich mit ‘a’ diesen Menschen meine, und dass die Namen, die den gleichen Träger haben, dasselbe bedeuten.

 
   
                   Die Frage “woher weiss ich, dass ich das bin” oder richtiger “ … dass das mich vertritt” ist Unsinn, denn, dass es mich vertritt, ist meine (eigene) Bestimmung. Ja, ich könnte ebensogut fragen: “woher weiss ich, dass das Wort ‘ich’ mich vertritt”, dn meine Figur
71
im Bild war nur ein anderes Wort ‘ich’.

 
   
                   Wohl aber könnte man fragen “was hat denn der Name ‘a’ mit diesem Menschen zu tun”. Und die Antwort wäre: Nun, das ist a.

 
   
                   Aber zeigen wir nicht zur Erklärung der Bedeutung auf den Gegenstand, den der Name vertritt? Ja; aber dieser Gegenstand ist nicht die Bedeutung, obwohl sie durch das Zeigen auf diesen Gegenstand bestimmt wird.

 
   
                   “Diese Figur des Bildes bin ich” ist ein Uebereinkommen.

 
   
                   Ja, aber worin kommen wir überein? Welche Beziehung zwischen Zeichen und mir stellen wir her? Nun, nur die, die etwa durch das Zeigen mit der Hand oder das Umhängen eines Täfelchens besteht. Denn diese Relation ist nur durch das System bedeutungsvoll, dem sie angehört.

 
   
                   Es ist von der grössten Bedeutung, dass wir uns zu einem Kalkül der Logik immer ein Beispiel denken, auf
welches
das
der Kalkül wirklich angewandt wird, und nicht Beispiele, von denen wir sagen, sie seien eigentlich nicht die idealen, diese aber hätten wir nocht nicht. Das ist das Zeichen einer ganz falschen Auffassung. Kann ich den Klkül Kalkül überhaupt verwenden, dann ist
dies
das
auch die ideale Verwendung und die Verwendung, um die es sich handelt. Man geniert sich nämlich einerseits, das Beispiel als das eigentliche anzuerkennen, weil man in ihm noch eine Komplikation erkennt, auf die der Kalkül sich nicht bezieht; anderseits ist es doch das Urbild des Kalküls und er davon hergenommen, und auf eine geträumte Anwendung kann man nicht warten. Man muss sich also eingestehen, welches das eigentliche Urbild des Kalküls ist.

 
   
                   Das ist aber kein Eingeständnis – als habe man damit einen Fehler
72
begangen
gemacht
, den Kalkül von daher genommen zu haben, sondern der Fehler liegt darin, ihn jetzt in nebelhafter Weise anzuwenden, oder eine Anwendung zu versprechen. // … oder eine Anwendung in nebuloser Ferne zu versprechen. //

 
   
                   (So könnte Spengler besser verstanden werden, wenn er sagte: ich vergleiche verschiedene Kulturperioden dem Leben von Familien; innerhalb der Familie gibt es eine Familienähnlichkeit, während es auch zwischen Mitgliedern verschiedener Familien eine Aehnlichkeit gibt; die Familienähnlichkeit unterscheidet sich von der andern Aehnlichkeit so und so, etc.. Ich meine: das Vergleichsobjekt, der Gegenstand von welchem diese Betrachtungsweise abgezogen ist, muss uns angegeben werden, damit nicht in die Diskussion immer Ungerechtigkeiten einfliessen. Denn da wird dann alles, was für das Urbild der Betrachtung stim[,|m]t, nolens volens auch von dem Objekt, worauf wir die Betrachtung anwenden, behauptet; und behauptet “es müsse immer … ”.
                   Das kommt nun daher, dass man den Merkmalen des Urbilds einen Halt in der Betrachtung geben will. Da man aber Urbild und Objekt vermischt, dem Objekt dogmatisch beilegen muss, was nur das Urbild charakterisieren
soll
muss
. Anderseits glaubt man, die Betrachtung ermangle ja der // habe nicht die // Allgemeinheit, die man ihr geben will, wenn sie nur für den einen Fall wirklich stimmt. Aber das Urbild soll ja eben als solches hingestellt werden; dass es die ganze Betrachtung charakterisiert, ihre Form bestimmt. Es steht also an der Spitze und ist dadurch allgemein gültig, dass es die Form der Betrachtung bestimmt, nicht dadurch, dass alles, was nur von ihm gilt, von allen Objekten der Betrachtung ausgesagt wird.
                   Man möchte so bei allen übertriebenen, dogmatisierenden Behauptungen immer fragen: Was ist denn nun daran wirklich wahr. Oder auch: In
73
welchem Fall stimmt denn das nun wirklich.
                   Wer so dogmatisiert, weiss seinem Satz nicht den richtigen Platz zu geben. (Das ist so, als wollte ich, dass Einer Präsident bei einer Sitzung ist, wüsste aber nicht, wie ich ihn die richtige Stellung, das richtige Ansehen geben solle. Denn er kann nicht etwa statt jedes der Mitglieder sprechen, er kann nicht auf allen Stühlen sitzen; sondern nur auf einem, aber auf dem einen an der Spitze.) Was ich hier sage, ist eigentlich, was Boltzmann über die Stellung des mechanischen Modells, etwa in der Theorie der Elektrizität, sagt.)

 
   
                   Die Zuordnung von Gegenstand und Name ist keine andere, als die durch die Worte “das ist … ”. oder eine Tabelle erzeugte etc.. Sie ist ein Teil des Symbolismus. Es ist daher Unsinn zu sagen, die Beziehung [von|zwischen] Name und Gegenstand sei eine psychologische.

 
   
                   Das Denken ist eine fortlaufende Kalkulation.

 
   
                    / Wenn ich also auf einen Fleck zeige und als Worterklärung sage “das ist rot”, so hätte ich nicht sagen dürfen “das ist die Bedeutung des Wortes ‘rot’”. /

 
   
                   Dass mich das Feuer brennen wird, wenn ich die Hand hineinstecke: das ist Sicherheit.
                   D.h., da sehe ich, was Sicherheit bedeutet. (Nicht nur was das Wort “Sicherheit” bedeutet, sondern auch, was es mit ihr auf sich hat.)

 
   
                   Dass die Zahlenreihe unendlich ist, muss doch eine Bestimmung sein, nicht die Konstatierung einer Tatsache.

74
 
   
                    Darin hatte ich freilich recht, dass die unendliche Möglichkeit (z.B. unendliche Teilbarkeit) einer ganz anderen grammatischen Kathegorie angehört, als die endliche (Möglichkeit in 3 Teile zu teilen). Aber damit ist noch nicht die Grammatik des Wortes “unendlich” bestimmt.

 
   
                   Wenn ich z.B. sage “‘Kardinalzahlen’ nenne ich alles, was aus 1 durch fortgesetztes Addieren von 1 entsteht”, so vertritt das Wort “fortgesetzt” nicht eine nebelhafte Fortsetzung von 1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, vielmehr ist auch das Zeichen “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, … ” ganz exakt zu nehmen; als verschieden von “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1” anderen bestimmten Regeln unterworfen und nicht ein Ersatz // Vertreter // einer Reihe “die sich nicht hinschreiben lässt”.

 
   
                   Das heisst: mit dem Zeichen “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, … ” wird auch gerechnet, wie mit (den) Zahlzeichen, nur nach andern Regeln.

 
   
                   Was bildet man sich denn aber ein? Welchen Fehler macht man denn? Wofür hält man das Zeichen “1, 1 + 1, … ”? D.h.: wo kommt denn das wirklich vor, was man in diesem Zeichen zu sehen meint? Etwa, wenn ich sage, “er zählte 1, 2, 3, 4 und so weiter bis 1000”? wo es auch möglich wäre, wirklich alle Zahlen hinzuschreiben.

 
   
                   Als was sieht man denn “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, … ” an?
                   Als eine ungenaue Ausdrucksweise. Die Pünktchen sind so, wie weitere Zahlzeichen, die aber verschwommen sind. So, als hörte man auf, Zahlzeichen hinzuschreiben, weil man ja doch nicht alle hinschreiben kann, aber als seien sie allerdings, quasi in einer Kiste, vorhanden. // … aber als seien sie wohl, gleichsam in einer Kiste vorhanden. // Etwa auch, wie wenn ich von einer Melodie nur die ersten Töne deutlich singe und den Rest nur noch andeute und in Nichts auslaufen lasse. (Oder wenn man beim Schreiben von einem Wort nur wenige Buchstaben deutlich schreibt und mit einem unarti-
75
kulierten Strich endet.) Wodann dem ‘undeutlich’ ein ‘deutlich’ entspräche.

 
   
                   Es frägt sich auch, wo denn der Zahlbegriff (oder Begriff der Kardinalzahl) unbedingt gebraucht wird. Zahl, im Gegensatz wozu?
/1, x, x + 1/ wohl im Gegensatz zu /5, x √x/ u.s.w.. – Denn wenn ich so ein Zeichen (wie “/1, x, x + 1/”) wirklich einführe – und nicht nur als Luxus mitschleppe, so muss ich auch etwas mit ihm tun, d.h., es in einem Kalkül verwenden, und dann verliert es seine Alleinherrlichkeit und kommt in ein System ihm koordinierter Zeichen.

 
   
                   Man wird vielleicht sagen: aber ‘Kardinalzahl’ steht doch im Gegensatz zu ‘Rationalzahl’, ‘reelle Zahl’ etc.. Aber dieser Unterschied ist ein Unterschied der Regeln (de[n|r] von ihnen geltenden Spielregeln) – nicht einer, der Stellung auf dem Schachbrett – nicht ein Unterschied, für den man im selben Kalkül verschiedene koordinierte Worte braucht.

 
   
                   Wir sagen nicht, dass der Satz f(x), wenn f(1) gilt und aus f(c) f(c + 1) folgt, also für alle Kardinalzahlen wahr ist; sondern: “der Satz f(x) gilt für alle Kardinalzahlen” heisst “er gilt für x = 1 und f(c + 1) folgt aus f(c)”.
                   Und hier ist ja der Zusammenhang mit der Allgemeinheit in endlichen Bereichen ganz klar, denn eben das wäre in einem endlichen Bereich allerdings der Beweis dafür, dass f(x) für alle Werte von x gilt und eben das ist der Grund, warum wir auch im arithmetischen Falle sagen, f(x) gelte für alle Zahlen.

 
   
                   Wie aber weiss ich 28 + (45 + 17) = (28 + 45) + 17 ohne bewiesen zu haben? Wie kann mir ein allgemeiner Beweis einen besonderen Beweis schenken? Denn ich könnte doch den besonderen Beweis führen, und wie treffen sich da
76
die beiden Beweise, und wie, wenn sie nicht übereinstimmen?

 
   
                   Und wenn man nun fragt: ja, kann denn etwas anderes bei dem besondern Beweis herauskommen, als 28 + (45 + 17) = (28 + 45) + 17, so müsste ich antworten: freilich kann etwas anderes herauskommen (wenn dieses Herauskommen eine unabhängige Tatsache ist) aber, wenn etwas andres herauskommt, so werde ich sagen: ich habe mich verrechnet.

 
   
                   Aber wir würden doch sagen: der allgemeine Beweis zeigt schon, dass nichts anderes herauskommen kann.

 
   
                   Hier kommen wir wieder auf den Fall der Spirale, von der wir sagen, sie schneidet auf der Geraden, wenn sie so weiterläuft, immer das gleiche Stück a ab und kommt daher in weiteren drei Windungen nach A. Diesen Punkt könnte ich konstruieren, indem ich die Spirale bis A verlängere, aber auch, indem ich einfach a dreimal auf der Geraden abtrage. –

 
   
                   Aber so verhält es sich doch auch mit einem allgemeinen geometrischen Beweis // … allgemeinen Beweis in der Geometrie // ; etwa, dass der Winkel im Halbkreis ein Rechter ist. Ich nehme den Satz dann auch für einen andern Fall B an als bewiesen an; könnte ihn aber auch für diesen Fall ausdrücklich beweisen.

 
   
                   Zuerst ist es nötig, klar zu sehen, dass wir keine Tatsache beweisen. Denn, weil es sich in dem einen Fall so verhält – wie kann ich wissen, dass es sich in dem andern so verhält? Und ein ‘Sich so verhalten müssen’ gibt es nicht. Ist es nicht so, so kann man auch nichts machen. Nur was von uns abhängt, können wir im Voraus bestimmen.
                   Man möchte wohl sagen: Die selbe Konstruktion ist ein Beweis des geometrischen Satzes für das bestimmte Dreieck; wir können sie aber auch
77
allgemein meinen // auffassen // ; oder: wir können an ihr auch einsehen, dass das, was für dieses Dreieck gilt, für jedes andre auch gelten muss. – Aber worin besteht dieses “meinen” // “auffassen” // und das “einsehen”? Die psychologischen Prozesse kümmern uns ja nicht. “Das Dreieck steht eben hier für irgend ein Dreieck”. Aber worin besteht dieses “für etwas stehen”? Es handelt sich für uns eben wieder nur um den Ausdruck jener ‘Auffassung’, d.h. den Ausdruck dessen, was wir auffassen oder einsehen und den Ausdruck dafür, dass das Dreieck nur für sich selbst oder für alle Dreiecke steht. Der Kalkül muss (wieder) festgestellt werden.

 
   
                   Nicht seeli[che|sch]e Vorgänge interessieren uns, sondern symbolische.

 
   
                   Der Beweis kann also nichts prophezeien.

 
   
                   Ist der Beweis, für A ausgeführt, auch der Beweis für B[,|?] so dass es ganz gleichgültig ist, in welchem Dreieck er gezeichnet ist?. Und, wenn er also in beiden Dreiecken gezeichnet wäre, nur derselbe Beweis wiederholt wäre. Dass also das Zeichen des Beweises – der Beweis als
Symbol
Zeichen
– eben so gut aus der Konstruktion in A und dem Dreieck B bestehen könnte, wie aus diesem Dreieck und in einer Konstruktion in ihm.

 
   
                   
1,2      3,4      2,5      5,6(Ƒ)


(x + y)² = … … … … = x² + 2xy +


 
   
Das Zeichen des Beweises, dass (3 + 4)² = 3² + 2.3.4. + 4² bestünde dann in einer Sprache in:
                    
3
 !
(x +
4
 !
y)² = … … … … = x² + 2xy + y²
und könnte auch in:
78
3
 !
(5 +
4
 !
6)² = … … … … = 5² + 2.5.6 + 6²
bestehen.

 
   
                   Das heisst, es darf mir der Beweis, an 28, 45 und 17 durchgeführt, keine grössere Sicherheit geben, als der ‘allgemeine’.
                   Oder aber, die beiden müssen gänzlich unabhängig sein.
                   Aber dann nicht unabhängige Beweise Desselben, denn das ist Unsinn. (Sie hängen ja durch dasselbe Ende zusammen.)

 
   
                   Wie macht mich der allgemeine
Beweis
Induktionsbeweis
gewiss
sicher
, dass der besondere das ergeben wird?

 
   
                   (Verachte nur nicht die simplen Kalküle, wie sie jedes Kind und jede Kaufmannsfrau benützt.)

 
   
                   ◇◇◇
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘  ❘ ❘ ❘
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘  ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
Dies muss auch ein vollkommen strenger
Beweis des assoziativen Gesetzes sein.

 
   
                   Und hier kann man die beiden Fälle deutlich unterschieden, von denen wir im geometrischen Beweis sprachen.
                   Denn die Figur kann als allgemeiner Beweis gelten, und auch nur als Beweis von 6 + (4 + 3) = (6 + 4) + 3, und ich kann den Beweis von 3 + (7 + 2) = (3 + 7) + 2 so hinschreiben:
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘

❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ …

Ich habe den Beweis nur oben ausgeführt[,| (]die Konstruktion gezeichnet).

 
   
                   Ein Kalkül ist nicht strenger, als ein anderer! Man muss nur die Grenzen eines jeden kennen.
                   Nur insofern kann man einen Kalkül unstreng nennen, als seine
79
Regeln nicht klar formuliert sind.

 
   
                   Man sagt “dieser Satz ist für alle Kardinalzahlen bewiesen”. Aber sehen wir doch nur hin, wie der Begriff der Kardinalzahl in den Beweis eintritt. Doch nur, indem im Beweis von 1 und der Operation x + 1 die Rede ist, – aber nicht im Gegensatz zu Etwas, was den Rationalzahlen entspräche. Wenn man also den Beweis in Prosa mit Hilfe des Begriffsworts ‘Kardinalzahl’ beschreibt, so sehen wir wohl, dass diesem Wort kein Begriff entspricht. // … , dass kein Begriff diesem Wort entspricht. //

 
   
                   
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘

❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
❘ ❘ ❘❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
Ich könnte oben die gleiche Konstruktion
machen
zeichnen
, wie unten.
                   Genügt aber das als Beweis?! Ja, denn der Beweis besteht nun in der Beschreibung dessen, was ich zeichnen könnte. Und die Beschreibung eines Beweises ist ja (auch) der Beweis. – Und nun muss ich ja das Zeichen “
(((1) + 1) + 1)
a
+
(((1) + 1)
b
+
((((1) + 1) + 1) + 1))
c
=
(a + b) + c
❘ ❘ ❘ ❘
(Ƒ) Schritt für Schritt // Stufe für Stufe // durchgehen, um mich zu vergewissern, dass es nach diesem Plan gebaut ist. Dem Plan, für
den
welchen
der allgemeine Beweis gilt.

 
   
                   Muss ich hier nicht auch von einem System von Beweisen reden?

 
   
                   Wie verhält sich der ‘ausgeführte’ Beweis zum allgemeinen, scheinbar nur angedeuteten?
                   Oder: Gehören sie verschiedenen Symbolismen Symbolsystemen an?
                   Sonst aber muss doch, was der erste mehr enthält als der zweite, überflüssig sein.

 
   
                   Man kann übrigens das Uebereinkommen treffen, einen Ausdruck der
80
Form ((((1) + 1) + 1) + 1) (der Kardinalzahlform) nur durch die Zahl der ersten Klammern ((((anzudeuten, da ˇdurch sie alles weitere gegeben ist. Und nun kann man ihn !!!! schreiben. (Ein Umweg.)

 
   
                   Es wird eben in dem Zeichen “
❘ ❘ ❘
a
+ (
❘ ❘ ❘ ❘
b
+
❘ ❘
c
) =
(a + b) + c
❘ ❘ ❘ ❘
(Ƒ) das gesehen, was durch den allgemeinen Beweis bewiesen wird.

 
   
                   (Man muss sich in die Fehler hineindenken. “Lass' ihn Dir den rechten Eindruck machen …”)

 
   
                   (Zeitdauer eines Tones und Zeitdauer einer akkustischen Schwingung.)

 
   
                   Kritik meiner früher
auseinandergesetzten
dargelegten
Auffassung des induktiven Beweises.
                   Ein Beweis ist Beweis eines (bestimmten) Satzes, wenn er es nach einer Regel ist, nach der dieser Satz diesem Beweis zugeordnet ist. D.h., der Satz muss einem System von Sätzen angehören und der Beweis einem System von Beweisen. Und jeder Satz der Mathematik muss einem Kalkül der Mathematik angehören. (Und kann nicht in Einsamkeit trohnen tronen und sich sozusagen nicht unter andere Sätze mischen.)
                   Also ist auch der Satz “jede Gleichung n-ten Grades hat n- n Lösungen” nur ein Satz der Mathematik, sofern er einem System von Sätzen, und sein Beweis einem korrespondierenden System von Beweisen, entspricht. Denn welchen guten Grund habe ich, dieser Kette von Gleichungen etc. (dem sogenannten Beweis) diesen Prosasatz zuzuordnen. Es muss doch aus dem Beweis – nach einer Regel – hervorgehen, von welchem Satz er der Beweis ist.

 
   
                   Nun liegt es aber im Wesen dessen, was wir als Satz
81
bezeichnen
, dass es sich verneinen lassen muss. Und auch die Verneinung des bewiesenen Satzes muss mit dem Beweis zusammenhängen; so nämlich, dass sich zeigen lässt, unter welchen andern, entgegengesetzten, Bedingungen sie herausgekommen wäre.

 
   
                   
an
// Man sieht den Induktionsbeweis als einen … an. //
(Aber in der Logik ist nicht mehr da, als wir sehen.)

 
   
                   (Mit “sweeping statements” ist in der Philosophie nichts gemacht; sondern es muss alles so dargestellt werden, wie es ist.)

 
   
                   Hat das Gesichtsfeld einen Mittelpunkt? – Es hat Sinn, in einem Bild etwa ein Kreuzchen anzubringen und zu sagen: schau auf das Kreuz; Du wirst dann auch das Uebrige sehen, aber das Kreuz ist dann im Mittelpunkt des Gesichtsfeldes.

 
   
                   Alle Ueberlegungen können viel hausbackener angestellt werden, als ich sie in früherer Zeit angestellt habe. Und darum brauchen in der Philosophie auch keine neuen Wörter angewendet werden, sondern die alten, gewöhnlichen Wörter der Sprache reichen aus. // die alten reichen aus. //

 
   
                   “Ist das ein Beweis dieses Satzes?” Wird er als Beweis gebraucht? Wenn ja, warum soll ich ihn nicht einen Beweis nennen?
                   Jede Multiplikation ist ein Beweis. Sie entscheidet, dass 16 × 25 400 ist und keine andere Zahl, und wird wirklich als Beweis dafür gebraucht.

 
   
                    / Im euklidischen Beweis ist nicht die Figur allein massgebend, sondern auch die Reihenfolge der konstruktiven Operationen, und man könnte sich den Beweis durch eine Serie von Figuren geführt denken (denn Gang des Beweises).

82
 
   
                    Man hört immer wieder die Bemerkung, dass die Philosophie eigentlich keinen Fortschritt mache, dass die gleichen philosophischen Probleme, die schon die Greeks beschäftigten, uns noch beschäftigen. [W|D]ie das aber sagen, verstehen nicht den Grund, warum es so ist // sein muss // . Der ist aber, dass unsere Sprache sich gleich geblieben ist und uns immer wieder zu denselben Fragen verführt. Solange es ein Verbum, ‘sein’ geben wird, das zu funktionieren scheint wie ‘essen’ und ‘trinken’, solange es Adjektive ‘identisch’, ‘wahr’, ‘falsch’, ‘möglich’, geben wird, solange von einem Fluss der Zeit und von einer Ausdehnung des Raumes die Rede sein wird, u.s.w., u.s.w., solange werden die Menschen immer wieder an die gleichen rätselhaften Schwierigkeiten stossen, und auf etwas starren, was keine Erklärung scheint wegheben zu können.
                   Und dies befriedigt im Uebrigen ein Verlangen nach dem Ueberirdischen // Transcendenten // , denn, indem sie die “Grenze des menschlichen Verstandes” zu sehen glauben, glauben sie natürlich, über ihn hinaus sehen zu können.

 
   
                   Ich lese: “ … philosophers are no nearer to the meaning of ‘Reality’ than Plato got, …”. Welche seltsame Sachlage. Wie sonderbar, dass Plato dann überhaupt so weit hat kommen können // kommen konnte // ! Oder, dass wir dann nicht weiter kommen konnten! War es, weil Plato so gescheit war?

 
   
                   Ist nicht die Hauptgefahr die, dass uns der Prosa-Ausdruck des Ergebnisses einer mathematischen Operation einen Kalkül vortäuscht, der gar nicht vorhanden ist. Indem er seiner äussern Form nach einem System anzugehören scheint, das es hier gar nicht gibt.

 
   
                   Ist der Induktionsbeweis ein Beweis von a + (b + c) = (a + b) + c, so muss man sagen können: die Rechnung liefert, dass
83
a + (b + c) = (a + b) + c ist (und kein anderes Resultat).
                   Denn dann muss erst die Methode der Berechnung (allgemein) bekannt sein und, wie wir darauf 25 × 16 ausrechnen können, so auch a + (b + c). Es wird also erst eine allgemeine Regel zur Ausrechnung aller solcher Aufgaben gelehrt und darnach die besondere gerechnet. – Welches ist aber hier die allgemeine Methode der Ausrechnung? Sie muss auf allgemeinen Zeichenregeln beruhen (– etwa, wie dem associativen Gesetz –).

 
   
                   Ist nun etwa dieser Beweis des associativen Gesetzes der, dass a + (b + c) = (a + b) + c und nicht (a + 2b) + c?

 
   
                    / Wenn man die irrationalen Zahlen einführt, so tut man immer so, als hätte man nun etwas Neues entdeckt (etwa neue Punkte zwischen den alten). Während es sich nicht um eine neue Entdeckung, sondern um eine neue Konstruktion handelt (die man dann auch “Zahl” nennen kann, oder nicht). /

 
   
                   Angenommen, wir nennen den Satz, dass 7 durch keine kleinere Zahl ausser der 1 teilbar ist “das Gesetz der heiligen Zahl” und würden es in den Worten “7 ist die heilige Zahl” aussprechen. Dann hätten wir hier einen ähnlichen Fall wie den des “Hauptsatzes der Algebra” und anderer ‘Sätze’, die eigentlich eine individuelle Be[r|R]echnung benennen, die wir den Beweis des Satzes nennen.

 
   
                   Nur für einen solchen ‘Satz der Mathematik’ gibt es verschiedene unabhängige Beweise.
                   Die voneinander unabhängigen Rechnungen erhalten nämlich willkürlich den gleichen Namen.

 
   
                   Ich brauche nicht zu behaupten behaupten, man müsse die n Wurzeln der Gleichung n-ten Grades konstruieren können, sondern ich sage nur, dass der Satz “diese Gleichung hat n Wurzeln” etwas
84
anderes heisst, wenn ich ihn durch Abzählen der konstru[ei|ie]rten Wurzeln, und wenn ich ihn anderswie bewiesen habe. Finde ich aber eine Formel für die Wurzeln einer Gleichung, so habe ich einen neuen Kalkül konstruiert und keine Lücke eines alten ausgefüllt.

 
   
                   Es ist daher Unsinn zu sagen, der Satz ist erst bewiesen, wenn man eine solche Konstruktion aufzeigt. Denn dann haben wir eben etwas Neues konstruiert, und was wir jetzt unter dem Hauptsatz der Algebra verstehen, ist eben, was der [G|g]egenwärtige ‘Beweis’ uns zeigt.

 
   
                   Zu fürchten, es könne also der Algebra diese Stütze entrissen werden, ist Blödsinn.

 
   
                   “Ich habe das vorausgesehen” – wie ist das möglich, da es doch damals nicht (und vielleicht niemals) geschehen ist?!

 
   
                   Wozu denkt der Mensch? wozu ist es nütze? Wozu berechnet er Dampfkessel und überlässt es nicht dem Zufall, wie stark er ihre
Wände
Wand
macht // wie stark die Wand des Kessels wird? // Es ist doch nur Erfahrungstatsache, dass Kessel, die so berechnet wurden, nicht sooft
explodierten
explodieren
. Aber so, wie er alles eher täte, als die Hand ins Feuer stecken, das ihn früher gebrannt hat, so wird er alles eher tun, als den Kessel nicht berechnen. Da uns aber Ursachen nicht interessieren, so können wir nur sagen: die Menschen denken tatsächlich: sie gehen z.B. auf diese Weise vor[m|,] wenn sie einen Dampfkessel bauen. Kann nun ein so erzeugter Kessel nicht explodieren? Oh ja. –

 
   
                   Augustinus: “Wann messe ich ein[n|e]n Zeitraum?” Aehnlich meiner Frage: Wann kann ich Schach spielen.

85
 
   
                   II
a + (b + c) = (a + b) + c
Wenn wir I den Beweis von II nennen, was ist das allgemein[w|e] Prinzip dieses Beweises? Denn es nützt ja nichts, zu sagen, I beweise II, da mir dadurch doch nicht mehr als nur I und II gegeben wird; es sei denn dass ich nun (noch) eine allgemeine Regel erfahre, von der der Schluss von I auf II nur ein Beispiel ist.

 
   
                   Ein merkwürdiges Wort: “Es ist mir
gelungen
gelungen
, das zu beweisen”.
                   (Das ist es, was im Falle 25 × 16 = 400 niemand sagen würde.)

 
   
                   Das Syste[,|m] des oberen Beweises ist dies: F1(c) = F2(c) … S ist zu beweisen. F1(1) = F2(1) ist eine anerkannte Regel. Wenn aus dieser und den anderen bereits anerkannten Regeln hervorgeht, dass einerseits F1(c + 1) = f(F1(c)),
anderseits F2(c + 1) = f(F2(c)), dann gilt S als bewiesen.

 
   
                   Ist nun I ein Beweis für 5 + (2 + 7) = (5 + 2) + 7? Es ist ein Beweis für !!!!! + (!! + !!!!!!!) = (!!!!! + !!) + !!!!!!!. Denn begännen wir den linken Ausdruck nachn der Definition a + (b + 1) = (a + b) + 1 zu transformieren, wie im Beweis, so sähen wir bald, dass uns jede Transformation der rechten Seite näher brächte und wir könnten den Prozess nach dem ersten Mal aufgeben und sehen (eben, was wir im Induktionsbeweis sehen), dass sich die rechte Seite nach !!!!!!! Operationen ergeben muss. Und wir sehen dies auch nicht deutlicher, wenn wir alle diese Operationen durchgehen. Und kämen wir dann nicht ans vorausgesehene Ziel, so würden wir sagen, wir haben uns verrechnet. // [W|w]ir müssen uns verrechnet haben // So ist der allgemeine Beweis ein Beweis für 5 + (2 + 7) = (5 + 2) + 7 wenn wir diese
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Gleichung als Fall des Beweises darstellen (auffassen) und in dieser Auffass[j|u]ng // Darstellung // liefern wir die notwendige Multiplizität des Beweises für den besondern // bestimmten // Fall.
                   (Ist es nicht so, wie ich fünf Männer durch “MMMMM” darstellen kann, aber auch durch “M !!!!!”.)
                   Insofern der Beweis also auf Zahlen, mit denen wir rechnen, angewandt werden kann, können wir ihn allgemein nennen (wie etwa einen Hut, den jedes Familienmitglied benützen kann).

 
   
                   (In dem Sinne von möglichen und wirklich gezogenen Geraden könnten // können // wir auch von möglichen und wirklich dargestellten Zahlen reden.)

 
   
                   Wie ist es aber mit dem andern Beweis von 25 + (8 + 71) = (25 + 8) + 71, der nach den Regeln des 1 + 1 die rechte und die linke Seite ausrechnet und sie gleich befindet? 25 + 8 = 33 lässt sich nämlich beweisen, und könnte ich es nicht beweisen, so könnte ich mich zur Rechtfertigung nur darauf berufe[h|n], dass ich gelernt habe: wenn oben eine 5 und unten eine 8 steht, musst Du eine 3 unter den Strich schreiben und 1 weiterzählen. Aber mit dieser Regel wäre es ja vereinbar, daß man etwa 5 + 5 = 8 schreiben dürfte, wenn nicht das ganze System bekannt ist, wonach wir addieren. D.h., der Satz 25 + (8 + 71) = (25 + 8) + 71 ist erst bewiesen, wenn wir alles auf die Addition von Einsen zurückgeführt haben und dann ist sein Beweis dem von !!!! + (!! + !!!) = (!!!! + !!) + !!! gleichwertig.

 
   
                   Wenn man die rekursiven Beweise Skolem's gleichsam von oben ansieht, so stellen sie sich (uns) dar, als Gleichungˇsketten, deren Uebergänge nach gewissen Regeln erlaubt sind und die eine besondere strukturelle Eigentümlichkeit haben: gewisse Höhepunkte, durch welche sie besondern Gleichungen zugeordnet werden können.

87
 
   
                    Man könnte auch so sagen: Der Beweis aller [s|d]ieser Sätze gelingt Skolem; aber er gibt uns nicht ein System, in welchem wir mittels einer Regel alle zu beweisenden Sätze ableiten können. Sondern wir müssen immer von Neuem
lernen
reimen
, wie ein weiterer Satz abzuleiten ist – also nicht, wie [e|E]iner, der multiplizieren gelernt hat, jede Multiplikationsaufgabe ohne weiteres lösen kann.

 
   
                   (Dass das Bewiesene nicht am Ende der Gleichungskette steht, macht garnichts. Der Beweis könnte dem zu vergleichen sein, dass 25 × 16 = 400 ist: Wir nehmen an das an und dividieren dann 4000 durch 16, dann durch 25, und wenn 10 herauskommt, war die Annahme richtig.)

 
   
                   Die Frage ist, wie geht denn der Kalkül weiter, nachdem die Grundsätze gesetze durch Induktion bewiesen sind?

 
   
                   “Streng” heisst: klar.

 
   
                   Zwei Beweise “desselben Satzes” können nur unabhängig voneinander sein, wenn sie
diesen
den
Satz niemals erreichen. (Denn sonst kommunizieren sie ja miteinander.) Wenn sie also im strengen Sinn keine Beweise dieses Satzes sind.

 
   
                   Es gibt eben in der Mathematik sehr Verschiedenes, was alles Beweis genannt wird und diese Verschiedenheiten sind logischer. Was also ‘Beweis’ genannt wird, hat nicht mehr miteinander zu tun, als was ‘Zahl’ genannt wird.

 
   
                   Man nennt es eine Aufgabe, wenn gefragt wird “wieviel ist 25 × 16”, aber auch eine Aufgabe: was ist das S sin²x dx? Die erste hält man zwar für viel leichter als die zweite, sieht aber nicht, dass sie
88
verschiedenem Sinn ‘[a|A]ufgabe[|n]’ sind. Der Unterschied ist natürlich kein psychologischer;
denn
und
es handelt sich nicht drum, ob der Schüler die Aufgabe lösen kann, sondern ob der Kalkül sie lösen kann, oder, welcher Kalkül sie lösen kann.

 
   
                   Die Unterschiede, auf die ich aufmerksam machen kann, sind solche, wie sie jeder Bub in der Schule wohl kennt. Aber man verachtet diese Unterschiede später, wie die russische Rechenmaschine (und den zeichnerischen Beweis in der Geometrie) und sieht sie als unwesentlich an, wie den Unterschied zwischen endlich und unendlich; statt als wesentlich und fundamental.

 
   
                   Es ist gleichgültig, ob man // der Schüler // eine [r|R]egel weiss, nach der man er S sin²x.dx gewiss lösen kann, sondern ob der Kalkül, q den wir vor uns haben (und er zufälligerweise benützt) eine solche Regel enthält.
                   Nicht, ob der Schüler es kann, sondern ob der Kalkül es kann und wie er es er es tut, interessiert uns.

 
   
                   Im Falle 25 × 16 = 370 nun, schreibt der Kalkül den wir benützen jeden Schritt zur Prüfung dieser Gleichung vor.

 
   
                   Wenn Frege gegen die formale Auffassung der Arithmetik spricht, so sagt er gleichsam immer: diese kleinlichen Erklärungen, die Symbole betreffend, sind müssig, wenn wir
diese
sie
verstehen. Und das Verstehen besteht ist quasi im das Sehen eines Bildes, aus dem dann alle Regeln folgen (wodurch sie verständlich werden). Frege sieht aber nicht, dass dieses Bild nur wieder ein Zeichen ist, oder ein Kalkül, der uns den geschriebenen Kalkül erklärt.
                   Aber das Verständnis gleicht überhaupt (immer // sehr // ) dem,
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welches wir für einen Kalkül kriegen, wenn wir seine Entstehung, oder praktische Anwendung, kennen lernen. Und natürlich lernen wir auch da wieder nur eienen und uns übersichtlichern Symbolismus statt des uns fremdern kennen. (Verstehen heisst hier übersehen.)

 
   
                   Sich etwas überlegen. Ich überlege ob ich jetzt ins Kino gehen soll. Ich mache mir ein Bild der Zeiteinteilung des Abends. Ich könnte es auch sehr wohl graphisch darstellen. Aber wozu tue ich das?? Ich mache ja kein “Gedankenexperiment”!

 
   
                    / Falsche Ideen über das Funktionieren der Sprache: Dr Broad, der sagte, etwas werde e werde eintreffen, sei kein Satz. Was spricht man dieser Aussage damit ab? Etwas anderes, als, dass sie Gegenwärtiges oder Vergangenes beschreibt? – Die Magie mit Wörtern. Ein solcher Satz, wie der Broads, kommt mir so vor, wie ein Versuch, eine chemische Aenderung magisch zu bewirken; indem man den Substanzen, quasi, zu verstehen gibt, wassi sie tun sollen (wenn man etwa Eisen in Gold überführen wollte, indem man ein Stück Eisen mit der rechten und zugleich ein S[T|t]ück Gold mit der linken Hand fasste). /

 
   
                   Hier kommen wir auch zur F[R|r]age: inwieweit hilft denken, die Wahrheit finden? (Johnson)

 
   
                   “Ich male mir das aus

 
   
                   Das Denken fasst in gewissem Sinne nur zusammen.

 
   
                   “Der Satz ist ein Bild”. Ein Bild wovon? Kann man sagen: “von der Tatsache, die ihn wahr macht, wenn er wahr ist und von der Tatsache, die ihn falsch macht, wenn er falsch ist. Im ersten Fall ist er ein korrektes Bild, im zweiten ein unkorrektes”?
90

                   Denn er ist nicht ein Bild davon, wie es wäre, wenn …. Das heisst nichts. Dann wäre er höchstens ein Bild des Satzes, oder eines andern Bildes davon, wie es wäre, wenn ….

 
   
                   Wenn man mit Bild meint: die richtige, oder falsche Darstellung der Realität, dann muss man wissen, welcher Realität, oder welches Teils der [r|R]ealität; d.h., man muss ein Mittel haben, den Satz in bestimmter Weise mit der Wirklichkeit zu vergleichen. Ich kann dieses Zimmer richtig oder falsch darstellen, aber um heraus zu finden, ob richtig oder falsch nicht, muss ich wissen, dass dieses Zimmer gemeint ist.

 
   
                   Denken wir an eine Chiffre: Ein satz sei uns in der Chiffre gegeben und auch der Schlüssel, dann ist uns natürlich, in gewisser Beziehung, alles zum Verständnis der Chiffre gegeben. Und doch würde ich, gefragt “verstehst du diesen Satz in der Chiffre”, etwa antworten: Nein, ich muss ihn erst entziffern; und erst, wenn ich ihn z.B. ins Deutsche übertragen hätte, würde ich sagen “jetzt verstehe ich ihn”. Kommt das daher, dass ich auf den ersten Blick auch nicht hätte sagen können, ob der Chiffreausdruck überhaupt ein Satz ist und nicht Wörter, unsinnig aneinandergereiht?

 
   
                   Wenn man hier die Frage stellte: “In welchem Augenblick der Uebertragung (aus der Chiffre ins Deutsche) verstehe ich den Satz”, würde man einen Einblick in das Wesen des Verstehens erhalten.

 
   
                   Wir verstehen alle, was se heisst, in einem Kalender nachschlagen, an welchem Tag der Woche wir frei sind. Das Bild, das wir sehen, ist etwa |M|D|M|D|F|S|S1 und wir sagen nun, wir seien nur Freitag frei, und handeln demgemäss.
                   Nun ist es aber dabei schwer zu sagen, was hier eigentlich geschieht und mit welcher Berechtigung wir nach dem Bild handeln.
91

                   Was geschieht, wenn ich mir einen Schachzug überlege? In diesem Falle kann ich die Züge im Vorhinein machen und also das direkteste Bild dessen entwerfen, was geschehen wird.

 
   
                   “Wievie[k|l] Punkte muss man nach der Reihe setzen, um das ‘u.s.w.’ anzudeuten?” Tut es nicht [E|e]iner?

 
   
                   Kann man von der Zahlenreihe sagen, sie habe kein Ende? “Aber, wie wäre es, wenn es anders wäre?” Aber kann ich nicht vom Schachspiel sagen, die Reihe der Schachfiguren habe ein Ende, und in einem anderen Spiel, sie habe kein Ende? wenn man die Erlaubnis hätte, beliebig viele Felder, einer Regel gemäss, mit Steinen zu besetzen.

 
   
                   (Was ich mit den Zeichen tue, ist für den Mathematiker ein Herum … /und war es für Ramsey/, und mit Rec[j|h]t, denn er will vorwärtskommen, während ich mich ungestört // unbeirrt // bei einigen wenigen Zeichen und zwei Schritten des Kalküls aufhalte.)

 
   
                        a + (b + 1) = (a + b) + 1     (R)


a + (b + (c + 1))
R
=
a + ((b + c)) + 1)
R
=
(a + (b + c)) + 1

(a + b) + (c + 1)                               
R
=
((a + b) + c) + 1
    

} a + (b + c) = (a + b) + c           (I)

    




(a + 1) + 1
i
=
(a + 1) + 1

1 + (a + 1)
R
=
(1 + a) + 1
         

} a + 1 = 1 + a …          (II)

    




a + (b + 1)
R
=
(a + b) + 1

(b + 1) + a
R
=
b + (1 + a)
II
=
b + (a + 1)
R
=
(b + a) + 1
         

} a + b = b + a           (III)

    
92



a ∙ 1 = a            (D)
a ∙ (b + 1) = a ∙ b + a           (M)

a ∙ (b + (c + 1))
R
=
a ∙ ((b + c) + 1)
M
=
a ∙ (b + c) + a

a ∙ b + (a ∙ (c + 1))
M
=
a ∙ b + (a ∙ c + a)
I
=
(a ∙ b + a ∙ c) + a
    
} a ∙ (b + c) = a ∙ b + a ∙ c           (IV)

    


 
   
                   (Eine Untersuchung Schritt für Schritt dieser Beweise wäre sehr lehrreich.) Der erste Uebergang in I a + (b + (c + 1)) = a + ((b + c) + 1) wenn er nach R vorsich gehen soll, zeigt dass die Variablen in R anders gemeint sind, als die in den Gleichungen von I, denn sonst erlaubte R nur a + (b + 1) durch (a + b) + 1 zu ersetzen, aber nicht b + (c + 1) durch (b + c) + 1. Dasselbe zeigen auch die anderen Uebergänge dieses Bew[i|e]ises.
                   Wenn ich nun sagte, die beiden Zeilen des Beweises berechtigen mich // der Vergleich der beiden Zeilen des Beweises berechtigt mich // die Regel a + (b + c) = (a + b) + c zu folgern, so hiesse das gar nichts, es sei denn, ich hätte nach einer vorher aufgestellten Regel so geschlossen. Diese Regel aber könnte nur sein:
F1(1) = F2(1),

     F1(x + 1) = f(F1(x))
F2(x + 1) = f(F2(x))
    
} F1(x) = F2(x) … (r)

    

Aber diese Regel ist vague in Bezug auf F1, F2 und f.

 
   
                   An dieser Regel scheint aber eines merkwürdig: dass es nämlich möglich ist, sie als Vorschrift zu verstehen, auch ohne zu sehen, dass aus ihr die Reihe // dass sie die Reihe // F1((1) + 1) = F2((1) + 1), F1(((1) + 1) + 1) = F2(((1) + 1) + 1), u.s.w. hervorgeht // erzeugt // .

 
   
                   Die allgemeine Regel für den Induktionsbeweis kann ich na-
93
türlich nur dann anwenden, wenn ich die Substitution entdecke, durch die sie anwendbar wird. So wäre es möglich, dass einer die Gleichungen
     (a + 1) + 1 = (a + 1) + 1
      1 + (a + 1) = (1 + a) + 1 sähe, ohne auf die Substitution a = x, F1(x) = x + 1, F1(x + 1) = (x + 1) + 1, F2(x + 1) = 1 + (x + 1), F2(x) = 1 + x(Ƒ) zu kommen.

 
   
                   Wenn ich übrigens sage, ich verstehe die Gleichungen als besondern Fall jener Regel, so muss do[v|c]h das Verständnis das sein, was sich in der Erklärung der Beziehung zwischen der Regel und den Gleichungen zeigt, also, was wir durch die Substitutionen ausdrücken. Sehe ich diese nicht als einen Ausdruck dessen an, was ich verstehe, dann gibt es keinen; aber dann hat es auch keinen Sinne, von einem Verständnis zu rede[h|n], zu sagen, ich verstehe etwas Bestimmtes. Denn nur dort hat es Sinn, vom Verstehen zu reden, wo wir eines verstehen, im Gegensatz zu etwas anderem. Und dies // diesen Gegensatz // drücken eben Zeichen aus.
                   Ja das Sehene der internen Beziehung kann nur wieder das Sehen von etwas sein, das sich beschreiben lässt, wovon man sagen kann, “ich sehe, dass es sich so verhält”, also wirklich etwas von der Natur d der Zeichen der Zuordnung [.| // ]von der Natur der Zuordnungszeichen // (wie Verbindungsstriche, Klammern, Substitutionen, etc.). Und lalles andere kann nur in der Anwendung des Zeichens der allgemeinen Regel in einem besonderen Fall liegen.

 
   
                   Kann man nun sagen, wir haben I, II, und III aus R errechnet? Nein. – Aber aus R und r?

 
   
                   Wir könnten nun die obigen Beweise auch anders hinschreiben,
94
nämlich als Gleichungen zwischen besonderen Zahlen, die als Beispiele funktionieren // symbolisieren // . Ein solcher Beweis ist ganz von ähnlicher Art, wie der eines geometrischen Satzes über das Dreieck durch eine Konstruktion
an
in
einem einem Dreieck. (Aber doch nur ähnlich, also logisch verwandt, aber nicht ganz gleich.) Dem Satz I entspricht dann folgender Beweis:
5 + (4 + 3) = 5 + (4 + (2 + 1)) = 5 + ((4 + 2) + 1) = (5 + (4 + 2)) + 1 = (5 + (4 + (1 + 1))) + 1 = ((5 + 4) + 2) + 1 = (5 + 4) + 3 … (A)

 
   
                   Das ist einerseits der Beweis von 5 + (4 + 3) = (5 + 4) + 3, anderseits kann man es als Beweis von 5 + (4 + 4) = (5 + 4) + 4 etc. etc. gelten lassen, d.h. benützen.
                   Wenn ich nun sagte, : A ist der Beweis des Satzes a + (b + c) = (a + b) + c, so würde das Eigentümliche am Uebergang vom Beweis zum Satz viel auffälliger.
                   Und was wäre die Regel, nach der dieser Uebergang berechtigt // erlaubt // ist?

 
   
                    / Ein Satz (wie) “es gibt keine letzte Kardinalzahl” verletzt den [N|n]aiven und rechten – Sinn mit Recht. Wenn ich frage “wer war der letzte Mann der Prozession” und die Antwort lautet “es gibt keinen letzten”, so verwirrt sich mir das Denken; was heisst das “es gibt keinen letzten”? ja, wenn die Frage geheissen hätte “wer war der Fahnenträger”, so hätte ich die Antwort verstanden “es gibt keinen Fahnenträger”. Und nach einer solchen Antwort ist ja jene sinnlose // sinnverwirrende // modelliert. Wir fühlen nämlich mit Recht: wo von einem Letzten die Reded sein kann, da kann nicht ‘kein Letzter’ sein. das heisst aber natürlich: Der Satz “es gibt keine letzte” müsste richtig lauten: es hat keinen Sinn, von einer “letzten Kardinalzahl” zu reden, dieser Ausdruck ist unrechtmässig gebildet. /

95
 
   
                    Ist nicht unser Prinzip: keinen Begriff // kein Begriffswort // zu verwenden, wo keiner keines nötig ist? – D.h. die Fälle zu zeigen, in denen das Begriffswort in Wirklichkeit für eine Liste // Aufzählung // steht. // D.h. in den Fällen, in denen das Begriffswort für eine Liste steht, dies klar zu machen // // [d|D].h. die Fälle in denen das Begriffswort in Wirklichkeit für eine
Aufzählung
Liste
steht, als solche zu erklären. //

 
   
                    / Was ich über das Verstehen eines Satzes sage, kommt darauf hinaus, dass wenn wir aus dem Wirkungsbereich der Sprache etwa das Phänomen eines Befehls und seiner Befolgung (an und für sich) betrachten, und auch mit allen psychischen Phänomenen, die es begleiten, und die wir das Verstehen des Befehls nennen möchten, das Wesen der Sprache in diesen Phänomenen nicht zum Ausdruck käme. /

 
   
                   Muss ich sagen, dass die Uebergänge des Beweises A nach der Regel a + (b + 1) = (a + b) + 1 geschehen? – Und in wieweit gehen sie nach einer solchen Buchstabenregel vor sich?

 
   
                   Der erste Ueberga[h|n]g geschieht nach der Regel 3 = 2 + 1, der zweite nach der Regel 4 + (2 + 1) = (4 + 2) + 1, der [D|d]ritte nach der Regel 5 + ((4 + 2) + 1) = (5 + (4 + 2)) + 1, u.s.w.. Diese Regeln haben allerdings einen gemeinsamen Zug und der ist in a + (b + 1) = (a + [v|b]) + 1 zusammengefasst. Da wir aber
hier
jetzt
nicht mit Buchstaben arbeiten wollen, sondern mit Zahlenbeispielen, so möchten wir (vielleicht) sagen, die Regel, nach der wir vorgehen, ist 5 + (3 + 1) = (5 + 3) + 1.
                   Aber hier ist uns (5 + 3) unverständlich, da wir alles auf die Addition von Einsen zurückführen wollen. Und das Beispiel der Regel muss also lauten: 5 + 3 = 5 + (2 + 1) = (5 + 2) + 1 = (5 + ((1) + 1)) + 1 = (((5 + 1) + 1) + 1) oder:
96
oder: 5 + (((1) + 1 + 1) + 1) = (5 + ((1) + 1)) + 1 = ((5 + 1) + 1) + 1 … (P)
                   Diese Regel erklärt das Zuzählen einer Zahl als das succesˇsive Zu[s|z]ählen so vieler Einer, als die Zahl enthält.
                   Nach dieser Regel P [h|g]ehen alle Uebergänge in A vor sich und man könnte sie alle auf die Form von P bringen, indem man etwa sagt statt 4 + (2 + 1) = 4 + 2) + 1 schriebe: 4 + (2 + 1) = 4 + ((1 + 1) + 1)
P
=
((4 + 1) + 1) + 1
P
=
(4 + ((1) + 1)) + 1 = (4 + 2) + 1.
                   Daraus sieht man übrigens, dass sich in P nicht hätte schreiben sollen “5 + (((1) + 1) + 1) + 1) = (5 + ((1) + 1)) + 1) = etc.” sondern unmittelbar: 5 + (((1) + 1) + 1) + 1) = ((5 + 1) + 1) + 1, denn die Zwischenschaltung des zweiten Gliedes geschähe ja wieder nur gemäss einer Regel, die doch erst durch das letzte Resultat der Gleichungskette gerechtfertigt wird.

 
   
                   Wenn übrigens 3 z.B. als ((1) + 1) + 1 definiert ist, wie unterscheidet sich dieses Zei[h|c]hen von 2 + 1? Denn, wenn kein Unterschied ist, so ist in diesem Symbolismus auch keiner zwischen ((5 + 1) + 1) + 1 und 8. Ich möchte aber doch zeigen, dass die 8 des dann aus 5 und 3 besteht. ‒ ‒

 
   
                   Definitionen führen nur praktische Abkürzungen ein, aber wir könnten auch ohne sie auskommen. Aber wie ist es mit den [R|r]ekursiven Definitionen?

 
   
                   Anwendung der Regel a + (b + 1) = (a + b) + 1 kann man zweierlei nennen: 4 + (2 + 1) = (4 + 2) + 1 ist eine Anwendung in einem Sinne, im andern: 4 + (2 + 1) = ((4 + 1) + 1) + 1 = (4 + 2) + 1.

 
   
                   Das Resultat der Rechnung A ist 5 + (4 + 3) = (5 + 4) + 3, ausserdem aber hat sie in einem andern Sinne ein Ergebnis. Kann man dieses
97
nun durch die Gleichung a + (b + c) = (a + b) + c ausdrücken, wie das erste durch 5 + (4 + 3) = (5 + 4) + 3?

 
   
                   (Es ist beinahe unglaublich, dass die Analyse einer so einfachen Sache so schwer sein sollte.)

 
   
                   Das Charakteristische an einem Beweise wie dem von (a + b).([(|a] + b) = a.a + b.b + 2.a.b ist, dass die Buchstaben nicht abgebr[i|o]chen werden, wie die Ziffern in einer Rechnung (in der das Zeichen 5 verschwindet und statt dessen eine 4 und 1 auftaucht).

 
   
                   (Die unendliche Schwierigkeit ist die “allseitige Betrachtung” des Kalküls.)

 
   
                   Wenn ich sage, dass beim Beweis A a + (b + c) = (a + b) + c herauskommt; habe ich da schon vorher einen Begriff dessen, was ich als den Beweis dieser Formel ansehen würde?

 
   
                   “Jeder Existenzbeweis muss eine Ko[j|n]struktion dessen enthalten, dessen Existenz er beweist”. Man kann nur sagen “ich nenne ‘Existenzbeweis’ nur einen, der eine solche Konstruktion enthält”. Der Fehler ist [,| // ]liegt darin // dass man glaubt // vorgibt // einen klaren Begriff des Existenzbeweises // der Existenz // zu besitzen.
                   Man glaubt ein Etwas, die Existenz, beweisen zu können, sodass man nun unabhängig vom Beweis von ihr überzeugt ist. (Die Idee der, voneinander – und daher wohl auch vom Bewiesenen – unabhängigen Beweises!) In [w|W]irklichkeit ist Existenz das, was man mit dem beweist, was man “Existenzbeweis” nennt. Wenn die Intuitionisten und Andere darüber reden, so sagen sie: “Dieser Sachverhalt, die Existenz, kann man nur so, und nicht so, beweisen”. Und sehen nicht, dass sie damit einfach das definiert
98
haben, was sie Existenz nennen. Denn die Sache verhält sich eben nicht so, wie wenn man sagt: “dass ein Mann in dem Zimmer ist, kann man nur dadurch beweisen, dass man hineinschaut, aber nicht, indem man an der Türe horcht”.

 
   
                   Wir haben keinen Begriff der Existenz unabhängig von unserm Begriff des Existenzbeweises.

 
   
                   17 + 28 kann ich nur mir nach Regeln ausrechnen, ich brauche 17 + 28 = 45 (s) nicht als Regel zu geben. Kommt also in einem Beweis der Uebergang von f(17 + 28) auf f(45) vor, so brauche ich nicht sagen, er geschähe nach der Regel s, sondern nach andern Regeln des 1 + 1.

 
   
                   Wie ist es hiermit aber in der (((1) + 1) + 1)-Notation? Kann ich sagen, ich könne mir in ihr z.B. 2 + 3 ausrechnen? Und nach welcher Regel? Es geschähe so:
      /(1) + 1/ + /((1) + 1) + 1/ = ((/(1) + 1/ + 1) + 1) + 1 = /((((1) + 1) + 1) + 1) + 1/ … ()

 
   
                   Als die Zahlen im Dezimalsystem hingeschrieben waren, gab es Regeln, nämlich die der Addition für je zwei Zahlen von 0 bis 9, und die reichten mir, entsprechend angewandt, für Additionen aller Zahlen aus. Welche Regel entspricht nun diesen Elementarregeln? Es ist offenbar, dass wir uns in einer Rechnung wie t weniger Regeln merken brauchen als in 17 + 28. Ja, wohl nur eine allgemeine und gar keine der Art 3 + 2 = 5. Im Gegenteil, wieviel 3 + 2 ist, scheinen wir jetzt ableiten, ausrechnen, zu können.

 
   
                   Es hat hier übrigens mit den Zahlzeichen (1), ((1) + 1), etc. eine gewisse Schwierigkeit: Näm[o|l]ich die, dass wir sie nach einer gewissen Länge nicht mehr unterschieden können, ohne die Striche zu zählen, also
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ohne die Zeichen in andere zu übersetzen. “!!!!!!!!!!” und “!!!!!!!!!!!” kann man nicht in dem Sinne unterscheiden. – sie sind also nicht in demselben Sinn verschiedene Zeichen – wie “10” und “11”. Uebrigens würde dasselbe natürlich auch im Dezimalsystem geschehen (denken wir an die Zahlen 1111111111 und 11111111111), aber das ist nicht ohne Bedeutung. –

 
   
                   Haben wir 45 in s in demselben Sinne ausgerechnet, wie das Ergebnis in t?

 
   
                   In einem andern Symbolismus liesse es sich vielleicht eher sehen. Ich schreibe /ohne weitere Erklärung/:
           1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, etc.
    /(1) + 2/ + /((1) + 2) + 3/ = (((/(1) + 2/ + 1) + 1) + 1) = /((((1) + 2) + 3) + 4) + 5/
Die Rechnung hätte man auch dann so durchführen können: Die Aufgabe ist 2 + 3 = ? und man schreibt:

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7
1, 2; 1, 2, 3
So rechnen Kinder tatsächlich, wenn sie “abzählen”. (Und dieser Kalkül muss so gut sein wie ein andrer.)

 
   
                   Denken wir uns den Fall, es gäbe uns Einer eine Rechenaufgabe in der Strichnotation, etwa: !!!!!!!!!!! + !!!!!!!!!! und während wir rechneten machte er sich den Spass, Striche, ohne dass wir es bemerkten, wegzuwischen und dazuzugeben. Er würde uns dann immer sagen “die Rechnung stimmt ja nicht” und wir würden sie immer von Neuem durchlaufen, stets zum Narren gehalten. – Ja, streng genommen, ohne den Begriff eines Kriteriums der Richtigkeit der Rechnung. –
                   Hier könnte man nun Fragen aufwerfen, wie die: ist es nun nur sehr wahrscheinli wahrscheinlich, dass 464 + 272 = 736 ist? Und ist also nicht auch 2 + 3 =
100
2 + 3 = 5 nur sehr wahrscheinlich? Und
wo
was
ist denn die objektive Wahrheit, der sich diese Wahrscheinlichkeit nähert? D.h., wie bekommen wir denn einen Begriff davon, dass 2 + 3 eine gewisse Zahl wirklich ist, abgesehen von dem, was sie uns zu sein scheint? –

 
   
                   Wenn man nämlich fragen würde: was ist das Kriterium in der Strichnotation, dass wir zweimal das gleiche Zahlzeichen vor uns haben? – Die Antwort könnte sein: “wenn es beidemale gleich aussieht”, oder “wenn es beidemale die gleiche Anzahl von Strichen enthält”. Oder soll es heissen: wenn eine eins-zu-eins Zuordnung etc. möglich ist?

 
   
                   Man könnte auch fragen: ist “❘ ❘ ❘ ❘ ❘” ein Beweis von 2 + 3 = 5, oder zeigt er sozusagen nur dass 2 + 3 2 + 3 ist?
                   Ich kann aber doch sagen !!!!! = 5, !! = 2, !!! = 3, nun mache ich die (geometrische) Konstruktion ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ und zeige so, dass 2 + 3 = 5 ist.

 
   
                   Oder sollen wir das Additionstheorem so lauten lassen:
a + (b + 1) = (a + 1) + b, also so addieren:
((1) + 1) + (((1) + 1) + 1) = (((1) + 1) + 1) + ((1) + 1) = ((((1) + 1) + 1) + 1) + (1) = (((((1) + 1) + 1) + 1) + 1)?

 
   
                   Es ist übrigens klar, dass das Problem, ob 5 + (4 + 3) = (5 + 4) + 3 ist, sich so lösen lässt:
     5                 4                 3   
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘
denn diese Konstruktion hat genau die Multiplizität jedes andern Beweises dieses Satzes.

101
 
   
A
A
A
A


A
A
B
B






C
C






D
D






E
E,




E,

F
A


A
A
A

G
B


B



H
C


C



I
D
I,

D,



J

A

A



K

B

B



L

C
L
C
G
G
L
M







N







O







Wenn ich die Zahl nach ihrem letzten Buchstaben nenne, so beweist das, dass (E + D) + C = E + (D + C) = L. Diese Form des Beweises ist gut, weil sie deutlich zeigt, dass das Ergebnis wirklich errechnet ist und weil man aus ihr doch auch wieder den allgemeinen Beweis herauslesen kann.

 
   
                   Es ist hier eine gute Mahnung – so seltsam sie klingt –: treibe hier nicht Philosophie sondern Mathematik.

 
   
                   Was ein geometrischer Satz bedeutet, welche // was für eine Art der // [a|A]llgemeinheit er hat, das muss sich alles zeigen, wenn wir sehen, wie er angewendet wird. Denn, wenn/Einer auch etwas Unfassbares // Unerreichbares // mit ihm meinte, // meinen könnte // so hilft ihm das nicht, da er ihn ja doch nur ganz
offen
offenbar
, und jedem verständlich, anwenden kann.
                   Wenn sich etwa jemand unter dem Schachkönig auch etwas mystisches vorstellt, so kümmert uns das nicht, weil er ja doch mit ihm nur auf den 8 × 8 Feldern des Schachbrettes ziehen kann.

 
   
                   a + (b + 1) = (a + b) + 1 kann doch nur eine Abkürzung des Induktionsbeweises sein.

 
   
                   Denn wir müssten ja im Notfall mit den Induktionsbeweisen als Einheiten allein kalkulieren kö[h|n]nen.

 
   
                   Was // [w|W]elche Operationen // immer die Regel a + (b + 1) = (a + b) + 1 rechtfertigt, kann auch der Induktionsbeweis rechtfertigen.

102
 
   
                    Man kann nicht ieine Rechnung als den Beweis eines Satzes bestimmen. // zum Beweis eines Satzes ernennen. //

 
   
                   Ich möchte sa[h|g]en: Muss man diese Rechnung // die Induktionsrechnung // den Beweis des Satzes I nennen? D.h., tut's keine andere Beziehung?

 
   
                   Auch nach der herkömmlichen Interpretation // Auffassung // gibt der Induktionsbeweis nicht vor I zub beweisen, sondern nur, zu beweisen, dass dieser Satz für alle Zahlen gilt.

 
   
                   Der Induktionsbeweis scheint eine Einheit zu sein und nicht aus
seinen
den
einzelnen Uebergängen als seinen Einheiten zu bestehen.

 
   
                   So ist z.B. das Resultat der Division 1:3 auf zwei Stellen berechnet 0,33, aber ausserdem sieht man in dieser Division die Periodizität, und die ist nicht in dem Sinne
ihr
ein
Resultat, wie der Quotient 0,33.

 
   
                   Wir könnten ja den Induktionsbeweis sehr wohl eine periodische Rechnung nennen.

 
   
                   Und ihr Resultat I wäre dann mit 0, analog, dagegen das Ende der Schlusskette // das Ergebnis der Gleichungstransformation // mit 0,33.

 
   
                   Ich möchte sagen: ich konnte doch nicht darauf ausgehen, die Periodizität in der Rechnung zu finden. – Ausser, wenn ich schon eine habe und eine Methode, mit ihrer Hilfe andere zu erzeugen. // und eine Methode, mittels ihrer andere zu erzeugen. //

 
   
                   Man kann die Rechnung als Ornament betrachten. Eine Figur in
103
der Ebene kann an eine andere passen oder nicht, mit anderen in verschiedener Weise zusammengefasst werden. Wenn die Figur noch gefärbt ist, so gibt es dann noch ein Passen in Bezug auf die Farbe // der Farbe nach // . (Die Farbe ist nur eine weitere Dimension.)

 
   
                   Die Rechnu[g|n]g als Ornament zu betrachten, dass ist auch Formalismus, aber einer guten Art.

 
   
                   Wenn ich den Satz mit einem Masstab verglichen habe, so habe ich, strenggenommen, nur einen Satz, der mit Hilfe eines Masstabes die Länge eines Gegenstands // eine Länge //
aussagt
beschreibt
, als Beispiel für alle Sätze herangezogen. // als Beispiel eines Satzes herangezogen. //

 
   
                   Der be[q|w]iesene Satz wird planmässig erzeugt; die Periodizität wurde nicht planmässig erzeugt. //
// Die Periodizität wurde nicht plan planmässig erzeugt. (Der bewiesene Satz wird planmässig erzeugt.) //

 
   
                   Bei der Division 1:3 kommt nicht 0, heraus, imgeg Gegensatz etwa zu 0,3, sondern im Gegensatz zu einer andern Periode.

 
   
                   Unter welchen Umständen wäre es denn wahr, dass Sa + (b + c) = (a + 2b) + c statt (a + b) + c wäre? Es müsste Unter diesen Bedingungen:
1) a + (b + 1) = (a + 2b) + 1
2) a + (b + (c + 1)) = /a + (b + c)/ + 1
3) (a + 2b) + (c + 1) = /a + (2b + c)/ + 1
Aber warum soll 1) nicht gelten? darf ich es nicht willkürlich bestimmen? (Ich möchte sagen: Man kann nur sagen: Es verhält sich a + (b + c) = (a + b) + c zu
104
seiner Induktion, wie a + b = b + a zu der seinen.)

 
   
                   Liegt die Hauptsache darin, dass nicht
a + (b + (c + 1)) = /a + (b + c)/ + 1 und
(a + b) + (c + 1) = /(a + b) + c/ + 1 allein den Beweis ausmachen, sondern erst zusammen mit a + (b + 1) = (a + b) + 1?

 
   
                   So dass man schon deshalb nicht sagen kann, es gehe nun I aus (bloss) aus R hervor.

 
   
                   Ist es nicht so, dass alles Denken über die Wirklichkeit auf der Induktion fusst?

 
   
                   Das Lernen der Philosophie ist wirklich ein Rückerinnern. Wir erinnern uns, dass wir die Worte wirklich auf diese Weise gebraucht haben.

 
   
                   Von der Erwartung zur Erfüllung ist ein Schritt einer Rechnung. Ja die Rechnung
25 × 25
50
125

steht zu ihrem Resultat 625 genau im Verhältnis der Erwartung zur Erfüllung.

 
   
                   Und so weit – und nur so weit – als diese Rechnung ein Bild des Resultats ist, ist auch die Erwartung ein Bild der Erfüllung.

 
   
                   Und so weit das Resultat
durch die
von der
Rechnung, so weit ist die Erfüllung durch die Erwartung bestimmt. // … von der Rechnung bestimmt ist, so weit … //

 
   
                   Wir erwarten etwas und handeln nach
dieser
der
Erwartung. Muss die
105
Erwartung eintreffen? Nein. Warum aber handeln wir nach der Erwartung? Weil wir dazu getrieben werden, wie dazu, einem Automobil auszuweichen, uns niederzusetzen, wenn wir müde sind und aufzuspringen, wenn wir uns auf einen Dorn gesetzt haben.

 
   
                   Ich lege meine Hand auf die Herdplatte, fühle unerträgliche Hitze und ziehe die Hand schnell zurück: War es nicht möglich, dass die Hitze der Platte im nächsten Augenblick aufgehört hätte? konnte ich es wissen? Und war es nicht möglich, dass ich gerade durch meine Bewegung mich einem Schmerz aussetzte?
                   Es ist also in gewissem Sinne keine gute Begründung zu sagen: “Ich zog die Hand zurück, // Ich musste die Hand zurückziehen, // weil die Platte zu heiss war”! –

 
   
                   Wenn man nun fragte: Bist Du sicher, dass du es deswegen getan hast? Würde man da nicht schwören, dass man es nur deswegen getan hat? Und ist es nicht doch Erf

 
   
                   “Ich hab' es nicht mehr (länger) ausgehalten”.
                   “Ich halte es nicht mehr aus; ich muss die Hand zurückziehen”. Aber worin besteht dieses Zurückziehen, als zu wünschen // als in dem Wunsch // die Hand würde sich zurückziehen, während sie sich wirklich zurückzieht? Zieht sie sich nicht zurück, so können wir auch nichts machen. Jedenfalls ist ‘sie zurückziehen wollen’ eine Erfahrung, die wir zwar wünschen können, aber nicht herbeiführen. Denke an die Erfahrung beim Zeichnen eines Quadrats mit seinen Diagonalen durch den Spiegel.

 
   
                   Wenn ich sage, die Erfahrung des Wollens könne ich zwar wünschen, aber nicht herbeiführen, so bin ich da wieder bei einem, für die Erkenntnistheorie
so
sehr
charakteristischen Unsinn. Denn in dem Sinne, in
106
welchem ich überhaupt etwas herbeiführen kann (etwa Magenschmerzen durch Ueberessen), kann ich auch das Wollen herbeiführen. (In diesem Sinne führe ich das Schwimmen-Wollen herbei, indem ich in's tiefe Wasser springe.) Ich wollte wohl sagen: ich könnte das Wollen nicht wollen; d.h., es hat keinen Sinn, vom Wollen-wollen zu sprechen. Und mein falscher Ausdruck kam daher, dass man sich das Wollen als ein direktes nicht-kausales Herbeiführen denken will.

// Dieser Idee //
liegt wieder eine falsche Analogie zugrunde, etwa, dass der kausale Nexus des Willens etwa dem des Innern zum Aeussern entspricht durch eine Reihe von Zahnrädern gebildet wird (die auslassen kann, wenn der Mechanismus gestört wird), während der Nexus des Willens etwa dem des Innern zum Aeussern entspricht, oder dem der Bewegung des physikalischen Körpers zur Bewegung seiner Erscheinung. // seines Gesichtsbildes //

 
   
                   Was ist ein Satz? wodurch ist dieser Begriff bestimmt? – Wie wird dieses Wort (“Satz”) in der nicht-philosophischen Sprache gebraucht? Satz, im Gegensatz wozu?

 
   
                   Ich kenne einen Satz, wenn ich ihn sehe.

 
   
                   Diese Frage ist fundamental: Wie, wenn wire eine neue Erfahrung machen, etwa einen neuen Geschmack oder einen neuen Hautreiz kennen lernen; woher weiss ich, dass, was diese Erfahrung beschreibt, ein Satz ist? Oder, warum soll ich das einen Satz nennen?
Nun,
Wohl
mit demselben Recht, womit // mit welchem // ich von einer neuen Erfahrung gesprochen habe. Denn Erfahrung und Satz sind aequivalent. Aber warum habe ich das Wort Erfahrung gebraucht, im Gegensatz wozu?

 
   
                   Habe ich denn, was geschehen ist, schon bis zu einem Grade damit charakterisiert, dass ich sagte, es sei eine Erfahrung? Doch offenbar
107
garnicht. Aber es scheint doch, als hätte ich es schon getan, als hätte ich davon schon etwas ausgesagt: “dass es eine Erfahrung sei”. In diesem falschen Schein liegt unser ganzes Problem. Denn, was vom Prädikat “Erfahrung” gilt, gilt vom Prädikat “Satz”.

 
   
                   Das Wort “Satz” und das Wort “Erfahrung” haben schon eine bestimmte Grammatik.

 
   
                   Das heisst, ihre Grammatik muss im Vorhinein bestimmt sein und hängt nicht von irgend einem künftigen Ereignis ab.

 
   
                   Hier ist auch der Unsinn in der “experimentellen Theorie der Bedeutung” ausgesprochen. Denn die Bedeutung ist in der Grammatik festgelegt.

 
   
                   Wie verhält sich die Grammatik des Wortes “Satz” zur Grammatik der Sätze?

 
   
                   “Satz” ist offenbar die Ueberschrift der Grammatik der Sätze. In einem Sinne aber auch die Ueberschrift der Grammatik überhaupt, also äquivalent den Worten “Grammatik” und “Sprache”.

 
   
                   Das ist es auch, was damit gemeint ist, dass es in der Welt zwar Ueberraschungen gibt, aber nicht in der Grammatik.

 
   
                    / Grenze, die die Grammatik sichtbar in der Sprache zieht, und Darstellung einer Reise auf den Globus einerseits und auf seiner Projektion in zwei Kreisen in der Ebene anderseits. /

108
 
   
                    Es scheint unsere Frage noch zu erschweren, dass auch die Worte “Welt” und “Wirklichkeit” Aequivalente des Wortes “Satz” sind.

 
   
                   Aber es ist doch lächerlich, die Welt, oder die Wirklichkeit, abgrenzen zu wollen. Wem soll man sie denn entgegenstellen. Und so ist es mit der Bedeutung des Wortes “Tatsache”.
                   Aber man gebraucht ja diese Wörter auch nicht als Begriffswörter.

 
   
                   We are only concerned with what can be said. Wir haben es nur mit dem zu tun, was gesagt werden kann. Das heisst: Zum Glück müssen wir keine Enttäuschungen eingestehen: es gibt nichts, was wir versuchen, aber nicht ausführen können.

 
   
                   Etwas ist ein Satz nur in einer Sprache.

 
   
                   Wenn ich nun sage: aber die Sprache kann sich doch ausdehnen, so ist die Antwort: Gewiss, aber wenn dieses Wort “ausdehnen” hier einen Sinn hat, so muss ich jetzt schon wissen, was ich damit meine, muss angeben können, wie ich mir so eine Ausdehnung vorstelle. Und was ich jetzt nicht denken kann, das kann ich jetzt auch nicht ausdrücken, und auch nicht andeuten.

 
   
                   Und das Wort “jetzt” bedeutet hier: “in dies “in
dieser
diesem
Grammatik”
Kalkül”
, oder: “wenn die Worte mit diesen grammatischen Regeln gebraucht werden”.

 
   
                   Hier haben wir dieses bohrende Problem: wie es möglich ist, an die Existenz von Dingen auch nur zu denken, wenn wir immer nur Vorstellungen – ihre Abbilder – sehen. // : wie es denn möglich ist, auch nur auf d
109
den Gedanken der Existenz von Dingen zu kommen, wenn wir immer nur Vorstellungen (nie die Dinge selbst) erhalten. //

 
   
                   Hierher gehört die alte Frage: “wie bin ich dann aber überhaupt zu diesem Begriff gekommen?(etwa zu dem der ausser mir liegenden Gegenstände). (Es ist ein Glück, eine solche Frage aus der Entfernung als alte Gedankenbewegung betrachten zu können; ohne in ihr verstrickt zu sein.) Zu dieser Frage ist ganz richtig der Nachsatz zu denken: “ich konnte doch nicht mein eigenes Denken transcendieren”, “ich konnte doch nicht sinnvoll das transcendieren, was für mich Sinn hat”. Es ist das Gefühl, dass ˇich nicht auf Schleichwegen (hinterrücks) dahinkommen kann, etwas zu denken, was zu denken mir eigentlich verwehrt ist. Dass es hier keine Schleichwege gibt, auf denen ich weiter kommen könnte, als auf dem direkten Weg.

 
   
                   Wir haben es natürlich wieder mit einer falschen Analogie zu tun: Es hat guten Sinn zu sagen “ich weiss, dass er in diesem Zimmer ist, weil ich ihn höre, wenn ich auch nicht hinein/gehen und ihn sehen kann”.

 
   
                   Wenn ich “es verhält sich so und so” als allgemeine Satzform gelten lasse, dann muss ich 2 und 2 2 + 2 = 4 unter die Sätze rechnen, denn es ist grammatisch richtig, zu sagen: “es verhält sich so, dass 2 + 2 gleich 4 ist”. Es braucht weitere Regeln, um die Sätze der Arithmetik auszuschliessen.

 
   
                   Ist es quasi eine Verunreinigung des Sinnes, dass wir ihn in einer bestimmten Sprache, mit ihren Zufälligkeiten, ausdrücken und nicht gleichsam körperlos und rein? Nein, denn es ist wesentlich, dass ich die Idee der Uebersetzung von einer Sprache in die andere verstehe.

 
   
                   (Kleist schrieb einmal, es wäre dem Dichter am liebsten, er
110
könnte die Gedanken
selbst
an sich
ohne Worte übertragen. (Welch seltsames Eingeständnis.))

 
   
                   Spiele ich eigentlich doch nicht das Schachspiel selbst, da die Figuren ja auch anders sein könnten?!

 
   
                   Da der Sinn eines Satzes ganz in der Sprache fixiert ist und es auf den Sinn ankommt, so ist jede Sprache gleich gut. Der Sinn aber ist das, was Sätze, die in einander übersetzbar sind, gemein haben. Sätze können aber nur innerhalb ihrer Sprachen in einander übersetzt werden. Denn, wenn ich z.B. ein Wort in ein anderes übersetze, so mache ich eine Regel für alle Verbindungen, in denen das Wort vorkommt.

 
   
                   Was heisst es nun, die Idee der Uebersetzung oder Uebersetzbarkeit verstehen?

 
   
                    / Hier liegt übrigens der Unterschied zwischen der philologischen und der philosophischen Betrachtung. /

 
   
                   Es kann doch nicht heissen: jede mögliche Uebersetzung, also alle möglichen äquivalenten Sprachen, kennen!

 
   
                   Sondern die Uebersetzungen verhalten sich zur Sprache, wie die verschiedenen Ansichten oder Projektionen zu einem Körper, dessen Projektionen es sind. Ist der Körper gegeben – etwa durch eine Gleichung bezüglich // mit Bezug auf ein // Koordinatensystem // eines Koordinatensystems, so sind auch seine Gleichungen bezüglich jedes anderen Koordinatensystems gegeben, da ja das andere Koordinatensystem, als eines im selben Raum wie das erste, nur durch dieses beschrieben sein kann. So dass also die Transformationsregel durch die Beschreibung des zweiten Koordi-
111
natensystems in der Sprache des ersten bereits gegeben ist.

 
   
                   “2 + 2 = 4”, “die Rose ist rot”, etc. Warum soll ich nicht schreiben: ‘2 + 2 = 4’, ‘die Rose = rot’. Wenn es mit ‘ist’ geht, dann auch mit ‘ = ’. Gewiss, aber was die logische Form charakterisiert, ist gerade die Bestimmung, dass das Zeichen ‘ = ’ in der zweiten Verbindung nicht gebraucht werden darf.

 
   
                   Die Bedeutung des Zeichens ‘ist’ auch ohne
diese
die
Uebertragung richtig auffassen, heisst, im besondern Fall keine falschen Operationen
vorzunehmen
machen
; also z.B. nicht die Worte ‘die Rose’ für ‘rot’ substituieren.

 
   
                   Ein ernster Einwand gegen das, was ich sage, ist nicht die Frage nach der Erweiterung der Grammatik, denn was ich unter dieser Erweiterung verstehe, musste ich in der unerweiterten Grammatik wissen. // denn dieses Wort “Erweiterung” musste
nach
in
der unerweiterten Grammatik seine Bedeutung haben. // Wohl aber könnte man fragen, ob denn die Grammatik überhaupt abgeschlossen sei; oder, ob wir sagen können, wir kennen alle Regeln
der
über die
Anwendung eines Wortes.
                   Soll das heissen, dass ich in jedem bestimmten Fall weiss, oder wissen kann, ob das Wort der Regel gemäss, oder nicht, angewendet ist.

 
   
                   Das ist eine der vielen Stellen, wo man versucht ist, mehr zu sagen, als klar, und nötig, ist. Das heisst, dass man versucht ist, eine Annahme zu machen.

 
   
                   Kann man sagen: “Ich meine etwas mit diesen Worten”, das heisst, sie sind ein Teil
meiner
einer
Rechnung.

 
   
                   Suchen zum Finden verhält sich nicht, wie Hunger zur Stillung
112
des Hungers.

 
   
                   
Soll
Kann
ich sagen: Mich interessiert die Sprache nur so weit, als sie ein Kalkül ist.

 
   
                   Die grammatischen Regeln gelten nicht “nur für den luftleeren Raum”.

 
   
                   Die Philosophie rein descriptiv, und zwar beschreibt sie die Sprache. D.h.: sie gibt keine Gründe.

 
   
                   Das schwierigste Problem scheint der Gegensatz, das Verhältnis, zu sein zwischen dem Operieren mit der Sprache in der Zeit // im Lauf der Zeit // und dem momentanen Erfassen des Satzes.

 
   
                   Aber wann erfassen oder verstehen wir den Satz?! Nachdem wir ihn ausgesprochen haben? – Und wenn, während wir ihn aussprechen: ist das Verstehen ein artikulierter Vorgang, wie das Bilden des Satzes, oder ein inartikulierter? Und wenn ein artikulierter: muss er nicht projektiv mit dem andern verbunden sein? Denn sonst wäre seine Artikulation von der ersten unabhängig.

 
   
                   Man könnte fragen: Wie lange braucht
man
es
, um einen Satz zu verstehen. Und wenn man ihn eine Stunde lang versteht, beginnt man da immer vom frischen?

 
   
                    / Das Läuten der Glocke; das Zeichen, dass etwas gefunden wurde. /

 
   
                   The bridge can only be crossed when we get there, not before.
113
(Gemeint ist die Brücke zwischen Zeichen und Realität.)

 
   
                   Ist das Verstehen nicht das Erfassen des Satzes, so kann es auch nach diesem (und warum nicht auch vorher) vor sich gehen.

 
   
                   Das Verstehen ist, wie es meistens aufgefasst wird, ein vaguer Vorgang – uns interessiert nur, was exakt ist. Aber nicht, weil uns nur das “Ideal” einer Sprache interessiert, “
dem
der
sich die Wirklichkeit nur nähert”, sondern weil wir nur so das fassen können, was in jeder Sprache ausgedrückt ist.

 
   
                   Aber was sagte ich damit “dass mich nur Exaktes interessiert”?
                   Was ist denn das Unexakte? Was ist das Vague, dass ich ausschliesse?

 
   
                   Warum sage ich: die Gefühle, Stimmungen, etc. die einen Satz begleiten, oder ihm folgen, oder vorhergehen, interessieren mich nicht?
                   Weil es nur die symbolische Struktur ist, die mich interessiert.

 
   
                   Besteht das Vague nicht darin, dass es nicht zum Symbol gehört, so und anders sein kann, auch wenn das Symbol das gleiche ist?
                   Nein, es ist noch etwas anderes: Quasi, dass es nur meine Aufgabe ist, etwas klar zu sagen und nichts anzudeuten.

 
   
                   Soll ich sagen: die Exaktheit besteht darin, dass uns, was zweifelhaft ist, nicht angeht?

 
   
                   Frege über die psychologische Logik. Seine Bemerkungen beziehen sich alle auf die Inexaktheit der psychologischen Betrachtung im Gegensatz zur logischen.

114
 
   
                    Kann ich sagen,
uns
mich
interessiert nur der Inhalt des Satzes? Und der Inhalt des Satzes ist in ihm.

 
   
                   Seinen Inhalt hat der Satz als Glied des Kalküls.

 
   
                   Ist also “einen Satz verstehen” von der gleichen Art, wie “einen Kalkül beherrschen”? Also wie: multiplizieren können? Das glaube ich.

 
   
                   Denn ist nicht die Probe auf das Verstehen immer ein Weiter[h|g]e[n|h]en von dem Satz aus?!

 
   
                   Und es muss heissen auf die Frage “was heisst ‘einen Satz verstehen’”: Was ist die Probe des Verstehens?

 
   
                   Bei der Frage nach der allgemeinen Satzform bedenken wir, dass die gewöhnliche Sprache zwar einen bestimmten Satzrythmus hat, aber nicht alles, was diesen Rythmus hat, ein Satz ist.
                   D.h. wie ein Satz klingt und keiner ist. – Daher die Idee vom sinnvollen und unsinnigen ‘Satz’.

 
   
                   Anderseits ist dieser Rythmus aber natürlich nicht wesentlich. Der Ausdruck “Zucker Tisch” klingt nicht wie ein Satz, kann aber doch sehr wohl den Satz “auf dem Tisch liegt Zucker” ersetzen. [u|U]nd zwar nicht etwa so, dass wir uns etwas Fehlendes hinzudenken müssten, sondern, es kommt wieder nur auf System an, dem der Ausdruck “Zucker Tisch” angehört.

 
   
                   Es fragt sich also, ob wir ausser diesem irreführenden Satzklang noch einen allgemeinen Begriff vom Satz haben. (Ich rede jetzt von dem, was durch ‘ & ’, ‘ V ’, ‘C’, zusammen-gehalten wird.)

115
 
   
                    Wovon unterscheide ich denn einen Satz? Oder, wovon will ich ihn denn unterscheiden? Von Satzteilen in seinem grammatischen System (wie die Gleichung vom Gleichheitszeichen), oder was wir nicht Satz nennen, also diesem Sessel, meiner Uhr, etc. etc.? Denn, dass es Schrift- oder Lautbilder gibt, die Sätzen besonders ähnlich sind, braucht uns eigentlich nicht zu kümmern.

 
   
                   Oder wir müssen sagen: Vom Satzbegriff // Satz // kann nur in einem // innerhalb eines // grammatischen Systems gesprochen werden. // … kann nur in der Erklärung eines grammatischen Systems die Rede sein. //

 
   
                   Es geht mit dem Wort “Satz” wie mit dem Wort “Gegenstand” und andern: Nur auf eine beschränkte Sphäre angewandt sind sie zulässig und dort sind sie natürlich. Soll die Sphäre ausgedehnt werden, damit der Begriff ein philosophischer wird, so verflüchtigt sich die Bedeutung der Worte und es sind leere Schatten. Wir müssen sie dort aufgeben und wieder in den engen Grenzen benützen.

 
   
                   Nun möchte man aber sagen: “Satz ist alles, womit ich etwas meine”. Und gefragt “was heisst das, ‘etwas’ meinen”,
würde
müsste
ich Beispiele anführen. Nun haben diese Beispiele zwar ihren Bereich, auf den sie ausgedehnt werden können, aber weiter führen sie mich doch nicht. Wie ich ja in der Logik nicht ins Blaue verallgemeinern kann. Hier handelt es sich aber nicht um Typen, sondern, darum, dass die Verallgemeinerung selbst etwas bestimmtes ist; nämlich ein Zeichen mit vorausbestimmten grammatischen Regeln. D.h., dass die Unbestimmtheit der Allgemeinheit keine logische Unbestimmtheit ist. So als hätten wir nun nicht nur Freiheit im logischen Raum, sondern auch Freiheit, diesen Raum zu erweitern, oder zu verändern.

 
   
                   Also nicht nur Bewegungsfreiheit, sondern eine Unbestimmtheit der
116
Geometrie.

 
   
                   Ueber sich selbst führt uns kein Zeichen hinaus; und auch kein Argument.

 
   
                   Wenn wir sagen, Satz ist jedes Zeichen, womit wir etwas meinen, so könnte man fragen: was meinen wir, und wann meinen wir es? Während wir das Zeichen geben[,|?] u.s.w., u.s.w..
                   Und da wird es wieder klar, dass dieses Meinen, wenn es relevant sein soll, zum Vorgang des Symbols gehören muss. Es sei denn, dass unter dem ‘Meinen’ ein Vorgang verstanden würde, der durch seine psychologische oder physiologische Art für uns besondere Bedeutung hätte. Es könnte z.B. sein, dass wir erst dann von einem Befehl sagen, er habe für uns Sinn, wenn er gewisse Muskelkontraktionen in uns hervorruft, oder auch, wenn wir ihn in eine Sprache von Muskelkontraktionen übersetzt hätten.
                   Es wäre, als würde man sagen: Der Satz hat Sinn, wenn er Bedeutung für's Leben gewinnt.

 
   
                   Wenn ich frage “was ist die allgemeine Form des Satzes”, so kann die Gegenfrage lauten: “haben wir denn einen allgemeinen Begriff vom Satz, den wir
nur
nun
exakt fassen wollen?” – So wie: Haben wir einen allgemeinen Begriff von der Wirklichkeit?

 
   
                   Die Frage kann auch lauten: Was geschieht, wenn ein neuer Satz in die Sprache aufgenommen wird: Was ist das Kriterium dafür, dass er ein Satz ist? oder, wenn das Aufnehmen in die Sprache ihn zum Satz stempelt, worin besteht diese Aufnahme? Oder: was ist Sprache?

 
   
                   Da scheint es nun offenbar, dass man das Zeichengeben von anderen Tätigkeiten unterscheidet. Ein Mensch schläft,
117
isst, trinkt, gibt Zeichen, etc.

 
   
                   Zeichengeben = sich einer Sprache bedienen.

 
   
                   In der Grammatik wird also das Wort “Sprache” nicht vorkommen.

 
   
                   ‘Sprache’ im Gegensatz zu Sport, ja, – aber damit ja die Grammatik nichts zu tun.

 
   
                   Wenn man sagte: Sprache ist alles, womit man sich verständigen kann, so muss // müsste // man fragen: Aber worin besteht es, ‘sich verständigen’?
                   Ich könnte als Antwort darauf einen realen oder fiktiven Fall einer Verständigung von Menschen oder andern Lebewesen beschreiben. In dieser Beschreibung werden dann fingierte kausale Verbindungen eine Rolle spielen. Aber wenn der Begriff Sprache durch solche bestimmt ist, so interessiert er uns nicht. Aber abgesehen von jenen empirischen Regelmässigkeiten der Ereignisse haben wir dann nur noch einen willkürlichen // beliebigen // Kalkül. – Aber worin besteht denn das Wesentliche eines Kalküls?

 
   
                   ‘Sprache’ und ‘Lebewesen’. Der Begriff des Lebewesens hat die gleiche Unbestimmtheit wie der der Sprache. // … ist so unbestimmt wie … //

 
   
                   “Ist dieser Satz nicht vielleicht ein logisches Produkt mehrerer Sätze?” Wie würde sich das ergeben?

 
   
                   Wir halten uns an die Worte.

 
   
                   Wenn wir eine Erklärung, etwa des logischen Folgens, lesen, so halten wir uns an das, was Er schreibt. Wir halten uns an die Worte; an
118
die Zeichen.

 
   
                   Die Unendlichkeit ist keine Grösse, schaut aber aus wie eine Grösse. (Das ist unsere Schwierigkeit.)

 
   

Alles was ich in der Sprache tun kann, ist etwas sagen: das eine sagen. (Das eine sagen im Raume dessen, was ich hätte sagen können.)

 
   
                   Wenn ein Satz nicht eine mögliche Bindung unter anderen wäre, so hätte er keine Funktion.
                   D.h.: Wenn ein Satz nicht das Ergebnis einer Entscheidung wäre, hätte er nichts zu sagen.

 
   
                   Der Beweis der Wiederspruchsfreiheit der Axiome, über den von dem die Mathematiker heute soviel Aufsehens machen. Ich habe das Gefühl: wenn in den Axiomen eines Systems ein Widerspruch wäre, so wäre das garnicht so ein grosses Unglück. Nichts leichter, als ihn zu beseitigen.

 
   
                   Wir sagen: für uns gibt es nicht wesentlich äussere und innere Vorgänge. (Jeder Vorgang ist in gewissem Sinne ein äusserer Vorgang.)
                   Wir werden das Denken untersuchen von dem Standpunkt aus, dass es auch von einer Maschine ausgeführt werden könnte.
                   Aber hier befinden wir uns in einer gänzlich falschen Betrachtungsweise. Wir sehen das Denken für einen Vorgang wie das Schreiben an, oder das Weben, als wäre es das Erzeugen eines Produkts, des Gedankens, wie das Weben, das Erzeugen eines Sto[g|f]fes, etc.. Und dann lässt sich natürlich sagen, dass dieser Vorgang der Erzeugung ˇsich im Wesentlichen auch maschinell muss denken lassen.
                   Aber hier ist unsere Auffassung ganz falsch. Das [d|D]enken interessiert uns nur,
119
sofern es uns unmittelbar bewusst, gegeben, ist. Es ist ein Vorgang nur im unmittelbar Gegebenen.
                   Von einem Produkt und Etwas, das es hervorbringt, ist für uns überhaupt keine Rede.

 
   
                   Schon die Bezeichnung ‘Tätigkeit’ für's Denken ist in einer Weise irreführend. Wir sagen: das Reden ist eine Tätigkeit unseres Mundes. Denn wir sehen dabei unseren Mund sich bewegen und fühlen es, etc. In
diesem
demselben
Sinne kann man nicht sagen, das Denken sei eine Tätigkeit unseres Gehirns.
                   Und kann man sagen, das Denken sei eine Tätigkeit des Mundes oder des Kehlkopfs oder der Hände (etwa, wenn wir schreibend denken)?
                   Zu sagen, Denken sei eben eine Tätigkeit des Geistes, wie Sprechen des Mundes, ist eine Travestie (der Wahrheit).
                   Wir gebrauchen eben ein Bild, wenn wir von der Tätigkeit des Geistes reden.

 
   
                   Das Denken ist nicht mit der Tätigkeit eines Mechanismus zu vergleichen, die wir von aussen sehen // der wir von aussen zuschauen // deren Inneres wir aber sehen müssten // müssen // um sie zu verstehen.
// Das Denken ist nicht die Tätigkeit eines Mechanismus, der wir von aussen zusehen, deren Inneres aber erforscht werden muss. //
// Das Denken ist nicht mit der Tätigkeit eines Mechanismus zu vergleichen, den wir von aussen sehen, in dessen Inneres wir aber erst dringen müssen. //

 
   
                   Denn, was uns am Denken nicht bewußt wäre, gehörte nicht dazu.
I


 
   
                   Im Denken wird nicht etwas in einem abgeschlossenen Raum verdaut.

120
 
   
                    Das Denken ist ganz dem Zeichnen von Bildern zu vergleichen.
                   Man kann aber auch sagen: Das [d|D]enken ist (wesentlich) mit keinem Vorgang zu vergleichen und was wie ein Vergleichsobjekt scheint, ist in Wirklichkeit ein Beispiel.

 
   
                   Der Vorgang der Uebersetzung – etwa des Spielens [h|n]ach Noten – wird durch die Worte beschrieben: er, der Uebersetzende, richtet sich nach den Noten.
                   Ist das nun die eigentliche, rein sachliche Beschreibung des Vorgangs, oder ist in sie schon ein Bild (Gleichnis) hineingetragen ([G|g]leichsam ein Anthropomorphismus)?

 
   
                   ‘Er richtet nach den Noten’ heisst vor allem nicht, dass er “richtig” spielt. Wohl aber beschreibt es seine Absicht.

 
   
                   Zu sagen “Er hat die Absicht dieses Stück zu spielen (wobei man auf die Noten zeigt) hat gar keinen Sinn, wenn nicht eine Projektionsregel vorausgesetzt ist. Denn sonst ist jede Folge von Tönen oder keine dieses Stück.

 
   
                   Wer liesst, macht das, was er abliest, abhängig von dem, was da steht. Aber die Abhängigkeit kann nur durch eine Regel ausgedrückt werden.

 
   
                   Was hätte übrigens
die
eine
allgemeine Regel überhaupt auszudrücken, wenn
nicht das
das nicht
?

 
   
                   Soweit er, was er tut, nicht von dem abhängig macht, was da steht, (soweit) liest er nicht[.|;]
121
liest er nicht; wenn auch das, was da steht, ihn zu dem veranlasst, was er tut.

 
   
                   Der Vorsatz muss so sein, dass sein Ausdruck es möglich macht, zu überprüfen, ob er ausgeführt wurde // … ob die Absicht erreicht wurde // .
                   Es muss sich also die richtige Ausführung aus der Vorlage und dem Ausdruck des Vorsatzes ableiten (quasi berechnen) lassen.

 
   
                   Wenn ich etwas beschreibe, so muss ich die Beschreibung von dem Zubeschreibendem herunterlesen.

 
   
                   Wenn man sagt, die Sinnesdaten seien “privat”, niemand anderer könne meine Sinnesdaten sehen, hören fühlen, und meint damit nicht eine Tatsache unserer Erfahrung, so müsste das ein philosophischer Satz sein. Den gibt es aber nicht, und was gemeint ist, drückt sich darin aus, dass eine Person in die Beschreibung von Sinnesdaten nicht eintritt. Denn, kann

 
   
                   Denn, kann ein Anderer meine Zahnschmerzen nicht haben, so kann ich sie – in diesem Sinne – auch nicht haben.

 
   
                   In dem Sinne, in welchem es nicht erlaubt ist zu sagen, der Andere habe diese Schmerzen, ist es auch nicht erlaubt zu sagen, ich
hätte
habe
sie.

 
   
                   Was wesentlich privat ist, oder scheint, hat keinen Besitzer.

 
   
                   Was soll, es heissen: er hat diese Schmerzen? ausser, er hat solche Schmerzen: d.h., von solcher Stärke, Art, etc.. Aber nur in dem Sinn kann auch ich diese Schmerzen haben.

122
 
   
                    Das heisst, die Subjekt-Objekt/Form ist darauf nicht anwendbar.
                   Die Subjekt-Objekt Form bezieht sich auf den Leib und die Dinge um ihn, die auf ihn wirken.

 
   
                   Es scheint ein Einwand gegen die Beschreibung des unmittelbar Erfahrenen zu sein: “für wen beschreibe ich's?” Aber wie, wenn ich es abzeichne? Und die Beschreibung muss immer ein Nachzeichnen sein.
                   Und soweit eine Person für das Verstehen in Betracht kommt, steht die Meine und die des Anderen auf einer Stufe. Es ist doch hier ebenso wie mit den Zahnschmerzen.
                   Beschreiben ist [N|n]achbilden, und ich muss no nicht notwendigerweise für irgendjemand nachbilden.

 
   
                   Wenn ich mich mit der Sprache dem Andern verständlich mache, so muss es sich hier um ein Verstehen im Sinne des Behaviourism handeln. Dass er mich verstanden [g|h]at, ist eine Hypothe[d|s]e, wie, dass ich ihn verstanden habe.

 
   
                   In der nicht-hypothetischen Beschreibung des Gesehenen, [g|G]ehörten – diese Wörter bezeichnen hier grammatische Formen – tritt das Ich nicht auf, es ist hier von Subjekt und Objekt nicht die Rede.

 
   
                   “Für wen würde ich meine unmittelbare Erfahrung beschreiben? Nicht für mich, denn ich habe sie ja; und nicht für jemand andern, denn der könnte sie nie aus der Beschreibung entnehmen?” – Er kann sie soviel und so wenig aus der Beschreibung entnehmen, wie aus einem gemalten Bild. Die Vereinbarungen über die Sprache sind doch mit Hilfe von gemalten Bildern (oder was diesem gleichkommt) getroffen w[i|o]rden. Und, unserer gewöhnlichen Ausdrucksweise nach, entnimm-t er doch aus einem gemalten Bild etwas.
123
etwas. Und, zu fragen, ob er dasselbe entnimmt, was wir sehen, ist ja Unsinn; ebensolcher Unsinn, wie die Frage, ob mich mein Gedächtnis nicht täuscht, wenn es mir sagt, dass die das die Farbe ist, die ich vor e einer Minute in diesem Bild gesehen habe.

 
   
                   Es ist eben irreführend, zu sagen “das Gedächtnis sagt mir, dass dies dieselbe Farbe ist etc.” Sofern es mir etwas sagt, kann es mich auch täuschen (d.h. etwas falsches sagen).
                   Wenn ich die unmittelbar gegebene Vergangenheit beschreibe, so beschreibe ich mein Gedächtnis, und nicht etwas, was dieses Gedächtnis anzeigt. (Wofür dieses Gedächtnis ein Symptom wäre.)

 
   
                   Und “Gedächtnis” bezeichnet hier – wie früher “Gesicht” und “Gehör” – auch nicht ein psychisches Vermögen, sondern einen bestimmten Teil der logischen Struktur unserer Welt.

 
   
                   Handelt die Mathematik von Zeichen // Schriftzeichen // ? Ebensowenig, wie das Scha[h|c]hspiel von Holzfiguren handelt.
                   Wenn wir von dem Sinn mathematischer Sätze reden, oder, wovon sie handeln, so gebrauchen wir ein falsches Bild. Es ist nämlich hier auch so, als ob unwesentliche, willkürliche, Zeichen das Wesentliche – eben den Sinn – miteinander gemein hätten // gemeinsam haben // .

 
   
                   Weil die Mathematik ein Kalkül ist und daher wesentlich von n nichts handelt, gibt es keine Metamathematik.

 
   
                   Man kann nur immer Unwesentliches ausdrücken.
                   Wenn ich z.B. die Philosophie mit dem Satz beginnen wollte, dass wir eine Sprache zur Darstellung der Tatsachen gebrauchen, so wäre dies wieder unwesentlich, das Wesentliche aber, dass eine solche Sprache
124
gebraucht werden kann kann, kann nicht gesagt werden.

 
   
                   Irgendetwas sagt mir: eigentlich dürfte ein Widerspruch in den Axiomen eines Systems nicht schaden, als bis er offenbar wird. Man denkt sich einen versteckten Widerspruch wie eine versteckte Krankheit, die schadet,, obwohl (und vielleicht gerade deshalb weil) sie sich uns nicht deutlich zeigt. Zwei Spielregeln aber, die einander für einen bestimmten Fall widersprechen, sind vollkommen in Ordnung, bis dieser Fall eintritt. [U|u]nd dann erst wird es nötig, durch eine weitere Regel zwischen ihnen zu entscheiden.

 
   
                   Auch die Logik ist keine Mathematik, d.h. auch [o|O]perationen des logischen Kalküls // das Arbeiten mit dem logischen Kalkül //
kann
können
keine wesentlichen Wahrheiten über die Mathematik zu Tage fördern. Siehe hierzu das “Entscheidungsproblem” und ähnliches in der modernen mathematischen Logik.

 
   
                    / Der Denkern gleicht sehr dem Zeichner,. Der alle Zusammenhänge nachzeichnen will. /

 
   
                   Lass die Grammatik, wie sie ist.

 
   
                   Aber wie ist es: Ich gehe diesen Weg, um dorthin zu kommen; ich drehe den Hahn auf, um Wasser zu erhalten, ich winke, damit jemand zu mir kommt, und endlich teile ich ihm meinen Wunsch mit, damit er ihn erfüllt!

 
   
                   Aber was geht vor sich, wenn ich den Hahn aufdrehe, damit Wasser herausfliesst? Was geschieht ist, dass ich den Hahn aufdrehe, und dass dann Wasser herauskommt, oder nicht. Was geschieht, ist also, dass ich den Hahn aufdrehe. –
125
ich den Hahn aufdrehe. – Was auf das Wort “damit” folgt, die Absicht, ist darin nicht enthalten. Ist sie vorhanden, so muss sie ausgedrückt sein und sie kann nur dann bereits durch das Aufdrehen des Hahnes ausgedrückt sein, wenn
das
es
Teil einer Sprache ist.

 
   
                   Ich suche meinen Bleistift; dann ist in den Bewegungen des Suchens die Absicht des Suchens nicht ausgedrückt.

 
   
                   Es gibt jedenfalls eine bestimmte Erfahrung: jemandem etwas mitteilen wollen. Beschränkt mann die Bedeutung des Worts “Sprache” auf diesel Mitteilung, so ist es vielleicht klar abgegrenzt,
sonst
anderseits
aber sieht man hier die Unbestimmtheit im Begriff ‘[s|S]prache’.

 
   
                   Wenn ich etwas suche, so ist es wesentlich, dass ich das Finden ebenso ausführlich muss beschreiben können (ob es (je so) eintritt oder nicht) ehe der Gegenstand gefunden ist. Nun wende das auf das Suchen der Lösung einer mathematischen Aufgabe an.

 
   
                   Eine der gefährlichsten Ideen ist, merkwürdigerweise, dass wir mit dem Kopf, oder im Kopf, denken.

 
   
                   Die Idee von einem Vorgang im Kopf, in dem gänzlich abgeschlossenen Raum, gibt dem Denken etwas Okultes.

 
   
                    / Es wird oft gesagt, dass die neue Religion die Götter der alten zu Teufeln stempelt. Aber in Wirklichkeit sind diese (dann) wohl schon zu Teufeln geworden. /

 
   
                   Aber warum zerbreche ich mir über den Begriff ‘Sprache’ den Kopf, statt Sprache zu gebrauchen?!
126

                   Dieses K[p|o]pfzerbrechen ist nur dann berechtigt, wenn wir einen allgemeinen Begriff haben.

 
   
                   “Diese Gegend macht mich melancholisch”. Woherb weisst Du, dass es die Gegend ist? Ist das eine Hypothese – wie Du auch nur glau glaubst, dass es jene Speise war, die die Magenschmerzen verursachte, oder gehört es zur unmittelbaren Erfahrung. Wäre es also widerlegt, wenn D[U|u], in eine andere Gegend versetzt, melancholisch bliebest; oder ist es nicht durch eine künftige Erfahrung zu widerlegen, da es die Beschreibung der gegenwärtigen ist?
                   Ja, wie bist Du auf den Gedanken gekommen, dass es die Gegend ist, die diese Stimmung hervorruft? Oder handelt es sich eben gar nicht um einen durch sie hervorgerufenen Zustand meiner Person, sondern, etwa, darum, dass das Bild der Gegend melancholisch ist? (Dies hängt unmittelbar zusammen mit dem Problem: Motiv und Ursache.)
                   “[d|D]as ist ein furchtbarer Anblick”. – “Wie weisst Du, dass er furchtbar ist?”
                   “Ich zittere, weil ich ihn sehe”. Das kannst Du nicht wissen. Vielleicht hättest Du auch sonst gezittert.
                   Wie hängt die Furcht mit dem Anblick zusammen? oder mit der furchtbaren Vorstellung? Oder soll ich etwa sagen: “sich vor dieser Vorstellung fürchten” heisst, sie haben und sich fürchten? [w|W]enn man nun aber mehrere Vorstellungen hat, während man sich fürchtet (mehreres sieht oder hört), ist da ein Zweifel darüber, was das Furchtbare ist? Oder weiss man es eben aus Erfahrung, wovor (von allen diesen Sachen) man sich fürchtet? Kann man anderseits nicht Anblick und Furcht trennen, also sagen, dass der “Anbl[o|i]ck an sich” nicht furchtbar ist? – Ich möchte auch sagen “das Fürchten ist eine Beschäftigung mit dem Anblick”.
                   Kann ich sagen: es sei ein sehr komplizierter Vorgang, in welchen die Vorstellung an charakteristischen Stellen eintritt?
127

                   Denken wir an ein furcht-bares Antlitz. Welche Rolle spielt der Anblick im Vorgang der Furcht.

 
   
                   Ich will sagen: die Furcht begleitet nicht den Anblick. Sondern das Furchtbare und die Furcht haben die Struktur des Gesichtes. Denken wir, dass wir den Zügen der eines Gesichts mit den Augen in Aufregung folgen. Sie gleichsam zitternd nachfahren. So dass die Schwingungen der Furcht den Linien des Gesichts superponiert wären.

 
   
                   Bedenke die merkwürdige Projektionsweise, durch die die Zeichnung in ein menschliches Gesicht projiziert wird.

 
   
                   Die Musik scheint manchem eine primitive Kunst zu sein, mit ihren wenigen Tönen und Rythmen. Aber einfach ist nur ihre Oberfläche // ihr Vordergrund // , während der Körper, der die Deutung dieses manifesten Inhalts ermöglicht, die ganze unendliche Komplexität besitzt, die wir in dem Aeusseren der der anderen Künste angedeutet finden und die Musik verschweigt. Sie ist in gewissem Sinne die raffinierteste aller Künste.

 
   
                   Kein Kalkül kann ein philosophisches Problem entscheiden.
                   Der Kalkül kann uns nicht prinzipielle Aufschlüsse über die Mathematik geben.

 
   
                   Es kann daher // darum // auch keine “führenden Probleme” der [M|m]athematischen Logik geben, denn das wären solche, deren Lösung uns endlich berechtigen würde // das Recht geben würde // [a|A]rithmetik zu treiben, wie wir es tun.

128
 
   
                    Und dazu können wir nicht auf den Glücksfall der Lösung eines mathematischen Problems warten.

 
   
                   Das Verständnis eines Satzes kann nur die Bedingung dafür sein, dass wir ihn anwenden können. D.h., es kann nichts sein, als
die
diese
Bedingung und es muss die Bedingung der Anwendung sein.

 
   
                   Alles, was zum Verständnis des Symbols nötig ist, enthält es und was es nicht enthält, ist für die Sache überhaupt belanglos.
                   Also muss die Kenntnis des Symbols nicht nur ausreichend sein, sondern keine Kenntnis ausserdem auch nur eine Hilfe; sondern – wie gesagt – ganz belanglos.

 
   
                   Das Verständnis eines Befehls kann nur die Bedingung dessen sein, dass ich ihn ausführen kann. Nicht mehr und nicht weniger.
                   Wenn mir das Verstehen des Befehles bei der Ausführung nicht hilft, dann interessiert es mich überhaupt nicht.

 
   
                   Einen Satz verstehen, heisst, eine Sprache verstehen.

 
   
                   Von einem Verständnis, das herbeizuführen wir wesentlich kein Mittel haben, können wir nicht reden.

 
   
                   Der Philosoph trachtet das erlösende Wort zu finden, das ist das Wort, das uns endlich erlaubt, das zu fassen, was bis jetzt immer ungreifbar unser Bewusstsein belastet hat.

 
   
                   Kein psychologischer Vorgang kann besser symbolisieren, als Zeichen, die auf dem Papier stehen.
                   Der psychologische Vorgang kann auch nicht mehr leisten, als
129
die Schriftzeichen/auf dem Papier.
                   Denn immer wieder ist man in der Versuchung, einen symbolischen Vorgang durch einen besonderen psychischen Vorgang erklären zu wollen, als ob die Psyche in dieser Sache viel mehr tun könnte, als das Zeichen.

 
   
                   Es missleitet uns da die falsche Analogie mit einem Mechanismus, der mit anderen Mitteln arbeitet, und daher
eine besondere Bewegung
besondere Bewegungen
erklären kann. Wie wenn wir sagen: diese Bewegung kann nicht durch den Eingriff von Zahnrädern allein erklärt werden.

 
   
                   Hierher gehört irgendwie: dass es nicht selbstverständlich ist, dass sich das Zeichen durch seine Erklärung ersetzen lässt. Sondern eine merkwürdige, wichtige Einsicht in das Wesen dieser (Art von) Erklärung.

 
   
                   Die Beschreibung des Psychischen müsste sich ja doch wieder als Symbol verwenden lassen.

 
   
                   Wenn wir die Disposition, ein Zeichen “a a d d d c b a” mittels der Regel
a !
b !
c !
d !
zu übersetzen, eben durch
a !
b !
c !
d !
ausdrücken, dann kann in jener Disposition auch nicht wesentlich mehr liegen, als in dem Zeichenausdruck für die Regel.

 
   
                   Das heisst, diese Disposition unterscheidet sich etwa von der, den Satz nach
a !
b !
c !
d !
zu übersetzen wie das erste Regelzeichen vom zweiten.

 
   
                   Wenn ich den Satz “a a d d d d b c” nach
130
a !
b !
c !
d !
in übertrage, so richte ich mich nach der Regel im
selben Sinn, wie wenn ich
1, 2, 3, 4 nach ‘x …x²’ in
1 4 9 16 übertrage.

 
   
                   Im speziellen Fall kommt natürlich die Regel nicht mit Betonung ihrer Allgemeinheit vor, wie in f(a) nicht f(x) als etwas Allgemeines vorkommt.

 
   
                   Wenn ich nun wie oben übertrage, so liegt die Art der Uebertragung in der Art, wie ich zu dem Resultat der Uebertragung gekommen bin. Es ist ja unleugbar, dass ich auf verschiedene Weisen von 1, 2, 3, 4 zu 1, 4, 9, 16 kommen kann und mehr kann ich nicht behaupten.
                   Wenn ich nun einen Sachverhalt in Worten beschreibe, etwa die Gestalt und Farbe eines Flecks, so schaue ich allerdings dazu auf keine Uebertragungsregel // Rechnungsregel // , wohl aber erhalte ich doch die Worte der Beschreibung in einer ganz bestimmten Weise, verschieden von der, einfach irgendwelche Laute auszustossen, oder auch, mich auf associativem Wege zu solchen Lauten führen zu lassen. Beschreibe ich z.B. einen Fleck mit gewissen Worten, so ist es ja denkbar, dass ich dazu Worte gebrauche, die ich noch nie gehört und nie gebraucht habe. Es wäre wenigstens der Fall denkbar, dass meine Umgebung (die etwa ständig bei mir wäre) diese Worte nie gehört hat und mich (also) auch nicht versteht; dass ich michr aber (wie sich die Leute ausdrücken würden) einbilde, die Dinge hiessen so. Dann habe ich eben damit eine Sprache erfunden. Denn wie ich es verstehe, heissen die Dinge so, wenn ich mir einbilde, dass sie so heissen.

 
   
                   Einen Satz verstehen, heisst, eine Sprache verstehen; einen Satz sprechen, heisst eine Sprache sprechen.

 
   
                   Es ist eben ein Unterschied, ob ich, von dem einen Zeichen irgend-
131
wie beeinflusst, das andere hinschreibe, oder es von dem
anderen
ersten
ablese.
                   Und die kausale Beeinflussung ist ja kein bewusster Vorgang.
                   Wenn ich mich aber nun ärgere, weil jemand zur Türe hereinkommt, kann ich mich hier im Nexus irren, oder erlebe ich ihn wie den Aerger?
                   In einem gewissen Sinne kann ich mich irren, denn ich kann mir sagen “ich weiss nicht, warum mich sein Kommen heute so ärgert”. Das heisst, über die Ursache meines Aergers lässt sich streiten. – Anderseits nicht darüber, dass der Gedanke an sein Kommen – wie man sagt – unlustbetont ist.
                   Wie aber in dem Fall: Ich sehe den Menschen und der Hass gegen ihn steigt bei seinem Anblick in mir gegen ihn auf. – Könnte man fragen: wie weiss ich, dass ich ihn hasse, dass er die Ursache meines Hasses ist. Und wie weiss ich, dass sein Anblick diesen Hass neu erweckt? Auf die erste Frage: –‘ich hasse ihn’ heisst nicht ‘ich hasse und er ist die Ursache meines Hasses’. Sondern er, beziehungsweise sein Gesichtsbild – etc. – kommt in meinem Hass vor, ist ein Bestandteil meines Hasses. (Auch hier tut's die Vertretung nicht, denn was garantiert mir dafür, dass das [v|V]ertretene existiert.) Im zweiten Fall kommt eben unmittelbar die Erscheinung des Menschen in meinem Hass vor, oder, wenn nicht, dann ist seine Erscheinung wirklich nur die hypothetische Ursache meines Gefühls und ich kann mich darin irren, dass sie es ist, die das Gefühl hervorruft.

 
   
                   Ganz ebenso muss es sich auch mit dem Handeln nach einem Zeichenausdruck verhalten. Der Zeichenausdruck muss in diesem Vorgang involviert sein, während er nicht involviert ist, wenn er bloss die Ursache meines Handelns ist.

 
   
                   Und so ist es auch: aus ihm leite ich mein Handeln ab.

 
   
                   Wenn ich nun sage, ich leite mein Handeln
von
aus
dem Zeichenausdruck
132
auf eine gewisse Weise ab, so kann diese Weise im tatsächlichen Vorgang nur so enthalten sein, wie eben eine Funktion f(x) in f(a).

 
   
                   Wenn der Satz “ich hasse ihn” so aufgefasst wird: ich hasse und er ist die Ursache; dann ist die Frage möglich “bist Du sicher, dass Du ihn hasst, ist es nicht vielleicht ein Anderer oder etwas Anderes” und das ist offenbarer Unsinn.

 
   
                   Uebrigens ist der einzige Beweis, dass eine Analyse falsch ist, dass sie zu offenbarem Unsinn führt; d.h. zu einem Ausdruck, der offenbar gegen die Grammatik verstösst, die der normalen Anwendung entspricht.

 
   
                   Wenn ich an ihn denke: welche Bedingungen müssen erfüllt sein, dass das der Fall ist? Welche nicht-hypothetischen Bedingungen? Wenn ich ihn – z.B. – erwarte: muss er jetzt existieren, muss ich ein Erinnerungsbild seiner Person haben? Muss ich ihn einmal gesehen haben? Und in welchem Sinne? Was immer nicht der Fall sein muss, schalten wir aus, und was der Fall sein muss, macht die Existenz des Gedankens aus.

 
   
                   Wenn ich eine Lautreihe hervorbringe und nun sage, ich habe diesen Satz gelesen, so kann kein Zweifel darüber bestehen, ob ich wirklich diesen Satz gelesen habe, oder ob meine Lautreihe anderswie verursacht wurde. D.h., dass ich diesen Satz gelesen habe, sagt gar nichts über die Ursache der Entstehung der Lautreihe aus.

 
   
                   Es kann nie essentiell für uns sein, dass ein Phänomen in der Seele sich abspielt und nicht auf dem Papier, für den Andern sichtbar.

 
   
                   Man kann sagen, dass, ob ich lese oder nur Laute hervorbringe,
133
während ein Text vor meinen Augen ist, sich nicht durch die Beobachtung von aussen entscheiden lässt. Aber das Lesen kann nicht wesentlich eine innere Angelegenheit sein. Das Ableiten der Uebersetzung vom Zeichen, wenn es überhaupt ein Vorgang ist, muss auch ein sichtbarer Vorgang sein können. Man muss also z.B. auch den Vorgang dafür
ansehen
nehmen
können, der sich auf dem Papier abspielt, wenn die Glieder der Reihe 1, 4, 9, 16 (als Uebersetzung von 1, 2, 3, 4) durch die Gleichungen 1 × 1 = 1, 2 × 2 = 4, 3 × 3 = 9 etc. ausgerechnet erscheinen.
1
×
1
1
2
×
2
4
3
×
3
9
4
×
4
16
Man könnte dann vom Standpunkt des Behaviourism sagen: Wenn ein Mensch das hinschreibt, dann hat er die untere Reihe durch Rechnung gewonnen, schreibt er aber bloss die untere Reihe an, dann nicht.
                   Schriebe er aber nun:
1
×
1
1
2
×
2
5
3
×
3
9
4
×
4
20
so würden wir sagen, er hat falsch gerechnet, weil 2 × 2 nicht 5 ist etc..

 
   
                   Man könnte natürlich ebensogut schreiben
x

1
1
2
4
3
9
4
16
und diese Darstellung ist ganz gleichwertig mit der ersten, oder überhaupt jeder andern, wenn eine Regel festgesetzt ist, die sie von einer anderen Darstellung unterscheidet.

 
   
                   Das Gefühl, welches man bei jeder solchen Darstellung hat, dass sie roh (unbeholfen) ist, leitet irre, denn wir sind versucht, nach einer “besseren” Darstellung zu suchen. Die gibt es aber gar nicht. Eine ist so gut wie die andere, solange die Multiplizität die richtige ist; d.h., solange jedem Unterschied im Dargestellten ein Unterschied in der Darstellung entspricht.

 
   
                   Und nun kann aber auch der Gedanke als psychischer Prozess nicht
134
mehr tun, als dieses “rohe” Zeichen.

 
   
                   Man kann nicht fragen: Welcher Art sind die geistigen Vorgänge, dass sie wahr und falsch sein können, was die aussergeistigen nicht können. Denn, wenn es die “geistigen” können, so müssen's die auch die anderen können; und umgekehrt.
                   Denn, können es die
geistigen
seelischen
Vorgänge, so muss es auch ihre Beschreibung können. Denn in ihrer Beschreibung muss es sich zeigen, wie es möglich ist.

 
   
                   Wenn man sagt, der Gedanke sei eine seelische Tätigkeit, oder eine Tätigkeit des Geistes, so denkt man an den Geist als an ein trübes, gasförmiges Wesen, in dem mansches geschehen kann, das ausserhalb nicht geschehen kann. Und von dem man manches erwarten
muss
kann
, das sonst nicht möglich ist.
                   Es handelt gleichsam die Lehre vom Gedanken vom organischen Teil, im Gegensatz zum anorganischen des Zeichens.
                   Es ist gleichsam der Gedanke der organische Teil des Symbols, das Zeichen der anorganische. Und jener organische Teil kann Dinge leisten, die der anorganische nicht könnte.
                   Als geschähe hinter dem Ausdruck noch etwas Wesentliches, was sich nicht ausdrücken lässt // nicht durch den Ausdruck ersetzen lässt // –
worauf
auf das
sich etwa nur hinweisen lässt – was in dieser Wolke (dem Geist) geschieht und den Gedanken erst zum Gedanken macht. Wir denken hier an einen Vorgang analog dem Vorgang der Verdauung und die Idee ist, dass im Inneren des Körpers andere chemische Veränderungen vor sich gehen, als wir sie aussen produzieren können, dass der organische Teil der Verdauung einen anderen Chemismus hat, als, was wir aussen mit den Nahrungsmitteln vornehmen könnten.

135
 
   
                    Oder: Als bestünde gleichsam der Gedanke aus einem anorganischen Teil (dem Zeichen) und einem organischen, etwa der Interpretation, die wesentlich geistig wäre.

 
   
                   Man kann natürlich nicht sagen: Der Satz ist, was wahr oder falsch ist. (Als würde dadurch noch etwas ausgeschlossen.)

 
   
                   Die Intention, so weit sie uns etwas angeht, kann
nichts
nicht
wesentlich Psychisches sein.

 
   
                   Da uns eine Maschinerie des Geistes nichts angeht, so müssen // müssten // wir uns auch einen Maschinenmenschen konstruieren können, der alles muss leisten können // alles leisten könnte // , was für uns wesentlich ist.

 
   
                   “Ein Zeichen ist doch immer für ein lebendes Wesen da, also muss das etwas dem Zeichen Wesentliches sein.”. Gewiss: auch ein Sessel ist immer nur für einen Menschen da, aber er lässt sich beschreiben, ohne dass wir von seinem Zweck reden // redeten // . Das Zeichen hat nur einen Zweck in der menschlichen Gesellschaft, aber dieser Zweck kümmert uns gar nicht.
                   Ja am Schluss sagen wir überhaupt keine Eigenschaften von den Zeichen aus – denn diese interessieren uns nicht – sondern nur die (allgemeinen) Regeln ihres Gebrauchs. Wer das Schachspiel beschreibt, gibt weder Eigenschaften der Schachfiguren an, noch redet er vom Nutzen und Gebrauch des Schachspiels.

 
   
                   Wäre der Gedanke sozusagen eine Privatbelustigung und hätte nichts mit der Aussenwelt zu tun, so wäre er für uns ohne jedes Interesse (wie etwa die Gefühle bei einer Magenverstimmung). Was wir wissen wollen ist: Was hat der Gedanke mit dem zu tun, was ausser dem Gedanken vorfällt.
136
Denn seine Bedeutung, ich meine seine Wichtigkeit, bezieht er ja nur daher.
                   Was hat das, was ich denke, mit dem zu tun, was der Fall ist.

 
   
                   “Das, was der Gedanke wahr macht, kann nicht vorausbestimmt sein, weil es eben sonst da wäre // der Fall wäre // .” – “Aber es ist vorausbestimmt, wie es ist [,| // ] es sich verhält // , wenn der Gedanke wahr ist”. – “Aber mehr brauchte es doch nicht, eben die Tatsache, die Verifikation, zu geben. Dieses ‘der Satz
zeigt
sagt
, was der Fall ist, wenn er wahr ist’, sagt eben nichts, denn p zeigt eben, dass p der Fall ist, wenn etc.. D.h. auf die Frage ‘was
ist
wäre
denn der Fall, wenn … ?’ könnte nur p zur Antwort kommen. Das ist also eine blosse Tautologie.” – Die Schwierigkeit liegt im Begriff des Bestimmens.

 
   
                   Was der Satz eigentlich bestimmen müsste, wäre quasi, dass p oder non-p der Fall sein muss, aber das ist nur scheinbar eine Bestimmung, in Wirklichkeit bestimmt er aber gar nichts.
                   Und wenn ich sagte, dass er die Wahrheit auf [J|j]a und [N|n]ein festlegt, so heisst das, dass er nichts festlegt, nichts was sich sagen lässt.

 
   
                   Ich sagte, der Satz wäre wie ein Masstab an die Wirklichkeit angelegt: Aber den der Masstab ist, wie alle richtigen Gleichnisse des Satzes, ein besonderer Fall eines Satzes. Und auch er bestimmt nichts, solange man nicht mit ihm misst. Aber Messen ist Vergleichen (und muss heissen, Uebersetzen).

 
   
                   Man möchte sagen: Lege den Masstab an einen Körper an; er sagt nicht, dass der Körper so lang ist. Vielmehr ist er an sich gleichsam tot und leistet nichts von dem, was der Gedanke leistet. Es ist, als hätten wir uns eingebildet, das Wesentliche am lebenden Menschen sei die äussere
137
Gestalt, und hätten nun einen Holzblock von dieser Gestalt hergestellt und sähen mit Enttäuschung den toten Klotz, der auch keine Aehnlichkeit mit dem Leben hat.

 
   
                   Wenn das Verstehen eine notwendige Vorbereitung des Folgens war, so muss es dem Zeichen etwas hinzugefügt haben; aber etwas, was jedenfalls nicht die Ausführung war. kann m

 
   
                   Kann man denn, und in welchem Sinne kann man, aus dem Zeichen plus dem Verständnis (also der Interpretation) die Ausführung ableiten, ehe sie geschieht? Alles was man ableitet, ist doch nur eine Beschreibung der Ausführung und auch diese Beschreibung war erst da, nachdem man sie abgeleitet hatte.

 
   
                   Die Ausführung des Befehls leiten wir von diesem erst ab, wenn wir ihn ausführen.

 
   
                   Nun könnte man aber fragen: Warum nenne ich gerade die eine Uebertragung des Symbols die Ausführung und nicht auch die anderen Uebertragungen. Nun, man könnte auch eine der andern Uebertragungen als Ausführung des Befehls auffassen und wenn der Befehlende dies nicht für die gewünschte Uebertragung hält, so muss er dem Befehl eine weitere Erklärung beifügen, also den Befehl selbst verändern und erweitern.

 
   
                   Alles, was man im Voraus weiss, ist, dass, was immer man von diesem Befehl ableiten wird, von ihm abgeleitet sein wird.

 
   
                   Wenn ich sage “der Satz bestimmt doch schon im Voraus, was ihn wahr machen wird”: Gewiss, der Satz ‘p’ bestimmt, dass p der Fall sein muss, um ihn wahr zu machen; das ist aber auch alles, was man darüber sa-
138
gen kann.

 
   
                   Wenn gesagt würde, dass der, der den Befehl erhält, eben ausser den Worten Vorstellungen erhält, die der Ausführung des Befehls ähnlich sind, (während es die Worte nicht
sind
seien
) so gehe ich noch weiter und nehme an, dass der Befehl dadurch gegeben wird, dass wir den Andern die Bewegungen, die er etwa in 5 Minuten ausführen soll, jetzt durch mechanische Beeinflussung (etwa indem wir seine Hand führen) auszuführen veranlassen; und näher kann ich doch wohl der Ausführung des Befehls im Ausdruck des Befehls nicht kommen. Dann haben wir die Aehnlichkeit der Vorstellung durch eine viel grössere (Aehnlichkeit) ersetzt. Und der Weg vom Symbol zur Wirklichkeit scheint
nun
hier
sehr verkürzt zu sein. (Ebenso könnte ich, um zu beschreiben, in welcher Stellung ich mich bei der und der Gelegenheit befunden habe, diese Stellung einnehmen.)
                   Es ist damit auch gezeigt, dass das Vorkommen von Phantasiebildern, // sogenannten Vorstellungen // für den Gedanken ganz unwesentlich ist. // Es ist damit auch das Unwesentliche der Phantasiebilder für den Gedanken gezeigt. //

 
   
                   (Man muss mit manchem Problem erst vertraut werden, dadurch dass man zu unzähligen Malen daran anläuft. Man lernt dann den Geschmack des Problems kennen.)

 
   
                   Ich stosse hier an die Einmaligkeit einer Tatsache, und das hängt mit dem Sinn des Satzes “Alles fliesst” zusammen.

 
   
                   Wenn einer den Befehl missversteht und eine Uebertragung, die wir nur als Bild der Ausführung auffassen, für die Ausführung selbst hält, so entspräche doch seine Uebersetzung auch einem Befehl unserer Sprache und zwar einem, der dem [Uu|u]nseren sehr ähnlich sähe. Der Befehl etwa, eine bestimm-
139
te Bewegung auszuführen und der, diese Bewegung nur zu zeichnen, haben eben die Beschreibung dieser Bewegung miteinander gemein. Aber sie unterscheiden sich auch von einander und nur dadurch kann der eine das eine, der andere das andere befehlen.

 
   
                   Der Befehl kann die Ausführung nur insofern bestimmen, als man sie von ihm ableiten kann. –

 
   
                   Nur das kann es heissen ‘dass er sie bestimmt’, dass man sie von ihm ableiten kann.

 
   
                   Der Befehl
x

1

2

3

4

kommt uns unvollständig vor. Es scheint uns, als wäre
etwas nur
nur etwas
angedeutet, was nicht ausgesprochen ist.

 
   
                   Angedeutet aber ist etwas nur insofern, als ein System nicht ausdrücklich, oder unvollkommen festgelegt ist. Wir möchten sagen, es sei uns vollkommen angedeutet oder, das Zeichen suggeriere nur undeutlich, was wir zu tun hätten. Es sei etwa in dem Sinn undeutlich, wie eine Tafel mit der Aufschrift “Links Gehen” deutlicher wird, wenn zugleich ein Pfeil die Richtung zeigt. // Es sei etwa undeutlich in dem Sinn, in welchem wir der Deutlichkeit halber Zeichen ausführlicher geben. //

 
   
                   Aber für uns ist der Befehl deutlich, der unzweideutig ist; und einen deutlichern gibt es nicht.

 
   
                   Eindeutig aber kann er nur werden, dadurch, dass in dem System von Befehlen eine Unterscheidung gemacht wird,
die
die
, wenn sie fehlt, eben die Zweideutigkeit hervorruft. (Wenn also das System die richtige Mannigfaltigkeit erhält.)

140
 
   
                    Ich könnte auch sagen: Es scheint uns, als ob, wenn wir den Befehl –
x

1

2

3

z.B. – verstehen, wir etwas hinzufügen, was die Lücke füllt. Sodass wir dem, der (uns) sagt “aber Du verstehst ihn ja” antworten können: Ja, aber nur, weil ich noch etwas hinzufüge: [D|d]ie Deutung nämlich.

 
   
                   Nun müsste man allerdings darauf sagen: Aber was veranlasst Dich denn zu gerade
der
dieser
Deutung? Ist es der Befehl, dann war er ja schon eindeutig, da er nur diese Deutung befahl. Oder, hast Du die Deutung willkürlich hinzugefügt –, dann hast Du ja auch den Befehl nicht verstanden, sondern erst das, was Du aus ihm (auf eigene Faust) gemacht hast.

 
   
                   (Meine Methode ist in gewissem Sinne eine psychologische.)

 
   
                   Wissen, was der Satz besagt, kann nur heissen: die Frage beantworten können “was besagt er?”.

 
   
                   Den Sinn eines Satzes verstehen // kennen // , kann nur heissen: die Frage “was ist sein Sinn” beantworten können.

 
   
                   Denn ist hier “Sinn haben” intransitiv gebraucht, so dass man also nicht den Sinn eines Satzes von dem eines anderen Satzes untersch[i|e]iden kann, dann ist das Sinnhaben eine, den Gebrauch des Satzes begleitende, Angelegenheit, die uns nicht interessiert.

 
   
                   Wenn ich aber sage: ‘Ich leite meine Handlung von dem Befehl ab mit Hilfe einer Regel’, so hat das nur dann Sinn, wenn ich fragen kann: Mit Hilfe welcher Regel? Und auf diese Frage muss ein Ausdruck der Regel zur Antwort kommen. (Denn es kann sich hier natürlich wieder nur um eine Regel im Gegensatz zu einer andern handeln.)

141
 
   
                    Wie aber kommt die Regel in dem Handeln nach der Regel vor?

 
   
                   Nicht unbedingt so, dass meine Handlung der Regel entspricht. Aber ein Teil des ganzen Vorgangs der Ableitung muss der Regel entsprechen: es muss unsere Absicht sein, der Regel zu folgen. – Und man könnte sagen, dass das eben darin besteht, dass unsere Absicht der Regel folgt.

 
   
                   Wie ist aber der Zusammenhang des Gebrauchs der Sprache und der Regeln der Grammatik // der grammatischen Regeln // ? Soll ich sagen, die Regeln der Grammatik seien die Regeln, nach denen (d.h. in Uebereinstimmung mit
denen
welchen
) das Sprechen einer Gruppe von Menschen tatsächlich // erfahrungsgemäss // vor sich geht.

 
   
                   Heisst ‘den Regeln der Grammatik folgen’, in irgend einem Sinne, während des Sprechens an diese Regeln denken? Nein. – Heisst es, bestimmten Regeln immer gemäss sprechen? Nein. – Es heisst, Regeln folgen. – Aber das tut doch jeder, der irgend etwas
tut
macht
: Denn eine Regel wird es schon geben, der das entspricht, was er tut.

 
   
                   Man möchte sagen: “man muss nur etwas mit dem meinen, was man sagt, dann ist alles Wesentliche gegeben”. Und ich betrachte also ‘etwas meinen’ und ‘einer Regel folgen’ als gleichbedeutend.

 
   
                   Ist die Grammatik nur die Beschreibung der tatsächlichen Handhabung der Sprache? So dass ihre Sätze eigentlich wie Sätze einer Naturwissenschaft aufgefasst werden könnten? Das ist aber dann nicht die descriptive Wissenschaft
vom Denken
des Denkens
, sondern
vom Sprechen
des Sprechens
.

 
   
                   Es könnten ja auch die Regeln des Schachspiels als Sätze aus
142
der Naturgeschichte des Menschen aufgefasst werden. (Wie die Spiele der Tiere in naturgeschichtlichen Büchern beschrieben werden.)

 
   
                   “Ich meine aber doch mit diesen Worten etwas”. Gewiss: im Gegensatz zu dem Falle wo ich nichts meine, wo ich etwa Silben ihres komischen Klangs wegen aneinander reihe.
                   Ich will eigentlich sagen, dass ‘ich meine etwas mit den Worten’ nur heisst: ich unterscheide doch diesen Fall von dem des sinnlosen Plapperns etc.. Und das ist zugegeben. Aber es ist damit noch keine besondere Theorie des Meinens gegeben.

 
   
                   Und so geht es in allen solchen Fällen. Wenn etwa jemand sagt: “aber ich meine doch wirklich, dass der Andere Zahnschmerzen hat; nicht, dass er sich bloss so benimmt”. Immer muss man antworten: “Gewiss” und zugeben, dass auch wir diese Unterscheidung machen müssen. // dass diese Unterscheidung besteht. //

 
   
                   Der Vorgang ‘einer Regel folgen’ muss durch eine Rede Regel beschrieben werden.
                   Man könnte sagen, er heisst so, weil er durch eine Regel beschrieben werden muss.

 
   
                   Oder auch so: Man könnte aus jedem sinnvollen Satz eine Grammatik ableiten.

 
   
                   Aus dem Vorgang der Uebertragung von 1, 2, 3, 4 in 1, 4, 9, 16 muss ich eine Regel entnehmen können. – Was heisst das? Doch, dass ich einen Ausdruck einer Regel aus dem Vorgang muss ableiten können; d.h. einen Ausdruck im Gegensatz zu einem anderen.
                   D.h., dass ich in einem System von Regeln eine als
143
die passende
werde
muss
auswählen können.

 
   
                   Wenn ich z.B. sage: “ich glaube, dass er kommen wird” – woher nehme ich diese Worte. Warum wähle ich sie. Ist etwas vor diesem Ausdruck // vor diesen Worten // da, das ich abbilde.

 
   
                   Ich bin mir zwar nicht grammatischer Regeln explicite bewusst, wenn ich die Sprache gebrauche, aber ich bin mir bewusst, die Sprache nicht ad hoc zu erfinden. Und erfände ich sie, so wäre sie nichts nütze, wenn ich mich nach den erfundenen Regeln nicht wieder richten wollte.

 
   
                   D.h. die Sprache funktioniert als Sprache nur d[i|u]rch die Regeln, nach denen wir uns in ihrem Gebrauch richten. (Wie das Spiel nur durch Regeln als Spiel funktioniert.)

 
   
                   Und zwar, ob ich zu mir oder Andern rede. Denn auch mir teile ich nichts mit, wenn ich Lautgruppen ad hoc mit irgend welchen Fakten associiere.

 
   
                   Ich muss, wenn ich zu mir rede, schon auf einem
gegebenen
bestehenden
Sprachklavier spielen.

 
   
                   Wenn ich ein Wort in der Sprache gebrauche, so ist es entweder, weil ich es als einen bereits bekannten Ton anschlagen will, oder, indem ich festsetzen will, dass ich das Wort in Hinkunft so gebrauchen werde. // … anschlagen, oder aber festsetzen will, dass ich … // // … anschlagen, oder: festsetzen will … //

 
   
                   ‘Ich verstehe diese Worte’ (die ich etwa zu mir selbst sage[,|)], ‘ich meine etwas damit’, ‘sie haben einen Sinn’ muss immer dasselbe heis-
144
sen, wie: ‘sie sind nicht ad hoc erfundene Laute, sondern Zeichen aus einem System’.

 
   
                   Etwa, wie die Teilstriche auf einem Masstab nur solche sind, wenn sie ein System bilden.

 
   
                   Wir verwenden die Sprache nur ihrer Konsequenz wegen.

 
   
                   Man kann sagen: “so wie ich das Wort ‘grün’ gebrauche, kann ich nicht
damit
davon
sagen …”

 
   
                   Das Verstehen dessen, was der Andere sagt, kann nur als das Befolgen ˇeiner im Vorhinein gegebenen Regel beschrieben werden.

 
   
                   Denn, wenn wir einen Befehl befolgen, so deuten wir die Worte nicht willkürlich.
                   D.h. wieder, wir müssen die Unterscheidung anerkennen zwischen dem ‘Befolgen eines Befehls’ und einem ‘willkürlichen Zuordnen einer Handlung’.

 
   
                   Und die Rechtfertigung einer Handlungsweise als der Befolgung eines Befehls wäre immer: “so habe ich's gelernt.” // “so habe ich die Sprache gelernt”. //

 
   
                   Wie aber funktioniert so eine Rechtfertigung: “Man hat mir gesagt, das sei ein Sessel” oder “ … das sei rot”, etc.. Oder auch “man hat mir gesagt, wenn es heisst, ‘tu p und q’, so soll ich's so machen” (wobei ich die Tätigkeit vormache).

145
 
   
                    Das sind aufklärbare Missverständnisse: “Ist das eine Orange? ich dachte das sei eine”.
                   Kann man sagen: “Ist das rot? ich dachte das sei ein Sessel”.
                   Aber kann man sich nicht einbilden (wenn man etwa nicht deutsch kann) “rot” heisse laut (d.h. werde so gebraucht, wie in Wirklichkeit “laut” gebraucht wird). Wie wäre aber die Aufklärung dieses Missverständnisses? Etwa so: “rot ist eine Farbe, keine Tonstärke”? – Eine solche Erklärung könnte man natürlich geben, aber sie wäre nur dem verständlich, der sich bereits ganz in der Grammatik auskennt.

 
   
                   Der Satz “ist das rot? ich dachte, das sei ein Sessel” hat nur Sinn, wenn das Wort “das” beide Male im gleichen Sinn gebraucht wird und dann muss ich entweder “rot” als Substantiv, oder “ein Sessel” als Adjektiv auffassen.

 
   
                   Die Rechtfertigung kann nur verstanden werden, wenn sie in einer Sprache gegeben wird, die unabhängig von dem Missverständnis besteht.

 
   
                   Man kann ein Missverständnis nur aufklären, wenn die Aufklärung verstanden wird.

 
   
                   In der Erklärung “das ist ein Sessel, nicht das” müssen die beiden Wörter “das” und die dazugehörigen Gebärden verstanden werden und sind dann vollwertige Zeichen. Die Erklärung kann dann auch so gegeben werden: “das heisst ‘Sessel’, nicht das” und dies ist ein Satz, wie etwa “der Sessel ist blau, nicht rot”. – Aber freilich wird hier nicht die Sprache erklärt, sondern eine Sprache (mit Hilfe einer vorhandenen andern).

 
   
                   Ist es so: Grammatik hat nur die Sprache als in der Zeit ausgedehntes Phänomen.

146
 
   
                    Aber der Satz ist doch etwas in Raum oder Zeit, oder in Raum und Zeit, Ausgedehntes.

 
   
                   Das Aussprechen eines Satzes wäre kein Porträtieren, wenn ich meine Worte nicht aus einem System wählte, so dass man sagen kann, ich wähle sie im Gegensatz zu anderen.
                   Aber die Worte, wenn sie nicht in einem grammatischen System stehen, sind ja alle gleichwertig und also wäre es dann ganz gleichgültig, welche ich wählte, ja – man könnte sagen – als Worte würden sie sich (dann) von einander gar nicht unterscheiden.
                   Man muss die Worte wählen, wie // in demselben Sinne wie // man die Striche wählt, mit denen man einen Körper abbildet.

 
   
                   Wer die Notenschrift lernt, lernt nicht alle Musikstücke, sondern die Noten und Regeln, und nur dadurch ist ihm die Notenschrift nütze.
                   Aber nicht vielleicht, weil sie nur dann ökonomisch ist, sondern, weil sie sonst keine Schrift ist.

 
   
                   Wenn man einen Hund gelehrt hätte, den Zeichenverbindungen von a, b, c, d zu folgen (wobei a = , b = , c = , d = ), so mag er das mechanisch tun, aber, wenn ich nun wissen will, welches Zeichen ich ihm geben muss, um ihn einen bestimmten Linienzug laufen zu lassen, so muss ich das Zeichen von dem Linienzug nach der Regel ableiten.

 
   
                   Die Aufschreibung der Regel nützt mir nur, insofern sie mich an diese Regel im Gegensatz zu anderen erinnert, verhindert, dass ich etwa denke, a bedeute etc..

 
   
                   Wenn ich sage, ich folge einer Regel, so muss darauf die Frage Sinn haben: Welcher Regel? Und die Antwort ist der Ausdruck einer Regel
147
(wie der obige). Mehr aber kann darauf nicht // unmöglich // zur Antwort kommen und also kann auch die Frage nach weiter nichts fragen, als dieser Ausdruck beantwortet.
                   Woher aber die Unbefriedigung? Was ist es, dass wir sagen möchten
was
und
sich nicht sagen lässt?

 
   
                   Wenn ich, den Regeln folgend, statt “” “a” schreibe, so ist es, als wäre hier eine Kausalität im Spiel, die nicht hypothetisch, sondern unmittelbar erlebt, wäre. (Natürlich ist nichts dergleichen der Fall.)

 
   
                   Eines ist klar, dass, wenn ich der Regel (richtig) gefolgt bin, das Resultat zu der Vorlage und dem Ausdruck der Regel // und der Regel // in einer internen Beziehung // Relation // stehen wird, die ich nicht anders ausdrücken kann, als durch die Wiedergabe jener drei Komplexe, weil (so sonderbar das klingt)
in dieser
durch diese
Wiedergabe allein schon alles bestimmt ist.

 
   
                   “Die interne Relation sehen” kann natürlich auch nichts anderes heissen, als die Komplexe sehen, die in ihr stehen. Vielleicht wendet man ein, dass man die Komplexe auch sehen kann, ohne die interne Relation zu bemerken. Aber dann sieht man eben etwas Anderes, als, was man sieht, ‘wenn sie einem auffällt’ // ‘wenn man sie bemerkt’ // . Aber sie, die einem auffällt, kann nur etwas sein, was sich beschreiben lässt und die interne Relation lässt sich nur durch die Beschreibung der Komplexe beschreiben // zeigen // .

 
   
                   (Immer wieder die Gedankenbewegung, die z[u|.B.] freud Freud macht, wenn er sagt, er werde den manifesten Traum das nennen, was nach dem Erwachen als solcher erzählt wird.)

148
 
   
                    Wenn ich sage, beim Nachbilden // Abbilden // einer Vorlage richte ich mich nach ihr, gemäss einer Regel, so will ich sagen: im Gegensatz zu dem Fall, wenn ich mich nicht nach einer Vorlage einer Regel gemäss richte. Dann kann dieses Merkmal des Abbildens nur ein aeusseres sein, wie jedes andere,
das
was
einen Vorgang von einem anderen unterscheidet.

 
   
                   Eigentlich sind die Worte “gemäss einer Regel” überflüssig. Alles liegt in den Worten “sich nach
der
einer
Vorlage richten”. Die Regel beschreibt nur eine Art des Sich-[r|R]ichtens im Gegensatz zu einer andern. – Die Worte sind überflüssig, weil man sich nur einer Regel gemäss nach etwas richten kann.

 
   
                   Das heisst, das Abbilden kann sich von einem andern Vorgang auch nur so unterscheiden, wie eben ein Vorgang vom andern und das heisst, dass dieser Unterschied nicht logische Bedeutung haben kann.

 
   
                   So wie ich früher einmal gesagt habe: Die Intention kann auch nur ein Phänomen wie jedes andere sein, wenn ich überhaupt von ihr reden darf.

 
   
                   Das Wählen der Striche beim Abbilden einer Vorlage ist also allerdings ein anderer Vorgang, als etwa das blosse Zeichnen dieser Striche, wenn ich mich “nicht nach der Vorlage richte”, aber der Unterschied ist ein äusserer, beschreibbarer, wie der Unterschied zwischen den Zeichengruppen // 2,4,6,8
2,
4
4,
16
6,
36
8
64
und
x

2,
4
4,
16
6,
36
8
64
und steht mit diesem Unterschied auf gleicher Stufe. // auf einer Stufe. //

 
   
                   Und so steht es also auch mit dem Wählen der Worte, wenn ich
149
etwas mit Worten beschreibe: dieser Vorgang unterscheidet sich von dem, des willkürlichen Zuordnens von Worten, aber eben nur (äusserlich), wie sich die beiden Zeichen im vorigen Satze unterscheiden.

 
   
                   Nicht nur sind ˇwir uns beim Sprechen // beim Gebrauch der Sprache // der grammatischen Regeln nicht bewusst, sondern wären wir es, so würde es nicht helfen, nichts deutlicher machen.

 
   
                   Sich der Regeln bewusst sein, kann doch nur heissen, einen Ausdruck der Regel vor uns haben.

 
   
                   Was, in der Logik, nicht nötig ist, hilft auch nicht. // … ist auch nicht von Nutzen. //
                   Was nicht nötig ist, ist überflüssig.

 
   
                   Ja, wären wir uns immer der grammatischen Regeln beim Sprechen bewusst, so würde das meinem Fall nicht auf die Beine helfen.

 
   
                   Die gesamte Sprache kann nicht missverstanden werden. Denn sonst gäbe es zu diesem Missverständnis wesentlich keine
Aufklärung
Erklärung
.
                   Das heisst eben, die ganze Sprache muss für sich selbst sprechen.

 
   
                   Warum wir ein Wort – und nicht ein anderes – an dieser Stelle gebrauchen, erfahren wir, wenn wir jemand fragen: warum gebrauchst Du hier das Wort A. Die Antwort wird sein: das und das heisst A. Und das ist eine Regel der Grammatik, die die Position des Wortes in der Sprache bestimmt. Und (zum Zeichen, dass es sich hier wirklich um Grammatik handelt) wenn A das Wort “und” gewesen wäre, so könnte man weiter nichts tun, als die Regeln für “und” angeben.

150
 
   
                    Eine Erklärung “das ist rot” oder “das ist süss” gehört auch zur Grammatik (denn sie erklärt nur Zeichen durch Zeichen). Und was uns ausser dem Wort “rot” durch diese Erklärung noch bleibt, ist nicht in dem Sinne willkürlich, wie das Laut-/oder Schriftbild “rot”. Denn die Vorstellungen eines roten und eines grünen Flecks bilden ein System, während die blossen Wörter ‘rot’ und ‘grün’ keines bilden. (﹖)

 
   
                   Was hat die Vorstellung meines Spaziergangs mit
dem
diesem
(Spaziergang) gemein? Eben das, was dadurch ausgedrückt ist, dass ich das eine ‘meinen Spaziergang’ das andere ‘die Vorstellung von ihm’ nenne.

 
   
                   Was heisst es, wenn man sagt: “ich kann mir das Gegenteil davon nicht vorstellen” oder “wie wäre es denn, wenn's anders wäre”; z.B. wenn jemand gesagt hat, dass meine Vorstellungen privat seien, oder dass nur ich selbst wissen kann, ob ich Schmerz empfinde, und dergleichen.

 
   
                   Wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie es anders wäre, so kann ich mir auch nicht vorstellen, wie es so sein kann.
                   “Ich kann mir nicht vorstellen”, heisst nämlich hier nicht, was es im Satz “ich kann mir keinen Totenkopf vorstellen” heisst. Ich will damit nicht auf eine mangelnde Vorstellungskraft deuten.

 
   
                   Die Vorstellung liefert uns hier die Sprache, die jedenfalls die richtige Multiplizität hat. Die Sprache mit der einfacheren Grammatik.

 
   
                   Die Rechtfertigung auf die Frage “warum gebrauchst Du hier das Wort ‘blau’?”: “weil diese Farbe ‘blau’ heisst”, entspricht genau der Antwort auf die Frage “warum liest Du hier (den Laut) a”: “weil
dieses
das
Zeichen als a-Laut gelesen wird”. In beiden Fällen berufe ich mich auf eine Regel.

151
 
   
                    Worin besteht das Vorgehen nach einer Regel? – Kann man das fragen? – Es heisst doch wohl, dass man den allgemeinen Befehl, der in der Regel liegt, befolgt.
                   Ich gehe nach einer Regel vor heisst: ich gehe so vor, dass das, was herauskommt, … Dass das, was herauskommt dieser Regel genügt.
                   Nach der Regel vorgehen, heisst so vorgehen, und das ‘so’ muss die Regel enthalten.

 
   
                   Wenn die Regel heisst “wo Du ein siehst, schreib' ein ‘c’”, so ist damit gegeben, was ich tun soll, so weit es überhaupt gegeben sein kann.

 
   
                   Denn mehr bestimmt, als durch eine genaue Beschreibung, kann etwas nicht sein. Denn, bestimmen kann nur heissen, es beschreiben. Und das ist sehr wichtig.
                   Denn dies scheint die einfache Antwort auf unsere langen Schwierigkeiten zu sein.

 
   
                   Alle Schwierigkeit der Philosophie kann nur auf Missverständnissen beruhen. Eine Entdeckung ist nie nötig, kann nie nötig sein, sie aufzulösen. Es ist ein Missverständnis und kann nur als solches aufgelöst werden. D.h. ohne Gewalt. Denn die Tür geht auf und es ist alles (an ihr) in Ordnung, Du musst nur das Schloss verstehen und in der richtigen Weise bewegen.

 
   
                   Dann ist eine Handlung nicht bestimmt, wenn die Beschreibung noch etwas offen lässt // gelassen hat // (so, dass man sagen kann “ich weiss noch nicht ob … ”) was also
eine
die
Beschreibung bestimmen kann. Ist die Beschreibung vollständig, so ist die Handlung bestimmt. Und das heisst, es kann der Beschreibung nur eine Handlung entsprechen. ([n|N]ur so können
152
wir das Wort // diesen Ausdruck // gebrauchen.)
                   (Erinnern wir uns an die Argumentation über “Zahnschmerzen”.)

 
   
                   Hier ist auch der Zusammenhang mit der Frage: “sieht der Andere wirklich dieselbe Farbe, wenn er blau sieht, wie ich?” Freilich, er sieht blau! Das ist ja eben dieselbe Farbe. – D.h., die Frage, ob er als blau dieselbe Farbe sieht, ist unsinnig, wenn angenommen ist, dass wir das Recht haben, was er sieht und ich sehe als ‘blau’ zu bezeichnen. Lässt sich im gewöhnlichen Sinne – d.h. nach der gewöhnlichen Methode – konstatieren, dass er nicht dieselbe Farbe sieht, so kann ich nicht sagen, dass wir beide blau sehen. Und lässt es sich konstatieren, dass wir beide blau sehen, dann “sehen wir beide die gleiche Farbe”, denn dieser Satz hat ja nur auf diese Proben Bezug.

 
   
                   Und so // analog // verhält es sich mit der Frage: “ist das, was ich jetzt ‘gelb’ nenne, gewiss die gleiche Farbe, die ich früher ‘gelb’ genannt habe?” – Gewiss, denn es ist ja gelb. – Aber woher weisst du das? – Weil ich mich daran erinnere. – Aber kann die Erinnerung nicht täuschen? – Nein. Nicht, ﹖– wenn ihr Datum gerade das ist, wonach ich mich richte. –﹖ (Uebrigens weiss ich nicht, ob es noch Sinn hat, zu sagen “weil ich mich dran erinnere”; könnte ich nicht eben so gut antworten “weil ich's weiss”?)
                   Es gibt keinen Test dafür, dass da das blau ist (d.h., dass ich diese Farbe blau nenne.)

 
   
                   Wir fragen: “wie kann der Satz einen Sachverhalt bestimmen?” Aber hat es denn Sinn zu sagen: “der Satz bestimmt einen Sachverhalt”?

 
   
                   Ist das nicht der Sinn des Gleichnisses von der Nähmaschine: Wenn es sich um die kausale Erklärung des Mechanismus handelt, hat die Frage “wie macht die Nähmaschine das” einen Sinn. Ist das aber nicht, was
153
gemeint ist, dann liegt die Antwort in der Beschreibung desjenigen was sie macht.

 
   
                   Der Solipsismus könnte durch die Tatsache widerlegt werden, dass das Wort “ich” in der Grammatik keine zentrale Stellung hat, sondern ein Wort ist, wie jedes andre Wort.

 
   
                   Gäbe es in der Welt wesentlich Subjekt und Objekt, dann müsste das Wort [|]ich’ in einer einzigartigen Weise den anderen Worten entgegengestellt sein.

 
   
                   Wie im Gesichtsraum, so gibt es in der Sprache kein methaphysisches Subjekt.

 
   
                   Die Worte “sicher sein, dass” kann man nur vor einer Hypothese gebrauchen. Es heisst nichts, zu sagen “ich bin sicher, dass ich Zahnschmerzen habe”, ausser in einem Sinn, in dem es doch möglich ist, zu zweifeln, ob es Zahnschmerzen sind.
                   Kann ich denn aber nicht sagen: Ich bin sicher, dass ich bald ein Licht sehen werde? (Oder: “dass ich bald Zahnschmerzen kriegen werde”.)

 
   
                   Was heisst es, sicher zu sein, dass man Zahnschmerzen haben wird. (Kann man nicht sicher sein, dann erlaubt es die Grammatik nicht, das Wort “sicher” in dieser Verbindung zu gebrauchen.)

 
   
                   Man kann von einem Satz “im engeren Sinne” nicht sagen, dass die Wahrheit eines anderen ihn bestätigt – ohne ihn zu beweisen.

 
   
                   Man sagt: “Wenn ich sage, dass ich einen Sessel dort sehe, so sage ich mehr, als ich sicher weiss”. Und nun heisst es meistens: “Aber
154
eines weiss ich doch sicher”. Wenn man aber nun sagen will, was das ist, so kommt man in eine gewisse Verlegenheit.
                   “Ich sehe etwas Braunes, – das ist sicher”; damit will man eigentlich sagen, dass die braune Farbe gesehen, und nicht vielleicht auch
bloss
nur
vermutet ist (wie etwa in dem Fall, wo ich
sie
es
aus gewissen anderen Anzeichen vermute). // … und nicht vielleicht auch bloss aus anderen Anzeichen vermutet ist. // Und man sagt ja auch einfach: “Etwas Braunes sehe ich”.

 
   
                   Wenn mir gesagt wird: “Sieh in dieses Fernrohr und zeichne mir auf, was Du siehst”, so ist, was ich zeichne, der Ausdruck eines Satzes, nicht einer Hypothese.

 
   
                   Ist es nicht klar, dass es nur am Mangel von entsprechenden Uebereinkommen liegt, wenn ich das, was ich – z.B. – zeichnerisch darstellen, durch Worte // mit Worten // wiedergeben kann?

 
   
                   Wenn ich sage “hier steht ein Sessel”, so ist damit – wie man sagt – “mehr” gemeint, als die Beschreibung dessen was ich wahrnehme. Und das kann nur heissen, dass dieser Satz nicht wahr sein muss, auch wenn die Beschreibung des Gesehenen stimmt. Unter welchen Umständen werde ich nun sagen, dass jener Satz nicht wahr war? Offenbar: wenn gewisse andere Sätze nicht wahr sind, die in dem ersten mit beinhaltet waren. Aber es ist nicht so, als ob nun der erste ein logisches Produkt gewesen wäre.

 
   
                   Wenn man fragt “wie macht der Gedanke // Satz // das, dass er darstellt?” So könnte die Antwort sein: “Weisst Du es denn (wirklich) nicht? Du siehst es doch wenn Du denkst // wenn Du ihn benützt // ”. Es ist ja nichts verborgen.
                   Wie macht der Satz das? – Weisst Du es denn nicht? Es ist ja
155
nichts versteckt.

 
   
                   Dass ‘alles fliesst’ scheint uns am Ausdruck der Wahrheit zu hindern, denn es ist, als ob wir sie nicht auffassen könnten, da sie uns entgleitet.

 
   
                   Aber es hindert uns eben nicht am Ausdruck. – Was es heisst, etwas Entfliehendes in der Beschreibung festhalten zu wollen, wissen wir. Das geschieht etwa, wenn wir das [e|E]ine vergessen, während wir das Andere beschreiben wollen. Aber darum handelt es sich doch hier nicht. Und so ist der Ausdruck // das Wort // “entfliehen” anzuwenden.

 
   
                   Wir führen die Wörter von ihrer metaphysischen, wieder auf ihre richtige Verwendung in der Sprache zurück. Der
                   (Der Mann, der sagte, man könne nicht zweimal in den gleichen Fluss steigen, sagte etwas Falsches; man kann zweimal in den gleichen Fluss steigen.)
                   Und so sieht die Lösung aller philosophischen Schwierigkeiten aus. Ihre Antworten müssen, wenn sie richtig sind, hausbacken und gewöhnlich sein. Aber man muss sie im richtigen Geist anschauen, dann macht das nichts.

 
   
                   Aber auf die Antwort “Du weisst ja, wie es der Satz macht, es ist ja nichts verborgen”, möchte man sagen: “ja, aber es fliesst alles so rasch vorüber und ich möchte es gleichsam breiter auseinander gelegt sehen”.

 
   
                   Aber auch hier irren wir uns. Denn es geschieht dabei auch nichts, was uns durch die Geschwindigkeit entgeht.

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                    Warum können wir uns keine Maschine mit einem Gedächtnis denken? Es wurde oft gesagt, dass das Gedächtnis darin besteht, dass Ereignisse Spuren hinterlassen, in denen nun gewisse Vorgänge vor sich gehen müssten. Wie wenn Wasser sich ein Bett macht und das folgende Wasser in diesem Bett fliessen muss; der eine Vorgang fährt für den nächsten das Gleise aus. // der eine Vorgang fährt das Gleise aus, das den andern führt // Geschieht dies nun aber in einer Maschine, wie es wirklich geschieht, so sagt niemand, die Maschine habe Gedächtnis, oder habe sich den einen Vorgang gemerkt.

 
   
                   Nun ist das aber ganz so, wie wenn man sagt, eine Maschine kann nicht denken, oder kann keine Schmerzen haben. Und hier kommt es darauf an, was man darunter versteht “Schmerzen zu haben”: Es ist klar, dass ich mir eine Maschine denken kann, die sich genau so benimmt (in allen Details), wie ein Mensch der Schmerzen hat. Oder vielmehr: ich kann den Andern eine Maschine nennen, die Schmerzen hat, d.h.: den andern Körper. Und ebenso, natürlich, meinen Körper. Dagegen hat das Phänomen der Schmerzen, wie es auftritt, wenn ‘ich Schmerzen habe’, mit meinem Körper, d.h. mit den Erfahrungen die ich als Existenz meines Körpers zusammenfasse, gar nichts zu tun. (Ich kann Zahnschmerzen haben ohne Zähne.) Und hier hat nun die Maschine gar keinen Platz. – Es ist klar, die Maschine kann nur einen physikalischen Körper ersetzen. Und in dem Sinne, wie man von einem solchen sagen kann, er “habe” Schmerzen, kann man es auch von einer Maschine sagen. Oder, wieder, die Körper, von denen wir sagen, sie hätten Schmerzen, können wir mit Maschinen vergleichen und auch Maschinen nennen.

 
   
                   Und ganz ebenso verhält es sich mit dem Denken und dem Gedächtnis.

 
   
                   Es ist uns – wie gesagt – als ginge es uns mit dem Gedanken
157
so, wie mit einer Landschaft, die wir gesehen haben und beschreiben sollen, aber wir erinnern uns ihrer nicht genau genug, um sie in allen ihren Zusammenhängen beschreiben zu können. So, glauben wir, können wir das Denken nachträglich nicht beschreiben, weil uns alle die vielen feineren Vorgänge dann verloren gegangen sind.
                   Diese feinen Verhäkelungen möchten wir sozusagen unter der Lupe sehen.

 
   
                    / (Einen unausgebrüteten Gedanken muss man zart behandeln, um ihn am Leben zu erhalten. Man darf von ihm noch nichts verlangen und muss ihn im weichen Medium der fortwährenden Unsicherheit betten. Ist er flügge, dann verlässt er dieses Nest von selbst.) /

 
   
                   Es gibt Probleme, an die ich nie herankomme, die nicht in meiner Linie oder in meiner Welt liegen. Probleme der abendländischen Gedankenwelt, an die Beethoven (und vielleicht teilweise Goethe) herangekommen ist und mit denen gerungen hat, die aber kein Philosoph je angegangen hat. (Vielleicht ist Nietzsche an ihnen vorbeigekommen.)
                   Und vielleicht sind sie für die abendländische Philosophie verloren; d.h., es wird niemand da sein der den Fortgang dieser Kultur als Epos empfindet, also beschreiben kann. Oder richtiger, sie ist eben kein Epos mehr, – oder doch nur für den, der sie von aussen betrachtet und vielleicht hat dies Beethoven vorschauend getan (wie Spengler einmal andeutet[|)]. Man könnte sagen, die Zivilisation muss ihren Epiker voraus haben. Wie man den eignen Tod nur voraussehen und vorausschauend beschreiben, nicht als Gleichzeitiger von ihm berichten kann. Man könnte also sagen: Wenn Du das Epos einer ganzen Kultur geschrieben // beschrieben // sehen willst, so musst du es unter den Werken der [g|G]rössten dieser Ku[k|l]tur, also zu einer Zeit, suchen, in der das Ende dieser Kultur nur hat vorausgesehen werden können, denn später ist niemand mehr da, es zu beschreiben. Und so ist es also kein Wunder, wenn es nur in der dunklen Sprache der Vorausahnung //
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// Voraussicht // geschrieben ist, und für die Wenigsten verständlich.

 
   
                   Ich aber komme zu diesen Problemen überhaupt nicht. “[w|W]hen I have done with the world”, so habe ich eine amorphe6 (durchsichtige) Masse geschaffen und die Welt mit ihrer ganzen Vielfältigkeit bleibt wie eine uninteressante Gerümpelkammer links liegen.
                   Oder vielleicht richtiger: das ganze Resultat der (ganzen) Arbeit ist das Links-liegen-lassen der Welt. (Das In-die-Rumpelkammer-werfen der ganzen Welt.)

 
   
                   Eine Tragik gibt es in dieser Welt (der meinen) nicht und damit [A|a]ll das Unendliche nicht, was eben die Tragik (als sein Ergebni[d|s]) hervorbringt.
                   Es ist sozusagen alles in dem [E|Ä]ther // Weltäther // löslich; es gibt keine Härten.
                   Das heisst, die Härte und der Konflikt wird nicht zu etwas Herrlichem // wird zu nichts Herrlichem // , sondern zu einem Fehler.

 
   
                   Der Konflikt löst sich etwa, wie die Spannung einer Feder, die man schmilzt (oder in einer Säure auflöst). In
einer
dieser
Lösung gibt es keine Spannungen mehr.

 
   
                   Das meiste, was sich mir als ahnungsvolle Gedankenform zeigt, kann ich gar nicht au[d|s]drücken und meine Ausdruckskraft erlahmt vielleicht immer mehr und mehr.

 
   
                   Der Philosoph trachtet, das erlösende Wort zu finden, das ist das Wort, das uns endlich erlaubt, das zu fassen, was bis jetzt immer, ungreifbar, unser Bewusstsein belastet hat.
                   (Es [si|is]t, wie wenn man ein Haar auf der Zunge l[ei|ie]gen hat; man
159
spürt es, aber [ak|ka]nn es nicht erfassen // ergreifen // und d[d|a]rum nicht loswerden.)

 
   
                   Der Philosoph liefert uns das Wort, womit
ich
man
die Sache ausdrücken und unschädlich machen kann.

 
   
                   Wie Frege in Cantor's angebliche Definition von “grösser”, “kleiner”, “+”, “ ‒ ”, etc. statt dieser Zeichen neue Wörter einsetzte, um zu zeigen, dass keine wirkliche Definition vorliege, ebenso könnte man in der ganzen Mathematik statt der geläufigen Wörter, insbesondere statt des Wortes “unendlich”, und seiner Verwandten ganz neue, bisher bedeutungslose Ausdrücke setzen, um zu sehen, was der Kalkül mit diesen Zeichen wirklich leistet und was er nicht leistet. Wenn die Meinung verbreitet wäre, dass das Schachspiel uns einen Aufschluss über Könige und Turme gäbe, so würde ich vorschlagen, den Figuren neue Formen und andere Namen zu geben, um die Einsicht zu erleichtern // um zu demonstrieren // , dass alles zum Schachspiel Gehörige in
den
seinen
Regeln liegen muss.

 
   
                   Dem, der sagt “aber es steht doch wirklich ein Tisch hier” muss man antworten: “Freilich steht ein wirklicher Tisch hier, – im Gegensatz zu einem nachgemachten”.
                   Wenn er aber nun weiterginge und sagte: die Vorstellungen seien nur Bilder der Dinge, so müsste ich (ihm) widersprechen und sagen, dass der Vergleich der Vorstellung mit einem Bilde des Körpers gänzlich irreführend sei, da es für ein Bild wesentlich sei, dass es mit seinem Gegenstand verglichen werden kann.

 
   
                   Wenn aber Einer sagt “die Vorstellungen sind das einzig Wirkliche”, so muss ich sagen, dass ich hier das Wort // Prädikat // “wirklich”
160
nicht verstehe und nicht weiss, was [d|f]ür eine Eigenschaft man damit eigentlich den Vorstellungen zuspricht und – etwa – den Körpern abspricht. Ich kann ja nicht begreifen, wie man mit Sinn – ob wahr oder falsch – eine Eigenschaft Vorstellungen und physischen Körpern zuschreiben kann.

 
   
                   Wenn man sagt, dass ‘alles fliesst’, so fühlen wir, dass wir gehindert sind das Eigentliche, die eigentliche Realität festzuhalten. Der Vorgang auf der Leinwand entschlüpft uns eben, weil er ein Vorgang ist. Aber wir beschreiben doch etwas; und ist das ein anderer Vorgang? Die Beschreibung steht doch offenbar gerade mit dem Bild auf der Leinwand in Zusammenhang. Es muss dem Gefühl unserer Ohnmacht ein falsches Bild zugrunde liegen.
Denn
Das
was wir beschreiben wollen können, das können wir beschreiben.

 
   
                   Ist nicht dieses falsche Bild das eines Bilderstreifens, der so geschwind vorbeiläuft, dass wir keine Zeit haben, ein Bild aufzufassen.

 
   
                   Wir würden nämlich in diesem Fall geneigt sein, dem Bilde nachzulaufen. Aber dazu gibt es ja im Ablauf eines Vorgangs nichts analoges.

 
   
                   Wenn das Wort, dass man nicht zweimal in den gleichen Fluss steigen kann (nur)
bedeutet
heisst
, dass inzwischen ein
andres
anderes
Wasser an die Stelle des alten gekommen ist, so kann man aber zweimal den gleichen grünen Fleck sehen und es ist hier nichts, was dem Verfliessen des Wassers analog wäre.

 
   
                   Das Gleichnis vom Fluss // Fliessen // der Zeit ist natürlich irreführend und muss uns, wenn wir daran festhalten, in Verlegenheiten führen // landen // .

161
 
   
                    Die Wendung “dass etwas in unserem Geist vor sich geht”, soll, glaube ich, andeuten, dass es im physikalischen Raum nichts lokalisierbar ist. Von Magenschmerzen sagt man nicht, dass sie in unserem Geist vor sich gehen, obwohl der physikalische Magen ja nicht der unmittelbare Ort der Schmerzen ist.

 
   
                   “Das Denken geht im Kopf vor sich” heisst eigentlich nichts anderes, als, unser Kopf hat etwas mit dem Denken zu tun. Man sagt freilich auch: “ich denke mit der Feder auf dem Papier” und diese Ortsangabe ist mindestens so gut, wie die erste.

 
   
                   Wenn wir fragen “wo geht das Denken vor sich”, so ist dahinter immer die Vorstellung eines maschinellen Prozesses, der in einem abgeschlossenen Raum vor sich geht, sehr ähnlich, wie der Vorgang in der Rechenmaschine.

 
   
                   Wenn “einen Satz verstehen” heisst, in gewissem Sinn nach ihm handeln, dann kann das Verstehen nicht die Bedingung dafür sein, dass wir nach ihm handeln.

 
   
                   Das Verstehen einer Beschreibung kann man, glaube ich, mit dem Zeichnen eines Bildes nach dieser Beschreibung vergleichen. (Und hier ist wieder das Gleichnis ein besonderer Fall dessen, wofür es ein Gleichnis ist.) Und es
wird
würde
auch in vielen Fällen als der Beweis des Verständnisses aufgefasst.

 
   
                   Was heisst es, ein gemaltes Bild zu verstehen?
                   Auch da gibt es Verständnis und Nichtverstehen.
                   Und auch hier kann ‘verstehen’ und ‘nicht verstehen’ verschiedenerlei heissen. – Wir können uns ein Bild denken, das eine Anordnung von
162
Gegenständen im dreidimensionalen Raum darstellen soll, aber wir sind für einen Teil des Bildes unfähig, Körper im Raum darin zu sehen, sondern sehen nur die gemalte Bildfläche. Wir können dann sagen, wir verstehen diese Teile des Bildes nicht. Es kann sein, dass die räumlichen Gegenstände, die dargestellt sind, uns bekannt, d.h. Formen sind, die wir aus der Anschauung von Körpern her kennen, es können aber auch Formen nach dem Bild dargestellt sein, die wir noch nie gesehen haben. Und da gibt es wieder den Fall, wo etwas – z.B. – wie ein Vogel aussieht, nur nicht wie einer, dessen Art ich kenne, oder aber, wo ein räumliches Gebilde dargestellt ist, desgleichen ich noch nie gesehen habe. Auch in diesemdiesen letzten Fall Fällen kann man von einem Nichtverstehen des Bildes reden, aber in einem anderen Sinne als im ersten Fall.

 
   
                   Man könnte – analog früheren Erklärungen – sagen: Das Bild verstehen heisst, imstande sein es praktis plastisch nachzubilden.
                   Aber was heisst “im Stande sein”? Wenn es nicht heisst, das Bild tatsächlich so nachzubilden, so ist eben diese Nachbildung für das Verständnis nicht nötig und was wesentlich ist, muss das Andere sein, was mich sagen
lässt
macht
, ich sei im Stande, das Bild plastisch darzustellen.

 
   
                   Aber noch etwas: Angenommen, das Bild stellte den Menschen dar, wäre aber klein und die Menschen darauf etwa einen Zoll lang. Angenommen nun, es gäbe Menschen die diese Länge hätten, so würden wir sie in dem Bild erkennen und es würde uns nun einen ganz andern Eindruck machen, obwohl doch die Illusion der dreidimensionalen Gegenstände ganz dieselbe wäre. Und doch ist
dieser
der tatsächliche
Eindruck, wie er da ist, unabhängig davon, dass ich tatsächlich einmal Menschen in der gewöhnlichen Grösse, und nie Zwerge, gesehen habe, wenn auch dies die Ursache des Eindrucks ist.

 
   
                   Dieses Sehen der gemalten Menschen als Menschen (im Gegensatz
163
etwa zu Zwergen) ist ganz analog dem // ebenso, wie das // Sehen des Bildes // der Zeichnung // als dreidimensionales Gebilde // … ganz analog dem Sehen der Malerei als Gruppierung dreidimensionaler Gebilde // . Wir können hier nicht sagen, wir sehen immer dasselbe und fassen es nachträglich einmal als das eine und einmal als das andre auf, sondern wir sehen jedes Mal etwas Anderes.

 
   
                   Und so auch, wenn wir einen Satz mit Verständnis und ohne Verständnis lesen. (Erinnere Dich daran, wie es ist, wenn man einen Satz mit falscher Betonung liest, ihn daher nicht versteht und nun // endlich // darauf kommt, wie er zu lesen ist.)

 
   
                   Ich verstehe dieses Bild genau, ich könnte es in Ton kneten. – Ich verstehe diese Beschreibung genau, ich könnte eine Zeichnung nach ihr machen.

 
   
                   Das Verständnis des Bildes hat es nur mit dem Bild zu tun. Das Verständnis des Satzes nur mit dem Satz.

 
   
                   Das Satzzeichen verstehen, heisst durch dieses ein Datum zu erhalten, das, da es nicht der dargestellte Sachverhalt ist, noch der Satz genannt werden kann.

 
   
                   Wenn uns die [O|o]stensive // hinweisende // Definition Verständnis mitteilt, dann muss hinfort beim Hören des erklärten Wortes etwas anderes geschehen, als vorher. (Wenn wir es im Satz hören.)

 
   
                   Ich sage “wähle alle blauen Kugeln aus”; er aber weiss nicht, was “blau” heisst. Nun zeige ich und sage “das ist blau”. Nun versteht er mich und kann meinem Befehl folgen.
164

                   Ich setze ihn in Stand, dem Befehl zu folgen. Was geschieht nun aber, wenn er in Zukunft diesen Befehl hört? Ist es nötig, dass er sich jener Erklärung, d.h. des einmaligen Ereignisses jener Erklärung erinnert? Ist es nötig, dass das Vorstellungsbild des blauen Gegenstandes oder eines blauen Gegenstands vor seine Seele tritt? Alles das scheint nicht nötig zu sein, obwohl es möglicherweise geschieht. Und doch hat das Wort “blau” jetzt einen andern Aspect für ihn, als da es ihm noch nicht erklärt war. Es gewinnt gleichsam Tiefe. Er sieht jetzt etwas anderes dar[a|i]n.(﹖)

 
   
                   Man könnte es aber in gewissen Fällen geradezu als Bedingung des Verstehens setzen, dass man den Sinn des Satzes muss zeichnen können. – Wenn ich aber frage: Woher weisst Du, dass Du den Sinn zeichnen kannst? (Ausser es heisst, dass Du ihn gezeichnet hast.)

 
   
                   Denken wir an das Verstehen einer Bildergeschichte.
                   Hier wird übrigens das Kriterium des Verstehens darin gesehen, dass wir die Geschichte nach den Bildern in Worten erzählen können.

 
   
                   Welche Wirkung hatte nun die hinweisende Erklärung? Hatte sie sozusagen nur eine automatische Wirkung? Das heisst aber, wird sie nun immer wieder benötigt, oder hatte sie eine ursächliche Wirkung, wie etwa eine Impfung, die uns ein für alle Mal, oder doch bis auf weiteres, geändert hat.

 
   
                   Ist es nicht so, dass, so weit die Definition uns ein für alle Mal Verständnis gegeben hat, sie unsere Sprache geändert hat und daher nur als Geschichte unseres Verständnisses in Betracht kommt, oder: für uns darum nicht in Betracht kommt. // … und daher nur
als
in der
Geschichte unseres Verständnisses, logisch aber nicht, in Betracht kommt. //

 
   
                   Die Definition kommt für uns nur dort in Betracht, wo sie wieder
165
gebraucht wird.

 
   
                   Ich könnte bildlich sagen: ich finde in meinem Geist das Wort “rot” als Etikquette eines roten Vorstellungsbildes (vor). (Bergson)

 
   
                   Wenn ich die Zeichen “non” und “ & ” verstehe, so kann ich p|q durch non non p& non-p & non-q = p|q Def. erklären. Aber ich kann nun im Gebrauch der Form x|y so weit kommen, dass ich, um sie zu verstehen, die Uebersetzung in non-x & non-y nicht mehr vornehmen muss und dann ist die Definition obsolet geworden und damit gezeigt, dass sie von vornherein nicht unbedingt nötig gewesen wäre; denn alles was nötig war, war, die grammatischen Regeln für ‘x|y’ zu kennen.

 
   
                   Eine Erklärung kann nicht in die Ferne wirken. Ich meine: sie wirkt nur, wo sie angewandt wird. Wenn sie ausserdem noch eine “Wirkung” hat, dann nicht als Erklärung.

 
   
                   Das Verstehen des Satzes kann nicht (ˇwesentlich) in dem Abbilden in eine andre Sprache liegen. Es handelt sich vielmehr um die “Möglichkeit” dieses Abbildens und die muss darin liegen, wie man den Satz selbst sieht. Wie die Möglichkeit, das gemalte Bild plastisch abzubilden, darin liegt, dass man es plastisch sieht.

 
   
                   Wenn das Verständnis darin besteht, dass man den Satz abbilden kann, dann gibt es hier die zwei Fälle: Erstens, dass ich mich darin irren kann, wie in dem Fall, wenn ich sage, ich kann 50 kg heben und der Versuch ergibt, dass ich es nicht kann. Oder zweitens, dass der Satz “ich kann … ” die Beschreibung einer unmittelbaren // direkten // Erfahrung ist; dass es also auch nicht gegen die Wahrheit der Aussage spricht, wenn ich aus “äusseren Gründen” an der Ausführung verhindert bin.

166
 
   
                    “Ich kann das zeichnen, wenn nichts mich hindert”: welche seltsame Verklausulierung. Heisst das nicht: ich kann, wenn ich kann? Denn es ist ja nicht von der Art: “ich kann diese Arbeit machen, wenn ich nicht krank werde”. Denn hier habe ich nur eine äussere Ursache ausgeschaltet, und ist das die einzige, die ich ausgeschaltet habe, so heisst der Satz: ich werde die Arbeit machen, wenn ich nicht krank werde. In dem oberen Satz aber habe ich gar nichts vorausgesagt und jedes Hindernis als solches gelten lassen (denn voraus wissen kann ich ja nichts).

 
   
                   Wir sagen jemandem “das ist grün; vergiss es nicht!” Nun kommt das Wort “grün” vor und er will darnach handeln. Und nun sucht er sich daran zu erinnern, welche Farbe “grün” genannt war. Aber worin besteht dieses Suchen? Nachschauen was grün genannt war? Er drückt etwa auf einen bestimmten Knopf und was dann hervorspringt ist das Gesuchte (wenn etwas hervorspringt).

 
   
                   Man kann also auch so sagen: Er ist davon abhängig, ob sich beim Hören des Wortes “grün” etwas – in bestimmter Weise – meldet.

 
   
                   Heisst ‘Verstehen’ schon: übersetzen, dann muss man nicht verstehen um übersetzen zu können. // … dann ist das Verstehen keine Bedingung des Uebersetzens. //

 
   
                   Und da bietet sich uns ein Ausweg an, der aber keiner ist, nämlich: dass die erste Uebersetzung des Verstehens eine automatische ist, während die dem Verstehen folgende eine willkürliche // gewollte. // . (Jeder solche falsche Ausweg ist aber interessant, denn er böte sich uns nicht an, wenn nicht irgendetwas Richtiges an ihm wäre.)

 
   
                   Wenn [v|V]verstehen nicht Ueübersetzen heisst, dann heisst es
,
:
das
167
Zeichen im Raum seiner grammatischen Regeln sehen.

 
   
                   Man kann der Philosophie keinen grössern Gefallen tun, als wenn man die gewöhnliche und irrige Auffassung paraphrasiert und deutlich hinstellt.

 
   
                   Das Schachspiel ist gewiss einzig und allein durch seine Regeln (sein Regelverzeichnis) charakterisiert. Ebenso ist es klar, dass Einer, der eine Partie Schach spielt und jetzt einen Zug macht, etwas anderes tut, als der, der nicht Schach spielen kann (d.h. das Spiel nicht kennt) und nun eine Figur in die Hand nimmt und sie zufällig der Regel gemäss bewegt. Anderseits ist es aber ebenso klar, dass der Unterschied nicht darin besteht, dass der Erste in irgendeiner Form die Regeln des Schachspiels vor sich hersagt
oder
und
überdenkt. – Wenn ich nun sage: das er Schach spielen kann, besteht darin, dass er die Regeln kennt, ist diese Kenntnis der Regeln in jedem Zuge in irgendeiner Form enthalten? In gewissem Sinne, scheint es, ja! Denn sonst müsste es erst eine zukünftige Erfahrung ergeben, ob er wirklich Schach spielt, d.h. “er spielt Schach” wäre dann eine Hypothese, die übrigens deshalb nur durch die Erfahrung bestätigt, aber nicht erwiesen // bewiesen // werden könnte. Andrerseits scheint in gewissem Sinne kein Zweifel möglich, dass ich Schach spiele und in diesem Sinne muss das also in dem liegen, was jetzt bei meinem Zug stattfindet.
                   Es muss also darin liegen, dass ich diesen Zug anders sehe (vergleiche ) als der, welcher nicht spielt.

 
   
                   Gefragt, was ich mit “und” im Satze “gib mir das Brot und die Butter” meine, würde ich mit einer Gebärde antworten, und diese Gebärde würde die Bedeutung // würde, was ich meine // illustrieren. Wie das grüne Täfelchen “grün” illustriert und wie die W-F-Notation “und”, “nicht” etc. illustriert.

168
 
   
                    Das heisst, es gibt einen Sinn, in welchem der Satz “ich spiele Schach” eine Hypothese ist, und einen andern, in dem es keine ist.

 
   
                   Nun könnte man nämlich sagen: Wenn so komplizierte Vorgänge beim Verstehen des Wortes “und” eine Rolle spielen und das Verstehen etwas für uns Wesentliches ist, wie kommt es, dass diese Vorgänge in der symbolischen Logik nie erwähnt werden? Wie kommt es, dass von ihnen in der Logik nie die Rede ist, noch sein braucht?

 
   
                   Das Verständnis wird nicht nur durch die Erklärung hervorgerufen, sondern muss (auch) selbst von der Multiplizität
der
dieser
Erklärungen sein.

 
   
                   D.h., wir können wieder das System der Erklärungen für das Verständnis nehmen.

 
   
                   Erinnere Dich daran, wie schwer es Kindern fällt, zu glauben, (oder einzusehen) dass ein Wort wirklich zwei ganz verschiedene Bedeutungen hat/ // haben kann // .

 
   
                   Ein unartikuliertes Verständnis ist für uns kein Verständnis. // … nennen wir nicht ‘Verständnis’. //
                   Was immer den Satz unartikuliert begleitet, interessiert uns nicht.

 
   
                   Es ist eine Auffassung, dass
Einer
er
gleichsam nur unvollkommen zeigen kann, ob er verstanden hat.2

 
   
                   Dass er gleichsam nur immer aus der Ferne darauf deuten, auch sich ihm nähern, es aber nie mit der Hand berühren // ergreifen // kann. Und das Letzte immer ungesagt bleibt // bleiben muss // .

169
 
   
                    Man will sagen: er versteht es zwar ganz, kann
dies
es
aber nicht ganz zeigen, da er sonst schon tun müsste, was ja erst in Befolgung des Befehls geschehen darf. So kann er es also nicht zeigen, dass er ganz versteht. D.h. also, er weiss immer mehr, als er zeigen kann.
                   Aber so ist es nicht. Er weiss nicht mehr, als er zeigen kann. Und nur was er zeigen kann, das weiss er.

 
   
                   Man möchte sagen: er ist mit seinem Verständnis bei der Tatsache // bei der Ausführung // , aber die Erklärung kann nie die Ausführung enthalten.
                   Aber das Verständnis enthält nicht die Ausführung, sondern ist nur das Symbol, das bei der Ausführung übersetzt wird.

 
   
                   Unsere Frage durfte nicht lauten “was heisst es, einen Satz verstehen”, sondern “was heisst es, ihn so zu verstehen”. Denn die Erklärung entspricht diesem Verständnis (dieser Deutung) und nicht dem Verständnis überhaupt.

 
   
                   Wenn ich sage, alles Verständnis entspricht einer Erklärung und es gibt kein Verständnis, das nicht erklärt werden // durch Erklärung erzeugt werden // könnte, so meine ich mit ‘Verständnis’ das So-Verstehen (im Gegensatz zum anders Verstehen). Aber nicht das Verstehen überhaupt (im Gegensatz zum Nicht-Verstehen d.h. ‘nicht als Satz auffassen’[|)].
                   Dem aber entspricht keine Erklärung.

 
   
                   Was heisst es dann aber, einen Satz überhaupt (als solchen) zu verstehen?

 
   
                   Das Verständnis,
was
das
nicht die Erklärung geben kann, kann die Sprache nicht geben.

170
 
   
                    Aber, wenn es eine Erklärung dieses Verständnisses (d.h. des Vorgangs dieses Verständnisses) gäbe, so müsste es auch eine Unterweisung darin geben. (Also eine Erklärung im ersten Sinn.)

 
   
                   Wir haben gesagt,
:
;
Verständnis entspricht der Erklärung; so weit es aber der Erklärung nicht entspricht, ist es unartikuliert und geht uns deswegen nicht an; oder es ist artikuliert und entspricht dem Satz selbst, dessen Verständnis wir beschreiben wollten.

 
   
                   Die Frage um die es sich handelt, ist eigentlich die: Sind die Vorgänge beim Verstehen (Denken) beschrieben, wenn ich sage, dass es gewisse Vorstellungen sind etc.; oder ist ausser diesen Vorstellungen, welcher Art sie auch seien mögen, noch etwas weiteres anderer Art, was man die Interpretation nennen müsste // möchte // , vorhanden.

 
   
                   Ich müsste dann aber sagen: Denken ist keine abgeschlossene Tatsache, von welcher Art immer. Denn ‘Art’ muss hier logische Art heissen.

 
   
                   Ich sage: Das Verstehen bestehe darin, dass ich eine bestimmte Erfahrung habe. ‒ ‒
                   Dass diese Erfahrung aber das Verstehen dessen ist – was ich verstehebesteht // liegt // darin, dass diese Erfahrung ein Teil meiner Sprache ist.

 
   
                   Dass ein Satz ein Satz ist, besteht nicht darin, dass ich das mit ihm meine, sondern, dass ich mit ihm ausdrücke // mit ihm meine // ; dass ich das mit ihm meine, muss aus ihm hervorgehen.

 
   
                   (Da scheinen wir nun auf etwas Transcendentes zu stossen. Und sind
171
zu einer besonders intensiven Introspection geneigt.)

 
   
                   Könnten wir etwas ‘Sprache’ nennen, was nicht wirklich angewandt würde? Könnte man von Sprache reden, wenn nie eine gesprochen worden wäre? (Ist denn Sprache ein Begriff, wie ‘Centauer’, der besteht, auch wenn es nie ein solches Wesen gegeben hat?)

 
   
                   Sprache lässt sich nur mit der Sprache beschrieben, darin liegt die Lösung des Rätsels.

 
   
                   Die Grenze der Sprache zeigt sich in der Unmöglichkeit, die Tatsache zu beschreiben, die einem Satz entspricht // die dem Satz gemäss ist // (seine Uebersetzung ist) ohne eben den Satz zu wiederholen.

 
   
                   (Wir haben es hier mit der Kant'schen Lösung des Problems der Philosophie zu tun.)

 
   
                   Man könnte eine wesentliche Frage auch so stellen: Wenn ich jemandem sage “male diesen Kreis rot”, wie entnimmt er aus dem Wort ‘rot’, welche Farbe er zu nehmen hat?

 
   
                   Wie soll er wissen, welche Farbe er zu wählen hat, wenn er das Wort ‘rot’ hört? – Sehr einfach: er soll die Farbe nehmen, deren Bild ihm beim Hören des Wortes einfällt. – Aber wie soll er wissen, was die ‘Farbe’ ist, ‘deren Bild ihm einfällt’? Braucht es dafür ein weiteres Kriterium? u.s.f..

 
   
                   Wie weiss er, welche Farbe er bei dem Wort ‘rot’ zu wählen hat? – Weil es ihm erklärt worden ist.
                   Und so weit diese Erklärung als Erklärung wirkt, hat sie die Mul-
172
tiplizität des Verständnisses.

 
   
                   Es gibt kein Kriterium, kein Symptom, dafür, dass diese Farbe Rot ist.

 
   
                   Der Satz, wenn ich ihn verstehe, bekommt für mich Tiefe.

 
   
                   Wenn ich sage “zeichne einen Kreis an der Wand”, so zeige ich von mir zur Wand, und ist das nicht das Vorbild jenes Nach-aussen-weisens des Satzes?

 
   
                   Man würde etwa (so) sagen: Ich sage ja nicht nur “zeichne einen Kreis”, sondern ich wünsche doch, dass der Andre etwas tut. (Gewiss!) Und dieses Tun ist doch etwas anderes als das Sagen, und ist eben das Ausserhalb worauf ich weise // worauf der Satz weist // .

 
   
                   Jedes Symbol scheint als solches etwas offen zu lassen.

 
   
                   In wiefern kann man den Wunsch ‘unbefriedigt’ nennen? Was ist das Urbild // Vorbild // der Unbefriedigung? Ist es der leere Hohlraum (in den etwas hineinpasst)? [u|U]nd würde man von einem leeren Raum sagen er sei unbefriedigt? Wäre das nicht auch eine Metapher? Ist es nicht ein gewisses Gefühl, das wir Unbefriedigung nennen? Etwa der Hunger. Aber der Hunger enthält nicht das Bild seiner Befriedigung. Ist also unser Urbild der Unbefriedigung etwa der leere Magen und der Hunger?

 
   
                   Ich könntete/mir vorstellen: Wenn ich Hunger habe, öffne ich meinen Mund und der offene Mund ist nun (quasi) ein Symbol der Unbefriedigung. – Aber warum ist er allein nicht unbefriedigt, noch auch der Hunger allein?

173
 
   
                    Wieder: Der offene Mund ist nur als Teil einer Sprache unbefriedigt. Oder soll ich sagen: Nur als Teil eines Systems, das auch die Befriedigung enthält.

 
   
                   Die Hohlform ist nur unbefriedigt in dem System, in dem auch die entsprechende Vollform vorkommt. // … in dem auch die Vollform vorkommt. //

 
   
                   Das heisst, man kann das Wort “unbefriedigt” nicht schlechtweg von einer Tatsache gebrauchen. Es kann aber in einem System eine Tatsache beschreiben helfen. Ich könnte z.B. ausmachen // festsetzen // , dass ich den Hohlzylinder ‘den unbefriedigten Zylinder’ nennen werde, den entsprechenden Vollzylinder, seine Befriedigung; und dass so eine Notation möglich ist, ist natürlich für das System charakteristisch. Dass man also sagen kann: “Er sagte ‘p ist der Fall’ und so war es”.

 
   
                   Aber man kann nicht sagen, dass der Wunsch ‘p möge der Fall sein’ durch die Tatsache p befriedigt wird. Denn, hat das erste p schon einen Sinn, dann sagt es das schon selber; hat es aber noch keinen, dann war das erste // der erste Ausdruck // noch kein Wunsch, und der Satz kommt einer Zeichenerklärung gleich, // … hat es aber noch keinen, dann kommt der Satz einer Zeichenerklärung gleich, // die übrigens hier ein Zeichen durch sich selber, also nicht, erklärt.

 
   
                   Rechtmässiger Gebrauch des Wortes ‘Sprache’: Es bedeutet entweder die Erfahrungstatsache, dass Menschen reden (auf gleicher Stufe mit der, dass Hunde bellen), oder es bedeutet: festgesetztes System der Verständigung // festgesetztes System von Wörtern und grammatischen Regeln // in den Ausdrücken “die englische Sprache”, “deutsche Sprache”, “Sprache der Neger” etc.. ‘Sprache’ als logischer Begriff könnte nur mit ‘Satz’ äquivalent, und dann
die
eine
Ueberschrift eines Teiles der Grammatik sein.

174
 
   
                    Wenn ich
sagte
sage
“die Sprache ist einzig”, so heisst das eben, dass ‘Sprache’ hier kein Wort ist, d.h., sich so nicht anwenden lässt.

 
   
                   Was ich zum Beweis meines Verständnisses zeigen kann, kann mein Verständnis auch ganz ausdrücken.

 
   
                   Das sieht man, glaube ich, klar, wenn man einen Befehl, etwa in anderer Form, wiederholt, um zu zeigen, dass man ihn verstanden hat.

 
   
                   Wenn man das Problem des Verständnisses überdenkt, so meint man, immer, es müsse einem doch beim Verstehen zu wenig sein, bloss einer Vorstellung (oder dergleichen) habhaft zu werden. Aber wie will // wollte // man denn mehr wollen?!

 
   
                   Das was Einen befriedigt ist freilich nicht die Vorstellung selbst, sondern ihre Stellung zu uns.

 
   
                   Das Bild, das mit dem Verständnis kommt, muss Teil einer Bildersprache sein.

 
   
                   Ich erkläre jemandem einen Plan und wie er zu gehen hat, und sage, auf eine Stelle des Planes zeigend: “Hier stehen wir; Du gehst …”. Nun sieht er die Karte anders.

 
   
                   Kann ich sagen, das Drama hat seine eigene Zeit die nicht ein Abschnitt der historischen Zeit ist. D.h.l, ich kann ihn ihm von früher und später reden, aber die Frage hat keinen Sinn, ob die Ereignisse, etwa, vor oder nach Cäsars Tod geschehen sind.

 
   
                   Wer den Auftrag ‘geh dort hin’ versteht, muss dabei seine gegen-
175
wärtige Lage verstehen. ﹖– Ich meine, er muss die gegenwärtige Lage sehen und die Relation der beiden Lagen –﹖.

 
   
                   Wenn ich mit verbundenen Augen die Richtung verloren habe und man mir nun sagt: geh dort und dort hin, so hat dieser Befehl keinen Sinn für mich.

 
   
                   Gibt es nicht einen Raum “der bekannten Gegenstände”? Sodass, wenn alles um uns sich fortwährend bewegte – alle Gestalten sich fortwährend auflösten wie Nebelschwaden – wir in einer anderen Art vomn physikalischenm Raum wären?

 
   
                   (Der Plan kann mich nur leiten, wenn ich auch auf dem Plan bin.)

 
   
                   Aber wie immer, – wer den Plan erklärt, gibt weitere Zeichen.
                   Und wer ihn versteht, fasst sie auf.

 
   
                   Das Verstehen des Befehles kann zur Ausführung keine andere Beziehung haben, als eben eine Tatsache zu einer völlig anderen.

 
   
                   “Dasselbe was ich jetzt getan habe, wollte ich vor 5 Minuten”. Was ich damals getan habe heisst eben “wollen, was ich jetzt getan habe”.

 
   
                   So wird die Sprache gebraucht.

 
   
                   Man möchte fragen: Welcher ausserordentliche Prozess muss das Wollen sein, dass ich das wollen kann, was ich erst in 5 Minuten tun werde?!

 
   
                   Die Antwort: Wenn Dir das sonderbar vorkommt, so vergleichst Du
176
es mit etwas, womit es nicht zu vergleichen ist. – Etwa damit: Wie kann ich jetzt dem Mann die Hand geben, der erst in 5 Minuten hereintreten wird? (Oder etwa gar: Wie kann ich dem die Hand geben, den es vielleicht gar nicht gibt?)

 
   
                   Das ‘foreshadowing’ der Tatsache besteht offenbar darin, dass wir jetzt denken können, dass das eintreffen wird, was erst eintreffen wird. Oder, wie das irreführend ausgedrückt wird: dass wir an das denken können, was erst eintreffen wird.

 
   
                   “Der Befehl nimmt die Ausführung voraus”. In wiefern nimmt er sie denn voraus? Dadurch, dass er das befiehlt // dass er jetzt befiehlt // , was später ausgeführt (oder nicht ausgeführt) wird. Oder: Das, was wir damit meinen, wenn wir sagen, der Befehl nimmt die Ausführung voraus, ist dasselbe, was dadurch ausgedrückt ist, dass der Befehl befiehlt, was später geschieht. Aber richtig: “geschieht, oder nicht geschieht”. Und das sagt nichts. (Der Befehl kann sein Wesen eben nur zeigen.)

 
   
                   Ich sage: Hier ist zwar nichts [r|R]otes um mich, aber wenn hier etwas wäre, so könnte ich es erkennen. – Hier sage ich offenbar etwas über den gegenwärtigen Zustand aus, da es nicht von der weiteren Erfahrung abhängt ob ich Recht hatte zu sagen, dass ich rot erkennen kann. Im Gegenteil, es lässt sich gar nicht durch eine weitere Erfahrung bestätigen.

 
   
                   Man kann auch nicht sagen: Wenn jetzt nichts Rotes um Dich ist, so hat doch der Satz, der das sagt, nur Sinn, wenn Du einmal etwas Rotes gesehen hast. Auf die Geschichte meiner Begriffe kommt es nicht an. Hat es Sinn, das Wort ‘rot’ zu gebrauchen, so hat es Sinn; d.h., kann ich es gewissen Regeln ge[,|m]äss gebrauchen, dann darf ich es gebrauchen.

177
 
   
                    Aber, wenn auch mein Wunsch nicht bestimmt, was der Fall sein wird, so bestimmt er doch sozusagen das Thema einer Tatsache, ob die nun den Wunsch erfüllt, oder nicht.

 
   
                   Muss er nun dazu etwas voraus wissen? Nein. p. V .non-p sagt wirklich nichts.

 
   
                   Wir wundern uns – sozusagen – nicht darüber, dass Einer die Zukunft weiss, sondern – darüber, dass er überhaupt (richtig oder falsch) prophezeien kann.

 
   
                   Es ist, als würde die [gr|bl]osse Prophezeiung (gleichgültig ob richtig oder falsch) schon einen Schatten der Zukunft vorausnehmen. – Während sie über die Zukunft nicht weiss, und weniger als nichts nicht wissen kann.

 
   
                   (Es ist mir immer, als könnte ich nachweisen, dass das Wort Gedanke” unrichtig gebraucht wird, wenn ich sage, der Gedanke sei unbefriedigt. Dass dann
dieses
das
Wort gleichsam eine Funktion darstellt. Dass, wenn ich den Gedanken unbefriedigt nennen, ich das Wort sozusagen als Funktion in einem Satz gebrauchen muss, in dem er zusammen mit etwas Anderem befriedigt ist. Ich möchte dann sagen, das Wort wird nicht absolut, sondern relativ gebraucht.)

 
   
                   Die Gebärde kann den Wunsch ausdrücken. Ob sie ihn aber ausdrückt, hängt davon ab, ob wir wir // ich // ihn dadurch ausgedrückt haben // habe // , d.h. ob wir das als Sprache festgesetzt haben.
                   Das Kreuz in meinem Kalender kann ausdrücken, dass ich heute eine Vorlesung halten soll, wenn ich es dazu bestimme. Durch eine beliebige einmalige Zuordnung dieses Zeichens zu meiner Vorlesung wird es nicht zu diesem Ausdruck.

178
 
   
                    Der Ort
eines
des
Wortes in der Sprache ist seine Bedeutung.

 
   
                   Man kann den Wunsch nicht durch etwas anderes ersetzen, was nicht
der
ein
Wunsch ist; und sich dann wundern, dass es
kein
nicht ein
Wunsch ist.

 
   
                   Wenn ich frage: worin besteht es, zu wünschen, der Tisch wäre so hoch, und gäebe nun eine Antwort; etwa die, es bestehe darin, die Hand über den Tisch zu halten etc.etc., so habe ich doch das, was ich “erklären” wollte, durch etwas anderes ersetzt. Und wie soll dieses Andere, dessen Ausdruck in der Sprache neben dem zu Erklärenden besteht, das Wünschen erklären?

 
   
                   Denn ‘erklären’ kann hier wieder nicht heissen: Verborgenes ans Licht zu ziehen – da hier nichts verborgen ist.

 
   
                   Man kann wieder nur die Grammatik des Wortes ‘wünschen’ explicit machen. (Und so des Wortes “denken”, etc..)

 
   
                   Ein Pfeil zeigt in einer bestimmten Richtung, und auch wieder nicht.

 
   
                   Man kann nichts absichtlich oder unabsichtlich mit Absicht übersetzen.

 
   
                   Wenn die Sprache auf einer Uebereinkunft beruht, so muss doch diese Uebereinkunft wieder durch Zeichen, also Sprache, geschlossen sein und daher beruht die (gesamte) Sprache nicht auf Uebereinkunft.

 
   
                   Es scheint (nämlich), dass das Wort ‘Wunsch’, ‘Gedanke’, etc. nur manchmal einen Vorgang, eine Tatsache, zu bezeichnen gebraucht wird, manchmal aber anders, gleichsam als unvollständiges Symbol durch ein anderes er-
179
gänzt.

 
   
                   Ich sage, die Hand über demn Tisch haltend, “ich wollte, dieser Tisch wäre so hoch”. Nun ist das Merkwürdige: die Hand über dem Tisch an und für sich drückt gar nichts aus. D.h., sie ist eine Hand, über einem Tisch, aber kein Symbol (wie der Pfeil, der etwa die Gehrichtung anzeigen soll, an sich nichts ausdrückt).

 
   
                    im Gegensatz zu ist ein anderes Zeichen als im Gegensatz zu .

 
   
                   Die grammatische Regel beschreibt auch das Verständnis.

 
   
                   Denn die Frage ist: würde er dieses Wort auch gebraucht haben, wenn andere Regeln davon gelten?

 
   
                   Und wird er sagen, er habe die Zeichen so verstanden, wenn ich die grammatischen Regeln ändere?

 
   
                   Die Schachfigur ist nicht das Holzklötzchen, sondern der Schnitt gewisser Regeln. Daher handeln die Regeln nicht von Holz oder Elfenbein. So wenig, wie die Gesetze der euklidischen Geometrie von Graphit auf Papier.

 
   
                   So handeln auch die grammatischen Regeln nicht von Tinte.

 
   
                   “Geh so nicht so ” hat nur Sinn, wenn es die Richtung ist, die dem Pfeil hier wesentlich ist, und nicht, etwa nur die Länge.

 
   
                   Es wäre unsinnig am Plan der Untergrundbahn auszusetzen, er gehöre so: , nicht so:

180
 
   
                    Kann ich nicht sagen: ich meine die Verneinung, welche verdoppelt eine Bejahung gibt?

 
   
                   Wäre das nicht, als würde man sagen: Ich meine die Gerade, deren zwei sich in einem Punkt schneiden.

 
   
                   Das heisst: Wenn Du von Rot gesprochen hast, hast Du dann das gemeint, wovon man sagen kann, es sei hell, aber nicht grün, auch wenn Du an diese Regel nicht gedacht, oder von ihr Gebrauch gemacht hast? – Hast Du das ‘non’ verwendet, wofür non-non-non-p = non-p ist? auch wenn Du diese Regel nicht verwendet hast? Ist es etwa eine Hypothese, dass es das non war? Kann es zweifelhaft sein, ob es dasselbe war, und durch die Erfahrung bestätigt werden.

 
   
                   Die Geometrie unseres Gesichtsraumes ist uns gegeben, d.h., es bedarf keiner Untersuchung bis jetzt verborgener Tatsachen, um sie zu finden. Die Untersuchung ist keine, im Sinn einer physikalischen, oder psychologischen Untersuchung. Und doch kann man sagen, wir kennen diese Geometrie noch nicht.

 
   
                   Man kann sagen, diese Geometrie liegt offen vor uns (wie alles Logische) – im Gegensatz zur praktischen Geometrie des physikalischen Raumes).

 
   
                   Wenn es die wesentliche Verwendung des Symbols ist, übersetzt zu werden, so kann es kein wesentliches Verständnis // Verstehen // des Symbols geben, das nicht im Hinblick auf die Uebersetzung geschieht.

 
   
                   Aber was heisst es “im Hinblick” auf die Uebersetzung, wenn diese nicht erfolgt ist?

181
 
   
                    Und wenn ich wir sagen, dass Verständnis // Verstehen // des Befehls sei eine andere Uebersetzung, als die Befolgung, was nützt uns dann diese (andere) U[d|e]bersetzung?

 
   
                   Das Element der Betonung // des Tonfalls // in der Wortsprache kümmert uns an und für sich gar nicht, dass es aber verwendet werden kann, um den Sinn deutlich zu machen, ist für uns sehr wichtig.

 
   
                   Was heisst es: verstehen, dass etwas ein Befehl ist, wenn man auch den Befehl selbst noch nicht versteht? (“Er meint: ich soll etwas tun, aber was er wünscht, weiss ich nicht”.)

 
   
                   Ich verstehe doch einen Befehl als Befehl, d.h., ich sehe in ihm nicht nur ein Gebilde, sondern es hat – sozusagen – einen Einfluss auf mich. Ich reagiere auf einen Befehl (auch ehe ich ihn befolge) anders, als etwa auf eine Mitteilung oder Frage.

 
   
                   Es kann keine notwendige Zwischenstufe zwischen dem Auffassen eines Befehles und dem Befolgen geben.

 
   
                   Es sagt mir jemand etwas; nun, wie immer er es meint, ich fasse es als einen Befehl auf, ohne ihn aber noch auszuführen.
                   Wie es der Andere meint, ist für uns überhaupt immer ganz gleichgültig. Gegeben sind mir ja nur seine W[r|o]rte und eventuell seine Gebärden und sein Gesichtsausdruck, [W|w]elche aber alle auf gleicher Stufe stehen. – D.h., ich muss sie alle deuten.

 
   
                   Deuten. – Deuten wir denn etwas, wenn uns jemand einen Befehl gibt? wir fassen auf, was wir sehen: oder: wir sehen, was wir sehen.

182
 
   
                    Es sei denn, dass wir “deuten” doch nur auf die Worte beziehen und sagen: wir deuten sie mit Hilfe seiner Gebärde, was dann nur heisst, ﹖– wir nehmen Worte und Gebärde wahr. –﹖

 
   
                   Wenn mich jemand fragt: ‘wieviel Uhr ist es’, so geht in mir dann keine Arbeit des Deutens vor. Sondern ich reagiere unmittelbar auf das, was ich sehe und höre.

 
   
                   Philosophie wird nicht in Sätzen, sondern in einer Sprache niedergelegt.

 
   
                   Ich deute die Worte; wohl; aber deute ich auch die Mienen? Deute ich etwa, einen Gesichtsausdruck als drohend? oder freundlich? –

 
   
                   Wenn ich nun den früheren Einwand hier geltend machte und sagte: Es ist nicht genug, dass ich das drohende Gesicht als Gebilde wahr nehme, sondern ich muss es erst deuten.
                   Es zückt jemand das Messer und ich sage: “ich verstehe das als eine Drohung”.

 
   
                   Das Subjekt tritt in das Verstehen, im primären Sinn, so wenig ein, wie in das Sehen des Zeichens.

 
   
                   Ich sehe eine deutsche Aufschrift und eine chinesische. – Ist die chinesische etwa ungeeignet etwas mitzuteilen? – Ich sage, ich habe Chinesisch nicht gelernt. Aber das Lernen der Sprache fällt als [gr|bl]osse Ursache, Gesicht Geschichte, kurz aus der Gegenwart heraus. Nur auf seine Wirkungen kommt es an und die sind Phänomene, die eben nicht eintreten, wenn ich das Chinesische sehe. // anschaue. // (Warum sie nicht eintreten, ist ganz gleichgültig.)

183
 
   
                    Das Lernen der Sprache ist in ihrer Benützung // ihrem Gebrauch // nicht enthalten. (Wie die Ursache eben nicht in ihrer Wirkung.)

 
   
                   Das Festsetzen einer Regel ist die
Geschichte
Vorgeschichte
des Handelns nach dieser Regel. Es fällt aus letzterem heraus, nicht aber die Regel, die in dem Folgen verkörpert ist (indem das Folgen durch den Ausdruck der Regel beschrieben ist).

 
   
                   Ich kann die Regel selbst festsetzen und nicht mich
die
eine
Sprache lehren. Ich gehe spazieren und sage mir: Wo immer ich einen Baum treffe, soll mir das das Zeichen sein, bei der nächsten Kreuzung links zu gehen, und nun richte ich mich nach den Bäumen in dieser Weise (fasse ihre Stellung als einen Befehl auf[.|)].

 
   
                   Das Fassen des Vorsatzes gehört zur Geschichte seiner Ausführung, dagegen ist er in seiner Ausführung enthalten.

 
   
                   “Die Hand zeigt dahin”. Aber in wiefern zeigt sie dahin? einfach, weil sie sich in einer Richtung verjüngt? (Zeigt ein Nagel in die Wand?) D.h., ist es dasselbe zu sagen “sie zei[v|g]t etc.”
und
oder
“sie verjüngt sich in dieser Richtung”?

 
   
                   “Das Betreten dieser Brücke ist gefährlich” zeigt nicht auf die Gefahr des Betretens // beim Betreten // der Brücke. Und sofern es auf die Brücke zeigt, gehört diese mit zum Symbol // Zeichen // .

 
   
                   Was heisst die Frage: ist das dasselbe ‘non’, für welches die Regel non-non-non-p = non-p gilt?

184
 
   
                    “Meinst du das ‘non’ so, dass ich aus non-p non-non-n[p|o]n-p schliessen kann?”

 
   
                   Wie Gesetze nur Interesse gewinnen, wenn die Neigung besteht, sie zu übertreten, // wenn sie übertreten werden // so gewinnen gewisse grammatische Regeln erst dann Interesse, wenn die Philosophen sie übertreten möchten.

 
   
                   Könnten wir für ‘blau’, ‘rot’, ‘grün’, dasselbe Wort verwenden wie wir es für ‘ = ’ und ‘’ tun, wenn auch mit der Gefahr der Verwechslung, aber doch der Möglichkeit zu unterscheiden? // der Unterscheidung?

 
   
                   Dass das deutsche Wort ‘ist’ und das englische ‘is’ dasselbe bedeuten, kann man auf zweierlei Art erfahren. Entweder ich habe die eine Sprache unabhängig von der andern gelernt und lerne die andere mit Hilfe (durch Uebersetzung) der ersten, lerne also aus dem Wörterbuche ‘is’ heisse ‘ist’. Oder ich habe beide Sprachen unabhängig voneinander so gelernt, wie man in der Kindheit seine eigene Muttersprache lernt und komme dann darauf, dass ‘is’ und ‘ist’ einander entsprechen.

 
   
                   Man sagt dem Kind: “nein, kein Stück Zucker mehr!” und nimmt es ihm weg. So lernt das Kind die Bedeutung des Wortes ‘kein’.
                   Hätte man ihm mit denselben Worten ein Stück Zucker gereicht, so hätte es gelernt, das Wort anders zu verstehen.

 
   
                   Die Regel beschreibt ihre Anwendung.

 
   
                   Ist es denn willkürlich, welche Interpretation wir den Worten geben, die uns gesagt werden? Kommt nicht das Erlebnis der Interpretation
185
mit dem Erlebnis des Hörens der Zeichen, wenn wir ‘die Sprache der Andern verstehen’?

 
   
                   Soweit man also das Verständnis // Verstehen // als einen Vorgang beschreiben kann, ist es ein Phänomen, wie das Sehen des Zeichens selbst. Die Frage aber ist dann, wo finden wir (nun) jenes von sich in den Raum Weisende, was das Symbol zu sein scheint.

 
   
                   Denn alle Zeichen, und was sie mit sich bringen, scheint uns wesentlich von gleicher Art zu sein. Es ist, was es ist, ist aber kein Symbol.

 
   
                   Als Symbol kann ich die Dinge nur sehen, wenn ich sie von einem andern Standpunkt betrachte.

 
   
                   Wenn ich z.B. sage stellt eine Hand vor, oder: ich verstehe es als Hand, so sage ich etwas über den Eindruck, den das Zeichen macht. Es ist aber doch keine Hand, noch ist eine wirkliche Hand im Spiele und wenn ich sage, es erinnert mich an eine Hand, so heisst das, es ruft Vorstellungen in mir wach, // … es verursacht in mir Vorstellungen, Empfindungen, etc. // in denen eine Hand nicht vorkommt. Heisst das nun also, dass ich diese Vorstellungen etc. auch anders ohne Erwähnung der Hand hätte beschreiben können, und die Anspielung auf die Hand überflüssig // unnötig // war? Aber das ist offenbar dieselbe Frage wie die: Wenn ich mir einen roten Fleck an der Wand vorstelle, der nicht da ist, so geschieht doch etwas, worin nichts wirklich Rotes, und jedenfalls kein roter Fleck an dieser Wand, eine Rolle spielt, denn es ist doch keiner da: Kann ich also, was bei
dem
diesem
Vorstellen geschieht, nicht beschreiben, ohne der Gegenstände Erwähnung zu tun // zu erwähnen // , die nicht in der Tatsache beteiligt sind, ﹖– oder doch nur als ein Teil einer indirekten Beschreibung des Gegenstandes, von dem eigentlich die Rede ist –﹖. – Aber so ist es natürlich nicht. Und diese Ausführung zeigt nur, worin der falsche Gedankengang // Gedankenweg // besteht, den zu machen
186
wir versucht sind.

 
   
                   Wenn ich sage: ich stelle mir einen roten Fleck an dieser Wand vor, so ist das allerdings die Beschreibung eines Vorgangs, einer Tatsache, unabhängig von jener andern, die der Satz “an dieser Wand ist ein roter Fleck” beschreibt; aber ich kann
jene
diese
Tatsache nicht anders als durch die Ausdrücke ‘rot’ und ‘Fleck’ etc., ja nur in dieser Zusammenstellung, beschreiben (in einer Sprache nämlich, in der die Tatsache, dass ein roter Fleck an der Wand ist, mit diesen Worten beschrieben wird).

 
   
                   Und wenn ich mich
darüber
darüber
wundere, so muss // kann // ich mich über jeden sprachlichen Ausdruck wundern.

 
   
                   Hier, glaube ich, sieht man, was ‘missverstehen der unserer Sprachlogik’ bedeutet.

 
   
                   Wir sind durch falsche Analogien in die Irre geführt und können uns nicht aus dieser Verstrickung erretten. Das ist der morbus philosophicus.

 
   
                   D.h., es ist eben nicht mehr Grund, sich über den Ausdruck “ich stelle mir einen roten Fleck an der Wand vor” (oder, ich wünsche mir etc.) zu wundern, als über den: ‘an der Wand ist ein roter Fleck’ und über die Aehnlichkeit dieses mit dem Satz: ‘auf dem Tisch ist
ein
kein
roter Fleck’. Das Vorkommen des Wortes ‘rot’ bedeutet eben nicht, dass etwas rot ist und die Gemeinsamkeit des Wortes ‘rot’ nicht, dass zwei Gegenstände die Farbe gemeinsam haben (es kann das Gegenteil davon bedeuten, wie in den Sätzen “A ist rot” und “B ist nicht rot”[.|)].

 
   
                   Wir könnten uns den Marsbewohner denken, der auf der Erde erst nach und nach den Gesichtsausdruck des Menschen als solchen verstehen lern-
187
te und den drohenden erst nach gewissen Erfahrungen als solchen empfinden lernt. Er hätte bis dahin diese Gesichtsform angeschaut // angesehen // , wie wir die Form eines Steins betrachten.

 
   
                   Kann ich so nicht sagen: er lernt erst die befehlende Geste in einer gewissen Satzform verstehen.

 
   
                   Wenn mir jemand etwas sagt und ich verstehe es, so geschieht mir dies ebenso, wie, dass ich höre, was er sagt. // wie, dass ich, was er sagt, höre. //

 
   
                   Kann man den Vorgang des Verständnisses eines Befehls mit dem Vorgang der Befolgung vergleichen, um zu zeigen, dass diese Befolgung diesem Verständnis, dieser Auffassung, wirklich entspricht? und in wiefern sie übereinstimmen?

 
   
                   Wie beschreibt die Sprache den Vorgang des Verständnisses des Satzes ‘p’. Kann sie es anders als durch den Satz, dass ich ‘p’ verstehe? Und kann sie die Befolgung des Befehls ‘q’ anders beschreiben, als indem sie sagt, dass ich ‘q’ befolge? Denn alles, was bei diesen Vorgängen dadurch noch nicht beschrieben ist, ﹖– ist unwesentlich und kann sich so und anders verhalten. –﹖

 
   
                   Einen Satz verstehen heisst, ihn als Satz sehen und seine Befolgung // die Befolgung des Befehls // kann keine Beschreibung haben, als ihn selbst.

 
   
                   Drury sagte mir einmal, er habe überlegt, dass es unmöglich sei, sich des Zustandes vor der Erlernung der Sprache zu erinnern. – Man könnte natürlich Erinnerungsbilder aus dieser // jener // Zeit besitzen, aber man
188
kann sich nicht an ein Fühlen des Mangels der Sprache erinnern, // entsinnen // da man keinen Begriff der Sprache haben kann, ehe man spricht, und freilich auch nachher nicht, weil es einen solchen Begriff nicht gibt. Auch kann man sich nicht an das Bedürfnis nach dem sprachlichen Ausdruck erinnern, denn, wo das vorhanden ist, gibt es schon eine Sprache, in der man denkt.

 
   
                   Kann man jemandem befehlen, einen Satz zu verstehen?

 
   
                   Beim Hören eines Wortes kann ich mir die Erklärung dieses Worts nicht ins Gedächtnis zurückrufen; sie kommt, oder sie kommt nicht.

 
   
                   Da alles offen daliegt, ist auch nichts zu erklären. Denn was etwa nicht offen daliegt, interessiert uns nicht. // … , denn, was etwa verborgen ist … //

 
   
                   Die Antwort auf die Frage nach der Erklärung der Negation ist wirklich: verstehst Du sie denn nicht? Nun, wenn Du sie verstehst, was gibt es da noch zu erklären, was hat eine Erklärung da noch zu tun?

 
   
                   Wir unterscheiden doch aber Sprache, von dem was nicht Sprache ist. Wir sehen Striche und sagen, wir verstehen sie, und andere, und sagen, sie bedeuten nichts (oder, uns nichts). Damit ist doch eine allgemeine Erfahrung charakterisiert, die wir nennen könnten: “etwas als Sprache verstehen” – ganz abgesehen davon, was wir aus dem gegebenen Gebilde herauslesen.

 
   
                   Wir unterscheiden eine Schrift, von dem, was
nicht
keine
Schrift ist. Was heisst es, etwas als Schrift sehen? Heisst es, micht darnach richten?

 
   
                   Wenn ich mich nun darnach richte – wähle ich die Art, wie ich mich darnach richte? Nein, denn sonst würde ich mich, wenigstens in dieser
189
Beziehung, nicht nach dem Zeichen richten.
                   Wie aber, wenn ich doch die Art der Interpretation wähle? (Würfeln)

 
   
                   Angenommen, ich lasse mich (wie ich oben beschrieben habe) von den Bäumen auf meinem Spazierweg leiten: Das setzt doch voraus, dass ich eine Regel festsetze und mich nach der Festsetzung richte, d.h., es hätte keinen Sinn, zu sagen, ich richte mich nach den Bäumen, wenn ich die Art der Interpretation erst für jeden einzelnen Fall bestimmen wollte; d.h., in diesem Fall wäre es eben keine Interpretation, sondern eine ganz überflüssige Zuordnung. Es kann nicht heissen: Hier ist ein Baum, also will ich hier einmal links gehen, sondern: Hier ist ein Baum, also muss ich hier etc.. Das ‘also’ im ersten
Fall
Satz
hat keinen Sinn und es muss hier einfach ‘und’ heissen. Bei der Interpretation aber hat es Sinn.
                   Und das ‘also’ ist natürlich kein kausales, und wir können nicht fragen “bist Du sicher, dass Du deswegen links gehen musst[|?]

 
   
                   Das ist aber doch falsch. Wahr ist es, dass zur Interpretation das ‘also’ gehört und nicht das ‘und’. Aber ich könnte etwa sagen, dass es nicht nötig war, eine Festsetzung zu treffen, d.h. die allgemeine Regel vorher auszusprechen (das ist Geschichte), wohl aber, einer Festsetzung zu folgen. Und ich könnte sagen, es ist nicht genug einer Regel zu folgen, denn das geschieht, was immer ich tue, sondern ich muss einer Festsetzung folgen; das ist ein anderer Prozess.

 
   
                   Ich könnte nun auch sagen “also muss ich nach meiner Festsetzung links gehen”. Aber hier ist das Merkwürdige, dass ich nun nicht noch einmal sage: “und diese Festsetzung ist nach jener anderen so zu deuten”, und es wäre ja auch unsinnig, denn
dieser Regress
diese Regression
ist endlos.

 
   
                   Aber ich will sagen, dieser Prozess kann nur äusserlich verschiede-
190
den sein von einem Handeln, das sich nicht nach einer Festsetzung richtet. So verschieden, wie auch zwei Arten des Benehmens // äusserlichen Verhaltens // // äusseren Verhaltens // sein können (oder zwei Zeichengruppen an der Tafel).

 
   
                   ‘Der Festsetzung folgen’ muss ein Vorgang sein, aus dem man den Ausdruck der Regel ablesen kann. Es besteht also nicht darin, dass mehrere Vorgänge // eine Reihe von Vorgängen // , Intentionen, einer Regel folgen, denn dann wäre diese Regel wieder ein Erfahrungssatz und natürlich nicht eindeutig durch die Vorgänge // Tatsachen // bestimmt.
                   Und ich muss die Regel eindeutig aus dem Vorgang ablesen können. Sonst könnte sie ja auch in der Beschreibung des Vorgangs nicht enthalten sein müssen.

 
   
                   Wer die allgemeine Regel, die er erkennt, nun herausschreibt, schreibt mehr auf, als er sieht.
7
49
               5
25
     3
9
     4
16
     2
4
                   Behaviouris[s|t]ische Deutung:
7,
49
     5,
25
     3,
9
     4
16
Er schreibt die Quadrate der oberen Zahlen.

7,
49
     5,
24
     3,
18
     4
16
Er schreibt nicht die Quadrate …

  7,
7 × 7
49
  5,
5 × 5
25
  3,
3 × 3
9
  4,
4 × 4
16
Er will die Quadrate anschreiben und tut es.

  7,
7 × 7
49
  5,
5 × 5
25
  3,

  4,

Er will die Quadrate nicht anschreiben, tut es aber etc. etc.

 
   
                   Der Prozess des Lernens hat natürlich etwas mit der Anwendung der Sprache gemein. Das, was der Ausdruck der allgemeinen Regel mit ihrer Anwendung gemein hat.

191
 
   
                    Der Befehl ist die Beschreibung seiner Ausführung.

 
   
                   Haben wir hier nicht das Wesen des Motivs im Gegensatz zur Ursache? Offenbar ja. Der Befehl wird, wenn ich ihn befolge, zum Motiv meiner Handlungsweise.

 
   
                   Und das Motiv ist nicht hypothetisch. In dem Motiv kann ich mich nicht irren, es ist in meiner Handlung enthalten, aber nicht so ihre Ursache.

 
   
                   (Ogdens und Richards's und Russel[s|l]s Theorie der Bedeutung beruht also auf einer Verwechslung, oder Gleichsetzung, von Motiv und Ursache.)

 
   
                   Das Befolgen des Befehls liegt darin, dass ich etwas tue – – Kann ich aber auch sagen, ‘dass ich das tue, was er befiehlt’? Gibt es ein Kriterium dafür, dass das die Handlung ist, die ihn befolgt?

 
   
                   Das muss natürlich heissen “wir können von so einem Kriterium nicht reden”.

 
   
                   Was wir wollen, ist doch wohl, die Grammatik des Ausdrucks “der Befehl wird befolgt” klarzulegen // auseinanderzulegen // .
                   “Ja, woher weiss ich aber dann, dass ich den Befehl befolgt habe?” ‒ ‒
                   (Ich kann den centralen grammatischen Fehler nicht finden, auf dem alle diese Probleme beruhen.)
                   Es ist natürlich dieselbe Frage wie die: Woher weiss ich, dass dieser Satz diese Tatsache beschreibt?
                   Und ich möchte immer antworten: “weil ich ihn ja von dieser Tatsache heruntergelesen habe”. Und: “ich muss doch wissen, wie ich zu ihm gekom-
192
men bin”.

 
   
                   Wenn ich ein Kriterium angeben könnte, so muss ich es mit der Sprache angeben und dann müsste ich es nach dem sprachlichen Ausdruck erkennen können; aber zu diesem Erkennen brauchte ich ja selbst wieder das Kriterium.

 
   
                   Wenn ich Worte wählen kann, dass sie der Tatsache – in irgendeinem Sinne – passen, dann muss ich also schon vorher einen Begriff dieses Passens gehabt haben. Und nun fängt das Problem von neuem an, denn, wie weiss ich, dass dieser Sachverhalt dem Begriffe vom Passen entspricht.

 
   
                   Aber warum beschreibe ich dann die Tatsache gerade so? Was
liess
machte
Dich diese Worte sagen?

 
   
                   Und wenn ich nun sagen würde: “alles was geschieht, ist eben, dass ich auf diese Gegenstände sehe und dann diese Worte gebrauche”, so wäre die Antwort: “also besteht das Beschreiben in weiter nichts[?|,] und ist es immer eine Beschreibung, wenn Einer …?” Und darauf müsste ich sagen: “Nein. Nur kann ich den Vorgang nicht anders, oder doch nicht mit einer anderen Multiplizität beschreiben, als, indem ich sage: ‘ich beschreibe was ich sehe’; und darum ist keine Erklärung mehr möglich, weil mein Satz bereits die richtige // volle // Multiplizität hat.”

 
   
                   Ich könnte auch so fragen: Warum verlangst Du Erklärungen? Wenn diese gegeben sein
würden
werden
, wirst Du ja doch wieder vor einem Ende stehen. Sie können Dich nicht weiterführen, als Du jetzt bist.

 
   
                   Wir müssen am Schluss die Sprache ohne Erklärung benützen.

193
 
   
                    Erklär[u|e]ng des Nähens oder des Rauchens im Gegensatz zum Erklären des Uebersetzens. Dort gibt die Erklärung immer eine Beschreibung, die nicht die des unmittelbar Wahrgenommenen ist.
                   Der Mensch hatte vom Nähen oder Rauchen einen Begriff, ehe man's ihm erklärt hatte. Und nach der Erklärung weiss er mehr davon, als vorher. Die Erklärung des Denkens, die wir fordern, soll uns aber nicht mehr darüber sagen, als was wir wissen.
                   Deshalb kann Er nach der Erklärung des Rauchens fragen. Und die Antwort kann nicht die Beschreibung dessen sein, was er unter “Rauchen” versteht, sondern die Beschreibung eines andern Vorgangs.

 
   
                   (Ich kann // darf // nie sagen: “aus diesen Gründen muss es sich so verhalten”. Denn, was nicht offenbar ist, ist für mich nicht vorhanden.)

 
   
                   Das Triviale, was ich zu sagen habe ist, dass auf den Satz “ich sage das nicht nur, ich meine etwas damit” und die Frage “was?”, ein weiterer Satz, in irgendwelchen Zeichen, zur Antwort steht.

 
   
                   (Ich kann nur die Schlüssel reichen, aufsperren muss jeder selbst.)

 
   
                   Ich kann aber doch auch fragen: Wie sieht ein Sonnenuntergang aus? Auch wenn ich von allem Hypothetischen absehe.
                   Und so kann ich natürlich auch das Denken beschreiben, denn ich kann ja auch das Reden beschreiben.

 
   
                   “Ich sage das nicht nur, ich meine auch etwas damit”. – Wenn man sich überlegt was dabei in uns vorgeht, wenn wir Worte meinen (und nicht nur sagen) so ist es uns, als wäre dann etwas mit diesen Worten gekuppelt, während sie sonst leer liefen. – Als ob sie gleichsam in uns eingrif-
194
fen.

 
   
                   Niemand kann uns
den
unseren
Gesichtsraum näher kennen lehren. Aber wir können seine sprachliche Darstellung übersehen lernen.

 
   
                   Wenn ich Recht habe, so müssen sich philosophische Probleme wirklich restlos lösen lassen, im Gegensatz zu allen andern.

 
   
                   Wenn ich sage: Hier sind wir an der Grenze der Sprache, so scheint // klingt // das immer, als wäre hier eine Resignation nötig, während im Gegenteil volle Befriedigung eintritt, da keine Frage übrig bleibt.

 
   
                   Die Probleme werden im eigentlichen Sinne aufgelöst – wie ein Stück Zucker im Wasser.

 
   
                   Die ‘Erklärung des Denkens’ müsste dem, der nicht weiss, was Denken ist, es erklären können.
Sie müsste also auch den, dazu anleiten können, der es früher nicht getan hat. // … es erklären können. Ihn dazu anleiten können. //
                   Und das alles mittels Gedankens.

 
   
                   So weit // insoweit // jede Tätigkeit (Schreiben, Sprechen, Nähen, Rauchen) beschreibbar, lehrbar, ist, ist Denken keine Tätigkeit. So wenig, wie Sich-ärgern, dass auch so wenig lehrbar ist. (Meine Bemerkung über ‘kein Subjekt im Denken’. Keine Tätigkeit ohne Täter.)

 
   
                   ﹖– DDas Interesse an dem Psychologischen des Denkens ist dadurch für uns aufgehoben, dass wir uns nur für die Beziehung des Denkens zu sich selbst interessieren und das Psychologische dadurch wegfällt, sich kürzt. –﹖

195
 
   
                    Wenn ich nun aber das Wort “ist” betrachte: Wie kann ich hier zwei verschiedene Anwendungsarten unterscheiden, wenn ich nur auf die grammatischen Regeln sehe // achte // ? Denn diese erlauben ja eben die Verwendung des Wortes im Zusammenhang “die Rose ist rot” und “zweimal zwei ist vier”. An diesen Regeln sehe ich nicht, dass es sich hier um zwei verschiedene Wör[f|t]er handelt // dass wir hier zwei verschiedene Wörter haben // . – Ich ersehe es aber z.B. wenn ich versuche in beiden Sätzen statt “ist” “ist gleich” zu setzen // einzusetzen // (oder auch den Ausdruck “hat die Eigenschaft”). Aber nur wieder, weil ich für den Ausdruck “ist gleich” die Regel kennen, dass er in “die Rose … rot” nicht eingesetzt werden darf // nicht stehen darf // .

 
   
                   Ueberhaupt: wovon gelten die grammatischen Regeln, wenn sie vom Wort “ist” gelten? Vom Laut, den ich dann und da ausspreche // hervorgebracht habe // ? Von dem was allen “ist”-Lauten gemeinsam ist?
                   Sie gelten von “ist”, wenn es in diesem Sinne gebraucht wird. – “Wenn Du es so // in dieser Verbindung // anwendest, so gebrauchst Du es eben nicht in diesem Sinne”.

 
   
                   Die Frage ist
aber
nämlich
: ist alles was ich hier treibe nicht Mythologie? Dichte ich nicht zu dem Offenbaren
dazu
hinzu
? Wenn ich nämlich von dem Vorgang rede der beim Verstehen (verständnisvollen Aussprechen oder Hören) des Satzes vor sich geht.

 
   
                   D.h., könnte ich nicht die Sprache als soziale Einrichtung betrachten, die gewissen Regeln unterliegt, weil sie sonst nicht wirksam wäre // wirken würde // . Aber hier liegt es: dieses Letztere // Letzte // kann ich nicht sagen; eine Rechtfertigung der Regeln kann ich, auch so, nicht geben. Ich könnte sie nur als ein Spiel, das die Menschen spielen, beschreiben.

196
 
   
                    Wenn ich mich weigere ein Wort, z.B. das Wort ‘ist gleich’ in zwei Zusammenhängen zu gebrauchen, so ist der Grund das, was wir mit den Worten beschreiben “das Wort habe in den beiden Fällen verschiedene Bedeutung”. // das Wort werde in diesen Fällen in verschiedenem Sinn gebraucht. //

 
   
                   Kann ich nun aber das, was die grammatischen Regeln von einem Worte sagen, auch anders beschreiben, nämlich durch die Beschreibung des Vorgangs, der beim Verstehen des Wortes stattfindet?

 
   
                   Wenn also die Grammatik – z.B. – die Geometrie der Verneinung ist, kann ich sie durch eine Beschreibung dessen ersetzen, was bei der Verwendung sozusagen hinter dem Wort ‘nicht’ steht?

 
   
                   Aber so eine Beschreibung wäre doch – wie gesagt – ein Ersatz des Wortes // für das Wort // ‘nicht’, etwa wie
p !
W !
F !

F
W
und könnte die Grammatik nicht ersetzen.(﹖)

 
   
                   In meiner Darstellung schienen doch die grammatischen Regeln die Auseinanderlegung dessen, was ich im Gebrauch des Wortes auf einmal erlebe. Sozusagen (nur) Folgen, Aeusserungen, der Eigenschaften, die ich beim Verstehen auf einmal erlebe. Das muss natürlich ein Unsinn sein.

 
   
                   Man würde ja geradezu sagen:
eine
die
Verneinung hat die Eigenschaft, dass sie verdoppelt eine Bejahung ergibt. ([e|E]twa wie: Eisen hat die Eigenschaft, mit Schwefelsäure Eisensulfat zu geben.) Während die Regel die Verneinung nicht näher beschreibt, sondern konstruiert konstituiert.

 
   
                   Dass wir dieses Wort dieser Regel gemäss gebrauchen, das dafür
197
einsetzen etc., damit dokumentieren wir, wie wir es meinen.

 
   
                   Das Wort ‘nicht’ in der grammatischen Regel hat keine Bedeutung, sonst könnte das nicht von ihm aus gesagt ausgesagt werden.

 
   
                   Die Negation hat keine andere Eigenschaft, als etwa die, in gewissen Sätzen, die Wahrheit zu ergeben.
                   Und ebenso hat ein Kreis die Eigenschaft, da oder dort zu stehen, diese Farbe zu haben, von einer Geraden tatsächlich geschnitten zu werden; aber nicht, was ihm die Geometrie zuzuschreiben scheint. (Nämlich diese Eigenschaften haben zu können.)

 
   
                   Was heisst es: “Dieses Papier ist nicht schwarz und ‘nicht’ ist hier in dem Sinne // ist hier so // gebraucht, dass eine dreifache Verneinung eine Verneinung ergibt”? Wie hat sich denn das im Gebrauch geäussert?
                   Oder: “Dieses Papier ist nicht schwarz und zwei von diesen Verneinungen geben eine Bejahung”. Kann ich das sagen? Oder: “Dieses Buch ist rot und die Rose ist rot und die beiden Wörter ‘rot’ haben die gleiche Bedeutung”. (Dieser Satz ist von gleicher Art wie die beiden oberen.) Was ist denn das für ein Satz? ein grammatischer? Sagt er etwas über das Buch und die Rose?
                   Ist der Zusatz zum Verständnis des ersten Satzes nicht nötig, so ist er Unsinn, und wenn nötig, dann war das erste noch kein Satz; und dasselbe gilt in den oberen Fällen.

 
   
                   “Dass 3 Verneinungen wieder eine Verneinung ergeben, muss doch schon in der einen Verneinung, die ich jetzt gebrauche, liegen”. Aber deute ich hier nicht schon wieder? (D.h. bin ich nicht im Begriffe eine Mythologie zu erfinden[)|?])

198
 
   
                    Aber sind die grammatischen Regeln nicht nur // ausschliesslich // Regeln des Uebergangs von einem Satz zum andern?

 
   
                   In wiefern kann man sagen: “diese Regel gilt von dieser Verneinung”?

 
   
                   Heisst es etwas, zu sagen, dass drei solche Verneinungen eine Verneinung ergeben. (Das erinnert immer an “drei solche Pferde können diesen Wagen fortbewegen”.) Aber, wie gesagt, in jenem logischen Satz ist gar nicht von der Verneinung die Rede (von der Verneinung handeln nur Sätze wie:
es
Es
regnet nicht) sondern nur vom Wort ‘nicht’, und es ist eine Regel über die Ersetzung eines Zeichens durch ein anderes.

 
   
                   Aber können wir die Berechtigung dieser Regel nicht einsehen, wenn wir die Verneinung verstehen? Ist sie nicht eine Folge aus dem Wesen der Verneinung? Sie ist nicht eine Folge, aber ein Ausdruck dieses Wesens.

 
   
                   Was wir sehen, wenn wir einsehen, dass eine doppelte Verneinung etc. … , muss von der Art dessen sein, was wir im Zeichen
p !
W !
F !

F !
W !

W
F
wahrnehmen.

 
   
                   Wenn ich ein dreidimensionales Gebilde, etwa einen Würfel, sehe, so sehe ich in gewissem Sinne die Möglichkeit, Würfel gleicher Grösse in drei Richtungen an diesen Würfel anzubauen. Die Geometrie sagt mir dann, dass ich dies könne. Sehe ich ein Quadrat, so sehe ich diese Möglichkeit nicht etc..

 
   
                   (Die P perspektivische Zeichnung eines Würfels und solcher Würfelgruppen ist ein herrliches Exempel, wie man den dreidimensionalen Raum in die Ebene abbilden kann.)

199
 
   
                    Die Geometrie spricht aber so wenig von Würfeln, wie die Logik von der Verneinung.
                   (Man möchte hier vielleicht einwenden, dass die Geometrie vom Begriff des Würfels und die Logik vom Begriff der Negation handelt. Aber diese Begriffe gibt es nicht.)

 
   
                   Man kann einen Würfel – ich meine das Wesentliche des Würfels – nicht beschreiben. Aber kann ich denn nicht beschreiben, wie man z.B. eine Kiste macht? und ist damit nicht eine Beschreibung
eines
des
Würfels gegeben? Das Wesentliche am Würfel ist damit nicht beschrieben, das steckt vielmehr in der Möglichkeit dieser Beschreibung, d.h. darin, dass sie eine Beschreibung ist; nicht darin, dass sie zutrifft.

 
   
                   Nun kann ich doch aber sagen: “Ich sehe die Figur 3-dimensional”. Aber dieser Satz entspricht der Beschreibung einer Kiste. Er beschreibt einen bestimmten Würfel, nicht die Würfelform. Freilich kann ich das Wort “Würfelform” definieren. D.h. Zeichen geben, durch die es ersetzt werden
darf
kann
.

 
   
                   Man kann eine geometrische Figur nicht beschreiben. Auch die Gleichung beschreibt sie nicht, ﹖– sondern vertritt sie durch die Regeln, die von ihr gelten –﹖.

 
   
                   Und haben wir hier nicht das Wort “Figur” so angewendet // angewandt // , wie in unseren Betrachtungen so oft das Wort “Gedanke” oder “Symbol”? Die Art der Anwendung dieses Wortes, von welcher ich sagte, es bedeute dann kein Phänomen, sondern sei quasi ein unvollständiges Zeichen // Symbol // und entspreche eben einer Funktion.

 
   
                   Man kann auch nicht sagen, die Würfelform habe die Eigenschaft,
200
lauter gleiche Seiten zu besitzen. Wohl aber hat ein Holzklotz diese Eigenschaft. (Noch hat “die Eins die Eigenschaft, zu sich selbst addiert, zwei zu ergeben”.)

 
   
                   Ich sagte doch: Es schien, als wären die grammatischen Regeln die ‘Folgen in der Zeit’ dessen, was wir in einem Augenblick wahrnehmen, wenn wir eine Verneinung verstehen.
                   Und als gebe es also zwei Darstellungen des Wesens der Verneinung: Den Akt (etwa den seelischen Akt) der Verneinung selbst, und seine Spiegelung in dem System der Grammatik.

 
   
                   Man ist versucht zu sagen // könnte sagen // : die Gestalt eines Würfels wird doch sowohl durch die Grammatik des Wortes “Würfel”, als auch durch einen Würfel. dargestellt.

 
   
                   In “non-p & (non-non-p = p)” kann der zweite Teil nur eine Spielregel sein.

 
   
                   Es hat den Anschein, als könnte man aus der Bedeutung der Negation schliessen, dass non-non-p, p heisst.

 
   
                   Als würden aus der Natur der Negation die Regeln über das Negationszeichen folgen.
                   So dass, in gewissem Sinne, die Negation zuerst vorhanden
ist
wäre
und dann die Regeln der Grammatik.

 
   
                   Es ist also, als hätte das Wesen der Negation einen zweifachen Ausdruck in der Sprache: Dasjenige, was ich sehe, wenn ich die Negation verstehe, und die Folgen dieses Wesens in der Grammatik.
                   Anderseits ist es klar, dass die Regeln, wenn sie aus dem Wesen
201
der Negation hervorgehen, nicht (wie) aus einer Regel, einem Satze, folgen. Und täten sie es, so wäre eben dieser Satz die eigentliche Regel, auf die es uns ankäme.

 
   
                   Ich will also sagen: die Regeln folgen nicht aus dem Wesen der Negation, sondern sie drücken es aus.

 
   
                   (Ich kann sozusagen // gleichsam // die Regeln über die Negation von ihr ablesen. Aber das scheint eben zu besagen // beinhalten // , dass sie schon irgendwoe anders, nämlich in der Negation, aufgeschrieben stehen. Das, wovon ich sie ablese, muss die gleiche Mannigfaltigkeit haben, wie sie selbst.)

 
   
                   Ist das nicht so, wie ich aus einer Figur geometrische Sätze ablesen kann?

 
   
                   Statt der Betrachtung der Negation, könnte ich auch die eines Pfeiles setzen und z.B. sagen: wenn ich ihn zweimal um 180˚ drehe, zeigt er wieder, wohin er jetzt zeigt; welcher Satz dem non-non-p = p entspricht. Wie ist es nun hier mit der Darstellung des Wesens dieses Pfeils durch die Sprache? Jener Satz muss doch unmittelbar von diesem Wesen abgeleitet // abgelesen // sein und es also darstellen.
                   Oder nehmen wir den Fall eines Quadrats und eines Rechtecks und die Sätze, dass das Quadrat durch eine Vierteldrehung mit sich selbst zur Deckung gebracht werden kann; das Rechteck aber erst durch eine halbe Drehung.
                   Ich habe sie offenbar von dem Quadrat und dem Rechteck abgelesen. Aber was sind das überhaupt für Sätze? Wenn sie von bestimmten quadratischen oder rechteckigen Stücken handelten, wären es Hypothesen. Hier aber sind es geometrische Sätze.

202
 
   
                    Zu sagen, dass eine Vierteldrehung ein Quadrat mit sich selbst zur Deckung bringt, heisst doch offenbar nichts andres als: Das Quadrat ist um zwei zueinander senkrechte Achsen symmetrisch, und das wieder, dass es Sinn hat, von zwei senkrechten Achsen zu reden, ob sie vorhanden sind oder nicht. Dies ist ein Satz der Grammatik.

 
   
                   Die Schwierigkeit ist wieder, dass es scheint, als wäre in einem Satz, der etwa das Wort ‘Quadrat’ enthält, schon der Schatten eines andern Satzes mit diesem Worte enthalten. – Nämlich eben die Möglichkeit jenen anderen Satz zu bilden, die ja, wie ich sagte, im Sinn des Wortes ‘Quadrat’ liegt.

 
   
                   Und doch kann man eben nur sagen, der andere Satz ist nicht mit diesem ausgesprochen, auch nicht schattenhaft. (Und wird vielleicht nie ausgesprochen werden.)

 
   
                   Aber er ist doch schon ausgesprochen, wenn ich sage “er kann ausgesprochen werden”.

 
   
                   Die Grammatik sagt z.B.: so wird das Wort ‘Quadrat’ gebraucht. Aber das muss doch schon in dem einen // einmaligen // Gebrauch dieses Wortes liegen!
                   Was heisst aber: Es muss darin liegen?
                   Heisst es etwas andres, als dass ich auch nach diesem einen Gebrauch die Regeln für das Wort muss angeben können? (﹖)
                   Dass ich sagen kann: “Nein so habe ich es nicht gebraucht, nicht in dem Sinn, in dem ich sagen könnte … sondern in dem Sinn …”.

 
   
                   Mein Problem könnte man auch so aussprechen: “Wie kann sich jene Erklärung (die ich einmal gelernt habe) auf dieses Wort (das ich eben
203
aussprach) beziehen?”

 
   
                   Denken wir daran, dass man ja die Regeln der Grammatik nie auszusprechen brauchte und die Sprache dennoch gebrauchen kann. (Die menschliche Sprache bestand gewiss, ehe jemand grammatische Regeln aussprach und ein Kind lernt die Sprache ohne solche, und die Wilden haben keine Grammatik. D.h. natürlich nicht, dass ihre Sprache keinen grammatischen Regeln folgt, sie sprechen diese Regeln nur nicht aus.)

 
   
                   Dass ein Wort nur im Satz Bedeutung hat, heisst nichts, als dass es seine Funktion nur im Satz hat. Einzeln kann es wohl eine Vorstellung erwecken, aber diese ist nicht seine Bedeutung, noch ist es die Funktion eines Wortes, eine bestimmte Vorstellung aufzurufen.

 
   
                   Es könnte nun eingewandt // eingewendet // werden, dass ich die Bedeutung, z.B., der Worte ‘blau’ und ‘rot’ vertauschen könnte und dadurch zwar Sätze, die früher wahr, jetzt falsch würden (und umgekehrt), aber kein Satz, der früher Sinn hatte, jetzt unsinnig würde (und umgekehrt). Das ist wahr. Es ist aber dabei nicht bedacht, dass auch Sätze wie “das hat diese Farbe” zu unserer Sprache gehören und die Grammatik mir dann sagen muss, dass dieser Satz soviel heisst, wie “das ist rot”.

 
   
                   Es frägt sich einfach: Was ist das für ein Satz “das Wort ‘ist’ in ‘die Rose ist rot’ ist dasselbe, wie in ‘das Buch ist rot’, aber nicht dasselbe, wie in ‘zweimal zwei ist vier’”? Man kann nicht antworten, es heisse, verschiedene Regeln gelten von den beiden Wörtern, denn damit geht man im Zirkel. Wohl aber heisst es, das Wort ist in seinen verschiedenen Verbindungen durch zwei Zeichen ersetzbar, die nicht für einander einzusetzen sind. Ersetze ich dagegen das Wort in den beiden ersten Sätzen durch zwei verschiedene Wörter, so kann ich sie für einander einsetzen.

204
 
   
                    Nun könnte ich wieder fragen: sind diese Regeln // ist diese Regel // nur eine Folge des Ersten: dass im einen Falle die beiden Wörter ‘ist’ die gleiche Bedeutung haben, im andern Fall nicht? Oder ist es so, dass diese Regel eben der sprachliche Ausdruck dafür ist, dass die Wörter das gleiche bedeuten?

 
   

Ich will es damit vergleichen, dass das Wort ‘ist’ einen andern Wortkörper hinter sich hat. Dass es beide Male die gleiche Fläche ist, die einem andern Körper angehört, wie wenn ich ein Dreieck im Vordergrund sehe, das das eine Mal die Endfläche eines Prismas, das andere Mal eines Tetraeders ist.

 
   
                   Oder denken wir uns diesen Fall: Wir hätten Glaswürfel deren eine Seite // Seitenfläche // rot gefärbt wäre. Wenn wir sie aneinander reihen, so wird im Raum nur eine ganz bestimmte Anordnung roter Quadrate entstehen können, bedingt durch die Würfelform der Körper. Ich könnte nun die Regel, nach der hier rote Quadrate angeordnet sein können, auch ohne Erwähnung der Würfel angeben, aber in ihr wäre doch bereits das Wesen der Würfelform präjudiziert. Freilich nicht, dass wir gläserne Würfel haben, wohl aber die Geometrie des Würfels.

 
   
                   Wenn wir nun aber einen solchen Würfel sehen, sind damit wirklich schon alle Gesetze der möglichen Zusammenstellung gegeben?! Also die ganze Geometrie?
                   Kann ich die Geometrie des Würfels von einem Würfel ablesen?

 
   
                   Der Würfel ist dann eine Notation der Regel.
                   Und hätten wir eine solche Regel gefunden, so könnten wir sie wirklich nicht besser notieren als durch die Zeichnung eines Würfels (und dass es hier eine Zeichnung tut, ist wieder ungemein wichtig // bedeutsam // ).

205
 
   
                    Und nun ist die Frage: in wiefern kann der Würfel oder die Zeichnung (denn die beiden kommen hier auf dasselbe hinaus // auf eins hinaus // ) als Notation der geometrischen Regeln dienen?

 
   
                   Doch auch nur, sofern er einem System angehört: nämlich der Würfel mit der einen roten Endfläche wird etwas anderes notieren, als eine Pyramide mit quadratischer roter Basis, etc.. D.h., es wird dasjenige Merkmal der Regeln notieren, worin sich z.B. der Würfel von der Pyramide unterscheidet.

 
   
                   Und das bringt mich wieder darauf, dass ja jede Erklärung eines Zeichens statt des Zeichens sollte dienen können. D.h. wenn ich ein Zeichen durch Erklärungen gleichsam aufbaue, dann muss das Aufbauen mit dem Resultat des Aufbauens äquivalent sein. (Da es nie auf (verschiedene) Attribute ankommt.)

 
   
                   “Es liegt schon in dem Akt // der Operation // der Negation, dass sie verdoppelt sich selbst aufhebt”.
                   Das, was schon ‘darin liegt’, kann man immer nur durch eine Regel ausdrücken // aussprechen // , weil man es nicht ausdrücken kann, sofern // soweit // es darin liegt, sondern nur detachiert.
                   Darum ist ‘non’ in “non-non-p = p” keine Negation.

 
   
                   Das einzige Korrelat, in der Sprache, zu einer Naturnotwendigkeit ist eine willkürliche Regel. Sie ist das einzige, was man von dieser Notwendigkeit in Sätze // einen Satz // abziehen kann.

 
   
                   “Ich sage doch diese Worte nicht bloss, sondern ich meine auch etwas mit ihnen”. Wenn ich z.B. sage “Du darfst nicht hereinkommen”, so ist es der natürliche Akt, zur Begleitung dieser Worte, mich vor die Tür zu
206
stellen und sie zuzuhalten. Aber es wäre nicht so offenbar naturgemäss, wenn ich sie ihm bei diesen Worten öffnen würde. Diese Worte haben, wie sie hier verstanden werden, offenbar etwas mit jenem Akt zu tun.
                   Der Akt ist sozusagen eine Illustration zu ihnen – müsste als Sprache aufgefasst werden können. Anderseits ist er aber auch der Akt, den ich abgesehen von jedem Symbolismus aus meiner Natur tun tue will.

 
   
                   Die grammatische Regel spiegelt in der Sprache die Weise, wie wir die Negation befolgen.

 
   
                   Wie ich einen Befehl befolge, zeigt doch wohl, wie ich ihn verstehe // auffasse // . Aber das Band zwischen Befolgung und Befehl ist der unsichtbare (gläserne) Würf Körper des Symbols, der in den Regeln der Sprache sichtbar gemacht wird. (﹖)

 
   
                   Jedes Zeichen der Negation ist gleichwertig jedem andern, denn



p !
W !
F !

F
W



ist ebenso ein Komplex von Strichen, wie das Wort “nicht”, und zur Negation wird es nur durch die Art, wie es ‘wirkt’. Hier aber ist nicht die Wirkung im Sinne der Psychologie (das Wort ‘Wirkung’ also nicht kausal) gemeint, sondern die Form seiner Wirkung.

 
   
                   Ich möchte sagen: Nur dynamisch wirkt das Zeichen, nicht statisch.
                   Der Gedanke ist dynamisch.

 
   
                   Wenn ich die Verneinung übersetze, so muss ich doch von ihren geometrischen Eigenschaften Gebrauch machen.

 
   
                   Jeder, der einen Satz liest und versteht, sieht die Worte // die verschiedenen Wortarten //
207
﹖– inch verschiedener Weise, obwohl sich ihr Bild und Klang der Art nach nicht unterscheidet –﹖. Wir vergassen ganz, dass ‘nicht’ und ‘Tisch’ und ‘grün’ als Laute oder Schriftbilder betrachtet sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden und sehen es nur klar in einer uns fremden Sprache.

 
   
                   Die Wörter haben offenbar ganz verschiedene Funktionen im Satz. Und diese Funktionen scheinen aus ausgedrückt in den Regeln, die von den Wörtern gelten.

 
   
                   Man denke nur daran, was es heisst, dass sich ein Wort auf diesen Bereich des Satzes bezieht!

 
   
                   (Beim Lesen einer schleuderhaften Schrift kann man erkennen, was es heisst, etwas in das gegebene Bild // Gebilde // hineinsehen. // … erkennen, wie man etwas in das gegebene … //
                   Denke an die [F|V]exierbilder. Ein Komplex von Strichen wird plötzlich // auf einmal // als das umgekehrte Bild eines Mannes erkannt und gesehen.)

 
   
                   Wenn man eine Uhr abliest, so sieht man einen Komplex von Strichen, Flecken, etc., aber auf ganz bestimmte Weise, wenn man ihn als Uhr und Zeiger auffassen will.

 
   
                   Das ‘Nicht’ macht eine abwehrende // verneinende // Geste.

 
   
                   (
Die
Jede
[ä|e]ethische Rechtfertigung einer Handlung must appeal to the man vor dem ich sie
rechtfertigen will.
rechtfertige.
// … dem ich sie begreiflich machen will. // )

 
   
                   Das Verstehen der Verneinung ist das Sehen ihrer abwehrenden
208
Geste.

 
   
                   Oder: Das Verstehen der Verneinung ist dasselbe, wie das Verstehen einer abwehrenden Geste.
                   Und was ich oben über ‘statisch’ und ‘dynamisch’ gesagt habe, bezieht sich auch ganz auf
die
diese
Geste.

 
   
                   Wir können sagen: Ich kann mir denken, dass ich diese Geste wahrnehme und sie nicht ‘abwehrend’ empfinde. Denn die blosse vorgestreckte Hand und der zurückgelehnte Körper ist nicht mehr abwehrend als ein Sessel oder Wasserkrug.
                   Ich möchte sagen: es ist die Wirkung der Bewegung auf mich, die das Abwehrende ausmacht. Aber es ist nicht die Wirkung, denn von der wüsste ich nicht, die Ursache, und ein Medikament, das dieselbe Wirkung hätte (welche immer sie sein mag) würde ich nicht abwehrend nennen.
                   Es ist, wie ich mich früher ausdrückte, ‘die Art, wie ich diese Bewegung sehe’. Aber das wäre wieder statisch. Ich glaube, es ist, dass sich etwas Bestimmtes in mir nach dieser Bewegung // Geste // richtet.
                   Aber was in dieser Behauptung ist nun blosse Hypothese (Mythologie)?

 
   
                   Und nun will ich sagen: Es liegt nicht an der speziellen Bewegung, dass sie an und für sich keine abwehrende Geste ist, sondern eine Bewegung ist an sich überhaupt keine Geste.
                   Es ist // liegt // natürlich auch nicht, // Es liegt natürlich auch nicht daran, // dass sie keine ruhende Attitude ist, sondern Bewegung, denn
diese
die
Bewegung ist an sich, in meinem Sinne, ebenso ‘statisch’ wie die ruhende Stellung.

209
 
   
                    Die Gebärdensprache ist eine Sprache und wir haben sie nicht – im gewöhnlichen Sinne – gelernt. Das heisst: Sie würde uns nicht (absichtlich,) geflissentlich gelehrt. Und doch haben wir sie gelernt. –

 
   
                   Chinesis[h|c]he Gesten verstehen wir so wenig, wie chinesische Sätze.

 
   
                   Man könnte sich das Lernen einer Sprache analog dem Fingerhutsuchen vorstellen, wo die gewünschte Bewegung durch “heiss, heiss”, “kalt, kalt”, herbeigeführt wird. Man könnte sich denken, dass der Lehrende statt dieser Worte auf irgendeine Weise (etwa durch Mienen) angenehme und unangenehme Empfindungen hervorruft, und der Lernende nun dazu gebracht wird, die Bewegung auf den Befehl hin auszuführen, die regelmässig von der angenehmen Empfindung begleitet wird (oder zu ihr führt).
                   Wir könnten denken, dass er auf diese Art abgerichtet wird, auf gewisse Zeichen in bestimmter
Weise
Art
zu reagieren. (Und Abrichten geschieht wirklich so.)

 
   
                   Hätten wir nun dadurch den Zeichen folgen gelernt, so verhielte es sich so: Wir würden beobachten, dass wir bei gewissen Bewegungen und Worten des Andern reflexartig gewisse Bewegungen machen und würden dies nachträglich dadurch erklären, dass diese Bewegungen uns seinerzeit zu angenehmen Empfindungen verholfen haben. Diese Erklärung verhielte sich zu unseren Handlungen so, wie die Darwin'sche Erklärung des Stirnrunzelns – aus einem gewissen Nutzen, den es unsern tierischen Vorfahren gebracht habe – zu dem Akt des Stirnrunzelns, der jetzt keine Beziehung zu diesem Zweck hat. Die Erklärung wäre eine [H|h]ypothetische und würde die Ursache der Handlung betreffen, nicht das Motiv.

210
 
   
                    Es ist sehr sonderbar: Das Verstehen einer Geste möchten wir durch ihre Uebersetzung in Worte erklären // Wir sind versucht das Verstehen einer Geste … // , und das Verstehen von Worten, durch diesen entsprechende Gesten. // Es ist sehr sonderbar: Wir sind versucht, das Verstehen einer Geste durch, ihr entsprechende, Worte zu erklären, und das Verstehen von Worten durch, diesen entsprechende Gesten. //

 
   
                   Und wirklich werden wir Worte durch eine Geste und eine Geste durch Worte erklären.

 
   
                   Das Abbilden (Nachahmen) enthält wesentlich eine gewisse Bereitschaft – Empfänglichkeit, die Bereitschaft sich führen zu lassen, sich nach dem Modell zu richten, die Funktion zu sein, zu der das Argument das Modell sein wird.
                   Und wirklich ist der Ausdruck dafür der, dass ich gleichsam x² oder ( )² bin, und wenn nun das Modell 5 ist, so ergibt es “von selbst” 5². (Sich für das unbestimmt halten,
sich
und
von ihm bestimmen lassen.) (﹖)

 
   
                   Wenn ich nun x² war und es kommt die 5 daher, so müsste es nun daraus allein folgen, dass ich zu 5² werde.
                   Und dass ist in einem Sinn der Fall und in einem andern nicht. Es ist nicht der Fall in dem Sinn: dass ich eine Handlung nicht als die Befolgung eines Befehls durch vergleichen der Handlung mit dem Befehl erweisen kann. Und es ist der Fall in dem Sinn, in dem ich die Handlung durch Kollationieren mit dem Befehl rechtfertigen kann.

 
   
                   Ich bin x², nun kommt die 5 daher und ich werde 5². Nun kann ich die 5² mittels der 5 und x² in einem Sinne rechtfertigen, in einem andern nicht. Und ich möchte sagen: soweit ich sie nicht rechtfertigen
211
kann, hat es keinen Sinn, das Wort “rechtfertigen” zu gebrauchen.

 
   
                   Ich kann 5² mittels x² rechtfertigen, wenn ich dabei x² einem x³ oder einem andern Zeichen des Systems entgegenstelle.

 
   
                   Die Schwierigkeit ist offenbar, das nicht zu rechtfertigen versuchen, was keine Rechtfertigung verträgt // zulässt // .

 
   
                   Wenn man fragt: “warum schreibst Du 5²?” und ich antworte “es steht doch da, ich soll quadrieren”, so ist das eine Rechtfertigung – und eine volle –. ﹖– Eine Rechtfertigung verlangen, in dem Sinne in dem dies keine ist, ist sinnlos –﹖.

 
   
                   Ich hätte jemandem alle
mögliche Erklärung
möglichen Erklärungen
dafür gegeben, was der Befehl “quadriere diese Zahlen” heisst. (Und diese Erklärungen sind doch sämtlich Zeichen[|.]) Er quadriere darauf, und nun frage ich ihn “warum tust Du das auf diese Erklärung hin?” Dann hätte es keinen Sinn mir zu antworten: “Du hast mir doch gesagt: (es folgt die Wiederholung der Erklärungen)”. Eine andre Art der Antwort ist aber auf diese Frage auch nicht möglich und die Frage heisst eben nichts. Sie müsste sinnvoll lauten: “Warum tust Du das und nicht jenes auf diese Erklärungen hin (ich habe Dir doch gesagt …)”.

 
   
                   Wenn man nun fragen würde: Wie lange vor der Anwendung der Regel muss die Disposition “x²” gedauert haben? Eine Sekunde, oder zwei? Diese Frage klingt natürlich, und mit Recht, wie eine Persiflage. Wir fühlen, dass es darauf gar nicht ankommen kann. Aber diese Art der Frage taucht immer wieder auf.

 
   
                   “Die Weise”, wie ich mich nach der Regel richte, wenn dieses
212
Wort überhaupt einen Sinn haben soll, muss das sein, was durch eine weitere Regel über die Anwendung der ersten ausgedrückt ist. Ist eine solche weitere Regel nicht vorhanden, so gibt es keine Weise der Anwendung der ersten, sondern nur ihre Anwendung. Eine Weise ist dies, im Gegensatz zu einer andern Weise.

 
   
                   Warum sollte ich mir vor der Ausführung des Quadrierens // der Quadrierung // die Regel wiederholen? Denn, wenn ich im Stande bin, sie zu wiederholen, dann kann ich sie ja auch gleich anwenden. Den Wortlaut der allgemeinen Regel wiederholen, hätte nur Sinn, wenn ich sie im Gegensatz zu anderen Regeln hervorheben will. Weil das allgemeine Zeichen der Regel ja nicht magisch wirkt, sondern nur in sofern Sinn hat, als es auf eine Stelle eines Systems zeigt.

 
   
                   Könnte man also sagen: Das Zeichen muss, um verstanden zu werden, als Argument in eine Funktion fallen, die eben den Raum charakterisiert, in dem dann das Zeichen die Stelle im Gegensatz zu anderen Stellen anzeigt?

 
   
                   Darum kann das Zeichen ohne Grammatik nicht existieren.

 
   
                   Das heisst, ich kann auch eine Geste nicht verstehen, wenn ich sie nicht als eine Möglichkeit in einem bestimmten Raum sehe. Und also gibt es auch eine Grammatik der Gesten (nämlich ihre Geometrie). W

 
   
                   Wenn ich die Geste des Uhrzeigers verstehen soll, so muss ich sie als den einen Wert einer bestimmten Variablen auffassen. Die Grammatik sagt mir die möglichen Stellungen des Uhrzeigers, d.h., gibt mir diese Variable.

 
   
                   (Nun, glaube ich, sehen wir auch den Grund, warum uns der Gedanke im gewissen Sinne als ergänzungsbedürftig, unvollständig, erschien.)

213
 
   
                    Man kann zu einem Zeichen, etwa dem Pfeil der eine bestimmte Richtung andeuten soll, die Erklärung hinzusetzen: im Gegensatz zu oder . Und, obwohl das keine erschöpfende Grammatik ist, so zeigt es doch, dass wir damit eine Erklärung andeuten können; dass, was in dieser Erklärung angedeutet wird, im Verständnis irgendwo mit-verstanden ist.

 
   
                   Nicht darin besteht das Abbilden der Strecke a, dass ich daneben die gleichlange a' setze, sondern darin, dass a, in die allgemeine Disposition eingesetzt, a' ergibt. Die allgemeine Disposition wird dadurch beschrieben, dass ich sage: wenn a doppelt so lang gewesen wäre, hätte ich auch a' doppelt so lange gemacht. etc.

 
   
                   Wenn man fragt: “Warum muss denn die Sprache Grammatik haben? das muss doch mit ihrer Anwendung zu tun haben”. So müsste ich sagen: Ja, denn wie sollte ich sonst etwas beschreiben, einer Tatsache einen Satz zuordnen, wenn ich nicht in einem bestimmten System das Passende wählen könnte, oder – was auf dasselbe hinauskommt – nach einem bestimmten System wählen könnte. Sonst wäre ja die Zuordnung willkürlich // müsste ja die Zuordnung willkürlich sein // . Und umgekehrt, wie sollte ich mich nach einem Zeichen richten, ihm eine Bewegung, Handlung, zuordnen, wenn nicht nach einem System.

 
   
                   Wenn ich mich mit der Bewegung des Punktes P von A nach B nach dem Pfeil richte, so ist, was hier geschieht, nur dadurch beschrieben, dass ich das System von Pfeilen beschreibe, dem dieser angehört. – Ich könnte nun wohl sagen: Ist das genug? muss ich nicht auch die Regel angeben, nach der die Uebersetzung geschieht, z.B. hier, dass ich mich parallel zum Pfeil bewegen soll? Aber diese Uebersetzungsregel kann // könnte // ich mir in Gestalt etwa des Zeichens “!!” (im Gegensatz etwa zu “!/” dem Pfeile zu-
214
gesetzt denken; aber dann würde das Zeichen “ !!” auf keiner andern Stufe stehen wie “ !” und ich könnte doch jetzt nur das System beschreiben, dem dieses Zeichen angehört, wenn ich nicht ad i[n|i]infinitum, also erfolglos, weitere Zeichen zu den obigen setzen will.

 
   
                   Das Wort “in Uebereinstimmung mit” // “entsprechend” // (dem Pfeil, z.B.) hat keinen Sinn, wenn es sich nicht auf ein System bezieht, dem der Pfeil angehört.

 
   
                   Denken wir uns, dass das Schachspiel nicht als Brettspiel erfunden worden wäre, sondern als Spiel, das mit Ziffern und Buchstaben auf Papier zu spielen ist und som, dass sich niemand dabei ein Quadrat mit 64 Feldern etc. vorgestellt hätte. Nun aber hätte jemand die Entdeckung gemacht, dass dieses Spiel ganz einem entspricht, das man auf einem Brett in der und der Weise spielen könnte. Diese Erfindung wäre eine grosse Erleichterung des Spiels gewesen (Leute, denen es früher zu schwer gewesen wäre, könnten es nun spielen). Aber es ist klar, dass diese neue Illustration der Spielregeln nur ein neuer, leichter übersehbarer, Symbolismus wäre, der übrigens mit dem [g|G]eschriebenen auf gleicher Stufe stünde. Vergleiche nun damit das Gerede darüber, dass die Physik heute nicht mehr mit mechanischen Modellen, sondern “nur mit Symbolen” arbeitet.

 
   
                   Wenn man fragte: Aber wäre es nicht doch möglich von dem, was beim Quadrieren von 5 in x²
5
geschieht Rechenschaft zu geben, indem man nur sagt, dass ich vom Zeichen ‘x²’ beeinflusst, unter ‘5’ ‘5²’ geschrieben habe; so muss ich fragen: aber woher weiss ich, dass es auf den Einfluss des ‘x²’ geschehen ist? Das ist doch nur eine Hypothese und eine, die mich hier gar nicht interessieren kann. Dann kann ich also nur sagen, dass ‘x²’ dagestanden hat und dass ich ‘5²’ unter die ‘5’ geschrieben habe!
                   Und nun ist es klar, dass alles, was ich erklären will, gerade das
215
daher” ist.

 
   
                   Wir stossen hier immer auf die peinliche Frage, ob denn nicht das Anschreiben des ‘5²’ (z.B.) mehr oder weniger (oder ganz) automatisch erf[l|o]lgt sein könne, und fühlen, dass das der Fall sein mag und dass es uns gar nichts angeht. ﹖– Dass wir hier auf ganz irrelevantem Bode[m|n] sind wo wir nicht hingehören. –﹖

 
   
                   Wir möchten nämlich sagen: Soweit das Hinschreiben automatisch erfolgt, geht es uns nichts an und es hat keine Deutung eines Zeichens stattgefunden. – Erst wenn ich das, was ich hinschreibe // tue // , durch ein Zeichen rechtfertige, liegt in dieser Rechtfertigung der Hinweis auf das, ﹖– was in der Regel der Grammatik ausgedrückt ist –﹖.

 
   
                   Das heisst: Wenn immer ich x schreibe weil hier y steht, setzt dieses Weil eine Regel voraus.

 
   
                   “Ich schreibe ‘5²’, weil hier ‘x²’ steht”. Was aber, wenn ich sagte: “Ich schreibe ‘+’, weil hier ‘A’ steht”? Man würde fragen: Schreibst Du denn überall ‘ + ’ wo ‘A’ steht? D.h., man würde nach einer allgemeinen Regel fragen. Und das ‘weil’ im letzten Satz hätte sonst keinen Sinn.

 
   
                   Gehen wir zum Uhrzeiger zurück: gewiss stellen wir uns den Uhrzeiger nicht in verschiedenen Stellungen vor, wenn wir seine gegenwärtige Stellung ablesen (auch würde uns das nicht helfen). Und vielleicht, wenn wir sagen “es ist 5 Uhr, ich muss gehen”, sagen wir dies und gehen automatisch. Aber ich hätte ja auch wie der Betrunkene, auf die Streichholzschachtel sehen können und sagen “Donnerstag, da muss ich gehen”. Und soweit Ursache und Wirkung in Frage kommen, sehe ich zwischen den beiden Fällen keinen Unterschied.

 
   
                   Wenn also Einer sagt “5, – da muss ich ‘5²’ schreiben”, so muss
216
dazugeschrieben werden können: “weil ich jede Zahl, die mir unterkommt, quadrieren muss”, und zwar sagt darf dieser Zusatz der Tatsache nichts hinzufügen.

 
   
                   Es kann keine Diskussion darüber geben, ob diese Regeln oder andere, die richtigen für das Wort ‘nicht’ sind. Denn das Wort hat ohne
die
diese
Regeln noch keine Bedeutung, und wenn wir die Regeln ändern, so hat es nun eine andere Bedeutung (oder keine) und wir können dann ebensogut auch das Wort ändern. Daher sind diese Regeln willkürlich, weil die Regeln erst dann Zeichen machen.

 
   
                   
x
x ‒ 1
5
5
4

Ich habe die
5
4
durch den Ausdruck
x
x ‒ 1
auf eine
Weise erhalten. Diese Weise ist das Konstante in
den Fällen


5

25
,
x + 1


5

6
, etc. [I|i]st also durch das System der Zeichen f(x) gegeben. Diese Weise kann dadurch ausgedrückt werden, dass ich sage: ich setze in den Ausdruck f(x) für x 5 ein (die Zahl ein, die mir gegeben wird). Bestimmt das nicht schon die Grammatik des Zeichens “!
x
x ‒ 1
”, etc.?

 
   
                   Ich benütze das Zeichen “
x
x ‒ 1
” um von 5 auf zu 5/4 zu gelangen.

 
   
                   Die Rechtfertigung, dass ich ‘5[,|/]4’ schreibe, weil da ‘x/x ‒ 1 steht, sagt natürlich nicht andres, als: “ich habe 5/4 aus x/x ‒ 1 gewonnen”. Und hier kann man fragen: “wie?” und die Antwort muss eine Regel sein, die sich nicht nur auf das Zeichen ‘x/x ‒ 1’ bezieht, [w|d]enn man brauchte dieses Zeichen nicht, wenn es allein stünde. Dass ein Zeichen mich so leiten kann, setzt voraus, dass es mich auch anders hätte leiten können.

217
 
   
                    Man muss wissen, worauf im Zeichen man zu sehen hat. Etwa: auf welcher Ziffer der Zeiger steht, nicht darauf, wie lang er ist.

 
   
                   “Geh' in der Richtung, in der der Zeiger zeigt”.
                   “Geh' so viele Meter in der Sekunde, als der Pfeil cm lang ist”.
                   “Mach' so viele Schritte, als ich Pfeile zeichne”.
                   “Zeichne diesen Pfeil nach”.
Für jeden dieser Befehle kann der gleiche Pfeil stehen. ‒ ‒ ‒

 
   
                   Ist es so: Den Befehl zum Motiv meiner Handlung nehmen, heisst, das Gleiche wie: während man handelt, wissen, dass man damit den Befehl befolgt, oder ihm entgegenhandelt?

 
   
                   Es zeigt mir jemand zum ersten Mal eine Uhr und will, dass ich mich nach ihr richte. Ich frage nun: worauf soll ich bei diesem Ding achten. Und er sagt: auf die Stellung der Zeiger.

 
   
                   “Folge der Richtung des Pfeils”, das gibt die ganze Grammatik des Pfeils.
                   Das Wort ‘Richtung’ ist die Variable, die den Raum darstellt.

 
   
                   “Ich muss auf die Länge achten”, “ich muss auf die Richtung achten”, d.h. ˇdas heisst schon: auf die Länge im Gegensatz zu anderen, etc..

 
   
                   Kann man nun auch, ohne der Richtung des Pfeils zu folgen, auf seine Richtung achten? (Denn das heisst so viel wie: kann man verstehen, ohne zu übersetzen?)

 
   
                   “Folge dem Pfeil” hat gar keinen Sinn, wenn es nicht eine Abkürzung einer bestimmten Erklärung (von mehreren möglichen) ist.

218
 
   
y

5

25
Warum schreibst Du 25? – Weil dort ‘y’ steht. – Ja ist das das Signal für 25? –
Nein, aber ich habe ‘25’ geschrieben, weil dort ‘y’ steht. – Woher weisst Du denn, dass Du es deswegen geschrieben hast?

 
   
                   Was heisst es aber? Ich geh zur Tür, weil der Befehl gelautet hat “geh' zur Tür”?
                   Und wie vergleicht sich dieser Satz mit: ich geh zur Tür, obwohl der Befehl gelautet hat “geh' zur Tür”. Oder: Ich geh zur Tür, aber nicht weil der Befehl lautete “geh' … ”, sondern … Oder: Ich geh nicht zur Tür, weil der Befehl gelautet hat “geh' z.T.”.

 
   
                   “Ich wünsche, dass sein Wunsch erfüllt wird”. Damit meine ich nicht nur: ich wünsche, was er wünscht; sondern auch, ich wünsche seine Befriedigung.

 
   
                   “Wie kann das Wort ‘nicht’ verneinen?” Ja, haben wir denn abgesehen von der Verneinung // ausser der Verneinung // durch ein Zeichen, noch einen Begriff von der Verneinung?
                   Doch es fällt uns dabei etwas ein, wie: Hindernis, abwehrende Geste, Ausschluss. Aber das alles (ist) doch immer in einem Zeichen verkörpert.

 
   
                   Wie soll ich mich nach der Uhr richten? Wie kann ich mich nach diesem Bild richten? ( richten? (Wie nach jedem andern.)

 
   
                   Die Zeigerstellung konnte mir natürlich auch als unabhängiges Signal erklärt werden, in dem mir gesagt würde: “Sieh' immer wieder auf die Uhr und wenn sie einmal
so
so
ausschaut, dann …”. Das wäre so wie: Wenn Du einmal ein Trompetensignal hörst, dann …

219
 
   
                    Das heisst übrigens, dass ich nicht von einer allgemeinen Regel für ein Zeichen reden muss, denn die Regel kann lauten: “Wenn Du in einer halben Stunde läuten hörst, dann … ” und nur für dieses Mal gelten. Eine Allgemeinheit gibt es freilich auch hier, da ich micht nach dem genauen Zeitpunkt des Signals zu richten habe. Aber auch das kann wegfallen, wenn es heisst: “Wenn es genau in einer halben Stunde läutet, dann kommt; wenn es zu dieser Zeit nicht läutet, dann nicht”.

 
   
                   Wenn Einer fragt “wie kann das Wort ‘nicht’ verneinen”, so könnte man als Antwort fragen: Wie kann der Pfeil eine Zeit angeben (und er kann's, wenn wir in ihm den Stundenzeiger einer Uhr sehen). Aber wie kann der Ausdruck “7 Uhr” eine (Zeit) angeben? Und das Zeichen ‘7’ (wie alle Zi[g|f]fern von 0–9 0 bis 9) ist gerade so ein Signal, von dem man sich wundern kann, dass es eine Zahl bezeichnet // bezeichnen kann // .

 
   
                   “Ich muss jetzt gehen”. – “Warum?” – “Weil der Pfeil in dieser Richtung zeigt”. – “Zeigt Dir (also) der Pfeil die Richtung,
die
in der
Du zu gehen hast?” – “Nein, er zeigt, dass es 7 Uhr ist und um 7 Uhr muss ich gehen”.

 
   
                   Und was ich sagen will, ist, dass ich ursprünglich, als ich sagte “ich muss jetzt gehen, weil der Pfeil so zeigt”, mich nach ihm in dem einen und nicht in dem andern Sinne gerichtet habe. Dass also diese Erklärung (dass der Pfeil mir die Zeit und nicht die Bewegungsrichtung anzeigt) eine Beschreibung des früheren Vorgangs ist und nicht einer neuen Tatsache, die mit der ersten etwa kausal zusammenhinge.

 
   
                   Man könnte z.B. ausmachen Könnte ich einfach so sagen: Die Bedeutung eines Wortes spielt eine Rolle in seiner Anwendung und die grammatischen Regeln beschreiben seine Bedeutung.
                   Man könnte z.B. ausmachen, im Deutschen statt, ‘nicht’, immer
220
‘not’ zu setzen und dafür statt ‘rot’ ‘nicht’. So dass das Wort ‘nicht’ in der Sprache bliebe und doch könnte man nun sagen, dass ‘not’ so gebraucht wird, wie früher ‘nicht’, und dass jetzt ‘nicht’ anders gebraucht wird als früher.

 
   
                   Es ist eine andere Versuchung anzunehmen, dass beim Aussprechen des Wortes, wenn es mit Bedeutung gebraucht (gedacht) wird, ein sehr komplizierter Vorgang stattfinden müsse, der etwa so langee dauert, wie das Aussprechen des Wortes und sehr rasch vor sich geht. Dies ist – natürlich – ebensowenig der Fall, wie, dass man beim Ablesen der Uhr in Gedanken irgendwie einen kompliziertenteren Vorgang ausführt, als der durch die Zeigerstellung gegebene. So ein komplizierter Vorgang // So eine komplizierte Tätigkeit // würde uns jj ja doch nichts helfen. Warum sollte denn der Vorgang gerade komplizierter sein müssen?! Nein. Der Zeiger, in diesem Raume gesehen, ist nicht komplizierter; und ‘nicht’ als Verneinung gesehen, ist nicht komplizierter. Die Regeln beschreiben nicht einen komplizierten Vorgang, der hinter dem Zeichen stattfindet [.| // ]geschieht // .

 
   
                   Ist alles, was ich sagen darf // kann // damit gesagt: man kann nicht von den grammatischen Regeln sagen, sie seien eine Einrichtung dazu, dass die Sprache ihren Zweck erfüllen könne. Wie man etwa sagt: wenn die Dampfmaschine keine Steuerung hätte, so könnte der Kolben nicht hin und her gehen, wie er soll. Als könne man sich eine Sprache auch ohne Grammatik denken.

 
   
                   Die grammatischen Regeln sind, wie sie nun einmal da sind, Regeln des Gebrauchs der Wörter. Uebertreten wir sie, so können wir deswegen die Wörter dennoch mit Sinn gebrauchen. Wozu wären dann die grammatischen Regeln da? Um den Gebrauch der Sprache im Ganzen gleichförmig zu machen? (etwa aus ästhetischen Gründen?) Um den Gebrauch der Sprache als gesell-
221
schaftliche Einrichtung zu ermöglichen? also wie eine Verkehrsordnung, damit keine Kollision geschieht // entsteht // ? (Aber was macht es uns // geht es uns an // , wenn eine entsteht?) Die Kollision, die nicht geschehen // entstehen // darf, darf nicht entstehen können! D.h., ohne Grammatik ist es nicht eine schlechte Sprache, sondern keine Sprache.

 
   
                   Aber die Notwendigkeit der Grammatik kann wieder nicht ausgesprochen werden, sondern nur die Grammatik selbst (beschrieben werden). Sie ist eben nicht vergleichbar einer Verkehrsordnung.

 
   
                   Anderseits muss mann doch sagen, die Grammatik einer Sprache als allgemein anerkannte Institution ist eine Verkehrsordnung. Denn, dass man das Wort “Tisch” immer in dieser Weise gebraucht, ist nicht der Sprache als solcher wesentlich, sondern quasi nur eine praktische Einrichtung.

 
   
                   Was aber nun der Sprache “als solcher” wesentlich ist, wie kann man das beschreiben? Es ist auch in jener Institution gegeben, nämlich eben darin, dass sie gebraucht werden kann. Auch darin, dass ich die Grammatik ändern kann.

 
   
                   Man könnte auch so fragen: Ist der ganze Satz nur ein unartikuliertes Zeichen, in dem ich erst nachträglich Aehnlichkeiten mit anderen Sätzen erkenne?

 
   
                   Ja, man könnte unsere Frage in einer sehr elementaren Form stellen: Warum eine Sprache nicht mit bloss einem Wort möglich ist // auskommen könnte // , da es ja doch vorkommt, dass ein Wort (in einer Sprache) mehrere Bedeutungen hat. (Warum also nicht alle?)

222
 
   
                    Gibt es so etwas, wie eine komplette Grammatik, z.B., des Wortes ‘nicht’?

 
   
                   Das eine kann man sicher sagen, dass in dieser Sprache diese Zusammenstellung kein Satz ist // keinen Sinn hatt // . Und dass dadurch (aber) kein Sinn verloren geht. Und das sollte schon genug sein.

 
   
                   Nun möchte ich sagen: Und die Worte bestimmen allein den Sinn des Satzes. Aber was heisst das eigentlich? Da doch die Worte ausserhalb des Satzes keine Bedeutung haben. Ich möchte sagen: Um den Satz zu verstehen, braucht es keiner weiteren Abmachung, als die Abmachungen,
die
welche
die Worte betreffen. Das heisst eben, um den Satz zu verstehen, lernen wir nur Worte verstehen. Aber wir lernen die Worte schon in Sätzen verstehen.

 
   
                   Die ‘Abmachung’ als Geschichte der Bedeutung eines Wortes hat für uns kein Interesse. Sie scheint mir aber in einem logischen Sinn in die Funktion eines Wortes einzutreten. Etwa so, dass, wenn man ein Wort versteht, man diesem Verständnis immer eine Abmachung zu Grunde liegend denken kann.

 
   
                   Das Wort ‘Teekanne’ hat Bedeutung, gewiss, im Gegensatz zum Worte ‘Abracadabra’, nämlich in der deutschen Sprache. Aber wir könnten ihm natürlich auch eine Bedeutung geben; das wäre ein Akt ganz analog dem, wenn ich ein Täfelchen mit der Aufschrift ‘Teekanne’ an eine Teekanne hänge. Aber was habe ich hier anders als eine Teekanne mit einer Tafel, auf der Striche gemalt sind? Also wieder nichts logisch Interessantes. Die Festsetzung der Bedeutung eines Wortes kann nie (wesentlich) von anderer Art sein.

 
   
                    Hat es also keinen Sinn zu sagen, der Pfeil ist so gemeint, dass er auf B zeigt? Und das heisst natürlich etwas. Und zwar etwa:
223
“Gib acht, wohin das Schwanzende des Pfeiles zeigt”.

 
   
                   (Der Mensch, der in den Spiegel sieht um sich zwinkern zu sehen; und was er nun wirklich sieht. Ungeeignete physikalische Theorien.)

 
   
                   Nicht die anderen Lagen kommen in Betracht, sondern nur der Raum (die Möglichkeit jener Lagen).
                   Aber dieser Raum kann doch unmöglich beschrieben werden: ich meine, nicht im Zeichen selbst.
                   
Er
Es
kann eben nur in der Grammatik, ausserhalb des Satzes beschrieben werden.

 
   
                   non³non²-p = p ist ja nicht eine nachträgliche Beschreibung der Verneinung. Von der man fragen könnte, ob sie schon früher gestimmt hat. Das ist die Versuchung, es so anzusehen.

 
   
                   “Ich brauche das Wort ‘non’ so, dass non³-p = non-p”, “ich meine ‘Drehung um 180˚’ in dem Sinne, dass drei solche Drehungen dasselbe leisten, wie eine”. Wie verhält sich nun das Wesen einer halben Drehung zu dieser Regel? (Uebrigens genau so, wie das Wesen der Verneinung zu jener.)
                   Die Regel scheint wie ein Spiegelbild des Wesens in der Sprache. (Wie ein Definition.)

 
   
                   “Wenn Du das damit meinst, dann gilt diese Regel”; – wenn Du was damit meinst? Nein, die Regel kann nur ein Ausdruck
davon
dessen
sein, was gemeint ist.

 
   
                   Ganz richtig: wie ich früher einmal bemerkt habe, ich lese die Regel von der Verneinung ab, wie einen Satz der Geometrie von einer Figur.

224
 
   
                    Alle Probleme verflüchtigen sich in der ursach- und wirkungslosen Welt der Vorstellung.
                   Wir sind nicht im Reich der Erklärungen.

 
   
                   Sich nach einem Zeichen richten, heisst, dass das Zeichen in eine variable Disposition eingset eingesetzt, die Handlungsweise ergibt.

 
   
                   Wir finden, in uns die Bedeutung eines Wortes vor, nicht anders, als wäre sie uns in einer Erklärungstafel (Legende einer Karte) gegeben.

 
   
                   Das Wort mit seiner Bedeutung, das nenne ich “Symbol”.

 
   
                   “Die doppelte Negation gibt eine Bejahung”, das klingt so wie: Kohle und Sauerstoff gibt Kohlensäure. Aber in Wirklichkeit gibt die doppelte Negation nichts, sondern ist etwas.

 
   
                   “Wer die Negation versteht, der weiss, dass die doppelte Negation …

 
   
                   Es täuscht uns da etwas eine Tatsache vor.
                   So, als sähen wir ein Ergebnis des logischen Prozesses. Während das Ergebnis nur das des physischen Prozesses ist.

 
   
                   Man kann eine Kreisfläche beschreiben, die durch Durchmesser in 8 kongruente Teile geteilt ist, aber es ist sinnlos, das von einer eliptischen Fläche zu sagen. Und darin liegt, was die Geometrie in dieser Beziehung von der Kreis- und Elipsenfläche aussagt.

 
   
                   Auch das Kind lernt nur eine Sprache vermittels einer anderen.
225

                   Es lernt die Wortsprache durch die Gebärdensprache. Aber das Verständnis dieser müssen die Erwachsenen bei ihm voraussetzen, oder abwarten.
                   Niemand denkt daran, dass Kind die Gebärdensprache zu lehren.
                   Niemand könnte daran denken.

 
   
                   Ich kollationiere etwa einen Linienzug nach einem andern und sage: ja, es stimmt. Was heisst das? In den beiden Linienzügen liegt das Stimmen natürlich nicht. Und überhaupt nie in zwei Tatsachen. Von keiner Tatsache kann man sagen, dass sie mit einer andern übereinstimmt (natürlich auch mit keiner psychischen). Es ist nicht vielleicht eine besondere Eigentümlichkeit gewisser seelischer Vorgänge, dass mit ihnen etwas übereinstimmen kann. (Wenn ich sage, dass “eine Tatsache mit einer anderen nicht übereinstimmen könne”, so heisst das selbstverständlich, dass es keinen Sinn hat, so etwas zu sagen.)

 
   
                   Meine Anschauung könnte ich so ausdrücken, dass im Satz “geh' dort hin” die Worte auch nur die gleiche Funktion haben, wie die Handbewegung.

 
   
                   In welchem Sinne sagt man, man kennt die Bedeutung des Wortes A noch ehe man den Befehl, in dem es vorkommt, befolgt hat? Und in wiefern kann man sagen, man hat die Bedeutung durch die Befolgung des Befehls kennen gelernt? Können die beiden Bedeutungen mit einander in Widerspruch stehen?

 
   
                   Das [f|F]undamentale grammatisch ausgedrückt: Wie ist es mit dem Satz “man kann nicht zweimal durch in den gleichen Fluss gehen steigen”?

 
   
                   Ich wünsche, einen Apfel zu bekommen. In welchem Sinne kann ich
226
sagen, dass ich noch vor der Erfüllung des Wunsches die Bedeutung des Wortes “Apfel” kenne? Wie äussert sich denn die Kenntnis der Bedeutung? d.h., was versteht man denn unter ihr.
                   Offenbar wird das Verständnis des Wortes durch eine Worterklärung gegeben; welche nicht die Erfüllung des Wunsches ist.

 
   
                   Uebrigens Eines: Der Satz “ich kann ihn zeichnen, wenn Du mir einen Bleistift gibst” (als Beweis des Verstehens), wenn er gewiss ist und nicht erst durch die Tat bewiesen wird, wird dann auch von einer Tatsache wahr gemacht, [w|d]ie von jener Tat ganz unabhängig ist, und der Satz ist dann auch richtig, wenn die Zeichnung bei gegebener Gelegenheit nicht ausgeführt wird. (Dadurch verliert aber dann jener Satz für uns an Bedeutung.)
                   Jener Satz, wenn er gewiss ist und nicht ‘erst’ durch die Tat bewiesen wird, wird dann durch die Tat überhaupt nicht bewiesen, und durch die entgegengesetzte wird nicht sein Gegenteil bewiesen; d.h., er ist von dieser Tat einfach unabhängig.

 
   
                   Denken wir uns den Standpunkt eines Forschers: er findet, dass in der Sprache der Erde ein Zeichen benützt wird, das nach diesen und diesen Regeln (etwa nach denen der Negation) gebraucht wird, und fragt sich: Wozu können sie das brauchen? Die Antwort wäre aber: Wenn immer ein Zeichen mit diesen Regeln zu gebrauchen ist.

 
   
                   Wir können in der alten Ausdrucksweise sagen: das Wesentliche am Wort ist seine Bedeutung.

 
   
                   Es ist wirklich “the meaning of meaning” was wir untersuchen:
Oder
Nämlich
die Grammatik des Wortes “Bedeutung”.

 
   
                   Wir sagen: das Wesentliche am Wort ist seine Bedeutung; wir
227
können das Wort durch ein anderes ersetzen, das die gleiche Bedeutung hat. Damit ist gleichsam ein Platz für das Wort fixiert und mann kann ein Wort für das andere setzen, wenn man es an den gleichen Platz setzt.

 
   
                   Woher weiss ich, dass zwei Worte die gleiche Bedeutung haben? Doch entweder dadurch, dass es heisst A = B, oder dass sie beide auf die gleiche Art erklärt werden. Das heisst aber, dass sie beide dasselbe Zeichen ersetzen (A = C und B = C). Man könnte aber meinen, es gäbe eine Art der Erklärung (gleichsam durch Anwendung) die nicht die Ersetzung eines Zeichens durch ein anderes wäre! Wie wenn man etwa dem Kind die Negation beibringt, indem man es verhindert Gewisses zu tun.
                   Veranlassen wir es dadurch nicht, Worten einen Sinn beizulegen, ohne dass wir sie durch ein anderes Zeichen ersetzen, also ohne diesen Sinn auf andere Weise auszudrücken. Veranlassen wir es nicht gleichsam, für sich etwas zu tun, dem kein äusserer Ausdruck gegeben wird, oder wozu der äussere Ausdruck nur im Verhältnis einer Hindeutung, eines Signals, steht? Die Bedeutung liesse sich nicht aussprechen, sondern nur auf sie von ferne hinweisen. Aber welchen Sinn hat es dann überhaupt, wenn wir von dieser Bedeutung reden? Denken wir

 
   
                   Denken wir uns einen Zerstreuten der auf den Befehl “rechtsum” sich nach links gedreht hätte und nun, an die Stirne greifend, sagte “ach so – ‘rechtsum’!” und rechtsum machte.

 
   
                   Welcher Art ist unsere Untersuchung? Untersuche ich die Fälle, die ich als Beispiele anführe, auf ihre Wahrscheinlichkeit? oder Tatsächlichkeit? Nein, ich führe nur an, was möglich ist, gebe also grammatische Beispiele.

 
   
                   Die Untersuchung, ob die Bedeutung eines Zeichens seine Wirkung
228
ist, ist auch eine grammatische Untersuchung.

 
   
                   Das Phänomen der Rechtfertigung Kann man sagen: nur in sofern ist von abgeleitet, als man es dadurch rechtfertigen kann?

 
   
                   Gewiss, ich rechtfertige meine Handlung mit dem Paradigma.

 
   
                   Das Phänomen der Rechtfertigung.


3
Ich rechtfertige das Resultat 3² durch x². So schautt jede Rechtfertigung aus.

 
   
                   In gewissem Sinn bringt uns das nicht weiter. Aber es kann uns ja auch nicht weiter, d.h., zu einem Fundament // zu dem Metalogischen // , bringen.

 
   
                   Das Problem äussert sich auch in der Frage: Wie erweist sich ein Missverständnis? Denn das ist dasselbe wie das Problem: Wie zeigt es sich, dass ich richtig verstanden habe? Und das ist: Wie kann ich die Bedeutung erklären?
                   Es fragt sich nun: Kann sich ein Missverständnis darin äussern, dass, was der Eine bejaht, der Andere verneint?

 
   
                   Nein, denn dies ist, wie es steht, eine Meinungsverschiedenheit und kann als solche aufrecht erhalten werden. Bis wir annehmen, der Andere habe Recht …

 
   
                   Wenn ich also, um das Wort “lila” zu erklären, auf einen Fleck zeigend sage “dieser Fleck ist lila”, kann diese Erklärung dann auf zwei Arten funktionierten?: einerseits als Definition, die den Fleck als Zeichen
229
gebraucht und anderseits als Erläuterung? Und wie das letztere? Ich müsste annehmen, dass der Andere die Wahrheit sagt und dasselbe sieht, was ich sehe. Der Fall, der wirklich vorkommt, ist der: A erzählt dem B in meiner Gegenwart, dass ein bestimmter Gegenstand lila ist. Ich höre das, habe den Gegenstand auch gesehen und denke mir: “jetzt weiss ich doch, was ‘lila’ heisst”. Das heisst, ich habe aus jenen Sätzen // jener Beschreibung // eine Worterklärung gezogen.
                   Ich könnte sagen: Wenn das, was A dem B erzählt, die Wahrheit ist, so muss das Wort ‘lila’ diese Bedeutung haben.
                   Ich kann diese Bedeutung also auch quasi hypothetisch annehmen und sagen: wenn ich das Wort so verstehe, hat A [r|R]echt.

 
   
                   Man sagt: “ja, wenn das Wort das bedeutet, so ist der Satz wahr”.

 
   
                   Aber dieses “das” muss doch irgendwie ausgedrückt sein.

 
   
                   Nehmen wir an, die Erklärung der Bedeutung war nur eine Andeutung: konnte man da nicht sagen: Ja, wenn diese Andeutung so verstanden wird, dann gibt das Wort in dieser Verbindung einen wahren Satz etc.. Aber dann muss nun dieses “so” ausgedrückt sein.

 
   
                   Man könnte auch so fragen: Ist die Erklärung etwas Exaktes, oder muss sie nichts Exaktes sein?

 
   
                   “In 5 Minuten wird hier ein schwarzer Fleck erscheinen”.
                   “In 5 Minuten wird hier ein schwarzer § erscheinen”. “Verstehst Du das?”.
                   Ein § ist das: ” das muss auch in bestimmter Weise gemeint sein. Das heisst, die Zeichenerklärung muss selbst so und so ge-
230
meint sein.
                   Wie könnte man hier ein Missverständnis aufdecken? (Verifikation des Verständnisses.).
                   Könnte man sagen: Wenn kein Missverständnis festzustellen ist, dann ist auch kein Unterschied der Bedeutung.
                   Der Fleck als Zeichen, statt des Wortes “Fleck” hat eben auch seine Grammatik und zwar eine andere, als er als Zeichen – etwa – dieser besonderen Gestalt hat.
                   Aber wie ist uns denn die gegenwärtig, wenn // während // wir die Zeichenerklärung geben?

 
   
                   Nicht, “wie kann ich es so verstehen” ist
dies
das
Problem, sondern “wie kann ich es überhaupt in einer Weise, sozusagen, auf einmal verstehen”.

 
   
                   So seltsam es klingt: die Worte ‘Linie’, ‘Fläche’, ‘Punkt’ sind so verschieden, wie eine Linie, eine Fläche und ein Punkt.

 
   
                   “Ich habe etwas bestimmtes damit gemeint, als ich sagte …”. – “Wann hast Du es gemeint und wie lange hat es gebraucht. Und hast Du bei jedem Wort etwas anderes gemeint oder während des ganzen Satzes dasselbe?”
                   Man sieht klar: hier ist eine Unklarheit in dem Gebrauch des Wortes “meinen”.

 
   
                   Uebrigens komisch, dass, wenn man bei jedem – sagen wir, deutschen – Wort etwas meint, eine Zusammenstellung solcher Wörter Unsinn sein kann!

 
   
                   Wiedererkennen: “Diesen Mann habe ich gestern gesehen”. – Woher weisst Du das?” – “Ich erinnere mich an sein Gesicht”. – “Woher weisst Du das?” Diese Frage ist nun sinnlos. Das Wiedererkennen des Menschen
231
war hypothetisch, das Erinnern nicht. Aber als nicht-hypothetisch bürgt es auch nicht für etwas [a|A]nderes, sondern nur für sich selbst.

 
   
                   Gibt mir die Erklärung des Wortes die Bedeutung, oder verhilft sie mir nur zur Bedeutung? So dass also diese Bedeutung in der Erklärung nicht niedergelegt wäre, sondern durch sie nur äusserlich bewirkt, wie die Krankheit durch eine Speise.

 
   
                   Zu sagen, dass der Satz ein Bild sei, hebt gewisse Züge in der Grammatik des Wortes “Satz” hervor.

 
   
                   Woher nahmen // nahmen // die Alten philosophischen Probleme ihre Bedeutung?

 
   
                   Der Satz der Identität z.B. schien eine fundamentale Bedeutung zu haben. Aber der Satz, dass dieser “Satz” ein Unsinn ist, hat diese Bedeutung übernommen.

 
   
                   Wie unterscheiden sich dann die Sprachregeln von denen des Benehmens?
                   Wenn man kein Ziel angeben kann, das nicht erreicht würde, wenn diese Regeln anders wären.

 
   
                   Woher die Bedeutung der Sprache? Kann man denn sagen: Ohne Sprache könnten wir uns nicht miteinander verständigen. Nein, das ist ja nicht so, wie: ohne Telephon könnten wir nicht von Amerika nach Europa reden. (Es sei denn, dass wir unter “Telephon” jede Vorrichtung verstehen, welche etc. etc..)

 
   
                   Wir können aber sagen: Ohne Sprache könnten wir die Menschen nicht beeinflussen,. Oder, nicht trösten,
232
Oder, nicht trösten. Oder nicht ohne eine Sprache Häuser und Maschinen bauen.

 
   
                   Es ist auch richtig // sinnvoll // zu sagen, ohne den Gebrauch des Mundes oder der Hände können sich Menschen nicht verständigen.

 
   
                   Das Paradox ist doch, das, dass die willkürliche Regel eine Wichtigkeit für uns hat. Während sonst gerade des Willkürliche uns nicht interessiert. (Z.B. Spielregeln.)

 
   
                   Die Lösung kann nur kommen, wenn man den Widerstand der falschen Methode aufgibt.

 
   
                   Das Wort von den grammatischen Regeln, die willkürlich sind, muss ja auch irreführend sein. Was heisst es denn: “sie lassen sich nicht begründen”? Und was heisst es, zu sagen, die Regeln eines Spiels seien willkürlich und welche Regeln sind es nicht?
                   Sie können nicht willkürlich in dem Sinne sein, in dem man dies von Regeln aussagt, die auch anders als willkürlich sein könnten.

 
   
                   Man würde sagen: Die Regeln, nach denen ein Dampfkessel bemessen wird, sind nicht willkürlich, im Gegensatz zu denen der Farbe seines Anstrichs.

 
   
                   In welchem Sinne kann ich sagen, der Satz sei ein Bild? Wenn ich darüber denke, möchte ich sagen: er muss ein Bild sein, damit er mir zeigen kann, was ich tun soll, damit ich mich nach ihm richten kann. Aber, ist die Antwort, dann willst Du eben // also // bloss sagen, dass Du Dich nach dem Satz richtest in demselben Sinne, in dem Du Dich nach einem Bild richtest.

233
 
   
                    Ist jedes Bild ein Satz? Und was heisst es, etwa zu sagen, dass jedes als ein Satz gebraucht werden kann?

 
   
                   Ich kann die Beschreibung des Gartens in ein gemaltes Bild, das Bild in eine Beschreibung übersetzen.

 
   
                   “Was ein Wort bedeutet, kann man nicht sagen”.

 
   
                   Ich kann die ganze Sprache zum Voraus beschreiben; ja, in gewissem Sinne auch aussprechen.

 
   
                   Kann ich mich nach einem roten Täfelchen im Satz besser richten, als nach dem Wort “rot”?

 
   
                   “Ja, aber das Wort ‘rot’ hat mir einmal mit Hilfe eines solchen Täfelchens erklärt werden müssen””. Vielleicht, aber das rote Täfelchen ist mir jetzt Viel eben nicht gegeben. Ja, Du hast auch ganz vergessen, wie Du eigentlich die Bedeutung des Wortes “rot” gelernt hast und gebrauchst es und es tut Dir dieselben Dienste, wie das rote Täfelchen (ja, bessere).

 
   
                   Man sollte also meinen, dass man mit dem Wort ganz dasselbe, und ebensogut, meinen kann, wie mit dem Täfelchen.

 
   
                   Damit ist aber nicht gesagt, dass nicht die Gebärdensprache, die sich des roten Gegenstandes bedient, uns menschlich natürlicher ist.

 
   
                   Kann ich nicht mit “rot” dasselbe meinen, wie mit dem roten Täfelchen, und kann ich nicht mit dem roten Täfelchen auch etwas andres meinen, als, was ich jetzt mit “rot” meine?!

234
 
   
                    Wie verhält es sich mit dem Blinden; kann ihm ein Teil der Sprache nicht erklärt werden? Oder vielmehr, nicht beschrieben werden?

 
   
                   Wenn das Wort ‘rot’ ebensogut ist, wie das rote Täfelchen, so sollte man glauben, der Blinde könne die Sprache ebensowohl lernen, wie ein Sehender.

 
   
                   Könnte ich denn nicht z.B. annehmen, dass er etwas Rotes sieht, wenn ich ihm auf den Kopf schlage?
                   Das angenommen, so ist er doch für das praktische Leben blind. D.h., er reagiert nicht wie der normale Mensch. Wenn aber jemand mit den Augen blind wäre, dagegen sich so benähme, dass wir sagen müssten, er sieht mit den Handflächen (dieses Benehmen ist leicht auszumalen), so würden wir ihn als Sehenden behandeln und auch die Erklärung des Wortes ‘rot’ mit dem Täfelchen würden wir hier für möglich halten.

 
   
                   Nehmen wir aber an,
ich
ich
wäre blind. Aber was hilft das? Ich kann natürlich annehmen, dass ich mit den Augen nicht mehr sehe. Aber hier bin ich im Reiche der Tatsachen (nicht der Grammatik).

 
   
                   Oder muss ich nicht jetzt sagen: Die Gebärdensprache gibt es für den Blinden nicht und sie ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Sprache? Nein, denn es kann nur heissen, dass ich durch meine Gebärden nicht bewirk[,|e], dass er Gebärden sieht. Vielleicht aber ginge es auf ganz andere Weise.

 
   
                   Ist der Blindgeborene in einem wesentlich andern Fall als der Erblindete? Ich kann mir doch vorstellen, dass auch der Blindgeborene ein visuelles Innenleben hat, und wenn Einer dazu eine Erklärung verlangt, so will ich sagen, er habe die Eindrücke
ererbt.
geerbt.
(Natürlich ist das ganz
235
gleichgültig.) Nur ist er trotz dieser Annahme für alle praktischen Zwecke ein Blinder. Und ich will damit nur zeigen, dass es sich hier nicht um einen Unterschied der Grammatik, also des Wesentlichen der Welt handelt, sondern um Tatsachen.

 
   
                   Ich könnte dem Blinden die hinweisende Erklärung “das ist rot” nicht geben. Aber in seiner Phantasie könnte sich er sie sich geben. Aber das würde für praktische Zwecke keinen Unterschied machen.

 
   
                   Wir bezeichnen ja in der Geometrie auch sowohl Linien als auch Punkte, wie Flächen und Körper mit Buchstaben.

 
   
                   Dass das Wort nur im Satzverband Bedeutung hat, heisst dasselbe wie, dass Wörter, von denen wir sagen, sie haben in unserer Sprache Bedeutung, in gewissen Zusammenstellungen keinen Sinn ergeben. D.h., nichts weniger Unsinniges, als eine beliebige Zusammenstellung von Lautreihen, von denen wir nicht sagen, sie hätten Bedeutung.

 
   
                   Kann man von einem Verstehen reden, für das es kein exaktes Kriterium gibt?
                   Oder von einer Unterscheidung des Verstehens, oder der Bedeutung, für welche es kein solches Kriterium gibt?
                   Das heisst, von einem Unterschied der Bedeutung, der nicht in dem Unterschied zweier Erklärungen gegeben ist?
                   Das heisst aber: nicht endlich in dem Unterschied zweier Zeichen.
                   Oder, was noch sonderbarer wäre: Gibt es einen Unterschied der Bedeutung, der sich erklären lässt, und einen, der in einer Erklärung nicht zu Tage tritt?

236
 
   
                    Erfahrung ist nicht etwas, das man dur[f|c]h Bestimmungen von einem Andren abgrenzen kann, was nicht Erfahrung ist; sondern eine logische Form.

 
   
                   Wenn man sich die Namengebung durch Etiquettierung der Gegenstände denkt, so könnte man eine Farbe nicht in demselben Sinne etiquettieren (ihr ein Täfelchen anhängen[,|)], wie) wie (etwa) einem Menschen oder der Kreisform.

 
   
                   Ich kann doch offenbar eine Erwartung einmal in den Worten “ich erwarte einen roten Kreis”, ein ander Mal statt der letzten Worte durch das farbige Bild eines roten Kreises ausdrücken. Aber in diesem Ausdruck entsprechen den beiden Wörtern “rot” und “Kreis” nicht zwei Dinge. Also ist der Ausdruck der zweiten Sprache von ganz anderer Art.

 
   
                   Zeigt das nicht, dass die Erklärungen “das ist rot”, “das ist ein Kreis” noch nicht alles sind, sondern, dass es eine solche Erklärung gibt: “das ist ein roter Kreis”.

 
   
                   Es gäbe ausser dieser auch eine Sprache, in der ‘roter Kreis’ durch Nebeneinanderstellen eines Kreises und eines roten Flecks ausgedrückt würde.

 
   
                   Wenn ich nun auch zwei Zeichen bei mir habe, den Ausdruck “roter Kreis” und das farbige Bild, oder die Vorstellung, des roten Kreises, so wäre doch die Frage: Wie ist denn dann das eine Wort der Farbe, das andere der Form zugeordnet?
                   Denn man scheint sagen zu können, das eine Wort lenke die Aufmerksamkeit auf die Farbe, das andere auf die Form. Aber was heisst das? Wie kann man diese Wörter in dieses Bild übersetzen?

237
 
   
                    Oder auch: Wenn mir das Wort ‘rot’ eine Farbe ins Gedächtnis ruft, so muss sie doch mit einer Form verbunden sein; wie kann ich denn dann von der Form abstrahieren?

 
   
                   Die wichtige Frage ist dabei die: wie weiss er, wovon er abstrahieren soll? sondern: wie ist das überhaupt möglich? oder: was heisst es?

 
   
                   Vielleicht wird es klarer, wenn mann die beiden Sprachen vergleicht, in deren einer ein rotes Täfelchen und eines mit einem Kreis darauf (etwa einem schwarzen auf weissem Grund) die Worte “roter Kreis” ersetzen; und in der andren statt dessen ein roter Kreis gemalt wird.
                   Wie geht denn hier die Uebersetzung vor sich? Er schaut etwa zuerst auf das rote Täfelchen und wählt einen roten Stift, dann auf den Kreis, und macht nun mit diesem Stift einen Kreis.
                   Es würde etwa zuerst gelernt, dass das erste Täfelchen immer die Wahl des Bleistiftes bestimmt, das zweite, was wir mit ihm zeichnen sollen. Die beiden Täfelchen gehören also verschiedenen Wortarten an (etwa Hauptwort und Tätigkeitswort). In der zweiten Sprache aber gäbe es nichts, was man hier zwei Wörter nennen könnte.

 
   
                   Der Befehl sei: “Stelle Dir einen roten Kreis vor”. Und ich tue es. Wie konnte ich den Worten auf diese Weise folgen?
                   Das ist doch ein Zeichen // Beweis // dafür, dass wir den Worten auch ohne Vorstellungen gehorchen können.

 
   
                   Unsere grösste Schwierigkeit ist, die Welt zu nehmen, wie sie ist.

 
   
                   Wie kann ich es rechtfertigen, dass ich mir auf diese Worte hin diese Vorstellung mache?

238
 
   
                    Oder: Wo endet die Rechtfertigung? Denn, wo sie endet, verlassen auch wir die Betrachtung.

 
   
                   Wie könnte man mit dem a-Laut das Schriftzeichen “A” rechtfertigen, oder zeigen, dass “E” falsch wäre!

 
   
                   “Du hast ja den Befehl gar nicht befolgt. Ich habe gesagt ‘schreibe a’ und Du hast ‘A’ geschrieben. Wo liegt da die Befolgung?”
                   Darauf müsste ich antworten: “Nein; es war ein Zusammenhang zwischen den Worten und dem was ich schrieb”.

 
   
                   Der “kausale Zusammenhang” ist kein primärer Zusammenhang, es heisst also auch nichts, ihn fühlen (oder ähnliches).

 
   
                   Ich sage: “was ich mir vorgestellt habe, war nicht willkürlich (und kausale Bedingtheit ist keine Bedingtheit), sondern es ist bestimmt durch ein Wort”.

 
   
                   Diese Abhängigkeit muss sich beschreiben lassen: Weil Du das gesagt hast, habe ich mir das vorgestellt.
                   Das heisst
, nur
nur,
in dem, was da beschrieben wird, besteht die Abhängigkeit.

 
   
                   Immer wieder ist der Fehler, in den man zu fallen droht der, der in der Frage ausgedrückt ist: “sehen zwei Leute wirklich die selbe Farbe, wenn sie von Rot reden”. (Wobei man nicht das Kriterium der Gleichheit bedenkt.)

 
   
                   Die Rechtfertigung muss immer so ausschauen: Du sagtest so … und ich tat das …
239

                   Und fragt man weiter, so müssen Worterklärungen folgen. Und fragt man “warum hast Du A geschrieben,
als
wie
ich sagte [|]schreibe ein [A| grosses A]’?” so kann man sich zur Rechtfertigung nur auf etwas von der Art einer Tabelle berufen. Anders kann eine Rechtfertigung nicht aussehen.

 
   
                   Der Zweck der Grammatik ist nur der Zweck der Sprache.
                   Der Zweck der Grammatik ist der Zweck der Sprache.

 
   
                   Die Wichtigkeit der Grammatik ist die Wichtigkeit der Sprache.

 
   
                   Denken wir an die witzige Bedeutung, die wir den grammatischen Spielen Lewis Carroll's geben. ‒ ‒ ‒

 
   
                   Ich könnte fragen: Warum empfinde ich einen grammatischen Witz in gewissem Sinne als tief? (Und das ist natürlich die philosophische Tiefe.)

 
   
                   Die Worte, die einer bei gewisser Gelegenheit sagt, sind in sofern nicht willkürlich, als gerade diese in der Sprache, die er sprechen will (oder muss) das meinen, was er sagen will; d.h., als gerade für sie diese grammatischen Regeln gelten. Was er aber meint, d.h. die grammatischen Regeln, sind in sofern nicht willkürlich, als er einen bestimmten Zweck nur so glaubt erreichen zu können.

 
   
                   Man könnte auch ein Wort z.B. ‘rot’ wichtig nennen in sofern als es oft und zu Wichtigem gebraucht wird im Gegensatz etwa zu dem Wort ‘Pfeifendeckel’. Und die Grammatik des Wortes ‘rot’ ist dann wichtig, weil sie die Bedeutung des Wortes ‘rot’ beschreibt.

 
   
                   Eine Sprache erfinden. Im Gegensatz zur Erfindung einer
240
Maschine.)

 
   
                   Nehmen wir an: in den ägyptischen Urkunden wird immer wieder eine Farbe erwähnt, die besonders herrlich sei. Wir wissen nicht, welche es war. Können uns nur aus Andeutungen denken, dass es ein bestimmtes Braunrot gewesen sein muss. Eines Tages aber findet sich eine braun[g|r]ote Platte in besonderer Weise (durch Luftabschluss etc. etc.) konserviert und darunter jener Name der Farbe. Nun heisst es: jetzt wissen wir, welche Farbe es war. (Und alle Cambridger Aestheten werden solche [C|K]ravatten tragen.)

 
   
                   Für uns gibt es keinen Zusammenhang, der sich beschreiben lässt, sondern nur den, der sich zeigt.

 
   
                   Wie werde ich denn wissen, dass ich ein Wort zweimal in derselben Bedeutung gebraucht habe? Kann ich denn die Bedeutung niederlegen? Oder: nur in sofern ich sie niederlegen kann, kann ich von ihr reden.

 
   
                   Was wir Bedeutung nennen, muss mit der primitiven Gebärden- (Zeige-) Sprache zusammenhängen.

 
   
                   In wiefern kann nun diese hinweisende Erklärung mit den Regeln der Verwendung kollidieren?

 
   
                   Denn eigentlich dürfen ja Regeln nicht kollidieren, ausser sie widersprechen einander. Denn im Uebrigen bestimmen sie ja eine Bedeutung, und sind nicht einer verantwortlich, so dass sie ihr widersprechen könnten.

 
   
                   Wenn Einer von einer idealen Sprache redet, so müsste man fra-
241
gen: in welcher Beziehung ‘ideal’?

 
   
                   Man kann keine Sprache lernen, wenn man nicht schon eine versteht.

 
   
                   Sp Ob einer der mir einen deutschen Satz sagt, ihn wirklich so meint, wie ich ihn verstehe, ist nur eine Hypothese. Sicher ist nur, dass ich ihn so deute.

 
   
                   Aber was heisst es, ihn so zu deuten. Wie unterscheidet sich diese Deutung von einer andern? Doch wohl durch die Erklärung, die ich von ihr geben kann. Wenn ich etwa sage “in diesem Sinne wird der Satz von dieser Tatsache bewahrheitet, in jenem Sinne von jener”, so habe ich mich durch den Hinweis auf diese und jene Tatsache wieder eines Zeichens bedient. Am Schluss also müssen sich die Zeichen unterscheiden.

 
   
                    / Beispiel: Man muss manchen Satz öfter lesen, um ihn als Satz zu verstehen. /

 
   

Kann man denn etwas Anderes als einen Satz verstehen?
                   Oder: Ist es nicht erst ein Satz, wenn man es versteht. Also: Kann man etwas anders, als als Satz verstehen?

 
   
                   Man könnte davon reden “einen Satz zu erleben”.
                   Lässt sich dieses Erlebnis niederschreiben?

 
   
                   Wenn ich einen deutschen Satz höre, oder ausspreche, so kommt es ja nicht darauf an, dass mir das Deutsche wohl bekannt ist und auf die Geschichte der Bekanntschaft kommt es nicht an. Aber das Wesentliche des besonderen Erlebnisses ist
da
das
, ich erlebe eine Tatsache als Satz.

242
 
   
                    Da ist es wichtig, dass es in einem gewissen Sinne keinen halben Satz gibt.
                   Das heisst, vom halb[b|e]n Satz gilt, was vom Wort gilt, dass es nur im Zusammenhang des Satzes Sinn // Bedeutung // hat.

 
   
                   Das Verstehen fängt aber erst mit dem Satz an.

 
   
                   Man kann nicht sagen “dieser Struktur fehlt noch etwas, um ein Satz zu sein”. Sondern es fehlt ihr etwas um dieser Satz zu sein.

 
   
                   Den Russen, welche statt “er ist gut” sagen “er gut” geht nichts verloren, und sie denken sich auch kein Verbum dazu.

 
   
                   Den kompletten Satz zu charakterisieren ist so unmöglich, wie die komplette Tatsache.

 
   
                   Die Philosophie darf den wirklichen // tatsächlichen // Gebrauch der Sprache // … darf, was wirklich gesagt wird // in keiner Weise antasten, sie kann ihn // es // am Ende also nur beschreiben.

 
   
                   Denn sie kann ihn auch nicht begründen.

 
   
                   Sie lässt alles wie es ist.
                   Sie lässt auch die Mathematik wie sie ist (jetzt ist) und keine mathematische Entdeckung kann sie weiter bringen.
                   Ein “führendes Problem der mathematischen Logik” (Ramsey) ist ein Problem der Mathematik wie jedes andere.

 
   
                   Wie es keine Metaphysik gibt, so gibt es keine Metalogik. Das Wort “Verstehen”, der Ausdruck “einen Satz verstehen”, ist auch nicht me-
243
talogisch, sondern ein Ausdruck wie jeder andre der Sprache.

 
   
                   Wie ich oft gesagt habe, führt die Philosophie mich zu einem Verzicht, da ich mich nicht entbreche, etwas zu sagen, sondern eine gewisse Wortverbindung als sinnlos aufgebe. In anderem Sinne aber erfordert die Philosophie dann eine Resignation, aber des Gefühls, nicht des Verstandes. Und das ist es vielleicht, was sie Vielen so schwer macht. Es kann schwer sein, einen Ausdruck nicht zu gebrauchen, wie es schwer ist, die Tränen zurückzuhalten, oder einen Ausbruch
der Wut.
des Zorns.


 
   
                   “Einen Satz verstehen heisst: wissen was er sagt”.
                   “Die Gebärde verstehen, heisst wissen, was sie bedeutet”[.| (]“wissen, was er meint”).
                   Das müsste // würde // heissen “wissen, dass sie dies und nicht jenes bedeutet”. Dann aber müsste dieses Verstehen die Multiplizität eines Satzes haben.

 
   
                   Nun ist die Frage: muss ich wirklich in so einem Sinne das Zeichen verstehen, um etwa darnach handeln zu können? – Wenn jemand sagt: “gewiss! sonst wüsste ich ja nicht, was ich zu tun habe”, so würde ich antworten: “Aber es gibt ja keinen Uebergang vom Wissen zum Tun. Und keine prinzipielle Rechtfertigung dessen, dass es das war, was dem Befehl entsprach”.

 
   
                   Was heisst dann also der Satz: Man beachte in diesem Satz den Ausdruck “handeln zu können” und das Wort “was” in “was ich zu tun habe”.

 
   
                   Was heisst dann also der Satz: “Ich muss den Befehl verstehen, ehe ich nach ihm handeln kann”? Denn dieser Satz // dies zu sagen, // hat natürlich einen Sinn. Aber gewiss // jedenfalls // wieder keinen metalogi-
244
gischen.

 
   
                   “Aber ich muss doch einen Befehl verstehen, um nach ihm handeln zu können”. Hier ist das ‘muss’ verdächtig. Wenn das wirklich ein Muss ist – ich meine – wenn es ein logisches Muss ist, so handelt es sich hier um eine grammatische Anmerkung.

 
   
                   Auch wäre da eine Frage möglich: Wie lange vor dem Befolgen musst Du denn den Befehl verstehen?

 
   
                   Wie, wenn man sagte: “ich kann den Befehl nicht ausführen, wenn ich ihn nicht deute”? – Das heisst nichts, denn seine Ausführung ist eine Deutung.

 
   
                   “Ich kann den Befehl nicht ausführen, weil ich nicht verstehe, was Du meinst. – Ja, jetzt verstehe ich Dich”.
                   Was ging da vor, als ich plötzlich den Andern verstand? Ich konnte mich natürlich irren, und dass ich den Andern verstand, war eine Hypothese. Aber es fiel mir plötzlich eine Deutung ein, die mir einleuchtete. Aber war diese Deutung etwas anderes, als ein Satz einer Sprache?

 
   
                   Es konnten mir auch vor diesem Verstehen mehrere Deutungen vorschweben, für deren eine ich mich endlich entscheide. Aber das Vorschweben der Deutungen war das Vorschweben von Ausdrücken.

 
   
                   Statt dem Spiel der Vorstellungen könnten wir immer ein Produzieren physischer Bilder – etwa mit dem Bleistift auf Papier – annehmen, so dass keine “private” Sprache entstünde.

 
   
                   Wenn ich einen philosophischen Fehler rektifiziere und sage,
245
man hat sich das immer so vorgestellt, aber so ist es nicht, so zeige ich immer auf eine Analogie // so muss ich immer … zeigen // , nach der man sich gerichtet hat, und, dass diese Analogie nicht stimmt. // … so muss ich immer eine Analogie aufzeigen, nach der man gedacht hat, die man aber nicht als Analogie erkannt hat. //

 
   
                   Die Idee, die man von dem Verstehen hat, ist etwa, dass man dabei von dem Zeichen näher an die verifizierende Tatsache kommt, etwa durch die Vorstellung. Und wenn man auch nicht wesentlich, d.h. logisch, näher kommt, so ist doch etwas an der Idee richtig, dass das Verstehen in dem Vorstellen der Tatsache besteht. Die Sprache der Vorstellung ist in dem gleichen Sinne wie die Gebärdensprache primitiv.

 
   
                   Daher ist auch etwas daran richtig, dass die Unvorstellbarkeit ein Kriterium der Unsinnigkeit ist.

 
   
                   Warum empfinden wir die Untersuchung der Grammatik als fundamental?

 
   
                   Das Wort “fundamental” kann auch nichts metalogisches, oder philosophisches bedeuten,
wo
wenn
es überhaupt eine Bedeutung hat.

 
   
                   Die Untersuchung der Grammatik ist im selben Sinne fundamental, wie wir die Sprache fundamental – etwa ihr eigenes Fundament – nennen können.

 
   
                   Unsere grammatische Untersuchung unterscheidet sich ja von der eines Anglisten oder Germanisten etc.; uns interessiert z.B. die Uebersetzung von einer Sprache in andre Sprachen. Ueberhaupt interessieren uns Regeln, die der Philologe gar nicht betrachtet. Diesen Unterschied
246
können wir also wohl hervorheben.

 
   
                   Anderseits wäre es irreführend zu sagen, dass wir das Wesentliche der Grammatik behandeln (er, das Zufällige).

 
   
                   “Aber das ist ja nur eine äussere Unterscheidung // ein äusserer Unterschied // ”. Ich glaube, eine andere gibt es nicht.

 
   
                   Eher könnten wir sagen, dass wir doch etwas [a|A]nderes Grammatik nennen, als er. Wie wir eben Wortarten unterscheiden, wo für ihn kein Unterschied (vorhanden) ist.

 
   
                   Was tut der, der eine neue Sprache konstruiert (erfindet)? nach welchem Prinzip geht er vor? Denn dieses Prinzip ist der Begriff ‘Sprache’.

 
   
                   Eine Sprache erfinden, heisst nicht auf Grund von Naturgesetzen (oder im Einklang mit ihnen // in Übereinstimmung mit ihnen // ) eine Vorrichtung zu einem bestimmten Zweck erfinden. Wie es etwa die Erfindung des Benzinmotors oder der Nähmaschine ist. Auch die Erfindung eines Spiels ist nicht in diesem Sinne eine Erfindung, aber vergleichbar der Erfindung einer Sprache.

 
   
                   Ich brauchte nicht zu sagen, dass ich nur die Grammatik des Wortes “Sprache” weiter beschreibe, indem ich sie mit der Grammatik des Wortes “Verbindung” “Erfindung” in Verbindung bringe.

 
   
                   Beiläufig gesprochen, hat es
nach
in
der alten Auffassung – etwa der, der (grossen) westlichen Philosophen – zwei Arten von Problemen im wissenschaftlichen Sinne gegeben // zweierlei Prob Arten von Problemen … // /: wesentliche, grosse, universelle, und unwesentliche, quasi accidentelle Pro-
247
bleme. Und dagegen ist unsere Auffassung, dass es kein grosses, wesentliches Problem im Sinne der Wissenschaft gibt.

 
   
                   Eine Sprache erfinden, heisst eine Sprache konstruieren. Ihre Regeln aufstellen. Ihre Grammatik verfassen.

 
   
                   Erweitert jede erfundene Sprache den Begriff der Sprache?

 
   
                   Was für das Wort “Sprache” gilt, muss auch für den Ausdruck “System von Regeln” gelten. Also auch für das Wort “Kalkül”.

 
   
                   Ist es da übrigens nicht merkwürdig, dass die Mathematiker immer mit der Feder auf dem Papier arbeiten? Und warum z.B. nie mit kontinuierlichen Farbübergängen? (Vergleiche aber eine gezeichnete geometrische Konstruktion. Hier haben wir einen kontinuierlichen Uebergang von einem Raumpunkt zum andern.)

 
   
                   Wie bin ich denn zum Begriff ‘Sprache’ gekommen? Doch nur durch die Sprachen, die ich gelernt habe.
                   Aber ˇdie haben mich in gewissem Sinne über sich hinausgeführt, denn ich wäre jetzt im Stande, eine neue Sprache zu konstruieren, z.B. Wörter zu erfinden. Also gehört diese Methode der Konstruktion noch zum Begriff der Sprache. Aber nur, wenn ich ihn so festlege.

 
   
                   Der Begriff: sich einander etwas mitteilen. Wenn ich z.B. sage: ‘Sprache’ werde ich jedes System von Zeichen nennen, das Menschen untereinander vereinbaren, um sich miteinander zu verständigen, so könnte man hier schon fragen: Und was schliesst Du unter dem Begriff ‘Zeichen’ ein?

 
   
                   Immer wieder hat mein “u.s.w.” eine Grenze.

248
 
   
                    Was nenne ich “Handlung”, was “Sinneswahrnehmung”?

 
   
                   Die Worte “Welt”, “Erfahrung”, “Sprache”, “Satz”, “Kalkül”, “Mathematik” können alle nur für triviale Abgrenzungen stehen, wie “essen”, “ruhen”, etc..

 
   
                   Denn, wenn auch ein solches Wort der Titel unserer Grammatik wäre – etwa das Wort “Grammatik” – so hätte doch dieser Titel nur dieses Buch von andern Büchern zu unterscheiden.

 
   
                   Allgemeine Ausführungen über die Welt und die Sprache gibt es nicht.

 
   
                   Dass der Befehl ein Bild ist, heisst, dass aus dem Befehl hervorgehen muss, was ich zu tun habe.
                   Oder sagen wir so: Es muss aus dem Befehl hervorgehen, so weit es überhaupt aus etwas hervorgehen kann.
                   (Das ist natürlich alles eine falsche Darstellung. Man kann nicht sagen, aus dem Befehl müsse es hervorgehen, was ich zu tun habe, denn dies hiesse: aus dem Befehl muss der Befehl hervorgehen.)
                   Nehmen wir nämlich an, es könnte aus einem Bild klarer hervorgehen, dann müsste Einer etwas tun können, das zwar dem Wortbefehl entgegen, aber dem Bild, das diesen Befehl – nur deutlicher – ausdrückt, nicht entgegen wäre. Das Bild aber müsste aus dem Wortbefehl hervorgehen können, oder doch ein Vergleich zeigen können, dass beide das Gleiche befehlen.

 
   
                   Die Handlung kann ebenso wohl // gut // durch den Befehl bestimmt werden, wie sie nachträglich beschrieben werden kann. D.h., so weit sie überhaupt beschrieben werden kann, so weit wir (also) von ihr reden können, (sie von andern Handlungen unterscheiden können) so weit kann
249
sie auch durch die Sprache (den Befehl) vorausbestimmt werden.

 
   
                   (Hier führe ich natürlich durch die Worte “so weit sie überhaupt etc.” irre. Denn das hiesse ja, dass man einen noch erreichbaren Grad der Beschreibung von einem nicht mehr erreichbaren unterscheiden könnte; Dass man von einem nicht mehr erreichbaren unterscheiden könnte, bis zu dem man gelangen könnte, im Gegensatz zu etwas, was sich nicht mehr beschreiben liesse. So als wäre am Schluss die Handlung natürlich doch nicht ganz beschrieben.)

 
   
                   So weit die Tatsache die Worte der Beschreibung bestimmen kann, so weit können Worte die Tatsache bestimmen.

 
   
                   Ich sage einen Satz “ich sehe einen schwarzen Kreis”; aber auf die Worte // Wörter // kommt es doch nicht an; sagen // setzen // wir also statt dessen “a b c d e”. Aber nun kann ich nicht ohne weiteres mit diesem Zeichen den oberen Sinn verbinden (es sei denn, dass ich “a b c d e” als ei ein Wort auffasse und dies als Abkürzung des oberen Satzes). Diese Schwierigkeit ist doch aber sonderbar. Ich könnte sie so ausdrücken: Ich bin nicht gewöhnt statt ‘ich’ ‘a’ zu sagen und statt ‘sehe’ ‘b’, und statt ‘einen’ ‘c’, etc.. Aber damit meine ich nicht, dass ich, wenn ich daran gewöhnt wäre, mit dem Worte a sofort das Wort ‘ich’ associieren würde; sondern dass ich nicht gewöhnt bin ‘a’ an der Stelle von ‘ich’ zu gebrauchen – in der Bedeutung von ‘ich’.

 
   
                   Ich halte meine Wange, und jemand fragt, warum ich es tue und ich antworte: “Zahnschmerzen”. Das heisst offenbar dasselbe, wie “ich habe Zahnschmerzen”, aber weder stelle ich mir die fehlenden Worte im Geiste vor, noch gehen sie mir im Sinn irgendwie ab. Daher ist es auch möglich, dass ich die Worte “ich habe Zahnschmerzen” in dem Sinne ausspreche, als sagte ich nur das letzte Wort oder, als wären die drei nur ein Wort.

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                    Und doch ist noch etwas unklar // nicht klar // , was sich z.B. in der dreifachen Verwendung des Wortes ‘ist’ zeigt. Denn, was heisst es, wenn ich sage, dass im Satz ‘die Rose ist rot’ das ‘ist’ eine andere Bedeutung hat, als in ‘zweimal zwei ist vier’? Wenn man sagt, es heisse, dass verschiedene Regeln von diesen beiden Wörtern [v|g]elten, so muss man zunächst sagen, dass wir hier nur ein Wort haben. Zu sagen aber: von diesem gelten in einem Fall die Regeln im anderen jene, ist Unsinn.
                   Und das hängt wieder mit der Frage zusammen, wie wir uns denn aller Regeln bewusst sind, wenn wir ein Wort in einer bestimmten Bedeutung gebrauchen, und doch die Regeln die Bedeutung ausmachen?

 
   
                   Es wäre eine Sprache denkbar, in der die Bedeutungˇen von Worten nach bestimmten Regeln abwechselten, etwa: Vormittag heisst das Wort A dies Nachmittag jenes.
                   Oder eine Sprache, in der die Wörter sich täglich änderten, indem an jedem Tag jeder Buchstabe des vorigen Tages durch den nächsten im Alphabet (und z durch a) ersetzt würde.

 
   
                   Man sagt, die Seele verlässt den Körper,. [u|U]m ihr dann aber jede Aehnlichkeit mit dem Körper zu nehmen und damit man beileibe nicht denkt, es sei irgendein gasförmiges Di[gn|ng] gemeint, sagt man, die Seele ist unkörperlich, unräumlich; aber mit dem Worte “verlässt” hat man schon alles gesagt. Zeige mir wie Du das Wort seelisch” gebrauchst, und ich werde sehen, ob die Seele “unkörperlich” ist, und was Du unter “Geist” verstehst.

 
   
                   Ich möchte sagen: nichts zeigt unsere Verwandtschaft mit jenen Wilden besser, als dass Frazer ein ihm und uns so geläufiges Wort wie “[G|g]host” oder“shade” bei der Hand hat, um die Ansichten dieser Leute zu beschreiben.

251
 
   
                    (Das ist ja doch etwas anderes, als wenn er etwa beschriebe, die Wilden bildeten // bilden // sich ein, dass ihnen ihr Kopf herunterfällt, wenn sie einen Feind erschlagen haben. Hier hätte unsere Beschreibung nichts [a|A]bergläubisches oder Magisches an sich.)

 
   
                   Ja, diese Sonderbarkeit bezieht sich nur auf die Ausdrücke “ghost”, ˇund “shade”, und es wird viel zu wenig Aufhebens davon gemacht, dass wir das Wort “Seele”, “Geist” (“spirit”) zu unserem eigenen gebildeten Vokabular zählen. Dagegen ist eine Kleinigkeit, dass wir nicht glauben, dass unsere Seele isst und trinkt.

 
   
                   In unserer Sprache ist eine ganze Mythologie niedergelegt.

 
   
                   Austreiben des Todes oder Umbringen des Todes; aber anderseits wird er als Gerippe dargestellt, also selbst in gewissem Sinne tot. “As dead as death”. ‘Nicht ist so tot wie der Tod; nichts so schön wie die Schönheit selbst. Das Bild, worunter man sich hier die Realität denkt ist, dass die Schönheit, der Tod, etc. die reine (konzentrierte) Substanz ist, reinen (konzentrierten Substanzen sind, während sie in einem schönen Gegenstand als Beimischung vorhanden ist. sind. – Und erkenne ich hier nicht meine eigenen Betrachtungen über ‘Gegenstand’ und ‘Komplex’?

 
   
                   Die primitiven Formen unserer Sprache: Substantiv, Eigenschaftswort und Tätigkeitswort zeigen das einfache Bild, auf, dessen Form sie alles zu bringen sucht.

 
   
                   Aber wenn so der allgemeine Begriff der Sprache sozusagen zerfliesst, zerfliesst da nicht auch die Philosophie? Nein, denn ihre Aufgabe ist es nicht, eine neue Sprache zu schaffen, sondern die zu reinigen, die vorhanden ist.

252
 
   
                    Nun könnte man aber sagen: “Du gibst uns Regeln für den Gebrauch der Sätze; woran sollen wir aber erkennen, dass etwas ein Sa[z|t]z ist?”

 
   
                   Ich hätte nicht sagen sollen, dass sich die Naturnotwendigkeit charakteristisch durch eine // in einer // willkürlichen Regel ausdrückt. Sondern: Das Naturnotwendige wird nicht, wie das Notwendige, durch einen notwendigen Satz ausgedrückt, sondern charakteristisch durch eine Regel, die einfach beschreibt was ist.

 
   
                   Ich möchte sagen: Es muss die ganze Grammatik als eine Veranstaltung äusserlicher Regeln genommen werden, mit allen Regeln für das Ersetzen z.B., und das Wesentliche nur in der Anwendung eben dieses ganzen Gebildes gesehen // gesucht // werden.

 
   
                   Die grammatischen Regel soll z.B. etwas verbieten, etwa, dass das Wort ‘A’ an die Stelle des Wortes ‘B’ gesetzt wird. Wie kann sie den aber (dann) verbieten, dass das ‘ist’ aus “zweimal zwei ist vier” an die Stelle des Wortes ‘ist’ in “die Rose ist rot” gesetzt wird? Das ist ja Unsinn.

 
   
                   Der rührt von der verderblichen Vorstellung her, als sei hinter dem Wort ein unsichtbarer Schweif von Regeln, so dass es einen Sinn hätte, von zwei Worten zu reden die gleich ausschauen. Es handelt sich um ein Wort, das sich durch zwei Worte ersetzen lässt, die nicht für einander eingesetzt werden dürfen.

 
   
                   Denken wir uns die absurde Regel: Es gibt ein Wort ‘A’ das ich in f(x) als Argument einsetzen darf und eines, das ich nicht einsetzen darf.

 
   
                   Die Sprache muss als ganze Institution genommen und betrachtet
253
werden.

 
   
                   Denken wir uns ein Tagebuch mit Signalen geführt. Etwa die Seite in Abschnitte für jede Stunde eingeteilt und nun heisst ‘A’ ich schlafe, ‘B’ ich stehe auf, ‘C’ ich schreibe, etc..

 
   
                   Muss denn nicht die Regel der Sprache – dass also dieses Zeichen das bedeutet – irgendwo niedergelegt sein?
                   Muss denn nicht schon, dass sie niedergelegt werden kann, alles besagen?
                   Freilich auch: Mehr als die Regel niederlegen, kann ich nicht.

 
   
                   Und warum soll ich, dass ‘A’ in dieser Zeile steht, nicht ein Bild dessen nennen, dass ich dann schlafen gehe? Freilich, dass es die Multiplizität dessen wiedergeben soll die in jenen Worten liegt, kann ich nicht verlangen.
                   Der Akt des Schlafengehens war ja auch nicht dadurch bestimmt.

 
   
                   Wie kann ich denn kontrollieren, dass es immer dasselbe ist was ich ‘A’ nenne. Es sei denn, dass ich etwa ein Erinnerungsbild zuziehe. Das aber dann zum Zeichen gehört.

 
   
                   Und wenn ich es nur in der Signalsprache beschreibe, so weiss ich auch nur, dass A von B verschieden ist und sonst nichts.

 
   
                   Wenn z.B. Einer fragte: wie weisst Du, dass Du jetzt dasselbe tust, wie vor einer Stunde, und ich antwortete: ich habe mir's ja aufgeschrieben, hier steht ja ein ‘A’!

254
 
   
                    Wenn ich mich in dieser Sprache ausdrücke, so werde ich also mit ‘B’ immer dasselbe meinen. Es muss einen // keinen // Sinn haben, zu sagen, dass ich beide Male dasselbe tue, wenn ich den Befehl ‘B’ befolge (oder dasselbe getan habe, als ich tat, was ich durch ‘B’ bezeichnete).

 
   
                   Ist “a c c b
a!
b!
c!
A
B
C
” ein Bild von A C C B?

 
   
                   Erinnern wir uns, dass auch das gezeichnete Bild ein solches nur durch eine Projektionsart ist.

 
   
                   Erinnere Dich, wenn Du in einem Projektionssystem etwas Komplexes in etwas Einfaches projizier[t|s]t, wird doch die komplexe Natur des Projizierten in der weiteren Anwendung der Projektionsregel zu Tage treten.

 
   
                   Keine logische Verbindung der Dinge kann der Sprache entgehen, sobald sie alle Verhältnisse will beschreiben können.

 
   
                   Wenn man fragt: “ist der Satz ‘geh aus dem Zimmer’ wirklich ein Bild dieser Handlung”, so kann ich entgegenfragen: ist dieser Strich das Bild dieses Buches? Und doch kann er das sehr wohl sein, es kommt nur auf die Projektionsart an. Sie muss sehr kompliziert sein, wenn der Strich wirklich das Bild des Buches sein soll, und das wird sich wo anders zeigen; es werden dann sehr einfache Verhältnisse sehr komplizierte Projektionen erhalten.

 
   
                   Wie unterscheitet sich denn blau von rot?
                   Wir meinen doch nicht, dass das eine die, das andere jene Eigenschaften hat. Uebrigens sind Eigenschaften von Blau und Rot, dass dieser
255
Körper (oder Ort) blau, jener Rot ist.

 
   
                   Auf die Frage “welcher Unterschied ist denn zwischen blau und rot” möchte man antworten: das eine ist blau das andere rot. Aber das heisst natürlich nichts und man denkt hier in Wirklichkeit an den Unterschied der Flächen oder Oerter, die diese Farben haben. Sonst nämlich hat die Frage überhaupt keinen Sinn.

 
   
                   Was ich sage heisst also: Rot kann man nicht beschreiben. Aber kann man es denn nicht malerisch darstellen, indem man etwas rot malt?

 
   
                   Nein, das ist keine malerische Darstellung der Bedeutung des Wortes ‘rot’ (die gibt es nicht).
                   Das Porträt von Rot.

 
   
                   Aber jedenfalls ist es doch nicht Zufall, dass man zur Erklärung der Bedeutung des Wortes ‘rot’
naturgemäss
ganz natürlich
auf einen roten Gegenstand zeigt!

 
   
                   (Was daran natürlich ist, ist in diesem Satze dargestellt durch das zweimalige
Auftreten
Vorkommen
des Wortes ‘rot’.)

 
   
                   In wiefern hilft die hinweisende Erklärung “das ist ‘rot’” zum Verständnis des Wortes.

 
   
                   (Sie ‘hilft’ gar nicht, sondern ist eben eine der symbolischen Regeln für den Gebrauch des Wortes ‘rot’.)

 
   
                   Muss es nicht so sein, wenn ich recht habe: Aus der Beschreibung der Sprache muss hervorgehen, welche Bedeutung jedes Wort hat?

256
 
   
                    (Und hier ist das Wort // der Ausdruck // “wenn ich recht habe” unrichtig; denn wenn ich wirklich Philosophie betreibe, darf ich nicht recht haben müssen. Denn erst, wenn ich nur das Selbstverständliche sagen, ist es Philosophie.)

 
   
                   D.h. das Bild des Bildes muss selbst ein Bild im ersten Sinn // im der ersten Art // sein.
// D.h.: das Bild des Bildes der Welt muss selbst ein Bild der Welt sein. //

 
   
                   D.h.: Das Bild des Bildes muss dieses ersetzen können.

 
   
                   Wenn die Beschreibung der Sprache zugleich ihre Bedeutung gibt, dann kann man die Sprache ein Bild der Welt nennen.

 
   
                   Die Beschreibung der Sprache muss dasselbe leisten wie die Sprache.

 
   
                   Denn dann kann ich wirklich aus dem Satz, der Beschreibung, ersehen, wie es sich verhält.

 
   
                   (Aber nur das nennt man ja “Beschreibung” und nur das nennt man na “ersehen, wie es sich verhält”!)

 
   
                   (Und etwas anderes ist es ja nicht, was wir alle damit sagen: dass wir aus der Beschreibung ersehen, wie es sich in Wirklichkeit verhält.)

 
   
                   Angenommen, wir lassen die Uebersetzung in die Gebärdensprache fort; zeigt es sich dann in der Anwendung (ich meine, in den grammatischen Regeln der Anwendung), dass diese Uebersetzung möglich ist?

257
 
   
                    Und kann es sich nur zeigen, dass sie möglich ist, oder auch, dass sie notwendig ist?
                   Wenn sie notwendig ist, so heisst das, dass die Sprache vermittels des roten Täfelchens in irgend einem Sinn notwendig ist; und nicht gleichberechtigt der Wortsprache.

 
   
                   Aber wie könnte das sein? denn dann wären ja die hinweisenden Erklärungen überflüssig; das heisst aber schon, implicite in den andern enthalten. Wie kann denn eine Regel eines Spiels überflüssig,ˇ sein, wenn es eben das Spiel sein soll, was auch durch diese Regel charakterisiert wird.

 
   
                   
Mein
Der
Fehler besteht hier immer wieder darin, dass ich vergesse, dass erst alle Regeln das Spiel, die Sprache, charakterisieren, und dass diese Regeln nicht einer Wirklichkeit verantwortlich sind, so dass sie vo[r|n] ihr kontrolliert würden, und so dass man von einer Regel Bezweifeln könnte, dass sie notwendig, oder richtig, wäre. (Vergleiche das Problem der Widerspruchsfreiheit der Nicht-euklidischen Geometrie.)

 
   
                   Die Grammatik ist keiner Wirklichkeit verantwortlich.

 
   
                   (Die Grammatik ist der Wirklichkeit nicht Rechenschaft schuldig.)

 
   
                   Ich kann ein helles Rot ‘A’ nennen und ein dunkles ‘B’, aber es wird sich in der Grammatik dieser Wörter zeigen, dass sie in dem Sinne Verwandtes bedeuten, wie eben hellrot und dunkelrot verwandt sind. Es wird z.B. gesagt werden können, dass die Farbe eines Flecks A ist und dann immer dunkler wird bis sie B wird.

 
   
                   (Ein Gleichnis gehört zu unserem Gebäude; aber wir können auch aus ihm keine Folgen ziehen; es führt uns nicht über sich selbst hinaus, sondern muss
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als Gleichnis stehen bleiben. Wir können keine Folgerungen daraus ziehen. So, wenn wir den Satz mit einem Bild vergleichen (wobei ja, was wir unter ‘Bild’ verstehen, schon früher // vorher // in uns festliegen muss), oder, wenn ich die Anwendung der Sprache mit der, etwa, des Multiplikationskalküls vergleiche.
                   Die Philosophie stellt eben alles bloss hin und erklärt und folgert nichts.)

 
   
                   Woher aber die Sicherheit, dass es sich zeigen muss? Da fehlt mir ein Ausdruck.

 
   
                   Denn nur, was sich in der Anwendung zeigt, ist ja die Bedeutung! Anderseits: Wenn man sagt “es muss sich in der Anwendung zeigen, dass das Wort diese Bedeutung hat”, ist das irreführend. Welche Bedeutung denn? – Und der Ausdruck, der diese Frage beantwortet, // der darauf antwortet, // muss die Anwendung enthalten // enthält die Anwendung // , die die Bedeutung zeigt.

 
   
                   Die Erklärung der Wortbedeutung ist
eine
die
Erklärung der Anwendung des Wortes.

 
   
                   Zu sagen, dass das Wort “rot” mit allen Vorschriften, die von ihm gelten, das bedeuten könnte, was tatsächlich das Wort “blau” bedeutet; dass also durch diese Regeln die Bedeutung nicht fixiert ist, hat nur einen Sinn, wenn ich die beiden Möglichkeiten der Bedeutung ausdrücken kann und dann sagen, welche die von mir bestimmte ist.

 
   
                   (Diese letztere Aussage ist aber eben die Regel, die vorher zur Eindeutigkeit gefehlt hat.)

 
   
                   Wie, wenn eine Sprache aus lauter einfachen und unabhängigen Signalen bestünde?! Denken wir uns diesen Fall: Es handle sich etwa um die Beschrei-
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bung einer Fläche, auf der in schwarz und weiss sich allerlei Figuren zeigen können. Wäre es nun möglich, alle möglichen Figuren durch unabhängige Symbole zu bezeichnen // kennzeichnen // ? (Ich nehme dabei an, dass ich nur über, sagen wir, 10000 Figuren reden will.) Wenn ich recht habe, so muss die ganze Geometrie in den Regeln über die Verwendung dieser 10000 Signale wiederkehren. (Und zwar ebenso, wie die Arithmetik, wenn wir statt 10 unabhängiger Zahlzeichen eine Billion verwendeten.)

 
   
                   Um eine Abhängigkeit auszudrücken, bedarf es einer Abhängigkeit.

 
   
                   Wenn man sagt: es muss sich doch in den Regeln für die Anwendung zweier Worte zeigen, wenn sie Dinge bezeichnen, die eine innere Verwandtschaft haben, so macht man hier den Fehler zu vergessen, dass ich ja von dieser Verwandtschaft der Bedeutung nur reden kann, wenn sie sich in der Erklärung – etwa der hinweisenden – der Bedeutung zeigt. Wenn ich also etwa sage “‘A’ bedeutet diese Farbe, ‘B’ diese”, so habe ich, welche Verwandtschaft immer in den Bedeutungen liegt // liegen mag // , in die Erklärung gelegt.

 
   
                   Die Anwendung der Sprache geht über diese hinaus, aber nicht die Deutung. Die Deutung vollzieht sich noch im Allgemeinen, als Vorbereitung auf jede Anwendung. Sie geht in der Sprachlehre vor sich und nicht im Gebrauch der Sprache.

 
   
                   Die Anwendung der Sprache geht über diese hinaus, aber nicht die Deutung. Die Deutung vollzieht sich noch im Allgemeinen, als Vorbereitung auf jede Anwendung. Sie geht in der Sprachlehre vor sich und nicht im Gebrauch der Sprache.

 
   
                   Wir reden von dem [R|r]äumlichen und zeitlichen Phänomen der Sprache. Nicht von einem unräumlichen und unzeitlichen Unding. Aber wir reden von ihr so, wie von den Figuren des Schachspiels, indem wir Regeln für sie tabulieren, nicht ihre physikalischen Eigenschaften beschreiben.

 
   
                   Wir können in der Philosophie auch keine grössere Allgemeinheit erreichen, als in dem, was wir in Leben und Wissenschaft sagen // aus-
260
sprechen. // (D.h., auch hier lassen wir alles, wie es ist.)

 
   
                   So ist eine aufsehenerregende Definition der Zahl keine // nicht die // Sache der Philosophie.

 
   
                   Die Philosophie hat es mit den bestehenden Sprachen zu tun und nicht vorzugeben, dass sie von einer abstrakten Sprache handeln müsse.

 
   
                   Ich kann mich doch offenbar von der Farbe führen lassen und zwar, wie ich mich durch Worte nicht führen lassen kann﹖– , weil ich nicht für alle Schattierungen Worte habe –﹖.

 
   
                   Was immer Beiläufiges beim Aussprechen des Satzes vor sich geht, ich muss mich dann nach ihm richten können. Und dabei wird sich die Bedeutung der Wörter zeigen; aber nicht so, als ob sie nun erst in der Handlung zum Vorschein käme. Denn sie kommt ja nur bei der Handlung zum Vorschein, die dem Satz entspricht. Und ob sie ihm entspricht, kann ja wieder nur auf Grund der Bedeutung der Wörter entschieden werden. Sondern bei der Entscheidung ob die Handlung dem Satz entspricht, zeigt sich die Wortbedeutung. D.h. beim Kollationieren der Tatsache gegen den Satz zeigt sich die Bedeutung.
                   Aber dieses Kollationieren ist eben unabhängig davon, ob der Satz stimmt oder nicht.

 
   
                   Soweit die Bedeutung der Wörter in der Tatsache (Handlung) zum Vorschein kommt, kommt sie (schon) in der Beschreibung der Tatsache zum Vorschein. (Sie wird also ganz in der Sprache bestimmt.)
                   (In/dem, was sich hat voraussehen lassen; worüber man schon vor dem Eintreffen der Tatsache reden konnte.)

 
   
                   “Bedeutung” kommt von “Ddeuten”.

261
 
   
                    Nun ist aber dieses Kollationieren, wie, auch der Begriff der Bedeutung ein Ueberbleibsel einer primitiven Anschauung.

 
   
                   Wenn ich etwa die wirkliche Sitzordnung an einer Tafel nach einer Aufschreibung kollationiere, so hat es einen guten Sinn beim Lesen jedes Namens auf einen bestimmten Menschen zu zeigen. S[i|o]llte ich aber etwa die Beschreibung eines Bildes mit dem Bild vergleichen und ausser dem Personenverzeichnis sagte die Beschreibung auch dass N den M küsst, so wüsste ich nicht, worauf ich als Korrelat des Wortes ‘küssen’ zeigen sollte. Oder, wenn etwa stünde “A ist grösser als B”, worauf soll ich beim Wort ‘grösser’ zeigen? – Ganz offenbar kann ich ja gar nicht auf etwas diesem Wort entsprechendes in dem Sinne zeigen, wie ich etwa auf die Person A im Bilde zeige.

 
   
                   Das Wort “ein gewisser” und seine Grammatik. Ein Beispiel, wie man Worte häuft um eine Bedeutung zu sichern, statt auf die Spielregeln zu achten. (Als wollte man dem Schachkönig ein wirkliches Gesicht anmalen, um ihm die richtige Wirkung zu sichern.)

 
   
                   Es gibt freilich einen Akt “die Aufmerksamkeit auf die Grösse der Personen richten”, oder auf ihre Tätigkeit, und in diesem Sinne kann man auch das Küssen und die Grössenverhältnisse kollationieren. Das zeigt, wie der allgemeine Begriff der Bedeutung entstehen konnte. Es geschieht da etwas Analoges, wie wenn das Pigment an Stelle der Farbe tritt.

 
   
                   Die deutsche, und jede, Sprache legt nicht nur Sprachformen fest, sondern sagt auch, was sie bedeuten sollen, fixiert ihre Bedeutung.

 
   
                   Was ein Satz ist, wird durch die Grammatik bestimmt. D.h., innerhalb der Grammatik.
                   (Dahin zielte auch meine “allgemeine Satzform”.)

262
 
   
                    “Ich kann das Wort ‘gelb’ anwenden” – ist das auf einer anderen Stufe als “ich kann Schach spielen”, oder “ich kann den König im Schachspiel verwenden”?

 
   
                   Denken wir wieder an die Intention, Schachb zu spielen. Ich setze mich hin und sage “nun wollen wir Schach spielen”. In gewissem Sinne habe ich mir damit vorgenommen, die Regeln des Schachspiels zu befolgen. Aber habe ich diese Regeln alle an mir vorbeipassieren lassen? Nein. – Ich habe z.B. nicht an die Regel des Rochierens gedacht. Nun kommt es aber zum Rochieren. Warum erkenne ich diese Regel als Regel des Schachspiels an? Weil sie im Schachbuch steht? Nein. Ich könnte mir ja denken, dass sie, wenn ich nachsehen will, in keinem Buch steht. – Weil ich sie mir vorgesetzt hatte? Nein, denn ich hatte nicht an sie gedacht. Es wird also auf andere Weise entschieden, ob eine Regel zum Schachspiel gehört, ob ich also meinem Vorsatz gefolgt bin oder nicht.
In der Gramma

 
   
                   In der Grammatik des Wortes “Schach” stehen auch die Schachregeln.

 
   
                   Wenn ich nun sage: das Schachspiel besteht in den Regeln: wo sind denn diese Regeln vorhanden. Ich erkenne ja die Autorität der Schachbücher nicht an, da ich es für möglich halte, dass sie nicht die Regeln enthalten, die ich meine.
                   Und mein Vorsatz wird ein anderer, wenn ich mir vornehme, die Regeln zu befolgen, welche immer es sein mögen, die ich in einem bestimmten Buche finde.

 
   
                   Kann man nun etwa sagen; mein Vorsatz sei der, zu tun, was ich an einer bestimmten Stelle meines Gedächtnisses finde?

263
 
   
                    Das heisst, es wird im Vorsatz ein bestimmtes Kriterium gegeben, wonach dann entschieden wird, ob etwas einer Schachregel gemäss ist. (Quasi der Begriff der Schachregel.)

 
   
                   Wenn ich daher sage, ich verstehe das Wort “ge[bl|lb]lb”, so werde ich auch erst später entscheiden, ob diese Verwendung der ursprünglichen Bedeutung gemäss ist, oder nicht. Denn nach einem Regelverzeichnis kann ich mich auch hier nicht richten. Denn wer weiss, was ich darin finde.

 
   
                   Ich kann nichts tun, als Regeln in einem Buche niederlegen.

 
   
                   Und das zeigt das Verhältnis, welches meine Tätigkeit zum Unmittelbaren hat.

 
   
                   Wenn ich z.B. sage, von der Verneinung gelten diese Regeln, so darf es keinen Sinn haben zu fragen: Woher weisst Du, dass Du noch immer vom Selben (der Verneinung im selben Sinne) sprichst.
                   Denn in diesem Sinne konstituieren die Regeln die Verneinung, wie die Schachregeln das Schach.

 
   
                   Wenn ich von ‘der Bedeutung’ des Wortes “Schach’ (oder “gelb”) rede, statt das Wort (bloss) zu gebrauchen, so setze ich dabei ein Regelverzeichnis voraus. Wenn ich ein Buch über
die
eine
Sprache schreibe, so muss das die Regeln enthalten, oder in andere Bücher eingreifen, die sie // die die Regeln // enthalten. (Ich meine “eingreifen”, wie ein Zahnrad ins andere.)

 
   
                   Ueber die Sprache sind nicht mehr Skrupeln berechtigt, als ein Schachspieler über das Schachspiel hat, nämlich keine.

264
 
   
                    Kann man eine Intention haben, ohne sie auszudrücken? Kann man die Absicht haben, Schach zu spielen (in dem Sinne, in welchem man apodiktisch sagt, “ich hatte die Absicht Schach zu spielen; ic ich muss es doch wiss es doch wissen”), ohne einen Ausdruck dieser Absicht? – Könnte man da nicht fragen: Woher weisst Du, dass das, was Du hattest, diese Absicht war?
                   Ist die Absicht, Schach zu spielen etwa wie die Vorliebe für das Spiel, oder für eine Person. Wo man auch fragen könnte: Hast Du diese Vorliebe die ganze Zeit oder etc. und die Antwortt ist, dass “eine Vorliebe haben” gewisse Handlungen, Gedanken und Gefühle einschliesst und andere ausschliesst

 
   
                   Muss ich nicht sagen: “Ich weiss, dass ich die Absicht hatte, denn ich habe mir gedacht ‘jetzt komme ich endlich zum Schachspielen’” oder etc. etc..

 
   
                   Es würde sich mit der Absicht in diesem Sinne auch vollkommen vertragen, dass // wenn // ich beim ersten Zug darauf käme, dass ich alle Schachregeln vergessen habe, und zwar so, dass ich nicht etwa sagen könnte “ja, als ich den Vorsatz hatte // fasste // , da hatte // habe // ich sie noch gewusst”.

 
   
                   Es wäre wichtig, den Fehler allgemein auszudrücken, den ich in allen diesen Betrachtungen zu machen neige // geneigt bin // . Die falsche Analogie, aus der er entspringt.

 
   
                   Eine der wichtigsten Aufgaben ist es ja, alle falschen Gedankengänge so charakteristisch auszudrücken, dass der Leser sagt “ja, genau so habe ich es gemeint”. Die Physiognomie jedes Irrtums nachzuzeichnen.

265
 
   
                    Wir können ja auch nur dann den Andern eines Fehlers überführen, wenn er anerkennt, dass dies wirklich der Ausdruck seines Gefühls ist. // … wenn er diesen Ausdruck (wirklich) als den richtigen Ausdruck seines Gefühls anerkennt. //

 
   
                   Nämlich, nur wenn er ihn als solchen anerkennt, ist er der richtige Ausdruck. (Psychoanalyse.)

 
   
                   Ich glaube, jener Fehler liegt in der Idee, dass die Bedeutung eines Wortes eine Vorstellung ist, die das Wort begleitet.
                   Und diese [C|K]onception hat wieder mit der des Bewusst-Seins zu tun. // [u|U]nd diese Conception steht wieder … in Verbindung. // Dessen, was ich immer “das Primäre” nannte.

 
   
                   Wenn ich nämlich über die Sprache – Wort, Satz etc. – rede, muss ich die Sprache des Alltags reden. – Aber gibt es denn eine andere?

 
   
                   Ist diese Sprache etwa zu grob, materiell, für das, was wir sagen wollen? Und kann es eine andere geben? Und wie merkwürdig, dass wir dann mit der [u|U]unseren dennoch // überhaupt // etwas anfangen können.

 
   
                   Es ist doch klar, dass jede Sprache die dasselbe leistet, dieselbe sein müsste. Dass also unsere gewöhnliche nicht schlechter ist als irgend eine andere.

 
   
                   Dass ich beim Erklären der Sprache (in unserem Sinne) schon die volle Sprache (nicht etwa eine [V|v]orbereitende, vorläufige) [A|a]nwenden muss, zeigt schon, dass ich nur Aeusserliches über die Sprache sagen // vorbringen // kann.

266
 
   
                    Ja, aber wie können uns diese Ausführungen dann befriedigen? – Nun, Deine Fragen waren ja auch schon in dieser Sprache abgefasst; mussten in dieser Sprache ausgedrückt werden, wenn etwas zu fragen war!

 
   
                   Und Deine Skrupel sind Missverständnisse.

 
   
                   Deine Fragen beziehen sich auf Wörter, so muss ich von Wörtern reden.

 
   
                   Man sagt: Es kommt doch nicht auf das // auf's // Wort an, sondern auf seine Bedeutung, und denkt dabei immer and die Bedeutung, als ob sie nun eine Sache von der Art des Worts wäre, allerdings vom Wort verschieden. Hier ist das Wort, hier die Bedeutung. (Das Geld, und die Kuh die man dafür kaufen kann. Anderseits aber: [d|D]das Geld, und sein Nutzen.)

 
   
                   Was der Andere anerkennt, ist die Analogie die ich ihm darbiete, als Quelle seines Gedankens.

 
   
                   Wenn ich sagte, in die Grammatik des Wortes “Schach” treten die Regeln des Spiels ein, so hätte ich statt dessen auch sagen können: das Wort “Schach” wird mit Hilfe der Regeln definiert. Seine Bedeutung durch diese Regeln erklärt.

 
   
                   Für den, der die Spielregeln vergessen hat, kann aber das Schach nicht auf diese Weise definiert sein, sondern, etwa, als ein das Brettspiel mit diesen Figuren. – Aber ist das wahr? Er wird doch, wenn ich ihm die Regeln in Erinnerung bringe, sie als die Regeln des Spiels anerkenne[,|n], das er gemeint hat.

267
 
   
                    Der Spieler, der die Intention hatte, Schach zu spielen, hatte sie schon dadurch, dass er zu sich etwa die Worte sagte “jetzt wollen wir Schach spielen”.
                   Ich will sagen, dass das Wort “Schach” eben auch (nur) ein Stein in einem Kalkül ist. Wird der Kalkül beschrieben, so müssen wir die Regeln tabulieren // tabuliert vor uns haben // , wird er aber angewandt, so wird jetzt gemäss der einen, dann gemäss der andern Regel vorgegangen, dabei kann uns ihr Ausdruck vorschweben, oder auch nicht.

 
   
                   Muss denn dem, der das Wort “Schach” gebraucht eine Definition des Wortes vorschweben? Gewiss nicht. – Gefragt, was er unter “Schach” versteht, wird er selber erst eine geben. Diese Definition ist selber ein bestimmter Schritt in seinem Kalkül.

 
   
                   Wenn ich ihn aber nun fragte: Wie Du das Wort ausgesprochen hast, was hast Du damit gemeint? Wenn er mir darauf antwortet: “ich habe das Spiel gemeint, das wir so oft gesp[ei|ie]lt haben etc., etc.”, so weiss ich, dass ihm diese Erklärung in keiner Weise beim Gebrauch des Wortes vorgeschwebt hatte, und dass seine Antwort meine Frage nicht in dem Sinn beantwortet, dass sie mir sagt, was, quasi, “in ihm vorging // vorgegangen ist // ”, als er dieses Wort sagte.

 
   
                   Denn die Frage ist eben, ob unter der “Bedeutung, in der man ein Wort gebraucht” ein Vorgang verstanden werden soll, den wir beim Sprechen oder Hören des Wortes erleben.

 
   
                   Die Quelle des Fehlers scheint die Idee vom Gedanken zu sein, der den Satz begleitet. Oder der seinem Ausdruck vorangeht. Dem Wortausdruck kann natürlich ein andrer Ausdruck vorangehen, aber für uns kommt der Unterschied // Artunterschied // dieser beiden Aus-
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drücke – oder Gedanken – nicht in Betracht. Und es kann der Gedanke unmittelbar in seiner Wortform gedacht werden.

 
   
                   “Er hat diese Worte gesagt, sich dabei aber dabei gar nichts gedacht.” – “Doch, ich habe mir etwas dabei gedacht”. – “Und zwar was denn?” – “Nun, das, was ich gesagt habe”.

 
   
                   Man muss sich aber hüten die Vorstellungen, die ein Wort begleiten, nebensächliche Begleiterscheinungen – sozusagen Abfallsprodukte – zu nennen. Sie können sehr wesentlich und wichtig sein, aber für uns sind sie nur von Interesse, insofern sie wieder Glieder eines Kalküls, also Symbole, sind. [u|U]nd als solche sind [d|s]ie den Worten gleichberechtigt // beigeordnet // , sind aber nicht “die Bedeutungen” der Worte.

 
   
                   “Dieses Wort hat doch eine ganz bestimmte Bedeutung”. Wie ist sie denn (ganz) bestimmt?

 
   
                   Es lässt sich ˇkein // Man kann keinen // Grund abgeben, weswegen man denken soll.
                   Es sei denn ein Grund, von der Art dessen, weswegen man essen soll.

 
   
                   Man kann einen Gedanken aus anderen begründen, aber nicht das Denken. Das, glaube ich, ist es, was unsere Untersuchung rein beschreibend macht.

 
   
                   Ich glaube, wenn einer sagt “ich weiss doch, was das Wort ‘gelb’ bedeutet”, so ruft er sich eine Vorstellung auf, oder er meint gar nichts. Oder aber er meint es ganz so, wie man sagt: “ich kann Schach spielen, aber nicht Dame”.

269
 
   
                    Wie, wenn man fragte: Wann kannst Du Schach spielen? Immer? oder während Du es sagst? aber während des ganzen Satzes? – Und wie seltsam, dass Schachspielen-Können so kurze Zeit braucht // dauert // und eine Schachpartie so viel länger!

 
   
                   Wenn ◇◇◇ nun “das Wort ‘gelb’ verstehen” heisst, es anwenden können, so
ist
besteht
die gleiche Frage: Wann kannst Du es anwenden. Redest Du von einer Disposition? Ist es eine Vermutung?

 
   
                   Kannst Du das Alphabet? Bist Du sicher? – Ja! – Ist das damit vereinbar, dass Du versuchen wirst es herzusagen und stecken bleiben wirst? – Ja!
                   Das ist doch der gleiche Fall, wie: “Kannst Du Deinen Arm heben?” In welchem Falle würde ich dies verneinen müssen, oder bezweifeln? Solche Fälle sind leicht zu denken.
                   Als Die Bestätigung dessen, dass wir den Arm heben können, sehen wir etwa ein in einem Zucken mit den Muskeln an, oder eine kleine einer kleinen Bewegung des Arms. Oder die geforderte in der gefordeten Bewegung selbst, jetzt ausgeführt, als Kriterium dafür, dass ich sie gleich darauf ausführen kann.

 
   
                   Das Können und Verstehen wird scheinbar als Zustand beschrieben, wie der Zahnschmerz, und das ist die falsche Analogie, unter der ich laboriere.

 
   
                   Der Gebrauch des Wortes “Tatsache” und “Tat”. – “Das war eine edle Tat”. – “Aber das ist ja nie geschehen”. –
                   Es liegt nahe, das Wort “Tat” so gebrauchen zu wollen, dass es nur dem wahren Satz entspricht. Man redet dann also nicht von einer Tat die nie // nicht // getan wurde. Aber der Satz “das war eine edle Tat” muss doch seinen Sinn behalten, auch wenn ich mich darin irre, dass geschehen ist,
270
was ich die Tat nenne. Und darin liegt bereits alles Wichtige und ich kann nur die Bestimmung treffen, dass ich die Wörter “Tat”, “Tatsache”, (etwa auch “Ereignis”) nur in einem Satz verwenden werde, der komplett, das VerBestehen dieser Tatsache behauptet.

 
   
                   (p & q) V (p & non-q) V (non-p & q) V (non-p & non-q): Das wird meine Tautologie, und ich würde dann nur sagen, dass sich jeder jedes “Satz Gesetz der Logik” nach bestimmten Regeln auf diese Form bringen lässt. Das heisst aber dasselbe,
als
wie
: sich von ihr ableiten lässt; und hier wären wir bei der Russell'schen Art der Demonstration angelangt und alles, was wir dazusetzen ist nur, dass diese Ausgangsform selber kein selbständiger Satz ist und dass dieses und alle anderen “Gesetze der Logik” die Eigenschaft haben p & Log = p, p V Log = Log.

 
   
                   Absurde Fragen, wie “wie lange braucht man dazu, Schach spielen zu können” sind einerseits absurd // sind es einerseits // , weil es Unsinn wäre, zu fragen “wie lange braucht man dazu, Zahnschmerzen zu haben”, anderseits rechtfertigen sie sich scheinbar, weil // hat sie schei ihre scheinbare Rechtfertigung darin, dass // sie die Dauer aus der Frage “wie lange dauert eine Schachpartie” in die Frage nach der Fähigkeit // dem Können // überträgt.

 
   
/Zu “Tat” und “Tatsache”/ Es wäre besser, die Einschränkung in dem Gebrauch dieser Wörter fallen zu lassen, da sie nur irreführend wirkt, und ruhig zu sagen “diese Tat ist nicht begangen worden”, “diese Tatsache besteht nicht”, “dieses Ereignis ist nicht eingetreten”.

 
   
                   Die Angabe // Beschreibung // der Verifikation eines Satzes ist ein Beitrag zu seiner Grammatik.

 
   
                   Wir haben es also (in der Logik) mit dem Verstehen des Satzes nicht zu tun; denn wir selbst müssen ihn verstehen, dass er für uns ein Satz
271
ist.

 
   
                   Es wäre ja auch seltsam, dass die Wissenschaft und die Mathematik die Sätze gebraucht, aber von ihrem Verstehen nicht spricht.

 
   
                   Man sieht in dem Verstehen das Eigentliche, im Zeichen das Nebensächliche. – Uebrigens, wozu dann das Zeichen überhaupt? – Nur um sich Andern verständlich zu machen? Aber wie ist das überhaupt möglich. – Hier wird das Zeichen als eine Art Medizin
betrachtet
behandelt
// angesehen // , dass im Andern die gleichen Magenschmerzen hervorrufen soll, wie ich sie habe.

 
   
                   In wiefern ist eine rote Tafel ein besseres Zeichen für rot, als das Wort ‘rot’?
                   (Versuch', das einmal ohne das Wort “rot” in den zwei ersten Plätzen zu sagen!)

 
   
                   Oder: heisst es etwas, zu sagen, dass das Wort ‘rot’, um ein brauchbares Zeichen zu sein, ein Suplement – etwa im Gedächtnis – braucht?
                   D.h., in wiefern ist es allein nicht Zeichen, und besteht nicht ein Irrtum, wenn wir glauben, dass noch etwas zur Erzeugung
des
dieses
Zeichens nötig ist?

 
   
                   (Das Wort ‘rot’ ist ein Stein in einem Kalkül und das rote Täfelchen ist auch einer.)

 
   
                   Ich möchte sagen, der Schritt, den wir bei der Erfüllung des Zeichens machen, kann auch nur beschrieben, nicht [g|b]ezeichnet werden.

 
   
                   Oder will ich sagen: die Identifizierung ist nur durch eine Beschreibung möglich?

272
 
   
                    Das Wahre am Idealismus ist eigentlich, dass der Sinn des Satzes aus e seiner Verifikation ganz hervorgeht.

 
   
                   Wenn der Idealismus sagt, der Baum sei nur meine Vorstellung, so ist ihm vorzuhalten, dass der Ausdruck “dieser Baum” nicht dieselbe Bedeutung hat wie “meine Vorstellung von diesem Baum”. Sagt der Idealismus, meine Vorstellung allein existiert, [,| (]hat Realität) nicht der Baum, so missbraucht er das Wort “existieren” oder “Realität haben”.
                   1.) Du scheinst ja hier zu sagen, dass die [v|V]orstellung eine Eigenschaft hat, die der Baum nicht hat. Aber wie weisst Du das? Hast Du alle Vorstellungen und Bäume daraufhin untersucht. Oder ist das ein Satz a priori, dann soll er in eine grammatische Regel gefasst werden, die sagt, dass man von der Vorstellung etwas Bestimmtes mit Sinn aussagen darf, nicht aber vom Baum. 2.) Was soll es aber heissen von einer Vorstellung Realität auszusagen? Dem Sprachgebrauch // Gebrauch // entsprechend höchstens // nur // , dass diese Vorstellung vorhanden ist. In anderm Sinne – freilich – sagen wir aber auch von einem Baum aus, er existiere (habe Realität) im Gegensatz zu dem Fall etwa, dass er bereits umgehauen ist. Und es bleibt nur übrig, dass das Wort “Baum” in der Bedeutung, in der man sagen kann “der Baum wird umgehauen und verbrannt” einer anderen grammatischen Kathegorie angehört, als der Ausdruck “meine Vorstellung vom Baum”, etwa im Satz: “Meine Vorstellung vom Baum wird immer undeutlicher”. Sagt aber der Realismus, die Vorstellungen seien doch “nur die subjektiven Bilder // Abbilder // der Dinge”, so ist zu sagen, dass dem eine falsche Analogie // ein falscher Vergleich // zwischen der Vorstellung von einem Ding und dem Bild des Dinges zu Grunde liegt. Und zwar einfach, weil es wohl möglich ist, ein Ding zu sehen und sein Bild (etwa nebeneinander), aber nicht ein Ding und die Vorstellung davon.
                   Es handelt sich um die Grammatik des Wortes ‘Vorstellung’ im Gegensatz zur Grammatik der ‘Dinge’.

273
 
   
                    Ja, was einen Satz erfüllt, kann in der Sprache nur durch einen Satz niedergelegt werden. Und wenn durch ein gemaltes oder plastisches // gestelltes // Bild, so ist dieses Bild ein Satz.

 
   
                   (Ich will sagen, ich kann mich auch nicht darüber beschweren, dass dieses Zeichen nicht die nötige Multiplizität hat, ausser in einer Sprache, die sie hat.)

 
   
                   Wenn ich eine Erfahrung mit den Worten beschreibe “vor mir steht ein blauer Kessel”, ist die Rechtfertigung dieser Worte, ausser der Erfahrung, die in den Worten beschrieben wird, noch eine andere, etwa die Erinnerung, dass ich das Wort ‘blau’ immer für diese Farbe verwendet habe, etc.?

 
   
                   Oder umgekehrt: Was, ausser dem Befehl, rechtfertigt die Handlung die ihm folgt?

 
   
                   Wenn ich jemandˇem sage “wenn ich läute, komm zu mir”, so wird er zuerst, wenn er läuten hört, sich diesen Befehl (das Läuten) in Worte übersetzen und erst den übersetzen befolgen. Nach einiger Zeit aber wird er das Läuten ohne Intervention anderer Zeichen in die Handlung übersetzen.
                   Und so, wenn ich sage “zeige auf einen roten Fleck”, befolgt er diesen Befehl, ohne dass ihm dabei zuerst das Phantasiebild eines roten Flecks als Zeichen für ‘rot’ erscheint.

 
   
                   Wenn er läutet, so komme ich zu ihm, ohne mir erst ein Bild meiner Bewegungen vorzustellen, wonach i[h|c]h [)|(]dann) handle.

 
   
                   Wenn er nun heute läutet, so kann (nicht muss) ich mich doch dran erinnern, dass er das auch gestern getan hat und ich auch gestern zu ihm gegangen bin. (Wie ich mich auch erinnern könnte, gestern auf das Läuten hin
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etwas anderes getan zu haben.) Und dann wäre diese Erinnerung auch ein Zeichen, dem ich folgen kann. – Der Befehl könnte auch lauten: tu heute, was Du gestern auf das Läuten (hin) getan hast. Und nun kann ich mich nach dem Erinnerungsbild richten; aber jetzt hat es keinen Sinn, eine weitere Anweisung dafür zu verlangen, wie ich mich nach diesem Bild richten soll. Und darin besteht eigentlich, was ich sagen will.

 
   
                   Wenn ich sage, jedes Bild braucht noch eine Interpretation, so heisst ‘Interpretation’ die Uebersetzung in ein weiteres Bild, oder in die Tat. Aber wie stimmt das mit der Behauptung überein, dass der Befehl seine Befolgung bestimmt – wird dem nicht dadurch widersprochen, dass man sagt, der Befehl müsse noch immer // immer noch // interpretiert werden (auch wenn er in Form eines Modells der Tat gegeben wäre)? Nein; bestimmt wird die Tat durch den Befehl nur insofern, als sie aus ihm ableitbar ist wie 5² aus x², x = 5.

 
   
                   Du beziehst von dem Befehl die Kenntnis dessen, was Du zu tun hast.
                   Und doch gibt Dir der Befehl nur sich selbst, und seine Wirkung ist gleichgültig.

 
   
                   Der Befehl sagt mir, was ich zu tun habe; er kann es mir nur in sich selbst mitteilen.
                   D.h., er muss alles, was wir mit dieser Mitteilung meinen, in sich haben.
                   Ich weiss, was ich zu tun habe, heisst eben nicht, dass es geschieht.

 
   
                   Das wird erst dann seltsam, wenn der Befehl etwa ein Glockenzeichen ist. – Denn, in welchem Sinne wird mir dieses Zeichen mitteilt, was ich
275
zu tun habe, ausser dass ich es einfach // eben // tue und das Zeichen da war ‒ ‒ ‒. Denn es ist auch nicht das, dass ich es erfahrungsgemäss immer tue, wenn das Zeichen gegeben wird.

 
   
                   Darum hat es ja auch ohne weiteres keinen Sinn, zu sagen: “Ich muss gehen, weil die Glocke geläutet hat”. Sondern, dazu muss noch etwas anderes gegeben sein.

 
   
                    / Normal – abnormal: Wir setzen die Norm fest und betrachten sie dann als etwas a priori Gegebenes.
Sie
Es
ist eine gegebene Form der Darstellung. /

 
   
                   Dieses andere ist, oder hängt damit zusammen, dass ich es mir – z.B. – vorgenommen habe, auf das
Glockensignal
Glockenzeichen
so zu handeln. Aber in dem Vorsatz // Vornehmen // geschah es ja auch nicht, dass ich so handelte, und wenn ich auch eine Handlung derselben Art ausführte, so führte ich doch meinen Vorsatz nicht aus und meine Handlung war ein weiteres Symbol.
                   Ich meine: Ich rede hier immer von “dieser Handlung” (oder sage, ich habe mir vorgenommen “so” zu handeln), aber damit kann ich doch
nur
höchstens
ein Bild von ihr geben.

 
   
                   (Aber auch das ist irreführend ausgedrückt. “Nur ein Bild von ihr”? Nur ein Bild wessen? – Hier stehen wir die Sache wieder so, als wäre die Tatsache ein Ding, etwa ein Mensch, der sich hier befinden kann, was dem entspricht, dass die Tatsache besteht, oder abwesend,
und auch
wenn auch
existent ist, und das soll nun dem entsprechen, dass diese Tatsache nicht besteht. // und das entspräche nun dem Fall, dass die Tatsache nicht besteht. // Denn, wenn ich sage: ich habe auch hier nur ein Bild von ihr, nicht sich selbst, so setzt das natürlich voraus, dass es Sinn hat, zu sagen, ich habe // hätte // sie selbst vor mir im Gegensatz zu einem // ihrem // blossen Bild. Aber
276
das könnte doch nur heissen, dass sie jetzt stattfindet und dass das nicht der Fall ist, ist ja zugegeben. // … dass sie jetzt stattfindet, was ich ja ausgeschlossen habe. // Der falsche Vergleich lässt es erscheinen, dass ich die Tatsache wahrnehmen könnte, auch wenn sie (noch) nicht eingetreten ist, wie ich einen Menschen sehen kann, auch wenn er nicht bei mir im Zimmer ist. Und dass die Tatsache in irgendwelchem Sinn besteht (intakt ist) auch wenn sie nicht eingetreten ist, wie ein Mensch auch in sich existiert, auch wenn er nicht hier ist.)

 
   
                   D.h., der Vorsatz // das Vornehmen // könnte entweder in Worten, oder Phantasiebildern bestehen, oder auch darin, dass ich eine Handlung wie die vorgenommene selbst ausführte.

 
   
                    / Wie unterscheidet sich denn das Vornehmen dieser Handlung vom Vornehmen einer anderen? /

 
   
                   Wenn ich nun bei einem weiteren Glockenschlag wieder so handle, so ist diese Wiederholung keine hypothetische, sondern ich wiederhole die Handlung bewusst. D.h., richte mich nach meiner Erinnerung.

 
   
                   Wenn immer ich über die Erfüllung eines Satzes rede, rede ich über sie im Allgemeinen. Ich beschreibe sie in irgend einer Form. Ja, es liegt diese Allgemeinheit schon darin, dass ich die Beschreibung zum Voraus geben kann und jedenfalls unabhängig von dem Eintreten der Tatsache.

 
   
                   (Das sind schwere grammatische Erkrankungen, die diese Sätze zeigen // anzeigen // .)

 
   
                   Wenn ich sage ich rede über die Erfüllung des Satzes im allgemeinen, so meine ich, ich rede mit Worten, die nicht für die-
277
se bestimmte // spezielle // Gelegenheit gemacht // hergestellt // sind.

 
   
                   Alles ist natürlich schon in den Worten “ich beschreibe die Tatsache” ausgedrückt // gesagt // . Und was ich machen kann ist nur, falsche Deutungen von diesem Satz // von diesem Ausdruck // fern zu halten. Falsche Vergleiche, die sich zudrängen, auszuschliessen.

 
   
                   Die oberen Sätze z.B. sind nur gut, weil sie die Krankheiten der Auffassung zeigen, und soweit sie sie klar zum Ausdruck // zur Anschauung // bringen. Die Heilung aber ﹖– ist das Aufzeigen des irreführenden Bildes, das zu diesen Sätzen führt –﹖.

 
   
                   Wenn man sagt, dass die Tatsache auf “allgemeine Art” beschrieben wird // Wenn wir sagen, dass wir die Tatsachen auf “allgemeine Art” beschreiben // , so setzen wir diese Art im Geiste einer andern entgegen. (Diese Entgegenstellung nehmen wir aber natürlich von wo anders her.) Wir denken uns, dass bei der Erfüllung etwas Neues entsteht und nun das ist, was früher nicht da war. Das heisst, wir denken an einen Gegenstand oder Komplex, auf den wir nun zeigen können, beziehungsweise, der sich nun selbst repräsentieren kann, während die Beschreibung nur sein Bild war. Wie wenn ich den Apfel, der auf diesem Zweig wachsen wird, zum Voraus gemalt hätte, nun aber er selber kommt. Man könnte dann sagen, die Beschreibung des Apfels war allgemein, d.h. mit Wörtern, Farben, etc.. bewerkstelligt, die schon vor dem Apfel und nicht speziell für ihn da waren. Gleichsam altes Gerümpel im Vergleich mit dem wirklichen Apfel. Vorläufer // Vorbilder // , die alle abdanken müssen, wenn der Erwartete (selber) kommt.

 
   
                   Aber der Erwartete ist nicht die Erfüllung, sondern: dass er gekommen ist.

278
 
   
                    Dieser Fehler ist tief in unserer Sprache verankert: Wir sagen “ich erwarte ihn” und “ich erwarte sein Kommen” und “ich erwarte, dass er kommt”.

 
   
                   Die Tatsache w[r|i]rd allgemein beschrieben heisst, sie wird aus alten Bestandteilen zusammengesetzt.
                   Sie wird beschrieben, das ist so, als wäre sie uns, ausser durch die Beschreibung, noch anders gegeben.

 
   
                   Hier wird die Tatsache mit einem Haus oder einem
sonstigen
andern
Komplex gleichgestellt.

 
   
                   Noch einmal der Vergleich: der Mensch tritt ein – die Tatsache das Ereignis tritt ein: Als wäre die Tatsache // das Ereignis // schon vorgebildet vor der Tür der Wirklichkeit und würde nun in diese eintreten, wenn sie es eintritt.

 
   
                   Komplex ist nicht gleich Tatsache. Denn von einem Komplex sage ich z.B., er bewege sich von einem Ort zum andern, aber nicht von einer Tatsache.
                   Dass aber dieser Komplex sich jetzt dort befindet, ist eine Tatsache

 
   
                   Man kann im Deutschen auch sagen “in diesem Zimmer bilden die drei Vasen ein Ornament” oder (wenn auch geschraubt) “in diesem Zimmer besteht die Tatsache, dass …”, und das ist gleichbedeutend mit: in diesem Zimmer befindet sich das Ornament (der Komplex) der drei Vasen.

 
   
                   “Wenn ein Komplex von Kugeln in diesem Raum liegt” heisst dasselbe wie “wenn Kugeln in diesem Raum in irgend einer // in einer beliebigen // Anordnung stehen”.

2
 
   
                    “Dieser Gebäudekomplex wird eingerissen” heisst so viel wie “die Gebäude, die so beisammenstehen, werden eingerissen”.

 
   
                   Die Blume, das Haus, das Sternbild nenne ich Komplexe, und zwar, von Ziegeln, von Blättern, von Sternen, etc..
                   Dass dieses Sternbild hier steht, kann allerdings durch einen Satz beschrieben werden, worin nur von seinen Sternen die Rede ist und das Wort ‘Sternbild’, oder sein Name, nicht vorkommen.

 
   
                   Aber das ist auch alles, was man von der Beziehung zwischen Komplex und Tatsache sagen kann. Und Komplex ist ein räumlicher Gegenstand, bestehend aus räumlichen Gegenständen. (Wobei der Begriff ‘räumlich’ einiger Ausdehnung fähig ist.

 
   
                   Ein Komplex besteht auf seinen Teilen, den gleichartigen Dingen, die ihn bilden. (Dies ist natürlich ein Satz der Grammatik über die Wörter ‘Komplex’, ‘Teil’ und ‘bestehen’.)

 
   
                   Zu sagen, ein roter Kreis bestehe aus Röte und Kreisförmigkeit, oder sei ein Komplex aus diesen Bestandteilen, ist ein Missbrauch dieser Wörter und irreführend, (Frege wusste dies).
                   Ebenso irreführend, zu sagen, die Tatsache, dass dieser Kreis rot ist (dass ich müde bin), sei ein Komplex aus den Bestandteilen Kreis und Röte; (aus [m|M]ir dem Ich und der Müdigkeit).

 
   
                   Auch ist das Haus nicht ein Komplex aus den Ziegeln und ihren räumlichen Beziehungen. D.h., auch dass ist gegen den richtigen Gebrauch der Worte // des Wortes // .

 
   
                   Man kann nun zwar auf eine Konstellation zeigen und sagen: diese
280
Konstellation besteht ganz aus
Bestandteilen,
Gegenständen,
die ich schon kenne; aber man kann nicht ‘auf eine Tatsache zeigen’ und diese sagen.

 
   
                   Ich kann nicht, mit dem Finger auf etwas zeigend, sagen: “schau Dir diese Tatsache an”. Denn dann würde der Andere mit Recht fragen “welche Tatsache?” und als Antwort müsste ein Satz kommen, der die Tatsache aussagt, und nicht etwa die Bemerkung “nun diese hier”, wie man antworten könnte auf die Frage “welche Blume // Konstellation // meinst Du?”

 
   
                   Der Ausdruck “eine Tatsache beschreiben” oder “die Beschreibung einer Tatsache” für die Aussage, die das Bestehen der Tatsache behauptet, ist auch irreführend, weil das so klingt, wie “das Tier beschreiben, das ich gesehen habe”.

 
   
                   Man sagt freilich auch “auf eine Tatsache hinweisen”, aber das heisst immer “auf die Tatsache hinweisen, dass …”. Dagegen heisst “auf eine Blume zeigen” (oder “hinweisen”) nicht, darauf hinweisen, dass diese
Blüte
Blume
auf diesem Stengel sitzt; denn von dieser Blüte und diesem Stengel braucht da gar nicht die Rede zu sein.

 
   
                   Ebensowenig kann es heissen, auf die Tatsache hinweisen, dass dort diese Blume steht.

 
   
                   Auf eine Tatsache hinweisen, heisst, etwas behaupten, aussagen. ‘Auf eine Blume hinweisen’ heisst das nicht.

 
   
                   Auch die Kette besteht (nur) aus ihren Gliedern, nicht aus ihnen und ihren // deren // räumlichen Beziehungen.

 
   
                   Die Tatsache, dass diese Glieder so zusammenhängen, besteht
281
aus gar nichts.

 
   
                   Die Wurzel dieser Verwechslung ist der verwirrende Gebrauch des Wortes “Gegenstand”.

 
   
                   Der Teil kleiner als das Ganze. Das gäbe auf die Tatsache und Konstituent angewandt eine Absurdität.

 
   
                   Man kann in der Logik die Allgemeinheit nicht weiter ausdehnen, als unsere logische Voraussicht reicht. Oder richtiger: als unser logischer Blick reicht.

 
   
                   Man kann nur scheinbar “über jede mögliche Erfahrung hinausgehen”; ja, dieses Wort hat auch nur scheinbar Sinn, weil es nach Analogie sinnvoller [a|A]usdrücke gebildet ist.

 
   
                   Die “Philosophie des Als Ob” beruht selbst // ganz // auf dieser Verwechslung zwischen Gleichnis und Wirklichkeit.

 
   
                   In den alten Riten haben wir den Gebrauch einer äusserst ausgebildeten Gebärdensprache.
                   Und wenn ich in Frazer lese, so möchte ich auf Schritt und Tritt sagen: Alle diese Prozesse, diese Wandlungen der Bedeutung, haben wir noch in unserer Wortsprache vor uns. Wenn das, was sich in der letzten Garbe verbirgt, der ‘Kornwolf’ genannt wird, aber auch diese Garbe selbst, und auch der Mann der sie bindet, so erkennen wir hierin einen uns wohlbekannten sprachlichen Vorgang.

 
   
                   Der Begriff der übersichtlichen Darstellung ist für uns von grundlegender Bedeutung. Er bezeichnet unsere Darstellungsform, die Art, wie
282
wir die Dinge sehen. (Eine Art der ‘Weltansch[u|a]uung’, wie sie scheinbar für unsere Zeit typisch ist. Spengler.)

 
   
                   Diese übersichtliche Darstellung vermittelt das Verstehen // Verständnis // , welches eben darin besteht, dass wir die “Zusammenhänge sehen”. Daher die Wichtigkeit der Zwischenglieder. // des Findens von Zwischengliedern. //

 
   
                   Die Hypothese kann so aufgefasst werden, dass sie nicht über die Erfahrung hinausgeht, d.h. nicht der Ausdruck der Erwartung künftiger Erfahrung ist. So kann der Satz “es scheint vor mir auf dem Tisch eine Lampe zu stehen” nichts weiter tun, als meine Erfahrung (﹖– oder, wie man sagt, unmittelbare Erfahrung –﹖) zu beschreiben.

 
   
                   Wie verhält es sich mit der Genauigkeit dieser Beschreibung. Ist es richtig zu sagen: Mein Gesichtsbild ist so kompliziert, es ist unmöglich es ganz zu beschreiben? Dies ist eine sehr fundamentale Frage.

 
   
                   Das scheint nämlich zu sagen, dass man von Etwas sagen könnte, es könne nicht beschrieben werden, oder nicht mit den jetzt vorhandenen Mitteln, oder (doch) man wisse nicht, wie es beschrieben. (Die Frage, das Problem, in der Mathematik.)
                   Wie ist denn das Es gegeben, das ich nicht zu beschreiben weiss? – Mein Gesichtsbild ist ja kein gemaltes Bild, oder der Ausschnitt der Natur, den ich sehe, und die Schwierigkeit nur, es in Worten darzustellen, oder soll es noch auf seine Artiukulation warten?

 
   
                   “Die Blume war von einem [r|R]ötlichgelb, welches ich aber nicht genauer (oder, nicht genauer mit Worten) beschreiben kann”. Was heisst das?
283

                   “Ich sehe es vor mir und könnte es malen”.
                   Wenn man sagt, man könnte diese Farbe nicht mit Worten genauer beschreiben, so denkt man (immer) an eine Möglichkeit einer solchen Beschreibung (freilich, denn sonst hätte das Wort // der Ausdruck // “genaue Beschreibung” keinen Sinn) und es schwebt einem dabei der Fall einer Messung vor, die wegen unzureichender Mittel nicht ausgeführt wurde.

 
   
                   Es ist mir nichts zur Hand, was diese oder eine ähnliche Farbe hätte.

 
   
                   Die eigentlichen Grundlagen seiner Forschung fallen dem Menschen gar nicht auf. Es sei denn, dass ihm dies einmal aufgefallen // zum Bewusstsein gekommen // ist. (Frazer etc. etc..)
                   Und das heisst, das Auffallendste (Stärkste) fällt ihm nicht auf.

 
   
                   Wollte man Thesen in der Philosophie aufstellen, es könnte nie über sie zur Diskussion kommen, weil Alle mit ihnen einverstanden wären.

 
   
                   Wenn man sagt, man könne das Gesichtsbild nicht ganz beschreiben, so meint man, man kann keine Beschreibung geben, nach der man sich dieses Gesichtsbild genau reproduzieren könnte.

 
   
                   Aber was heisst hier “genaue Reproduktion”? Hier liegt selbst wieder ein falsches Bild zu Grunde.

 
   
                   Was ist das Kriterium der genauen Reproduktion?

 
   
                   Wir können von dem Gesichtsbild nicht weiter reden, als unsere Sprache jetzt reicht. Und auch nicht mehr // weiter // meinen (denken) als unsere Sprache sagt // reicht // . (Nicht mehr meinen, als wir sagen
284
können.
)

 
   
                   Einer der gefährlichsten Vergleiche ist der des Gesichtsfelds mit einer gemalten Fläche (oder, was auf dasselbe hinauskommt, einem farbigen räumlichen Modell).

 
   
                   Hiermit hängt es zusammen: Könnte ich denn das Gesichtsbild “mit allen Einzelheiten” wiedererkennen? Oder vielmehr, hat diese Frage überhaupt einen Sinn?

 
   
                   Denn als [E|e]inwandfreiste Darstellung des Gesichtsbildes erscheint uns immer noch ein gemaltes Bild oder Modell. Aber, dass die Frage nach dem “Wiedererkennen in allen Einzelheiten” sinnlos ist, zeigt, schon, wie inadäquat Bild und Modell sind.

 
   
                   Man sagt “der Mensch nährt mich”, der mir Nahrung gibt, aber auch “die Nahrung nährt mich”.

 
   
                   “Ich sagte, ‘geh aus dem Zimmer’ und er ging aus dem Zimmer”.
                   “Ich sagte, ‘geh aus dem Zimmer’ und er ging langsam aus dem Zimmer”.
                   “Ichb sagte, ‘geh aus dem Zimmer’ und er sprang zum Fenster hinaus”.
                   Hier ist eine Rechtfertigung möglich, auch wo die Beschreibung der Handlung nicht die ist, die der Befehl gibt.

 
   
                   Ich kann gewiss sagen: “Tu jetzt, was Du Deiner Erinnerung nach gestern um diese Zeit getan hast”. Und wenn er sich daran erinnert, kann er seiner Erinnerung folgen. Erinnert er sich aber nicht, so hat der Befehl keinen Sinn für ihn.

 
   
                   Wäre dieser Befehl also wie der: “Tu, was auf dem Zettel in dieser
285
Lade aufgeschrieben steht”. Wenn in der Lade kein Zettel ist, so ist das kein Befehl.

 
   
                   Ist es nicht so: Wenn ich das Signal für eine Tätigkeit setze, so musste ich mir vornehmen können, dieses Signal so zu gebrauchen. Aber damit musste ich es bereits mit einem andern Symbolismus zusammenbringen.

 
   
                   Aber auch, wenn dieses Vornehmen so geschah, dass ich sagte, dieses Signal heisst // bedeutet // das, und führte dabei eine gewisse Tätigkeit aus, ﹖– so muss die Erinnerung an diese Tätigkeit später mit dem Zeichen zusammenwirken –﹖.

 
   
                   Ich kann vergessen, welche Farbe ein Wort bezeichnet und auch, wie eine bestimmte Farbe (etwa auf englisch) heisst.

 
   
                   Ich werde aufgefordert, mir die Farbe Orange vorzustellen und habe vergessen, was “orange” heisst // bedeutet // . Was geschieht hier? Und was geschieht, wenn ich mich nun wieder daran erinnere? Die Frage ist nämlich: wovon hängt es ab,
ob
dass
ich der Aufforderung, mir die Farbe A vorzustellen, folgen kann?

 
   
                   Noch eine Frage: Kann man von verschiedenen Interpretationen des Gedächtnisbildes sprechen? In welchem Sinne nicht?

 
   
                   Wenn das Wort ‘rot’, um Bedeutung zu haben, eine Vorstellung hervorrufen muss, die erst das eigentliche Bild ist, warum sollte es da nicht genügen, wenn das Wort, mit einer wirklichen Farbe konfrontiert, ein bestimmtes Gefühl, etwa einer Befriedigung, auslöste?

 
   
                   Sagte ich nicht, die Rechtfertigung müsste immer von der Art sein:
286
schwarz … ; also: mach' einen schwarzen Kreis …

 
   
                   Könnte denn die Rechtfertigung Lauten: “Du hast gesagt ‘bring’ etwas Rotes’ und dieses hier hat mir daraufhin ein Gefühl der Befriedigung erzeugt // gegeben // , darum habe ich es gebracht”?

 
   
                   Müsste man da nicht antworten: Ich habe Dir doch nicht geschafft, mir das zu bringen, was Dir auf Deine Worte hin ein solches Gefühl geben wird!

 
   
                   Aber gälte dieser Einwand nun auch, wenn ich geantwortet hätte: “Du hast doch gesagt, ich soll etwas Rotes bringen und da habe ich mich erinnert, dass Du das früher ‘rot’ genannt hast”. Ich glaube, hier gälte der Einwand nicht.

 
   
                   Ich konnte mich auf jeden Fall zur Rechtfertigung auf eine Tabelle der Farben mit ihren Namen berufen.

 
   
                   Es könnte aber auch sein, dass ich mich so einer Tafel widersetze und mich auf mein Gedächtnis (oder ist es etwas Andres?) berufe.

 
   
                   Heisst das nun, dass ich in meinem Gedächtnis gleichsam eine andere, anders lautende Tafel habe?! Und was rechtfertigt die Wahl zwischen diesen beiden?

 
   
                   Wenn ich jemandem sage “male das Grün Deiner Zimmertür nach dem Gedächtnis”, so bestimmt das, was er zu tun hat, nicht eindeutiger, als der Befehl “male das Grün, was Du auf dieser Tafel siehst”.

 
   
                   Wenn es bei der Bedeutung des Wortes “rot” auf das Bild ankommt,
287
das mein Gedächtnis beim Klang dieses Wortes automatisch reproduziert, so muss ich mich auf diese Reproduktion gerade so verlassen, als wäre ich determiniert, die Bedeutung durch Nachschlagen in einem Buche zu bestimmen, wobei ich mich diesem Buche quasi auf Gnade und Ungnade ergeben würde.

 
   
                   Das würde aber heissen: Die Bedeutung des Wortes ist, was mir in einer bestimmten Weise dabei einfällt.

 
   
                   Ich bin dem Gedächtnis ausgeliefert.

 
   
                   In irgend einem Sinn heisst es nichts “eine Farbe wiedererkennen.”
                   Und doch kann ich sagen: “Wo habe ich nur dieses Grün schon gesehen”, oder “diese Farbenzusammenstellung”.

 
   
                   Ich möchte sagen: Wiedererkennen lässt sich nur, was sich beschreiben lässt.

 
   
                   Und nun scheint “grün” die Beschreibung einer Farbe zu sein!

 
   
                   Es ist doch offenbar nicht unmöglich // undenkbar // , dass Einer die gelbe Blume so mit einem Phantasiebild sucht, wie ein Anderer mit dem färbigen Täfelchen, oder ein Dritter in irgend einem Sinne, mit dem Bild einer Reaktion, die durch das, was er sucht, hervorgerufen werden soll (Klingel).
                   Womit immer aber er suchen geht ([M|m]mit welchem Paradigma immer), nichts zwingt ihn, das als das Gesuchte anzuerkennen, was er am Schluss wirklich anerkennt, und die Rechtfertigung in Worten, oder andern Zeichen, die er dann von dem Resultat // Ergebnis // gibt, rechtfertigt wieder nur im Bezug auf eine andere Beschreibung in derselben Sprache.

 
   
                   Die Schwierigkeit ist, aufzuhören, ‘warum’ zu fragen (ich meine,
288
sich dieser Frage zu enthalten).

 
   
                   Es ist offenbar ein Unterschied: ob ich sage “dieser Streifen ist weiss”, oder “die Farbe dieses Streifens werde ich ‘A’ nennen”.

 
   
                   Eine ‘Interpretation’ ist doch wohl etwas, was in Worten gegeben wird! Es ist diese Interpretation im Gegensatz zu einer anderen (die anders lautet). – Wenn man also sagt “jeder Satz bedarf noch einer Interpretation”, so hiesse das: kein Satz kann ohne einen Zusatz verstanden werden, – was Unsinn ist. – Sagt man aber, jeder Satz sei noch einer Interpretation fähig, so heisst das, dass jedes Zeichen durch weitere Zusätze in Systeme von noch grösserer Multiplizität einzureihen ist. Und dies wäre, wenn überhaupt etwas, ein mathematischer Satz; wie er aber da steht, ist er, glaube ich, vague und bedeutungslos.

 
   
                   Wir können uns denken, dass jemand die Bedeutungen der Farbnamen aus einer Tabelle entnimmt, wo sie bei den entsprechenden Farben stehen, bis er, wie man sagt, die Tabelle im Kopf hat.

 
   
                   Das heisst doch wohl, dass etwas diese Tabelle jetzt ersetzt hat.

 
   
                   Könnte nicht, was ich früher gegen den Gebrauch einer solchen Tabelle eingewendet habe, gegen jede Rechnung eingewendet werden?

 
   
                   Wie ist es mit den beiden Sätzen: “dieses Blatt ist rot” und “dieses Blatt hat die Farbe, die auf Deutsch ‘rot’ heisst”? Sagen beide dasselbe?

 
   
                   Hängt das nicht davon ab, was das Kriterium dafür ist, dass eine Farbe auf Deutsch ‘rot’ heisst?

289
 
   
                    Kann man auch statt “hol' mir eine gelbe Blume” sagen: “hol' mir eine Blume, deren Farbe Du ‘gelb’ nennst”?

 
   
                   Wird der Ausdruck der Beschreibung nur von dem Beschriebenen abgeleitet, oder aus diesem und einer Tabelle, oder etwas dem Analoges.

 
   
                   Du befiehlst mir “bringe mir eine gelbe Blume”; ich bringe eine und Du fragst: “warum hast Du mir so eine gebracht?” Dann hat diese Frage nur einen Sinn, wenn sie zu ergänzen ist “und nicht eine von dieser (andern) Art”.
                   D.h., diese Frage gehört schon in // bezieht sich schon auf // ein System; und die Antwort muss sich auf das gleiche System bez[ei|ie]hen.

 
   
                   Auf die Frage “warum tust Du das auf meinen Befehl?” kann man fragen: “was?”
                   Da wäre es nun absurd zu fragen “warum bringst Du mir eine gelbe Blume, wenn ich Dir befohlen habe, mir eine gelbe Blume zu bringen”. Eher könnte man fragen “warum bringst Du eine rote Blume, wenn ich sagte, Du sollest eine gelbe bringen” oder “warum bringst Du ein dunkelgelbe auf den Befehl ‘bring' eine gelbe’?”

 
   
                   Wie kann man die Handlung von dem Befehl “hole eine Gelbe Blume” ableiten? – Wie kann man das Zeichen “5” aus dem Zeichen “2 + 3” ableiten?

 
   
                   Wie verhält es sich denn mit der ˇBe[Z|z]eichnung eines ganz bestimmten Tones von gelben. Da scheint es doch klar, dass die Wortsprache nicht genügt, jeden solchen Ton zu beschrieben, obwohl sie sagen kann, ein rötliches oder grünliches gelb u.s.w.?
                   Anderseits: Gib diesem Ton einen Namen und er steht auf gleicher Stufe, ist in keiner andern Lage, als das Wort “gelb” oder “rot”.

290
 
   
                    Ist es denn nicht denkbar, dass ein grammatisches System in der Wirklichkeit zwei (oder mehr) Anwendungen hat.

 
   
                   Ja, aber wenn wir das überhaupt sagen können, so müssen wir die beiden Anwendungen auch durch eine Beschreibung unterscheiden können.

 
   
                   Denken wir an zwei Anwendungen des grammatischen Farbenschemas, so können wir diese beschreiben. Aber das Wesentliche dieser Beschreibung ist, dass sie nur eine neue Multiplizität // ein neues System // von Zeichen beschreibt und nicht in irgend einem Sinne mit der Realität anknüpft, in einem Sinne, in welchem das Zeichen mehr als ein Zeichen wäre.
                   Woher aber (überhaupt) der Begriff eines solchen Sinnes?
                   Woher die Idee, dass wir das Gebiet der Zeichen verlassen könnten?

 
   
                   Kommt das nicht daher, dass wir, wie wir ich sagen möchten, mit gewissen Zeichen ganz vertraut sind? Abgesehen von den Sprachen die wir geläufig sprechen, sind uns viele Gebärden in diesem Sinne vertraut. Aber worin besteht diese Vertrautheit?
                   Ich winke Einem, und er kommt zu mir. Nehmen wir aber an, er verstünde diese
Sprache
Frage
nicht so leicht, nach einer Ueberlegung aber deutete er sie doch (richtig), so hätte er sie in Gedanken in eine Sprache übersetzt, die ihm geläufig // vertraut // ist.

 
   
                   Ist nicht der Grund, warum wir glauben, mit der hinweisenden Erklärung das Gebiet der Sprache, des Zeichensystems, zu verlassen, dass wir dieses Heraustreten aus dem Schriftzeichen mit einer Anwendung der Sprache, etwa einer Beschreibung dessen, was
wir sehen,
ich sehe,
verwechseln.

 
   
                   Man könnte fragen wollen: Ist es denn aber ein Zufall, dass ich zur Erklärung von Zeichen, also zur Vervollständigung des Zeichensystems, aus
291
den Schrift- oder Lautzeichen heraustreten muss? Trete ich damit nicht eben in das Gebiet, in dem // worin // sich dann das zu Beschreibende // das Beschriebene // abspielt? Aber dann ist // erscheint // es seltsam, dass ich überhaupt mit dem Schriftzeichen etwas anfangen kann. – Man fasst es dann (etwa) so auf, dass die Schriftzeichen bloss die Vertreter jener Dinge sind, auf die man zeigt. – Aber wie seltsam, dass so eine Vertretung möglich ist. Und es wäre nun das Wichtigste zu verstehen, wie denn Schriftzeichen die andern Dinge vertreten können.
                   Welche Eigenschaft müssen sie haben, die sie zu dieser Vertretung befähigt. Denn ich kann nicht sagen: statt Milch trinke ich Wasser und esse statt Brot Holz, indem ich das Wasser die Milch und Holz das Brot vertreten lasse.
                   Ich kann nun freilich doch sagen, dass das definiendum das definiens vertritt; und hier steht dieses hinter jenem, wie die Wählerschaft hinter ihrem Vertreter. Und in diesem Sinne kann man auch sagen, dass das in der hinweisenden Definition erklärte Zeichen den Hinweis vertreten kann, da man ja diesen wirklich in einer Gebärdensprache für jenes setzen könnte. Aber doch handelt es sich hier um eine Vertretung im Sinne einer Definition, denn die Gebärdensprache ist // bleibt // eine Sprache wie jede andere. Und das ist vielleicht der Succus dieser Betrachtung.
                   Ich möchte sagen: Von einem Befehl in der Gebärdensprache zu seiner Befolgung ist es ebensoweit, wie von diesem Befehl in der Wortsprache.

 
   
                   Denn auch die hinweisenden Erklärungen müssen ein für allemal gegeben werden.

 
   
                   D.h., auch sie gehören zu dem Grundstock von Erklärungen, die den Kalkül vorbereiten und nicht zu seiner Anwendung ad hoc.

 
   
                   Denn so sehe ich eine Sprache[ // |:] die Erscheinung einer Sprache // :
292
dass man sie lernt (ihre Grammatik, ihr Wörterbuch); und sie dann spricht.
                   Oder: dass es eine Lehre gibt, die von ihr handelt und Lehren, in denen sie gesprochen wird.

 
   
                   Die hinweisenden Erklärungen könnten alle in dem Buch der Sprachlehre gegeben werden. Sie gehören alle zur Sprachlehre.

 
   
                   Mit einem Draht nach einem Kurzschluss suchen; er ist gefunden, wenn es läutet. Aber suche ich dabei auch nach etwas, was der Idee des Klingelns gleich ist? u.s.w., u.s.w..

 
   
                   Ich kann doch sagen: “mische Farben nach denen, die ich die vormale”, aber nicht: “mische Farben nach den Wörtern, die ich Dir ansage” – wenn diese Wörter mir nicht schon bekannt sind. – Ich kann ebenso sagen “zeichne die Kurven, die ich Dir vorzeichne”; aber nur in gewissen Fällen: “zeichne die Kurven, die ich Dir ansage”.
                   Ist das aber nicht der Fall, den wir hätten, wenn wir verschiedene, komplizierte Wahrheitsfunktionen einerseits mit neuen Namen, anderseits durch die W-F-Notation bezeichnen?

 
   
                   “Mische Farben nach den Wörtern, die ich Dir sage” kommt natürlich auf dasselbe hinaus wie: “Mische eine Farbe nach dem Wort ‘A’”.

 
   
                   Das heisst doch, eine Farbe, die sich mit dem Wort ‘A’ rechtfertigen lässt.
                   In wiefern lässt sich denn aber eine Farbe durch eine Farbe rechtfertigen?

 
   
                   Wir stehen im Kampf mit der Sprache.

293
 
   
                    Das ganze Problem der Bedeutung der Worte ist darin aufgerollt, dass ich den A suche, ehe ich ihn gefunden habe. – Es ist darüber zu sagen, dass ich ihn suchen kann, auch wenn er in gewissem Sinne nicht existiert.
                   Wenn wir sagen, ein Bild ist dazu nötig, wir müssen in irgend einem Sinne ein Bild von ihm herumtragen, so sage ich: vielleicht; aber was hat es für einen Sinn, zu sagen, es sei ein Bild von ihm. Das hat also auch nur einen Sinn, wenn ich ein weiteres Bild von ihm habe, das dem Wort “ihm” entspricht.

 
   
                   Man sagt etwa: Wenn ich von der Sonne spreche, muss ich ein Bild der Sonne in mir haben. – Aber wie kann man sagen, dass es ein Bild der Sonne ist. Hier wird doch die Sonne wieder erwähnt, im Gegensatz zu ihrem Bilde. Und damit ich sagen kann: “das ist ein Bild der Sonne”, müsste ich ein weiteres Bild der Sonne besitzen, u.s.w..

 
   
                   Zu sagen, die Erinnerung ist ein Bild dessen, was wahr, hat nur Sinn, wenn ich das, was war, diesem Bild gegenüberstellen kann und die beiden etwa vergleichen. Das ist auch möglich, wenn man unter dem, was war, das Hypothetische versteht, aber nicht, wenn man darunter eben das versteht, was in der Erinnerung gegeben ist.

 
   
                   Wie seltsam, ich kann ihn suchen, wenn er nicht da ist, aber ich kann nicht auf ihn zeigen, wenn er nicht da ist. Das ist eigentlich das Problem des Suchens und zeigt den irreführenden Vergleich.
                   Man könnte sagen wollen: da muss er doch auch dabei sein, wenn ich ihn suche. – Dann muss er auch dabei sein, wenn ich ihn nicht finde, und auch, wenn es ihn nicht gibt.

 
   
                   Ihn (etwa meinen Stock) suchen, ist eine Art des Suchens und
294
unterscheidet sich davon, dass man etwas andres sucht, durch das, was man beim Suchen tut (sagt, denkt), nicht durch das, was man findet.

 
   
                   Und trage ich beim Suchen ein Bild mit mir oder eine Vorstellung, nun gut. Und sage ich das Bild sei das Bild des Gesuchten, so sagt das nur, welchen Platz das Bild im Vorgang des Suchens einnimmt. Und finde ich ihn und sage “da ist er! den habe ich gesucht”, so sind die letzten Worte nicht etwa eine Worterklärung für die Bezeichnung des [G|g]esuchten Gegenstandes (etwa für die Worte “mein Stock”), die erst jetzt, wo er gefunden ist, gegeben werden könnte // kann // . – Wie man das, was man wünscht, nach der Erfüllung des Wunsches nicht besser weiss, oder erklären kann, als vorher.

 
   
                   Man kann den Dieb nicht hängen ehe man ihn hat, wohl aber schon suchen.

 
   
                   “Du hast den den Menschen (auf ihn zeigend) gesucht? Wie war das möglich, er war doch gar nicht da!”

 
   
                   “Ich suche meinen Stock. – Da ist er!” Dies letztere ist keine Erklärung des Ausdrucks “mein Stock”, die für das Verständnis des ersten Satzes wesentlich wäre, und die ich daher nicht hätte geben können, ehe mein Stock gefunden war. Vielmehr muss der Satz “da ist er”, wenn er nicht eine Wiederholung der (au[f|c]h) früher möglichen Worterklärung ist, ein neuer synthetischer Satz sein.

 
   
                   Das Problem entspricht einer Verwechslung eines Wortes oder Ausdrucks mit dem Satz, der die Existenz, das Dasein, des Gegenstands behauptet.

 
   
                   “Den hast Du gesucht? Du konntest ja nicht einmal wissen, ob er da ist!” (Vergleiche dagegen das Suchen nach der Dreiteilung des Winkels.)

295
 
   
                    Auch haben wir hier die Verwechslung zwischen der Bedeutung und dem Träger eines Wortes. Denn der Gegenstand, auf den ich bei dem Worte “den” zeige, ist der Träger des Namens, nicht seine Bedeutung.

 
   
                   Kurz: ich suche den Träger des Namens, nicht
seine
dessen
Bedeutung // die Bedeutung des Namens // .
                   Aber anderseits: ich suche und hänge den Träger des Namens.

 
   
                   Man kann von dem Träger des Namens sagen, dass er (existiert oder) nicht existiert, und das ˇist natürlich keine Tätigkeit, obwohl man es mit einer verwechseln könnte und sagen, er müsse doch dabei sein, wenn er nicht existiert ([U|u]nd das ist von einem Philosophen bestimmt schon einmal geschrieben worden.)

 
   
                   (“Ich suche ihn”. – Wie schaut er aus”. – “Ich weiss es nicht aber (ich bin sicher) ich werde ihn wiedererkennen, wenn ich ihn sehe”.)

 
   
                   Man könnte nur sagen: Wenn er von der Sonne spricht, muss er ein visuelles Bild (oder Gebilde von der und der Beschaffenheit – rund, gelb, etc.) vor sich sehen. Nicht, dass das wahr ist, aber es hat Sinn, und dieses Bild ist dann ein Teil des Zeichens.

 
   
                   Ich gehe die gelbe Blume suchen. Auch wenn mir während des Gehens ein Bild vorschwebt, brauche ich es denn, wenn ich die gelbe Blume – oder eine andere – sehe? – Und wenn ich sage “sobald ich eine gelbe Blume sehe, schnappt, gleichsam, etwas in der Erinnerung // dem Gedächtnis // ein”: kann ich denn dieses Einschnappen eher voraussehen, erwarten, als die gelbe Blume? Ich wüsste nicht, warum. D.h., wenn es in einem bestimmten Fall wirklich so ist, dass ich nicht die gelbe Blume, sondern ein anderes (indirektes) Kriterium erwarte, so ist
dies
das
jedenfalls keine Erklärung des Erwartens.

296
 
   
                    Aber geht nicht mit dem Eintreffen des Erwarteten immer ein Phänomen der Zustimmung // Bejahung // (oder Befriedigung) Hand in Hand? Dann frage ich: Ist dieses Phänomen ein anderes, als das Eintreten des Erwarteten? Wenn ja, dann weiss ich ni[i|c]ht, ob so ein anderes Phänomen die Erfüllung immer begleitet. – Oder ist es dasselbe, wie die Erfüllung? Wenn ich sage: Der, dem die Erwartung erfüllt wird, muss doch ich sagen “ja, das ist es” (oder dergleichen), so kann man mir antworten: “gewiss, aber er muss doch wissen, dass die Erwartung erfüllt ist”. – Ja, soweit das Wissen dazu gehört, dass sie erfüllt ist. In diesem Sinne: wüsste er's nicht, so wäre sie nicht erfüllt. – “Wohl, aber, wenn einem eine Erwartung erfüllt wird, so tritt doch immer eine Entspannung auf!” – Woher weisst Du das? –

 
   
                   Es ist vielleicht am instruktivsten zu denken, dass, wenn wir mit einem gelben Täfelchen die Blume suchen, uns jedenfalls nicht die Relation der Farbengleichheit in einem weiteren Bild gegenwärtig ist. Sondern wir sind mit dem einen ganz zufrieden.

 
   
                   (So wie wir nicht für einen Augenblick daran dächten, ein Kind die Gebär[e|d]ensprache zu lehren.)

 
   
                   Wir könnten uns freilich denken, dass der, welcher mir das gelbe Täfelchen zum Suchen der Blume gibt, mir dabei auch das Wort “gleich” erklärte, indem er auf [F|f]arbengleiche Flecken zeigte. Ja, dass er mir zwei farbengleiche Täfelchen zur Erinnerung an diese Erklärung mitgäbe, oder aber auf einem Zettel den Satz “suche eine diesem Täfelchen gleichfärbige Blume”. Und das Wort “gleichfärbig” entspräche dann den beiden gleichfärbigen Täfelchen. Aber: Er hatte mir also seinen ersten Auftrag // Befehl // erklärt und diese Erklärung selbst bestand aus Zeichen, wie der Auftra[t|g] und diese Zeichen konnten also weiter erklärt werden. Jede Erklärung gesellt sich als Zeichen zu den schon vorhandenen und gibt nun eben ein anderes System (eine andere Multiplizi-
297
tät). (Keine Erklärung ist daher absolut wesentlich, macht das Zeichen zu einem Zeichen; und keine ist wesentlich die letzte.)

 
   
                   So kann ˇich die Bedeutung der Zeichen , , durch die Tabelle
!
!
!
!
!!! Kirche
Haus
Stadt

erklären; aber diese Tabelle wieder erklären, indem ich sie schreibe und sie einer anderen entgegenstelle:

 
   
                   Aber konnte denn auch die erste Erklärung wegbleiben? Gewiss, wenn die Zeichen , , , uns (etwa) ursprünglich ebenso beigebracht worden wären, wie die Wörter “Kirche”, “Haus”, “Stadt”. Aber diese mussten uns doch erklärtw werden! – Soweit sie uns überhaupt ‘erklärt’ wurden, geschah es durch eine Gebärdensprache, die uns nicht erklärt wurde. – Aber wäre denn diese Gebärdensprache einer Erklärung fähig gewesen? – Gewiss; z.B. durch eine Wortsprache.

 
   
                   Freilich kann man sagen: dasselbe Täfelchen ist in Wirklichkeit auch nicht massgebend, weil das Gedächtnis als Kontrolle des Täfelchens verwendet wird. Aber erstens ist das nicht wahr, wenn wir uns nach einem ganz bestimmten Farbton richten sollen (dann trauen wir oft dem Täfelchen und nicht dem Gedächtnis) und zweitens: Wie ist es mit der Relation zwischen dem, was das Gedächtnis gibt und dem, was ich, als ihm entsprechend, in der Wirklichkeit anerkenne? Trage ich von dieser Relation ein Bild herum?

 
   
                   Das Wort “gegeben”. Damit lässt sich viel Unfug anstellen. “Nur die Vorstellungen vom Baum sind mir gegeben, nicht der Baum selbst”. “Was ich mir erwarte, ist mir nur durch
eine
seine
Beschreibung gegeben”. “Das ist mir nur
298
in einer Beschreibung gegeben”. – “Was?!”
                   Das hängt unmittelbar mit der Vorstellung des letzten // vorigen // Satzes zusammen. Denn ich möchte fragen: Wie ist mir denn “das, der Erinnerung in der Wirklichkeit [e|E]ntsprechende”, gegeben? // Wie ist mir denn “das, dem Gedächtnis … geg [e|E]ntsprechende” gegeben? // Das Gedächtnis ist eben selbst eine Sprache.

 
   
                   Die Frage “wie ist mir denn das gegeben”, hat Sinn, wenn sie nach der Verifikation eines Satzes frägt, um seinen Sinn deutlich zu machen. Z.B. können wir sagen, die Länge dieses Körpers ist uns durch das Resultat einer Messung mit dem Masstab gegeben – nicht durch das Augenmass. Die Antwort auf die Frage “wie ist es mir gegeben” soll also die Bedeutung des “es” klarer machen, ist also eine grammatische Erklärung. (Wie ja vorauszusehen war, dass sie doch gewiss nicht durch einen Versuch zu lösen ist.)

 
   
                   Ich habe früher “das, was mir das Gedächtnis gibt” dem entgegengestellt, “was ich als das, ihm in der Wirklichkeit Entsprechende, anerkenne”. Aber das können doch nur zwei Symbole sein und solche, die sich ineinander übersetzen lassen, wenn sie überhaupt etwas miteinander zu tun haben. Oder ist es die Erinnerung (oder Erwartung) und die Erfüllung der Erwartung?

 
   
                   Ich wollte oben sagen, dass das Gedächtnis, auch wenn es zur Kontrolle des Täfelchens verwendet wird, im gleichen Fall ist, wie das Täfelchen. Dass nämlich auch hier von einer Interpretation (jener Relation “des im Gedächtnis Gegebenen zu …”) die Rede sein könne und gefragt werden kann, ob ein Ausdruck dieser Interpretation dem, nach dem Gedächtnis Suchenden, mitgegeben werden müsste.

 
   
                   Könnte ich behaupten, dass mein Gedächtnis immer etwas nachdunkle?
                   Jedenfalls könnte ich sagen: “wähle die Farbe, die Du im Gedächt-
299
nis hast” und auch “wähle eine etwas dunklere Farbe, als die Du im Gedächtnis hast”. Von einem Nachdunkeln kann man natürlich ˇnur im Vergleich zu Etwas // etwas andrem // sprechen und es genügt nicht, zu sagen “nun, mit der Farbe, wie sie wirklich war”, weil hier die besondere Art der Verifikation, d.h., die (besondere) Grammatik der Worte “wie sie war” noch nicht festgelegt ist, diese Worte (also) noch mehrdeutig sind.

 
   
                   Die Frage aber ist: Ist im Falle einer relativen Veränderung der Farbe des Täfelchens zu meinem Gedächtnis (ein gewagter Ausdruck) in irgend einem Sinne unbedingt der Deutung der Vorzug zu geben, das Täfelchen habe sich geändert und ich müsse mich also nach dem Gedächtnis richten? Offenbar nein. Uebrigens besagt die ‘Deutung’, das Täfelchen und nicht das Gedächtnisbild habe sich verändert, nichts als eine Worterklärung der Wörter “verändern” und “gleichbleiben”.

 
   
                   (Ueber einem Musikstück steht, vom Komponisten drübergeschrieben gleich = 88, aber um es heute richtig zu spielen, muss es = 94 gespielt werden; welches ist das vom Komponisten gemeinte Tempo.)

 
   
                   Man könnte auch so sagen: Wenn meine Absicht dahin geht, etwas dunkleres oder helleres zu malen (oder zu finden), als das Täfelchen mir zeigt, so ist die Relation des Gefundenen zum Paradigma keine weniger direkte // unmittelbare // , als die der Farbengleichheit. Oder: Wenn der Auftrag lautet: “bringe mir eine dunklere Blume, als dieses Täfelchen ist”, so spielt bei dem Suchen das Täfelchen keine andre Rolle (wird nicht indirekter angewendet), als in dem früher angenommenen Fall.

 
   
                   Und das zeigt auch, dass die Erinnerung // das Gedächtnis // noch einer Interpretation fähig ist.
300

                   Denn, wenn ich sage “die Blume soll die gleiche Farbe haben, wie die, die Du im Gedächtnis hast”, so zeigt das Wort “gleiche” schon,
wo
wie
die Interpretation ansetzen kann.
                   (Und ich könnte eine Sprache festlegen in der das Weglassen jeder solchen Bestimmung, also “die Blume soll die Farbe des Täfelchens haben”, eben das bedeutet, was jetzt der Satz mit der Bestimmung “dunkler als” sagt.)

 
   
                   Alle Erklärung scheint hier aufzuhören. Freilich, wir sind ja gar nicht im Gebiete der Erklärungen.

 
   
                   Beim Versteckenspiel erwarte ich, den Fingerhut zu Finden. Wenn ich ihn finde, gebe ich ein Zeichen der Befriedigung von mir, oder ich fühle do[h|c]h (eine) Befriedigung. Dieses Phänomen mag ich auch erwartet haben (oder auch nicht), aber diese Erwartung ist nicht die, den Fingerhut zu finden. Ich kann beide Erwartungen haben und die sind offenbar ganz getrennt.

 
   
                   Ich erwarte mir, eine gelbe Blume zu finden, dabei schwebt mir das Bild einer gelben Blume vor. Könnte mir nicht dabei das Bild einer roten vorschweben – also einer nicht-gelben Blume?

 
   
                   Es ist nicht so, dass wir eine Unbe[g|f]riedigung // das Phänomen einer Unbefriedigung //
bemerken
spüren // merken
, die dann durch finden des Fingerhutes aufgehoben wird // vergeht // , und nun sagen: “also war jenes Phänomen die Erwartung des Fingerhutes // den Fingerhut zu finden // ”.
                   Nein, das erste Phänomen ist die Erwartung des Fingerhutes // den Fingerhut zu finden // so sicher,
wie
als
das zweite das Finden des Fingerhutes ist. Das Wort “Fin[v|g]erhut” // [d|D]er Ausdruck “finden des Fingerhuts” // gehört zu der Beschreibung des ersten so notwendig, wie zur Beschreibung des zweiten. Nur verwechseln wir nicht “die Bedeutung des Wortes ‘Fingerhut’” (den Ort dieses Worts im grammatischen Raume) mit der Tatsache, dass ein Fingerhut hier
301
ist.

 
   
                   Der Gedanke, dass uns (erst) das Finden zeigt // sagt // , was wir erwartet haben, heisst, de[m|n] Vorgang so beurteilen, wie etwa die Symptome der Erwartung bei einem Andern. Ich sehe ihn etwa unruhig auf und ab gehen; da kommt jemand zur Tür herein und er wird ruhig und gibt Zeichen der Befriedigung; und nun sage ich: “er hat offenbar diesen Menschen erwartet”.

 
   
                   Die ‘Symptome der Erwartung’ sind nicht der Ausdruck der Erwartung.
                   Und zu glauben, ich wüsste erst nach dem Finden, was ich gesucht (nach der Erfüllung, was ich gewünscht) habe, läuft auf einen unsinnigen Be “behaviourism” hinaus.

 
   
                   “Ich wünsche mir eine gelbe Blume”. – Ja, ich gehe und suche Dir eine gelbe Blume. Hier habe ich eine gefunden”. – Gehört die Bedeutung von “gelbe Blume” mehr zum letzten Satz, als zu den zwei vorgehenden?

 
   
                   Worin besteht das Suchen einer gelben Blume? Nun, ich gehe umher, sehe mir die Blumen an und – wenn ich eine gelbe Blume sehe, pflücke ich sie etwa.

 
   
                   Wir haben uns eben ausserhalb (des Bereichs) aller Erklärung gestellt.

 
   
                   Wir können nur beschreiben, da uns kausale Zusammenhänge, d[a|.]i. die tatsächliche Folge der Vorgänge, nicht interessiert (da wir hierin bereit sind, alles zu glauben). Und die Zusammenhänge, die dann bleiben, sind formelle, die sich nicht beschreiben lassen, sondern sich in der Grammatik ausdrücken.

302
 
   
                    Worin besteht es, sich eine gelbe Blume zu wünschen? Wesentlich darin, dass man in dem, was man sieht, eine gelbe Blume vermisst. Also auch darin, dass man erkennt, was in dem Satz ausgedrückt ist “ich sehe jetzt keine gelbe Blume”. (﹖)

 
   
                   Dieser Satz ist aus der Ansicht hervorgegangen, dass der sinnvolle Gebrauch des Ausdrucks “gelbe Blume” zwar nicht das Sehen einer gelben Blume, wohl aber die [g|G]egenwärtigkeit des Farbenraumes voraussetzt. Ich will sagen: wenn ich über eine gelbe Blume rede, muss ich zwar keine sehen, aber ich muss etwas sehen und das Wort “gelbe Blume” hat quasi nur in Uebereinstimmung ˇmit oder im Gegensatz zu dem Bedeutung, was ich sehe. Seine Bedeutung würde quasi nur von dem aus bestimmt, was ich sehe, entweder als das, was ich sehe, oder als das, was davon in der und der Richtung so und so weit weg liegt. Hier meine ich aber weder Richtung noch Distanz räumlich im gewöhnlichen Sinn, sondern es kann die Richtung von Rot nach Blau und die Farbendistanz von Rot auf ein bestimmtes Blaurot gemeint sein. – Aber auch so stimmt meine Auffassung nicht. Es ist schon richtig, dass der Satz “ich wünsche eine gelbe Blume” den Gesichtsraum voraussetzt, nämlich nur insofern, als er in unserer Sprache voraussetzt, dass der Satz “ich sehe jetzt eine gelbe Blume” und sein Gegenteil Sinn haben muss. Ja, es muss auch Sinn haben, oder vielmehr, es hat auch Sinn, zu sagen “das Gelb, was ich mir wünsche, ist grünlicher als das, welches ich sehe”. Aber anderseits wird der grammatische Ort des Wortes “gelbe Blume” nicht durch eine Massangabe, bezogen auf das, was ich jetzt sehe, bestimmt. Obwohl, soweit von einer solchen Entfernung und Richtung die Rede überhaupt sein kann, durch die Beschreibung des gegenwärtigen Gesichtsbildes und des [g|G]ewünschten diese Entfernung und Richtung im grammatischen Raum gegeben sein muss.

 
   
                   Die Bedeutung des Wortes “gelb” ist nicht die Existenz eines gelben Flecks: Das ist es, was ich über das Wort “Bedeutung” sagen möchte.

303


 
   
                    Was die Erklärung des Pfeils betrifft, so ist es klar, dass man sagen kann: “Dieser Pfeil bedeutet // sagt // nicht, dass Du dorthin (mit der Hand zeigend) gehen sollst, sondern dahin.” – Und ich würde diese Erklärung natürlich verstehen. –
                   Das müsste man (aber) dazuschreiben”.

 
   
                   Unmittelbare Erfahrung (Sinnes[d|-]Datum) ist entweder ein Begriff von trivialer Abgrenzung oder eine Form.

 
   
                   Ich will doch sagen: Die ganze Sprache kann man nicht interpretieren.
                   Eine Interpretation ist immer nur eine im Gegensatz zu einer and andern. Sie hängt sich an das Zeichen und reiht es in ein weiteres System ein.

 
   
                   Ist es nun notwendig zur Interpretation, Erklärung, des Wortes ‘gelb’ auf einen gelben Gegenstand zu zeigen? Könnte man nicht z.B. auf einen blauen zeigen mit den Worten “das ist gelb”, auf einen grünen und sagen “das ist rot”, u.s.w., immer auf den Namen der Complementärfarbe nennend. Dass dadurch ein Missverständnis hervorgerufen würde, ist zwar klar, aber wäre diese Erklärung nicht im gleichen Fall, wie etwa die: Es zeigt einer mit dem Finger in eine Richtung und sagt, das ist ‘rot’ und erklärt // benennt // dadurch die Farbe des Gegenstandes, der in der entgegensetzen Richtung liegt. Auch diese Erklärung würde Missverständnisse hervorrufen, wäre aber so einwandfrei wie der Zeiger einer Uhr der so auf 6 zeigt.

 
   
                   Es ist also richtig: “Ich erinnere mich daranˇ an das, was ich hier von mir sehe.. Das Bild ist dann in einem gewissen Sinne gegenwärtig und vergangen.

304
 
   
                    Der Vorgang des Vergleiches eines Bildes mit der Wirklichkeit ist also der Erinnerung nicht wesentlich.

 
   
                   Wenn man mir sagt “bringe eine gelbe Blume und ich stelle mir vor, wie ich eine gelbe Blume hole, so habe ich bewiesen, dass ich den Befehl verstanden habe. Aber ebenso, wenn ich ein Bild des Vorgangs malte. – Warum? Wohl, weil ich das, was ich tue, mit Worten des Befehls beschrieben werden muss. Oder soll ich sagen, ich habe tatsächlich einen (dem ersten) verwandten Befehl ausgeführt.

 
   
                   Warum sieht man es als einen Beweis dafür an, dass ein Satz Sinn hat, dass ich mir, was er sagt, vorstellen kann? Weil ich diese Vorstellung mit einem dem ersten verwandten Satz beschreiben müsste.
                   Ich habe ja damit nur den Satz in einem primitiven Symbolismus wiederholt.

 
   
                   Ist aber daher kein Unterschied zwischen Bild und Bild? Symbol und Symbol?

 
   
                   ”Ich stelle mir vor, wie das sein wird?” (wenn der Sessel weiss gestrichen sein wird) – wie kann ich es mir denn vorstellen, wenn es nicht ist?! Ist denn die Vorstellung eine Zauberei? Nein, die Beschreibung der Vorstellung ist (ja[,|)] nicht dieselbe, wie die Beschreibung des erwarteten Ereignisses.

 
   
                   Wie kann man kalkulieren dass 3 + 2 = 5 ist?! da doch ‘5’ zu ‘3 + 2 keine interne Beziehung hat? Es geht auch nur auf einem Weg, der diese Beziehung herstellt.

 
   
                   Der Satz ist der Tatsache so ähnlich wie das Zeichen ‘5’ dem
305
Zeichen ‘3 + 2’. Und das gemalte Bild der Tatsache, wie ‘!!!!!’ dem Zeichen ‘!! + !!!’.

 
   
                   Wenn man sagt: Ich stelle mir die Sonne vor, wie sie rasch über den Himmel zieht; so ist doch nicht die Vorstellung damit beschrieben, dass “die Sonne über den Himmel zieht”! Nun könnte ich einerseits fragen: ist nicht, was Du vor Dir siehst, eine gelbe Scheibe in Bewegung? aber doch nicht gerade die Sonne. – Andrerseits, wenn ich sage “ich stelle mir die Sonne in dieser Bewegung vor”, so ist das nicht dasselbe, wie wenn ich (etwa kinematographisch) ein solches Bild zu sehen bekäme.
                   Ja, es hätte Sinn, von diesem Bild zu fragen: “stellt das die Sonne vor?”

 
   
                   Ueber das Vorstellen als Beweis des Sinnes: Wenn es Sinn hat, zu sagen “ich kann mir vorstellen, dass p der Fall ist”, so hat es auch Sinn zu sagen “p ist der Fall”.

 
   
                   Was heisst es denn “entdecken, dass ein Satz Sinn hat”? Oder fragen wir so: Wie kann man denn die Unsinnigkeit eines Satzes (etwa: “dieser Körper ist ausgedehnt”) dadurch bekräftigen, dass man sagt: “Ich kann mir nicht vorstellen, wie es anders wäre”?
                   Denn, kann ich etwa versuchen, es mir vorzustellen? Heisst es nicht: Zu sagen, dass ich es mir vorstelle, ist sinnlos? Wie hilft mir dann also diese Umformung von einem Unsinn in einen andern? – Und warum sagt man gerade: “ich kann mir nicht vorstellen, wie es anders wäre”? und nicht – was doch auf dasselbe hinauskommt – “ich kann mir nicht vorstellen, wie das wäre”?
                   Man anerkennt scheinbar in dem unsinnigen Satz etwas wie eine Tautologie, zum Unterschied von einer Contradiction. Aber das ist ja auch falsch. – Man sagt gleichsam: “Ja,
er
es
ist ausgedehnt, aber wie könnte es denn
306
anders sein? also, wozu es sagen?”.
                   Es ist dieselbe Tendenz, die uns auf den Satz “dieser Stab hat eine bestimmte Länge” nicht antworten lässt “Unsinn!”, sondern: “Freilich!”
                   Was ist aber der Grund (zu) dieser Tendenz? Sie könnte auch so beschrieben werden: wenn wir die beiden Sätze “dieser Stab hat eine Länge” und seine Verneinung “dieser Stab hat keine Länge” hören, so sind wir parteiisch und neigen dem ersten Satz zu (statt beide für Unsinn zu erklären).
                   Der Grund hiervon ist aber eine Verwechselung: Wir sehen den ersten Satz verifiziert (und den zweiten falsifiziert) dadurch, “dass der Stab 4 m hat”. Und man wird sagen: “und 4 m ist doch eine Länge” und vergisst, dass man hier einen Satz der Grammatik hat.

 
   
                   Wenn man manchmal sagt: man könne das Helle nicht sehen, wenn man nicht das Dunkle sähe; so ist das kein Satz der Physik oder Psychologie – denn hier stimmt es nicht und ich kann sehr wohl eine ganz weisse Fläche sehen und nichts Dunkles daneben – sondern es muss heissen: Es hat keinen Sinn in unserer Sprache von Helligkeit zu reden, wenn es nicht Sinn hat, von etwas Dunklem zu reden.

 
   
                   Was heisst es denn “entdecken, dass ein Satz keinen Sinn hat”?
                   Und was heisst das: “wenn ich etwas damit meine, muss es doch Sinn haben”?
                   “Wenn ich etwas damit meine …” – wenn ich was damit meine?!

 
   
                   Was heisst es: “Wenn ich mir etwas dabei vorstellen kann, muss es doch Sinn haben”?
                   Wenn ich mir was dabei vorstellen kann? Das was ich
sagte?
sage?
– Das heisst nichts. // Dann heisst dieser Satz nichts. // – Und Etwas’? Das würde heissen: [w|W]enn ich die Worte auf diese Weise benützen kann, dann haben sie Sinn. Oder eigentlich: wenn ich sie zum Kalkuli[r|e]ren benütze, dann haben
307
sie Sinn.

 
   
                   (Philosophie versteht niemand: Entweder er versteht nicht was geschrieben ist, oder er versteht es: aber nicht, dass es Philosophie ist.)

 
   
                   “Du hast mit der Hand eine Bewegung gem[q|a]cht; hast Du etwas damit gemeint? – Ich dachte, Du meintest, ich solle zu Dir kommen”.
                   Die Frage ist ob man fragen darf “was hast Du gemeint”. Auf diese Frage (aber) kommt ein Satz zur Antwort. Während, wenn man so nicht fragen darf, das Meinen – sozusagen – amorph ist. Und “ich meine etwas mit dem Satz” ist dann von derselben Form wie “
dieser
der
Satz ist nützlich”, oder “dieser Satz greift in mein Leben ein”.

 
   
                   Wenn man nun fragt “hast Du etwas mit dieser Handbewegung gemeint”, so kann die Antwort sein “nein, ich hab' gar nichts damit gemeint”, oder “ja, ich habe etwas gemeint”. Und in diesem Falle wird man fragen “was?” und die Antwort werden etwa Worte sein // wird ˇetwa aus Worten bestehen // .

 
   
                   Könnte man aber antworten: “ich habe etwas mit dieser Bewegung gemeint, was ich nur durch diese Bewegung ausdrücken kann”?

 
   
                   Ich scheine sagen zu wollen: Verstehen, heisst nur, eine
gewisse
bestimmte
Art (von) Zeichen zu erfassen (zu erhalten).

 
   
                   “Nein, ich hab' nichts mit dieser Bewegung gemeint. Ich hab' sie ganz willkürlich gemacht”. Oder aber: “Ja, ich habe etwas gemeint, ich wollte, dass Du kommst”.
                   Aber dann war dieses Wollen, dass der Andre kommen soll, ein besonderer Vorgang. Das heisst, da ich habe jetzt den ganzen Vorgang in den Satz übersetzt “ich wollte, dass Du kommst”. Aber er war nun doch wieder nur
308
ein Zeichen.

 
   
                   Auf die Frage “was meinst Du” müsste die Antwort die Erklärung des Zeichensystems sein, zu dem das gegebene Zeichen gehört. – Und durch die Antwort “ich meine, dass Du kommen sollst” ist ja auch nur eben das getan, denn das Zeichen wurde jetzt in einen Satz einer uns bekannten Sprache übersetzt. Und eine Sprache ist uns nur verständlich, weil wir sie, ihr System, kennen. Denn alle Erklärung kann nichts tun, als uns die Sprache kennen lehren.

 
   
                   Aber dieser letzte Satz ist mit Vorsicht aufzufassen // aufzunehmen // . Denn, kann man sagen, wir verstünden die Gebärdensprache, weil wir ihr System kennen? Ja und nein.

 
   
                   Der Vorgang könnte auch so sein, dass nach der Antwort “ja, ich habe etwas mit der Bewegung gemeint” und der Frage “was?” die Antwort kommt // lautet // : “Du weisst's schon, // “Du Ich brauch' es nicht zu sagen, // Du verstehst mich schon”.
                   Und diese Antwort zeigt am klarsten das Wesen des Verstehens, denn wenn nun der Andere auf einmal versteht, was gemeint war, so sieht er in dem Zeichen jetzt eines im Gegensatz zu anderen. Wenn er es nun deutet, so deutet er es so im Gegensatz zu anders.

 
   
                   Die Erklärung: “Hast Du mich denn nicht verstanden; ich habe auf ihn gezeigt” erklärt ein System, denn
sie
es
erklärt, aus welchem Gesichtspunkt ich das Zeichen hätte auffassen sollen.
                   “Schau doch, auf wen
ich zeige
er zeigt
!”

 
   
                   Ich bin nun immer zu dem Fehler geneigt, zu glauben, ein System könnte ausserhalb seines Ausdrucks, in der Grammatik etwa, existieren.
309
// … seines Ausdrucks, des Ausdrucks in der Grammatik etwa, existieren. //

 
   
                   “Jetzt sehe ich's erst, er zeigt immer auf die Leute, die dort vorübergehen”. Er hat ein System verstanden: wie Einer, dem ich die Ziffern 1, 4, 9, 16 zeige und der sagt “ich verstehe jetzt das System, ich kann jetzt selbst weiterschreiben”. Aber was ist diesem Menschen geschehen, als er das System plötzlich verstand? Ist es etwas anderes, als dass ihm die Variable “x²”, oder ein analoges Zeichen, eingefallen ist?

 
   
                   Man wird vielleicht sagen: ganz richtig, es ist ihm die Form x² eingefallen, aber im Gegensatz zu x³ oder x
1
2
. [|A]ber was heisst es denn “im Gegensatz zu …”. Dieser Gegensatz steht vielleicht in einem Buch, oder kommt durch einen weitern Schritt zu Tage. Kurz, die Entwickelung des Systems geschieht in der Zeit (und im Raum des Buches).

 
   
                   Was dem Können in “ich kann jetzt selbst weiterschreiben” zu Grunde liegt, ist auch nur der Einfall des Variablen-Ausdrucks (also eines Zeichens, wieder nur eines Steins im Kalkül, welches selbst sich
nur
erst
in der Zeit entfaltet) und etwa das Ausrechnen “im Kopf” von einigen weiteren Zahlen.

 
   
                   Es handelt sich beim Verstehen nicht um einen Akt des momentanen, sozusagen nicht diskursiven, Erfassens der Grammatik. Als könnte man sie gleichsam auf einmal herunterschlucken.

 
   
                   Das also, was der macht, der auf einmal die Bewegung des Andern deutet (ich sage nicht “richtig deutet”), ist ein Schritt in einem Kalkül. Er tut ungefähr, was er sagt, wenn er seinem Verständnis Ausdruck gibt. – Und das ist ja immer unser
Prinzip
Erkenntnisprinzip
–. Und wenn ich sage “was er macht, ist der Schritt eines Kalküls”, so heisst das, dass ich die-
310
sen Kalkül schon kenne; in dem Sinne, in dem ich die deutsche Sprache kenne, oder dass Einmaleins.
                   Welche ich ja auch nicht so in mir habe, als
wären
wäre
die ganze deutsche Grammatik und die Einmaleins-Sätze zusammengeschoben auf Etwas, was was man auf einmal, als [g|G]anzes, erfassen kann. // was ich nun auf einmal, als Ganzes, besitze. //

 
   
                   Ich fasse das Verstehen also, in irgend einem Sinne, behaviouristisch auf.

 
   
                   ‘Sprache’ nenne ich nur das, wovon sich eine Grammatik schreiben lässt.

 
   
                   ‘Kalkül’ nur, wovon sich ein Regelverzeichnis anlegen lässt.

 
   
                   Gewiss, der Vorgang des “jetzt versteh ich …!” ist ein ganz spezifischer, aber es ist eben auch ein ganz spezifischer Vorgang, wenn wir auf einen bekannten Kalkül stossen, wenn wir “weiter wissen”.
                   Aber dieses Weiter-Wissen ist eben auch diskursiv (nicht intuitiv).
                   (Und es kommt eben hier heraus, was ich vor langer Zeit aufgeschrieben habe, dass wir nämlich “von Büchern” und derlei Dingen reden müssen und nicht von einem sprachlichen Wolkenkuckucksheim.)

 
   
                   Das Behaviouristische an meiner Auffassung // an unserer Behandlung // besteht nur darin, dass ich // wir // keinen Unterschied zwischen [/|]aussen’ und ‘innen’ machen. mache. Weil/mich die Psychologie nichts angeht.

 
   
                   (Die Form des “Ist die Vorstellung nur die Vorstellung, oder ist die Vorstellung von Etwas in der Wirklichkeit?”
311

                   “Ist die Vorstellung nur die Vorstellung, oder ist die Vorstellung in Beziehung auf die Wirklichkeit?”
                   “Ist die Vorstellung nur die Vorstellung, oder ist sie Vorstellung von Etwas in der Wirklichkeit?”
                   Und von dieser Frage könnte man auch die Beziehung der Vorstellung zum gemalten Bild erfassen. // Und von dieser Frage aus könnte man … //

 
   
                   Die Frage könnte aber nicht heissen: “Ist die Vorstellung immer Vorstellung von etwas, in der was in der Wirklichkeit existiert[?|]” – denn das ist sie offenbar nicht immer –; sondern, es müsste heissen: bezieht sich die Vorstellung immer, wahr oder falsch, auf die Wirklichkeit. – Denn das kann man von einem gemalten Bild nicht sagen. –

 
   
                   Aber warum sollte man dann nicht sagen, dass eine Vorstellung Vorstellung eines Traumes sei?

 
   
                   Verhalten sich nicht Vorstellung und Wirklichkeit zueinander, wie ein ebenes Bild zum dreidimensionalen Raum? in dem // welchem // immer etwas existieren kann, dessen Projektion das ebene Bild ist?
                   (Also doch wohl, wie die Sprache zur Wirklichkeit im Raum.)

 
   
                   … quia plus loquitur inquisitio quam inventio … (Augustinus)

 
   
                   Manifestissima et usitatissima sunt, et eadem rursus nimis latent, et nova est inventio eorum. (Augustinus)

 
   
                   Wenn man sagt, Vorstellungen seien privat, so ist man wieder von einer Analogie irregeleitet.

 
   
                   Könnte ich malen, dass es sich so verhält, wenn es keinen Sinn
312
hätte, zu sagen “es verhält sich so”?
                   Aber dieser Ausdruck “malen, dass es sich so verhält” ist selbst problematisch. Er trägt bereits eine Deutung in das Bild hinein.

 
   
                   Man wird sagen: der Maler der “Malheurs de Chasse” hat nicht gemeint, dass es wirklich so zugeht; hätte er aber seine Bilder lehrhaft (um zu zeigen, wie es zugeht) gemeint, so wäre er im Unrecht gewesen??
 
   
                   Aber dasselbe gilt doch auch von Erzählungen, etwa des Baron Münchhausen.
                   In dem Sinne in welchem man von ihnen sagen kann, sie seien nicht wahr, kann man es allerdings auch von irgend einem Bild sagen, das keine historische Begebenheit // Tatsache // darstellen soll.

 
   
                   Anderseits kann man von jenen Erzählungen insofern nicht sagen, sie seien unwahr, als sie gar nicht auf eine Methode der Verifikation deuten. (Ebenso wie ein Genre-Bild.)


313
 
   
                   Man muss beim Irrtum ansetzen und ihn in die Wahrheit überführen.)
                   D.[H|h]. man muss die Quelle des Irrtums aufdecken, sonst nützt uns das Hören der Wahrheit nichts. Sie kann nicht eindringen, solange // wenn[e| // ] etwas anderes ihren Platz einnimmt.
                   (Einen von der Wahrheit zu überzeugen, genügt es nicht, die Wahrheit zu konstatieren, sondern man muss den Weg vom Irrtum zur Wahrheit finden.)

 
   
                   (Ich muss immer wieder im Wasser des Zweifels untertauchen.)

 
   
                   Frazers Darstellung der magischen und religiösen Anschauungen der Menschen ist unbefriedigend: sie lässt diese Anschauungen als I[RR|rr]tümer erscheinen.
                   So war also Augustinus im Irrtum, wenn er Gott auf jeder Seite der Confessiones anruft?
                   Aber – kann man sagen – wenn er nicht im Irrtum war, so war es doch der Buddhistische Heilige – oder welcher immer – dessen Religion ganz andere Anschauungen zum Ausdruck bringt. Aber keiner von ihnen war im Irrtum. ausser wo er eine Theorie aufstellte.

 
   
                   Schon die Idee, den Gebrauch – etwa die Tötung des Priester-Königs –– erklären zu wollen, scheint mir verfehlt. Alles was Frazer tut ist, sie Menschen, die so ähnlich denken wie er, plausibel zu machen. Es ist sehr merkwürdig, dass alle diese Gebräuche endlich so zu sagen als Dummheiten dargestellt werden.
                   Nie wird es aber plausibel, dass die Menschen aus purer Dummheit alle diese Dinge // all das // tun.
                   Wenn er uns z.B. erklärt, der König müsse in seiner Blüte getötet werden, weil nach den A
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weil nach den Anschauungen der Ilden Wilden sonst seine Seele nicht frisch erhalten würde, so kann man doch nur sagen: [w|W]o jener Gebrauch und diese Anschauung zusammengehen, dort entspringt nicht der Gebrauch der Anschauung, sondern sie sind eben beide da.
                   Es kann schon sein, und kommt heute oft vor, dass ein Mensch einen Gebrauch aufgibt, nachdem er einen Irrtum erkannt hat, auf den sich dieser Gebrauch stützte. Aber dieser Gebrauch Fall besteht eben nur dort, wo es genügt den Menschen auf seinen Irrtum aufmerksam zu machen, um ihn von seiner Handlungsweise abzubringen. Aber das ist doch bei dem religiösen Gebrauche eines Volkes nicht der Fall und darum handelt es sich eben um keinen Irrtum.

 
   
                   Frazer sagt, es sei sehr schwer, den Irrtum in der Magie zu entdecken – und darum halte sie sich so lange – weil z.B. eine Beschwörung, die [r|R]egen herbeiführen soll, früher oder später gewiss als wirksam erscheint. Aber dann ist es eben merkwürdig, dass die Menschen nicht früher dˇarauf/kommen, dass es ohnehin früher oder später regnet.

 
   
                   Ich glaube, dass das Unternehmen einer Erklärung schon darum verfehlt ist, weil man nur richtig zusammenstellen muss, was man weiss, und nichts dazusetzen, und die Befriedigung, die durch die Erklärung angestrebt wird, ergibt sich von selbst.
                   Und die Erklärung ist es hier gar nicht, die befriedigt. Wenn Frazer anfängt und uns die Geschichte von dem Waldkönig von Nemi erzählt, so tut er dies in einem Ton, der zeigt, [D|d]ass er fühlt und uns fühlen lassen will, dass hier etwas Mekwürdiges und Furchtbares geschieht. Die Frage aber “warum geschieht dies?” wird eigentlich dadurch beantwortet: Weil es furchtbar ist. Das heisst, dasselbe, was uns bei diesem Vorgang furchtbar, grossartig, schaurig, tragisch, etc., nichts weniger als trivial und bedeutungslos vorkommt, das hat diesen Vorgang ins Leben gerufen.

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                    Nur beschreiben kann man hier und sagen: so ist das menschliche Leben.

 
   
                   Die Erklärung ist im Vergleich mit dem Eindruck, den uns das Beschriebene macht, zu unsicher.

 
   
                   Jede Erklärung ist ja eine Hypothese.

 
   
                   Wer aber, etwa, von der Liebe beunruhigt ist, dem wird eine hypothetische Erklärung wenig helfen. – Sie wird ihn nicht beruhigen.

 
   
                   Das Gedränge der Gedanken, die nicht heraus können, weil sie sich alle vordrängen wollen und so am Ausgang verkeilen.

 
   
                   Wenn man mit jener Erzählung vom Priesterkönig von Nemi das Wort “die Majestät des Todes” zusammenstellt, so sieht man, dass die beiden Eins sind.
                   Das Leben des Priesterkönigs stellt das dar, was mit jenem Wort gemeint ist.

 
   
                   Wer von der Majestät des Todes ergriffen ist, kann dies durch so ein Leben zum Ausdruck bringen. – Dies ist natürlich auch keine Erklärung, sondern setzt nur ein Symbol für ein anderes. Oder: eine Zeremonie für eine andere.

 
   
                   Einem religiösen Symbol liegt keine Meinung zu Grunde.
                   Und nur der Meinung entspricht der Irrtum.

 
   
                   Man möchte sagen: Dieser und dieser Vorgang hat stattgefunden; lach', wenn Du kannst.

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                   Die religiösen Handlungen, oder das religiöse Leben des Priesterkönigs ist von keiner andern Art, als jede echt religiöse Handlung heute, etwa ein Geständnis der Sünden. Auch dieses lässt sich “erklären” und lässt sich nicht erklären.

 
   
                   In effigie verbrennen. Das Bild der Geliebten küssen. Das basiert natürlich nicht auf einem Glauben an eine bestimmte Wirkung auf den Gegenstand, den das Bild darstellt. Es bezweckt eine Befriedigung unde erreicht sie auch. Oder vielmehr, es bezweckt gar nichts; wir handeln eben so und fühlen uns dann befriedigt.

 
   
                   Man könnte auch den Namen der Geliebten küssen, und hier wäre die Stellvertretung durch den Namen klar.

 
   
                   Der selbe Wilde, der, anscheinend um seinen Feind zu töten, dessen Bild durchsticht, baut seine Hütte aus Holz wirklich und schnitzt seinen Pfeil kunstgerecht und nicht in effigie.

 
   
                   Die Idee, dass man einen leblosen Gegenstand z[i|u] sich herwinken kann, wie man einen Menschen zu sich herwinkt. Hier ist das Prinzip das, der Personifikation.

 
   
                   Und immer beruht die Magie auf der Idee des Symbolismus und der Sprache.

 
   
                   Die Darstellung eines Wunsches ist, eo ipso, die Darstellung seiner Erfüllung.
                   Die Magie aber bringt einen Wunsch zur Darstellung; sie äussert einen Wunsch.
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                   Die Taufe als Waschung. – Ein Irrtum entsteht erst, wenn die Magie wissenschaftlich ausgelegt wird.
                   Wenn die Adoption eines Kindes so vor sich geht, dass die Mutter es durch ihre Kleider zieht, so ist es doch verrückt zu glauben, dass hier ein Irrtum vorliegt und sie glaubt, das Kind geboren zu haben.
                   Von den magischen Operationen sind die zu unterscheiden, die auf einer falschen, zu einfachen, Vorstellung der Dinge und Vorgänge beruhen. Wenn man etwa sagt, die Krankheit ziehe von einem Teil des Körpers in den andern, oder Vorkehrungen trifft, die Krankheit abzuleiten, als wäre sie eine Flüssigkeit oder ein Wärmezustand~. Man macht sich dann also ein falsches, das heisst hier, unzutreffendes Bild.
                   Welche Enge des seelischen Lebens bei Frazer! Daher: Welche Unmöglichkeit, ein anderes Leben zu begreifen, als das englische seiner Zeit!
                   Frazer kann sich keinen Priester vorstellen, der nicht im Grunde ein englischer Parson unserer Zeit ist, mit seiner ganzen Dummheit und Flauheit.
                   Warum sollte dem Menschen sein Name nicht heilig sein können. Ist er doch einerseits das wichtigste Instrument, das ihm gegeben wird, anderseits wie ein Schmuckstück, das ihm bei der Geburt um[heg|geh]angen wird.
                   Wie irreführend die Erklärungen Frazers sind, sieht man – glaube ich – daraus, dass man primitive Gebräuche sehr wohl selbst erdichten könnte und es müsste ein Zufall sein, wenn sie nicht irgendwo wirklich gefunden würden. Das heisst, das Prinzip, nach welchem diese Gebräuche geordnet sin[f|d], ist ein viel allgemeineres als Frazer es erklärt und in unserer eigenen Seele vorhanden, so dass wir uns alle Möglichkeiten selbst ausdenken könnten. – Dass etwa der König eines Stammes für niemanden sichtbar bewahrt wird, können wir uns wohl vorstellen, aber auch, dass jedermann
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Mann des Stammes ihn sehen soll. Das letzterer wird dann gewiss nicht in irgendeiner mehr oder weniger zufälligen Weise geschehen dürfen, sondern er wird den Leuten gezeigt werden. Vielleicht wird ihn niemand berühren dürfen, vielleicht aber jeder berühren müssen. Denken wir daran, dass nach Schubert's Tod sein Bruder Partituren Schubert's in kleine Stücke zerschnitt und seinen Lieblingsschülern solche Stücke von einigen Takten gab. Diese Handl[i|u]ng, als Zeichen der Pietät, ist uns ebens[i|o] verständlich, wie die andere, die Partituren unberührt, niemandem zugänglich, aufzubewahren. Und hätte Schubert's Bruder die Partituren verbrannt, so wäre auch das als Zeichen der Pietät verständlich.
                   Das Zeremonielle (heisse oder kalte) im Gegensatz zum Zufälligen (lauen) charakterisiert die Pietät.
                   Ja, Frazers Erklärungen wären überhaupt keine Erklärungen, wenn sie nicht letzten Endes an eine Neigung in uns selbst appellierten.
                   Das Essen und Trinken ist mit Gefahren verbunden, nicht nur für den Wilden, sondern auch für uns; nichts natürlicher, als dass man sich vor diesen schütz[t|e]n will; und nun könnten wir uns selbst solche Schutzmassnahmen ausdenken. – Aber nach welchem Prinzip denken wir sie uns aus // nach welchem Prinzip erdichten wir sie // ? Offenbar danach, dass alle Gefahren der Form nach auf einige sehr einfache reduziert werden, die dem Menschen ohne weiteres sichtbar sind. Also nach dem selben Prinzip, nach dem die ungebildeten Leute unter uns sagen, die Krankheit ziehe sich vom Kopf in die Brust etc., etc.. In diesen einfachen Bildern wird natürlich die Personifikation eine grosse Rolle spielen, denn, dass Menschen (also Geister) dem Menschen gefährlich werden können, ist un[d|s] // jedem // bekannt.
                   Dass der Schatten des Menschen, der wie ein Mensch ausschaut, oder sein Spiegelbild, dass Regen, Gewitter, die Mondphasen, der Jahreszeitwechsel, die Aehnlichkeit uns Verschiedenheit der Tiere unter einander und zum Menschen, die Erscheinungen des Todes, der Geburt und des Geschlechts-
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lebens, kur[t|z] alles, was der Mensch jahraus jahrein um sich wahrnimmt, in mannigfaltigster Weise mit einander mit verknüpft, in seinem Denken (seiner Philosophie) und seinen Gebräuchen auftreten // eine Rolle spielen // wird, ist selbstverständlich, oder ist eben das, was wir wirklich wissen und interessant ist.
 
   
                   Wie hätte das Feuer oder die Aehnlichkeit des Feuers mit der Sonne verfehlen können auf den erwachenden Menschengeist einen Eindruck zu machen. Aber nicht vielleicht “weil er sich[9|']s nicht erklären kann” (der dumme Aberglaube unserer Zeit) in – denn wird es durch eine “Erklärung” weniger eindrucksvoll? –
                   Die Magie in “Alice in Wonderland” beim Trocknen durch Vorlesen des Trockensten was es gibt.
                   Bei der magischen Heilung einer Krankheit bedeutet man ihr, sie möge den Patienten verlassen.
                   Man möchte nach der Beschreibung so einer magischen Kur immer Sagen: Wenn das die Krankheit nicht versteht, so weiss ich nicht, wie man es ihr sagen soll.
                   Nichts ist so schwierig,
als
wie
Gerechtigkeit gegen die Tatsachen.
                   Ich meine nicht, dass gerade das Feuer Jedem einen Eindruck m[q|a]chen muss. Das Feuer nicht mehr, wie jede andere Erscheinung, und die eine Erscheinung Dem, die andere Jenem. Denn keine Erscheinung ist an sich besonders geheimnisvoll, aber jede kann es uns werden, und das ist eben das Charakteristische am erwachenden Geist des Menschen, dass ihm eine Erscheinung bedeutend wird. Man könnte fast sagen, der Mensch sei ein zeremonielles Tier. Das ist wohl teils falsch, teils unsinnig, aber es ist auch etwas Richtiges daran.
                   Das heisst, man könnte ein Buch über Anthropologie so anfangen: Wenn man das Leben und Benehmen der Menschen auf der Erde betrachtet, so sieht man, dass sie ausser den Handlungen, die man tierische nennen könnte, der Nahrungsaufnahme, etc., etc., etc., auch solche ausführen, die einen
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ganz anderen // eigentümlichen // Charakter tragen und die man rituelle Handlungen nennen könnte.
                   Nun aber ist es Unsinn, so fortzufahren, dass man als das Charakteristische dieser Handlungen sagt, sie seien solche, die aus fehlerhaften Anschauungen über die Physik der [d|D]inge entsprängen. (So tut es [R|F]razer, wenn er sagt, Magie sei wesentlich falsche Physik, bezw. falsche Medizin // Heilkunst // , Technik, etc..)
                   Vielmehr ist das Charakteristische der rituellen Handlung gar keine Ansicht, Meinung, ob sie nun richtig oder falsch ist, obgleich eine Meinung, – ein Glaube – selbst auch rituell sein kann, zum Ritus gehören kann.

 
   
                   Wenn man es für selbstverständlich hält, dass sich der Mensch an seiner Phantasie vergnügt, so bedenke man, dass diese Phantasie nicht wie ein gemaltes Bild oder ein plastisches Modell ist, sondern ein kompliziertes Gebilde aus heterogenen Bestandteilen: Wörtern und Bildern. Man wird dann das Operieren mit Schrift- und Lautzeichen nicht mehr in Gegensatz stellen zu dem Operieren mit “Vorstellungsbildern” der Ereignisse.

 
   
                   Wir müssen die ganze Sprache durchpflügen.

 
   
                   Frazer: “… That these observances are dictated by fear of the ghost of the slain seems certain; …” Aber warum gebraucht Frazer denn das Wort “ghost”? Er versteht also sehr wohl diesen Aberglauben, da er ihn uns mit einem ihm geläufigen abergläubischen Wort erklärt. Oder vielmehr, er hätte daraus sehen können, dass auch in uns etwas für jene Handlungsweisen der Wilden spricht, – Wenn ich, der ich nicht glaube, dass es irgendwo menschlich-übermenschliche Wesen gibt, die man Götter nennen kann – wenn ich sage: “ich fürchte die Rache der Götter”, so zeigt das, dass ich damit etwas meinen (kann), oder einer Empfindung Ausdruck geben kann, die nichts mit jenem Glauben zu tun hat. // … , die nicht notwen
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dig mit jenem Glauben verbunden ist.

 
   
                   Frazer wäre im Stande zu glauben, dass ein Wilder aus Irrtum stirbt. In Volkssch[i|u]llesebüchern steht, dass Attila seine grossen Kriegszüge unternommen hat, weil er glaubte, das Schwert des Donnergottes zu besitzen.

 
   
                   Frazer ist viel mehr savage, als die meisten seiner savages, denn diese werden nicht so weit vom Verständnis einer geistigen Angelegenheit entfernt sein, wie ein Engländer des 20sten Jahrhunderts. Seine Erklärungen der primitiven Gebräuche sind viel roher, als der Sinn dieser Gebräuche selbst.

 
   
                   Die historische Erklärung, die Erklärung als eine Hypothese ist der Entwicklung ist nur eine Art der Zusammenfassung der Daten – ihrer Synopsis. Es ist ebensowohl möglich, die Daten in ihrer Beziehung zu einander zu sehen und in ein allgemeines Bild zusammenfassen, ohne es in Form einer Hypothese über die zeitliche Entwicklung zu
machen
tun
.

 
   
                   Identifizierung der eigenen [g|G]ötter mit Göttern andrer Völker. Man überzeugt sich davon, dass die Namen die gleiche Bedeutung haben.

 
   
                   “Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz” möchte man zu der Frazer'schen Tatsachensammlung sagen. Dieses Gesetz, diese Idee kann ich nun durch eine Entwicklungshypothese ausdrucken // darstellen[ee| // ] oder auch, analog dem Schema einer Pflanze, durch das Schema einer religiösen Zeremonie, oder aber durch die Gruppierung des Tatsachenmaterials allein, in einer “übersichtlichen” Darstellung.

322
 
   
   (zwei Bemerkungen)

 
   
                   Ein hypothetisches Zwischenglied aber soll in diesem Falle nichts tun, als die Aufmerksamkeit auf die Aehnlichkeit, den Zusammenhang, der Tatsachen lenken. Wie wenn man eine interne Beziehung der Kreisform zur El[y|i]pse dadurch illustrieren wollte // illustrierte // , dass man eine Elipse allmählich in eine[r|n] Kreis überführt; aber nicht um zu behaupten, dass eine gewisse Elipse tatsächlich, historisch, ause einem Kreis entstanden wäre (Entwicklungshypothese), sondern nur um unser Auge für einen formalen Zusammenhang zu schärfen.
                   Aber auch die Entwicklungshypothese kann ich als weiter Nichts sehen, als
eine
die
Einkleidung eines formalen Zusammenhangs.


323


 
   
                   Ist der Mechanismus // das Funktionieren // von “non-p” damit erklärt, dass man sagt: ‘non-p’ ist wahr, wenn ‘p’ nicht wahr ist?
                   Was sollte diese “Erklärung” für ein Satz sein? Sie ist doch keine grammatische Regel. Ist es nicht sehr charakteristisch, dass die Erklärung, ausgedrückt wie in der W-F-Notation einfach zum Zeichen gehört und nur eine Handhabe für den Angriff grammatischer Regeln – Spiel[g|r]egeln – wird?
                   Das “W” und “F” verfolgte eine Tendenz, aber sie ist vereitelt, dadurch, dass nun doch wieder alles zum Zeichen gehört. “W-F” ist nur noch eine Anspielung und nicht mehr. [u|U]nd zwar nur eine Anspielung auf eine andere Notation, nicht auf eine Erklärung. – Es ist ja selbstverständlich: es kann nicht eine Erklärung der Notation und die Notation geben. Denn die Erklärung wird sofort zur Notation und mehr als diese kann sie auch nicht enthalten.
                   Denn, wenn ich erkläre “‘non-p’ ist wahr, wenn ‘p’ nicht wahr ist”, so setzt das voraus, dass ich verstehe, was es heisst, ‘p’ sei nicht wahr. Dann habe ich aber nichts getan als zu definieren:
non-p = ‘p’ ist falsch.
                   Es kommt nämlich wesentlich darauf an, dass es nicht möglich ist, das Zeichen “p” auf der rechten Seite der Definition auszulassen, bezw. durch ein anderes zu ersetzen (es sei denn wieder durch eine Definition). Solange das nicht möglich ist, kann und muss man auch die rechte Seite als Funktion auffassen von p, nämlich: ‘( )’ ist falsch, oder, [d|w]ie Russell schreiben würde: ‘x̂’ ist falsch.
                   Das hä[j|n]gt auch damit zusammen, dass ja der Tintenstrich nicht falsch ist. Wie auch das Bild nicht, es sei denn, dass es als Portrait aufgefasst wird.)

324
 
   
          Das ‘p’ auf der rechten Seite muss nun nicht eine Anspielung auf p, als Satz aufgefasst, sein, und ist nicht der Name des Tintenstrichs “p”.
          Wenn ich also auch dem Schriftzug “p” den Namen A gebe und daher schreibe: non-p = A ist falsch, so hat das nur einen Sinn, d.h. die rechte Seite kann nur verstanden werden, wenn A für uns als Satzzeichen steht. Dann aber ist nichts gewonnen; zum mindesten keine Erklärung der Negation.

 
   
                   Und dasselbe muss der Fall sein, wenn man erklärt, “(x).fx” sei wahr, wenn f() für alle Substitutionen wahr ist. Man muss auch dazu schon den logischen Mechanismus der Verallgemeinerung verstehen. Es ist auch nicht so, dass man erst ahn[l|u]ngslos ist und die Verallgemeinerung nun durch die Erklärung erst zum Funktionieren gebracht wird. Wie wenn man in eine Maschine ein Rad einsetzt und sie dann erst funktioniert (oder, die Maschine erst in zwei getrennten Teilen da ist und sie nun erst durch das Zusammensetzen als diese Maschine funktionieren).

 
   
                   Wenn man die allgemeinen Sätze von der A[t|r]t “der Kreis befindet sich im Quadrat” betrachtet, so kommt es einem immer wieder so vor, als sei die Angabe der Lage im Quadrat nicht eine nähere Bestimmung zur Angabe, der Kreis liege im Quadrat (wenigsten nicht, soweit der Gesichtsraum in Betracht kommt), als sei vielmehr das “im Quadrat” eine komplette Bestimmung, die an sich nicht mehr näher zu beschreiben sei. So wie eine Angabe der
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Farbe eine Angabe der Härte eines Materials nicht näher bestimmt. – So ist nun das Verhältnis der Angaben über den Kreis natürlich nicht, und doch hat das Gefühl einen Grund.

 
   
                   In den grammatischen Regeln für die Termini des allgemeinen Satzes muss es liegen, welche Mannigfaltigkeit er für mögliche Spezialfälle vorsieht // voraussieht // . Was in den regeln nicht liegt, ist nicht vorhergesehen.

 
   
                    Alle diese Verteilungen könnten verschiedene Zerrbilder desselben Sachverhalts sein. (Man denke sich die beiden weissen Streichenfen und den schwarzen Streifen in der Mitte dehnbar.)

 
   
                   Ist es unmöglich, dass aus einem Satz unendlich viele Sätze folgen, – in dem Sinn nämlich, dass nach einer Regel immer neue Sätze aus dem einen gebildet werden könnten ad infinitum?

 
   
                   Angenommen die ersten tausend Sätze dieser Reihe schrieben wir in Konjunktion an. Müsste der Sinn dieses Produktes dem Sinne des ursprünglichen Satzes nicht näherkommen, als das Produkt der ersten hundert Sätze? Müsste man nicht eine immer bessere Annäherung an den ersten Satz bekommen, je mehr man das Produkt ausdehnte und würde das nicht zeigen, dass aus dem Satz nicht unendlich viele andere folgen
326
können, da ich schon nicht mehr imstande bin, das Produkt aus 10¹⁰ Gliedern zu verstehen und doch den Satz verstanden habe, dem das Produkt aus 10¹⁰⁰ Gliedern noch näher kommt als das von 10¹⁰ Gliedern?

 
   
                   Man denkt sich wohl, der allgemeine Satz ist eine abgekürzte Ausdrucksweise des Produkts. Aber was ist am Produkt abzukürzen, es enthält ja nichts Ueberflüssiges.

 
   
                   Wenn p aus q folgt, so ist q & p = q.

 
   
                    Wie verhält es sich nun mit dem Satz: “die Fläche ist von A bis B weiss”? Aus ihm folgt doch, dass sie auch von A' bis B' weiss ist. Es braucht sich da nicht um [G|g]esehenes Weiss zu handeln; und der Schluss von dem ersten Satz auf den zweiten wi[e|r]d jedenfalls immer wieder ausgeführt. Es sagt mir einer “ich habe die Fläche von A bis B damit bestrichen” und ich sage darauf “also ist sie jedenfalls von A' bis B' damit angestrichen”.
          Wenn aber aus jenem F([(|A]B) F(A'B') folgt, dann muss in F(AB) schon von A' und B' die Rede sein. – “A'”, “B'” müssen also Symbole sein, die aus “A” und “B” konstruiert werden können, wie etwa die Unterteilungen eines Masstabes aus seinen Endpunkten.

 
   
          Ist denn in (x).fx von a die Rede, da fa aus (x).fx folgt? In dem Sinne des allgemeinen Satzes, dessen Verifikation in einer Auf-
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zählung besteht, ja.

 
   
                   Ist es nicht vielmehr so, dass aus dem Satz “der Streifen von A bis B ist weiss” folgt “der Streifen A'B' ist weiss”, wenn in dem Streifen AB eben die Striche A' und B' gezogen waren. Unendlich ist nur die Möglichkeit dieser Art Figuren.

 
   
                   “Was aus einem Gedanken folgt, muss in ihm mitgedacht werden. Denn an einem Gedanken ist nichts, was wir nicht wissen, während wir ihn denken. Er ist keine Maschine, deren Untersuchung Ungeahntes zu Tage fördern kann, oder eine Maschine, die etwas leisten kann, was man ihr zuerst nicht ansieht. D.h. er wirkt eben logisch überhaupt nicht als Maschine. Als Gedanke liegt in ihm nicht mehr, als hingelegt wurde. Als Maschine, d.h. kausal, wäre ihm alles zuzutrauen; logisch ergibt er nur, was wir mit ihm gemeint haben.”
          Wenn ich sage, das Viereck ist ganz weiss, so denke ich nicht an zehn kleinere, in ihm enthaltene Rechtecke, die weiss sind; und an “alle” in ihm enthaltene Rechtecke oder Flecken, kann ich nicht denken. Ebenso denke ich im Satz “er ist im Zimmer” nicht an hundert mögliche Stellungen, die er einnehmen kann, und gewiss nicht an alle.

 
   
                   “Wo immer, innerh[la|al]b dieses Kreises Du die Scheibe triffst, hast Du gewonnen”.
           “Ich denke, Du wirst die Scheibe irgendwo innerhalb dieses Kreises treffen”.
           Was den ersten Satz betrifft, könnte man fragen: woher weisst Du das? Hast Du alle möglichen Orte ausprobiert? Und die Antwort
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müsste dann lauten: das ist ja kein Satz, sondern eine allgemeine Festsetzung.

 
   
                   Auf den ersten Blick gibt es zwei Arten der Deduktion: in der einen ist in der Prämisse von dem // allem // die Rede, wovon die Konklusion handelt, in der anderen nicht. Von der ersten Art ist der Schluss von p & q auf q. Von der anderen der Schluss: der ganze Stab ist weiss, also ist auch das mittlere Drittel weiss. In dieser Konklusion wird von Grenzen gesprochen, von denen im ersten Satz nicht die Rede war. (Das ist verdächtig.) Oder wenn ich sage: “wo immer in diesem Kreise Du die Scheibe triffst, wirst Du den Preis gewinnen” und dann “Du hast sie hier getroffen, also …”, so war dieser Ort im ersten Satz nicht vorausgesehen. Die Scheibe mit dem Einschuss hat zu der Scheibe, wie ich sie früher gesehen habe, eine bestimmte interne Beziehung und darin besteht es, dass das Loch hier unter die vorausgesehene allgemeine Möglichkeit fällt. Aber es selbst war nicht vorausgesehen und es kam in dem ersten Bild nicht vor. Oder musste doch nicht darin vorkommen. Denn selbst angenommen, ich hätte dabei an tausend bestimmte Möglichkeiten gedacht, so hätte es zum mindesten geschehen können, dass die ausgelassen wurde, die später eintraf. Und wäre das Voraussehen dieser Möglichkeit wesentlich gewesen, so hätte die Prämisse durch das Uebersehen dieser einen Möglichkeit den unrechten Sinn bekommen und die Konklusion würde nun nicht aus ihr folgen.
          Anderseits wird dem Satz “wohin immer Du in diesem Kreis triffst, …” nichts hinzugefügt, wenn man sagt: “wohin immer Du in diesem Kreis triffst, und wenn Du insbesondere den schwarzen Punkt triffst, . …”. Aber, war der schwarze Punkt schon da, als man den ersten Satz
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aussprach, so war er natürlich mitgemeint; war er [b|a]ber nicht da, so hat sich durch ihn eben der Sinn des Satzes geändert.

 
   
                   “Das Ganze ist weiss, folglich ist auch ein Teil, der durch eine solche Grenzlinie charakterisiert ist, weiss”. “Das Ganze war weiss, also war auch jener Teil davon weiss, auch wenn ich damals nicht begrenzt darin wahrgenommen habe.” – Hatte denn das Rechteck keine rechte und linke Hälfte, ehe ich sie als solche wahrgenommen hatte? Und doch muss man das sagen.

 
   
                   Der Schluss lautet auch nicht so: “wo immer auf der Scheibe der Schuss hintrifft, hast Du gewonnen. Du hast auf der Scheibe dahin getroffen, also hast Du den Preis gewonnen”. Denn wo ist dieses da? wie ist es ausser dem Schuss bezeichnet, etwa durch einen Kreis? Und war der auch schon früher auf der Scheibe? Wenn nicht, so hat die Scheibe sich ja verändert, wäre er aber schon dort gewesen, dann wäre er als eine Möglichkeit des Treffens vorgesehen worden. Es muss vielmehr heissen: “Du hast die Scheibe getroffen, also …”.

 
   
                   Hat es nun einen Sinn zu sagen: “aber wenn man die Scheibe trifft, muss man sie irgendwo treffen”? Oder auch: “wo immer er die Fläche trifft, wird es keine Ueberraschung sein, so dass man etwa sagen würde ‘das habe ich mir nicht erwartet, ich habe gar nicht gewusst, dass es diesen Ort gibt’”. Das heisst aber doch, es kann keine geometrische Ueberraschung sein.

 
   
                   Der Ort auf der Scheibe muss nicht no[ch|tw]endig durch ein
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Zeichen, einen Kreis, auf der Scheibe angegeben sein. Denn es gibt jedenfalls die Beschreibung “näher dem Mittelpunkt”, “näher dem Rand”, “rechts oben” etc.. Wie immer die Scheibe getroffen wird, stets muss so eine Beschreibung möglich sein. (Aber von diesen Beschreibungen gibt es auch nicht “unendlich viele”.)

 
   
                   Wenn man ein Beispiel braucht dafür, dass unendlich viele Sätze aus einem folgen, so wäre vielleicht das Einfachste das, dass aus “a ist rot” die Negation aller Sätze folgt, die a eine andere Farbe zuschreiben. Diese negativen Sätze werden gewiss in dem einen nicht mitgedacht. Man könnte natürlich sagen: wir unterscheiden doch nicht unendlich viele Farbtöne; aber die Frage ist: hat die Anzahl der Farbtöne, die wir unterscheiden, überhaupt etwas mit der Komplikation jenes ersten Satzes zu tun; ist er mehr oder weniger komplex, jen nachdem wir mehr oder weniger Farbtöne unterscheiden?
           Müsste man nun nicht so sagen: Ein Satz folgt erst aus ihm, wenn er da ist. Erst wenn wir zehn Sätze gebildet haben, die aus dem ersten folgen, folgen zehn Sätze aus ihm. W

 
   
                   Was soll es aber dann heissen, zu sagen: wenn ein Satz aus dem andern folgt, so muss der erste im zweiten mitgedacht sein, da es doch nicht nötig ist, im Satz “ich bin 170 cm hoch” auch nur einem einzigen der aus ihm negativen Längenangaben mitzudenken.

 
   
                   Ich möchte sagen, ein Satz folgt erst dann aus dem anderen, wenn er mit ihm konfrontiert wird. Jenes “u.s.w. ad infinitum” bezieht
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sich nur auf die Möglichkeit der Bildung von Sätzen, die aus dem ersten folgen, ergibt aber keine Zahl solcher Sätze.
           Könnte ich also einfach sagen: Unendlich viele Sätze folgen darum nicht aus einem Satz, weil es unmöglich ist, unendlich viele Sätze hinzuschreiben (d.h. ein Unsinn ist, [w|d]as zu sagen).

 
   
                   “Wenn aus F1(a) (a hat die Farbe F1) folgt non-F2 (a), so musste in der Grammatik des ersten Satzes auch schon die Möglichkeit des zweiten vorausgesehen sein (wie könnten wir auch sonst F1 und F2 Farben nennen).”
          “Wenn der zweite Satz dem ersten, sozusagen, unerwartet gekommen wäre, so könnte er nie aus ihm folgen”.
          “Der erste Satz muss den anderen als seine Folge anerkennen. Oder vielmehr es muss dann beide eine Grammatik vereinigen und diese muss dieselbe sein, wie vor dem Schluss.”
          (Es ist schwer, hier keine Märchen von den Vorgängen im Symbolismus zu erzählen, wie an anderer Stelle keine Märchen über die psychologischen Vorgänge. Denn alles ist ja einfach und allbekannt (und nichts neues zu erfinden). Das ist ja eigentlich das Unerhörte an der Logik, dass ihre ausserordentliche Schwierigkeit darauf beruht, dass nichts zu konstruieren, sondern alles schon da und bekannt ist.)

 
   
                   “Welchen Satz p nicht als seine Folge erkennt, der ist nicht seine Folge.”
           D.h., aus der kompletten Grammatik des Satzes p muss // müsste // auch hervorgehen, welcher Satz aus ihm folgt; und würde nun ein neuer Satz gefunden, der aus p folgt, so würde damit nicht der Satz von p geändert werden.
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           “Wenn z.B. aus “a ist grün” folgt “a ist nicht rot”, so muss “a ist grün” den zweiten Ausdruck als seinen Verwandten anerkennen.”

 
   
                   Die Grammatik ist nicht unendlich kompliziert, weil sie die endlose Bildung von Zahlzeichen zulässt.

 
   
                   Ist es nicht einfach so: Aus der Grammatik des Satzes – und aus ihr allein, muss es hervorgehen, ob ein Satz aus ihm folgt. Keine Einsicht in einen neuen Sinn kann das ergeben; – sondern nur die Einsicht in den alten Sinn. – Es ist nicht möglich, einen neuen Satz zu bi[n|l]den, der aus jenem folgt, den man nicht hätte bilden können (wenn auch ohne zu wissen, ob er wahr oder falsch ist) als jener gebildet wurde. Entdeckte man einen neuen Sinn und folgte dieser aus
dem
jenem
ersten Satz, so hätte dieser Satz dann nicht seinen Sinn geändert.

 
   
                   Man überlege: welchen Grund hat man, ein neues Phänomen Farbe zu nennen, wenn es sich nicht in unser bisheriges Farbenschema einfügt.

 
   
                   Ich möchte sagen: die alte Logik hat viel mehr Konvention und Physik in sich als man geglaubt hat. Wenn das Substantiv der Name eines Körpers ist, das Verbum etwa zur Bezeichnung einer Bewegung, das Adjektiv der Eigenschaft eines Körpers dient, dann sieht man wohl, wie voraussetzungsvoll diese Logik ist und kann annehmen, dass diese ursprünglichen Voraussetzungen (auch) noch tiefer in die Anwendung dieser Worte, in die Logik der Sätze reicht.

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                   Man könnte glauben, dass es günstig ist, in der Logik möglichst “bestimmte” Sätze zu Beispielen zu nehmen. In Wahrheit aber muss ein Satz wie “dieser [S|A]nzug ist mir etwas zu gross” oder “ich sehe meinem Vater ähnlich” für uns ebenso gut taugen. – Beispiele taugen für uns nur dann nicht, wenn sie einer andern Art von Sätzen angehören als der, die wir betrachten wollen. Vague Sätze würden uns also dann nicht taugen, wenn wir sie für eine eigene logische Art von Sätzen hielten und sie augenblicklich nicht betrachten wollten.

 
   
                   Die Aristotelische Logik ist ein Spiel, das sich auf Sätze anwenden lässt.

 
   
                   Es werden immer Fassetten der Hypothese verifiziert.

 
   
                   Ist es nun nicht etwa so, dass das, was die Hypothese erklärt, selbst nur wieder durch eine Hypothese ausdrückbar ist. Das heisst natürlich: gibt es überhaupt primäre Sätze; die also endgültig verifizierbar sind, und nicht die Fassetten einer Hypothese sind? (Das ist etwa, als würde man fragen” gibt es Flächen, die nicht Oberflächen von Körpern sind?”)

 
   
                   Es kann jedenfalls kein Unterschied sein zwischen einer Hypothese, als Ausdruck einer unmittelbaren Erfahrung gebraucht, und einem Satz im engeren Sinne.

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                   Es ist ein Unterschied zwischen einem Satz wie “hier liegt eine Kugel vor mir” und “es schaut so aus, als läge eine Kugel vor mir”. – Das zeigt sich auch so: man kann sagen “es scheint eine Kugel vor mir zu liegen”, aber es ist sinnlos zu sagen: “es schaut so aus, als schiene eine Kugel hier zu liegen”. Wie man auch sagen kann “hier liegt wahrscheinlich eine Kugel”, aber nicht “wahrscheinlich scheint hier eine Kugel zu liegen”. Man würde in so einem Falle sagen: “ob es scheint, musst Du doch wissen”.

 
   
                   Es ist wohl auch Unsinn zu sagen, die Uebereinstimmung (oder Nichtübereinstimmung) zwischen Satz und Welt // Realität // sei willrlich durch eine Zuordnung geschaffen. Denn, wie ist diese Zuordnung auszudrücken? Sie besteht darin, dass der Satz “p” sagt, es sei gerade das der Fall. Aber wie ist dieses “gerade das” ausgedrückt // gegeben // ? Wenn durch einen andern Satz so gewinnen wir nichts dabei; wenn aber durch die Realität, dann muss diese schon in bestimmter Weise – arti[uk|ku]liert – aufgefasst sein. Das heisst: man kann nicht auf einen Satz und auf eine Realität deuten und sagen: “das entspricht dem”. Sondern, dem Satz entspricht nur wieder das schon Artikulierte.

 
   
                   Was hat es nun mit der allgemeinen Regel auf sich, die etwa das Wort “Gasthaus” auf einem Haus zum Satz macht? Das ist klar: wenn ich es dagegen allein auf einen Zettel schreibe so sagt es nichts, und man könnte etwa, wenn man es sieht, fragen: nun, was ist's damit? Es ist dann eben ein einzelnes Rad, das wir zwar als Teil eines Mechanismus kennen, das aber hier, ausserhalb jedes Verbandes keinen Zweck erfüllt. Jenes Wort auf dem Haus aber erfüllt den Zweck einer Mitteilung. In wel-
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chem Verbande steht es nun? – Man könnte sagen, das Charakteristische eines Zeichens ist, dass es sich von vornherein muss lernen lassen, wie der Lokomotivführer die Eisenbahnsignale lernt. Was er da lernt, ist eben die “allgemeine Regel”. Ich will also sagen: er lernt dabei nicht nur Wörter einer Sprache, sondern auch eine Grammatik. Wäre z.B. “halt” eines dieser Wörter, so genügte es allein gar nicht, denn es bedarf einer Regel zu wissen, welcher Zug nun halten soll.
           Das Schiffssignal “Stop” ist auch ein einwörtiger Satz; wo ist hier der Satzzusammenhang? Oder soll ich so sagen: Das Wort “Stop” hat nur hat nur im Schiffsi Sinn, nicht, wenn ich es allein etwa auf einen Zettel schreibe; wenn anderseits das Wort an seinem Ort durch kein anderes zu ersetzen wäre, so wäre es wiederum sinnlos.

 
   
                   Hätte das Wort ausser allem Zusammenhang Sinn, dann genü[v|g]te es, dass es im Wörterbuch steht; d.h., es brauchte sonst nirgends erwähnt zu werden. Es würde sozusagen genügen, dass man es ein für allemal weiss. (Man könnte dann sagen “wozu steht dieses Wort da? [i|I]ch weiss es ja ohnehin schon”.) – Dieses Wort sollte aber wahr und falsch sein können: dann nur ein für allemal das eine oder das andere; es müsste dann sozusagen von der Natur des Satzes 2 + 2 = 4 sein.

 
   
                   In dem, was den Satz mit der gegebenen Tatsache verbindet, ist nichts [H|h]ypothetisches.

 
   
                   Es ist doch klar, dass eine Hypothese von der Wirklichkeit – ich meine von der unmittelbaren Erfahrung – einmal mit ja, einmal mit nein beantwortet wird; (wobei freilich das “ja” und “nein” hier nur Bestätigung und Fehlen der Bestätigung ausdrückt) und dass man dieser
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Bejahung und Verneinung Au[e|s]druck verleihen kann.

 
   
                   Die Hypothese wird, mit der Fassette an die Realität angelegt, zum Satz.

 
   
                   Wie ist es mit den Sätzen, die in Dichtungen vorkommen. Hier kann doch gewiss von einer Verifikation nicht geredet werden und doch haben diese Sätze Sinn. Sie verhalten sich zu den Sätzen, für die es Verifikation gibt, wie ein Genrebild zu einem Portrait. Und dieses Gleichnis dürfte wirklich die Sache vollständig darstellen.

 
   
                   Entsprechen diese Sätze etwa dem, was Frege und Meinong “[a|A]nnahmen” nannten?

 
   
                   Denn in jenen erdichteten Sätzen haben doch die Wörter Bedeutung, wie in den anderen; “rot”, “blau”, “rechts”, “links”, “Kopf”, “Fuss”, bedeuten dasselbe wie sonst. D.h. es ist eine Verbindung mit der Wirklichkeit vorhanden. In einem Sinne wenigstens; – aber es fehlt die Verbindung mit dem Jetzt und Hier. (Erinnern wir uns aber, wie die Bedeutung eines Wortes fixiert
wird
ist
.)

 
   
                   Wenn ich ein Bild anschaue, so sagt es mir etwas, auch wenn ich keinen Augenblick glaube (mir einbilde), die Menschen seien wirklich oder es habe wirkliche Menschen gegeben, von denen dies ein verkleinertes Bild sei. “Es sagt mir etwas” kann aber hier nur heissen,
337
es bringt eine gewisse Einstellung zu in mir hervor.

 
   
                   Meine Stellung gegen das Bild ist auch keine hypothetische, so dass ich mir etwa sagte “wenn es solche Menschen gäbe, dann …”

 
   
                   Ist der Satz die Sprache ein Bild, so kann ihn sie nicht erst die Meinung dazu machen. Die Meinung macht ihn nur zum Portrait.

 
   
                   Dass die Sprache ein Bild hervorbringt, zeigt sich schon darin, dass Bilder – im gewöhnlichen Sinn des Wortes – sich ihr natürlich einfügen.
           Die Illustration in einem Buch ist dem Buch nichts fremdes, sondern gesellt sich hinzu wie ein verwandter Behelf einem anderen, – wie etwa eine Reibahle dem Bohrer.
           Wenn einen die Hässlichkeit eines Menschen abstösst, so kann sie im Bild, im gemalten, gleichfalls abstossen, aber auch in der Beschreibung, in den Worten.)

 
   
                   Uebereinstimmung von Gedanke und Wirklichkeit. Wie alles Metaphysische ist die (prästabilierte) Harmonie zwischen Gedanken und Wirklichkeit in der Grammatik der Sprache aufzufinden.

 
   
                   Ob der Körper, den ich sehe, eine Kugel ist, kann zweifelhaft sein, aber, dass er von hier etwa eine Kugel zu sein scheint, kann nicht zweifelhaft sein. – Der Me[f|c]hanismus der Hypothese würde nicht funktionieren, wenn der Schein auch noch zweifelhaft wäre;
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wenn also auch nicht eine Fassette der Hypothese unzweifelhaft verifiziert würde. Wenn es hier Zweifel gäbe, was könnte den Zweifel heben? Wenn auch diese Verbindung locker wäre, so gäbe es auch nicht Bestätigung einer Hypothese, die Hypothese hinge dann gänzlich in der Luft und wäre zwecklos (und damit sinnlos).

 
   
                   Es ist eine ungemein wichtige Sache, dass ich mich bei dem Gebrauch der Sprache nicht erinnere, wie ich sie gelernt habe. Ich sage “hier sehe ich eine schwarze Kugel”. Ich weiss nicht wie ich “schwarz” und “Kugel” gelernt habe. Meine Anwendung der Wörter ist unabhängig von diesem Erlernen. Es ist so, als hätte ich die Wörter selbst geprägt. Und nun kommt wieder die alte Frage: Wenn die Grammatik, die von den Wörtern handelt, für ihre Bedeutung wesentlich ist, muss ich die grammatischen Regeln, die von einem Wort handeln alle im Kopf haben, wenn es für mich nicht etwas bedeuten soll? Oder ist es hier, wie im Mechanismus: Das Rad, das stillsteht, oder auch sich dreht, das Rad in einer Lage, weiss, gleichsam, nicht, welche Bewegung ihm noch erlaubt ist, der Kolben weiss nicht, welches Gesetz seiner Bewegung vorgeschrieben ist; und doch wirkt das Rad und der Kolben nur durch jene Gebundenheit // jenes Gebundenseins // .
          Soll ich also sagen: Die grammatischen Regeln wirken in der Zeit? (Wie jene Führung.)
                   Also: Das Wort “Kugel” wirkt nur
durch die Art
in der Art
seiner Anwendung. Und es wäre die seltsame Frage denkbar: “wie kann ich denn dann gleich wissen, was ich mit ‘Kugel’ meine, ich kann doch nicht die ganze Art der Anwendung auf einmal im Kopf haben?”
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          Und wenn ich mich jemand fragt “siehst Du dort eine schwarze Kugel”, so muss ich doch diese Anwendung des Wortes vor Augen haben, um ihn verstehen und ihm antworten zu können.
          Nun ist es seltsam, dass ich das Gefühl habe, als trüge ich die grammatischen Regeln auf irgend eine Weise mit mir herum, wenn ich das Wort gebrauche. Wie ich nicht überrascht bin, dass sich das Rad nur drehen kann, und ich seine Bewegungsfreiheit gleichsam mit einem Bl[ci|ic]ke übersehe.
          So, möchte ich sagen, weiss ich in irgend einem Sinn schon, dass hinter der Halbkugel die ich sehe, eine zweite gleichgrosse ist und nicht etwa eine Spitze; ich weiss, dass die Kugel von der Seite gesehen auch als Kreis erscheint etc. etc.. Oder kann es mir doch durch das, was ich
in
mit
mir herumtrage, ableiten.
          Das Schliessen in schwierigeren Fällen geht tatsächlich in der Zeit so vor sich, dass ich die Regeln anschauen, die Prämissen nachschlagen muss, und so den sprachlichen Apparat wie eine Maschine gebrauche

 
   
                   Und ist es nicht ähnlich mit dem Schachspiel: in irgend einem Sinne kann man sagen, ich wisse die Regeln des Sachachspiels (habe sie im Kopf) die ganze Zeit, während ich spiele. Aber ist dieses “sie im Kopf haben” nicht wirklich nur eine Hypothese. Habe ich sie nicht nur insofern im Kopf, als ich sie in jedem besondern Falle anwende? – Gewiss, dies wissen ist nur das hypothetische Reservoir, worau[f|s] das wirklich gesehene Wasser fliesst.

340
 
   
                   (Die Wahl unserer Worte ist so wichtig, weil es gilt, die Pysiognomie der Sache genau zu treffen, weil nur der genau gerichtete Gedanke auf die richtige Bahn führen kann. Der Wagen muss haargenau auf die Schiene gesetzt werden, damit er richtig weiterrollen kann.)

 
   
                   Die Frage, die unmittelbar mit unserer in Beziehung steht, ist: die nach dem Sinn der Aussage “ich kann Schach spielen”?
          Ich weiss, wie ein Bauer ziehen darf”.
          Ich weiss, wie das Wort ‘Kugel’ gebraucht werden darf”.

 
   
                   Wenn ich sage “ich kann dieses Gewicht heben”, so kann man antworten: “das wird sich zeigen, wenn Du es versuchst”; und geht es dann nicht, so kann man sagen “siehst Du, Du konntest es nicht”; und ich kann darauf nicht antworten “doch, ich konnte es, als ich es sagte, nur als es zum Aufheben kam, konnte ich es nicht”. D.h.: dieses Können ist nicht ein Erlebnis. Ob man es kann, wird die Erfahrung zeigen. Anders ist es, wenn ich sage “ich verstehe diesen Befehl”; dies ist, oder scheint ein Erlebnis zu sein. “Ich muss wissen, ob ich ihn (jetzt) verstehe” – aber nicht: Ich muss wissen, ob ich das Gewicht jetzt heben kann. – Wie ist es nun in dieser Hinsicht mit dem Satz “ich kann Schach spielen”? Ist das etwas, was sich zeigen wird, oder kann man sagen, “als ich es behauptete, konnte ich Schach spielen, nur jetzt kann ich es nicht”. (Ich sehe hier von dem Fall ab, wo man zur Zeit, als man es behauptete, eine bestimmte Regel im Kopf hatte, die man dann vergass. Denn im allgemeinen, wenn ich sage ich kann Schach spielen, denke ich in diesem Augenblick an gar keine der Regeln.) Ist nicht das, was mich recht-
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fertigt, nur, dass ich mich erinnere, früher Schach gespielt zu haben? Und etwa, dass ich, aufgefordert zur Probe die Regeln im Geiste durchfliegen kann?

 
   
                   Ist es nicht auch so beim Gebrauch des Wortes “Kugel”? Ich gebrauche das Wort instinktiv. Aufgefordert aber, Rechenschaft ˇdarüber zu geben, ob ich es verstehe, rufe ich mir, gleichsam zur Probe, gewisse Vorstellungen hervor.
          (Es kann nicht darauf ankommen, ob die Sprache instinktiv oder halbinstinktiv gebraucht wird. Wir sind hier im Sumpf der graduellen Unterschiede, nicht auf dem festen Grund der Logik.)

 
   
                   Wenn ich sage “sie[,|h]', dort ist eine Kugel”, oder “dort ist ein Kegel”, so kann die Ansicht (ein Kreis) auf beides passen, und wenn ich sage “ja, ich sehe es”, so unterscheide ich doch zwischen den beiden Hypothesen. Wie ich im Schachspiel zwischen einem Bauern und dem König unterscheide, auch wenn der gegenwärtige Zug einer ist, den beide machen könnten, und wenn selbst eine Königfigur als Bauer fungierte.
          Das Wort “Kugel” ist mir bekannt und steht in mir für etwas; d.h., es bringt mich in eine gewisse Stellung zu sich (wie ein Magnet eine Nadel in seine Richtung bringt).

 
   
                   Dieses “Uebersehen der Wirkungsweise” eines Rades, ist es nicht darin vorhanden, wenn wir mit einem Wort eine Vorstellung verbinden? Haftet der Vorstellung, die etwa das Wort “rot” in uns erweckt, auch jene Unbestimmtheit an, die erst, quasi, geschriebener Regeln be-
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darf, um ihr einen bestimmten // den richtigen // Freiheitsgrad zu geben?

 
   
                   Jedenfalls aber machen geschriebene Regeln die Sprache nicht weniger unmittelbar, denn sonst könnten sich geschriebene Regeln – die langen Schlussketten der Mathematik – nicht ohne Bruch in unsere Sprache einfügen. // Jedenfalls aber ist die Sprache ohne geschriebene Regeln nicht unmittelbarer … //

 
   
                   Das ist klar: die Grammatik ist das Leben des Satzzeichens.

 
   
                   Wie weiss ich, was der Begriff ‘Kugel’ alles beinhaltet, – wenn ich das Wort “Kugel” gebrauche, und doch wissen muss // weiss // , was ich damit meine?
          Da geschieht doch folgendes: für manche der Konsequenzen muss ich mich an die Geometrie (also Grammatik) wenden, und andere sind in der Vorstellung
schon
selbst
klar.

 
   
                   Man könnte fragen: Wie mach ich's denn, um ein Wort immer richtig anzuwenden, schau ich immer in der Grammatik nach? Nein, dass ich etwas meine – was ich meine– , hindert mich Unsinn zu sagen; – aber was meine ich denn? Ich sage: ich rede vom Teilen eines Apfels, aber nicht vom Teilen der Farbe Rot, weil ich beim Teilen eines Apfels
343
mir etwas denken kann, etwas vorstellen, etwas wollen kann; beim Ausdruck “Teilen einer Farbe” nicht. Und ist es etwa so, dass man bei d[e|i]esem Wort nur noch keine Wirkung auf andere Menschen beobachtet hat?!

 
   
                   “Woher weiss ich, dass ich Rot nicht teilen kann?” – Die Frage selbst heisst nichts. Ich möchte sagen:
Man
Ich
muss mit der Unterscheidung von Sinn und Unsinn anfangen. Vor ihr ist nichts möglich.

 
   
                   Was ich sage, kommt eigentlich darauf hinaus, dass Sprechen und Denken nicht einerlei sind. Anderseits aber, was ich hier unter Denken verstehe, nicht wesentlich ein menschlicher Vorgang sein kann, weil der mich hier nicht interessiert.

 
   
                   Es scheint, als könnte man sagen so etwas sagen wie: Die Wortsprache lässt unsinnige Ausdrücke zu, die Sprache der Vorstellungen aber nicht unsinnige Vorstellungen. (Natürlich kann das, so wie es da steht, nichts heissen.)

 
   
                   Wenn ich mich entschlösse (in meinen Gedanken) statt “rot” ein neues Wort zu sagen, wie würde es sich zeigen, dass dieses an dem Platz des “rot” steht? Wodurch ist
der Platz
die Stelle
eines Wortes bestimmt? Angenommen etwa, ich wollte auf einmal alle Wörter meiner Sprache durch andere ersetzen, wie könnte ich wissen, welches Wort an der Stelle welches früheren steht. Sind es da die Vorstellungen, die bleiben und
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den Platz des Wortes halten? So dass an einer Vorstellung quasi ein Haken ist, und hänge ich an den ein Wort, so ist ihm
dadurch
damit
der Platz angewiesen? Ich kann es nicht glauben. Ich kann mir nicht denken, dass den Vorstellungen im Denken ein anderer Platz zukommt als den Worten.

 
   
                   Man kann das Wort “existieren” so auffassen, dass der Ausdruck “rot existiert” bedeutet: es gibt ein Ding, das rot ist (dies ist ein Satz oder eine Hypothese), oder man fasst ihn so auf, dass damit gemeint ist, der Satz “a ist rot” hat Sinn.

 
   
                   Die Frage “habe ich diese Farbe schon einmal gesehen” ist unsinnig, wenn ich in einem primären Sinne frage, und nicht das Gedächtnis als einzigen Richter anerkenne.
          Es hängt damit zusammen: Wenn ich mir eine Farbe zu sehen erwarte und es kommt eine und ich sage “das ist die, die ich erwartet habe”: Lässt sich fragen “woher weisst Du das, die Farbe war ja nicht da, wie Du sie erwartet hast”?
          Im primären Sinne ist das Wiedererkennen nicht das Symptom // Anzeichen // der Gleichheit, sondern der Ursprung des Begriffs der Gleichheit. Und zwar sowohl das Wiedererkennen der Erinnerung, wie das des Erwartens.

 
   
                   Kann man ˇdenn die Erwartung mit der eingetroffenen Tatsache vergleichen? Man sagt ja, die Tatsache stimme mit der Erwartung überein oder nicht überein; aber dieses Uebereinstimmen bezieht
345
sich nicht auf Eigenschaften der Erwartung (des Vorgangs der Erwartung) und Eigenschaften des Ereignisses, vielmehr drückt sich die Uebereinstimmung durch eine Uebereinstimmung der Zeichen aus.

 
   
                   Es ist aber nicht so als ob ich sagte: “ich habe Lust auf einen Apfel, was immer also diese Lust stillen wird, werde ich einen Apfel nennen”. (Also etwa auch ein Schlafmittel.)

 
   
                   Ich suche ein Buch und sage, es ist rot, so drücke ich durch diese Namengebung das Wiedererkennen (in der Sprache) aus, es ist also nicht durch einen Satz auszudrücken.

 
   
                   Was ich erwarte ist nicht dem ähnl[ci|ic]h, was die Erwartung erfüllt, sondern es ist das, was die Erwartung erfüllt.
          So heisst es in der Sprache: ich erwarte es und es geschieht.

 
   
                   Es hat auch einen Sinn zu sagen, es sei nicht das geschehen, was ich erwartet habe, sondern etwas ähnliches; im Gegensatze aber zu dem Fall, wenn das geschieht, was erwartet wurde. Und das zeigt, welcher Art der Missbrauch der Sprache ist, zu
dem
welchem
wir hier verleitet werden.

 
   
                   Wenn man nun sagte: Das Rot, das Du Dir vorstellst, ist doch gewiss nicht dasselbe (dieselbe Sache) wie das, was Du wirklich vor Dir siehst, – wie kannst Du dann sagen ‘das ist dasselbe, was ich mir vorgestellt habe’? – Zeigt denn das nicht nur, dass, was ich “dieses Rot”
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nenne, eben das ist, was meiner Vorstellung und der Wirklichkeit gemein ist? Denn das Vorstellen des Rot ist natürlich anders als das Sehen des Rot, aber darum heisst ja auch das eine “Vorstellen eines roten Flecks” und das andere “Sehen eines roten Flecks”. In beiden (verschiedenen) Ausdrücken aber kommt dasselbe Wort “rot” vor und so muss dieses Wort nur das bezeichnen, was beiden Vorgängen zukommt.
          Ist es denn nicht dasselbe in den Sätzen “hier ist ein roter Fleck” und “hier ist kein roter Fleck”? In beiden kommt das Wort “rot” vor, also kann dieses Wort nicht das Vorhandensein von etwas Rotem bedeuten. – (Der Satz “das ist rot” ist nur eine Anwendung des Wortes “rot”, gleichberechtigt mit allen anderen, wie mit dem Satz “das ist nicht rot”.)
          (Das Wort “rot” hat eben – wie [ges|jed]es Wort – nur im Satzzusammenhang eine Funktion. Und ist das Missverständnis, dass, in dem Wort allein schon den Sinn eines Satzes zu sehen glauben?)

 
   
                   Wenn man sagt, ich könne das Wort “rot” nicht sinnvoll gebrauchen, wenn ich nie etwas Rotes gesehen hätte, so ist das Unsinn, wenn es sich hier um den physikalischen Vorgang des Sehens handeln soll.
Mit
In
irgend einem Sinne konnte man sagen: das Wort “rot” hätte für mich keinen Sinn, wenn ich nicht erinnerte // erinnern könnte // schon rot gesehen zu haben; aber auch hier brauche ich mich nicht an einen bestimmten Fall zu erinnern, wo ich etwas Rotes gesehen habe, und so bliebe nur übrig, dass ich mir [r|R]ot muss vorstellen können.

 
   
                   Wie komisch wäre es, zu sagen: ein Vorgang sieht anders aus, wenn er geschieht, als wenn er nicht geschieht. Oder “Eein
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roter Fleck sieht anders aus, wenn er da ist, als wenn er nicht da ist, aber die Sprache abstrahiert von diesem Unterschied, denn sie spricht von einem roten Fleck, ob er da ist oder nicht”.

 
   
                   Wie unterscheidet sich das Rot eines Flecks, den wir vor uns sehen, von dem dieses Flecks, wenn wir ihn uns bloss vorstellen? – Aber wie wissen wir denn, dass es das Rot dieses Flecks ist, wenn es (von dem Ersten) verschieden ist? – Woher wissen wir denn, dass es dasselbe Rot ist, wenn es verschieden ist // nicht dasselbe ist // ? – Dieser [F|G]allimathias zeigt, dass hier ein Missbrauch der Sprache vorliegt.

 
   
                   Wie ist es möglich, dass ich erwarte, und das, was ich erwarte, kommt? Wie ko[mm|nn]t' ich es erwarten, da es nicht da war?
          Die Realität ist keine Eigenschaft, die dem Erwarteten noch fehlt und
die
ihm
nun hinzutritt, wenn es eintritt. – Sie ist auch nicht wie das Tageslicht, das den Dingen erst ihre Farbe gibt, wenn sie im Dunkeln schon gleichsam farblos vorhanden sind.
          Wie konnte ich es erwarten, und es kommt dann wirklich; – als ob die Erwartung ein dunkles Transparent wäre und mit der Erfüllung das Licht dahinter angezündet würde. – Aber jedes solche Gleichnis ist falsch, weil es die Realität einen beschreibbaren Zusatz zur Erwartung // zum Gedanken // darstellt; was unsinnig ist.
          (Es ist das im Grunde derselbe Unsinn, wie der, der die vorgestellte Farbe als matt im Vergleich zur wirklichen darstellt.)

 
   
                   Du siehst also, möchte ich sagen, an diesen Beispie-
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len, wie die Sprache tatsächlich funktioniert. – Aber auch das stellt die Sache falsch dar, denn es scheint dann, dass man sich die Funktion der Sprache anders vorgestellt hat (sie sich anders vorstellen konnte) und nun resignieren muss. Aber es ist richtig zu sagen: Du siehst also, wie die Worte wirklich gebraucht werden.

 
   
                   Die ganze Antwort auf mein Problem liegt darin, dass ich nicht fragen kann: “woher weisst Du, dass das wirklich das ist, was Du Dir erwartet hast”. – Denn, weder kann man es an einem Dritten (einem Gefühl der Befriedigung) erkennen[,| (]sonst müsste zum voraus durch eine Regel bestimmt sein, dass immer wenn dieses Gefühl eintritt, … Aber das setzt wieder die Möglichkeit einer Annahme voraus). Noch erklärt es etwas, wenn ich sage, ich erkenne das Erwartete wieder. Das ist nur ein
hinzugesetztes
hinzugefügtes
Wort, das uns nicht hilft.

 
   
                   Denn, könnte man diese Frage beantworten (hätte die Frage einen Sinn), so enthielte die Antwort eine Beschreibung von Gedanken und Wirklichkeit, und der Bedingung ihrer Uebereinstimmung.

 
   
                   Ist zwischen der Vorstellung eines Erinnerungsbildes und der eines Erwartungsbildes ein Unterschied? Ich kann doch z.B. erwarten, die Farbe zu sehen, die ich mich erinnere, dort und dort gesehen zu haben. Ich erinnere mich z.B., einen Menschen heute in einer bestimmten Stellung gesehen zu haben und kann mir nun vorstellen, dass er morgen wieder in dieser Stellung da und da erscheinen wird. [E|A]endert da das Vorstellungsbild seinen Charakter, wenn ich von der Erinnerung
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zur Erwartung übergehe?

 
   
                   Das “ja” (oder “nein”) oder die Beschreibung des Ereignisses deutet das Ereignis als Erfüllung der Erwartung. // Deu // deutet es als Antwort auf die Erwartung. //

 
   
                   In der Sprache berühren sich Erwartung und Ereignis.

 
   
                   Es ist, als brächte die Beschreibung am Ereignis jene Marken [a| // ] die Striche // an, die sich dann mit denen der Erwartung berühren.

 
   
                   Ich erwarte mir einen Schuss;”. [d|D]er Schuss fällt. Wie, das hast Du Dir erwartet; war also dieser Krach irgend wie schon in Deiner Erwartung? Oder stimmt Deine Erwartung nur in anderer Beziehung mit dem Eingetretenen überein, war dieser Lärm nicht in Deiner Erwartung enthalten und kam nur als Accidens hinzu, als die Erwartung erfüllt wurde? Aber nein, wenn der Lärm nicht eingetreten wäre, so wäre meine Erwartung nicht erfüllt worden; der Lärm hat sie erfüllt, er kam nicht zu der Erfüllung hinzu wie ein zweiter Gast zu dem einen, den ich erwartete.

 
   
                   War das am Ereignis, was nicht auch in der Erwartung war, ein Accidens, eine Beigabe des Schicksals // der Schickung // ? Aber was war denn dann nicht Beigabe, kam denn irgend etwas vom Schuss schon im meiner Erwartung vor? Und was war denn Beigabe, denn hatte ich
350
mir nicht den ganzen Schuss erwartet?

 
   
                   Um
im Chinesischen
in einer Sprache
einen Satz bilden zu können, dazu genügt es nicht, die Lautreihe zu lernen und zu wissen, dass sie, etwa in der Fibel neben einem bestimmten Bild steht. Denn das befähigt mich nicht, die Tatsache
auf Chinesisch
in jener Sprache
zu portraitieren.
           Ja, wenn es mir im Deutschen so geschähe, dass ich die ganze Sprache vergässe, mir aber bei einer bestimmten Gelegenheit doch die Lautverbindung einfiele, die man in diesem Falle gebraucht, so würde ich diese Lautverbindung in diesem Falle mit nicht verstehen.

 
   
                   Wenn man jemandem fragt “wie weisst Du, dass diese Beschreibung wiedergibt, was Du siehst”, so könnte er etwa antworten “ich meine das mit diesen Worten”. Aber was ist dieses “das”, wenn es nicht (selbst) wieder artikuliert, also schon Sprache ist? Also ist “ich meine das” gar keine Antwort. Die Antwort ist eine Erklärung der Bedeutung der Worte.

 
   
                   Wenn ich die Beschreibung nach Regeln bilde, was auch möglich ist, dann übersetze ich sie als eine Sprache aus einer anderen. Und das kann ich natürlich mit Grammatik und Wörterbuch tun und so rechtfertigen. – Aber dann ist die Uebertragung vom Artikuliertem in Artikuliertes. Und wenn ich sie durch Berufung auf die Grammatik und das Wörterbuch rechtfertige, so tue ich nichts, als eine Beziehung zwischen Wirklichkeit und Beschreibung (eine projektive Beziehung) festzustellen, von der Intention aber, meiner Beschreibung ist hiebei keine Rede. (D.h. ich kann eben nur die Aehnlichkeit des Bildes prüfen, nichts weiter.)
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                   Wie kann man durch Denken die Wahrheit lernen?
          Wie mann ein Gesicht besser sehen lernt, wenn man es zeichnet.

 
   
                   Nehmen wir an, ich erwarte jemand: ich sehe auf die Uhr, dann zum Fenster hinaus, richte etwas in meinem Zimmer zurecht, schaue wieder hinaus, etc.. Diese Tätigkeit könnte ich das Erwarten nennen. Denke ich nun die ganze Zeit dabei? (D.h. ist diese Tätigkeit wesentlich eine Denktätigkeit, oder von ihr begleitet?) Letzteres bestimmt nicht. Und wenn ich jene Tätigkeiten Denken nenne, welches wären die Worte, durch die dieser Gedanke ausgedrückt würde? – Wohl aber werden auch Gedanken während dieses Wartens sich einfinden. Ich werde mir sagen sagen: “vielleicht ist er zu Hause aufgehalten worden”, und drgl. mehr; vielleicht auch die artikulierte Erwartung “wenn er nur käme”.
          In allen jenen erwartenden Handlungen ist nichts, was uns interessiert (die Erfüllung der Erwartung in diesem Sinn ist nichts anderes, als die Stillung eines Hungers). Uns interessiert nur das zu einem Zweck gemachte Bild. – Der artikulierte Gedanke.

 
   
                   Ich mache einen Plan nicht nur, um mich Andern verständlich zu machen, sondern auch, um selbst über die Sache klar zu werden. (D.h. die Sprache ist nur Mittel zur Mitteilung.)

 
   
                   Die Verwendung des Plans ist eine Uebersetzung in unsere Handlungen. Eine Uebertragung in unsere Handlungen.
          (Es ist klar, dass da kausale Zusammenhänge gesehen werden, aber es wäre kom[k|i]sch, die als das Wesen eines Planes auszugeben.)
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                   Wenn ich sage “der Sinn eines Satzes ist dadurch bestimmt, wie er zu verifizieren ist”, was muss ich dann von dem Sinn des Satzes, dass dieser Satz die Uebersetzung // dieses Bild das Portrait // jenes Gegenstandes sein soll, sagen? Wie ist das denn zu verifizieren?

 
   
                   Was zum Wesen des Satzes gehört, kann die Sprache schon darum nicht ausdrücken, weil es für jeden Satz das Gleiche wäre; und ein Zeichen, das in jedem Satz vorkommen muss, logisch eine blosse Spielerei wäre. Die Zeichen des Satzes sind ja nicht Talismane oder magische Zeichen, die auf den Betrachter einen bestimmten Eindruck hervorrufen sollen.
          Gäbe es philosophische Zeichen im Satz, so müsste ihre Wirkung // Funktion // eine solche unmittelbare sein.

 
   
                   Insofern jeder Satz ein Plan ist und man mit einem Plan einen Plan nicht erklären kann, kann man keinen Plan mit einem Satz erklären.
          Jede Erklärung durch einen Satz liefert – wie gesagt – einen neuen Plan und nie das Wesen des Planes.

 
   
                   Einem Plan folgen ist wesentlich dieselbe Tätigkeit, wie eine Projektion (Uebersetzung) nach einer bestimmten Regel zu kontrollieren.

 
   
                   Der Satz ist als Richter hingestellt und wir fühlen uns vor ihm verantwortlich.

353
 
   
                   Der Plan, den ich gezeichnet habe, um später nach ihm zu gehen, ist für micht nicht irgend eine Zeichnung auf einem Stück Papier. Wie unterscheidet er sich für mich von einem beliebigen Fetzen Papier?
          Durch eine Beziehung auf etwas Anderes. Aber da das Ereignis, dessen Plan er ist, nicht stattgefunden haben muss, so kann er darauf nicht zeigen, sondern nur auf Gegenstände die vorhanden sind, ob dieses Ereignis stattfindet oder nicht. Gegenstände, die ihm seinen Sinn gestatten, nicht, die ihm wahrmachen. Aber diese Gegenstände zusammen mit der Zeichnung machen auch nicht einen Plan, denn die Beziehung nach aussen, die für ihn wesentlich ist, richtet sich gerade auf das Eventuelle, das Unbestimmte.
          Der Plan kann (also) nur seine Fühler ausstrecken, bis dorthin, wo das Ereignis eintrifft oder nicht eintrifft. Und das verlangende Ausstrecken ist es, was wir im Plan als Plan verstehen.
          Das Verlangende besteht darin, dass der Plan nicht abgeschlossen ist (keine Tatsache); denn ist er ein abgeschlossener Komplex, so hört es auf, nach aussen zu deuten.
          Der Plan ist als Plan etwas Unbefriedigtes. (Wie der Wunsch, die Erwartung, die Vermutung u.s.f..)
          Ich möchte manchmal mein Gefühl dem Plan gegenüber als eine Innervation bezeichnen. Aber auch die Innervation an sich ist nicht unbefriedigt, ergänzungsbedürftig.

 
   
                   Wenn man nach einer Regel einen Tatbestand abbildet, so ist dieser dabei die Vorlage. Ich brauche keine weitere Vorlage, die mir zeigt, wie die Abbildung vor sich zu gehen hat, wie also die erste Vorlage zu benützen ist, denn sonst brauchte ich uauch eine Vorlage, um mir die Anwendung der zweiten zu zeigen, u.s.f.
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ad infinitum. D.h. eine weitere Vorlage nützt mich nichts, ich muss ja doch einmal ohne Vorlage handeln.

 
   
                   ‘p’ ist wahr = p. Man gebraucht das Wort “wahr” in Zusammenhängen wie “was er sagt ist wahr”, das aber sagt dasselbe wie “er sagt ‘p’ und p ist der Fall”.

 
   
                   Die Verneinung verbindet sich mit dem verneinten Plan und der verneinte kommt als Plan nicht im neuen Plan vor: d.h., wenn ich non-p glaube, so glaube ich dabei nicht zugleich p, weil “p” in “non-p” vorkommt.

 
   
                   Es wäre charakteristisch für eine bestimmte irrige Auffassung, wenn ein Philosoph glaubte, einen Satz mit roter Farbe drucken lassen zu müssen, da er erst so ganz das ausdrücke, was der Autor sagen will. (Hier hätten wir die magische Auffassung der Zeichen statt der logischen.)
          (Das magische Zeichen würde wirken wie eine Droge, und für sie wäre die Kausalitätstheorie richtig // völlig zureichend // .)

 
   
                   [|p] kommt in non-p in demselben Sinne vor, wie non-p in p.

 
   
                   Die Worte “vorkommen” etc. sind eben unbestimmt, wie alle solche Prosa. Exakt und unzweideutig und unbestreitbar sind nur die grammatischen Regeln, die am Schluss zeigen müssen, was gemeint ist
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// worum es sich handelt // .

 
   
                   Ich zeichne einen Plan (wie ich gehen will) und schreibe das Verneinungszeichen dazu; aber das nützt nichts, solange man nicht weiss, dass es das Verneinungszeichen ist. Aber wie weiss man es denn? // Aber wie kann man es denn wissen? // Etwa dadurch, dass es uns gesagt wird? Aber wie wird es uns denn gesagt? Dabei kann doch nur ein Zeichen für ein anderes gesetzt werden. Denn eine Erklärung der Negation wäre nur wieder ein Zeichen für sie.

 
   
                   “Wie ich einen Körper durch seine verschiedenen Ansichten geben kann und er mit diesen äquivalent ist, so offenbart sich die Natur der Negation in den verschiedenen, grammatisch erlaubten Anwendungen des Negationszeichens.”

 
   
                   “Was hilft es, dass als Negationszeichen nur ein Haken vor dem Satz p steht, ich muss ja doch die ganze Negation denken.”

 
   
                   Eine Projektionsmethode mag einen Punkt in einen Kreis projizieren, aber die Komplikation dieser Projektionsmethode wird sich offenbaren, wenn man nun alle die Gebilde durchgeht, die sie ineinander verwandelt.
          Wenn ich z.B. sage, “ich gehe nicht diesen Weg” so stimmt damit überein, dass ich alle jene anderen Wege gehe (und dass ich einen Weg gehe verträgt sich nicht damit, dass ich einen anderen gehe) und so zeigt es sich, was das ‘nicht’ bedeutet.

356
 
   
                   Das Zeichen “non” deutet an, Du sollst das, was folgt, negativ auffassen.
          Es deutet an, heisst, dass das nicht der letzte sprachliche Ausdruck ist. Dass das nicht das Bild des Gedankens ist. Dass [M|m]ehr in der Negation ist als wahr das.

 
   
                   Die Erklärung eines Zeichens ist gleich wieder ein Zeichen. Denn sie konnte doch nur dann be darin bestehen, dass sie den Gedanken genauer darstellt als jenes Zeichen.

 
   
                   Denken wir uns den Plan eines Weges gezeichnet und mit einem Strich durchgestrichen, der anzeigen soll, dass dieser Plan nicht auszuführen ist. Auf dem Plan sind viele Striche gezogen, aber der, der ihn durchstreicht hat eine gänzlich andere Funktion als die anderen.

 
   
                   Das Zeichen hat nur einen Zweck, uns etwas mitzuteilen; eine Erklärung des Zeichens kann also nur diese Mitteilung verdeutlichen, ist also selbst nur ein Zeichen statt des ersten.
          Eine Erklärung des Zeichens der Negation muss also selbst nur eine grammatische Auseinanderlegung der Negation sein.

 
   
                   Könnte eine Erklärung, die nicht zur Grammatik gehört, etwas Wesentliches über die Negation sagen, so müssten wir gerade dieses Wesentliche im Gebrauch des Zeichens entbehren. – Es würde dann das Sachliche nicht genügen und das Unsachliche enthielte das, was zum Verständnis nötig ist.

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                   Vergleich der verschiedenen Arten von Linien // der Linien mit verschiedenen Funktionen // auf der Landkarte mit den Wortarten im Satz. Der Unbelehrte sieht eine Menge Linien und weiss nicht, dass sie sehr verschiedene Bedeutungen haben.

 
   
                   Ich sage, die Verneinung ist nur eine Veranlassung um etwas viel Komplexeres zu tun; aber was? Lässt sich die Frage nicht beantworten (und das eine Symbol der Negation durch ein anderes zu ersetzen, ist keine Antwort) so ist sie unsinnig, und dann ist es auch jener erste Satz.
          Es ist, als veranlasste uns das Zeichen der Negation zu etwas; aber was, das wird scheinbar nicht gesagt. Es ist, als brauchte es nur angedeutet werden, als wüssten wir es schon. ﹖– Als wäre eine Erklärung jetzt unnötig, da wir die Sache ohnehin schon kennen. –﹖
          Nun könnte man sagen, die Erklärung liegt in ex tenso extenso in allen Anwendungen, in den grammatischen Regeln. (die übrigens

 
   
                   Gäbe es eine explizitere Ausdrucksweise der Negation, so müsste sie sich doch in die andere abbilden lassen und könnte darum nicht von anderer Multiplizität sein. Es wäre denn in dem Falle, dass es ein Gebiet, einen Komplex gäbe, der immer nur im ganzen [B|b]etrachtet würde, sodass wir nie über die blosse Andeutung hinausgingen. Aber das widerspricht der Annahme einer möglichen Auseinanderlegung (Erklärung), die ja eben in das Innere dieses Komplexes dringen müsste.

 
   
                   ‒ ‒ ‒ D.h. es darf nichts geben, was die Sprache nur andeutet, der Gedanke aber ausführt. Denn der Gedanke ist selbst nur eine angewandte Sprache.

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                   Sprache und Gedanke verhalten sich nicht wie Signal und Ausführung des signalisierten Befehls. Denn in diesem Falle gibt es ja noch eine ausführlichere Erklärung, auf die sich das Signal (gleichsam durch Definition) bezieht. Während im Fall Sprache und Gedanke die ausführliche Erklärung ja selbst zur Sprache gehört. Sodass, wo es überhaupt eine Ausbreitung // Auseinanderlegung // gibt, die selbst zur Sprache gehört; und wo es in der Sprache keine gibt, überhaupt von keiner die Rede sein kann und also auch nicht von einem Signal.

 
   
                   Der Gedanke ist kein geheimer – und verschwommener – Prozess vo[r|n] dem wir nur Andeutungen in der Sprache sehen, als wäre die Negation ein Stoss und [ei|de]r Gedanke darauf wie ein unbestimmter Schmerz, von diesem Stoss hervorgerufen, aber gänzlich von ihm verschieden.

 
   
                   Nun wäre aber die Frage: wie zeigt sich das uns [B|b]ekannte Spezifische der Negation in den Regeln, die vom Negationszeichen gelten // handeln // . Dass z.B. ein gezeichneter Plan eines Weges ein Bild des Weges ist verstehen wir ohne weiteres; wo sich der gezeichnete Strich nach links biegt, biegt sich auch der Weg nach links, etc. etc.. Dass aber das Zeichen “nicht” den Plan ausschliesst, sehen wir nicht. Eher noch, wenn wir etwas ausgeschlossenes mit einem Strich umfahren, gleichsam abzäunen. Aber so könnte man ja das “non” als eine Tafel auffassen “verbotener Weg”. Aber damit verstehen wir es natürlich noch immer nicht als Bild.

 
   
                   Wie ist es aber mit diesem Gedanken: Wenn “non-p” ein
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Bild sein soll, wäre, was es bedeutet, nicht am besten dadurch darzustellen, dass das ˇim Zeichen nicht der Fall ist, was darstellen würde, dass p der Fall ist. Es ist aber klar, dass so ein Symbolismus nicht funktioniert.
          Es ist dafür keine Erklärung, zu sagen (was ich einmal sagte) ein solcher negativer Symbolismus ginge schon, er sei nur darum nicht zu gebrauchen, weil man aus ihm nicht erfahren könne, was verneint sei. Dann ist er eben kein Symbolismus der Negation, wenn er uns nicht das Nötige mitteilt. Und dann fehlt es ihm an etwas Wesentlichem.
          Es hat ja seinen Grund, warum in gewissen Fällen der negative Symbolismus funktioniert und z.B. keine Antwort auch eine Antwort ist. In diesen Fällen ist eben der Sinn des Schweigens eindeutig bestimmt.

 
   
                   Es wird eine andere Art Portrait entworfen, durch ein Bild, was zeigen soll, wie es sich nicht verhält, als durch eines, was zeigt wie es sich verhält.

 
   
                   Es wäre die Frage: kann je ein Portrait der negativen Art das Gleiche portraitieren, wie eines der positiven Art; d.h. von dem gleichen Sachverhalt wahr oder falsch gemacht werden?

 
   
                   Die Farbangabe, dass etwas nicht rot ist, ist von anderer Art als die, dass etwas rot (oder blau) ge ist. D.h. sie ist nicht in dem gleichen Sinn eine Farbangabe.

 
   
                   Dagegen kann die Negation eines Satzes eine Angabe gleicher Art sein, wie der negierte Satz.

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                   Ich kann ein Bild davon zeichnen, wie Zwei miteinander fechten; aber doch nicht davon wie Zwei miteinander nicht fechten (d.h. nicht ein Bild, dass bloss dies darstellt).
          “Sie fechten nicht miteinander” heisst nicht, dass davon nicht die Rede ist, sondern, es ist eben davon die Rede und wird (nur) ausgeschlossen.
          Das Fechten wird hier, quasi, weggeworfen. Aber könnte man den Zustand dann nicht eben so darstellen, dass eben das Fechten weggeworfen ist, also nicht da ist. Wohl, aber dann muss man den tatsächlichen Zustand etwa in einer allgemeinen Weise darstellen (wenn man nämlich einen bestimmten positiven nicht darstellen will), so dass dadurch das Fechten und nur dieses ausgeschlossen ist, und dann ist es eben durch das Dargestellte doch wieder bestimmt.
          Wenn ich sagen will “er ist nicht in diesem Kreis” so kann ich das freilich so darstellen, dass er irgendwo ausserhalb ist, aber dann tritt der Kreis doch wieder in der Darstellung auf.
          Ich brauche im negativen Satz das [I|i]ntakte Bild des positiven Satzes.

 
   
                   “Eine ungeteilt gesehene Fläche hat keine Teile”.
          Denken wir uns aber einen Masstab an die Fläche angelegt, sodass wir etwa zuerst das Bild , dann das Bild und dann vor uns hätten, dann folgt daraus, dass das erste Band durchaus weiss ist, durchaus nicht, dass im zweiten und dritten alles mit Ausnahme der Teilstriche weiss ist.

 
   
                   Die gewöhnliche Auffassung vom Beispiel des Anstrichs ist dadurch charakterisiert, dass es gleichgültig ist, ob wir uns die
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Striche A' und B' schon vorhanden denken, wenn der Stab gestrichen wird, oder ob wir das Stück A'B' erst später auf ihm abtragen. – Sind die Striche A' und B' schon ursprünglich hier, dann folgt allerdings jener zweite Satz aus dem ersten (﹖– dann ist die Zusammengesetztheit schon in dem ersten Satz offenbar vorhanden –﹖) dann folgen aber aus dem ersten Satz nur so viele Sätze, als seiner Zusammengesetztheit entspricht (also nie unendlich viele).

 
   
                   Wenn ich sage “in dem Quadrat ist ein schwarzer Kreis” so ist es mir immer, als habe ich hier wieder etwas Einfaches vor mir. Als müsse ich nicht an verschiedene mögliche
Lagen
Stellungen
oder Grössen des Kreises denken. Und doch kann man sagen: wenn ein Kreis in dem Quadrat ist, so muss er irgendwo und von irgend einer Grösse sein. Nun kann aber doch auf keinen Fall davon die Rede sein, dass ich mir alle möglichen Lagen und Grössen zum voraus denke. – In dem ersten Satz scheine ich sie vielmehr, sozusagen, durch ein Sieb zu fassen, sodass “Kreis innerhalb des Quadrats” einem Eindruck zu entsprechen scheint, für den das Wo etc. überhaupt noch nicht in Betracht kommt, als sei es (gegen allen Anschein) etwas, was mit jenem ersten Sachverhalt nur physikalisch, nicht logisch verbunden sei.
          Der Ausdruck “Sieb” kommt daher: wenn ich etwa eine Landschaft ansehe, durch ein Glas, das nur die Unterschiede von Dunkelheit und Helligkeit durchlässt, nicht aber die Farbunterschiede, so kann man so ein Glas ein Sieb nennen. Denkt man sich nun das Quadrat durch ein Glas betrachtet, das nur den Unterschied ‘Fleck “Kreis im Quadrat, oder nicht im Quadrat” durchli[ä|e]ss[t|e], nicht aber einen Unterschied der Lage oder Grösse des Kreises, so könnten wir auch hier von einem Sieb sprechen.

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                   Wir müssen wissen, was Erklärung heisst. Es ist die ständige Gefahr, dieses Wort in der Logik in einem Sinn verwenden zu wollen, der von der Physik hergenommen ist.

 
   
                   Wenn ich sage, der Fleck liegt im Quadrat, so weiss ich – und muss wissen – dass es verschiedene mögliche Lagen für ihn gibt. Aber auch, dass es ich nicht eine bestimmte Zahl aller solcher Lagen nennen könnte. Ich weiss von vornherein nicht, wieviele Lagen “ich unterscheiden könnte”. – Und ein Versuch darüber lehrt mich auch nicht das, was ich hier wissen will.
          Das Dunkel, welches über den Möglichkeiten der Lage etc. herrscht, ist die gegenwärtige logische Situation. So wie trübe Beleuchtung auch eine bestimmte Beleuchtung ist.

 
   
                   Es ist wichtig, dass ich den Sachverhalt “der Kreis ist irgendwo im Quadrat” nicht malen könnte, ohne einen bestimmten Fallz zu malen, den ich aber hier nicht meine.

 
   
                   Es ist da immer so, als könnte man eine logische Form nicht ganz übersehen, da man nicht weiss, wieviel, oder welche mögliche Lagen es für den Fleck im Viereck gibt. Anderseits weiss man es doch, denn man ist von keiner überrascht, wenn sie auftritt.
          Aber so wäre es ja mit allem Gesehenen. Wenn ich eine
seltsame
seltene
Blume sehe, wie ich nie eine gesehen habe, so bin ich nicht über ihre Möglichkeit überrascht, und doch überrascht, weil ich mir dergleichen nie vorgestellt habe.

363
 
   
                   Man könnte sagen, der Satz ist immer ein Sieb (das sondert, dass eine durchlässt, das [a|A]ndre zurückhält). Und dann ist eben auch der allgemeine Satz eins.

 
   
                   In wiefern sieht der allgemeine Gedanke hier jeden besonderen Fall voraus? Ich sage: ich kann keinen neue Möglichkeit durch die Erfahrung lernen.

 
   
                   Ich m[p|ö]chte sagen, in dem Satz “ein Kreis liegt im Quadrat” ist von der besonderen Lage überhaupt nicht die Rede. Ich sehe dann in dem Bild nicht die Lage, ich sehe von ihr ab. So als wären etwa die Abstände von den Quadratseiten dehnbar und als gälten ihre Längen nicht.
          Ja, kann denn nicht der Fleck sich wirklich im Viereck bewegen? Ist das nicht nur ein spezieller Fall von dem, im Viereck zu sein? Dann wäre es also doch nicht so, dass der Fleck an einer bestimmten Stelle im Viereck liegen muss, wenn er überhaupt darin ist.

 
   
                   Ich will sagen, dass es mir eine Beziehung des Flecks zum Rand zu geben scheint, die unabhängig von dem Abstand ist. – Gleichsam als bediente ich mich einer Geometrie, in der es keinen Abstand gibt, wohl aber ein Innen Innen und Aussen. So gesehen, sind allerdings auch die Bilder und gleich.

 
   
                   Der Satz “der Fleck ist im Quadrat” hält gleichsam selbst den Fleck bloss im Quadrat, das heisst, er beschränkt die
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Freiheit des Flecks nur auf diese Weise und gibt ihm in dem Quadrat volle Freiheit. Der Satz bildet dann einen Rahmen, der die Freiheit des Flecks beschränkt und ihn innerhalb frei lässt, das heisst, mit seiner Lage nichts zu schaffen hat. – Dazu muss aber der Satz (gleichsam eine Kiste, in der der Fleck eingesperrt ist) die logische Natur dieses Rahmens haben und das hat er, denn ich könnte jemandem den Satz erklären und dann jene Möglichkeiten auseinandersetzen und zwar unabhängig davon, ob ein solcher Satz wahr ist oder nicht, also unabhän[ig|gi]g von einer Tatsache.

 
   
                   Es ist natürlich nicht “Stellung des Kreises in diesem Quadrat” ein Begriff, und die besondere Stellung ein Gegenstand, der unter ihn fällt. So dass Gegenstände gefunden würden, von denen man sich überzeugt, dass sie (auch) Stellungen des Kreises im Quadrat sind, von denen man aber früher nichts gewusst hat.

 
   
                   Die Mittelstellung des Kreises in andere ausgezeichnete Stellungen sind übrigens ganz analog den primären Farben in der Farbenskala. (Dieses Gleichnis könnte man mit Vorteil fortsetzen.)

 
   
                   Die Grammatik, wenn sie in der Form eines Buches uns vorläge, bestünde nicht aus einer Reihe bloss nebengeordneter Artikel, sondern würde eine andere Struktur zeigen. Und in dieser müsste man – wenn ich Recht habe – auch den Unterschied zwischen Phänomenologischem und Nicht-Phänomenologischem sehen. Es wäre da etwa ein Kapitel von den Farben, worin der Gebrauch der Farbwörter geregelt wäre; aber dem vergleichbar wäre nicht, was über die Wörter “nicht”, “oder”, etc. (die “logischen
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Konstanten”) in der Grammatik gesagt würde.
          Es würde z.B. aus den Regeln hervorgehen, dass diese letzteren Wörter in jedem Satz anzuwenden seien (nicht aber die Farbwörter). Und dieses “jedem” hätte nicht den Charakter einer erfahrungsmässigen Allgemeinheit; sondern der inappellablen Allgemeinheit einer obersten Spielregel. Es scheint mir ähnlich, wie das Schachspiel wohl ohne gewisse Figuren zu spielen (oder doch [o|f]ortzusetzen) ist, aber nie ohne das Schachbrett.

 
   
                   (Eine Modedummheit der heutigen populären Physik ist es, zu sagen, dass der Raum, etwa, eines Eisenwürfels nicht, wie der Laie glaubt, ganz oder beinahe ganz von Materie erfüllt sei, sondern, dass er vielmehr beinahe leer sei, da die Elektronen im Vergleich zu ihren Abständen voneinander winzig klein seien. In Wahrheit aber wäre die Ansicht des Laien natürlich gerechtfertigt wie klein immer man die Elektronen annimmt, denn dem Erfülltsein des Raumes mit Materie im gewöhnlichen Sinn, dem erfahrungsmässigen Erfülltsein, entspricht in der physikalischen Hypothese gar nicht das Erfülltsein mit Elektronenmasse, sondern die Häufigkeit der Elektronen.)

 
   
                   Das beste Gleichnis für jede Hypothese, und selbst ein Beispiel, ist ein Körper mit seinen nach einer bestimmten Regel konstruierten Ansichten aus den verschiedenen Punkten des Raumes.

 
   
                   Man bedenkt gar nicht wie merkwürdig das [D|d]reidimensionale Sehen ist. Wie seltsam etwa ein Bild, eine Photographie aussähe, wenn wir im Stande wären, sie als Verteilung grauer, weisser und schwarzer Flecken in einer ebenen Fläche zu sehen. Was wir sehen, würde dann ganz
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sinnlos wirken. Ebenso, wenn wir mit einem Aug flächenhaft sehen könnten. Es ist z.B. garnicht klar, was geschieht, wenn wir mit zwei Au[v|g]en die Gegenstände plastischer sehen, als mit einem. Denn sie wirken auch mit einem gesehen schon plastisch. Und der Unterschied zwischen Relief und Rundplastik ist auch keine richtige Analogie.

 
   
                   “[w|W]ahr” und “falsch” sind tatsächlich nur Wörter einer bestimmten Notation der Wahrheitsfunktion.

 
   
                   Negation und Disjunktion, möchten wir sagen, hat mit dem Wesen des Satzes zu tun, die Zeit aber nicht, sondern mit seinem Inhalt.
          Wie aber kann es sich in der Grammatik zeigen, dass Etwas mit dem Wesen des Satzes zusammenhängt und [e|E]twas anderes nicht, wenn sie beide gleich allgemein sind?
          Oder sollte ich sagen, die geringere Allgemeinheit wäre auf seiten der Zeit, da die mathematischen Sätze negiert und disjungiert werden können, aber nicht zeitlich sind? Ein Zusammenhang ist wohl da, wenn auch diese Form, die Sache darzustellen, irreführend ist.

 
   
                   Es kommt mir so vor, als wäre die Gegenwart, wie sie in dem Satz “der Himmel ist blau” steht (wenn dieser Satz nicht-hypothetisch gemeint ist) keine Form der Gegenwart Zeit. Als ob also die Gegenwart in diesem Sinne unzeitlich wäre.

 
   
                   Wie unterscheidet die Grammatik zwischen Satzform und Inhalt? Denn dies sollen ja ein grammatikalischer Unterschied sein. Wie sollte man ihn beschreiben können, wenn ihn die Grammatik nicht zeigt?
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          Was hat es mit dem Schema “[e|E]s verhält sich so und so” für eine Bewandtnis? Man könnte sagen, das “Es verhält sich” ist die Handhabe für den Angriff der Wahrheitsfunktionen.
          Es verhält sich” ist also nur ein Ausdruck aus einer Notation der Wahrheitsfunktionen.
          “Es verhält sich” ist also nur ein Ausdruck aus einer Notation der Wahrheitsfunktionen. Ein Ausdruck, der uns zeigt, welcher Teil der Grammatik hier in Funktion tritt.

 
   
                   Die Grammatik, das sind die Geschäftsbücher der Sprache; aus denen alles zu ersehen sein muss, was nicht Gefühle betrifft, sondern Fakten. // Die Grammatik ist das Geschäftsbuch der Sprache; woraus alles zu ersehen sein muss, was nicht Gefühle betrifft, sondern harte Tatsachen. //

 
   
                   Ich will also eigentlich sagen: Es gibt nicht Grammatik und Interpretation der Zeichen. Sondern, soweit von einer Interpretation, also von einer Erklärung der Zeichen, die Rede sein kann, so weit muss sie die Grammatik selbst besorgen.
          Denn ich brauchte nur zu fragen: Soll die Interpretation durch Sätze erfolgen? Und in welchem Verhältnis sollen diese Sätze zu der Sprache stehen, die sie schaffen?

 
   
                   ﹖– Jene zweifache Art der Allgemeinheit wäre so seltsam –﹖, wie wenn von zwei Regeln eines Spiels, die beide gleich ausnahmslos gelten, die eine als die fundamentalere angesprochen würde. Als könnte man also fragen // darüber reden // , ob der König oder das Schachbrett für das Schachspiel essentieller wäre. Welches von beiden das Wesentlichere, welches das Zufälligere wäre.

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                   Wie ist das richtig in Worten wiederzugeben, was ich deutlich als den Unterschied zwischen inhaltlicher und formaler Logik im Satz empfinde. (Das sind ist noch immer nicht die der richtigen Ausdrücke Ausdruck.) Der Unterschied zwischen der Logik des Inhalts und der Logik der Satzform überhaupt. Das eine erscheint gleichsam bunt, das andere matt. Das eine handelt von dem, was das Bild darstellt, das andere ist, wie der Rahmen des Bildes ein Charakteristikum der Bildform.

 
   
                   Es ist nämlich, als könnte man sagen, die Zeit habe zwar mit dem Wesen des Satzes nichts zu tun, dennoch aber käme die Zeit in jedem Satz vor. Und wieder muss man fragen, : was ist das für eine Allgemeinheit? Wie kann ich wissen, dass die Zeit in jedem Satz vorkommt, es sei denn, dass sie zum Wesen des Satzes gehört? Ich möchte darauf antworten: sie gehört zum Wesen der Wirklichkeit, nicht zum Wesen des Satzes (d.h. der Darstellung durch Sätze).

 
   
                   Nun ist es aber merkwürdig, dass die Zeit, von der ich hier rede, nicht die im physikalischen Sinne ist. Es handelt sich hier nicht um eine Zeitmessung. [E|U]nd es ist verdächtig, dass etwas, was mit einer solchen Messung nichts zu tun hat, in den Sätzen eine ähnliche Rolle spielen soll, wie die physikalische Zeit in den Hypothesen der Physik.

 
   
                   Auch unbegreiflich ist es, dass die Zeit, wenn sie im Wesen der Wirklichkeit liegen soll, nicht offenbar zum Wesen des Satzes gehören soll. // … , wenn das Wesen der Wirklichkeit in ihr liegt, … //

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                   Zum mindesten scheint eine Frage berechtigt: Wenn ich die Grammatik aufgeschrieben hätte und die verschiedenen Kapitel, über die Farbwörter, etc. etc. der Reihe nach da stünden, wie Regeln über alle die Figuren des Schachspiels, wie wüsste ich dann, dass dies nun alle Kapitel sind? Und wenn sich nun in allen vorhandenen Kapiteln eine gemeinsame Eigentümlichkeit findet, so haben wir es hier scheinbar mit einer logischen Allgemeinheit, aber keiner wesentlichen, d.h. voraussehbaren Allgemeinheit, zu tun. Man kann aber doch nicht sagen, dass die Tatsache, dass das Schachspiel mit 16 Figuren gespielt wird, ihm weniger wesentlich ist, als, dass es auf dem Schachbrett gespielt wird.

 
   
                   Wie offenbart sich die Zeitlichkeit der Tatsachen, wie drückt sie sich aus, als dadurch, dass gewisse
Wendungen
Ausdrücke
in unsern Sätzen aus, als grammatisch?

 
   
                   Die Sprache kann nicht durch eine Erklärung gelehrt werden.

 
   
                   Da Zeit und Wahrheitsfunktionen so verschieden schmecken und da sie ihr Wesen allein und ganz in der Grammatik offenbaren, so muss die Grammatik den verschiedenen Geschmack erklären.
          Das eine schmeckt nach Inhalt, das andere nach Darstellungsform.
          Sie schmecken so verschieden, wie der Plan und der Strich durch den Plan.

 
   
                   Wenn man sagt, Satze sei alles was wahr oder falsch sein
370
könne, so heisst das dasselbe wie: Satz ist alles, was sich verneinen lässt.

 
   
                   Wenn wir von dem sprechen, was der Satzform als solcher wesentlich ist, so meinen wir die Wahrheitsfunktionen.funktion.

 
   
                   Wenn ich sage “ich gehe jetzt dorthin”, so kommt in dem Symbol manches vor, was in dem Zeichen allein nicht liegt. Der Satz, wenn ich ihn etwa von unbekannter Hand irgendwo geschrieben, irgendwo vorfinde, sagt garnichts; das Wort “ich”, das Wort “jetzt” und “dorthin” sind allein ohne die Gegenwart der sprechenden Person, der gegenwärtigen Situation und der im Raum gezeigten Richtung bedeutungslos.

 
   
                   “Jetzt”, “früher”, “hier”, “dort”, “ich”, “Du”, “dieses”, sind solche Wörter zur A[h|n]knüpfung an die Wirklichkeit.
          “Aber die Wirklichkeit, die solcherart zum Symbol gehört, fällt unter die Herrschaft der Grammatik”.

 
   
                   Wenn ich sage, dass ein Satz, der Mengenlehre etwa, in Ordnung ist, aber eine neue Interpretation erhalten muss, so heisst das nur, dieser Teil der Mengenlehre bleibt sic in sich unangetastet, muss aber in eine andere grammatische Umgebung gerückt werden.

 
   
                   Nun könnte man fragen: Gehört die Windrose noch zum Plan? Oder vielmehr: gehört die Re[h|g]e[,|l], nach der die Windrose angewandt wird, noch zum Plan? Und es ist klar, dass ich diese Regel durch eine andere Orientierungsregel ersetzen kann, in der von der Windrose nicht die Rede
371
ist, sondern statt dessen etwa von einem Weg auf dem Plan und was ihm in der Gegend entspricht.

 
   
                   Wenn (in einem Satz “ich will, dass Du dorthin gehst”) der Sprechende, der Angesprochene und der Pfeil der die Richtung weist, zum Symbolismus gehören, so spielen sie in ihm jedenfalls eine ganz andere Rolle, als die Wörter.

 
   
                   Wenn aber die Grammatik den ganzen Symbolismus umfassen soll, wie zeigt sich in ihr die Ergänzungsbedürftigkeit der Wörter “ich”, “Du”, “dieses”, etc. durch Gegenstände der Realität?

 
   
                   Denn, dass jener Satz ohne eine solche Ergänzung nichts sagt, muss die Grammatik sagen. Wenn sie das vollständige Geschäftsbuch der Sprache sein soll (wie ich es meine).

 
   
                   Ich will immer zeigen, dass alles was
an
in
der Logik “[B|b]usiness” ist, in der Grammatik gesagt werden muss.
          Wie etwa der Fortgang eines Geschäftes aus den Geschäftsbüchern ﹖– muss vollständig herausgelesen werden können –﹖. Sodass man, auf die Geschäftsbücher deutend, muss sagen können: Hier! hier muss sich alles zeigen; und was sich hier nicht zeigt, gilt nicht. Denn am Ende muss sich hier alles Wesentliche abspielen.
          Alles wirklich Geschäftliche – heisst das – muss sich in der Grammatik abwickeln.

 
   
                   “Die Kinder müssten, um das Rechnen der Volksschule
372
zu verstehen, bedeutende Philosophen sein; in Ermanglung dessen brauchen sie die Uebung.”

 
   
                   Wie erklärt die Grammatik das Wort “jetzt”? Doch wohl durch die Regeln, die sie für seinen Gebrauch angibt. Das Gleiche für das Wort “ich”.

 
   
                   Die Grammatik erklärt die Bedeutung der Wörter, soweit sie zu erklären ist.
          Und zu erklären ist sie soweit, als nach ihr zu fragen ist, und nach ihr fragen kann man soweit, als sie zu erklären ist.

 
   
                   Die Bedeutung kann nur das sein, was wir in der Erklärung eines Wortes erklären.

 
   
                   Ich könnte mir denken, dass Einer, um das Wort “jetzt” zu erklären, auf den gegenwärtigen Stand der Zeiger einer Uhr zeigt // gegenwärtigen Zeigerstand einer Uhr zeigt // . Sowie er zur Erklärung des Ausdrucks “in fünf Minuten” auf die Ziffer der Uhr zeigen kann, wo der Zeiger sich in fünf Minuten befinden wird.
          Es ist klar, dass dadurch nur die Uhr in unsere Zeichensprache einbezogen wird.

 
   
                   Das Wort “jetzt” wirkt gleichsam als Schlag eines Zeitmessers. Es gibt durch sein Ertönen eine Zeit an. Man kann es ja auch wirklich durch ein anderes Zeitzeichen ersetzen. Wenn man z.B. sagt:
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tu das, wenn ich in die Hände klatsche. Das Klatschen ist dann ein Ze[t|i]tzeichen, wie der Pfeil ein Richtungszeichen ist, wenn ich sage “gehe dorthin”.

 
   
                   Wenn mir z.B. die Rede, die ein Anderer gestern gesprochen hat, mitgeteilt wird: “es geschieht heute das und das”, so muss ich verstehen, dass der Satz, wenn ich ihn höre, nicht so verifiziert werden kann, wie er zu verifizieren war, als er ursprünglich ausgesprochen wurde. Die Grammatik sagt mir: wenn ich gestern sagte “heute geschieht es”, so heisst das soviel, wie wenn ich heute sage “gestern ist es geschehen”.

 
   
                   Zur Grammatik gehört nur das nicht, was die Wahrheit und Falschheit eines Satzes ausmacht. Nur darum kümmert sich die Grammatik nicht. Zu ihr gehören alle Bedingungen des Vergleichs des Satzes mit
den Tatsachen
der Wirklichkeit
. Das heisst, alle Bedingungen des Verständnisses,. Alle Bedingungen des Sinnes.)

 
   
                   Wenn man nun sagt “dieser Mensch heisst N”, so muss uns die Grammatik sagen, dass diese Wortfolge keinen Sinn hat, wenn sie nicht durch ein Hinweisen ergänzt wird.

 
   
                   Ist nicht auch dies ein Satz: Ich zeige zuerst auf einen Kreis, dann auf einen andern und sage dabei “… grösser als …”? Und fungieren da nicht eben jene Gegenstände als Zeichen, die ich bei der Ver hinweisenden Erklärung in die Namen übersetze? In diesem Sinn könnte ich auch auf die Punkte des Zifferblatts einer Uhr zeigen, an denen jetzt die Zeiger stehen und sagen “er kommt …” und meinen “er kommt jetzt”.

374
 
   
                   Wie schaut die Erklärung eines Zeichens aus? Das müsste doch eine für die Sprache ausserordentlich wichtige Form sein, sei dieser Behelf nun ein Satz oder nicht.

 
   
                   Denke an das Kollationieren des Satzes mittels der Wirklichkeit. Hier wird sie Schritt für Schritt mit dem Satz verglichen, in ihm übersetzt.

 
   
                   Denken wir uns aber eine Sprache, in der ich “A ist grösser als B” nicht nur so ausdrücke: “ ist grösser als ”, sondern in der ich auch statt des Wortes “grösser” eine Geste mache, die die Bedeutung des Wortes zeigt. – Wie könnte ich nun so eine Sprache erklären? (Wie könnte ich die Zeichen so einer Sprache erklären?)

 
   
                   Ich glaube: Wenn es einer Erklärung für die Bedeutung eines Wortes gibt, so muss diese Erklärung statt des Wortes treten können. Man könnte sich ja die Wörter des Satzes “A isst zwei Aepfel” durch Gesten erklärt denken; auf die Frage “wer ist A” zeige ich auf einen Menschen und sage “dieser heisst A”; auf die Frage “was ist ‘essen’” macht man es vor und sagt “das heisst ‘essen’”, und das Analoge für die Worte “zwei” und “essen”. Und nun könnte man den Satz durch eine Bilder- und Gebärdensprache aussprechen. Aber hätten wir nun die Dinge statt der Zeichen gesetzt? Mit Menschen, deren Sprache man nicht versteht, verständigt man sich ja manchmal durch eine solche Gebärdensprache.

 
   
                   Vergessen wir nicht: der Satz “das heisst A” zusamt der zeigenden Gebärde muss auch
gedeutet
verstanden
werden.

375
 
   
                   Die Frage,
auf welche
worauf
dieser Satz zur Antwort kommt, kann nicht gestellt werden, wenn man das Wesen, die Methode, der Sprache nicht schon versteht.

 
   
                   Die Erklärungen müssten eigentlich lauten: “diese Farbe heisst ‘rot’”, “dieser Mensch heisst ‘Paul’”, diese Tätigkeit heisst ‘essen’” (statt “das heisst ‘rot’”, “das heisst ‘Mensch’”, etc.); und wenn diese Sätze einen Sinn haben sollen, so müssen die Ausdrücke “diese Farbe”, “diese Tätigkeit”, etc. bereits verstanden werden und könnten wie gesagt, (mit der zeigenden Hand)
anstatt
statt
der Namen verwendet werden.

 
   
                   Ich möchte sagen: wenn das Verstehen der Sprache ohne fortwährendes gleichzeitiges Verstehen von Erklärungen möglich ist, so ist die Erklärung am Verstehen der Sprache nur historisch (also nur hypothetisch, unwesentlich) beteiligt. Ist die Erklärung nötig, so ist dann doch nur ihr Resultat wichtig, und wenn sich das nicht zur Erklärung verhält, wie ein mathematischer Satz zu seinem Beweis, sodass es ohne die Erklärung nicht bestehen kann, so ist die Erklärung kein wesentliches Hilfsmittel des Verständnisses.

 
   
                   Wenn aber diese Erklärung dem Verständnis wesentlich ist, wie kann ich dann in Abwesenheit der Erklärung, in Abwesenheit von etwas Rotem, z.B., das Wort “rot” gebrauchen und verstehen. Denn das Verständnis muss in sich komplett sein. Und unabhängig davon, wie es einmal erreicht wurde.
          Denn “rot” kommt ebenso im Satze vor “das ist nicht rot” vor, wie im Satze “das ist rot”; und warum kann man, was das Wort bedeutet, nur
376
dort zeigen, wo etwas die Farbe hat, und nicht wom etwas die Farbe nicht hat?

 
   
                   Nehmen wir aber an, ich sage jemandem “diese Farbenmischung von rot und gelb heisst ‘orange’” (wobei ich ihm die Farbe zeige): erhält er dann nicht durch diese Erklärung ein Wissen um eine Bedeutung sozusagen mit auf den Weg // Erklärung eine Bedeutung mit auf den Weg // , die nun die Bedeutung des Wortes ‘orange’ ist, wann immer er das Wort braucht? Ja, – aber dem steht entgegen, dass nun alle Fälle des Auftretens von “orange” verschwinden können und das Wort für ihn doch seine Bedeutung behält; – es muss also an der Verbindung (zwischen Gegenstand und Wort), die durch die Erklärung gemacht // geschlagen // wurde, nur das wesentlich sein, was auch, wenn wir etwas Orangefarbenes nicht wirklich sehen, bestehen bleibt. Das, was bestehen bleibt, ist, beiläufig gesprochen, eine Vorstellung. Dasjenige, was es ermöglicht, dass ich eine wirklich gesehene Farbe mit Orange vergleichen kann – sagen kann, dass sie gelblicher, rötlicher etc. ist als Orange. Es wäre auch möglich, dass ich die Bedeutung des Wortes wiederum vergässe. Andererseits gehört aber, was immer von jener Verbindung wesentlich ist, zum Bestand des Symbols.

 
   
                   Ich meine also: Die Vorstellung, die zum Gebrauch des Zeichens notwendig(, wesentlich,) ist, gehört zum Symbol.

 
   
                   Wenn die Erklärung des Zeichens und die Bedingung gibt, das Zeichen sinnvoll zu gebrauchen, (und tut sie das nicht, so ist sie irrelevant) so gibt sie uns erst das Symbol.

377
 
   
                   Die gewöhnliche Sprache sagt “in diesem Viereck ist ein roter Kreis”, die Russell'sche Notation sagt “es gibt einen Gegenstand, der ein roter Kreis in diesem Viereck ist”. Diese Ausdrucksform ist offenbar nach dem Modell gebildet: “es gibt eine Substanz, die im Dunkeln leuchtet”, “es gibt einen Kreis in diesem Viereck, der rot ist”. – Vielleicht ist schon der Ausdruck “es gibt” irreführend. “Es gibt” heisst eigentlich soviel wie “es findet sich”, oder “es gibt unter diesen Kreisen einen …”.
          Wenn man also in grösstmöglicher Annäherung an die Russell'sche Ausdrucksweise sagt “es gibt einen Ort in diesem Viereck, wo ein roter Kreis ist”, so heisst das eigentlich, unter diesen Orten gibt es einen, an welchem etc..

 
   
                   (Der schwierigste Standpunkt in der Logik ist der des gesunden Menschenverstandes. Denn er verlangt zur Rechtfertigung seiner Meinung die volle Wahrheit und hilft uns nicht, durch die geringste Konzession, oder Konstruktion.)

 
   
                   Der richtige Ausdruck dieser Art Allgemeinheit ist also der, der gewöhnlichen Sprache “in dem Viereck ist ein Kreis”, welcher die Lage des Kreises einfach offen lässt (unentschieden lässt). (“Unentschieden” ist ein richtiger Ausdruck, weil die Entscheidung einfach fehlt.)

 
   
                   Dass die Tautologie und Kontradiktion nichts sagen, geht nicht etwa aus dem W-F-Schema hervor, sondern muss festgesetzt werden. Und die Schemata machen nur die Form der allgemeinen Festsetzung einfach.
378
// … machen nur die Festsetzung der Form
einfach.
leicht.
//

 
   
                   Die Erklärung, die man erhält, wenn man nach dem Wesen des Satzes fragt: Satz, sei alles, was wahr oder falsch sein könne – ist nicht so ganz unrichtig. Es ist die Form der Wahrheitsfunktion (in welcher Form der Zeichengebung immer ausgedrückt), die das logische Wesen des Satzes ausmacht.

 
   
                   “Wo immer der Fleck im Viereck ist …” heisst
“solange er
“wenn er
im Viereck ist …” und hier ist nur die Freiheit (Ungebundenheit) im Viereck gemeint, aber keine Menge von Lagen.

 
   
                   Es besteht freilich eine logische Aehnlichkeit (formelle Analogie) zwischen dieser Freiheit und der Gesamtheit von Möglichkeiten, daher gebraucht man oft in beiden Fällen dieselben Wörter (“alle”, “jeder”, etc.).

 
   
                   Die Bildung von Wortzeichen ist nur präliminär. D.h. sie ist an sich wertlos und ihr Zweck ist erst die Bildung einer Kombination // der Kombination // .
          Denken wir uns, jemand sagte “dieses Holzstückchen soll der A sein, dieses soll der B sein”. So würden wir fragen: was ist es nun mit ihnen, warum hast Du A und B durch die Hölzer repräsentiert? Denn das kann doch nur die Vorbereitung dazu sein, dass Du etwas über sie sagen willst.
          Wie gesagt: das Satzzeichen repräsentiert nicht. – Es stellt dar.

 
   
                   Wäre der Satz einfach, was soll ich mit ihm anfangen?
379
Nehmen wir an, ich wollte jemandem die Mitteilung machen: a. Aber damit er sie versteht, musste ich ihm das Zeichen “a” erklären; dann wüsste er aber auch schon alles, was ich ihm mit “a” erkl sagen könnte. Es muss Eines sein die Sprache zu lernen, und ein Anderes eine Mitteilung in der Sprache zu erhalten. Hier aber, wenn der Satz einfach wäre, wäre es ein und dasselbe // wäre es eins // . Dann bedürfte es aber der Sprache garnicht.

 
   
                   Denn, gebe ich jemandem ein Zeichen, so ¤ versteht er es nicht. Es muss ihm erklärt werden. Wozu es ihm aber dann überhaupt geben? (Anders ist es, wenn man es zum zukünftigen Gebrauch erklärt.) ¤ // Denn gebe ich jemandem ein neues Zeichen, so … //

 
   
                   Der Unterschied zwischen etwas Allgemeinem, das man wissen könne und dem Besonderen, das man aber nicht wisse; oder zwischen der Beschreibung des Gegenstandes, die man kenne, und dem Gegenstand, den man nicht gesehen hat, ist auch ein Stück, das man von der physikalischen Beschreibung der Welt in die Logik hinüber genommen hat. Dass unsere Vernunft Fragen erkennen kann, aber deren Antworten nicht, gehört auch hierher

 
   
                   Bemerkung “Lies …”. Erklärung der Aussprache von dieser Zeichen durch die Aussprache anderer jener. Aber nicht eine Erklärung des Aussprechens von Zeichen überhaupt, [A|a]lso der Bez[ei|ie]hung zwischen Zeichen und Aussprache überhaupt.

380
 
   
                   Wenn ich sage “A hat einen grauen Hut” und ich gefragt werde “wer ist A” und antworte “dieser ist der A”, so mache ich damit den Menschen A zu einem Symbol in meinem Satz, oder es ist doch möglich, dass ich ihn zu einem Bestandteil meines Symboles mache; aber das muss nicht geschehen, und der Name kann für eine Beschreibung stehen – die ihren Sinn behält, auch wenn der Gegenstand A zerstört wird. Das ist aber merkwürdig und widerspricht einem Gefühl, dass wir, wenn wir den Namen “A” gebrauchen, uns nicht bewusst sind, einmal des Umstandes, dass “A” für eine Beschreibung steht, das andre Mal, dass es nur mit dem Körper A zusammen Bedeutung hat.
          Tritt dieses Problem auch auf, wenn es sich z.B. um die Erklärung eines Farbnamens handelt? Wenn ich etwa sage “dieses Tuch ist mauve” und auf die Frage “was bedeutet ‘mauve’”, auf einen Gegenstand von dieser Farbe zeige. Man könnte dabei sagen “merke Dir, das ist mauve” und hat dabei eine ganz bestimmte Art der Wirkung dieses Zeigens im Sinn.

 
   
                   Wenn nun der Betreffende (wie es geschehen kann) vergisst, welche Farbe man so bezeichnet hat, aber nicht vergisst, dass bei einer bestimmten Gelegenheit ihm die Bedeutung des Wortes “mauve” erklärt wurde, und nun fällt dieses Wort wieder und er weiss nur, es ist die Farbe von der bei jener Gelegenheit die Rede war,: hat nun das Wort für ihn eine andere Bedeutung, als damals, wie er wusste, wie mauve ausschaut? Ich glaube ja.

 
   
                   Das verhält sich aber doch ebenso, wenn ich einen Menschen A kennen lerne und vergesse wie er ausschaut und später von ihm reden
381
höre. Und es lassen sich Sätze angeben die für mich sinnlos sind, wenn dem Namen “A” kein visuelles Erinnerungsbild entspricht.

 
   
                   Aber könnte ich nicht auch die falsche Erinnerung in jemandem wachrufen, dass er etwas Rotes gesehen habe, oder überhaupt die Vorstellung von Rot, ohne dass er je Rot gesehen hat?

 
   
a
bf
c
d
!
!
!
!
e
f
g
h
[e|E]s ist etwa dies mein Wörterbuch: , und ich übersetze darnach den Satz bdca in fhge. Nun habe ich, im gewöhnlichen Sinne, gezeigt, dass ich den Gebrauch des Wörterbuchs verstehe und kann sagen. dass ich auf gleiche Weise den Satz cdab übersetzen kann, wenn ich will. – Wenn also der Satz cdab ein Befehl ist, den entsprechenden Satz in der zweiten Sprache hinzuschreiben, so verstehe ich diesen Befehl, wie ich etwa den Befehl verstehe, !!!!!! Schritte zu gehen, wenn mir gezeigt wurde, wie die entsprechenden Befehle mit den Zahlen !, [II|!!], !!!, ausgeführt werden.
          Man kann geradezu sagen: “Ich habe Dir jetzt gezeigt, was f(!), f(!!), f(!!!), heisst, jetzt wirst Du verstehen, was f(!!!!!!) bedeutet.
          D.h., man rechnet damit, dass ihm von der Demonstration der Ausführung von f(!), f(!!), etc. etwas – quasi ein Eindruck – geblieben ist, was er nun auf f(!!!!!!) anwenden wird.

 
   
                   Aber natürlich kann das nicht anders sein, als wenn ich z.B. sage “ich will diesen Fleck rot anstreichen”, eine Vorstellung von der Farbe habe und nun “weiss”, wie diese Vorstellung in die Wirklichkeit zu übersetzen ist.

 
   
                   Ja, das ganze Problem ist schon darin enthalten: Was heisst es, zu wissen, wie der Fleck aussähe, wenn er meiner Vorstellung
382
entspräche?

 
   
                   Was heisst es, eine allgemeine Regel zu verstehen?
          Man kann die Zahlen !!, !!!!, !!!!!!, sehen, ohne eine allgemeine Regel ihrer Bildung zu verstehen und man kann eine allgemeine Regel aus ihnen entnehmen. Der Befehl kann ja wirklich lauten: !!, !!!!, !!!!!!, – setze diese Reihe fort.

 
   
                   Wenn ich sage, ich erwarte mir hier einen roten Kreis, so erwarte ich doch etwas ganz Bestimmtes, es kann dann doch nicht etwa eben so gut dieser blaue Kreis meine Erwartung befriedigen. Freilich nicht, aber das sagte ich auch nicht, und wir sind damit doch nicht bis zur Entscheidung unserer Erwartung vorgedrungen, sondern haben nur eine Uebersetzung abgelehnt.

 
   
                   Wenn man nun fragt: Ist also die Tatsache durch die Erwartung auf ja und nein bestimmt, oder nicht, d.h. ist es bestimmt, in welchem Sinne die Erwartung durch ein Ereignis, – welches immer eintrifft – beantwortet werden wird, so muss man antworten: ja! Unbestimmt wäre es etwa im Falle einer Disjunktion im Ausdruck der Erwartung.

 
   
                   Die scheinbare Unbestimmtheit von der ich sprach, ist eben so wenig vorhanden, wie die, von der manche Leute reden, die daher kommen soll, dass wir nicht wissen können, ob zwei Menschen die gleiche Farbe sehen, wenn sie nicht wissen können, ob zwei Menschen die gleiche Farbe sehen, wenn sie den gleichen Gegenstand betrachten. Das ist Unsinn, denn unter dem Sehen verschiedener Farben verstehen wir etwas ganz Ande-
383
res und es gibt in diesem Sinne Kriterien daf[r|ü]r, ob die beiden die gleiche oder verschiedene Farben sehen.

 
   
                   Der Ausdruck der Erwartung ist die Erwartung.

 
   
                   “Meine Erwartung ist so gemacht, dass, was immer kommt, mit ihr übereinstimmen muss, oder nicht.”

 
   
                   Wenn ich gehe, so enthält der einzelne Schritt nicht das Ziel, wohin mich das Gehen bringen wird. Komme ich ans Ziel, so war jeder Schritt ein Schritt zu diesem Ziel.

 
   
                   In dem Faktum des Verstehens muss das Verstehen (was immer es ist) seinen Ausdruck finden.
          In dem Vorgang des Verstehens (welcher immer der sei) muss das Verstehen ausgedrückt sein.

 
   
                   Man ist (durch die falsche Grammatik) versucht, zu fragen: wie denkt man den Satz p, wie erwartet man, dass das und das eintreffen wird (wie macht man das). Und ˇin dieser falschen Frage liegt wohl die ganze Schwierigkeit in nuce enthalten.

 
   
                   Das Etwas, was wir erwarten, erscheint scheint uns immer als wie der Mensch, der etwa zur Türe hereinkommen soll, nicht wie das Ereignis, dass er kommen soll.

384
 
   
                   In irgend einem Sinne kann man sagen: ein Satzzeichen hat nur im System einer Sprache Sinn.
          D.h. ein Satz kann nur als Teil eines Systems verstanden werden.
          Man kann einen Satz nicht losgelöst von einer Sprache verstehen.

 
   
                   Kann man sagen: Verstehen was der Satz sagt “hier wird ein roter Kreis erscheinen” heisst, den gegenwärtigen Zustand in die gleiche Sprache übersetzen können (den gegenwärtigen Zustand in der gleichen Sprache beschreiben können).

 
   
                   Gedankenlesen kann nur darin bestehen, dass wir Zeichen interpretieren, also einfach lesen (nur vielleicht andere Zeichen). Oder aber es besteht darin, dass Einem, wenn man des [a|A]nderen Hand hält (oder in andrer Art mit ihm in Kontakt steht) Gedanken kommen, die durch nachträgliches Fragen als die Gedanken auch des Anderen erkannt werden. Aber da handelt es sich überhaupt um kein Lesen, sondern es wäre nur die Hypothese erlaubt, dass zwei Leute unter gewissen Umständen das Gleiche dächten.

 
   
                   Ist das Denken ein augenblicklicher Vorgang oder etwa ein andauernder Zustand, wovon die Worte, der Satz, nur eine ungeschickte Wiedergabe sind (sodass man etwa sagen könnte, wie von dem Eindruck einer Landschaft: Worte können das gar nicht wiedergeben)? Der Gedanke braucht solange wie sein Ausdruck. Weil der Ausdruck der Gedanke ist.

 
   
                   Ich habe einmal gelesen, dass ein französischer Politiker gesagt hat, die französische Sprache sei dadurch ausgezeichnet, dass
385
in ihr die Wörter eines Satzes in der Ordnung folgen, wie man wirklich denkt. – Wenn die Logiker die psychologischen Operation beschreiben, die sie für das Denken und die Interpretation von Sätzen halten, so ist es immer ein Wunder, wie bei so vaguen Vorgängen etwas so Bestimmtes wie ein Urteil soll herauskommen können.

 
   
                   Niemand würde fragen, ob die Multiplikation zweier Zahlen (etwa nach der gewöhnlichen Art durchgeführt) gleichläuft mit dem Gedanken. Weil jeder die Multiplikation als ein Instrument ansieht. Während man den Gedanken nicht als ein Instrument ansieht.

 
   
                   Ist das Verstehen eines Satzes dem Verstehen eines Schachzuges als solchen nicht analog? Wer das Schachspiel gar nicht kennt und sieht jemand einen Zug machen, der wird ihn nicht verstehen, d.h. nicht als Zug eines Spieles verstehen. Und es ist etwas anderes, dem Spiel Zug mit Verständnis zu folgen, als es ihn bloss zu sehen.

 
   
                   Was ist es aber dann, was mir uns immer das Gefühl gibt, dass das Verstehen eines Satzes das Verstehen von etwas ausserhalb ihm Liegendem ist und nicht von der Welt ausserhalb des
Zeichens
Satzes
, wie sie eben ist, sondern von der Welt, wie sie das Zeichen – gleichsam – wünscht.

 
   
                   Wie kann ich mir vornehmen, einer allgemeinen Regel zu folgen?
          Nicht nur soweit, als ich die Regel ausdrücken kann?

386
 
   
                   Ich kann mir vornehmen. einer Regel zu folgen und nicht einer anderen. Dann müssen beide ausgedrückt sein.

 
   
                   Man kann freilich dem Gedächtnis durch eine Notiz nachhelfen, aber die Deutung der Notiz kann man sich nicht aufheben.

 
   
                   Die Regeln des Schachspiels unterscheiden das Schachspiel von einem Spiel, das in derselben Sprache andere Regeln hat. // … von
jedem
einem
Spiel mit anderen Regeln in derselben Sprache. //

 
   
                   Jeder Satz einer Sprache hat nur Sinn im Gegensatz zu anderen Wortzusammenstellungen derselben Sprache.

 
   
                   Man könnte so fragen: Ist Schachspielen-können ein andauernder – quasi amorpher – Geisteszustand, etwa wie Zahnschmerzen?

 
   
                   Das Verständnis der Sprache – quasi des Spiels – scheint wie ein Hintergrund, auf dem der einzelne Satz erst Bedeutung gewinnt.

 
   
                   Die allgemeine Regel erst enthüllt den Freiheitsgrad, die Beweglichkeit des Mechanismus. Das Bild des Mechanismus in einer seiner Stellungen enthält hievon nichts.

 
   
                   Soll ich nun sagen, der Freiheitsgrad des Mechanismus kann sich nur mit der Zeit enthüllen? Aber wie kann ich dann je wissen,
387
dass er gewisse Bewegungen nicht machen kann, (und dass er gewisse Bewegungen machen kann, die er gerade noch nicht gemacht hat).
          Darauf ist doch die Antwort: Der Freiheitsgrad des Mechanismus kann doch beschrieben werden. Wohl, aber dann ist eben nichts mehr gegeben, als was diese Beschreibung gibt. (Die doch selber nur eine Stel[o|l]ung eines Mechanismus ist!)

 
   
                   Das Verständnis als eine Disposition der Seele, oder des Gehirns, geht uns nicht an.

 
   
                   Der Ausdruck
der Kenntnis
des Verständnisses
der Schachregeln ist doch gewiss das Hersagen dieser Regeln in irgend einer Form. Aber das ist doch nur ein Ausdruck der Kenntnis dieser Regeln im Gegensatz zu anderen, die in dieser Sprache hätten hergesagt werden können.

 
   
                   Aber man kann fragen: [I|i]st denn das Verständnis nicht etwas anderes, als der Ausdruck des Verständnisses? Ist es nicht so, dass der Ausdruck des Verständnisses eben ein unvollkommener Ausdruck ist? Das heisst doch wohl, ein Ausdruck, der wesentlich etwas auslässt, was wesentlich unausdrückbar ist. Denn sonst könnte ich ja eben einen besseren finden. Also wäre der Ausdruck ein vollkommener Ausdruck. ‒ ‒ ‒

 
   
                   Ich sage “genau so habe ich mir's vorgestellt”. Und jemand antwortet etwa “das ist unmöglich, denn das eine war eine Vorstellung und das andere ist keine; und hast Du etwa Deine Vorstellung für Wirklichkeit gehalten?”

388
 
   
                   Kann man den Vorgang des Vorbeiziehenlassens von Vorstellungen beim Denken durch einen anderen, etwa das Schreiben von Zeichen (oder sonst einem), ersetzen der den gleichen Dienst tut, so ist der Zug der Vorstellungen für uns damit gleichgültig geworden. Uns interessiert am Gedanken nur der Gebrauch // die Anwendung // .

 
   
                   Bei einem onomatopoetischen Wort gehört der Klang mit zum Symbol. Es ist, als schreibe man des Wort “rot” mit roter, das Wort “grün” mit grüner Tinte.

 
   
                   Wie wird ein Plan gebraucht? denn das ist die einzige Frage, die uns hier angeht und deren Beantwortung zeigen kann, worin das
Verständnis
Verstehen
des Planes besteht, soweit es für uns Interesse hat.

 
   
                   Man kann manchen Satz nur im Zusammenhang mit anderen verstehen. Wenn ich z.B. irgendwo lese “nachdem er das gesagt hatte, verliess er sie, wie am vorigen Tag”. Wenn man mich fragt, ob ich diesen Satz verstehe, wäre es nicht leicht darauf zu antworten. Es ist ein deutscher Satz und insofern verstehe ich ihn. Ich wusste, wie man diesen Satz etwa gebrauchen könnte, ich könnte selbst einen Zusammenhang für ihn erfinden. Und doch verstehe ich ihn nicht so, wie ich ihn verstünde, wenn ich das Buch bis zu dieser Stelle gelesen hätte.

 
   
                   Die philosophischen Probleme kann man mit den Kassenschlössern vergleichen, die durch Einstellen eines bestimmten Wortes oder einer bestimmten Zahl geöffnet werden, sodass keine Gewalt das die T[o|ü]r öffnen kann, ehe gerade dieses Wort getroffen ist, und ist es getroffen, jedes
389
Kind sie öffnen kann. // … und ist es getroffen, keinerlei Anstrengung nötig ist,
sie
die Tür
zu öffnen. //

 
   
                   Wenn ich gefragt würde “kannst Du das Alphabet hersagen”, so würde ich antworten: ja. – “Bist Du sicher” – “Ja”. Wenn ich nun aber im Hersagen steckenbliebe und nicht weiter wüsste, so könnte ich nicht sagen: “als ich sagte, ich kann es hersagen, da konnte ich es, he nur jetzt geht es nicht.” – Und [N|n]un gibt es aber doch einen Fall, in welchem ich sagen würde “ja, als ich sagte, ich könne es hersagen, da konnte ich es”, und zwar dann, wenn ich es mir damals “im Geiste” hergesagt hätte. Ich würde dies auch als Beweis angeben. Das heisst aber, dass das Hersagen im Geiste die Fähigkeit zum wirklichen Hersagen – so wie wir hier das Wort Fähigkeit verstehen – enthält. (Es kann nicht sein, dass dieses Hersagen im Geiste nur ein Symptom der Fähigkeit des wirklichen Hersagens ist, denn sonst wäre die Annahme dieser Fähigkeit wieder nur eine Hypothese.) Anderseits erstreckt sich die Fähigkeit, die mit dem Hersagen im Geiste bewiesen ist, nicht auf das tatsächliche Hervorbringen der Laute beim wirklichen Aussprechen. D.h. wenn mir dabei die Zunge oder der Atem versagen würde, könnte ich nicht sagen, auch das hätte ich damals gekonnt. Das heisst, – glaube ich – ich habe doch nur die Fähigkeit
zu dem
dazu
bewiesen, was ich tatsächlich getan habe.
          Etwas tun können hat ja eben jenen schattenhaften Charakter, das heisst, es erscheint
als
wie
ein Schatten des
tatsächlichen
wirklichen
Tuns, gerade wie der Sinn des Satzes als Schatten seiner Verifikation // als Schatten einer Tatsache // erscheint[:|;] oder das Verständnis des Befehles als Schatten seiner Ausführung. Der Befehl “wirft, gleichsam, seinen Schatten schon voraus”, oder, im Befehl wirft die Tat ihren Schatten voraus. – Die-
390
ser Schatten aber, was immer er sein mag, ist, was er ist, und nicht das Ereignis. Er ist in sich selbst abgeschlossen und weist nicht weiter als er selbst reicht.

 
   
                   Die Idee, dass eine Sprache eine Wortfolge haben kann, die der Reihenfolge des Denkens entspricht, im Gegensatz zu einer anderen Sprache, rührt von der Auffassung her, dass das Denken vom Ausdruck der Gedanken getrennt vorgeht. Also ein wesentlich anderer Vorgang ist. Nach dieser Auffassung könnte man nun freilich sagen: Die wesentlichen Eigenschaften des Negationszeichens offenbaren sich freilich erst nach und nach im Gebrauch, aber ich denke die Negation auf einmal. Das Zeichen “nicht” ist ja nur ein Hinweis auf den Gedanken “nicht”. Es stösst mich nur, dass ich das Rechte denke. (Es ist nur Signal.)

 
   
                   Was ich oben gesagt habe, kommt aber so heraus, wie: eine Sache können, heisst, eine andere tun. ¤ Aber welche Beziehung muss zwischen den beiden bestehen? ¤ // Etwas können, heisst, etwas anderes tun. //

 
   
                   Wenn man fragt: was macht denn Schatten dieses Ereignisses gerade zum Schatten dieses Ereignisses, oder: was macht diesen Schatten zum Schatten dieses Ereignisses, so kann man etwa Aehnlichkeiten des Schattens und des Ereignisses angeben, die die beiden verbinden. Aber im Fall von Gedanke und Tatsache geht das nicht. Denn die Tatsache macht nur das zur Verifikation des Gedankens, dass man sie als solche aufgefasst hat, dass man den Gedanken in die Tatsache übersetzt hat. Denn ehe sie geschehen ist, konnte man den Gedanken ja nicht in sie übersetzen.

391
 
   
                   Und übersetzt man den Gedanken, oder vielmehr den Ausdruck des Gedankens in die Tat, dann reicht der Ausdruck plus der Projektionsmethode, d.i. der Gedanke, allerdings bis zur Tatsache heran und berührt sie wie der Masstab den Gegenstand.

 
   
                   Man könnte sich ein negatives Bildnis denken, das ist eins das darstellen soll wie Herr N. nicht aussieht (das a[s|l]so ein schlechtes Portrait ist, wenn es dem N. ähnlich sieht).

 
   
                   “Wie weisst Du, dass Du einen roten Fleck erwartest?” – Aber eben so gut könnte man fragen, “wie weisst Du, dass das ein roter Fleck ist?”
          Wie weisst Du, dass, was Du getan hast, wirklich war, das Alphabet im Geist herzusagen? – Aber wie weisst Du, dass, was Du hersagst, nun wirklich das Alphabet ist?
          Das ist natürlich die gleiche Frage wie: Woher weisst Du, dass, was Du rot nennst, wirklich dasselbe ist, was der Andre so nennt. Und die eine Frage ist ebenso uns[sn|in]nig wie die andere.

 
   
                   Von einem Wiedererkennen sollte man eigentlich nur reden, wo es ausser dem Wiedererkennen noch ein Kriterium dafür gibt, dass ich es richtig wiedererkannt habe.

 
   
                   (Einer, dem man eine Photographie des A zeigt und den man fragt, findest Du nicht, dass ihm die Photographie ähnlich sieht, könnte sagen: Keine Spur, sie ist gar nicht ähnlich; das Papier ist vier-
392
eckig und ganz dünn und er nicht …)

 
   
                   Wenn ich sage, das Symbol ist das, was diesen Effekt hervorruft, so fragt es sich eben, wie ich von diesem Effekt reden kann, wenn er (noch) gar nicht da ist. Und wie ich weiss, dass es der ist, den ich gemeint hab habe, wenn er
kommt.
eintritt.


 
   
                   Es ist darum keine Erklärung, zu sagen: sehr einfach, wir vergleichen die Tatsache mit unserem Erinnerungsbild, – weil vergleichen eine bestimmte Vergleichsmethode voraussetzt, die nicht gegeben ist.

 
   
                   Hat mir jemand die Vorstellung der blauen Farbe gezeigt und gesagt, dass sie das ist?

 
   
                   Das Frege'sche Behauptungszeichen ist am Platze, wenn es nichts weiter bezeichnen soll, als den Anfang des Satzes. Man könnte sagen “den Anfang der Behauptung”, im Gegensatz zu den Sätzen, die in der Behauptung vorkommen können. Das Behauptungszeichen dient dann demselben Zweck, wie der Schlusspunkt des vorhergehenden Satzes.
          “Ich denke p” hat dann mit “! –p” eben nur das Zeichen “p” gemeint.

 
   
                   Im gewöhnlichen Leben, wenn ich jemandem einen Befehl gebe, so ist es mir ganz genug, ihm Zeichen zu geben. Und ich würde nie sagen: das sind ja nur Worte, und ich muss hinter die Worte dringen. Ebenso, wenn ich jemandem etwas gefragt hätte und er gibt mir
393
eine Antwort (also Zeichen), bin ich zufrieden – das war gerade, was ich erwartete – und wende nicht ein: das ist ja eine blosse Antwort. Es ist klar, dass nichts anderes erwartet werden konnte und dass die Antwort den Gebrauch der Sprache voraussetze. Wie alles, was zu sagen ist.

 
   
                   Die Analyse eines Satzes ist nur durch Definitionen möglich; dadurch aber werden wir nur von einem Satzzeichen zu einem anderen zurückgeführt. Wenn man also fragt, was hat die Erwartung mit der, sie erfüllenden Tatsache gemein, so muss es etwas sein, was sich in einem Ausdruck der Erwartung zeigt; denn ist es etwas, was in diesem Ausdruck nicht enthalten ist,
sondern
sozusagen
von der Erwartung ausgesagt wird // werden muss // , so muss also von der Erfüllung dieses selbe gelten; und dann erwarte ich eben nicht nur das, was in dem sogenannten Ausdruck der Erwartung gesagt ist, sondern noch etwas anderes. Denn, konnte ich jene Aussage von dem Erwarteten machen, dann hatte es auch Sinn, die entgegengesetzte (Aussage) zu machen, und dann wäre es möglich, dass das eintritt, was der Ausdruck der Erwartung sagt, und die Erwartung doch nicht erfüllt wäre. Dann aber war der Ausdruck der Erwartung nicht vollständig.

 
   
                   Was immer ich über die Erfüllung der Erwartung sagen mag, was sie zur Erfüllung dieser Erwartung machen soll, zählt sich zur Erwartung, ändert den Ausdruck der Erwartung. D.h., der Ausdruck der Erwartung ist der vollständige Ausdruck der Erwartung. Und nichts kann ausser ihm über die Erwartung gesagt werden, was ihr logisch wesentlich ist (nur [p|P]sychologisches und Physiologisches). Ich hätte sagen sollen “was ihr wesentlich ist” ‒ ‒ ‒

394
 
   
                   Ich kann nichts von einem Gedanken aussagen, was ihn genauer beschreibt, als sein Ausdruck.

 
   
                   Zu sagen “ja, die Demonstration dieses euklidischen Satzes mit Zirkel und Lineal überzeugt mich schon in diesem Fall, aber, wie weiss ich, dass er auch in allen anderen Fällen stimmt”, ist ganz ebenso, als wollte man sagen “ja, jetzt um 4 Uhr stimmt der Satz, aber wie weiss ich, ob er zu jeder andern Zeit stimmt”. Wer das sagte, zeigte damit, dass er die Demonstration, ihr Wesen, ganz falsch verstanden hat.
          Er hat sie etwa als Experiment verstanden // aufgefasst // und dann ist allerdings der zweite Einwand (so) gültig, wie der erste.

 
   
                   Der Sündenbock auf den man seine Sünde legt und der damit in die Wüste hinausläuft, – ein falsches Bild ähnlich denen die die philosophischen Irrtümer verursachen.

 
   
                   Wir fragen: Was ist ein Gedanke, welcher Art muss etwas sein, um die Funktion des Gedankens verrichten zu können? Und diese Frage ist ganz analog der[,|:] Was ist, oder wie funktioniert, eine Nähmaschine. “Wie macht sie das?” Aber die Antwort könnte sein: Schau den Stich an; alles, was der Nähmaschine wesentlich ist, ist in ihm zu sehen; alles andre kann so, oder anders sein.

 
   
                   Wir fragen, wie muss der Gedanke beschaffen sein, um seine
Funktion
Bestimmung
zu erfüllen; aber was ist denn seine
Funktion
Bestimmung
? Wenn sie nicht in ihm selbst liegt /([D|d].h. wenn sie nicht ist, (das) zu sein, was er ist), liegt sie in seiner Wirkung, aber die interessiert uns nicht.

395
 
   
                   Welcher Art muss die Bewegung der nähenden Hand und Nadel sein, damit dieser Stich entsteht // herauskommt // ? – Alles kann man ändern – d.h. ist unwesentlich – ausser das, was dem Stich selbst wesentlich ist. Das, was der Stich mit jener ganzen Vorrichtung gemein haben muss.
          Die logische Erklärung der Nähmaschine könnte also nichts tun, als den Stich beschreiben.

 
   
                   Wie arbeitet der Gedanke, wie bedient er sich seines Ausdrucks?” – das ist // klingt // analog der Frage: “wie arbeitet der Webstuhl, wie bedient er sich der Karten?”

 
   
                   Das Gefühl ist, dass mit dem Satz “ich glaube, dass p der Fall ist” der Vorgang des Glaubens nicht beschrieben sei, (dass vom Webstuhl nur die Karten gegeben seien und alles übrige bloss angedeutet ist). Dass man die Beschreibung “ich glaube p” durch die Beschreibung eines Mechanismus ersetzen könnte, worin dann p, d.h. jetzt die Wortfolge “p”, wie die Karten im Webstuhl nur als ein Bestandteil vorkommen würden. Aber hier ist der Irrtum: Was immer diese Beschreibung enthielte, wäre für uns wertlos, ausser eben der Satz p mit seiner Grammatik. Sie ist der eigentliche Mechanismus, in
dem
welchem
er eingebettet liegt.

 
   
                   Man hat vielleicht das Gefühl: es kann doch nicht im Satz “ich glaube, dass p der Fall ist” das ‘p’ dasselbe bedeuten, wie in der Behauptung “p”, weil ja in der Tatsache des Glaubens, dass p der Fall
396
ist, die Tatsache dass p der Fall ist, nicht enthalten ist. Aber “p” ist ja auch im ersten Satz zusammengesetzt und nicht ein Name.

 
   
                   Man hat das Gefühl, dass ich mich im Satz “ich erwarte, dass er kommt” der Worte “er kommt” in anderer Weise bediene, als in der Behauptung “er kommt”. – Aber wäre es so, so könnte ich nie wissen, ob die Tatsache jene Erwartung befriedigt.

 
   
                   Nun könnte man aber fragen: Wie schaut das aus, wenn er kommt? – “Es geht die Tür auf und ein Mann tritt herein, der …”. Wie schaut das aus, wenn ich erwarte, dass er kommt? – “Ich gehe auf und ab, sehe auf die Uhr, …”. – Aber der eine Vorgang hat ja mit dem anderen nicht die geringste Aehnlichkeit! Wie kann man dann dieselben Worte zu ihrer Beschreibung gebrauchen? Aber, auf- und abgehen konnte ich ja auch, ohne zu erwarten, dass er kommen werde, auf die Uhr sehen auch, etc.; das ist also nicht das Charakteristische des Erwartens, dass er kommt. Das Charakteristische aber ist nur eben durch diese Worte gegeben. Und “er” heisst dasselbe, wie in der Behauptung “er kommt” und “kommt” heisst dasselbe, wie in der Behauptung, und ihre Zusammenstellung bedeutet nichts anderes.

 
   
                   ““Die Vorstellung, die mit dem Wort rot verbunden ist, ist gewiss die, welche der Tatsache entspricht, dass etwas rot ist, – nicht die, die Tatsache entspricht, dass etwas blau, also nicht rot ist. Statt der Worterklärung “das ist rot” sollte ich sagen “so sieht es aus, wenn etwas rot ist”. Ja, die Vorstellung rot ist die Vorstellung, dass etwas rot ist. Und darauf beruht jene Verwechslung vonb Wort und Satz, von
397
der ich früher sprach.””

 
    
   
                   Dass das Wort kein Satz ist, dass der Satz – wie ich sagte – zusammengesetzt sein muss, heisst nichts anderes, als dass der Satz Teil eines grammatischen Systems (Mechanismus) sein muss.

 
   
                   Ist es nicht ein schiefer Ausdruck “de[r|n] Satz in einem System sehen”? – Kann es eine andere Bedeutung haben als die,
eine
die
Stellung des Mechanismus als eine, in einem System von Stellungen sehen?

 
   
                   Was heisst es, ein Gesetz in einer Reihe von Erscheinungen wahrnehmen?

 
   
                   Natürlich, das Zeichen eines Systems bezeichnet es nur im Gegensatz zu anderen Systemen und setzt selbst ein System voraus. (Interne Relation, die nur besteht, wenn ihre Glieder da sind.)

 
   
                   Das Denken als Ganzes
mit seiner
und seine
Anwendung geht sozusagen automatisch vor sich. – Wieviele Zwischenstufen es ich auch zwischen den Gedanken und die Anwendung setze, immer folgt eine Zwischenstufe der nächsten – und die Anwendung der letzten – ohne Zwischenglied. Und hier haben wir den gleichen Fall, wie wenn wir zwischen Entschluss und Tat durch Zwischenglieder vermitteln wollen.

398
 
   
                   Die Verbindung unseres Hauptproblems mit dem epistemologischen Problem des Wollens ist mir schon früher einmal aufgefallen. Wenn in der Psychologie ein solches hartnäckiges Problem auftritt, so ist es nie eine Frage nach der [g|t]atsächlichen Erfahrung (eine solche ist immer viel gutmütiger), sondern ein logisches, also eigentlich grammatisches Problem.

 
   
                   Warum die grammatischen Probleme so hart und scheinbar unausrottbar sind – weil sie mit den ältesten Denkgewohnheiten, d.h. mit den ältesten Bildern, die in unsere Sprache selbst geprägt sind, zusammenhängen.

 
   
                   Ich habe eine bestimmte Vorstellung, – und dann kommt jemand zur Türe herein: Aber warum nenne ich nun die Vorstellung die ich hatte “die (Vorstellung (davon[,|)], dass dieser Mensch zur Türe hereinkommen wird”? Aber so verwenden wir die Sprache eben.

 
   
                   Jede für uns relevante Beschreibung der Erwartung ist eine Beschreibung des Erwarteten.

 
   
                   Aber, wird man sagen, dass ich die Sprache so verwende ist nicht genug, sondern ich muss berechtigt sein, sie so zu verwenden. – Aber die Verwendung der Sprache lässt sich nicht rechtfertigen. Denn rechtfertigen hiesse, sie durch Sätze rechtfertigen.

 
   
                   Woher
dann aber
aber dann
das Bedürfnis nach Rechtfertigung? die Unbe[g|f]riedigung?
399

          Es ist jedenfalls das selbe Missverständnis unserer Sprachlogik, das uns das Gefühl gibt, dass p “p. V .non-p” doch (noch) etwas sagt, dass es nicht den ganzen logischen Raum erfüllt, oder wenn, dass man doch diesen Raum abgrenzen kann gegen etwas ausser ihm. Ja, das Wort “den ganzen” im vorigen Satz enthält schon dasselbe Missverständnis.

 
   
                   Und hier ist, glaube ich, ein Hauptanstoss zum Missverständnis, dass das “Vorkommen von rot” in zwei Tatbeständen als deren gemeinsamer Bestandteil einen doppelten Sinn hat. In dem einen Fall heisst es, dass sowohl da wie dort etwas rot ist – d.h. die Eigenschaft rot hat. In dem andern handelt es sich nicht um eine Gemeinsamkeit der Farbe (die ja durch eine Farbangabe ausgedrückt würde).
          Diese Gemeinsamkeit ist eben die Harmonie zwischen Welt // Wirklichkeit // und Gedanken, die nicht zu beschreiben ist.

 
   
                   Wenn man einen Satz braucht, so muss er schon irgendwie funktionieren. Das heisst, man gebraucht ihn nicht, um einer Tatsache einen Lärm beizuordnen.

 
   
                   Jemand sagt “diese Blume hat vier Blätter”; ich gehe hin und sage “ja”. Um die Angabe mit der Wirklichkeit zu vergleichen, musste ich die Blätter zählen, meine Aufmerksamkeit in bestimmter Weise auf sie richten. Und darin bestand das Deuten des Satzes entsprechend den grammatischen Regeln. Ich musste die Wirklichkeit artiukulieren, um sie mit dem Satz zu vergleichen. Dieses Artikulieren kommt im Kollationieren der Wirklichkeit
gegen den Satz
mit dem Satz
klar zum Ausdruck.

400


 
   
                   Es wäre doch nicht, einen Tatbestand portraitieren, wenn ich etwa beliebige Striche auf das Papier kritzelte und sagte “es gibt gewiss eine Projektionsmethode, die diesen Tatbestand in diese Zeichnung projiziert.

 
   
                   Ja auch hier (beim
Abbilden
Portraitieren
) fühle ich mich schon beim ersten Strich verpflichtet – d.h. er ist nicht willkürlich. Jedenfalls aber fängt das Bild erst dort an, wo die Verpflichtung anfängt.

 
   
                   Wenn ich absichtlich eine gewisse Form nachzeichne, so hat der Vorgang des Kopierens – ich meine, der ganze seelische Vorgang – mit der Wirklichkeit an einer bestimmten Stelle diese Form gemein. Sie ist eine Fassette des Vorgangs des Kopierens. Eine Fassette, die an dem kopierten Gegenstand anliegt und sich dort mit ihm deckt.

 
   
                   Man könnte dann sagen: Wenn auch mein Bleistift die Vorlage nicht trifft, die Absicht trifft sie immer.

 
   
                   So könnte ich sagen, der Körper des Be-[S|s]chreibens, wenn ich etwa sage “hier ist ein roter Kreis”, liegt mit einer seiner Fassetten an dem Beschriebenen an. Dadurch, dass ich mit diesen Worten die Tatsache portraitiert, nachgezeichnet, habe. D.h. die Handlung dieses Nachzeichnens liegt mit einer ganz bestimmten ihrer Fassetten an der Vorlage. (Hat diese Fassette mit der Vorlage gemein – oder auch, die Vorlage bildet dieses Fassette.)

401
 
   
                   Der Satz “ich erwarte mir hier einen roten Fleck” bildet offenbar etwas von dem gegenwärtigen Zustand und noch etwas anderes ab.

 
   
                   Bildet man aber auch etwas nach, wenn man eine Erwartung ausdrückt?

 
   
                   Wie, wenn ich eine Erinnerung beschreibe? – Ist es nicht wesentlich anders, als wenn ich eine Erwartung beschreibe?

 
   
                   Wie aber, wenn ich sage: “Stell' Dir ein Zimmer vor …” und nun beschreibe ich ein Zimmer und etwa einen Vorgang darin. Ein solcher Satz hat zu einer Behauptung dasselbe Verhältnis, wie ein Bild im allgemeinen zu einem Portrait. Wenn ich nun etwa ein holländisches Genrebild ansehe, so halte ich die gemalten Menschen darin nicht für wirkliche Menschen, andererseits ist ihre Aehnlichkeit mit Menschen für das Verständnis des Bildes wesentlich.

 
   
                   Ich kann
die
jene
Beschreibung eines Zimmers in eine Zeichnung übersetzen. Und das ist ihr wesentlich.
          Ich kann mir nach einer Beschreibung (d.h. einer Beschreibung folgend) eine Vorstellung machen. Dann übersetze ich offenbar die Beschreibung in die Vorstellung ebenso, wie ich die Wirklichkeit in die Beschreibung übertragen konnte.

402
 
   
                   Denken wir uns den einfachen Fall, dass jemand eine Strecke absichtlich in Masstab 1 : 1 kopiert. Ist dann in dem Vorgang des Kopierens schon das Verständnis des Nachzeichnens irgend einer Strecke im Masstab 1 : 1 enthalten? D.h. ist die Weise, in der mein Bleistiftm von der Strecke geführt wird, eben dieses allgemeine Gesetz? Mein Stift wurde von mir quasi ganz voraussetzungslos gehalten und nur von der Länge der Vorlage geführt // beeinflusst // .
          Ich würde dann sagen: Wäre die Vorlage länger gewesen, so wäre ich mit meinem Bleistift noch weitergefahren und wenn kürzer, weniger weit. Aber war, gleichsam, der Geist, der sich hierin ausspricht, schon im Nachziehen eines S des einen Strichs enthalten?

 
   
                   Ich kann mir vornehmen: Ich gehe solange, bis ich ihn finde (ich will etwa jemand auf einer Strasse treffen). Und nun gehe ich die Strasse entlang und treffe ihn an einem bestimmten Punkt und bleibe stehen. War in dem Vorgang des Gehens, oder irgend einem andern gleichzeitigen, die Befolgung der allgemeinen Regel, die ich mir vorgesetzt hatte, enthalten? Oder war der Vorgang nur in Uebereinstimmung mit dieser Regel, aber auch mit anderen entgegengesetzten Regeln?
          Aber, wenn ich mir die allgemeine Regel
vorgenommen hatte,
vornehmen konnte,
so war schon in dem Festhalten dieses Vorsatzes dasjenige enthalten, was das Gehen zu einer Befolgung eben der einen allgemeinen Regel machte.
          In dem Vorsatz wird die Länge der Strecke absichtlich offen gelassen. Das wollte ich früher mit dem Wort “[V|v]oraussetzungslos” andeuten.

 
   
                   Das kann aber nur heissen: Es ist ein Unterschied zwischen einem Vorsatz und dem andern. Ich hätte mir auch vornehmen können,
403
1 km weit zu gehen und das war zufällig die Weglänge, die ich gehen musste, um jenen Menschen zu treffen. (Hier erklärt sich auch das Wort “Grund”)
          Muss nun dieses Vornehmen // dieser Vorsatz // darin bestehen, dass ich vor der Ausführung meiner Handlung einen Satz, den Vorsatz, ausspreche?

 
   
                   Ich könnte z.B. eine Linie so ziehen wollen, dass sie parallel mit einer Vorlage wird, die übrigens eine Parabel ist. Aber ich will keine Parabel ziehen, sondern ziehe sie nur “incidental” wenn ich der Vorlage parallel fahre. Ich hätte aber auch können eine Parabel ziehen wollen, die dann zufällig mit jener Vorlage parallel geworden wäre. Der gesamte Vorgang wäre aber in jedem der beiden Fälle ein andrer gewesen.

 
   
                   Unsere Sprache macht immer wieder neue Knoten ins Denken. Und die Philosophie wird nicht fertig damit, sie aufzulösen.

 
   
                   Beabsichtigen ist ein menschlicher, psychischer Vorgang.

 
   
                    Ich gebe jemandem den Befehl von A eine Linie parallel zu a zu ziehen. Er versucht (beabsichtigt) es zu tun, aber mit dem Erfolg, dass die Linie parallel zu b wird. War nun der Vorgang des Kopierens derselbe, als hätte er beabsichtigt, parallel zu b zu ziehen und seine Absicht ausgeführt? Ich glaube offenbar, nein. Er hat sich von der Linie a führen lassen.

404
 
   
                   Wenn das allgemeine Gesetz der Abbildung sich in der Tätigkeit // dem Vorgang // des Abbildens ausdrückt, dann muss es in einem Zug dieser Tätigkeit liegen. und das allgemeine Gesetz ein notwendiger Teil der Beschreibung des Vorgangs sein.

 
   
                   D.h., das allgemeine Gesetz der Abbildung muss ein Teil der besonderen Beschreibung dieses Vorgangs der Abbildung sein.

 
   
                   Die Allgemeinheit muss darin bestehen, dass man etwas offen lässt. Und dieses Offenlassen ist darin ausgedrückt, dass ich sage: Ich lasse meinen Bleistift nur von der Linie leiten; wie immer sie geht, gehe ich ihr nach.

 
   
                   Die Frage ist nun: wenn ich (nun) auf diese Weise eine Vorlage nachgezeichnet habe, ist es dann möglich, den Vorgang des Nachzeichnens, wie er war, auch nach einer anderen allgemeinen Regel richtig zu beschreiben? Oder kann ich so eine Beschreibung zurückweisen // ablehnen // mit den Worten: “nein, ich habe mich wirklich nur von dieser (allgemeinen) Regel leiten lassen (und nicht von jener anderen, die
hier
in diesem Falle
allerdings auch dasselbe Resultat ergeben hätte)”.

 
   
                   Ein Mechanismus ist nicht der Ausdruck einer allgemeinen Regel, auch dann nicht, wenn seine Bewegungen erfahrungsgemäss mit einer bestimmten Regel übereinstimmen. Es sei denn, dass ich dem Fall des Nicht-Funktionierens dadurch ausschalte, dass ich bestimme:
405
wie immer er sich bewegt, ist, der Definition nach, der Regel gemäss.

 
   
                   Man könnte sich denken, dass die Bedeutung von “rot” in einem Archiv gleich dem Urmeter in Form eines Täfelchens von der betreffenden Farbe festgelegt wäre. (Auch im Fall des Urmeters muss Etwas 1 m lang sein.)

 
   
                   Wenn die Philosophen ein Wort gebrauchen und nach seiner Bedeutung forschen, muss man sich immer fragen: wird denn dieses Wort in der Sprache, die es geschaffen hat // für die es geschaffen ist // , je tatsächlich so gebraucht?
          Man wird dann meistens finden, dass es nicht so ist., und das Wort gegen seine n[r|o]rmale // entgegen seiner normalen // Grammatik gebraucht wird. (“Wissen”, “Sein”, “Ding”).

 
   
                   Vielleicht ist die eigentliche Schwierigkeit die: dass ich das Wort “rot” erkläre, indem ich auf etwas Rotes zeige und sage “das ist rot”, während doch dieses Rote später meinem Blick entschwindet. Und nun scheinbar etwas and Anderes an seine Stelle tritt (die Erinnerung oder wie man es heissen mag).

 
   
                   “Also so wird dieses Wort gebraucht!” Aber wie bewahre ich denn dieses So in der Erinnerung?

 
   
                   Die Erklärung eines Zeichens muss natürlich jede Meinungsverschiedenheit im Bezug auf seine Bedeutung beseitigen können.
406
D.h., sie muss alle Gegensätze der Bedeutung zum Ausdruck bringen. Und nun ist die Frage: ist dann noch eine Frage zu entscheiden.

 
   
                   Die Erklärung des Symbols muss die ganze Verantwortung für seine Anwendung tragen.

 
   
                   Z.B. a, b, c, d bedeuten Bewegungen und zwar a = , b = , c = , d = . Also heisst z.B. bccbda Nun, ist der Satz “bccbda” nicht ähnlich jenem Linienzug? Offenbar ja, in gewisser Weise. (Ist es nicht genau die Aehnlichkeit einer Photographie und des photographierten Gegenstandes?)

 
   
                   Kann man etwas in einem wesentlich anderem Sinne “offen lassen”, als man eine Klammer leer lässt?

 
   
                   Ich lasse mich von der Sprache (der Vorlage) führen, aber dazu muss ich ihr die Zügel in gewisser Weise in die Hand geben. Und dann erst kann sie mich führen.

 
   
                   Wir werden nicht durch das Notenbild dazu geführt, überhaupt Klavier zu spielen, sondern, so zu spielen (wie wir es tun). D.h., wir werden nicht durch das System von Signalen dazu gebracht, uns ihm zu übergeben, sondern wir überlassen // übergeben // uns ihm und werden dann, ihm entsprechend, geführt.

 
   
                   So übergeben wir uns auch der Sprache.

407
 
   
                   “Welchen Ton wirst Du spielen?” – “Ich werde mich darnach richten, welche Note dort steht”.

 
   
                   Mein Gedanke ist, dass aus dem einzelnen Fall des Sich-nach-etwas-[r|R]ichtens die sogenannte allgemeine Regel muss abgelesen werden können.
          Diese allgemeine Regel ist also nicht etwa eine Hypothese, die durch mehr Einzelfälle mit grösserer Sicherheit zu bestimmen ist, sondern, im Gegenteil, muss man schon von einem zweiten Einzelfall sagen können, dass er nicht nach derselben Regel gebildet
würde,
ist,
wie der erste.

 
   
                   Wenn ich eine Anzahl Striche auf einem Blatt Papier abzähle, so lasse ich mich von ihrer Anzahl leiten. Und hier haben wir, im Dezimalsystem, und wo etwa weniger als zehn Striche vorhanden sind, den Fall, dass wir zu formal
unzusammenhängenden
unabhängigen
Zeichen, den Wörtern 1, 2, 3, u.s.w. geleitet werden. Aber haben wir es da nicht mit einer falschen Verwendung der Analogie des Leitens zu tun?

 
   
                   Wenn ich den Befehl – etwa das Notenbild – als Bild der Ausführung auffasse, so ist das Auftreten des Zeichens jedenfalls // natürlich // kein Bild der Tätigkeit, die ich in Befolgung des ausführe, sondern bildhaft wird das Auftreten dieses Zeichens erst dadurch, dass, wo immer es auftritt, ich dieselbe Tätigkeitn wiederhole.

 
   
                   Es ist nur die Absicht, die an das Modell heranreicht. Und das ist dadurch ausgedrückt, dass der Ausdruck der Absicht
408
die Beschreibung des Modells und den Ausdruck der Projektionsregel enthält. Was ich tatsächlich spiele, ist gleichgültig; die Erfahrung wird es lehren und die Beschreibung des Gespielten muss nichts mit der Beschreibung des Notenbildes gemei[j|n] haben. Wenn ich dagegen meine Absicht beschreiben will, so muss es heissen, dass ich dieses Notenbild auf die Weise in Tönen abzubilden beabsichtige. Und nur das kann der Ausdruck dafür sein, dass die Absicht an die Vorlage heranreicht und eine allgemeine Regel enthält.

 
   
                   Von der Vorlage geführt werden, heisst nichts anderes, als die Absicht haben, die Vorlage auf diese Weise abzubilden. Die einzige Beschreibung dieser Absicht ist ihr Ausdruck.

 
   
                   Wenn ich einen Apparat machte, der nach Noten spielen könnte, der also auch auf das Notenbild in der Weise reagierte, dass er die entsprechenden Tasten einer Klaviatur drückte, und wenn dieser Apparat bis jetzt immer klaglos funktioniert hätte, so wäre doch weder er, noch sein Funktionieren der Ausdruck einer allgemeinen Regel. Ferner, dieses Funktionieren der Ausdruck einer allgemeinen Regel. Ferner, die … Funktionieren ist, wie immer er funktioniert, an sich weder richtig noch falsch; d.h. weder der Notenvorlage entsprechend, noch ihr nichtentsprechend. Kein Mechanismus, welcher Art immer, kann eine solche Regel etablieren. Man kann nur sagen: der Mechanismus arbeitet bis jetzt dieser Regel gemäss (was natürlich heisst, dass er auch anderen Regeln gemäss arbeitet). Das Funktionieren des Apparates ist im bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde gewisse Regeln
von
zu
seiner Beschreibung ausschliessen, aber nie eine Regel eindeutig bestimmen.

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                   Das Wort “psychischer Vorgang”, “mental process”, ist an vieler Verwirrung schuld. Wenn ich sage der wir sagen, der Gedanke, die Intention, sind psychische Vorgänge, so stellen wir uns darunter etwas ähnliches oder analoges vor, wie unter dem Wort chemischer Vorgang, oder ph[i|y]siologischer Vorgang[;|.] – Und soweit das richtig ist, haben wir mit dem Gedanken und der Intention nichts zu tun.

 
   
                   Die Intention, wie ich das Wort verstehe, ist nicht eine psychische Maschine die das leisten kann, was eine aus Holz und Eisen nicht leisten kann. Sondern ich brauche das Wort überhaupt nicht zur Bezeichnung einer Art von Mechanismus. Ist es die Form eines Mechan[n|i]smus? Das Verhältnis eines bestimmten Vorgangs zur Sprache?

 
   
                   “Wenn man kopiert, d.h. überhaupt abbildet, sich von einer Vorlage leiten lässt, so ist das Charakteristische dar[n,|an], dass nur die Vorlage mir bewusst wird, dagegen nicht die Projektionsart. Ich bin mir bewusst, dass mich die Vorlage einmal so, einmal so, lenkt, aber das Wie dieser Uebertragung nehme ich sozusagen hin; ich bemerke es weiter nicht. Und zwar, weil ich es nicht mit einem Anderen vergleiche. Ich befolge die Projektionsregel, aber ich drücke sie nicht aus und sie fällt sozusagen aus der Betrachtung heraus, weil sie mit nichts verglichen wird. Wenn ich sie beschreibe, so setzt das voraus, dass ich sie mit anderen Regeln vergleiche.”

 
   
                   “Ja, im gewissem Sinne ist alles, was beim Nachbilden der Vorlage geschieht, dass diese Vorlage an uns vorüberzieht und wir sie besser oder weniger gut treffen. D.h. es ist das Ende der Kopiermaschine, dass unserer Vorlage entlangläuft, was wir beobachten; die ganze
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übrige Maschine nehmen wir als gegeben hin. Wir merken sozusagen nur, was sich ändert, nicht, was gleichbleibt. Der Abbildungsweise haben wir durch eine Einstellung (die gleichbleibt) (ein für alle Mal) Rechnung getragen. – Und was wir spüren, ist nur das Modell.”

 
   
                   “Darum, wenn wir falsch nach Noten singen oder spielen – so verschieden diese Abbildung der Art nach von ihrem Vorbild ist – fühlen wir es als einen Verstoss gegen das Model[o|l].”

 
   
                   “Die ganze Verbindung zwischen Ton und Note muss gegeben sein. Ihre Verbindung muss fühlbar sein. Das aber, was diese[r|n] Ton mit dieser Note verbindet, ist die allgemeine Regel. – Das, was macht, dass ich einen Ton als Verstoss gegen diese Note empfinden kann. Das heisst natürlich, dass etwas vom Ton bis zur Note reichen muss; denn wie könnte der Ton sonst gegen sie verstossen? ([G|g]leichsam gegen sie stossen). Die Verbindung ist offenbar dadurch ausgedrückt, dass ich aus der Stellung der Note die Lage des Tons muss berechnen, erhalten, können.”

 
   
                   “Wenn ich mich bei der Konstruktion der Reihe 1, 2, 5, 26, 677, nach der Regel
an = a²n ‒ 1 + 1 richte, so muss ich natürlich dabei diese Regel deuten. Man könnte glauben, dass es das Entstehungsgesetz der Reihe ausdrückt, dass ich 677 tatsächlich dadurch erhalten habe, dass ich (26 × 26) + 1 gerechnet habe; aber das ist nicht wahr, denn es handelt sich daru[j|m], dass diese 26 die 26 des vorhergehenden Gliedes ist. Ich musste mich nach diesem Glied richten (und nicht zufällig die Rechnung mit 26 ausführen).”

411
 
   
                   “Es ist wichtig, dass ich
die
eine
Projektionsregel verstehen (sehen) kann, ohne sie in einer allgemeinen Notation vor mir zu haben. Ich kann aus der Reihe 1/1 [1|2]/4 3/9 4/16 eine allgemeine Regel entnehmen – freilich auch beliebig viele andere, aber doch auch eine bestimmte und das heisst, dass für mich diese Reihe irgendwie der Ausdruck dieser einen Regel war.”

 
   
                   Das was ich bezeichnen will, ist doch etwas, was 1/1, 2/4, 3/9, 4/16 gemeinsam haben. Aber das, was sie gemeinsam haben, kann ich unmöglich abgesondert von der Reihe hinschreiben. Es handelt sich ja hier nicht um einen Bestandteil. // gemeinsamen Bestandteil. //

 
   
                   Wir können wohl eine Maschine zur Illustration der Koordination zweier Vorgänge, der Abbildung des einen in dem andern, verwenden, aber nur die Maschine wie sie funktionieren soll, also die Maschine in ganz bestimmter Weise als Ausdruck aufgefasst, also als Teil der Sprache.

 
   
                   Nur in diesem Sinne bildet z.B. das Pianola die Loch-Schrift auf dem Streifen in die Tonfolge ab. Oder der Musterwebstuhl die Sprache der gelochten Karten in das Muster des gewebten Stoffes.

 
   
                   ﹖– Unter dem Verstehen verstehe ich –﹖ ein Korrelat
der
zur
Erklärung, nicht (zu) einer – etwa medizinischen – Beeinflussung.
          
Mit
Unter
Missverständnis meine ich also wesentlich etwas, was sich durch Erklärung beseitigen lässt. Eine andere Nichtübereinstimmung nenne ich nicht Missverständnis”.

412
 
   
                   Es ist unsinnig zu sagen “ich sehe die Dinge // diesen Gegenstand // im Gesichtsraum”. Im Gegensatz wozu? Ist es denkbar, dass ich sie ihn höre, oder dass ein Anderer sie ihn sieht?

 
   
                   Darum kann ich auch nicht sagen, dass der Gegenstand in meinem Gesichtsraum die Ursache
davon
dessen
ist, dass ich ihn sehe.
          (Darum ist es auch Unsinn zu sagen, : aus dem Urnebel haben sich die Sonnen, Planeten, die einfachensten Lebewesen und endlich ein Wesen entwickelt, das so organisiert ist, dass es all diese Dinge sehen und über sie Betrachtungen anstellen kann. Es sei denn, dass man unter diesen Betrachtungen die (rein) physikalischen Aeusserungen, im Sinne des Behaviourism, versteht. In diesem Sinne kann man auch von einer photographischen Kamera sagen, dass sie etwas wahrnehme.)

 
   
                   Wenn man gefragt wurde: was ist der Unterschied zwischen einem Ton und einer Farbe, und die Antwort wäre “Töne hören wir, dagegen sehen wir die Farben”, so ist das nur eine durch Erfahrung gerechtfertigte Hypothese, wenn es überhaupt einen Sinn haben soll, das zu sagen. Und in diesem Sinn ist es denkbar, dass ich einmal Töne mit den Augen wahrnehmen, also sehen werde, und Farben hören. Das Wesentliche der Töne und Farben ist offenbar in der Grammatik der Wörter für Töne und Farben gezeigt.


413
 
   

⌊⌊Bd VIII 1⌋⌋ Was spricht man der Mathematik ab, wenn man sagt, sie sei nur ein Sp[ei|ie]l (oder: sie sei ein Spiel)?

 
   
                   Ein Spiel, im Gegensatz wozu? – Was spricht man ihr zu, wenn man sagt, ihre Sätze hätten Sinn? // Was spricht man ihr zu, wenn man sagt (sie sei kein Spiel[,|)], ihre Sätze hätten Sinn? //

 
   
                   Der Sinn ausserhalb des Satzes.
          Und was geht uns der an? Wo zeigt er sich und was können wir mit ihm anfangen? (Auf die Frage “was ist der Sinn dieses Satzes?” antwortet ein Satz. // [K|k]o[k|m]mt ein Satz zur Antwort. //
          (“Aber der mathematische Satz drückt doch einen Gedanken aus”. – Welchen Gedanken? –)

 
   
                   Kann er durch einen anderen Satz ausgedrückt werden? oder nur durch diesen Satz? – [o|O]der überhaupt nicht? In diesem Falle geht er uns nichts an.

 
   
                   Will man durch die mathematischen Sätze von andern Gebilden, den Hypothesen, etc. etwa unterscheiden? Daran tut man Recht, und dass dieser Unterschied besteht, unterliegt ja keinem Zweifel.

 
   
                   Will man sagen, die Mathematik werde gespielt, wie das Schach, oder eine Patience und es gebe dabei ein Gewinnen oder Ausgehen // und es laufe dabei auf ein Gewinnen oder Ausgehen hinaus, // so ist das offenbar unrichtig.

414
 
   
                   Sagt man, dass die seelischen Vorgänge, die den Gebrauch der mathematischen Symbole begleiten, andere sind, als die, die das Schachspielen begleiten // Schachspiel begleiten // , so weiss ich darüber nichts zu sagen.

 
   
                   Es gibt auch beim Schach einige Konfigurationen, die unmöglich sind, obwohl jeder Stein in einer ihm erlaubten Stellung steht.
(Wenn z.B.
(Z.B. wenn
die Anfangsstellung der Bauern intakt ist und ein Läufer schon auf dem Feld.) Aber man könnte sich ein Spiel denken,
worin
in welchem
die Anzahl der Züge vom Anfang der Partie notiert würde, und dann gäbe es den Fall, dass nach n Zügen diese Konfiguration nicht eintreten könnte und man es der Konfiguration doch nicht ohne weiteres ansehen kann, ob sie als E n-te möglich ist, oder nicht.

 
   
                   Die Handlungen im Spiel müssen den Handlungen im Rechnen entsprechen. (Ich meine: darin muss die [e|E]ntsprechung bestehen, oder, so müssen die beiden einander zugeordnet sein.)

 
   
                   Welche Gleichung, etwa, von der Form
abc … × cde … = ghi …
ist richtig, welche falsch?

 
   
                   Ja, kann man von dem Schriftzeichen (überhaupt) sagen, es sei richtig (oder falsch)?
          Das nämlich hängt mit dem Sinn der Antwort zusammen: “richtig ist die Gleichung, die man nach den Regeln erzeugen kann” im Gegensatz zu
415
der: “richtig ist die Gleichung, die man nach den Regeln erzeugt hat”.

 
   
                   Das ist klar, dass die Position (Gleichung) nur im System, worin sie erzeugt werden kann, richtig oder falsch ist.

 
   
                   “Man darf ein System von Axiomen nicht benützen, ohne ehe seine Widerspruchsfreiheit nachgewiesen ist”.
          “In den Spielregeln dürfen keine Widersprüche vorkommen”.
          Warum nicht? “Weil man dann nicht wüsste, wie man zu spielen hat”?
          Aber wie kommt es, dass man auch auf den Widerspruch mit dem Zweifel reagiert?
          Auf den Widerspruch reagiert man überhaupt nicht. Man könnte nur sagen: Wenn das wirklich so gemeint ist (wenn der Widerspruch hier stehen soll), so versteh' ich es nicht. Oder: ich hab' es nicht gelernt. Ich verstehe die Zeichen nicht. Ich habe nicht gele[nr|rn]t, was ich daraufhin tun soll, ob es überhaupt ein Befehl ist; etc..

 
   
                   Wie wäre es etwa, wenn man in der Ar[ti|it]hmetik zu den üblichen Axiomen die Gleichung 2 × 2 = 5 hinzunehmen wollte? Das hiesse natürlich, dass das Gleichheitszeichen nun seine Bedeutung geändert // gewechselt // hätte, d.h., dass nun andere Regeln für das Gleichheitszeichen gälten.

 
   
                    / Hilbert stellt Regeln eines bestimmten Kalküls als Regeln
der
einer
Metamathematik auf. /

 
   
                   Wenn ich nun sagte: “also kann ich es nicht als Erset-
416
zungszeichen gebrauchen; so hiesse das, dass seine Grammatik nun nicht mehr mit der des Wortes “ersetzen” (“Ersetzungszeichen”, etc.) übereinstimmt. Denn das Wort “kann” in diesem Satz deutet nicht auf eine physische (physiologische, psychologische) Möglichkeit.

 
   
                   “Die Regeln dürfen einander nicht widersprechen”, das ist wie: “die Negation darf nicht verdoppelt eine Negation ergeben”. Es liegt nämlich inn der Grammatik des Wortes “Regel”, dass “p & non-p” (wenn “p” eine Regel ist) keine Regel ist. // … dass “p V non-p” keine Regel ist (wenn “p” eine Regel ist[,|)]. //

 
   
                   Das heisst, man könnte also auch sagen: die Regeln können // dürfen // einander widersprechen, wenn andre Regeln für das Wort // für den Gebrauch des Wortes // “Regel” gelten – wenn das Wort “Regel” eine andere Bedeutung hat.

 
   
                   Wir können eben auch hier nicht begründen (ausser (etwa) biologisch oder historisch)
sondern
und


(können) nur beschreiben, wie das Wort “Regel” gebraucht wird,.


 
   
                   Es lässt sich nicht zeigen, beweisen, dass man
diese
gewisse
Regeln als Regeln dieser Handlung gebrauchen kann.
          Ausser, indem man zeigt, dass die Grammatik der Bezeichnung // Beschreibung // der Handlung mit der, jener Regeln übereinstimmt.

417
 
   
                   Zu dem Problem vom “Sandhaufen”: Man könnte sich hier, wie in ähnlichen Fällen, einen offiziellen // offiziell festgesetzten // Begriff denken // … denken, dass es einen offiziellen Begriff, wie den einer Schrittlänge gäbe, // etwa: Haufe ist alles, was über einen halben m³ gross ist. Dieser wäre aber dennoch nicht unser gewöhnlich gebrauchter Begriff. Für diesen liegt keine Abgrenzung vor (und bestimmen wir eine, so ändern wir den Begriff)[.|;] sondern es liegen nur Fälle vor, welche wir zu dem Umfang des Begriffs // zu den Haufen // rechnen und solche, die wir nicht mehr zu dem Umfang des Begriffs rechnen.

 
   
                    / (Punkt am Ende des Satzes. Gefühl des Unabgeschlossenen, wenn er fehlt.) /

 
   
                   Man sagt für gewöhnlich, die rekursiven Beweise beweisen // zeigen // , dass die algebraischen Gleichungen für alle Kardinalzahlen gelten; aber es kommt hier momentan nicht darauf an, ob dieser Ausdruck glücklich oder schlecht gewählt ist, sondern nur darauf, ob er in allen Fällen die gleiche Bedeutung hat. // ob er in allen Fällen die gleiche, klarbestimmte, Bedeutung hat. //

 
   
                    / Die Ausdehnung eines Begriffes der Zahl, des Begriffs ‘alle’, etc. erscheint uns (ganz) harmlos; aber sie ist es nicht
sobald
wenn
wir vergessen, dass wir unsern Begriff tatsächlich geändert haben. /

 
   
                   Und ist es da nicht klar, dass die rekursiven Beweise tatsächlich dasselbe für alle “bewiesenen” Gleichungen
418
zeigen?

 
   
                   Und das heisst doch, dass zwischen dem rekursiven Beweis und dem von ihm bewiesenen Satz immer die gleiche (interne) Beziehung besteht?

 
   
                   Es ist ja übrigens ganz klar, dass es so einen k rekursiven, oder richtiger, iterativen “Beweis” geben muss. (Der uns die Einsicht vermittelt, dass es “mit allen Zahlen so gehen muss”.)
           / D.h. es scheint mir klar, und dass ich einem Anderen die Richtigkeit dieser Sätze für die Kardinalzahlen durch einen Prozess der Iteration begreiflich machen könnte. /

 
   
                   D.h.: Ich möchte Einem zeigen, dass das distributive Gesetz wirklich im Wesen der Anzahl liegt; werde ich da nicht durch einen Prozess der Iteration zu zeigen versuchen, dass das Gesetz gilt und immer weiter gelten muss?

 
   
                   Und in wiefern kann man diesen Vorgang nicht
einen
den
Beweis des (distributiven) Gesetzes nennen?

 
   
                   Und dieser Begriff des ‘begreiflich-Machens’ kann uns hier wirklich helfen. // … kann uns hier helfen. //
          Denn man könnte sagen: das Kriterium dafür, ob etwas ein Beweis eines Satzes ist, ist, ob man ihn dadurch begreiflich machen kann. (Natürlich handelt es sich da wieder nur um eine Erweiterung unserer grammatischen
419
Betrachtungen über das Wort // des Wortes // “Beweis”[:|,] nicht um ein psychologisches Interesse an dem Vorgang des Begreiflich-machens.)

 
   
                    / “Dieser Satz ist für alle Zahlen durch das rekursive [C|V]erfahren bewiesen”. Das ist der Ausdruck, der so ganz irreführend ist. Es klingt so, als würde hier ein Satz, der konstatiert, dass das und das für alle Kardinalzahlen gilt, auf einem Wege als wahr erwiesen, und als sei dieser Weg ein Weg in einem Raum denkbarer Wege.
          Während die Rekursion in Wahrheit nur sich selber zeigt, wie auch die Periodizität. // … wie auch die Periodizität nur sich selbst zeigt. // /

 
   
                   Ist die Frage also nicht: Kann man 4 + (2 + 3) = (4 + 2) + 3 ausrechnen? Wenn ja, so könnte konnte man also von diesem speziellen Zahlensatz einen Beweis geben und es ist klar, dass sich dann eine “Möglichkeit der Weiterführung” einer Reihe solcher Beweise zeigen wird.

 
   
                    / Das Problem der Unterscheidung von 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 und 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 ist viel wichtiger // fundamentaler // , als es auf den ersten Blick scheint. Es handelt sich um den Unterschied zwischen physikalischer und visueller Zahl. /

 
   
                   Wir haben also hier nicht den Fall, in welchem eine Gruppe von Grundgesetzen durch eine mit weniger Gliedern bewiesen wird, aber nun weiter in den Beweisen alles im Gleichen bleibt. (Wie auch in einem System von Grundbegriffen an der späteren Entwicklung dadurch
420
nichts geändert wird, dass man die Anzahl der Grundbegriffe durch Definitionen reduziert.)
          (Uebrigens, welche verdächtige Analogie, zwischen “Grundgesetzen” und “Grundbegriffen”!)

 
   
                   Es ist gleichsam // etwa // so: der Beweis eines alten Grundgesetzes setzt sonst das System der Beweise (einfach) nach rückwärts fort. Die Rekursionsbeweise aber setzen das System von algebraischen Beweisen (mit den alten Grundgesetzen) nicht nach rückwärts fort, sondern sind ein neues System, das mit dem ersten nur parallel zu laufen scheint.

 
   
                   Ich sprach früher von Verbindungsstrichen, Unterstreichungen, etc. um die korrespondierenden, homologen, Teile der Gleichungen eines Rekursionsbeweises zu zeigen. Im Beweis
a + (b + 1) = (a + b) + 1
a + (b + (c + 1)) = a + ((b + c) + 1) = (a + (b + c)) + 1
(a + b) + (c + 1) = ((a + b) + c) + 1(Ƒ)
entspricht z.B. die Eins 1 nicht der m sondern der c der nächsten Gleichung; m aber entspricht nicht k, sondern p dem p und h nicht dem k sondern dem c + d c + k etc..           Oder in:
(a + 1) + 1 = (a + 1) + 1
1 + (a + 1) = (1 + a) + 1(Ƒ)
421
entspricht nicht m dem h und n dem i, sondern m dem v und n dem k; und nicht k dem p, aber p dem u und v dem r und k dem q und q dem s, aber nicht dem u u.s.w..

 
   
                   Das ist eine seltsame Bemerkung, dass in den Induktionsbeweis der Grundregeln nach wie vor ihre [u|U]nreduzierbarkeit (Unabhängigkeit) sich zeigen muss // ﹖– zu Tage treten muss –﹖ // . Was, wenn man das für den Fall von gewöhnlichen Beweisen (oder Definitionen) sagte, also für den Fall, wo die Grundregeln eben weiter reduziert werden, eine neue Verwandtschaft zwischen ihnen gefunden (oder konstruiert) wird.

 
   
                   (Alles, was die Philosophie tun kann, ist, Götzen zerstören. Und das heisst, keinen neuen (etwa: die Abwesenheit von Götzen) zu schaffen.)

 
   
                   Wenn ich darin Recht habe, dass durch die Rekursionsbeweise die Unreduzierbarkeit // Unabhängigkeit // intakt bleibt, dann ist damit (wohl) alles gesagt, was sich gegen den Begriff vom Rekursions-“Beweis” sagen // vorbringen //
kann.
wollte.


 
   
                   (Der Stil meiner Sätze ist ausserordentlich stark von Frege beeinflusst. Und wenn ich wollte, so könnte ich wohl diesen Einfluss feststellen, wo ihn auf den ersten Blick Keiner sähe.)

 
   
                   Der Grund, warum alle Philosophien der Mathematik fehlgehen, ist der, dass man in der Logik nicht allgemeine Dicta durch
422
Beispiele begründen kann, wie in der Naturgeschichte. Sondern jeder besondere Fall hat die


Bedeutung, und
wieder
anderseits
ist mit ihm alles erschöpft, und man kann keinen allgemeinen Schluss aus ihm ziehen (also keinen Schluss). // … Bedeutung, aber alles ist mit ihm erschöpft … //

 
   
                   Wozu brauchen wir denn das kommutative Gesetz? Doch nicht, um die Gleichung 4 + 6 = 6 + 4 anschreiben zu können, denn diese Gleichung wird durch ihren besonderen Beweis gerechtfertigt. Und es kann freilich auch der Beweis des kommutativen Gesetzes als ihr Beweis verwendet werden, aber dann ist er eben (
jetzt
hier
) ein spezieller (arithmetischer) Beweis. Ich brauche das Gesetz also, um darnach mit Buchstaben zu operieren.
          Und diese Berechtigung kann mir der Induktionsbeweis nicht geben.

 
   
                   Aber eines ist klar: Wenn uns der Rekursionsbeweis das Recht gibt, algebraisch zu rechnen, dann auch der arithmetische Beweis. // [D|d]ann gibt, uns auch der arithmetische Beweis dieses Recht. //

 
   
                    / Kann man versuchen, zu einer Melodie den falschen Takt zu schlagen? Oder: Wie verhält sich dieses Versuchen // dieser Versuch // zu dem, ein Gewicht zu heben, das uns zu schwer ist? /

 
   
                   (Ich habe noch nie eine Bemerkung darüber gelesen, dass, wenn man ein Auge schliesst und “nur mit einem Auge sieht”, man
423
die Finsternis (Schwärze) nicht zugleich mit dem geschlossenen sieht.)

 
   
                   Wie verhält sich die Schachaufgabe (das Schachproblem) zur Schachpartie? – Denn, dass die Schachaufgabe der Rechenaufgabe entspricht, eine Rechenaufgabe ist, ist klar.

 
   
                   Ein arithmetisches Bild wäre z.B. folgendes: Wir schreiben auf gut Glück eine vierstellige Zahl hin, etwa 7368; dieser Zahl soll man sich dadurch nähern, dass man die Zahlen 7, 3, 6 und 8 in irgend einer Reihenfolge miteinander multipliziert. Die Spielteilnehmer rechnen mit Bleistift auf Papier, und wer in der geringsten Anzahl von Operationen so nahe der Zahl 7368 am nächsten kommt, hat gewonnen. (Uebrigens lassen sich eine Menge der mathematischen Rätselfragen zu solchen Spielen umformen.)

 
   
                   Angenommen, einem Menschen wäre Arithmetik nur zum Gebrauch in einem arithmetischen Spiel gelehrt worden. Hätte er etwas Anderes gelernt als der, welcher Arithmetik zum normalen // gewöhnlichen // Gebrauch lernt? Und wenn er nun im Spiel 21 mit 8 multipliziert und 168 erhält, tut er etwas Andres, als der, welcher herausfinden wollte, wieviel 21 × 8 ist?

 
   
                   Man wird sagen: Der Eine wollte doch eine Wahrheit finden, während der Andre nichts dergleichen wollte.

 
   
                   Nun könnte man diesen Fall etwa mit dem des Tennisspiels vergleichen wollen, in welchem der Spieler eine bestimmte Bewegung
533
macht der Ball darauf in bestimmter Weise fliegt und man diesen Schlag nun als Experiment auffassen kann, durch welches man eine bestimmte Wahrheit erfahren hat, oder aber auch als eine Spielhandlung, mit dem alleinigen Zweck, das Spiel zu gewinnen.
   Dieser Vergleich würde aber nicht stimmen, denn wir sehen im Schachzug kein Experiment (was wir übrigens auch könnten), sondern eine Handlung einer Rechnung.

 
   
                   Es könnte Einer vielleicht sagen: In dem arithmetischen Spiel werden wir zwar multiplizieren
                                  
21 × 8
168
, aber die Gleichung 21 × 8 = 168 wird nicht im Spiel vorkommen. Aber ist das nicht ein äusserlicher Unterschied? und warum sollen wir nicht auch so multiplizieren (und gewiss dividieren), dass die Gleichung als solche angeschrieben wird?
                   Also kann man nur einwenden, dass in dem Spiel die Gleichung kein Satz ist. Aber was heisst das? Wodurch wird sie dann zu einem Satz? Was muss noch dazu kommen, damit sie ein Satz wird? – Handelt es sich nicht um die Anwendung // Verwendung // der Gleichung (oder der Multiplikation)? – Und Mathematik ist es wohl dann, wenn es zum Uebergang von einem Satz zu einem andern verwendet wird. Und so wäre das unterscheidende Merkmal zwischen Mathematik und Spiel mit dem Begriff des Satzes (nicht ‘mathematischen Satzes’) gekuppelt, und verliert damit für uns seine Aktualität.

 
   
                   Man könnte aber sagen, dass der eigentliche Unterschied darin bestehe, dass für Bejahung und Verneinung im Spiel kein Platz sei. Es
534
wird da z.B. multipliziert und 21 × 8 = 148 wäre ein falscher Zug, aber “non.neg(21 × 8 = 148)”, welches ein richtiger arithmetischer Satz ist, hätte in unserm Spiel nichts zu suchen.

 
   
                   (Da mag man sich daran erinnern, dass in der Volksschule nie mit Ungleichungen gearbeitet wird, vom Kind nur die richtige Ausführung der Multiplikation verlangt wird und nie – oder höchst selten – die Konstatierung einer Ungleichung.)

 
   
                   Wenn ich in unserm Spiel 21 × 8 ausrechne, und wenn ich es tue, um damit eine praktische Aufgabe zu lösen, so ist jedenfalls die Handlung der Rechnung in beiden Fällen die Gleiche (und auch für Ungleichungen könnte in einem Spiele Platz geschaffen werden). Dagegen ist mein übriges Verhalten zu der Rechnung jedenfalls in den zwei Fällen verschieden.
          Die Frage ist nun: kann man von dem Menschen, der im Spiel die Stellung “21 × 8 = 168” erhalten hat, sagen, er habe herausgefunden, dass 21 × 8 168 sei? Und was fehlt ihm dazu? Ich glaube, es fehlt nichts, es sei denn eine Anwendung der Rechnung.

 
   
                   Die Arithmetik ein Spiel zu nennen, ist ebenso falsch, wie das Schieben von Schachfiguren (den Schachregeln gemäss) ein Spiel zu nennen; denn es kann auch eine Rechnung sein.

 
   
                   Man müsste also sagen: Nein, das Wort “Arithmetik” ist nicht der Name eines Spiels. Das ist natürlich wieder eine Trivialität.) – Aber die Bedeutung des Wortes “Arithmetik” kann erklärt werden
535
durch die Beziehung der Arithmetik zu einem arithmetischen Spiel, oder auch durch die Beziehung der Schachaufgabe zum Schachspiel.
          Dabei aber ist es wesentlich, zu erkennen, dass dieses Verhältnis nicht das ist, einer Tennisaufgabe zum Tennisspiel.
          Mit “Tennisaufgabe” meine ich etwa die Aufgabe, einen Ball unter gegebenen Umständen in bestimmter Richtung zurückzuwerfen. (Klarer wäre der Fall, vielleicht, einer Billardaufgabe.) Die Billardaufgabe ist keine mathematische Aufgabe (obwohl zu ihrer Lösung Mathematik angewendet werden kann). Die Billardaufgabe ist eine physikalische Aufgabe und daher “Aufgabe” im Sinne der Physik; die Schachaufgabe ist eine mathematische Aufgabe und daher “Aufgabe” in einem andern (im mathematischen) Sinn.

 
   
                   In dem Kampf zwischen dem “Formalismus” und der “inhaltlichen Mathematik”, – was behauptet denn jeder Teil? Dieser Streit ist so ähnlich dem, zwischen Realismus und Idealismus!
Auch darin
Darin z.B.
, dass er bald obsolet (geworden) sein wird und dass beide Parteien, entgegen ihrer täglichen Praxis, Ungerechtigkeiten behaupten.

 
   
                   Die Arithmetik ist kein Spiel, niemandem wäre es eingefallen, unter den Spielen der Menschen die Arithmetik zu nennen.

 
   
                   Worin besteht denn das Gewinnen und Verlieren in einem Spiel (oder das Ausgehen der Patience)? Natürlich nicht in der Konfiguration // Situation des Spiels // , die das Gewinnen – z.B. – hervorbringt. Wer gewinnt, muss durch eine eigene // besondere // Regel festgestellt werden. (“Dame” und “Schlagdame” sind nur durch diese Regel unterschieden.)

536
 
   
                   Konstatiert nun die Regel etwas, die sagt, “wer zuerst seine Steine im Feld das Andern hat, hat gewonnen”? Wie liesse sich das verifizieren? Wie weiss ich, ob Einer gewonnen hat? Etwa daraus, dass er sich freut?
          Diese Regel sagt doch wohl: Du musst versuchen, Deine Steine so rasch als möglich etc.
          Die Regel in dieser Form bringt das Spiel schon mit dem Leben in Zusammenhang. Und man könnte sich denken, dass in einer Volksschule, in der das Schachspielen eine obligater Gegenstand // ein Lehrgegenstand // wäre, die Reaktion des Lehrers auf das schlechte Spiel eines Schülers dieselbe // genau dieselbe // wäre, wie die auf eine falsch gerechnete Rechenaufgabe.

 
   
                   Ich möchte beinahe sagen: Im Spiel gibt es (zwar) kein “wahr” und “falsch”, dafür gibt es aber in der Arithmetik kein “Gewinnen” und “Verlieren”.

 
   
                   Ich sagte einmal, es wäre denkbar, dass Kriege auf einer Art grossem Schachbrett nach den Regeln des Schachspiels ausgefochten würden. Aber: wenn es wirklich bloss nach den Regeln des Schachspiels ginge dann brauchte man eben kein Schlachtfeld für diesen Krieg, sondern er könnte auf einem gewöhnlichen Brett gespielt werden. Und dann wäre es (eben) im gewöhnlichen // normalen // Sinne kein Krieg. Aber man könnte sich ja auch eine Schlacht von den Regeln des Schachspiels geleitet denken. Etwa so, dass der “Läufer” mit der “Dame” nur kämpfen dürfte, wenn seine Stellung zu ihr es ihm im Schachspiel erlaubte, sie zu “nehmen”.

 
   
                   Könnte man sich eine Schachpartie gespielt denken, d.h.,
428
sämtliche Spezialhandlungen ausgeführt denken, aber in einer andern Umgebung, so dass dieser Vorgang nun nicht die Partie eines Spiels genannt würde // genannt werden könnte // ?
          Gewiss, es könnte sich ja um eine Aufgabe handeln, die die Beiden miteinander lösen. (Und einen Fall für die Nützlichkeit einer solchen Aufgabe kann man sich ja nach dem Oberen leicht konstruieren.)

 
   
                   Die Regel über das Gewinnen und Verlieren unterscheidet eigentlich nur zwei Pole. Welche Bewandtnis es (dann) mit dem hat, der gewinnt (oder verliert), geht sie eigentlich nichts an. Ob z.B. der Verlierende dann etwas zu zahlen hat.
          (Und ähnlich, kommt es uns ja vor, verhält es sich mit dem “richtig” und “falsch” im Rechnen.)

 
   
                    / Der Wirrwarr in der Auffassung des “wirklich Unendlichen” kommt von dem unklaren Begriff der irrationalen Zahl her. D.h. davon, dass die logisch verschiedensten Gebilde, ohne klare Begrenzung des Begriffs, “irrationale Zahl” genannt werden. Die Täuschung, als hätte man einen festen Begriff, rührt daher // beruht darauf // , dass man in Zeichen von der Art “0, abcd … ad inf.” einen
Begriff Bild
Standard
zu haben glaubt, dem sie [)|(]die Irrationalzahlen) jedenfalls entsprechen müssen. /

 
   
                   In der Logik geschieht immer wieder, was in dem Streit über das Wesen der Definition geschehen ist. Wenn man sagt, die Definition habe es nur mit Zeichen zu tun und ersetze bloss ein kompliziertes Zeichen durch ein einfacheres // ein Zeichen durch ein anderes // , so wehren sich die Menschen dagegen und sagen, die Definition leiste nicht
429
nur das, oder es gebe eben verschiedene Arten von Definitionen // der Definition // und die interessante und wichtige sei nicht die (reine) “Verbaldefinition”.
          Sie glauben nämlich, man nehme der Definition ihre Bedeutung, Wichtigkeit, wenn man sie als blosse Ersetzungsregel, die von Zeichen handelt, hinstellt. Während die Bedeutung der Definition in ihrer Anwendung liegt, quasi in ihrer Lebenswichtigkeit. Und eben das geht (heute) in dem Streit zwischen Formalismus, Intuitionismus, etc. vor sich. Es ist den Leuten unmöglich, die Wichtigkeit einer Sache //
Tatsache
Handlung
// , ihre Konsequenzen, ihre Anwendung, von ihr selbst zu unterscheiden; die Beschreibung einer Sache von der Beschreibung ihrer Wichtigkeit.

 
   
                   Immer wieder hören wir (so), dass der Mathematiker mit dem Instinkt arbeitet (oder etwa, dass er nicht mechanisch nach der Art eines Schachspielers vorgehe), aber wir erfahren nicht, was das mit dem Wesen der Mathematik zu tun haben soll. Und wenn ein solches psychisches Phänomen in der Mathematik eine Rolle spielt, wie weit wir überhaupt exakt über die Mathematik reden können, und wie weit nur mit der Art der Unbestimmtheit, mit der wir über Instinkte, etc. reden müssen.

 
   
                   Immer wieder möchte ich sagen: Ich kontrolliere die Geschäftsbücher der Mathematiker;




 
   
                   Die Menschen sind im Netz der Sprache gefangen // verstrickt // und wissen es nicht.

430
 
   
                   Auch so: Der Rekursionsbeweis hat es – offenbar // natürlich // – wesentlich mit Zahlen zu tun. Aber was gehen mich die an, wenn ich rein algebraisch operieren will. Oder: Der Rekursionsbeweis ist nur dann zu


, wenn ich
durch ihn einen
mit ihm den
Uebergang in einer Zahlenrechnung rechtfertigen will.

 
   
                   Man könnte nun aber fragen: Also brauchen wir (beide:) sowohl den Induktionsbeweis als auch das A assoziative Gesetz, da ja dieses Uebergänge der Zahlenrechnung nicht begründen kann, und jener nicht Transformationen in der Algebra?

 
   
                   Ja, hat man (denn) vor den Skolem'schen Beweisen das assoziative Gesetz – etwa – hingenommen ohne den entsprechenden Uebergang in einer Zahlenrechnung durch Rechnenung begründen // ausführen // zu können? D.h.: Kkonnte man vorher 5 + (4 + 3) = (5 + 4) + 3 nicht ausrechnen, sondern hat es als Axiom betrachtet?

 
   
                   Die Mathematiker verirren sich nur dann, wenn sie über Kalküle im Allgemeinen reden wollen[:|,] [U|u]nd zwar darum, weil sie dann die besondern Bestimmungen vergessen, die jedem besonderen Kalkül als Grundlagen dienen // zu Grunde liegen // .

 
   
                   / Zum indirekten Beweis, dass eine Gerade über einen Punkt hinaus nur eine Fortsetzung hat: Wir nahmen an, [d|e]s könne eine Gerade zwei Fortsetzungen haben. – Wenn wir das annehmen, so muss diese Annahme einen Sinn haben –. Was heisst es aber: das annehmen? Es heisst nicht, eine naturgeschichtlich falsche Annahme machen, wie etwa die, dass
549
ein Löwe zwei Schwänze hätte. – Es heisst nicht, etwas annehmen, was gegen die Konstatierung einer Tatsache spricht // verstösst // . Es heisst vielmehr, eine Regel annehmen; und gegen die ist weiter nichts zu sagen, ausser dass sie etwa einer anderen widerspricht und ich sie darum fallen lasse.
          Wenn im Beweis nun eine Gerade gezeichnet wird, die sich gabelt, so darf das an und für sich nicht absurd sein, und ich kann nur sagen: so etwas // das // nenne ich keine Gerade. // Wenn im Beweis nun gezeichnet wird , und das eine Gerade darstellen soll, die sich gabelt, so ist darin nichts Absurdes (Widersprechendes), es sei denn, dass wir eine Festsetzung getroffen haben, der es widerspricht. //

 
   
                   Wen nachträglichen ein Widerspruch gefunden wird, so waren vorher die Regeln noch nicht klar und eindeutig. Der Widerspruch macht also nichts, denn er ist dann durch das Aussprechen einer Regel zu entfernen.

 
   
                   In einem völlig geklärten System // mit klarer Grammatik // In einem grammatisch geklärten System // gibt es keinen versteckten Widerspruch, ﹖– denn da muss die Regel gegeben sein –﹖, nach welcher ein Widerspruch zu finden ist. Versteckt kann der Widerspruch nur in dem Sinn sein, dass er gleichsam
in der Unordnung
im “Kraut-und-Rüben”
der Regeln, in dem ungeordneten Teil der Grammatik versteckt ist; ﹖– das aber macht nichts –﹖ // ﹖– dort aber macht er nichts –﹖ // , da er durch ein Ordnen der Grammatik zu entfernen ist.

 
   
                   Warum dürfen sich Regeln nicht widersprechen? Weil es sonst keine Regeln wären. /

432
 
   
                   Zum mindesten muss ich sagen, dass, welcher Einwand ge[v|g]en den Beweis B gilt, auch z.B. gegen den der Formel (a + b)n = etc. gilt.
          Auch hier müsste ich dann sagen, nehme ich nur eine algebraische Regel in Uebereinstimmung mit den Induktionen der Arithmetik an.

 
   
                   f(n) & (a + b) = f(n + 1)


f(1) = a + b


also: f(1) & (a + b) = (a + b)² = f(2)


also: f(2) & (a + b) = (a + b)³ = f(3) u.s.w.
Soweit ist es klar. Aber nun: “also (a + b)n = f(n)”!
          Ist denn hier ein weiterer Schluss gezogen? Ist denn hier noch etwas zu konstatieren?

 
   
                   Ich würde aber doch fragen, wenn mir Einer die Formel (a + b)n = f(n) zeigt: wie ist man denn dazugekommen? Und als Antwort käme doch die Gruppe
f(n) & (a + b) = f(n + 1)
f(1) = a + b . Ist sie also nicht ein Beweis des ˇalgebraischen Satzes? – Oder antwortet sie eher auf die Frage “was bedeutet der algebraische Satz”?

 
   
                   Ich will sagen: hier ist doch mit der Induktion alles erledigt.

 
   
                   Wie ich Philosophie betreibe, ist es ihre ganze Aufgabe, den Ausdruck so zu gestalten, dass gewisse Beunruhigungen // Probleme //
433
verschwinden.

 
   
                   Wenn ich sage, die periodische Zahlenrechnung beweist den Satz, der nicht zu jenen Uebergangen berechtigt, wie hätte dieser Satz gelautet, wenn man ihn als Axiom angenommen und nicht bewiesen hätte?
          Wie hätte der Satz gelautet, nach welchem ich 5 + (7 + 9) = (5 + 7) + 9 gesetzt hätte, ohne es beweisen zu können? Es ist doch offenbar, dass es so einen Satz nie gegeben hat.

 
   
                   Die Arbeit an der Philosophie ist – wie vielfach die Arbeit in der Architektur – eigentlich mehr die eine Arbeit an Einem s[l|e]lbst. An der eignen Auffassung. Daran, wie man die Dinge sieht. (Und was man von ihnen verlangt.)

 
   
                   Ein philosophisches Problem ist immer von der Form: “Ich kenne mich einfach nicht aus”.

 
   
                   Wie verhält es sich mit einer Rechnung wie: (5 + 3)² = (5 + 3)(5 + 3) = 5(5 + 3) + [(|3](5 + 3) = 5 × 5 + 5 × 3 + 3 × 5 + 3 × 3 = 5² + 2 × 5 × 3 + 3² …R) aus welcher wir auch eine allgemeine Regel des Quadrierens eines Binoms herauslesen können?
          Wir können diese Rechnung sozusagen arithmetisch und algebraisch auffassen // ansehen // .
          Und dieser Unterschied in der Auffassung träte z.B. zu Tage, wenn das Beispiel gelautet hätte (5 + 2)² = 5² +
i
2
×
k
2
× 5 +
k
2
² und wir nun in der algebraischen Auffassung die 2 an den Stellen k einerseits, und an der Stelle i anderseits unterscheiden müussten, während sie in der arithmetischen Auf-
434
fassung nicht zu unterscheiden wären. Wir betreiben eben – glaube ich – beide Male einen andern Kalkül.

 
   
                   Nach der einen Auffassung wäre z.B. die obige // vorige // Rechnung ein Beweis von (7 + 8)² = 7² + 2 × 7 × 8 + 8², nach der anderen nicht.

 
   
                   Ich muss, um ‘A zu beweisen’, erst – wie man sagen würde – die Aufmerksamkeit auf etwas ganz Bestimmtes richten // … auf ein ganz bestimmte Züge
von
in
B lenken // . (Wie in der Division
1,0 : 3 = 0,
  1
).

 
   
                   (Und von dem, was ich dann sehe, hatte das α sozusagen noch gar keine Ahnung.)

 
   
                   Es verhält sich hier zwischen Allgemeinheit und Beweis der Allgemeinheit, wie zwischen Existenz und Existenzbeweis.

 
   
                   Auf die Frage “ist 5 × 4 = 20?” könnte man antworten: “
sehen
zählen
wir nach, ob es mit den Grundregeln der Arithmetik übereinbestimmt”; und entsprechend könnte ich sagen: sehen wir nach, ob A mit den Grundregeln übereinstimmt. Aber mit welchen? Nun, wohl mit alpha.

 
   
                   Aber zwischen α und A liegt eben die Notwendigkeit einer Festsetzung darüber, was wir hier “Uebereinstimmung” nennen wollen.

435
 
   
                    / “Hat die Prozession ein Ende” könnte auch heissen: ist sie eine in sich geschlossene Prozession. Und nun könnte man sagen // [U|u]nd nun höre ich die Mathematiker sagen // “da siehst Du ja, dass Du Dir sehr wohl einen solchen Fall vorstellen kannst, dass etwas kein Ende hat; warum soll es dann nicht auch andere solche Fälle // ﹖– einen andern solchen Fall –﹖ // geben können?” – Aber die Antwort ist: Die “Fälle” in diesem Sinn des Wortes sind grammatische Fälle und sie bestimmen erst den Sinn der Frage. Die Frage “warum soll es nicht auch andere Fälle geben können” ist der analog gebildet: “Warum soll es nicht noch andere Fälle von Mineralien // andere Mineralien // geben können, die im Dunkeln leuchten”, aber hier handelt es sich um Fälle der Wahrheit einer Aussage, dort um ﹖– Fälle, die den Sinn eines Satzes bestimmen –﹖ // dort um Fälle, die den Sinn bestimmen // . /

 
   
                   D.h. zwischen α und A liegt die Kluft von von der Arithmetik und zur Algebra, // und wenn B als Beweis von A gelten soll, so muss diese (Kluft) durch eine Bestimmung überbrückt werden.

 
   
                   Nun ist ganz klar, dass wir Gebrauch von so einer Idee der Uebereinstimmung machen, wenn wir uns nur z.B. rasch ein Zahlenbeispiel ausrechnen, um dadurch die Richtigkeit eines algebraischen Satzes zu kontrollieren.
          Und in diesem Sinne könnte ich z.B. rechnen
25 × 16
25  
150
400
          
          
          
          
16 × 25
32
  80
400

und sagen: “ja ˇJa, es stimmt, a × b
ist gleich
=
b × a – wenn ich mir vorstelle, dass ich das vergessen hätte.

436
 
   
                   Wir könnten ein Beispiel rechnen, um uns zu vergewissern, dass (a + b)² gleich a² + b² + 2ab und nicht a² + b² + 3ab ist – wenn wir es etwa vergessen hätten; aber wir könnten nicht in diesem Sinn kontrollieren, ob die Formel allgemein gilt. Auch diese Kontrolle gibt es natürlich und ich könnte in der Rechnung
           (5 + 3)² = … = 5² + 2 × 5 × 3 + 3² nachsehen, ob die 2 im zweiten Glied ein allgemeiner Zug der Gleichung ist oder einer, der von dem speziellen Zahlen des Beispiels abhängt.

 
   
                    / Es ist seltsam, dass ich geschrieben habe, der Gesichtsraum hat nicht die Form und nicht, er habe die Form und dass ich das Erste geschrieben habe, ist sehr bezeichnend. /

 
   
                   Ich mache (5 + 2)² = 5² + 2 × 2 × 5 + 2² zu einem andern Zeichen, indem ich schreibe:
(
i
5 +
k
2
)² =
i ‒
5² +

2
×
k
2
× 5 +
i
5 +
k ‒
und dadurch “andeute, welche Züge der rechten Seite von dem besonderen Zahlen der linken herrühren”, etc..

 
   
                   (Ich erkenne jetzt die Wichtigkeit dieses Prozesses der Zuordnung. Er ist der Ausdruck einer neuen Betrachtung der Rechnung und daher
der
die
Betrachtung einer neuen Rechnung.)

 
   
                   “Du sagst ‘wo eine Frage ist, da ist auch ein Weg zu
437
ihrer Beantwortung’, aber in der Mathematik gibt es doch Fragen, zu deren Beantwortung wir keinen Weg sehen”. – Ganz richtig, und daraus folgt nur, dass wir in diesem Fall das Wort ‘Frage’ in anderem Sinn gebrauchen, als in oberen Fall. Und ich hätte vielleicht sagen sollen “es sind hier zwei verschiedene Formen und nur für die erste möchte ich das Wort ‘Frage’ gebrauchen”. Aber dieses Letztere ist nebensächlich. Wichtig ist, dass wir es hier mit zwei verschiedenen Formen zu tun haben. (Und dass Du Dich in der Grammatik des Wortes ‘Art’ nicht auskennt, wenn Du nun sagen willst, es seien eben nur zwei verschiedene Arten von Fragen.)

 
   
                   Könnte man auch so sagen: In der Arithmetik wird das [A|a]ssoziative Gesetz überhaupt nicht gebraucht, sondern da arbeiten wir (nur) mit besonderen Zahlenrechnungen.
          Und die Algebra, auch wenn sie sich der arithmetischen Notation bedient, ist ein ganz anderer Kalkül, und nicht aus dem arithmetischen abzuleiten.

 
   
                   Der Philosoph notiert eigentlich nur das, was der Mathematiker so gelegentlich über seine Tätigkeit hinwirft.

 
   
                   Der Philosoph kommt leicht in die Lage eines ungeschickten Direktors, der, statt seine Arbeit zu tun und nur darauf zu schauen, dass seine Angestellten ihre Arbeit richtig machen, ihnen ihre Arbeit abnimmt und sich so eines Tages mit fremder Arbeit überladen sieht, während die Angestellten zuschauen und ihn kritisieren.
          Besonders ist er geneigt, sich die Arbeit des Mathematikers aufzuhalsen.

438
 
   
                   Eine logische Fiktion gibt es nicht und darum kann man nicht mit logischen Fiktionen arbeiten; und muss jedes Beispiel ganz ausführen.

 
   
                   In der Mathematik kann es nur mathematische Schwierigkeiten // Troubles // geben, nicht philosophische.

 
   
                   Wenn α, β, γ bewiesen sind, muss der allgemeine Kalkül erst erfunden werden.

 
   
                   Es kommt uns ganz selbstverständlich vor, auf die Induktionsreihe hin “a + (b + c) = (a + b) + c” zu schreiben; weil wir nicht sehen, dass wir damit einen ganz neuen Kalkül beginnen. (Ein Kind, das gerade rechnen lernt, würde in dieser Beziehung klarer sehen als wir.)

 
   
                    / “Die rationalen Punkte liegen auf der Zahlengeraden nahe beisammen // bei einander // ”: irreführendes Bild. /

 
   
                   Der Satz, dass A für alle Kardinalzahlen gilt, ist eigentlich der Komplex B. Und sein Beweis, der Beweis von β und γ. Aber das zeigt auch, dass dieser Satz in einem andern Sinne Satz ist, als eine Gleichung, und sein // dieser // Beweis in anderm Sinne Beweis eines Satzes.
          Vergiss hier nicht, dass wir nicht erst den Begriff des Satzes haben, dann wissen, dass die Gleichungen mathematische Sätze sind, und dann erkennen, dass es noch andere Arten von mathematischen Sätzen gibt!

678
 
   
                   “Der Uebergang ist gerechtfertigt” heisst in einem Falle, dass er nach bestimmen gegebenen Formen vollzogen werden kann. Im andern Fall wäre die Rechtfertigung, dass der Uebergang nach Paradigmen geschieht, die selbst eine bestimmte Bedingung befriedigen.

 
   
                   Man denke sich, dass für ein Brettspiel solche Regeln gegeben würden, die aus lauter Wörtern ohne “r” bestünden, und dass ich eine Regel gerechtfertigt nenne, wenn sie kein “r” enthält. Wenn nun jemand sagte, er habe für das und das Spiel nur eine Regel aufgestellt, nämlich, dass die Züge Regeln entsprechen müssten, die kein “r” enthalten. – Ist denn das eine Spielregel (im ersten Sinn)? Geht das Spiel nicht doch nach den Regeln // nach der Klasse von Regeln // vor sich, die nur alle jener ersten Regel entsprechen sollen?

 
   
                   Es macht mir jemand die Konstruktion von B vor und sagt nun, A ist bewiesen. Ich frage: “Wieso? – ich sehe nur, dass Du um A eine Konstruktion mit Hilfe von ; gemacht hast”. Nun sagt er: “Ja, aber wenn das möglich ist, so sage ich eben, A sei bewiesen”. Darauf antworte ich: “Damit hast Du mir nur gezeigt, welchen neuen Sinn Du mit dem Wort ‘beweisen’ verbindest”.

 
   
                   In einem Sinn heisst es, dass Du das Paradigma mittels α so und so konstruiert hast, in dem andern, nach wie vor, dass eine Gleichung dem Paradigma entspricht.

 
   
                   Wenn wir fragen “ist das ein Beweis oder nicht?” so bewegen wir uns in den Formen der Wortsprache. // … in der Wortsprache.
679

          Nun ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Einer sagt: Wenn die Glieder des Uebergangs in einer Konstruktion der und der Art stehen, so sage ich, die Rechtmässigkeit des Uebergangs ist bewiesen.

 
   
                   Was wehrt sich in mir gegen die Auffassung von B als einem Beweis von A? Zuerst entdecke ich, dass ich den Satz von “allen Kardinalzahlen” in meiner Rechnung nirgends brauche. Ich habe den Komplex B mit Hilfe von r konstruiert und bin dann auf die Gleichung A übergegangen; von “allen Kardinalzahlen” war dabei keine Rede. (Diese Satz ist eine Begleitung der Rechnung in der Wortsprache, die mich ˇhier nur verwirren kann.) Aber nicht nur fällt dieser allgemeine Satz überhaupt fort, sondern kein anderer tritt an seine Stelle.

 
   
                   Der Satz, der die Allgemeinheit behauptet, fällt also weg, “es ist nichts bewiesen”, “es folgt nichts”.
          “Ja, aber die Gleichung A folgt, sie steht nun an Stelle des allgemeinen Satzes”. – Ja in wiefern folgt sie denn? Offenbar verwende ich hier “fo[o|l]gt” in einem ganz andern Sinn, als dem normalen, da das, woraus A folgt, kein Satz ist. Das ist es auch, warum wir fühlen, dass das Wort “folgen” nicht richtig angewandt ist.

 
   
                   Wenn man sagt “aus dem Komplex B folgt, dass a + (b + c) = (a + b) + c”, so schwindelt Eine[,|m]. Man fühlt, dass man da auf irgend eine Weise einen Unsinn geredet hat, obwohl es äusserlich richtig klingt.

 
   
                   Dass eine Gleichung folgt, heisst eben schon etwas (hat seine bestimmte Grammatik).

680
 
   
                   Aber wenn ich höre “aus B folgt A”, so möchte ich fragen: was folgt?” Dass a + (b + c) gleich (a + b) + c ist, ist ja eine Festsetzung, wenn es nicht auf normale Weise aus einer Gleichung folgt.

 
   
                   Wir können unsern Begriff des Folgens mit A und B nicht zur Deckung bringen. // Wir können unsern Begriff des Folgens dem A und B nicht aufpassen. // … nicht aufsetzen, er passt hier nicht. //

 
   
                   “Ich werde Dir beweisen, dass a + (b + n) = (a + b) + n”. Niemand erwartet sich nun den Komplex B zu sehen. Man erwartet eine andere Regel über a, b, und n zu hören, die den Uebergang von der einen auf die andere Seite vermittelt. Wenn mir statt dessen B und das Schema R gegeben wird, so kann ich das keinen Beweis nennen, eben weil ich unter Beweis etwas anderes verstehe.
          Ja ich werde dann etwa sagen: “Ach so, das nennst Du ‘Beweis’, ich habe mir vorgestellt …”.

 
   
                   Der Beweis von 17 + (18 + 5) = (17 + 18) + 5 wird allerdings nach dem Schema B geführt, und dieser Zahlensatz ist von der Form A. Oder auch: B ist der Beweis des Zahlensatzes; aber eben deshalb nicht von A.

 
   
                   “Ich werde Dir A1, ◇◇◇ A2, A3 aus dem einen // aus einem // Satz ableiten”. – Man denkt dabei natürlich an eine Ableitung, wie sie mit Hilfe dieser Sätze gemacht wird. – Man denkt, es wird eine Art von kleineren Kettengliedern gegeben werden, durch die wir alle diese grossen ersetzen können.
          Und da haben wir doch ein bestimmtes Bild; und es wird uns etwas ganz Anderes geboten.
681

          Die Gleichung wird durch den induktiven Beweis, quasi, der Quere, statt der Länge nach zusammengesetzt.

 
   
                   Wenn wir nun die Ableitung ausführen // rechnen // , so kommen wir endlich auf dem Punkt, wo die Konstruktion von B vollendet ist. Aber hier heisst es nun “also gilt diese Gleichung”. Aber diese Worte heissen ja nun etwas anderes als, wo wir sonst eine Gleichung aus Gleichungen folgern. Die Worte “die Gleichung folgt daraus” haben ja schon eine Bedeutung. Und hier wird eine Gleichung allerdings konstruiert, aber nach einem andern Prinzip.

 
   
                   Wenn ich sage “aus dem Komplex folgt die Gleichung”, so ‘folgt’ hier eine Gleichung aus etwas, was gar keine Gleichung ist.

 
   
                   Man kann nicht sagen: die Gleichung, wenn sie aus B folgt, folge doch aus einem Satz, nämlich aus u & v & w; denn es kommt eben darauf an, wie ich sie aus diesen Satz A erhalte; ob nach einer Regel des Folgens. Welches die Verwandtschaft der Gleichung zum Satz u & v & w ist. (Die Regel, die in diesem Falle zu A führt macht gleichsam einen Querschnitt durch u & v & w, sie fasst den Satz anders auf, als eine Regel des Folgens.)

 
   
                   Wenn uns die Ableitung von A aus u versprochen war und wir sehen nun den Uebergang von B auf A, so möchten wir sagen: “ach, so war es nicht gemeint”. So, als hätte jemand mir versprochen, er werde mir etwas schenken und nun sagt er: so, jetzt schenke ich Dir meine Zeit // mein Vertrauen // .

443
 
   
                   Darin, dass der Uebergang von B auf A kein Folgen ist, liegt auch, was ich damit meinte, dass nicht das logische Produkt u & v & w die Allgemeinheit ausdrückt.

 
   
                   Die Hervorhebungen geschehen durch das Schema R und könnten so ausschauen:


a + (b + 1) = (a + b) + 1

a + (b + (c + 1)) = /a + ((b + c)/ + 1

(a + b) + (c + 1) = /((a + b) + c)/ + 1(Ƒ)

Es hätte aber natürlich auch genügt (d.h. wäre ein Symbol derselben Multiplizität gewesen) B anzuschreiben und dazu:
f1x = a + (b + x), f2x = (a + b) + x.
          (Und dabei ist wieder zu bedenken // anzumerken // , dass jedes Symbol – wie explicit auch immer – missverstanden werden kann. –)

 
   
                   Wer etwa zuerst darauf aufmerksam macht, dass B so gesehen werden kann, der füh[r|l]t ein neues Zeichen ein; ob er nun die Hervorhebungen mit B verbindet oder auch das Schema R daneben schreibt. Denn dann ist eben R das neue Zeichen. Oder, wenn man will, auch B zusammen mit R.

 
   
                   Wer entdeckt, dass ein Satz p aus einem von der Form pC qCp & q folgt, der konstruiert ein neues Zeichen, das Zeichen dieser Regel. (Ich nehme dabei an, ein Kalkül mit p, q, C, & , sei schon früher gebraucht worden, und nun träte diese Regel hinzu und schaffe damit einen
444
neuen Ka[k|l]kül.)

 
   
                   Man könnte etwa sagen: Hier wurde die untere Gleichung als a + b = b + a gebraucht; und analog: hier wurde B als A gebraucht, wobei B aber gleichsam der Quere nach gelesen wurde. Oder: B wurde als A gebraucht, aber die neue Gleichung // der das neue Satz Zeichen // wird aus u & v & w so zusammengestellt, dass, indem man nun A aus B herausliest, man nicht u & v & w in jener Art von Verkürzung liest, in der man die Prämisse im Folgesatz vor sich hat. // … im Folgesatz liest. // … dass, indem man nun A aus B herausliest, u & v & w nicht in jener Art von Verkürzung erscheint, in der man … //

 
   
                   Was heisst es nun: “Ich mache Dich drauf aufmerksam, dass hier in beiden Funktionszeichen das gleiche Argument // Zeichen // steht (vielleicht hast Du es nicht bemerkt)”? Heisst das, dass er den Satz nicht verstanden hatte? Und doch hat er etwas nicht bemerkt, was wesentlich zum Satz gehörte; nicht etwa, als könnte (so[,|)], als hätte er eine externe Eigenschaft des Satzes nicht bemerkt. (Hier sieht man wieder, welcher Art das ist, was man “[v|V]verstehen eines Satzes” nennt.)

 
   
                    / Denken wir uns, wir lassen läsen die Sätze eines Buches verkehrt, die Worte in umgekehrter Reihenfolge; könnten wir nicht dennoch den Satz verstehen? Und klänge er jetzt nicht ganz unsatzmässig? /

 
   

Das Bild vom längs- und quer Durchlaufen ist natürlich wieder ein logisches Bild und darum ein ganz exakter Ausdruck eines grammatischen Verhältnisses. Es ist also nicht davon zu sagen: “das ist ein blosses Gleichnis, wer weiss, wie es sich in der Wirklichkeit
445
verhält”. // Der [F|V]ergleich vom längs und quer Durchlaufen ist wieder ein logisches Bild und darum nicht ein unverbindliches Gleichnis, sondern ein korrekter Ausdruck eines einer grammatischen Verhältnisses Tatsache. // … und darum nicht als unverbindliches Gleichnis über die Achsel anzusehen, sondern …. //

 
   
                   Wenn ich sagte, das neue Zeichen mit den Hervorhebungen müsse ja doch aus dem alten ohne die Hervorhebungen abgeleitet sein // entstehen // , so heisst das nichts, weil ich ja das Zeichen mit den Hervorhebungen abgesehen von seiner Entstehung betrachten kann. Es stellt sich mir dann (Frege) dar, als drei Gleichungen, d.h., als die Figur dreier Gleichungen mit gewissen Unterstreichungen etc..
          Dass diese Figur ganz analog der der drei Gleichungen ohne den Unterstreichungen ist, ist allerdings bedeutsam, wie es ja auch bedeutsam ist, dass die Kardinalzahl 1 und die Rational 1 analogen Regeln unterworfen sind, aber es hindert nicht, dass wir hier ein
neues
anderes
Zeichen haben.

 
   
                   Ich treibe jetzt etwas ganz Neues mit diesem Zeichen.

 
   
                   Verhält es sich hier nicht so, wie in dem Fall, den ich einmal annahm, dass der Kalkül der Wahrheitsfunktionen von Frege und Russell mit der Kombination non-p & non-q der Zeichen “non” und “ & ” betriebentrieben worden wäre, ohne dass man das gemerkt hätte, und dass nun Sch[ä|e]ffer, statt eine neue Definition zu geben, nur auf eine Eigentümlichkeit der bereits benützen Zeichen aufmerksam gemacht hätte.

446
 
   
                   Man hätte immer Dividieren können, ohne je auf die Periodizität aufmerksam zu werden. Hat man sie gesehen, so hat man etwas Neues gesehen.

 
   
                   Könnte man das aber dann nicht ausdehnen und sagen: “ich hätte Zahlen miteinander multiplizieren können, ohne je auf den Spezialfall aufmerksam zu werden, in dem ich eine Zahl mit sich selbst multipliziere, und also ist x² nicht einfach x ∙ x”. Die Schaffung des Zeichens “x²” könnte man den Ausdruck dafür nennen, dass man auf diesen Spezialfall aufmerksam geworden ist. Oder, man hätte (immer) a mit b multiplizieren und durch c dividieren können, ohne darauf aufmerksam zu werden, dass man “a ∙ b/c” auch “a ∙ / “ “(a ∙ b)/c” auch”a ∙ (b/c)” schreiben kann und dass das analog a ∙ b ist. Und weiter: das ist doch der Fall des Wilden, der die Analogie zwischen !!!!! und !!!!!! noch nicht sieht, oder die, zwischen !! und !!!!!.

 
   
                    / Ein Satz, der auf einer falschen Rechnung beruht (wie etwa “er teilte das 3 m lange Brett in 4 Teile zu je 1 m”) hat keinen Sinn // ist unsinnig // und das wir[d|f]t ein Licht auf den Sinn der Ausdrücke “Sinn haben” und “etwas mit dem Satz meinen. // … und das beleuchtet, was es heisst “Sinn zu haben” und “etwas mit dem Satz meinen”. // /

 
   
                    / Es hat Sinn zu sagen: Ich verteile unter viele. Aber der Satz “ich konnte die vielen Nüsse nicht unter die vielen Menschen verteilen” kann nicht heissen, dass es logisch unmöglich war. Man kann auch nicht sagen: “in manchen Fällen ist es möglich, viele unter viele zu verteilen und in manchen nicht”; denn darauf frage ich: in welchen Fällen ist dies möglich und in welchen unmöglich? und darauf
447
könnte nicht mehr im Viele-System geantwortet werden. /

 
   
                   In der Notation “x²” verschwindet ja wirklich die Möglichkeit, das eine der x // den einen der Faktoren x // durch eine andere Zahl zu ersetzen. Ja, es wären zwei Stadien der Entdeckung (oder Konstruktion) von x² denkbar. Dass man etwa zuerst statt “x²” “x = ” setzt, ehe es Einem nämlich auffällt, dass es das System x ∙ x, x ∙ x ∙ x, etc. gibt, und dass man dann erst hierauf kommt. [E|A]ehnliches ist in der Mathematik unzählige Male vorgekommen. (Liebig bezeichnete ein Oxyd noch nicht so, dass der Sauerstoff
in der Notation
darin
als gleichwertiges Element mit dem oxydierten // … als Element wie das oxydierte // auftrat. Und, so seltsam das klingt, man könnte auch mit allem uns heute bekannten Daten dem Sauerstoff durch eine ungeheuer künstliche Interpretation – d.h. grammatische Konstruktion – eine solche Ausnahmsstellung verschaffen; natürlich nur in der Form der Darstellung.)

 
   
                    /a + (b + 1)
u
=
(a + b) + 1/ & /a + (b + (c + 1))
v
=
(a + (b + c)) + 1/ & /(a + b) + (c + 1)
w
=
((a + b) + c) + 1/ .≝. a + (b + c).I.(a + b) + c …U)
und allgemein:

/f1(1)
r
=
f2(1)/ & /f1(c + 1)
v
=
f1(c + 1)/ & /f2(c + 1)
w
=
f2(c + 1)/ .≝. f1(c).I.f2(c) …V).

 
   
                   Mit den Definitionen x ∙ x = x², x ∙ x ∙ x = x³ kommen nur die Zeichen “x²” und “x³” zur Welt (und so weit war es noch nicht nötig, Ziffern als Exponenten zu schreiben).

448
 
   
                   Ich könnte es so ausdrücken Man könnte die Definition U sehen, ohne zu wissen, warum Ich so definiere. // so abkürze. //
          Man könnte die Definition sehen, ohne ihren Witz zu verstehen. – Aber dieser Witz ist eben etwas Neues, das in ihr als spezieller Ersetzungsregel noch nicht liegt.

 
   
                   Auch ist “I” natürlich kein Gleichheitszeichen, in dem Sinn wie sie in u, w und w stehen.
          Aber man kann leicht zeigen, dass I gewisse formale Eigenschaften mit = gemeinsam hat.

 
   
                    / Der Prozess der Generalisation // Verallgemeinerung // schafft ein neues Zeichensystem. /

 
   
                   Dass man sagt “die Richtigkeit der Gleichung ist bewiesen”, zeigt schon, dass Beweis nicht jede Ableitung // Konstruktion // ist. // … Konstruktion der Gleichung ist. //

 
   
                   Die eigentliche Entdeckung ist die, die mich fähig macht, mit dem Philosophieren aufzuhören, wann ich will.
          Die die Philosophie zur Ruhe bringt, so dass sie nicht mehr von Fragen gepeitscht ist // wird // , die sie selbst in Frage stellen.
          Sondern es wird jetzt an Beispielen eine Methode gezeigt, und die Reihe dieser Beispiele kann man abbrechen. // kann abgebrochen werden. //

449
 
   
                   Richtiger hiesse es aber: Es werden Probleme gelöst (
Schwierigkeiten
Beunruhigungen
beseitigt), nicht ein Problem.

 
   
                   Es ist eine sehr wichtige Bemerkung, dass c in a nicht dieselbe Variable ist, wie das c in v und w. Ich habe also den Beweis nicht ganz richtig hingeschrieben, und zwar in einer für uns sehr wichtigen Beziehung. In A könnten wir statt c etwa n setzen, dagegen sind die c in v und w identisch.
          Es ist aber auch noch das zu fragen: kann ich nun aus A ableiten, dass i + (k + m) = (i + k) + m ist? und, wenn ja, warum dann nicht gleich aus B? Also ist auch a und b in A nicht identisch mit a und b in u, v und w?

 
   
                    / Was die irrationalen Zahlen betrifft, so sagte meine Untersuchung nur, dass es falsch (oder irreführend) ist, von [i|I]rrationalzahlen zu sprechen, indem man sie als Zahlenart den Kardinalzahlen und Rationalzahlen gegenüberstellt, weil man “Irrationalzahlen” in Wirklichkeit verschiedene Zahlenarten nennt, – von einander so verschieden, wie die Rationalzahlen von jeder von ih dieser Arten. /

 
   
                    / Die Frage nach der Verifikation ist nur eine andere Form der Frage “wie meinst Du das?”. /

 
   
                    / Es ist nicht nur höchst bedeutsam, dass man die Gruppe !!!!! auf vielerlei Arten sehen kann (in vielerlei Gruppierungen), sondern (noch) viel mehr bemerkenswert, dass man es willkürlich tun kann. D.h., dass es einen ganz bestimmten Vorgang gibt, eine bestimmte “Auffassung” auf Befehl zu bekommen; und dass es – dem Eent dem/entsprechend – auch
450
einen ganz bestimmten Vorgang des vergeblichen Versuchens gibt. So kann man auf Befehl die Figur so sehen, dass der eine oder andere Vertikalstrich die Nase, dieser oder jener Strich der Mund wird, und kann unter Umständen das eine oder das andere vergeblich versuchen. /

 
   
                    / Das Wesentliche ist hier, dass dieser Versuch den Charakter desjenigen hat, ein Gewicht mit der Hand zu heben; nicht den Charakter des Versuchs, in welchem man Verschiedenes tut, verschiedene Mittel ausprobiert, um z.B. ein Gewicht zu heben. In den zwei Fällen hat das Wort “Versuch” ganz verschiedene Bedeutungen. ([e|E]ine ausserordentlich folgenreiche grammatische Tatsache.) /

 
   
                   Heisst, was ich oben geschrieben habe, etwas anderes, als dass der Schein des algebraischen Beweises von A dadurch entsteht, dass wir in den Gleichungen A die gleichen Variablen A, B a, b, c wieder zu finden meinen, wie in u, v, w und daher A für das Resultat einer Transformation jener Gleichungen ansehen. (Während ich ja in Wirklichkeit dem Schriftzeichen “u v w” nicht in derselben eine ganz neue Auffassung gebe, worin es liegt, dass das c in v und w nicht in derselben Weiss als Variable gebraucht wird, wie a und b. So dass es also ein Ausdruck dieser andern Auffassung von B ist, dass in A das c nicht vorkommt.)

 
   
                    / Wenn auf die Lösung – etwa – des Fermat'schen Problems Preise ausgesetzt sind, so könnte man mir vorhalten: Wie kannst Du
sagen,
behaupten,
dass es dieses Problem nicht gebe[;|,] wenn Preise auf die Lösung ausgesetzt sind, so muss es das Problem wohl geben. Ich müsste sagen:
451
Gewiss, nur missverstehen die, die darüber reden, die Grammatik des Wortes “mathematisches Problem” und des Wortes “Lösung”. Der Preis ist eigentlich auf die Lösung einer naturwissenschaftlichen Aufgabe gesetzt; (gleichsam) auf das Aeussere der Lösung (darum spricht man z.B. auch von einer Riemann'schen Hypothese). Die Bedingungen der Aufgabe sind äusserliche; und wenn die Aufgabe gelöst ist, so entspricht, was geschehen ist, der gestellten Aufgabe // der Stellung der Aufgabe // , wie die Lösung einer physikalischen Aufgabe dieser Aufgabe.

 
   
                   Wäre die Aufgabe, eine Konstruktion des regelmässigen Fünfecks zu finden, so ist die Konstruktion in dieser Aufgabestellung durch das physikalische Merkmal charakterisiert, dass sie tatsächlich ein durch Messung definiertes regelmässiges Fünfeck liefern soll. Denn den Begriff der [K|k]onstruktiven Fünfteilung (oder des konstruktiven Fünfecks) haben wir ja noch gar nicht. // erhalten wir ja erst durch die Konstruktion. //

 
   
                   Ebenso im Fermat'schen Satz haben wir ein empirisches Gebilde, das wir als Hypothese deuten, also – natürlich – nicht als Ende einer Konstruktion. Die Aufgabe fragt also, in gewissem Sinne, nach etwas Anderem, als was die Lösung gibt. /

 
   
                    / Natürlich steht auch der Beweis des Gegenteils des Fermat'schen Satzes, z.B., im gleichen Verhältnis zur Aufgabe, wie der Beweis des Satzes. (Beweis der Unmöglichkeit einer Konstruktion.) /

 
   
                   (Der Philosoph übertreibt, schreibt gleichsam, in seiner Ohnmacht, so lange er den Kern der Konfusion noch nicht entdeckt hat.)
452


 
   
                   Ich sage, (a + b)² = etc. ist mit Hilfe von A1, A2, etc., beiwiesen, weil die Uebergänge von (a + b)² zu a² + 2ab + b² alle von der Form A1, oder A2 etc., sind. In diesem Sinne ist in III auch der Uebergang von (b + 1) + a auf (b + a) + 1 nach A1 gemacht, aber nicht der Uebergang von a + n auf n + a!

 
   
                   Es zeigt mir jemand die Komplexe B und ich sage “das sind keine Beweise der Gleichungen A”. Nun sagt er: Du siehst aber noch nicht das System, nach dem diese Komplexe gebildet sind”, und zeigt es mir // und macht mich darauf aufmerksam // . Wie konnte das die B zu beweisen machen? –

 
   
                   Durch diese Einsicht steige ich in eine andere, sozusagen höhere, [e|E]bene; während der Beweis auf der tieferen hätte geführt werden müssen // geführt werden müsste // .

 
   
                   Nur ein bestimmter Uebergang von Gleichungen zu einer Gleichung ist ein Beweis dieser letzteren. ﹖– Dieser ist hier nicht gemacht // Dieser findet hier nicht statt // –﹖ und alles [a|A]ndere kann auf die Sprache keinen Einfluss (mehr) haben. // … und alles Andere kann B nicht mehr zum Beweis von A machen. //

 
   
                   Aber kann ich eben nicht sagen, dass, wenn ich dies über A bewiesen habe, ich damit A bewiesen habe? Und woher kam dann überhaupt die Täuschung, dass ich es dadurch bewiesen hätte? denn diese muss doch einen tieferen Grund haben.

453
 
   
                   N[u|u]n, wenn es eine Täuschung ist, so ka[n|m]n sie jedenfalls von unserer Ausdrucksweise in der Wortsprache her “dieser Satz gilt für alle Zahlen”; denn der algebraische Satz war ja nach dieser Auffassung nur eine andere Schreibweise dieses Satzes (der Wortsprache). Und diese Ausdrucksweise liess den Fall aller Zahlen mit dem Fall aller Menschen in diesem Zimmer verwechseln. (Während wir, um die Fälle zu unterscheiden, fragen: Wie verifiziert man den einen und wie den andern.)

 
   
                   Wenn ich mir die Funktionˇen f1, f2, F exakt definiert // bestimmt // denke und nun das Schema des Induktionsbeweises schreibe, –



B {

u

v

w

f1(1) = f2(1)

f1(c + 1) = F (f1(c)) }

f2(c + 1) = F (f2(c))

A

… f1n = f2n

(Ƒ)


auch dann kann ich nicht sagen, der Uebergang von f1y und f2y sei auf Grund von r gemacht worden (wenn der Uebergang in u, v, w nach r gemacht wurde – in speziellen Fällen r = u). Er bleibt, der Gleichung A entsprechend, gemacht und ich könnte nur sagen, und ich könnte nur sagen, er entspreche dem Komplex B, wenn ich nämlich ﹖– diesen als ein anderes Zeichen statt der Gleichung A auf[v|f]asse –﹖.

 
   
                   Denn das Schema des Uebergangs musste ja u, v und w enthalten.

 
   
                   Tatsächlich ist R nicht das Schema des Induktionsbeweises B3; dieses ist viel komplizierter, da es das Schema B1 enthalten
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muss

 
   
                   Es ist nur dann nicht ratsam, etwas ‘Beweis’ zu nennen, wenn die übliche Grammatik des Wortes ‘Beweis’ mit der Grammatik des betrachteten Gegenstandes nicht übereinstimmt.

 
   
                   Die tiefgehende Beunruhigung rührt am Schluss von einem kleinen, aber offen zu Tage liegendem Zug des überkommenen Ausdrucks her.

 
   
                   (Die Philosophen sind oft wie kleine Kinder, die zuerst mit ihrem Bleistift beliebige Striche auf ein Papier kritzeln und
dann
nun
den Erwachsenen fragen “was ist das?” – Das ging so zu: Der Erwachsene hatte dem Kind öfters etwas vorgezeichnet und gesagt: “das ist ein Mann”, “das ist ein Haus”, u.s.w.. Und nun macht das Kind auch Striche und fragt: was ist nun das?)

 
   
                   Es wäre nach den angenommenen Regeln – falsch, das Gleichheitszeichen so zu gebrauchen:
D … /(a + b)² = a ∙ (a + b) + b ∙ [)|(]a + b) = … = a² + 2ab + b²/ . = . /(a + b)² = a² + 2ab + b²/
wenn damit gemeint sein soll, dass die linke Seite der Beweis der rechten ist.
          Könnte man sich aber nicht diese Gleichung als Definition aufgefasst denken? Wenn es z.B. immer Gebrauch gewesen wäre, statt der rechten Seite die ganze Kette anzuschreiben // hinzuschreiben // , und man nun die Abkürzung einführte.

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Freilich kann D als Definition aufgefasst werden! Denn das links Zeichen wird tatsächlich gebraucht, und warum sollte man es nicht nach dieser Uebereinkunft abkürzen. // … durch das rechte ersetzen. // Nur gebraucht man dann dieses oder jenes anders, als er jetzt üblich ist. // … und warum sollte man es dann nicht nach dieser Uebereinkunft abkürzen. Nur gebraucht man dann das rechte oder linke Zeichen anders,
als es jetzt üblich ist.
als wir es jetzt gebrauchen.
//

 
   
                   Es ist nie genügend hervorgehoben worden, dass ganz verschiedene Arten von Zeichenregeln in der Form der Gleichung geschrieben werden.

 
   
                   Die ‘Definition’ x ∙ x = x² kann // könnte // so aufgefasst werden, dass sie nur erlaubt, statt des Zeichens “x ∙ x” das Zeichen “x²” zu setzen, also analog der Definition 1 + 1 = 2; aber auch so (und so wird sie tatsächlich aufgefasst), dass sie erlaubt, a² statt a ∙ a, und (a + b)² statt (a + b) ∙ (a + b) zu setzen; auch so, dass für das x jede beliebige Zahl eintreten kann.

 
   
                   Was heisst es, dass R den Uebergang A // Uebergang von der Form A // rechtfertigt? Es heisst wohl, dass ich mich entschieden habe, nur solche Uebergänge in meinem Kalkül zuzulassen, denen ein Schema B entspricht, dessen Sätze u, v, w wieder
aus
nach
r ableitbar sein sollen. (Und das hiesse natürlich nichts anderes, als dass ich nur die Uebergänge A1, A2, etc., zuliesse und diesen Schemata B entsprächen.) ((Richtiger wäre es, zu schreiben “und diesen Schemata der Form R entsprechen”. Ich wollte mit dem Nachsatz in der Klammer sagen, der Schein der Allgemeinheit – ich meine, der Allgemeinheit des Begriffs der Induktionsmethode – ist un
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nötig, denn es kommt am Schluss doch nur darauf hinaus, dass die speziellen Konstruktionen B1, B2, etc. um die Seiten der Gleichungen A1, A2, etc. konstruiert wurden. Oder: es ist ein Luxus, dann noch das [g|G]emeinsame dieser Konstruktionen zu erkennen; alles was massgebend ist, sind diese Konstruktionen (selber). Wenn alles, was da steht, sind diese Beweise. Und der Begriff, unter den die Beweise fallen, ist überflüssig, denn wir haben nie etwas mit ihm gemacht. Wie der Begriff Sessel überflüssig ist, wenn ich nur – auf die Gegenstände weisend – sagen will “stelle dies und dies und dies in mein Zimmer” (obwohl die drei Gegenstände Sessel sind). (Und eignen sich diese Geräte nicht, um darauf zu sitzen, so wird das dadurch nicht anders, dass man auf eine Aehnlichkeit zwischen ihnen aufmerksam macht.) Das heisst aber nichts anderes, als dass der einzelne Beweis unsere Anerkennung als solchen braucht (wenn ‘Beweis’ bedeuten soll, was es bedeutet); hat er die nicht, so kann keine Entdekkung einer Analogie mit anderen solchen Gebilden sie ihm geben // verschaffen['| // ]. Und der Schein des Beweises entsteht dadurch, dass u, v, w und A Gleichungen sind, und dass eine allgemeine Regel gegeben werden kann, nach der man aus B A bilden (und es in diesem Sinne ableiten) kann.
          Auf diese allgemeine Regel kann man nachträglich aufmerksam werden. (Wird man nun dadurch aber darauf aufmerksam, dass die B doch in Wirklichkeit Beweise der A sind?) Man wird da auf eine Regel aufmerksam, mit der man hätte beginnen können und mittels der und u man A1, A2, etc. hätte konstruieren // bauen // können. Niemand aber würde sie in diesem Spiel einen Beweis genannt haben.

 
   
                   Woher dieser Konflikt: “Das ist doch kein Beweis!” – “das ist doch ein Beweis!”?

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                   Man könnte sagen: Es ist wohl wahr, ich zeichne im Beweis von B mittels u die Konturen der Gleichung A nach, // die Konturen der Gleichung A mittels u nach, // aber nicht auf die Weise, die ich nenne, “A mittels u beweisen”.

 
   
                   Die Schwierigkeit, die
durch diese
in dieser
Betrachtung zu überwinden ist // überwinden werden soll // ist, den Induktionsbeweis als etwas Neues, sozusagen, naiv zu betrachten.

 
   
                   Wenn wir also oben sagten, wir können mit R beginnen, so ist dieses Beginnen mit R in gewisser Weise Humbug. Es ist nicht so, wie wenn ich eine Rechnung mit der Ausrechnung von 526 × 718 beginne. Denn hier ist diese Problemstellung der Anfangspunkt eines Weges. Während ich dort das R sofort wieder verlasse und wo anders beginnen muss. Und wenn es geschehen ist, dass ich einen Komplex von der Form R konstruiert habe, dann ist es wieder gleichgültig, ob ich mir das früher äusserlich vorgesetzt habe, weil mir dieser Vorsatz, mathematisch (gesprochen[,|)], d.h. im Kalkül, doch nichts geholfen hat. Es bleibt also bei der Tatsache, dass ich jetzt einen Komplex von der Form R vor mir habe.

 
   
                   Wir könnten uns denken, wir kennten nur den Beweis B1 mit d und würden nun sagen: Alles, was wir haben, ist diese Konstruktion. Von einer Analogie dieser mit anderen Konstruktionen, von einem allgemeinen Prinzip bei der Ausführung dieser Konstruktionen, ist gar keine Rede. – Wenn ich nun so B und A sehe, muss ich fragen: warum nennst Du das aber einen Beweis gerade von A1? – (ich frage noch nicht: warum nennst Du es einen Beweis von A). Was hat dieser Komplex mit A1 zu tun?
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Als Antwort muss er mich auf die Beziehung zwischen A und B aufmerksam machen, die in V ausgedrückt ist.

 
   
                   Es zeigt uns jemand B1 und erklärt uns den Zusammenhang mit A1, d.i., dass die rechte Seite von A so und so erhalten wurde, etc. etc.. Wir verstehen ihn; und er fragt uns (nun): ist nun das ein Beweis von A? Wir würden // werden // antworten: gewiss nicht!
          Hatten wir nun alles verstanden, was über diesen Beweis zu verstehen war? Ja. Hatten wir auch die allgemeine Form des Zusammenhangs von B und A gesehen? Ja!
          Und wir könnten auch daraus schliessen, dass man so aus jedem A ein B konstruieren kann und also auch umgekehrt A aus B

 
   
                   Dieser Beweis ist nach einem bestimmten Plan gebaut (nach dem noch andere Beweise gebaut sind). Aber dieser Plan kann den Beweis nicht zum Beweis machen. Denn wir haben jetzt hier nur die eine Verkörperung dieses Planes, und können von dem Plan als allgemeinem Begriff (ganz) absehen. Der Beweis muss für sich sprechen und der Plan ist nur in ihm verkörpert, aber selbst kein Bestandteil // kein Instrument // des Beweises. (Das wollte ich immer sagen.) Daher nützt es mich nichts, wenn man mich auf die Aehnlichkeiten zwischen Beweisen aufmerksam macht, um mich davon zu überzeugen, dass sie Beweise sind.

 
   
                   Wenn ich sagte: “ob p aus q folgt, muss aus p und q allein zu ersehen sein // hervorgehen // ”; so müsste es heissen: dass p aus q folgt, ist eine Bestimmung, die den Sinn von p und q bestimmt;
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nicht etwas, das, von dem Sinn dieser beiden ausgesagt, wahr ist. Daher kann man (sehr) wohl die Schlussregeln angeben, gibt damit aber Regeln für die Benützung der Schriftzeichen an, die deren Sinn erst bestimmen; was nichts andres heisst, als dass diese Regeln willkürlich festzusetzen sind; d.h. nicht von der Wirklichkeit abzulesen, wie eine Beschreibung. Denn, wenn ich sage, die Regeln sind willkürlich, so meine ich, sie sind nicht von der Wirklichkeit determiniert, wie die Beschreibung dieser Wirklichkeit. Und das heisst; Es ist Unsinn, von ihnen zu sagen, sie stimmen mit der Wirklichkeit überein, überein; die Regel über die Wörter “blau”, “rot”, etwa, stimmten mit den Tatsachen, die diese Farben betreffen, überein. etc..

 
   
                   Wenn ich nun früher sagte “das ist doch kein Beweis”, so meinte ich ‘Beweis’ in einem bereits festgelegtem Sinne, in welchem es aus A und B allein zu ersehen ist. Denn in diesem Sinne kann ich sagen: Ich verstehe doch ganz genau, was B tut und in welchem Verhältnis es zu A steht. Jede weitere Belehrung ist überflüssig und das ist kein Beweis. // und das, was da ist, ist kein Beweis. // In diesem Sinne habe ich es nur mit B und A allein zu tun; ich sehe ausser ihnen nichts und nichts [a|A]anderes geht mich an.
          Dabei sehe ich das Verhältnis nach der Regel V sehr gut // wohl // , aber es kommt für mich als Konstruktionsbehelf gar nicht in Frage. Sagte mir jemand, während meiner Betrachtung von B und A, dass man auch hätte B aus A (oder umgekehrt) nach einer Regel konstruieren können, so könnte ich ihm nur sagen “komm' mir nicht mit unwesentlichen Sachen”. Denn das ist ja selbstverständlich, und ich sehe sofort, dass es B nicht zu einem Beweis von A macht. Denn, dass es so eine allgemeine Regel gibt, könnte nur zeigen // [d|D]enn diese allgemeine Regel könnte nur zeigen // , dass B der Beweis von A und keinem andern Satz // der Beweis gerade von A // ist, wenn es überhaupt ein Beweis wäre.
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D.h., dass der Zusammenhang zwischen B und A einer Regel gemäss ist, kann nicht zeigen, dass B ein Beweis von A ist. Und jeder solche Zusammenhang könnte zur Konstruktion von B aus A (und umgekehrt) benützt werden.

 
   
                   Wenn ich also sagte “
V
R
wird ja gar nicht zur Konstruktion benützt, also haben wir mit ihm nichts zu tun”, so hätte es heissen müssen: Ich habe es doch nur mit A und B allein zu tun. Es genügt doch, wenn ich A und B mit einander konfrontiere und nun frage “ist B ein Beweis von A”; und also brauche ich A nicht aus B nach einer vorher festgelegten Regel zu konstruieren, sondern es genügt, dass ich die einzelnen A – wie viele es sind – den einzelnen B gegenüberstelle. Ich brauche eine Konstruktionsregel nicht; und das ist wahr. Ich brauche eine vorher aufgestellte Konstruktionsregel nicht (aus der ich dann erst die A gewonnen hätte).

 
   
                   Ich meine: Im Skolem'schen Kalkül brauchen wir diesen Begriff nicht // brauchen wir keinen solchen Begriff // , es es genügt die Liste.
          Es geht uns nichts verloren, wenn wir nicht sagen “wir haben die Grundgesetze A bewiesen” // “wir haben die Grundgesetze A auf diese Weise bewiesen” // , sondern bloss zeigen, dass sich ihnen – in gewisser Beziehung analoge – Konstruktionen zuordnen lassen.

 
   
                   Der Begriff der Allgemeinheit (und der Rekursion), der in diesen Beweisen gebraucht wird, ist nicht allgemeiner, als er aus diesen Beweisen unmittelbar herauszulesen ist.

 
   
                   Die Klammer in R, welche u, v, und w zusammenhält, kann weiter nichts bedeuten, als dass wir den Uebergang in A (oder einem von der
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Form A) als berechtigt ansehen, wenn die Glieder (Seiten) des Uebergangs in einer, durch das Schema B charakterisierten Beziehung, zu einander stehen. Es nimmt dann B den Platz von A. Und wie es früher hiess: der Uebergang ist in meinem Kalkül erlaubt, wenn er einem der A entspricht, so kann es jetzt heissen // so heisst es jetzt // : er ist erlaubt, wenn er einem der B entspricht.
          Damit aber hätten wir noch keine Vereinfachung, keine Reduktion gewonnen.

 
   
                   Der induktive Beweis zerlegt den Uebergang in A nicht. Ist es nicht das, was macht, dass ich mich dagegen sträube, ihn Beweis zu nennen? Warum ich versucht bin zu sagen, er kann auf keinen Fall – nämlich auch, wenn man A durch R und u konstruiert – mehr tun, als etwas über den Uebergang zu zeigen.

 
   
                   Wenn man sich einen Mechanismus aus Zahnrädern und diese aus lauter gleichen, keilförmigen Stücken und je einem Ring, der sie zu einem Rad zusammenhält, zusammengesetzt denkt, so blieben in einem gewissen Sinne die Einheiten des Mechanismus doch die Zahnräder.

 
   
                   Es ist so: Wenn ein Fass aus Dauben und Böden besteht, so halten doch nur/alle diese, in dieser (bestimmten) Verbindung (als Komplex) die Flüssigkeit und bilden als Behälter neue Einheiten.

 
   
                   Der Gleichungskalkül ist gegeben. In diesem Kalkül hat ‘Beweis’ eine festgelegte // fixe // Bedeutung. Nenne ich nun auch die induktive Rechnung einen Beweis, so erspart mir dieser Beweis doch
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nicht die Kontrolle, ob die Uebergänge der Gleichungskette, nach diesen bestimmten Regeln (oder Paradigmen) gemacht sind. Ist das der Fall, so sage ich, die letzte Gleichung der Kette sei bewiesen; oder auch, die Gleichungskette stimme.

 
   
                   Denken wir uns eine Kette, sie besteht aus Gliedern und es ist möglich, (je) ein solches Glied durch zwei kleinere zu ersetzen. Die Verbindung, die die Kette macht, kann dann, statt durch die grossen, ganz durch die
kleinen
kleineren
Glieder gemacht werden. Man könnte sich aber auch denken, dass jedes Glied der Kette aus – etwa – zwei halbringförmigen Teilen bestünde, die zusammen das Glied bildeten, einzeln aber nicht als Glieder verwendet werden könnten.
          Es hätte nun ganz verschiedenen Sinn, einerseits, zu sagen: die Verbindung, die die grossen Glieder machen, kann durch lauter kleine Glieder gemacht werden; – und anderseits: diese Verbindung kann durch lauter halbe grosse Glieder gemacht werden. Was ist der Unterschied?

 
   
                   Der eine Beweis ersetzt eine grossgliedrige Kette durch eine kleingliedrige, der andere zeigt, wie man die (alten) grossen Glieder aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen kann.

 
   
                   Aehnlichkeit,
und
sowie
Verschiedenheit der beiden Fälle sind augenfällig // klar zu Tage liegend // .

 
   
                   Der Vergleich des Beweises mit der Kette ist natürlich ein logischer Vergleich und also ein [f|v]ollkommen exakter Ausdruck dessen, was er illustriert.

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                   Denken wir uns, wir kontrollieren die Rechnung (a + b)³ = … in der ersten // auf die erste // Weise und beim ersten Uebergang sagt er: “ja, dieser Uebergang geschieht
zwar
(wohl)
nach a.(b + c) = ab + ac, aber stimmt das auch?” Und nun zeigten wir ihm die Ableitung dieser Gleichung im induktiven Sinne. –

 
   
                   In einer Bedeutung heisst die Frage “stimmt die Gleichung G”: lässt sie sich nach den Paradigmen herleiten? – Im andern Fall heisst es: lassen sich die Gleichungen u, v, w nach dem Paradigma (oder den Paradigmen) herleiten? – Und hier haben wir die beiden Bedeutungen der Frage (oder des Wortes ‘Beweis’) auf eine Ebene gestellt (in einem System ausgedrückt) und können sie nun vergleichen (und sehen, dass sie nicht Eines sind).

 
   
                   Und zwar leistet dieser neue Beweis nicht, was man annehmen könnte, dass er nämlich den Kalkül auf eine kleinere // engere // Grundlage setzte – wie es etwa geschieht, wenn wir durch p|q p V q und non-p ersetzen, oder die Zahl der Axiome vermindern. Denn, wenn man nun sagt, man habe alle die Grundgleichungen A aus r allein abgeleitet, so heisst hier das Wort “abgeleitet” etwas (ganz) andres. (Was man sich bei dieser Versprechung erwartet, ist die Ersetzung der grossen Kettenglieder durch kleinere, nicht durch zwei halbe Kettenglieder.) Und in einem Sinne hat man durch diese Ableitungen alles beim alten gelassen. Denn es bleibt im neuen Kalkül ein Kettenglied des alten wesentlich als ein solches bestehn. Die alte Struktur wird nicht aufgelöst. So dass man sagen muss, der alte Gang des Beweises bleibt bestehen. Und es bleibt im alten Sinne auch die Unreduzierbarkeit.

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                   Man kann daher auch nicht sagen, Skolem habe das algebraische System auf eine kleinere Grundlage gesetzt, denn er hat es in einem andern Sinne als dem algebraischen ‘begründet’. // denn er hat es in einem andern Sinne, als dem der Algebra, ‘begründet’. //

 
   
                   “Ich weiss, dass es für diese Aufgabe eine Lösung gibt, obwohl ich die Lösung // Art der Lösung // noch nicht habe”. – In welchem Symbolismus weis weiss ich es? // weisst Du es? //

 
   
                    Ich weiss, dass es da ein Gesetz geben muss”. Ist dieses Wissen ein amorphes, das [a|A]ussprechen des Satzes begleitendes Gefühl? Dann interessiert es uns nicht. Und ist es ein symbolischer Prozess – nun, dann ist die Aufgabe, ihn in einem klaren // offenbaren // Symbolismus
darzustellen.
auszudrücken.


 
   
                   Lichtenberg: “Unsere ganze Philosophie ist Berichtigung des Sprachgebrauchs, also, die Berichtigung einer Philosophie, und zwar der allgemeinsten.”

 
   
                   Wird ein Zusammenhang der A durch die Induktionsbeweise mittels u gezeigt und ist dies nicht das Zeichen dafür, dass wir es hier doch mit Beweisen zu tun haben? – Es wird nicht der Zusammenhang gezeigt, den ein Zerlegen der Uebergänge A im Uebergänge r herstellen würden. Und ein Zusammenhang der A ist ja schon vor jedem Beweis zu sehen.

 
   
                   Die Unruhe in der Philosophie kommt daher, dass die
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Philosophen die Philosophie falsch ansehen, falsch sehen, nämlich gleichsam in (unendliche) Längsstreifen zerlegt, statt in (endliche) Querstreifen. Diese Umstellung der Auffassung macht die grösste Schwierigkeit. Sie wollen also gleichsam den unendlichen Streifen erfassen, und klagen, dass
dies
es
nicht Stück für Stück möglich ist. Freilich nicht, wenn man unter einem Stück einen endlosen Längsstreifen versteht. Wohl aber, wenn man einen Querstreifen als Stück // [g|G]anzes, definitives Stück // sieht. – Aber dann kommen wir ja mit unserer Arbeit nie zu Ende!
Gewiss
Freilich
nicht, denn sie hat ja keins.

 
   
                   (Der Philosoph ist nicht Bürger einer Denkgemeinde. Das ist, was ihn zum Philosophen macht.)

 
   
                   Die Worterklärung könnte auch lauten: die Farbedieses Orts // , die dieser Ort hat, // nenne ich ‘rot’.

 
   
                   Aber das hätte doch nur Sinn, wenn Farbe im Gegensatz zu etwas Anderm stünde, also etwa zu Form. Ich könnte
so
also
erklären: die Farbe dieses Flecks heisst “rot”, die Form “Kreis”.
          Und hier stehen die Wörter “Farbe” und “Form” für Anwendungsarten (grammatische Regeln) und sind // bezeichnen // in Wirklichkeit Wortarten, wie “Eigenschaftswort”, “Hauptwort”. Man könnte sehr wohl in der (gewöhnlichen) Grammatik neben diesen Wörtern die Wörter “Farbwort”, “Formwort”, “Klangwort”, einführen. (Dass aber nicht jemand einwendet: “warum dann nicht auch ‘Baumwort’, ‘Buchwort’ und ”!)

 
   
                   Wenn ich sage “[D|d]ie Farbe dieses Dings nenne ich ‘blau’”, so müssen die Worte “die Farbe dieses Dings” bereits eine Be-
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zeichnung der Farbe sein und als solche dienen können. Diese Worte präsentieren das Kind zur Taufe.

 
   
                   Welches ist die ‘wirkliche Lage’ des Körpers, den ich unter Wasser sehe, was, die ‘wirkliche Farbe’ des Tisches. Hier macht eben die Frage nach der Verifikation den Sinn der Worte // dieser Ausdrücke // klar.

 
   
                   Der falsche Ton in der Frage, ob es nicht primäre Zeichen (hinweisende Gesten) geben müsse, während unsre Sprache auch ohne
die andern, die Worte,
die andern (Worte)
auskommen könnte, liegt darin, dass man eine Erklärung der bestehenden Sprache zu erhalten erwartet, statt der blossen Beschreibung.

 
   
                   (Statt der turbulenten Mutmassungen und Erklärungen wollen wir ruhige Darlegungen // Konstatierungen // sprachlicher Tatsachen geben. // ﹖– von sprachlichen Tatsachen geben –﹖. // ) // wollen wir die ruhige Festsetzung sprachlicher Tatsachen. //

 
   
                   Nicht die Farbe Rot tritt an Stelle des Wortes “rot”, sondern die Gebärde, die auf einen roten Gegenstand hinweist, oder das rote Täfelchen.

 
   
                   Nun sage ich aber: “Es gi[b|l]t mit Recht als ein Kriterium des Verstehens // Verständnisses // des Wortes “rot”, dass Einer einen roten Gegenstand auf Befehl aus
anderen
anders
gefärbten herausgreifen kann; dagegen ist das richtige Uebersetzen des Wortes “rot” ins Englische oder Französische
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kein Beweis des Verstehens. A[,|l]so ist das rote Täfelchen ein primäres Zeichen für “rot”, dagegen jedes Wort als ein sekundäres // abgeleitetetes // Zeichen.” ((Aber das zeigt nur, was ich unter dem “Verstehen des Wortes ‘rot’” verstehe // meine // . Und was heisst “es gilt mit recht …”? Heisst es: Wenn ein Mensch einen roten Gegenstand auf Befehl etc. etc., dann hat er erfahrungsgemäss auch das Wort ‘rot’ verstanden. Wie man sagen kann, gewisse Schmerzen gälten mit Recht als Symptom dieser und dieser Krankheit? So ist es natürlich nicht gemeint. Also soll es wohl heissen, dass die Fähigkeit rote Gegenstände herauszugreifen der spezifische Test dessen ist, was wir Verständnis des Wortes ‘rot’ nennen. Dann bestimmt diese Angabe, also, was wir unter diesem Verständnis meinen. Aber dann fragt es sich noch: wenn wir das Uebersetzen ins Englische etc. als Kriterium ansähen, wäre es nicht auch das Kriterium von dem, was wir ein Verständnis des Wortes nennen? Es gibt nun den Fall, in welchem wir sagen: ich weiss nicht, was das Wort “rot” // ‘rouge’ // bedeutet, ich weiss nur, dass es das Gleiche bedeutet, wie das englische ‘read’. So ist es, wenn ich die beiden Wörter in einem Wörterbuch auf der gleichen Zeile gesehen habe, und dies ist die Verifikation des Satzes und sein Sinn. Wenn ich dann sage “ich weiss nicht, was das Wort “rot” // ‘rouge’ // bedeutet”, so bezieht sich dieser Satz auf eine Möglichkeit der Erklärung dieser Bedeutung und ich könnte, wenn gefragt “wie stellst Du Dir denn vor, dass Du erfahren könntest, was das Wort bedeutet”, Beispiele solcher Erklärungen geben (die die Bedeutung des Wortes “Bedeutung” beleuchten würden). Diese Beispiele wären dann entweder der Art, dass statt des unverstandenen Wortes ein verstandenes – etwas das deutsche – gesetzt würde, oder dass die Erklärung von der Art wäre “diese(Pfeil) Farbe heisst ‘vi[e|o]lett’”. Im ersten Falle wäre es für mich ein Kriterium dafür, dass er das Wort ‘rouge’ versteht, dass er sagt, es entspreche dem deutschen ‘rot’. “Ja”, wird man sagen, “aber nur, weil Du schon weisst, was das deutsche ‘rot’ bedeutet. – Aber das bezieht sich ja ebenso auf die hin-
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weisende Definition. Das Hinweisen auf das rote Täfelchen ist auch nur darum // dann // ein Zeichen des Verständnisses, weil // wenn // vorausgesetzt wird, dass er die Bedeutung dieses Zeichens versteht // kennt // , was so viel heisst, als dass er das Zeichen auf bestimmte Weise verwendet. – Es gibt also wohl // allerdings // den Fall wo Einer sagt “ich weiss, dass dieses Wort dasselbe bedeutet wie jenes, weiss aber nicht, was es bedeutet (sie bedeuten)”. Willst Du den ersten Teil dieses Satzes verstehen, so frage Dich: “wie konnte er es wissen?”, – willst Du den zweiten Teil verstehen, so frage: “wie kann er erfahren, was das Wort bedeutet?” – Ferner aber ist das Ersetzen eines Worts durch ein andres, oder durch eine hinweisende Geste, nur sofern eine Erklärung der Bedeutung, als wir sagen können, dass wir die Bedeutung des definiens kennen. Endlich könnte die Bedeutung eines Worts auch dadurch bestimmt sein, dass es das Zeichen für die und die Wörter ist (deren Bedeutung wir nicht kennen brauchen). Es wäre dann etwa eine Bezeichnung für die Klänge der Wörter ‘rouge’ und ‘red’, oder auch ein Begriffswort, unter dessen Begriff alle Wörter fielen, die nach den Lexiken gewisser Sprachen dem Worte ‘rouge’ entsprächen.))

 
   
                   Welches ist denn das Kriterium unseres Verständnisses: das [a|A]ufzeigen des roten Täfelchens, wenn gefragt wurde “welches von diesen Täfelchen ist rot”, – oder, das Wiederholen der hinweisenden Definition “das(Pfeil) ist ‘rot’”? ((Ist denn das Zweite nicht eine (Art) Probe zum Ersten? Wie, wenn die erste Aufgabe gelautet hätte: zeige auf das rote Täfelchen mit den Worten “diese Farbe nenne ich ‘rot’”? – Vergleiche die beiden Aufgaben: “welche Farbe nennen wir ‘rot’”? und “welches ist das rote Täfelchen”. Die erste dieser Aufgaben
heisst
lautet
nicht “welche dieser Farben nennst Du ‘rot’?” denn sonst könnte er nun auf irgend eine Farbe zeigen und was von ihm verlangt war, war nicht die Lösung einer Aufgabe im
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ersten Sinn, sondern, dass er eine willkürliche Bestimmung // Festsetzung // mache. So wie die Aufgabe gestellt ist, verlange ich, dass der Andre einer Festsetzung gemäss handelt. Nun ist aber ein Unterschied zwischen der Probe (Generalprobe) der gewünschten Handlung und dieser Handlung selber. Wir können uns denken, dass Einer auf die Frage “welche Farbe nennen wir ‘rot’” auf ein grünes Täfelchen zeigt und wir damit ganz zufrieden sind (und etwa sagen “ich weiss, er meint das Richtige”). Wenn wir dagegen die Ausführung des Befehls “zeige auf das rote Täfelchen” verlangen und er zeigt auf das grüne, so sagen wir nun nicht “es ist in Ordnung, denn er meint das Richtige”, sondern wir weisen diese Ausführung als falsch zurück. Und ähnlich ist es immer, wenn wir einerseits Proben des Verständnisses (Generalproben der Ausführung) eines Befehls verlangen und anderseits die Ausführung selbst. Aber auch, was ich jetzt gesagt habe, ist etwas irreführend. Denn, was ist das Kriterium dafür, dass der, welcher sein Verständnis in einer ungewöhnlichen Art (wie oben) zeigen will “das Richtige meint”? Doch wohl nur eine Handlung, von der man dann nicht wieder – quasi entschuldigend – sagt “er meint das Richtige”. Also z.B. die richtige Ausführung des Befehls. In der Logik können wir immer behaviouristisch denken, da uns den Unterschied zwischen Aeusserem und Innerem nichts angeht. Was ich aber oben sagte, ist auch deshalb irreführend, weil ich, wenn mich das Hinweisen auf ein grünes Täfelchen (als Antwort auf die Frage “welche Farbe nennen wir ‘rot’”) befriedigt, zu dieser Befriedigung einen Grund haben muss. D.h.: weil mich doch dann nicht jede beliebige Antwort hätte befriedigen können und ich also in dem Sinne befriedigt bin, wie von der richtigen Ausführung eines Befehls. Denn ich musste eben meine Gründe haben, zu sagen “er meint schon das Richtige”. – Wieder zu den zwei Aufgaben: Die Lösung beider betrachten wir als Zeichen des Verständnisses. Hören wir jemand das Wort ‘rot’ gebrauchen und zweifeln daran, dass er es versteht, so können wir ihn zur Prüfung fragen
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“welche Farbe nennen wir ‘rot’”. Anderseits: wenn wir jemandem die hinweisende Erklärung gegeben hätten “diese(Pfeil) Farbe heisst ‘rot’” und nun sehen wollten, ob er diese Erklärung richtig verstanden hat, so würden wir nicht von ihm/verlangen, dass er sie wiederholt, sondern wir gäben ihm etwa die Aufgabe, aus einer Anzahl von Dingen die roten herauszusuchen. In jedem Fall ist das, was wir ‘Verständnis’ nennen, eben dadurch // durch das // bestimmt, was wir als Probe des Verständnisses ansehen (durch die Aufgaben bestimmt, die wir zur Prüfung des Verständnisses stellen).))

 
   
                   Das Verstehen eines Satzes der Wortsprache ist dem Verstehen eines musikalischen Themas (oder Musikstückes) viel verwandter, als man glaubt. Und zwar so, dass das Verstehen des sprachlichen Satzes näher als man denkt dem Ort liegt, was man gewöhnlich das Verständnis des musikalischen Ausdrucks nennt. – Warum pfeife ich das gerade so? warum bringe ich den Rhythmus der Stärke und des Zeitmasses gerade auf dieses ganz bestimmte Ideal? Ich möchte sagen: “weil ich weiss, was das alles heisst” – aber was heisst es denn? – Ich wüsste es nicht zu sagen, ausser durch eine Uebersetzung in einen Vorgang vom gleichen Rhythmus. Ich könnte nur sagen: so wohnt dieses Musikstück in mir, diesen P[,|l]atz nimmt dieses Schema in meiner Seele ein. So als gäbe mir jemand ein Kleidungsstück und ich legte es an meinen Körper an und es nähme also dort eine ganz bestimmte Gestalt an, indem es sich da ausdehnte, dort zusammenzöge und nur dadurch und so für mich Bedeutung gewönne. Diese Gestalt nimmt dieses Thema als Kleid meiner Seele an. – Ja, man sagt manchmal: “Man könnte das auch in diesem Tempo spielen, dann heisst es aber etwas ganz Anderes”. Und auf die Frage “was heisst es denn?” wäre man wieder in der alten Verlegenheit. Aber man könnte sagen: nun dient es als Kopftuch, nun als Halstuch (nun setze ich es so auf, nun so). ((Aber freilich ist
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der Teil der Seele, dem ich die Melodie anziehe (nur) eine Fiktion, eine Ergänzung, die die Beschreibung des Kleides erleichtert und wohl auch die Beschreibung seiner Anwendung. Aber das Tuch von dem und dem Schnitt, in dieser Lage und Ausdehnung im Raume und mit diesen Wirkungen ist und bleibt alles was da ist.))

 
   
                   Auch wenn wir verstehen, dass der Ausdruck “das ist B rot” zwei ganz verschiedene Funktionen haben kann: als hinweisende Definition einerseits (“die Farbe dieses Flecks nenne ich ‘rot’”), und als Aussage, dass dieser Fleck rot ist, – so bleibt doch die formale Verwandtschaft der beiden Zeichen merkwürdig. (Die eben ihre häufige Verwechslung hervorruft.)

 
   
                   Ich kann nicht auf die Bedeutung eines Wortes zeigen. Höchstens auf den Träger eines Namens.)
          Das, was in der hinweisenden Definition auf der linken Seite des Gleichheitszeichens steht (wenn auf der rechten das Wort steht), ist nicht die Bedeutung des Wortes (das hiesse nichts).

 
   
                    “Dieses Buch hat die Farbe, die ‘rot’ heisst” “Die Farbe, die dieses Buch hat, heisst ‘rot’” So klingen die beiden Sätze am ähnlichsten; aber wir könnten offenbar auch einem dieser Sätze den Sinn des andern geben. Aber in einem Fall setzen wir den Gebrauch des Wortes fest,
enunciate
verkünden
also eine grammatische Regel, im andern Fall machen wir eine Behauptung, die durch die Erfahrung bestätigt oder überlegt widerlegt werden kann.

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                   Im einen Fall machen wir den Zug eines bestehenden Spiels, im andern setzen wir eine Spielregel fest. Man könnte auch das Ziehen mit einer Spielfigur auf diese beiden Arten auffassen: als Paradigma für künftige Züge, und als Zug des Spiels. // und als Zug einer Partie (des Spiels) //

 
   
                    / (Es könnte sich eine seltsame Analogie daraus ergeben, dass das Okular auch des riesigsten Fernrohrs nicht grösser sein darf // nicht grösser ist // , als unser Auge.) /

 
   
                   Wie ist es, wenn ich für mich selbst eine Bezeichnungsweise festsetze; wenn ich z.B. für den eigenen Gebrauch gewissen Farbtönen Namen geben will. Ich werde das etwa mittels einer Tabelle tun (es kommt immer auf derlei hinaus). Und nun werde ich doch nicht den Namen zur falschen Farbe schreiben (zu der Farbe der ich ihn nicht geben will). Aber warum nicht? Warum soll nicht ‘rot’ gegenüber dem grünen Täfelchen stehen und ‘grün’ gegenüber dem roten, etc.? – Ja, aber dann müssen wir doch wenigsten wissen, dass ‘rot’ nicht das gegenüberliegende Täfelchen meint. – Aber was heisst es “das wissen”, ausser, dass wir uns etwa neben der geschriebenen Tabelle noch eine andere vorstellen, in der die Ordnung richtiggestellt ist. – “Ja aber dieses Täfelchen ist doch rot, und nicht dieses!” – Gewiss; und das ändert sich ja auch nicht, wie immer ich die Täfelchen und Wörter setze; und es wäre natürlich falsch, auf das grüne Täfelchen zu zeigen und zu sagen “dieses ist rot”. Aber das ist auch keine Definition, sondern eine Aussage. – Gut, dann nimmt aber doch unter allen möglichen Anordnungen die gewöhnliche (in der das rote Täfelchen dem Wort ‘rot’ gegenübersteht) einen ganz besonderen Platz ein. –
473
 
   
((Da gibt es jedenfalls zwei verschiedene Fälle: Es kann die Tabelle mit grün gegenüber ‘rot’ etc. so gebraucht werden, wie wir die Tabelle in der gewöhnlichen Anordnung gewöhnlich gebrauchen. Wir würden also etwa dem, der sie gebraucht, von dem Wort ‘rot’ nicht auf das gegenüberliegende Täfelchen blicken sehen, sondern auf das rote, das schräg darunter steht. ([A|a]ber wir müssten auch diesen Blick nicht sehen) und finden, dass er dann statt des Wortes ‘rot’ in einem Ausdruck das rote Täfelchen einsetzt. Wir würden dann sagen, die Tabelle sei nur anders angeordnet (nach einem andern räumlichen Schema), aber sie verbinde die Zeichen, wie die gewohnte. – Es könnte aber auch sein, dass der, welcher die Tabelle benützt, von der einen Seite horizontal zur andern blickt und nun in irgend welchen Sätzen das Wort ‘rot’ durch ein grünes Täfelchen ersetzt; aber nicht etwa auf den Befehl ‘gib mir das rote Buch’ ein grünes bringt, sondern ganz richtig das rote (d.h. das, welches auch wir ‘rot’ nennen). Dieser hat nun die Tabelle anders benützt, als der Erste, aber doch so, dass ‘rot’ die gleiche Bedeutung für ihn hatte, wie für uns. (Zu einer Tabelle gehört übrigens wesentlich die Tätigkeit des
Aufsuchens
Nachschauens
in der Tabelle.) Es ist nun offenbar der zweite Fall welcher uns interessiert und die Frage ist: kann ein grünes Täfelchen als Muster der roten Farbe dienen? Und da ist es klar, dass dies (in einem Sinn) nicht möglich ist. Ich kann mir eine Abmachung denken, wonach Einer dem ich eine grüne Tafel zeige und sage, male mir diese Farbe, mir ein Rot malt: wenn ich dasselbe sage und zeige ihm blau, so hat er gelb zu malen u.s.w. ˇimmer die komplementäre Farbe; und daher kann ich mir auch denken, dass Einer meinen Befehl auch ohne eine vorhergehende Abmachung so deutet. Ich kann mir ferner denken, dass die Abmachung gelautet hätte “auf den Befehl ‘male mir diese Farbe’, male immer eine gelblichere, als ich Dir zeige”; und wieder kann ich mir die Deutung auch ohne Verabredung denken. Aber kann man sagen, dass Einer ein rotes Täfelchen genau kopiert, indem er einen bestimmten Ton von grün (oder ein anderes Rot als das des Täfel-
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chens) malt und zwar so, wie er eine gezeichnete Figur, nach verschiedenen Projektionsmethoden, verschieden und genau kopieren kann? – Ist also hier der Vergleich zwischen Farben und Gestalten richtig, und kann ein grünes Täfelchen einerseits als der Name einer Schattierung von rot stehen und anderseits als ein Muster dieses Tones? wie ein Kreis als der Name einer bestimmten Elipse verwendet werden kann, aber auch als ihr Muster. – Kann man also dort wie hier von verschiedene[r|n] Projektionsmethoden sprechen, oder gibt es für das Kopieren einer Farbe nur eine solche: das Malen der gleichen Farbe? Wir meinen diese Frage so, dass sie nicht dadurch verneint wird, dass uns die Möglichkeit gezeigt wird, mittels eines bestimmten Farbenkreises und der Festsetzung eines Winkels von einem Farbton auf irgend einen andern überzugehn. Das, glaube ich, zeigt nun, in wiefern das rote Täfelchen gegenüber dem Wort ‘rot’ in einem andern Fall ist, als das grüne. Uebrigens bezieht sich, was wir hier für die Farben gesagt haben, auch auf die Formen von Figuren, wenn das Kopieren ein Kopieren nach dem Augenmass und nicht ˇeines mittels Messinstrumenten ist. – Denken wir uns nun aber doch einen Menschen, der vorgäbe “er könne die Schattierungen von Rot in Grün kopieren” und auch wirklich beim Anblick des roten Täfelchens mit allen (äusseren) Zeichen des genauen Kopierens einen grünen Ton mischte und so fort bei allen ihm gezeigten roten Tönen. Der wäre für uns auf derselben Stufe, wie Einer, der auf die gleiche Weise (durch genaues Hinhorchen) Farben nach Violintönen mischte. Wir würden in in dem dem Fall sagen: “Ich weiss nicht, wie er es macht”; aber nicht in dem Sinne, als verstünden wir nicht die verborgenen Vorgänge in seinem Gehirn oder seinen Muskeln, sondern, wir verstehen nicht, was es heisst “dieser Farbton,
ist
sei
eine Kopie dieses Violintones”. Es sei denn, dass damit nur gemeint ist, dass ein bestimmter Mensch erfahrungsgemäss einen bestimmten Farbton mit einem bestimmten Klang assoziiert (ihn zu sehen behauptet, malt, etc.). Der Unterschied zwischen dieser Assoziation und dem Kopieren, auch wenn ich selbst beide Verfahren kenne, besteht darin // zeigt sich darin // , dass es für assoziier-
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te Gestalt keinen Sinn hat, von Projektionsmethoden zu reden, und dass ich von dem assoziierten Farbton sagen kann “jetzt fällt mir bei dieser Farbe (oder diesem Klang) diese Farbe ein, vor 5 Minuten war es eine andere”. etc.. Wir könnten auch niemandem sagen “Du hast nicht richtig assoziiert”, wohl aber “Du hast nicht richtig kopiert”. Und die Kopie einer Farbe – wie ich das Wort gebrauche – ist nur Eine; und es hat keinen Sinn (hier) von verschiedenen Projektionsmethoden zu reden.))

 
   
                   Man könnte sich denken, dass das Hindeuten auf ein grünes Täfelchen, wenn ich will, dass der Andere ein rotes Ding holt, ursprünglich als eine Art Gaunersprache festgelegt worden wäre, sich dann aber bei mir eingebürgert habe. Ich hätte dann etwa in der ersten Zeit nach dieser Abmachung // in der ersten Zeit dieser Uebereinkunft // mir auf das grüne Täfelchen hin ein rotes vorgestellt (ein rotes Bild wäre mir vor die Seele getreten – was dasselbe heisst), später aber wäre das so wenig erfolgt, wie etwa beim Hören des Wortes ‘rot’ und ich würde jetzt den Befehl unmittelbar auf das grüne Zeichen hin ausführen. // und ich führte jetzt den Befehl … // aus. // Wenn das aber geschieht, ändert es dann etwas an der Verwendung des grünen Zeichens, dass ich mir einmal damit etwas Rotes vorgestellt habe, ehe ich den roten Gegenstand brachte? Das alles ist nur Geschichte. ((Soll das so viel heissen, als dass eine Erklärung, eine Tabelle, zuerst so gebraucht werden kann, dass man sie “nachschlägt”; dass man sie dann gleichsam im Kopf nachschlägt, d.h., sie sich vor das innere Auge ruft (oder dergleichen); und dass man endlich ohne diese Tabelle arbeitet, also so, als wäre sie nie da gewesen. In diesem letzten Fall spielt man also ein anderes Spiel. Denn es ist nun nicht so, dass jene Tabelle ja doch im Hintergrund steht und man immer auf sie zurückgreifen kann; sie ist aus unserem Spiel ausgeschieden und wenn ich auf sie ‘zurückgreife’, so tue ich, was der Erblindete tut, der etwa auf den Tastsinn zu-
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rückgreift. Eine Erklärung ist das Anlegen einer Tabelle und sie wird Geschichte, wenn ich die Tabelle nicht mehr benütze. // Eine
Erklärung
Tabelle
legt eine Tabelle an und sie wird zur Geschichte, wenn … // Ich muss unterscheiden zwischen den Fällen: wenn ich mich einmal nach einer Tabelle richte, und ein andermal in Uebereinstimmung mit der Tabelle (der Regel, welche die Tabelle ausdrückt) handle, ohne die Tabelle zu benutzen. – Die Regel, deren Erlernung uns veranlasste jetzt so und so zu handeln, ist als Ursache unserer Handlungsweise Geschichte und (für uns) ohne Interesse. Sofern sie aber eine allgemeine Beschreibung unserer Handlungsweise ist, ist sie eine Hypothese. Es ist die Hypothese, dass diese zwei Leute, die
über dem
am
Schachbrett sitzen,, so und so handeln werden (wobei auch ein Verstoss gegen die Spielregeln unter die Hypothese fällt, denn diese sagt dann etwas darüber aus, wie sich die Beiden benehmen werden, wenn sie auf diesen Verstoss aufmerksam werden). Die Spieler können aber die Regel auch benützen, indem sie in jedem besonderen Fall nachschlagen, was zu tun ist; hier tritt die Regel in die Spielhandlung selbst ein und verhält sich zu ihr nicht, wie eine Hypothese zu ihrer Bestätigung. “Hier gibt es aber eine Schwierigkeit. Denn der Spieler, welcher ohne Benützung des Regelverzeichnisses spielt, ja, der nie eines gesehen hätte, könnte dennoch, wenn es verlangt würde, ein Regelverzeichnis anlegen und zwar nicht – behaviouristisch – indem er durch wiederholte Beobachtung feststellte, wie er in diesem und in jenem Fall gehandelt hat // handelt // , sondern, indem er vor einem Zug stehend sagt: “in diesem Fall zieht man so‘.” – Aber wenn das so ist, so zeigt es doch nur, dass er unter gewissen Umständen eine Regel aussprechen wird, nicht, dass er von ihr beim Zug expliciten Gebrauch gemacht hat. Dass er ein Regelverzeichnis anlegen würde // wird // , wenn man es verlangte verlangt, ist eine Hypothese und wenn man eine Disposition, ein Vermögen, ein Regelverzeichnis anzulegen annimmt, so ist es eine psychische Disposition auf gleicher Stufe mit einer physiologischen. Wenn gesagt wird, diese Disposition
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charakterisiert den Vorgang des Spieles, so charakterisiert sie ihn als einen psychischen oder physiologischen, was er tatsächlich ist. (Im Studium des Symbolismus gibt es keinen Vordergrund und Hintergrund, nicht ein sichtbares // greifbares // Zeichen und ei[j|n] es begleitendes unsichtbares // ungreifbares // Vermögen, oder Verständnis.
          Kann nun aber nicht das grüne Zeichen auf mehrere Arten statt des Wortes ‘rot’ treten? Einmal als Wort, ein andermal als komplementär gefärbtes Zeichen? In dem letzteren Fall liegt natürlich eine Aehnlichkeit mit dem Kopieren der Farbe nach einer andern Projektionsmethode vor (das farbige Zeichen ist jetzt eine Art Muster).
 
   
           + Es ist die Frage: Wenn sich diese Regel ihrem Wesen nach nur auf die Farben (oder Wörter) blau, rot, grün, gelb bezieht, ist sie dann nicht identisch mit der, welche das grüne Zeichen als Wort für “rot” und umgekehrt etc. festsetzt? Denn eine Regel // Allgemeinheit // , die ihrem logischen Wesen nach einem logischen Produkt äquivalent ist, ist nichts anderes, als dieses logische Produkt. (Denn man kann nicht sagen: hier ist das grüne Zeichen; nun hole mir ein Ding von der komplementären Farbe, welche immer das sein mag.) D.h. “die komplementäre Farbe von rot” ist keine Beschreibung von grün.) Die Bestimmung, die Komplementärfarbe als Bedeutung des Täfelchens zu nehmen, ist dann, wie ein Querstrich in einer Tabelle; ein Querstrich in der Grammatik der Farben gezogen. Anders wäre es, wenn die Regel (R) hiesse: das Täfelchen bedeutet immer einen etwas dunkleren Farbton, als sein eigener // der seine // ist. Man muss nur wieder auf verschiedenen Sinn der Farb- und der Gestaltprojektion achten (und bei der letzteren wieder auf den Unterschied der Abbildung nach visuellen Kriterien
von
und
der Uebertragung mit Messinstrumenten). Das Kopieren nach der Regel R ist ‘kopieren’ in einem andern Sinne als dem, in welchem das Hervorbringen des gleichen Farbtons so genannt wird. Es handelt sich also nicht um zwei Projektionsmethoden vergleichbar, etwa, der
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Parallel- und der Zentralprojektion, durch die ich eine geometrische Figur mit Zirkel und Lineal in eine andere projizieren kann. (Die Metrik der Farbtöne.)
                   Wenn ich das berücksichtige, so kann ich also in dem veränderten Sinn des Wortes “Muster” (der dem veränderten Sinn des Wortes “kopieren” entspricht) das hellere Täfelchen zum Muster des dunkleren Gegenstandes nehmen.
 
   
                   Die ursprüngliche Frage war: Könnten wir nicht zur hinweisenden Erklärung von ‘rot’ ebensowohl ˇauf ein grünes, wie auf ein rotes Täfelchen zeigen? denn, wenn diese Definition nur ein Zeichen statt des andern setzt, so sollte dies doch aufs gleiche hinauslaufen // keinen Unterschied machen // . – Wenn die Erklärung nur ein Wort für ein andres setzt, ist es auch gleichgültig // so macht es auch keinen // . Bringt aber die Erklärung das Wort mit einem Muster in Zusammenhang, so ist es nun nicht unwesentlich, mit welchem Täfelchen das Zeichen verbunden wird (denke auch wieder daran, dass eine Farbe der andern nicht im gleichen Sinn zum Muster dienen kann, wie ihr selbst). “Aber dann gibt es also willkürliche Zeichen und solche, die nicht willkürlich sind!” – Aber denken wir nur an die Verständigung durch Landkarten, Zeichnungen, und Sätze anderseits: die Sätze sind so wenig willkürlich, wie die Zeichnungen. Aber die Worte sind willkürlich. (Vergleiche die Abbildung /[o| = ] / = o, – = x) Wird denn aber ein Wort eigentlich als Wort gebraucht, wenn ich es nur in Verbindung mit einer Tabelle gebrauche, die den Uebergang zu Mustern macht? Ist es also nicht falsch, zu sagen, ein Satz sei ein Bild, wenn ich doch nur ein Bild nach ihm und der Tabelle zusammenstelle? Aber so ist also doch der Satz und die Tabelle zusammen ein Bild? Also zwar nicht adbcb allein, aber dieses Zeichen zusammen mit
a !
b !
c !
d !

                   Aber es ist offenbar, dass auch adbcb ein Bild von genannt werden kann. Ja aber, ist nicht doch das Zeichen adbcb ein willkürlicheseres Bild von als dieses Zeichen von der Ausführung der Bewegung? Etwas ist auch an dieser Uebertragung willkürlich
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(die Projektionsmethode) und wie sollte ich bestimmen, was willkürlicher ist?
          Ich vergleiche also die Festsetzung der Wortbedeutung durch die hinweisende Definition, der Festsetzung einer Projektionsmethode zur Abbildung räumlicher Gebilde. Dies ist freilich nicht mehr
wie
als
ein Vergleich. Ein ganz guter Vergleich, aber er enthebt uns nicht der Untersuchung des Funktionierens der Worte, ﹖– getrennt von dem Fall der räumlichen Projektion –﹖. Wir können allerdings sagen – d.h. es entspricht ganz dem Sprachgebrauch –, dass wir uns durch Zeichen verständigen, ob wir Wörter oder Muster gebrauchen; aber das Muster ist kein Wort, und das Spiel, sich nach Worten zu richten, ein anderes als das, sich nach Mustern (zu) zu richten. (Wörter sind der Sprache nicht wesentlich.) Kann man aber vielleicht sagen, dass Muster ihr wesentlich wären? (Muster sind der Benützung // dem Gebrauch // von Mustern wesentlich, Worte, der Benützung // dem Gebrauch // von Worten.) Was Worte leisten, können Muster nicht leisten, oder doch nur scheinbar, nämlich als Wörter gebraucht. Ich könnte natürlich ˇ– gegen den allgemeinen Gebrauch – festsetzen, Sprache sei nur, was mit dem Gebrauch von Mustern anfängt und aufhört, aber dann müsste dennoch in dieser Sprache mit Worten operiert werden.

 
   
                   Die Frage war ursprünglich: Muss ein rotes Täfelchen ‘rot’ vertreten oder macht dies nur den Uebergang für uns leicht (natürlicher), wie es leichter ist, sich in einer Tabelle zurechtzufinden, die nach dem gewöhnlichen Schema, als
in
nach
einer, die nach einem verwickelteren Schema angeordnet ist? Und es ist klar, dass ein grünes Täfelchen das Wort “rot” so gut vertreten kann,
als
wie
, ein blaues. Auch, dass ein grünes nicht in dem Sinn als Muster eines roten Farbtons dienen kann, wie ein Täfelchen von diesem Farbton. – Es fragt sich nun: Wenn es sich nur um die Bezeichnung der Farben rot, grün, blau, gelb handelt, ist dann das rote Täfelchen in einem andern Verhältnis zu ‘rot’ als zu ‘grün’, etc.? D.h., kommt in diesem Fall das Täfelchen
als Muster überhaupt
überhaupt als Muster
in Betracht, oder nur als Wort? so dass es dann
480
gleichgültig ist, welches Täfelchen rot bezeichnet? – Ja, aber wir müssen doch einen Weg haben, die Bedeutung, die ‘rot’ wirklich hat, im Gegensatz zu einer andern festzulegen. – Eins ist klar: Wenn die Täfelchen nicht als Muster fungieren, so ist kein Grund, warum ich das Wort ‘rot’ eher einem farbigen Täfelchen als einer bestimmten Zeichnung oder einem Klang zuordnen soll; und das heisst: Wenn die Täfelchen nicht als Muster irgend welcher Art fungieren, so fungieren sie einfach als Worte. Kann ich also sagen: wenn ein grünes Täfelchen rot bezeichnen kann, dann nicht anders, als das a auf der Violine? Aber man hat ein Gefühl, als wäre das nicht so; als gäbe es hier eine Projektionsmethode (nur nicht eine so bequeme wie die, welche rot in rot projiziert)(,, die rot in grün projiziert. Wenn das so ist, so müssen wir wissen, was diese Projektionsmethode, auf ein anderes Argument angewandt, ergibt (denn eine Projektionsmethode ist wesentlich eine Variable). Nun, da denken wir natürlich an die Regel, eine Farbe durch ihr Komplement zu ersetzen. – Kommt aber das Kopieren überhaupt in Betracht, wenn Worte definiert werden? D.h., muss nicht alles, wodurch ein Wort definiert ist, eo ipso, ein Wort sein, als Wort wirken, auch wenn es ein farbiges Täfelchen ist (und daher auch anders funktionieren könnte)? Ist es also nicht so, dass die Farbmuster, sobald sie als Wörter definieren, Wörter sind? – Aber es ist doch klar, dass wir im Musterkatalog sehr wohl von den Nummern auf das Muster übergehen und dieses dann auch als Muster gebrauchen können. Wenn es auch wahr ist, dass wir es nicht als Muster benützen müssen, sondern auch als Wort benützen können (zwei verschiedene Spiele). – Wenn aber die Anzahl der Muster von vornherein bestimmt // beschränkt // ist, – ist dann Platz // Raum // für das Kopieren? Nun, ich kann doch auch dann die Farbe des Zeichens kopieren. (Es kommt mir aber z.B. gar nicht auf den genauen Ton an, sondern nur darauf an, ob es ein Ton in der Nachbarschaft von rot // ein Ton von Rot // , Blau, etc. ist. Ich kann aber auch so kopieren, dass nur die Nachbarschaft der gegebenen Farbe gewahrt bleibt.)
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Wenn also mein Zeichensystem nur aus den Wörtern “rot”, “blau”, “grün”, “gelb” und vier entsprechenden Farbtäfelchen besteht, – ist eine Erklärung (Tabelle), die das rote Täfelchen dem Wort “blau” zuordnet, auf gleicher Stufe wie eine, die es mit “rot” verbindet? Wenn ich festsetze, das blaue Täfelchen solle rot bedeuten, u.s.w. im Kreis der primären Farben, so folgt, dass das rote Täfelchen gelb, das gelbe grün, das grüne blau bedeutet und dieser Fall ist ähnlich, wie der, der der Bezeichnung durch die Komplementärfarbe. Es ist klar, dass ich mit Hilfe einer solchen Regel eine Tabelle konstruieren kann[,| (]ohne noch aus der Grammatik herauszutreten, also vor jeder Anwendung der Sprache), indem ich erst “rot” mit dem blauen Täfelchen und darauf dieses mit dem roten verbände, etc.. Und das heisst doch, dass die eine Bezeichnung genau so gut ist, wie die andere, und in diesem grammatischen System die gleiche Bezeichnung ist. Ich habe durch die Bestimmung, das rote Täfelchen solle blau bezeichnen u.s.w. im Kreise, tatsächlich eine Projektionsmethode bestimmt, die sich auf die internen Beziehungen der Farben stützt (wie die Darstellung durch Komplementärfarben). Durch die Angabe dieser Projektionsmethode wird die Bezeichnung von rot mittels des blauen Täfelchens gleichwertig der, mittels des roten. Das grüne Täfelchen kann also zum Muster für rot werden, im System der Komplementärfarben (vergleiche auch photographisches Negativ und Positiv). Das Charakteristische an diesen Projektionsmethoden ist, dass sie in eine Tabelle münden (im Gegensatz zu den räumlichen). Daher sind alle Regeln dieser Tabelle gleichwertig. In diesem System ist also die Bezeichnung von rot durch das rote Täfelchen nur eine Bequemlichkeit. Nicht aber, wenn es sich um das Hervorbringen des “genauen” Farbtons handelt. ﹖– So weit die Farben miteinander in internen Beziehungen stehen –﹖, so weit kann man auch von der einen natürlich auf die andere übergehen; ich meine, einen Uebergang in der Grammatik der Farben selber machen im Gegensatz etwa zu einem geometrischen Uebergang auf einen bestimmten gemalten Farbenkreis.))

482
 
   
                   Das Wort in Anführungszeichen ist ein Muster.

 
   
                    / Die Schwierigkeit, die uns das Sprechen über den Gesichtsraum ohne Subjekt macht und über “meine und seine Zahnschmerzen”, ist die, die Sprache einzurenken, dass sie richtig in den Tatsachen sitzt. /

 
   
                   ““Aber wenn ich, auf einen roten Gegenstand zeigend, sage “diese Farbe nennt man ‘rot’”, gebe ich doch gewiss nicht nur ein Zeichen statt des andern! Und was wäre der Nutzen dieser Ersetzung?”” – Ich gebe ihm ein Zeichen, dessen Gebrauch er kennt, für eines, dessen Gebrauch er nicht kannte, und lehre ihn damit den Gebrauch des letzteren. ((Die Erklärung, dass ich den Gebrauch eines Zeichens lehre, indem ich es durch eines definiere, dessen Gebrauch ich kenne – oder durch eine bestimmte Verbindung solcher Zeichen – beschreibt // charakterisiert // auch den Fall der Erklärung eines mir bisher unverständlichen spanischen Wortes durch das Wort ‘rot’. Hier gebe ich statt eines Wortes ein anderes, im früheren Fall ein Muster statt eines Worts.))

 
   
                   Wenn ich sage “diese Farbe nennt man ‘sepia’”, so habe ich in diesem Satz das Wort ‘sepia’ noch nicht gebraucht. (Auch nicht – wie jemand
meinen
glauben
könnte – ˇum zu sagen, dass die Farbe des gezeigten Ortes sepia ist.) Gebrauche ich nun in Hinkunft das Wort, so könnte ich immer statt seiner die Geste // den Hinweis // gebrauchen, durch die den ich es damals erklärt habe.

 
   
                   Wäre diese Geste nun in jedem Fall unmittelbarer (oder leichter) zu verstehen, als das Wort? So dass man sich nun in der Be-
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deutung des gebrauchten Zeichens nicht irren könnte (kein Zweifel über die Deutung möglich wäre), während das Wort erst einer Erklärung bedürfte? So dass zwar “bring' mir eine gelbe Blume” auf eine Erklärung des Wortes “gelb” zurückgreifen müsste, aber der Befehl “bring' mir eine solche Blume” (wobei man auf ein gelbes Täfelchen deutet) eine weitere Erklärung nicht zuliesse. Denken wir hier an den Befehl “bring' mir zwei Aepfel” und “bring' mir !! Aepfel”, denn ähnlich verhält sich das Wort ‘rot’ zum roten Täfelchen. ((Was hier nicht klar war, war der Unterschied zwischen Muster und Wort und ihrem Gebrauch. Dasselbe Muster und dasselbe Wort sind verschiedener Verwendung fähig; dieses Muster kann in verschiedener Weise als Muster, dieses Wort in verschiedener Weise als Wort gebraucht werden. Sofern sind Muster und Wort einander ähnlich, aber ihr Gebrauch ist dennoch verschieden.))

 
   
                   “Aber es hat doch gewiss etwas zu bedeuten, dass ich bei der Erklärung eines Namens gerade auf dessen Träger zeige”. Zeigen ist doch wohl etwas, was geometrisch bestimmt ist // was durch räumliche Verhältnisse definiert ist // . Der Pfeil p zeigt auf A und nicht auf B. Aber ich konnte sehr wohl auf A zeigen und sagen “dieser Punkt heisst ‘B’” und der [a|A]ndere könnte mich doch richtig verstehen, und wenn ich etwa sage “wische B weg”, B wegwischen und nicht A. – Freilich, aber dann musste er eben meine Erklärung anders verstehen, als sie normalerweise verstanden wird. – Aber was ist das Verstehen für ein symbolischer Vorgang? Musste er sich also bei meinen Worten die Hand unbedingt, auf B hinzeigend, vorstellen? oder doch auf B hinblinzeln? Aber, wenn er das auch während der Erklärung getan hat: was hilft es ihm, wenn er nun das Zeichen “B” gebrauchen soll? – Aber eines ist doch klar: wenn ich Dir Herrn N. vorstellen will (damit Du den Namen “N” künftig verstehst), so kann ich wohl auf Herrn M. zeigen (wenn etwa schon eine Abmachung betreffs
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des Zeigens besteht), aber Herr N. muss doch jedenfalls anwesend sein. – Aber die Abmachung ist ja jetzt nur Geschichte meines Verständnisses, also gleichgültig, und zweitens braucht Herr N. nicht gegenwärtig zu sein und die Vorstellung könnte doch so verstanden werden, als wäre er hier. – Aber da brauchst Du ja gerade das Wort “so verstanden werden”! das heisst also, Du gibst zu, dass bei der Vorstellung des [A|a]bwesenden N. durch Zeigen auf M. etwas anderes (ein anderer Komplementärvorgang in mir) stattfinden // vorgehen // muss, als bei (während) der Vorstellung des anwesenden. Ja, ein Komplementärvorgang (etwa ein ergänzender Phantasiepfeil) sei nötig, wenn wir nicht auf N. selbst zeigen. – Nein, das gebe ich nicht zu: Dieses Verstehen muss sich nicht in so einem Vorgang äussern, sondern in der Anwendung des Wortes “N”. Wenn ich also den Andern frage “hast Du mich verstanden”, so kann sich das in seinen weiteren Erklärungen und Handlungen äussern. Eben, wie ich das Wort “rot” in einem Satz verstehen kann, ohne rotes dabei zu halluzinieren. ((Auch hier wieder Mus[s|t]er und Wort. Gewiss könnte die hinweisende Geste auf M. statt des Namens N. treten; dann ist diese Geste ein anderes Wort. So wird sie aber tatsächlich nicht gebraucht, denn sonst ist sie so gut wie etwa ein Pfiff. Von der Vorstellung des N. machen wir ganz andern Gebrauch, sie ist wesentlich ein Zeigen im Raum und wir machen von der zeigenden Hand den Gebrauch, dass ihr räumlich folgen. (Daher ist es freilich auch richtig, dass wir einen Pfeil nicht unbedingt in der Richtung vom Schwanz zur Spitze, und auch nicht unbedingt in dieser oder der entgegengesetzten Richtung, folgen müssen.) Die zeigende Hand (oder der Pfeil) werden nicht als Worte sondern als Muster gebraucht (und sind als solche natürlich auch vieldeutig). Wenn ich sagte “was nützt mich das Hinblinzeln auf B bei der Erklärung des Namens ‘B’”, so hätte ich gleich sagen können: was nützt mich diese Erklärung. Denn die Erklärung (der Vorgang der Erklärung) wird jedenfalls
eine andere
ein anderer
dadurch, dass ich, wenn sie in der früher beschriebenen Art gegeben wird, dabei auf B schaue.
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Und diese Erklärung ist ja doch nur eine Tabelle, und wenn ich sie in Zukunft benütze, so muss ich den Prozess (auf B zu schauen) wiederholen. So benützt man ja eine Erklärung // Tabelle // . Es ist freilich möglich, dass ich nach dem Code einer Gaunersprache bei den Worten “das ist Herr N.” nicht auf diesen, sondern etwa auf seinen Nebenmann, oder den Mann am andern Ende des Zimmers, etc. etc., zeige, aber hier ist auch die Art und Weise der Benützung dieser Erklärung klar. Und ich kann freilich auch auf M. zeigend zur Erklärung sagen “das ist ˇHerr N.” der gar nicht anwesend ist. Aber da wird doch jeder fragen: warum tust Du das überhaupt? und die Antwort wird dann eine Erklärung etwa der Art sein: Wir haben ausgemacht, ich werde auf einen Herrn zeigen, der eben solche Anzüge trägt wie Herr N.; oder ich werde auf einen Herrn zeigen, der in der gleichen Richtung von uns steht wie N., oder der gleichen. Kurz, es wird dann eben die Vorstellung des N. anders funktionieren, als im normalen Fall und wird also eine Vorstellung in anderem Sinne sein. Und zwar sowohl dann, wenn ich mit dieser Vorstellung im Gedächtnis, wie mit einer Tabelle arbeite, die ich nachsehe, als auch, wenn die Erklärung für später nur noch als Beschreibung der Benützung des Wortes “N.” dient und nicht nachgeschlagen wird. Denken wir uns den Vorgang, ich sage auf M. zeigend (in dem oben beschriebenen Sinne) “das ist N., nun geh' und erschlag' ihn. Worauf der Andere richtig nicht M. erschlägt, sondern nach dem Haus in der bezeichneten Richtung geht und N. erschlägt. Er konnte sich dabei den Wortlaut der Abmachung ins Gedächtnis rufen (nachschlagen). Es musste aber nicht geschehen, sondern er führte den Befehl aus, als sei das die gewöhnliche Art, diesen Befehl zu geben; dann fiel allerdings die Erklärung als Hilfsmittel, als Teil des Kalküls
weg
fort
. Dennoch gibt sie nun die Grammatik seiner Sprache wieder, indem sie sie mit unserer Sprache verbindet. –
 
   
          Als ich Lesen lernte, zeigte man mir die Buchstaben und sprach sie dabei aus. Diese Erklärung rufe ich mir nicht ins Gedächtnis, wenn ich heute
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lese; aber sie (ihr Wortlaut) ist jetzt eine Beschreibung dessen, was tatsächlich geschieht wenn ich lese. Freilich nur im Verhältnis einer Hypothese zur Wirklichkeit. Und weiter wird man finden, dass ich auf die Frage “warum sprichst du dieses Wort so aus” mit einer Erklärung jener Form antworte; wobei es dennoch so bleibt, dass, als ich das Wort las, dieser Grund, etwa als S symbolischer Akt // Ausdruck // , nicht vorhanden war. Dies trifft übrigens alles, was ich seinerzeit über das Motiv einer Handlung gesagt habe.
          Wenn ich dem Andern den Befehl gegeben hätte und ihm dabei zugenickt hätte mit den Worten “Du weisst schon, was ich meine”, so hätten diese Worte offenbar nur als Erinnerung an die in der Abmachung gegebene Uebersetzung des Befehls in die normale Sprache Sinn. Wenn ich jemand, der Deutsch versteht, unter ganz gewöhnlichen Umständen den Befehl gebe “geh' zu Bett”, so werde ich ihm nicht zunicken “Du weisst schon, was ich meine”; und täte ich's, er würde nur – vielleicht in erstauntem Ton – den Wortlaut meines Befehls wiederholen, und zwar, um meine Bemerkung “Du weisst schon etc.” ad absurdum zu führen. Denn die richtige Antwort auf diese Bemerkung ist immer die Uebersetzung des gegebenen Befehls in eine andere Sprache. – Wenn nun eine Replik früher lautete: “dann musste er eben meine Erklärung anders verstehen”, so war das richtig, auch wenn der Vorgang (bei) der Erklärung – auch im [A|a]ufnehmenden Teil – genau der gleiche war, ob die Erklärung so oder so gemeint war. Denn, wie immer ich das Wort “Verstehen” auffasse, d.h., was immer ich als Kriterium des // seines // Verständnisses ansehe, so wird die Uebersetzung aus seiner Sprache in die meine ergeben müssen, dass die Erklärung “dieser Punkt heisst ‘B’” mit der hinweisenden Geste auf A in seiner Gebärdensprache dasselbe heisst // gleichbedeutend ist // wie der die gleichen Worte mit der hinweisenden Geste auf B in meiner Sprache. Die Erklärung ist ja die Uebersetzung von einer Sprache in die andere und warum soll er diese Uebersetzung bedürfen (selbst wenn er sie einst bedurft hat), warum soll die (ursprünglich) er-
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klärte Sprache nicht seine Sprache sein. Aber die Erklärung als Regel der Uebersetzung von der einen Sprache in die andere bleibt bestehen.))

 
   
                   Es liegt in der menschlichen Natur, das Zeigen mit dem Finger so zu verstehen // so so aufzufassen // .

 
   
                   Nun gebe ich aber natürlich zu, dass ich, ohne vorhergehende Abmachung einer Chiffre, ein Missverständnis hervorrufen würde, wenn ich, auf den Punkt A zeigend, sagte, dieser Punkt heisst ‘B’. Wie ich ja auch, wenn ich jemandem den Weg weisen will, mit dem Finger in der Richtung weise, in der er gehen soll, und nicht in der entgegengesetzten. Aber auch ﹖– diese Art des Zeigens –﹖ könnte richtig verstanden werden, und zwar ohne dass dieses Verständnis das gegebene Zeichen durch ein weiteres ergänzte. Es liegt in der menschlichen Natur, das Zeigen mit dem Finger so zu verstehen. Und so ist die menschliche Gebärdensprache primär in einem psychologischen Sinne. ((Die Schwierigkeit ist die Grammatik des Wortes “meinen” klar zu sehen. Aber der Weg dazu ist nur der über die Antwort auf die Frage “welches ist das Kriterium dafür, dass wir etwas so meinen” und welcher Art ist der Ausdruck, dem dieses “so” vertritt. Die Antwort auf die Frage “wie ist das gemeint” stellt die Verbindung zwischen zwei sprachlichen Ausdrücken // zwischen zwei Sprachen // her. Also fragt auch die Frage nach dieser Verbindung. Der Gebrauch der Hauptwörter “Sinn”, “Bedeutung”, “Auffassung” und anderer Wörter verleitet uns, zu glauben, dass dieser Sinn etc. dem Zeichen so gegenübersteht, wie das Wort, der Name, dem Ding, das sein Träger ist. So dass man sagen könnte: “‘der Pfeil hat eine ganz bestimmte Bedeutung.’ ist in einer ganz bestimmten Weise gemeint, die ich nur faute de mieux wieder durch ein Zeichen ausdrücken muss”. Die Meinung, die Intention wäre quasi seine Seele, die ich am lieb-
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sten direkt zeigen möchte, aber auf die ich leider nur indirekt durch ihren Körper hinweisen kann. –
          Wenn ich sage: “ich meine diesen Pfeil so, dass man ihm durch eine Bewegung in der Richtung vom Schwanz zur Spitze folgt”, so gebe ich eine Definition (ich setze ein Zeichen für ein andres), während es scheint, als hätte ich sozusagen die Aussage // Angabe // des Pfeils ergänzt. Ich habe den Pfeil durch ein neues Zeichen ersetzt, das wir statt des Pfeiles gebrauchen können. – Gebrauchen können –. Während es scheint, als wäre der Pfeil selbst wesentlich unvollständig // unvollkommen // , ergänzungsbedürftig, und als hätte ich ihm nun die nötige Ergänzung gegeben. Wie man eine Beschreibung eines Gegenstandes als unvollkommen erkennt und vervollständigt // vervollständigen kann // . Als hätte der Pfeil die Beschreibung angefangen und wir sie durch den Satz vollendet. – Auch so: Wenn ich, wie oben sage “ich meine diesen Pfeil so, dass …”, so ﹖– macht es den Eindruck –﹖, als hätte ich jetzt erst das Eigentliche beschrieben, die Meinung; als wäre der Pfeil gleichsam nur das Musikinstrument, die Meinung aber die Musik, oder besser: der Pfeil das Zeichen – das heisst in diesem Falle – die Ursache des inneren, seelischen, Vorgangs und die Worte der Erklärung erst die Beschreibung dieses Vorgangs. Hier spukt die Auffassung des Satzes als
eines
des
Zeichens des Gedankens; und des Gedankens als eines Vorgangs in der Seele, oder im Kopf.))

 
   
                   Die Worte sind diskontinuierlich; die Wortsprache eine Abbildung durch diskontinuierliche Zeichen. Das ist einer der wichtigsten Gesichtspunkte, von dem man sie betrachten muss. Aber Ziffern sind ja auch Worte und wir haben das Dezimalsystem.

489
 
   
                   Wenn wir einen geometrischen Beweis mit Zirkel und Lineal führen, so bedienen wir uns eines Symbolismus mit kontinuierlichen Symbolen.

 
   
                   ﹖– Vergiss hier auch nicht, dass die Wortsprache nur eine unter vielen möglichen Sprachen ist –﹖ und es Uebergänge von ihr in die andern gibt. Untersuche die Landkarte
auf das
darauf
hin, was in ihr dem Ausdruck der Wortsprache entspricht.

 
   
                   Wenn man sagt “N. existiert nicht”, so kann das verschiedenerlei bedeuten. Es kann auch heissen, dass ein Mann, der als er lebte diesen Namen trug, nicht, oder nicht zu einer gewissen Zeit, in einem gewissen Land existiert hat; aber auch, dass spätere Geschichtsschreiber den Charakter, den wir so (etwa “Moses”) nennen, erfunden haben, dass die und die Ereignisse nie stattgefunden haben und ihr Held also nie gelebt hat. D.h. also: kein Mensch hat Moses geheissen und diese Taten vollbracht; oder: das Ding, das Dir als Herr N vorgestellt wurde, war eine Puppe; etc.. Denken wir uns, es sagte uns Einer, er habe Moses auf der Strasse gesehen. Wir würden ihn fragen: “wie meinst Du das, Du hast ihn gesehen? Wie wusstest Du denn, dass er es war? und nun könnte der Andre sagen: “er hat es mir gesagt”, oder “er sah so aus, wie ich mir Moses vorstelle”, oder “er hatte diese und diese Merkmale”, etc.. Ich will doch wohl das sagen, was Russell dadurch ausdrückt, dass der Name Moses durch verschiedene Beschreibungen definiert sein kann (“der Mann, welcher ‘Moses’ hiess und zu dieser Zeit an diesem Ort lebte”, oder “der Mann – wie immer er damals genannt wurde – welcher die Israeliten durch die Wüste führte”, oder “der Mann, der als kleines Kind von der Königstochter aus dem Nil gefischt wurde”, etc. etc.). Und je nachdem wir die eine oder andere Definition annehmen, bekommt der
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Satz “Moses hat existiert” einen andern Sinn und ebenso jeder andere Satz, der von Moses handelt. Man würde auch immer, wenn uns jemand sagte “N existiert nicht” fragen: “was meinst Du? willst du sagen, dass …, oder dass …etc.?” – Wenn ich nun sage: “N ist gestorben” so hat es mit “N” gewöhnlich etwa folgende Bewandtnis: Ich glaube, dass ein Mensch N gelebt hat: den ich 1.) dort und dort gesehen habe, der 2.) so und so ausschaut, 3.) das und das getan hat und 4.) in der bürgerlichen Welt den Namen “N” führt. Gefragt, was ich unter “N” verstehe, würde ich alle diese Dinge, oder einige von ihnen, und bei verschiedenen Gelegenheiten verschiedene, aufzählen. Meine Definition von “N” wäre also: der Mann, von dem alles das stimmt. Wenn aber nun einiges davon sich als falsch erwiese, – wäre der Satz “N ist gestorben” nun als falsch anzusehen? auch, wenn nur etwas vielleicht ganz Nebensächliches, was ich von dem Menschen glaubte, nicht stimmen würde; – und wo fängt das Hauptsächliche an? Das kommt nun darauf hinaus, dass wir den Namen “N” in gewissen Sinne ohne feste Bedeutung gebrauchen, oder: dass wir bereit sind, die Spielregeln nach Bedarf zu verändern (make the rules as we go allong). Das erinnert an das, was ich früher einmal über die Benützung der Begriffswörter, z.B. des Wortes “Blatt”, oder “Pflanze”, geschrieben habe. – Und hier erinnere ich mich daran, dass Ramsey einmal betont hat, die Logik sei eine “normative Wissenschaft”. Wenn man damit meint, sie stelle eine Ideal auf, dem sich die Wirklichkeit nur nähere, so muss gesagt werden, dass dann dieses “Ideal” uns nur als ein Instrument der annähernden Beschreibung der Wirklichkeit interessiert. Es ist allerdings möglich, einen Kalkül genau zu beschreiben und zwar zu dem Zweck, um dadurch eine Gruppe anderer Kalküle beiläufig zu charakterisieren. Wollte z.B. jemand wissen, was ein Brettspiel ist, so könnte ich ihm zur Erklärung das Damespiel genau beschreiben und dann sagen: siehst Du, so ungefähr funktioniert jedes Brettspiel. – War es nun nicht ein Fehler von mir[,| (]denn so scheint es mir jetzt) anzunehmen, dass der, der die Sprache gebraucht,
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immer ein bestimmtes Spiel spiele? Denn, war das nicht der Sinn meiner Bemerkung, dass alles an einem Satz – wie beiläufig immer er ausgedrückt sein mag – ‘in Ordnung ist’? Aber wollte cich nicht sagen: alles müsse in Ordnung sein, wenn Einer einen Satz sage und ihn anwende? Aber daran ist doch weder etwas in Ordnung noch in Unordnung, – in Ordnung wäre es, wenn man sagen könnte: auch dieser Mann spielt ein Spiel nach einem bestimmten, festen Regelverzeichnis. Und setzt das nicht wieder voraus, dass dieses ganze Regelverzeichnis irgendwie schon in jedeme einzelnen Zug des Spiels gegenwärtig ist? Ist es nicht vielmehr so, dass sich zwar zu jeder Handlung // Spielhandlung // ein Regelverzeichnis aufstellen liesse, dem sie entspricht, dass wir aber dann in gewissen Fällen den Gebrauch der Sprache als ein fortwährendes Wechseln des Spiels (des Regelverzeichnisses) beschreiben müssten // müssen // (als ob Einer eine Partie Dame anfinge und mitten im Spiel anfinge Schlagdame zu/spielen). Und dass wir also sagen müssen, wir betrachten die Sprache unter der Form des Spiels, des Handelns nach einem Regelverzeichnis.
 
   
                   Denn ich habe zur Feststellung der Regel, nach der er handelt, zwei Wege angegeben. Der eine, der hypothetische, bestand in der Beobachtung seiner Handlungen und die Regel war dann von der Art eines naturwissenschaftlichen Satzes. Der andere war, den Andern zu fragen, nach welcher Regel er vorgehe. Wie aber, wenn der erste Weg ﹖– kein klares Resultat ergibt –﹖ und die Frage keine Regel zu Tage fördert, wie es im Fall “N ist gestorben” geschieht. Denn, wenn wir den, der das sagte der dass sagte, fragen “was ist N?” so wird er zwar ‘N’ durch eine Beschreibung erklären, wird aber bereit sein, diese Beschreibung zu widerrufen und abzuändern, wenn wir ihm den einen oder andern Satz widerlegen // entziehen // . Wie soll ich also die Regel bestimmen // auffassen // , nach der er spielt? er weiss sie selbst nicht. Ich könnte eine Regel nur nach dem bestimmen, was er auf die Frage “wer ist N” in diesem Fall gerade antwortet.
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          Steckt uns da nicht die Analogie der Sprache mit dem Spiel ein Licht auf? Wir können uns doch sehr wohl denken, dass sich Menschen auf einer Wiese damit unterhielten mit einem Ball zu spielen; und zwar so, dass sie verschiedene bestehende Spiele der Reihe nach anfingen, nicht zu Ende spielten und etwa dazwischen sogar planlos den Ball würfen, auffingen, fallen liessen etc.. Nun sagte Einer: die ganze Zeitn hindurch spielen die Leute ein Ballspiel und richten sich daher bei jedem Wurf nach gewissen // bestimmten // Regeln. – Aber – wird man einwenden – der den Satz “N ist gestorben” gesagt hat, hat doch nicht planlos Worte aneinander gereiht (und darin besteht es ja, dass er ‘etwas mit seinen Worten gemeint hat’). – Aber man kann wohl sagen: er sagt den Satz planlos, was sich eben in der beschriebenen Unsicherheit zeigt. Freilich ist der Satz von irgendwo hergenommen und wenn man will, so spielt er nun auch ein Spiel mit s[he|eh]r primitiven Regeln; denn es bleibt ja wahr, dass ich auf die Frage “wer ist N” eine Antwort bekam, oder eine Reihe von Antworten, die nicht gänzlich regellos waren. – Wir können sagen: Untersuchen wir die Sprache auf ihre Regeln hin. Hat sie dort und da keine Regeln, so ist das das Resultat unsrer Untersuchung.))

 
   
                   Wenn aber der Träger dem Namen abhanden kommen, oder nie existiert haben, kann, so musste man beim Gebrauch des Namens von vornherei[j|n] damit rechnen. Das musste in seiner Bedeutung liegen. ((Es sei denn, dass wir diese Bedeutung geändert haben, oder, dass das Wort keine bestimmte Bedeutung hatte; denn welches ist die Bedeutung, wenn er sie nicht angeben kann? Nun, wir werden sein tatsächliches Verhalten durch ein “Schwanken zwischen mehreren Bedeutungen” beschreiben können. Es ist wohl wesentlich, dass ich ihn fragen kann: was hast Du eigentlich gemeint. Und als Antwort wird er mir vieles sagen, und sich etwa an mich wenden, dass ich ihm das Regelverzeichnis einrichte, das seinem Zweck entspricht.
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Es wird sich dann in unserm Gespräch oft die Redeweise finden “Du wolltest also eigentlich sagen …” (und diese kann wieder ganz missverstanden werden – sie ist keine Beschreibung des damaligen Geisteszustandes des Sprechenden; als ob das “was er sagen wollte” irgendwo in seinem Geist ausgedrückt gewesen wäre). Aber hier ist eine Gefahr: Es scheint nämlich dann (leicht), als landeten wir am Schluss bei etwas, was wir mit unserer gewöhnlichen Sprache gar nichts mehr ausdrücken können. Das ist aber das sicherste Zeichen, (dafür[,|)], dass wir fehl gegangen sind; [A|a]us unserm Spiel herausgetreten sind. – Was versteht man unter “allen Regeln des Tennisspiels”? Alle Regeln, die in einem bestimmten Buche stehen, oder alle, die der Spieler im Kopf hat, oder alle, die je ausgesprochen wurden, oder gar: alle die sich angeben lassen?! – Daher wollen wir lieber nicht so vague von ‘allen Regeln’ reden, sondern nur von bestimmten Regeln, oder allen Regeln eines Verzeichnisses, etc.. Und das gleiche gilt von den Regeln über die Verwendung eines Wortes. Wenn Einer mich, z.B., etwas fragt, so will ich, wenn ich ihm antworte, wissen ob diese Antwort in seinem Spiel als Antwort auf seine Frage gilt; ob in seinem Spiel dieser Satz aus jenem folgt // aus dem, was er gesagt hat, folgt // .
          Für uns ist es genügend, dass es eine Frage gibt: “wie meinst Du das?” und dass als Antwort auf diese Frage das zuerst gegebene Zeichen durch ein neues ersetzt wird. – Der Einwand dagegen ist, dass mir eine Erklärung ja nichts hilft, wenn sie nicht die letzte ist, und dass sie nie die letzte ist:. Ich kann zwar erklären: unter ‘Moses’ verstehe ich den Mann, wenn es einen solchen gegeben hat, der die Israeliten aus Ägypten geführt hat, wie immer er damals genannt worden sein mag und was immer er sonst getan oder nicht getan haben mag –, aber ähnliche Fragen ergeben sich nun in Bezug auf die Wörter dieses Satzes // dieser Erklärung // (was nennst Du “Ägypten”? wen, “die Israeliten”? etc.[.|)]. Ja, diese Fragen kommen auch nicht zu einem Ende, wenn wir etwa bei
Wörtern
Worten
wie ‘rot’, ‘dunkel’, ‘süss’, angelangt wären. Unrichtig war es nur, zu sagen,
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dass mir deshalb eine dieser Erklärungen nichts hilft. Im Gegenteil, sie ist es gerade, was ich brauche, ja, alles, was ich brauche[,|n], und auch geben, kann. Und wenn ich auf eine solche Erklärung hin sage jetzt “weiss // versteh' // ich, was Du meinst”, so kann man nicht einwenden, das könne ich ja doch nie verstehen; sondern seine Erklärung hat mir eben das gegeben, was ich Verständnis nenne; sie hat die Schwierigkeit beseitigt, die ich hatte. Was uns quälte, ist, glaube ich, ganz in dem Pseudoproblem ausgedrückt: Das Schachspiel ist doch durch die Gesamtheit der Schachregeln konstituiert, – was macht dann das Rücken einer Figur im Spiel zu einem Schachzug, da doch dabei in keiner Weise alle Regeln des Schachspiels beteiligt sind.))

 
   
                   Wenn man fragt “in welchem Verhältnis stehen Namen und Sachen”, so
ist die Antwort:
kann die Antwort sein:
in dem Verhältnis der Hausnummer zum Haus.

 
   
                   Ich erzähle jemandem von einem Herrn N; er habe mit mir studiert; sei dann in das und das Geschäft gekommen, etc.. Und nun zeige ich ihm eine Gruppe von Leuten und sage: schau, ob einer von diesen Herr N ist. – Das ist doch so sinnlos, wie die Aufgabe, das Alter des Kapitäns zu bestimmen, wenn die Dimensionen des Schiffs gegeben wurden. Nicht mehr und nicht weniger sinnlos. – Hätte ich das Aeussere des N beschrieben, so wäre die Aufforderung nicht absurd. ((Es ist doch so, dass die Aufforderung im einen Fall hätte lauten können: schau Dir diese Leute an und sage, ob einer mit mir studiert hat und dann nach Amerika gegangen ist. Im andern Fall: schau Dir diese Leute an, und sage, ob einer klein und dick ist und eine rote Nase hat. Es kommt also darauf hinaus, dass der Name N in den zwei Fällen (wenn die Aufforderung gelautet hätte “schau, ob einer von ihnen N ist”)
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verschiedene Bedeutung gehabt hätte. – Nun ist aber doch auch die erste Aufforderung nicht absurd, denn warum soll es Einem nicht irgendwo anzusehen sein, dass e[s|r] mit mir studiert hat (etwa durch sein Alter) etc.. Aber, sage ich ‘anzusehen’ in einem andern Sinn. – Aber was heisst das? Dieser Sinn kann nur ausgedrückt sein durch das, was auf die Frage “wie ist es ihm anzusehen” zu antworten ist; z.B. also durch die Bemerkung “durch sein Alter”[:|.] Die ich ja gemacht habe um zu erklären, wie der Ausdruck gedeutet werden kann.))

 
   
                   Sage ich jemandem “brin[v|g]e eine rote Blume” und er bringt eine, und nun frage ich” “warum hast Du mir eine von dieser Farbe gebracht” – und er: “das ist doch rot” // “diese Farbe nenne ich ‘rot’” // : so ist dies Letzte ein Satz der Grammatik. Er rechtfertigt eine Anwendung des Worts.

 
   
                   Fehlt dieser Satz // diese Regel // so ist die Grammatik des Worts (seine Bedeutung) eine andere.

 
   
                   Er hätte zweierlei sagen können: 1.) “ich bringe sie, weil sie rot ist (und Du hast doch eine rote verlangt)”, 2.) “ich bringe sie, denn diese Farbe nenne ich // nennst Du doch // ‘rot’”. – Sind diese beiden Verteidigungen gleichwertig? ((Ich hätte einfach fragen können: heisst es dasselbe “dieses Ding ist rot” und “die Farbe dieses Dings heisst ‘rot’”. Zuerst könnte ich da Fragen: auf welche Sprache heisst sie so? Aber es ist doch gewiss eine eindeutige Beschreibung, wenn ich sage: bring' mir eine Blume von der Farbe, die auf Deutsch ‘rot’ heisst. Die Verteidigung hätte auch
heissen
lauten
können: “ich bringe sie, weil sie rot ist, denn diese Farbe
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nennst Du doch / ‘rot’”. “Die Farbe dieser Blume heisst auf Deutsch ‘rot’” ist derselbe Satz, wie “der deutsche Satz ‘diese Blume ist rot’ ist wahr”.))

 
   
                   Die Wilden haben Spiele (oder wir nennen es doch so), für die sie keine geschriebenen Regeln, kein Regelverzeichnis besitzen. Denken wir uns die Tätigkeit eines Forschers, die Länder dieser Völker zu bereisen und Regelverzeichnisse für ihre Spiele anzulegen. Das ist das genaue Analogen zu dem, was der Philosoph tut.

 
   
                   Die primären Definitionen (oder Definitionen mittels primärer Zeichen) sind sollen wohl die Regeln der Anwendung der Zeichen auf die Dinge ausserhalb der Welt der geschriebenen oder gesprochenen Zeichen // Zeichen sein // . Denn es gibt, praktisch gesprochen, offenbar die Welt der Bücher und der Rede, und anderseits die Welt ausserhalb dieser.
          Die primäre Regel soll quasi die “Verbindung der Zeichen mit dem Leben” herstellen. ((Dies bezieht sich offenbar nur auf die Welt der Wortsprache, nicht auf die Zeichnungen in den Büchern. Die Auffassung ist: Wenn ich die Zeichnung kopiere, kann ich dies unmittelbar tun; wenn ich aber /–//–/ auf die, seinerzeit beschriebene, Art kopieren will, so geht das nur durch die Intervention einer Tabelle. Aber ist es selbstverständlicher, dass die Zeichnung gerade dieser (von mir angenommenen) Weise kopiert wird, als /–//–/ nach der Regel / = o, – = x? Ja ist es sicher, dass ich während des Kopierens // beim Kopieren // der Zeichnung die Regel des Kopierens nicht wechs[e|l]e; sicherer, als dass ich beim Kopieren von /–//–/ die Regel nicht wechsle? Die beiden sind, was das betrifft, auf genau der gleichen Stufe. Ist hier nicht Kontinuität und Diskontinuität der in die Augen springende Unterschied?))

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                    / Man kann in gewissem Sinn mit philosophischen Irrtümern nicht vorsichtig genug umgehen, sie erhalten so viel Wahrheit. /

 
   
                   Wenn ich sage “die Farbe dieses Gegenstands heisst ‘violett’”, so muss ich die Farbe mit den ersten Worten “die Farbe dieses Gegenstands” schon benannt haben, sie schon zur Taufe gehalten haben, damit der Akt der Namengebung ﹖– das sein kann, was er ist –﹖. Denn ich könnte auch sagen “der Namen dieser Farbe (der Farbe dieses Dings) ist von Dir zu bestimmen”, und der den Namen gibt, müsste nun schon wissen, wem er ihn gibt (an welchen Platz der Sprache er ihn stellt).

 
   
                   “Wenn ich wir nun auch sage sagen, der Träger des Namens ist nicht seine Bedeutung, so bestimmt doch der Träger die Bedeutung: und wenn ich, auf ihn zeigend, sage [|]das ist N’, so ist die Bedeutung von ‘N’ bestimmt.”
          Aber es bestimmt hier schon das richtige Verstehen des Wortes ‘Träger’ in dem besondern Fall (Farbe, Gestalt, Ton, etc.) die Bedeutung bis auf eine letzte Bestimmung.

 
   
                   “Aber ich habe ihn gemeint”. Sonderbarer Vorgang, dieses Meinen! Kann man jemanden meinen, auch wenn er in Amerika und man in Europa ist?
Oder
Und
gar, wenn er schon tot ist?

 
   
                   Die Bedeutung des Namens ist seine Stellung (ich meine, seine Funktion) im Spiel.

 
   
                   “Ich will nicht verlangen, dass in der erklärenden
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Tabelle das rote Täfelchen, horizontal gegenüber dem Wort ‘rot’ stehen soll, aber irgend ein Gesetz des Lesens der Tabelle muss es doch geben. Denn sonst verliert ja die Tabelle ihren Sinn”. Ist es aber gesetzlos, wenn die Tabelle so aufgefasst wird, wie die Pfeile andeuten? “Aber muss dann nicht eben das Schema vorher gegeben werden?” Nur, sofern auch das Schema früher gegeben wird.

 
   
                   ““Wird aber dann nicht wenigstens eine gewisse Regelmässigkeit im Gebrauch gefordert?! Würde es angehen, wenn wir einmal eine Tabelle nach diesem, einmal nach jenem Schema zu gebrauchen hätten? Wie soll man denn wissen, wie man diese Tabelle zu gebrauchen hat?”” – Ja, wie weiss man es denn heute? Die Zeichenerklärungen haben doch irgend einmal // irgendwo // ein Ende.

 
   
                    / Es gibt eine Betrachtungsweise der elektrischen Maschinen und Apparate (Dynamos, Radiostationen etc. etc.), die sozusagen ohne vorgefasstes Verständnis diese Gegenstände als eine Verteilung von Kupfer, Eisen, Gummi, etc. im Raum ansieht. Und diese Betrachtungsweise könnte zu manchem interessantemn Resultat führen. Sie ist ganz analog // ähnlich // der eines mathematischen Satzes als Ornament. – Es ist natürlich eine durchaus strenge und korrekte Auffassung; und das Charakteristische und Schwierige an ihr ist, dass sie den Gegenstand ohne jede vorgefasste Idee betrachtet (sozusagen von einem Marsstandpunkt), oder vielleicht richtiger: die normale vorgefasste Idee zerstört (durchkreuzt). /

 
   
                   “Es ist kein Zeichen, es ist der Gegenstand selbst, – der den Namen erhält.
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          Man ernennt ‘rot’ zum Namen der Farbe, wie man einen Mensch zum Stellvertreter eines andern ernennt.”
          Aber ist diese Namengebung nicht wieder der Deutung – der Anwendung – unterworfen? Ist die Namengebung etwas anderes, als das Anhängen eines Namensschildes? Und der Zweck ist doch der, einen Uebergang von (den) Operationen mit dem Namen zu Operationen mit dem Träger des Namens (Schildchens) zu machen.
          Aber die Träger der Namen, wenn auch nicht (selbst) Schrift – und oder Lautzeichen, sind doch, für unsern Standpunkt, von ihnen nicht wesentlich verschieden. Denn [e|d]er Zweck und Nutzen der Operation geht uns nichts an und auch nicht, ob wir mit Körpern oder Buchstaben operieren.

 
   
                   Denn nun könnte ich ja sagen: In jeder Definition wird einem Ding ein Name gegeben, und zwar wird eben einem Zeichen ein Name umgehangen. Und wenn ich schreibe “1 + 1 = 2 Def”, oder in der Tabelle ‘2[|] dem ‘1 + 1’ gegenüberstelle, wie oben ‘rot’ dem färbigen Täfelchen, so könnte ich alle Fragen, die ich ﹖– über
diese
die
Gegenüberstellung aufwarf, auch bezüglich jener S stellen –﹖.

 
   
                    / Durch Russell, aber besonders durch Whitehead, ist in die Philosophie eine Pseudoexaktheit gekommen, die die schlimmste Feindin wirklicher Exaktheit ist. Am Grunde liegt hier der Irrtum, ein Kalkül könne in die metamathematische Grundlage der Mathematik sein. /

 
   
                   Ist das Zeigen mit dem Finger unserer Sprache wesentlich? Es ist gewiss ein merkwürdiger Zug unserer Sprache, dass wir Wörter hinweisend erklären: das ist ein Baum, das ist ein Pferd, das ist grün, etc..
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((Ueberall auf der Erde // bei den Menschen // finden sich Brettspiele, die mit kleinen Klötzchen auf Feldern gespielt werden. Ueberall auf der Erde findet sich eine Schrift // eine Zeichensprache // , die aus geschriebenen Zeichen auf einer Fläche besteht.))

 
   
                   Verhält es sich hier nicht wieder, wie mit Papiergeld und Waren? Ich kann Geld kaufen und verkaufen und Waren kaufen und verkaufen, etc.. Und solange nur von [K|k]aufen und verkaufen die Rede ist, unterscheiden sich Geld und Waren nicht. Nur in ihrer Nützlichkeit unterscheiden sie sich. Und so könnte ich gesprochene und geschriebene Zeichen ‘Geld’ nennen, und die Träger der Namen ‘Waren’. (Auch dieses Gleichnis ist wieder mehr als ein Gleichnis.)

 
   
                   “Das Stück Kuchen war für Dich gemeint”; wie äussert sich das, was ist die Verifikation dieses Satzes? So werden wir erfahren, was sein Sinn ist.

¥
 
   
                   Was es also mit dem primären und sekundären Zeichen auf sich hat, müssen wir ganz an dem Musterkatalog und seiner Verwendung sehen können, denn offenbar sind die Muster, was ma[h|n] primäre Zeichen nennt, // nennen möchte // und die Nummern die sekundären.


 
   
↺                    Eine Sprache ist, was sie ist, und eine andere Sprache ist nicht diese Sprache. Ich gebrauche also die Nummern des Musterkatalogs anders, als die Wörter “rot”, “blau”, etc..



 
   
                   Denken wir an das laute Lesen nach der Schrift (oder
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das Schreiben nach dem Gehör). Wir könnten uns natürlich eine Art Tabelle denken, nach der wir uns dabei richten könnten. Aber wir richten uns nach keiner. Kein Akt des Gedächtnisses, nichts, vermittelt zwischen dem geschriebenen Zeichen und dem Laut.

 
   
                   ﹖– Es handelt sich doch darum –﹖, dass der Schritt des Kalküls durch keine Vorbereitung ersetzt werden kann, sondern immer von Neuem gemacht werden muss. Oder: die Tabelle ist die Tabelle, aber nicht die Anwendung der Tabelle.
          Das heisst, ich muss den Schritt vom Buchstaben zum Laut geben // machen // . Er ist in der Tabelle nicht gemacht. Ich mache ihn (wenn ich die Tabelle benütze) in der Tabelle. (Ich könnte sagen: der Sprung bleibt mir nicht erspart, wenn auch alles für ihn hergerichtet ist.)

 
   
                   Ich mache nach den Zeilen der Tabelle (oder nach den Strichen des Gleichheitszeichens) den Sprung, den ich auch ohne die Hilfen hätte machen können. ((Die Tabelle ist daher allerdings sinnlos, wenn sie mir nicht hilft; wenn sie also so angeordnet ist, dass ich sie nicht verstehen kann (mich nicht in ihr nicht auskenne). Ob ich sie aber verstehen kann, d.h. verstehe, ist etwas, was sich nur durch die Erfahrung entscheiden lässt // verstehe, kann nur die Erfahrung entscheiden // . D.h.: welches Schema uns den Sprung (tatsächlich) erleichtert, ist Sache der Erfahrung.))

 
   
                   Das definiendum ist der Name des definiens. ((Das ist nicht wahr. Denn das definiendum vertritt das definiens, d.h. es wird an dessen Stelle eingesetzt. Kann man aber sagen, dass Namen an der Stelle ihrer Träger stehen und die Träger dann wieder für sie eingesetzt
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werden? Nun, ein Name kann so gebraucht werden; wenn etwa die Sitzordnung an einem Tisch durch Tischkarten angegeben ist. Und
anderseits
anders
kann ich das definierte Zeichen als Name des [d|D]efinierenden gebrauchen, indem // wenn // ich z.B. sage, ich will statt “u & v & w” “B” schreiben, was ich ja auch durch eine Definition u & v & w = B hätte ausdrucken können. Ich sage also “schreibe ‘B’ dorthin”, “‘B’ ist ein langer Ausdruck”, etc. und gebrauche es so als Name des Zeichens “u & v & w”.
Aber dieser Gebrauch ist schon zweideutig, denn auf den ersten Befehl hätte der Andre sehr wohl den Buchstaben ‘B’ setzen können. (Man sagt dann meistens “den Ausdruck B”.) Wir können den Fall, wo im strengsten Sinn ein Ding verwendet wird, um in einer Darstellung ein anderes zu vertreten; wenn wir etwa, einen Vorfall beschreibend, sagen “wo ich diesen Sessel hinstelle, stand er und wo ich das Buch hinlege, lag der Revolver …”. Oder auch “dieser Sessel ist jetzt er, …”. Ist nun die Nummer im Musterkatalog der Name des Musters? – Sie kann als Name des Musters gebraucht werden z.B. in den Sätzen: “Numero “№ 5 wurde zerrissen”, “ich hatte № 5 wieder in der Hand”. Aber im übrigen bezeichnet die Nummer nicht das Muster, sondern das, wovon es ein Muster ist. – Anderseits muss man sagen, dass der Satz “führe N aus dem Zimmer und erschlage ihn” so aufgefasst werden kann: Handle mit N nach dem, was im Satz mit seinem Namen geschieht (und es hat hier nichts zu sagen, dass natürlich der Name ‘N’ im Satz nicht an Stelle von N erschlagen wird), aber etwas geschieht in dem Satz mit ‘N’, und etwas anderes, als im Satz “gib N die Hand”, – wonach ich mich in meiner Handlung richte.
          In einem Sinn sind also die Namen stellvertretend, und die Definitionen setzen doch Stellvertreter für Zeichen // einen Stellvertreter für ein Zeichen // ein. – Wenn es nun heisst: gib dem Weber das Muster № 5 zum Kopieren (und das ist doch der typische Gebrauch der Nummer und der Uebergang von der Nummer zum Muster), so kann die Nummer hier gewiss als Na-
503
me des Musters aufgefasst werden und sie funktioniert jedenfalls genau so (oder kann so funktionieren) wie die Hausnummer, wenn ich jemandem den Befehl gebe in das Haus № 5 zu gehen. – Ist hier nicht die Quelle des Wirrwarrs die Mehrdeutigkeit des Wortes “stellvertreten”? Wenn in den Geschäftsbüchern eines Obsthändlers von “100 Kisten Aepfel” die Rede ist, so kann man doch in einem Sinn nicht sagen, dass dieser Ausdruck die Kisten vertritt, denn sonst müssten sie ja für ihren Vertreter eintreten können, und was täten
die 100 Kisten
sie
da? (Sie ˇsie sollten ja eben verschickt werden). ‘2” ist der buchstäbliche Stellvertreter von ‘1 + 1’, und vertritt es in den verschiedenen Operationen in derselben Art, wie der Finger die Schachfigur, wenn ich, um ˇmir die Folgen eines Schachzuges auszumalen, den Zug mit dem Finger (gleichsam provisorisch)
mache
ausführe
.
          Wenn man mathematischen Ausdrücken oder Gleichungen am Rande der Seite eine Nummer gibt, um sich auf sie kurz beziehen zu können, so gibt man damit gewiss dem Ausdruck einen Namen; aber ist das wirklich eine Definition? Wenn ja, müsste man die Definition dann nicht so schreiben, dass das Definierende in Anführungszeichen steht?
          Sind die Buchstaben im Satz “a a c c c b d d”, der die Beschreibung des Linienzuges ist, Namen der Pfeile in der Tabelle? Ich hätte die Buchstaben im Satz auch durch die Pfeile ersetzen können und schreiben:
 
   
          Ich will natürlich sagen, dass der Uebergang vom Ddefinierten zum definierenden Zeichen einfach geschieht, indem man das definierende an die Stelle im Satzzusammenhang stellt, wo das definierte stand; dass aber das nicht der Uebergang vom Satz, in
welchem
dem
der Name steht, zu dem ist, was wir auf diesen Satz hin mit dem Träger des Namens tun. – Kann man aber sagen, dass die Definition doch eine sehr spezielle Art der Namengebung ist? Da müsste man zuerst wissen, wem dieser Name gegeben wird. Doch nicht dem physikalischen Objekt des Zeichens. Denn zwei gleichlautende Tabellen gelten
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für die Anwendung wie eine Tabelle und anderseits erhielten ja dadurch zwei Objekte denselben Namen. Was also den Namen erhält, wäre wohl die Gestalt. – // die Gestalt des Zeichens. – //
          Die wichtigste Ueberlegung ist wohl, dass wir ja auch ausserhalb der Schrift // Sprache //
die
diejenige
Stellvertretung brauchen, in der ein Zeichen für ein anderes steht.
          Wäre nicht ein Fall dieser Stellvertretung auch der, wenn wir eine Schachpartie etwa auf dem Brett begönnen, sie dann mit Schriftzeichen fortsetzten und ihre letzten Züge dann wieder auf dem Brett ausführten. – Und ist der Vertreter einer Figur hier, was wir den Namen der Figur in der Zeichensprache nennen könnten?
          Das, worauf ich hinaus will ist, klar zu sehen, was die (Aehnlichkeit // Analogie // und Verschiedenheit zwischen dem Uebergang vom stellvertretenden zum vertretenen Zeichen einerseits und dem Uebergang von der Ueberlegung zur Ausführung anderseits ist. // Worauf ich hinaus will, ist, die Analogie und Verschiedenheit zwischen … klar zu sehen. //
          Der Linienzug, der nach a a b b b c gemacht wurde, kann sehr wohl auch nur ein Zeichen sein und die Ausführung des Befehls in einer andern Bewegung bestehn, die erst wieder von dem Linienzug abgeleitet ist. Und dann ist es natürlich klar, dass der Uebergang vom Zeichen zur Tat von der selben Art war, wie der Uebergang vom Zeichen zu Zeichen.
          Die Definition und die Namengebung ordnet einer Sache ein Zeichen bei (im ersten Falle einem Zeichen ein Zeichen). – Aber ein Name wird dem Ding gegeben, dass ich von ihm sprechen kann. – Das klingt, als wäre der Name wie ein Fernglas und der vorige Satz analog dem Satz: ein Fernglas wird mir gegeben, dass ich ihn sehen kann. Aber das “von ihm reden” besteht nur darin, dass zuerst gesagt wurde “er(Pfeil) heisst ‘N’” und dann der Name ‘N’ in der Sprache gebraucht wird[;|,] und beim Uebergang von der Sprache zu Handlungen, etc..– Immerhin ist, von N reden, verschieden von einer Operation, die ich mit N vornehme. Ja, auch verschieden davon, mit einem Ge-
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genstand zu operieren, den N vertritt[.|,] [F|f]ür den aber auch N gebraucht // gesetzt // werden könnte. – Wenn ich nun aber z.B. sehen möchte, an welcher Stelle des Zimmers ein Tisch am vorteilhaftesten stehen würde und ich verschiebe zu diesem Zweck eine etwa gleichgrosse Kiste: kann ich nicht sagen, ich rede hier von dem Tisch, meine den Tisch, und die Kiste bedeute den Tisch? Ist das nicht die Form // das typische Bild // je[n|d]er Ueberlegung?
 
   
          Ich kann gewiss auch das sagen, dass ich mich beim Einsetzen nach // im Einklang mit // der Definition nach dem Zeichen richte; und dasselbe, wenn ich einen Befehl befolge (wenn ich einen Befehl in Uebereinstimmung mit Worterklärungen befolge). – Wenn ich zur Abkürzung setze: Ludwig = L – so ist nur ‘L’ der Name des selben Gegenstandes wie [|]Ludwig’, aber doch nicht der Name des Namens ‘Ludwig’. Die beiden haben einen Träger, aber der linke ist nicht der Träger des rechten. – Gut, – was, wenn ich aber dem linken Zeichen jetzt einen Namen gebe, – wie kann der gebraucht werden, und kann er nicht gebraucht werden wie ‘L’? Geben wir ihm den Namen ‘A’. Wenn ich dann also sage “zeige auf A”, so heisst das so viel wie “zeige auf das Wort ‘Ludwig’”, oder auch “zeige auf ‘Ludwig’”. Also ist A = “Ludwig”. Also ist A nicht dasselbe wie L. Ich kann ja auch, so lächerlich das klingen mag, definieren N = N, also N zum Stellvertreter seiner selbst nehmen, – aber wird es dadurch zu einem eigenen Namen? D.h. eigentlich: Ich kann ein Ding statt seines Stellvertreters setzen und den Stellvertreter überflüssig machen; kann ich aber auch das Ding statt seines Namens setzen und diesen überflüssig machen? Kann man also doch das Zeichen N statt des Zeichens ‘N’ gebrauchen? Ja, das ist möglich, aber dann gebraucht man das erste Zeichen in einem andern Sinn, als es geschieht, wenn man es als Name für die Person gebraucht; d.h., die Sätze, in denen das Zeichen vorkommt hätten jetzt (ganz) andere Konsequenzen. (Ich kenne mich nicht aus. Und das ist die For-
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mulierung jedes philosophischen Problems.) Und zwar hauptsächlich nicht in der Rolle, die ein Stellvertreter in einem Kalkül spielt. Das ist doch eigentlich kein Stellvertreten. Der Stellvertreter einer Schachfigur ist eben die Schachfigur, also nicht, als solcher, Stellvertreter eines bestimmten Stückchens Holz. Er würde nur das vertreten, was willkürlich ist. Eher könnte man sagen, dass eine Spielfigur jetzt ins Amt tritt, das früher eine andere inne hatte. Und die Definition ist ja wie eine Uebergabe eines Amtes von einem Zeichen an ein anderes. Das Amt des Namens zu übertragen ist nicht, dem Namen einen Namen geben.
Beides
Jedes
verbindet Zeichen miteinander, aber in anderer Weise. Die linke Seite der Definition steht (einfach) nicht im Verhältnis zur rechten des Trägers eines Namens zum Namen. Das heisst, der Uebergang vom Namen zur Bedeutung muss anderer Natur sein, als der von Definierendem zu Definiertem. Aber sind nicht beide Uebergänge, Uebersetzungen von einer Sprache in die andere? Wie kommt es, dass der erstere, gleichsam, nicht der Uebergang in einem // im selben // Kalkül zu sein scheint? Es ist, als ob die Befolgung eines Befehls nicht eine (weitere) Konsequenz aus dem Befehle zöge. – Ich will aber sagen: sie ist doch eine Transformation dieses Befehls. (Ja, könnte als weiterer Befehl gelten, und der Gegenstand A entspricht doch in dieser Transformation dem Zeichen ‘A’.) Oder liegt der Unterschied darin, dass zwar ein Mensch für das Wort ‘Mensch’, aber nicht der Mensch N für ‘N’ eintreten kann? also im Unterschied zwischen Begriffsnamen und Eigennamen?
          Ist es denn also nicht einfach so: das Gleichheitszeichen zwischen zwei Ausdrücken bedeutet, dass die beiden die gleiche Bedeutung haben, d.h., dass die gleichen grammatischen Regeln von ihnen gelten. Aber dies kann man doch von Namen und Benanntem nicht sagen. Auch nicht, wenn beide Zeichen sind. Es ist ja auch die Relation der Bedeutungsgleichheit symmetrisch und transitiv, nicht aber die, von Namen und Benanntem, Der Mensch ist nicht der Name seines Namens (d.h. jedenfalls nicht dadurch, dass
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dieses Wort sein Name ist; obwohl er natürlich als Name seines Namens gebraucht werden könnte). – Wenn ich einem Namen Ding einen Namen gebe, so gebrauche ich damit das Ding nicht als ein Zeichen. – Es gibt wohl Fälle, wo die Ausführung des Befehls, darin besteht, dass die Träger an Stelle der Namen treten (in Fällen ähnlich dem der Sitzordnung); aber in einem Fall wird A für B eingesetzt, weil die beiden Zeichen gleicher Bedeutung sind, im anderen, weil das eine der Name des andern ist und in diesem bestimmten Fall, das der Uebergang vom Satz zur Handlung ist. – Der Wesensunterschied zeigt sich in der Intransitivität der Namengebung. Denken wir uns eine Sprache, in der eine Raute
das bedeutet, was in der unsern “Quadrat”; und dass in jener Sprache ein Quadrat
das Zeichen statt unseres Wortes “Rechteck” ist. ﹖– Es handelt sich hier um –﹖ eine Projektion, die von der Raute durch das Quadrat zum Rechteck führt. Sondern der Prozess der Namengebung endet beim Benannten. Und der Name des Namens von N ist so wenig (ein) Name von N, als die Frau, die meiner Wäscherin ihre Wäsche wäscht, damit meine Wäsche wäscht. Ich bestimme allerdings die Bedeutung eines Worts, indem ich es als Name eines Gegenstandes erkläre, und auch, indem ich es als gleichbedeutend mit einem andern Wort erkläre,. Aber habe ich denn nicht gesagt, man könne ein Zeichen nur durch ein anderes Zeichen erklären? Und das ist gewiss so, sofern ja die hinweisende Erklärung “das(Pfeil) ist N” ein Zeichen ist. Aber ferner bildet hier auch der Träger von “N”, auf den gezeigt wird, einen Teil des Zeichens. Denn:
/[d|D]ieser(Pfeil) hat es getan/ = /N hat es getan/.
Dann heisst aber ‘N’ der Name von diesem Menschen, nicht vom Zeichen “dieser (Pfeil)”, von dem ein Teil auch dieser Mensch ist. Und zwar spielt der Träger in dem Zeichen eine ganz besondere Rolle, verschieden von der eines andern Teiles eines Zeichens. (Eine Rolle, nicht ganz ungleich der des Musters.) Diese Rolle ist gänzlich verschieden von der, eines mit dem Namen des Trägers gleichbedeutenden Namens. Der Gegenstand des Namens ist
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von einem andern, gleichbedeutenden Namen so verschieden, wie die Befolgung eines Befehls von einem, mit dem ersten gleichbedeutenden, Befehl (und da ist doch ein Unterschied). Ich will sagen: Die hinweisende Erklärung eines Namens ist nicht nur äusserlich verschieden von einer Definition wie “1 + 1 = 2”, indem etwa das eine Zeichen aus einer Geste meiner Hand, statt in einem Laut oder Schriftzeichen besteht, sondern sie unterscheidet sich von dieser logisch; wie die Definition, die das Wort dem Muster beigesellt von der, eines Wortes durch ein Wort. Es wird von ihr in andrer Weise Gebrauch gemacht. Das Zeichen “1 + 1” hat eine bestimmte Bedeutung, d.h. für das Zeichen gelten gewisse Regeln, es darf in bestimmten Verbindungen vorkommen; durch die Definition setze ich die gleichen Regeln für “2” fest; ich würde aber gänzlich andere Regeln dadurch für “2” festsetzen, dass ich es zum Namen von “1 + 1” erklärte. Durch beide Bestimmungen also setze ich grammatische Regeln fest – das haben sie gemeinsam –, aber die Regeln sind ganz andre. Weil nämlich die Angabe eines Gegenstands als seines Trägers die Bedeutung des Namens ist grundverschiedener Weise bestimmt, als die Angabe etwa dieses selben Gegenstandes als eines gleichbedeutenden Zeichens (weil ich ja auch für dieses erst Regeln angeben muss; im Gegensatz zum Fall des Trägers.). Daran ändert sich auch nichts in dem Fall, wenn die Befolgung des Befehls im Einsetzen der Gegenstände an die Plätze der Namen besteht. Denn dann ist eben dies die Befolgung des Befehls und eine Einsetzung anderer Gegenstände, die ich etwa als mit dem Namen gleichbedeutend erkläre, wäre nicht die Befolgung; und eben so wenig die Einsetzung der Namen der ersten Namen für diese // statt dieser // .
 
   
          Wenn ich also einen Namen hinweisend definiere und einen zweiten durch ihn // den ersten // , so steht dieser zu jenem in anderm Verhältnis // ist dieser zu jenem in anderer Beziehung // , als zum Zeichen, das in der hinweisenden Definition gegeben wurde. // D.h., dieses letztere ist seinem Gebrauch nach wesentlich von dem Namen verschieden und daher die Ver-
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baldefinition und die hinweisende Definition, ‘Definitionen’ in verschiedenem Sinne des Worts.
          Wie wirkt nun die hinweisende Erklärung? Sie lehrt den Gebrauch eines Zeichens; und das Merkwürdige ist nur, dass sie ihn auch für die Fälle zu lehren scheint, in denen ein Zurückgehen auf das hinweisende Zeichen nicht möglich ist. Aber geschieht das nicht, indem wir, quasi, die in der hinweisenden Definition gelernten Regeln in bestimmter Weise transformieren? (Wenn z.B. der Mann, der mir vorgestellt wurde, abwesend ist und ich nun trotzdem seinen Namen gebrauche, dessen Gebrauch mir durch die Vorstellung – hinweisende Erklärung – erklärt wurde.) Wenn ich ihn nun brauche, in wiefern mache ich da von der Erklärung der Vorstellung Gebrauch? Offenbar nicht in der Weise, in welcher ich in der Anwesenheit des Menschen von ihr Gebrauch machen konnte. Es gibt ein Spiel, worin ich immer statt des Namens das hinweisende Zeichen geben kann, und eins, in welchem das nicht mehr möglich ist. Und wir müssen nur daran festhalten, dass die Erklärung, als fortwirkende Ursache unseres Gebrauchs von Zeichen, uns nicht interessiert, sondern nur, sofern wir von ihr in unserm Kalkül Gebrauch machen können. Eine Schwierigkeit Es macht eine Schwierigkeit in der Erklärung des Gebrauchs der hinweisenden Definition macht es, dass wir Definition, dass wir verschiedene Kriterien der [I|I]dentität anwenden (also das Wort ‘Identität’ in verschiedener Weise gebrauchen), je nachdem ob ein Ding sich vor unsern Augen bewegt, oder unserm Blick entschwindet und vielleicht wieder erscheint. Das ist wichtig, denn für den zweiten Fall gibt uns die hinweisende Definition eigentlich nur ein Muster und tut nur, was auch der Hinweis auf ein Bild tut. Das drückt sich darin aus, dass die gegebene hinweisende Erklärung nichts nützt, wenn wir vergessen haben, wie der Mensch, wie der Mensch, auf den gezeigt wurde, aussah.))

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                   Behandle die deutlichen Fälle in der Philosophie, nicht die undeutlichen. Diese werden sich lösen wenn jene gelöst sind.
          Die Tendenz mit der Untersuchung eines Satzes da anzufangen, wo seine Anwendung ganz nebelhaft und unsicher ist (der Satz der Identität ist ein gutes Beispiel), anstatt diese Fälle vorläufig beiseite zu lassen und den Satz dort anzugehen, wo wir mit gesundem Menschenverstand über ihn reden können, diese Tendenz ist für die aussichtslose Methode der meisten Menschen, die philosophieren bezeichnend.

 
   
                   Es klingt wie eine lächerliche Selbstverständlichkeit, wenn ich sage, dass der, welcher glaubt die Gebärden // Gesten // seien die primären Zeichen, die allen andern zu Grunde liegen, ausser Stande wäre, den gewöhnlichsten Satz durch Gebärden zu ersetzen.

 
   
                   Du sagst, das Hinweisen auf einen roten Gegenstand ist das primäre Zeichen für ‘rot’. Aber das Hinweisen auf einen roten Gegenstand ist nicht mehr, als die bestimmte Handbewegung gegen einen roten Gegenstand, und ist vorläufig gar kein Zeichen. Wenn Du sagst, Du meinst: das Hinweisen auf den roten Gegenstand als Zeichen verstanden – so sage ich: das Verständnis, auf das es uns ankommt, ist kein Vorgang, der das Hindeuten begleitet (etwa ein Vorgang im Gehirn) und wenn Du doch so einen Vorgang meinst, so ist dieser an sich wieder kein Zeichen. ((Die Idee ist hier immer wieder, dass die Meinung, die Interpretation, ein Vorgang sei, der das Hinweisen begleitet und ihm sozusagen die Seele gibt (ohne welche es tot wäre). Das scheint besonders dort so, wo ein Zeichen die ganze Grammatik zusammenzufassen scheint, dass wir sie aus ihm ableiten können, und es scheint, dass sie in ihm enthalten wäre, wie eine Perlenschnur in einer Schachtel und wir sie nur herausziehen müssten. (Aber
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dieses Bild ist es eben,
welches
was
uns irreführt.) Als wäre also das Verständnis ein momentanes Erfassen von etwas, wovon später nur die Konsequenzen gezogen werden; und zwar so, dass diese Konsequenzen bereits in einem ideellen Sinn existieren, ehe sie gezogen wurden. Als ob also der Würfel – z.B. – schon die ganze Geometrie des Würfels enthielte und ich sie nun nur noch auszubreiten
hätte
habe
. Aber welcher Würfel? – [D|d]er Gesichtswürfel, oder ein Eisenwürfel? Oder gibt es einen ideellen Würfel? – Offenbar schwebt uns der Vorgang vor, aus einer Zeichnung, Vorstellung (oder einem Modell) Sätze der Geometrie abzuleiten. Aber welche Rolle spielt dabei das Modell? Doch wohl die des Zeichens! D[a|e]s Zeichen[,|s], welches eine bestimmte Verwendungsart hat und nur durch dieses bezeichnet. Es ist allerdings interessant und merkwürdig, wie dieses Zeichen verwendet wird, wie wir etwa die Zeichnung des Würfels wieder und wieder bringen mit immer andern Zutaten. Einmal sind die Diagonalen gezogen, einmal Würfel aneinander gereiht, etc. etc.. Und es ist dieses Zeichen (mit der Identität
des
eines
Zeichens[,|)]
welches wir für jenen Würfel nehmen, in dem die geometrischen Gesetze bereits liegen. (Sie liegen in ihm so wenig, wie im Schachkönig eine die Dispositionen, in gewisser Weise benützt zu werden.) Die geometrischen Gesetze konstituieren den Begriff des Würfels (sie geben eine Konstitution, eine Verfassung). Was ich seinerzeit über den “Wortkörper” geschrieben habe, ist der klare Ausdruck des besprochenen Irrtums.))

 
   
                    / (Tolstoi: Ddie Bedeutung (Bedeutsamkeit) eines Gegenstandes liegt in seiner allgemeinen Verständlichkeit. – Das ist wahr und falsch. Das, was den Gegenstand schwer verständlich macht ist – wenn er bedeutend, wichtig, ist – nicht, dass irgend eine besondere Instruktion über abstruse Dinge zu seinem Verständnis erforderlich wäre, sondern der Gegensatz zwischen dem Verstehen des Gegenstandes, und dem, was die meisten Menschen sehen wollen. Dadurch kann gerade das Naheliegendste am aller-
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schwersten verständlich werden. Nicht eine Schwierigkeit des Verstandes, sondern des Willens ist zu überwinden.) /

 
   
                   ‘Primär’ müsste eigentlich heissen: unmissverständlich.

 
   
                   (Es gibt keine Logik für den luftleeren Raum. In sofern es keine Hypothese in der Logik gibt.

 
   
                   Das Wesentliche ist nicht, dass das Zeichen für ‘schwarz’ schwarz ist[:|,] oder nur dort, wo es nicht wie dieses Wort als Zeichen gebraucht wird. Wird es aber als Vorlage (zum Nachmalen) gebraucht, dann ist es Unsinn, zu sagen, es stehe nur für ‘schwarz’, wenn es schwarz sei. Denn in dem System der Farbvorlagen (Muster) ist das schwarze Täfelchen überhaupt nicht hervorgehoben, sondern erst dadurch, dass ich dem einen Täfelchen (ich sage nicht “dem schwarzen”) den Namen “schwarz” zuordne. ((Es klärt die Situation, wenn man, auf die Behauptung “das Muster, das dem Wort ‘schwarz’ entspricht, muss schwarz sein” fragt: “Warum?” – Und überlege, was die Antwort darauf sei[j|n] kann.))

 
   
                   Wenn eine rote Blume da war; wozu brauchte er das rote Täfelchen, Bildchen, sie mit ihm zu suchen? Denn, wenn er die Farbe des Bildchens als rot anerkannt hat, warum dann nicht gleich die Farbe der Blume? – Nun wird man sagen: er erkennt ja die Farbe des Bildes gar nicht als rot an, denn dieser Vorgang ist nur mit dem farbigen Vorbild möglich. Denn es heisst die Farbe dieser Blume als rot anerkennen nichts anderes, als, sie als [F|f]arbengleich anerkennen mit dem Täfelchen, auf dem das Wort ‘rot’ steht. – Gewiss, in diesem Sinne kann man dann das rote Vorbild
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selbst nicht als rot anerkennen (es ist so durch Definition).
          Und das heisst: es ist ein anderes Spiel, mit einem Täfelchen herumgehen, es an die Gegenstände anzulegen und so die Farbengleichheit zu prüfen; und anderseits: ohne ein solches Muster nach Wörtern in einer Wortsprache handeln.
          Man denkt nun: Ja, das erste Spiel verstehe ich, das ist ja ganz einfach: Der erste Schritt ist der, von einem geschriebenen Wort auf das gleiche geschriebene Wort des Musters; der zweite ist der Uebergang von dem Wort auf dem Mustertäfelchen zu der Farbe auf dem gleichen Täfelchen; und der dritte, das Vergleichen von Farben. Jeden Schritt dieses Kalküls gehen wir also auf einer Brücke. (Wir sind geführt, der Schritt ist vorgezeichnet.)
          Aber wir sind doch hier nur in sofern geführt, als wir uns führen lassen. Auf diese Weise kann ich alles, und muss ich nichts eine Führung nennen. – Und am Schluss tu ich, was ich tue und das ist Alles.
          Aber ein Unterschied bleibt doch: Wenn ich gefragt werde “warum nennst Du gerade diese Farbe ‘rot’”, so würde ich tatsächlich antworten: weil sie auf dem gleichen Täfelchen mit dem Wort ‘rot’ steht. Würde ich aber dem zweiten Spiel gefragt “warum nennst Du diese Farbe ‘rot’”, so gäbe es darauf keine Antwort und die Frage hätte keinen Sinn. – Aber im ersten Spiel hat die Frage keinen Sinn: “warum nennst Du die Farbe ‘rot’, die auf dem gleichen Täfelchen mit dem Wort ‘rot’ steht”. So handle ich eben (und man kann dafür wohl eine Ursache angeben, aber keinen Grund).
          Bedenke vor allem: Wie weiss man, dass das Täfelchen rot bleibt? Braucht man dazu wieder ein Bild? und wie ist es mit dem? etc.. Woran erkennt er das Vorbild als Vorbild?

 
   
                   (Ein Grund lässt sich nur innerhalb eines Spiels angeben.)

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                   Die Kette der Gründe kommt zu einem Ende

+
und zwar dem Ende in diesem Spiel // und zwar dem Ende des Spiels
.

 
   
                   Man kann sagen: die Regeln des Spiels sind die, die gelehrt werden, wenn das Spiel gelehrt wird. – Nun wird z.B. dem Menschen, der lesen lernt, tatsächlich gelehrt: das ist ein a, das ein e, etc.; also, könnte man sagen, gehören diese Regeln, gehört diese Tabelle mit zum Spiel. – Aber erstens: lehrt man denn auch den Gebrauch dieser Tabelle? und könnte man ihn, anderseits, nicht lehren? Und zweitens kann d[i|o]ch das Spiel wirklich auf zwei verschiedene Arten gespielt werden.
          Man kann nun fragen: ist es denn aber auch noch ein Spiel, wenn Einer die Buchstaben abbc sieht und irgend etwas macht? Und wo hört das Spiel auf, und wo fängt es an?
          Die Antwort ist natürlich: Spiel ist es, wenn es nach einer Regel vor sich geht. Aber was ist noch eine Regel und was keine mehr?
          Eine Regel kann ich nicht anders geben, als durch ihren Ausdruck; denn auch Beispiele, wenn sie Beispiele sein sollen, sind ein Ausdruck für die Regel, wie jeder andre.
          Wenn ich also sage: Spiel nenne ich es nur, wenn es einer Regel gemäss geschieht und die Regel ist eine Tabelle, so kann ich nicht die Verwendungsart // die Art des Gebrauches // dieser Tabelle garantieren, denn ich kann sie nur durch eine weitere Tabelle festlegen, oder durch Beispiele. Diese Beispiele tragen nicht weiter, als sie selbst gehen // reichen // und die zweite Tabelle ist im gleichen Fall wie die erste.
          Ich könnte auch sagen: was ist das Schachspiel andres (oder was ist vom Schachspiel andres vorhanden), als Regelverzeichnisse (gesprochen, geschrieben, etc.) und die Beschreibung einer Anzahl von Schachpartien?
          Es steht mir (darnach) natürlich frei, ‘Spielregel’ nur ein Ding
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von bestimmt festgelegter äusseren Erscheinung zu nennen.
          Und ich kann von primären und sekundären Zeichen sprechen – in einem bestimmten Spiel, einer bestimmten Sprache. – Im Musterkatalog kann ich die Muster die primären Zeichen und die Nummern die sekundären nennen. Was soll man aber in einem Fall, wie dem, der gesprochenen und geschriebenen Buchstaben sagen? Welches sind hier die primären, welches die sekundären Zeichen?
          Die Idee ist doch die: [S|s]ekundär ist ein Zeichen dann, wenn, um mich danach zu richten, ich eine Tabelle brauche, die es mit einem andern (primären) Zeichen verbindet, über welches ich mich erst nach dem sekundären richten kann.
          Die Tabelle garantiert mir die Gleichheit aller Uebergänge nicht, denn sie zwingt mich ja nicht, sie immer gleich zu gebrauchen. Sie ist da wie ein Feld, durch das Wege führen, aber ich kann ja auch querfeldein gehen.
          Ich mache den Uebergang in der Tabelle bei jeder Anwendung von Neuem. Er ist nicht, quasi, ein für allemal in der Tabelle gemacht. (Die Tabelle verleitet mich höchstens, ihn so zu machen.)
          Und also richte ich mich doch unmittelbar nach dem sekundären Zeichen, wenn ich in der Tabelle von diesem sekundären Zeichen gerade dorthin gehe.

 
   
                   Welcher Art ist denn meine Aussage über die Tabelle: dass sie mich nicht zwingt, sie so und so zu gebrauchen? Und: dass die Anwendung durch die Regeln (oder die Tabelle) nicht anticipiert wird?

 
   
                   Woher nimmt die Betrachtung ihre Wichtigkeit, da sie doch nur alles Interessante, d.h. alles Grosse und Wichtige, zu zerstören scheint? (Gleichsam alle Bauwerke, in in_dem sie nur Steinbrocken und Schutt
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übrig lässt.)

 
   
                   Woher nimmt die Betrachtung ihre Wichtigkeit: , die uns darauf aufmerksam macht, dass man eine Tabelle auf mehr als eine Weise brauchen kann, dass man sich eine Tabelle als Anleitung zum Gebrauch einer Tabelle ausdenken kann, dass man einen Pfeil auch als Zeiger der Richtung von der Spitze zum Schwanzende auffassen kann, dass ich eine Vorlage auf mancherlei Weise als Vorlage benützen kann?

 
   
                   “Verifying by inspection” ist ein gänzlich irreführender Ausdruck. Er sagt nämlich, dass zuerst ein Vorgang, die Inspektion, geschieht, und die wäre mit dem Schauen durch ein Mikros[o|k]op vergleichbar, oder mit dem Vorgang des Umwendens des Kopfes um etwas zu sehen. Und, dass dann das Sehen notwendig erfolge // erfolgen müsse // . Man könnte von “sehen durch Uumwenden” oder “sehen durch schauen” reden. Aber dann ist eben das Umwenden (oder Schauen) ein dem Sehen externer Vorgang, der uns (daher) nur praktisch interessiert. Was man sagen möchte ist: “sehen durch sehen”.

 
   
                   Die Sprache hat für Alle die Gleichen Fallen bereit; das ungeheure Netz gut erhaltener // gangbarer // Irrwege. Und so sehen wir also Einen na Einen nach dem Andern die gleichen Wege gehen und wissen schon, wo er jetzt abbiegen wird, wo er geradaus fortgehen wird, ohne die Abzweigung zu bemerken, etc. etc.. Ich sollte also an allen den Stellen, wo falsche Wege abzweigen, Tafeln aufstellen, die über die gefährlichen Punkte hinweghelfen.

 
   
                   Was Edington über ‘die Richtung der Zeit’ und den
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Enthropiesatz sagt, läuft darauf hinaus, dass die Zeit ihre Richtung umkehren würde, wenn die Menschen eines Tages anfingen rückwärts zu gehen. Wenn man will, kann man das freilich so nennen; man muss dann nur darüber klar sein, dass man damit nichts anderes sagt, als dass die Menschen ihre Gehrichtung geändert haben.

 
   
                   Untersuchen wir die // unsere // Sprache auf ihre Regeln hin.

 
   
                   Finden wir irgendwo keine Regeln, nun so ist das das Resultat // Ergebnis // .

 
   
                   Wenn ich sagte “ich sah einen Sessel”; so widerspricht dem (in einem Sinne) nicht der Satz “es war keiner da”. Denn den ersten Satz würde ich auch in der Beschreibung eines Traums verwenden und niemand würde mir dann mit den Worten des zweiten widerssprechen. Aber die Beschreibung des Traums mit jenen Worten wirft ein Licht auf den Sinn der Worte “ich sah”.
          In dem Satz “es war ja keiner da” kann das “da” übrigens verschiedene Bedeutung haben.

 
   
                   (Die meisten Menschen, wenn sie eine philosophische Untersuchung anstellen sollen, machen es wie Einer, der äusserst nervös einen Gegenstand in einer Lade sucht. Er wirft Papiere aus der Lade heraus – das Gesuchte mag darunter sein – blättert hastig und ungenau unter den übrigen. Wirft wieder einige in die Lade zurück, bringt sie mit den andern durcheinander, u.s.w.. Man kann ihm dann nur sagen: Halt, wenn Du so suchst, kann ich Dir nicht suchen helfen. Erst musst Du anfangen in voll-
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ster Ruhe methodisch eins nach dem andern zu untersuchen; dann bin ich auch bereit, mit Dir zu suchen und mich auch in der Methode nach Dir zu richten.

 
   
                   Die philosophisch wichtigsten Aspekte der Dinge // der Sprache // sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen.
          (Man kann es nicht bemerken, weil man es immer (offen) vor Augen hat.)

 
   
                   (Das eigentliche Verdienst eines Copernicus oder Darwin war nicht die Entdeckung einer wahren Theorie, sondern eines fruchtbaren neuen Aspekts.)

 
   
                   Das philosophische Problem ist ein Bewusstsein der Unordnung in unsern Begriffen, und durch ordnen derselben zu heben.

 
   
                   Es hat Einer gehört, dass der Anker eines Schiffes durch eine Dampfmaschine aufgezogen werde. Er denkt nur an die, welche das Schiff treibt (und nach welcher es Dampfschiff heisst) und kann sich, was er gehört hat, nicht erklären. (Vielleicht fällt ihm die Schwierigkeit auch erst später ein.) Nun sagen wir ihm: Nein, es ist nicht diese Dampfmaschine, sondern ausser ihr gibt es noch eine Reihe anderer an Bord und eine von diesen hebt den Anker. – War sein Problem ein philosophisches? War es ein philosophisches, wenn er von der Existenz anderer Dampfmaschine auf dem Schiff gehört hatte, und nur daran erinnert werden musste? – Ich glaube, seine Unklarheit hat zwei Teile: Was der Erklärende
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ihm als Tatsache mitteilt, hätte der Fragende sehr wohl als Möglichkeit sich selber ausdenken können, und seine Frage in bestimmter Form, statt in der des blossen Zugeständnisses der Unklarheit vorlegen können. Diesen Teil des Zweifels hätte er selber beheben können, dagegen konnte ihn Nachdenken nicht über die Tatsachen belehren. Oder: Die Beunruhigung, die davon herkommt, dass er die Wahrheit nicht wusste, konnte ihm kein Ordnen seiner Begriffe nehmen.
          Die andere Beunruhigung und Unklarheit wird durch die Worte “hier stimmt mir etwas nicht” gekennzeichnet und die Lösung, durch (die Worte): “Ach so, Du meinst nicht die Dampfmaschine” oder – für einen andern Fall – “…Du meinst mit Dampfmaschine nicht nur Kolbenmaschine”.

 
   
                   Die Arbeit des Philosophen ist ein Zusammentragen von Erinnerungen zu einem bestimmten Zweck.

 
   
                   Eine philosophische Frage ist ähnlich der, nach der Verfassung einer bestimmten Gesellschaft. – Und es wäre etwa so, als ob eine Gesellschaft ohne klar/geschriebene Regeln zusammenkäme, aber mit einem Bedürfnis nach solchen; ja, auch mit einem Instinkt, durch welchen sie gewisse Regeln in ihren Zusammenkünften beobachten // einhalten // ; nur, dass dies dadurch erschwert wird, dass nichts hierüber klar ausgesprochen ist und keine Einrichtung getroffen, die die Regeln deutlich macht. // klar hervortreten lässt. // So betrachten sie tatsächlich einen von ihnen als Präsidenten, aber er sitzt nicht oben an der Tafel, ist durch nichts kenntlich und das erschwert die Verhandlung. Daher kommen wir und schaffen eine klare Ordnung: Wir setzen den Präsidenten an einen leicht kenntlichen Platz und seinen Sekretär zu ihm an ein eigenes Tischchen und die übrigen gleichberechtigten Mitglieder zwei Reihen zu bei-
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den Seiten des Tisches etc. etc..

 
   
                   “Etwas habe ich aber doch gemeint, als ich das sagte!” Gut, – aber wie können wir, was es ist, herausbringen? Doch wohl nur dadurch, dass er es uns sagt. Wenn wir nicht sein übriges Verhalten zum Kriterium nehmen sollen, dann also das, was er uns erklärt.

 
   
                   Wenn man die Philosophie fragt: “was ist – z.B. – Substanz?” so wird um eine Regel gebeten. Eine allgemeine Regel, die für das Wort “Substanz” gilt, d.h.: nach welcher ich zu spielen entschlossen bin. – Ich will sagen: die Frage “was ist …” bezieht sich nicht auf einen besonderen – praktischen – Fall, sondern wir fragen sie von unserm Schreibtisch aus. Erinnere Dich nur an den Fall des Gesetzes der Identität, um zu sehen, dass es sich bei der Erledigung einer philosophischen Schwierigkeit nicht um das Aussprechen neuer Wahrheiten über den Gegenstand der Untersuchung (der Identität) handelt.
          Die Schwierigkeit besteht nur darin, zu verstehen, was uns die Festsetzung einer Regel hilft. Warum die uns beruhigt, nachdem wir so schwer beunruhigt waren. Was uns beruhigt, ist offenbar, dass wir ein System sehen, das diejenigen Gebilde (systematisch) ausschliesst, die uns immer beunruhigt haben, mit denen wir nichts anzufangen wussten und die wir doch ﹖– respektieren zu müssen glaubten –﹖. Ist die Festsetzung einer solchen grammatischen Regeln in dieser Beziehung nicht wie die Entde[f|c]kung einer Erklärung in der Physik? z.B., des Copernicanischen Systems? Eine Aehnlichkeit ist vorhanden. – Das Seltsame an der phi[,|l]osophischen Beunruhigung und ihrer Lösung möchte scheinen, dass sie [n|i]st, wie die Qual des Asketen, der, eine schwere Kugel, unter Stöhnen stemmend, da stand und den ein Mann erlöste, indem er ihm sagte: “lass' sie fallen”. Man fragt sich: wenn Dich diese Sätze beunruhigen, Du nichts mit ihnen anzufangen wuss-
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test, warum liessest Du sie nicht schon früher fallen, was hat Dich daran gehindert? Nun, ich glaube, es war das falsche System, dem er sich anbequemen zu müssen glaubte; etc..

 
   
                   ““Ich sagte einmal, es gäbe keine extensive Unendlichkeit. Ramsey sagte darauf: “Kann man sich nicht vorstellen, dass ein Mensch ewig lebt, d.h. einfach, nie stirbt, und ist das nicht extensive Unendlichkeit?” – Ich kann mir doch gewiss denken, dass ein Rad sich dreht, und nie stehen bleibt.”” Welches seltsame Argument: “Iich kann es mir denken”! Ueberlegen wir (uns), welche Erfahrung wir als Bestätigung oder Beweis dafür betrachten würden, dass das Rad nie aufhören wird sich zu drehen. Vergleichen wir diese Erfahrung mit der, welche uns lehrt, dass das Rad einen Tag, ein Jahr, 10 Jahre lang, sich dreht und wir werden einfach den Unterschied der Grammatik der Aussagen “…bleibt nie stehn” und “ … bleibt in 100 Jahren stehn” erkennen. Denken wir an die Art der Evidenz, welche man für die Behauptung anführen könnte, dass zwei Himmelskörper sich ohne aufzuhören in einander drehen. Denken wir an das Gesetz der Trägheit, und daran, wie es bestätigt wird.

 
   
                   ““Angenommen wir wanderten auf einer Geraden eu in den euklidischen Raum hinaus und begegneten alle 10 m eine eiserne Kugel ad inf..”” Wieder: Welcherlei Erfahrung würde ich als Bestätigung hierfür ansehen und welche, anderseits dafür, dass 10000 Kugeln in einer Reihe vorhanden sind? – Eine Bestätigung der ersten Art wäre etwa folgende: Ich beobachte die schwingende Bewegung eines Körpers. Experimente haben mich gelehrt, dass dieser Körper durch eiserne Kugeln nach einem bestimmten Gesetz angezogen wird; die Annahme von 100 solchen Kugeln in einer Reihe in bestimmter Lage zum Testkörper erklärt, unter der Annahme jenes Anzie-
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hungsgesetzes, das beobachtete (oder angenommene) Verhalten annähernd; je mehr Kugeln wir aber in der Reihe annehmen, um so genauer entspricht das errechnete Resultat dem beobachteten, ad inf.. Es hat dann Sinn, zu sagen, die Erfahrung bestätige die Annahme einer unendlichen Reihe von Kugeln. Aber so verschieden diese Erfahrung vom Sehen einer Anzahl von Kugeln ist, so verschieden ist der Sinn der Zahlangabe von der, einer “unendlichen Zahl”.

 
   
                   ““Die bloss negative Beschreibung des Nicht-Aufhörens kann keine positive Unendlichkeit liefern.”” Bei dem Ausdruck “positive Unendlichkeit” dachte ich natürlich an eine zählbare (Gleich ( = endliche) Menge von Dingen (Stühle in diesem Zimmer) und wollte sagen, das Vorhandensein der kollosalen Anzahl solcher Dinge könne aus dem, was uns das nicht-Aufhören anzeigt, nicht geschlossen werden. “Ich mache also hier den seltsamen Fehler in der Form meiner Aussage, eine Tatsache zu leugnen, statt zu leugnen, dass ein bestimmter Satz Sinn hat, oder richtiger, zu zeigen, dass zwei ähnlich klingende Angaben verschiedene Grammatik haben.

 
   
                   ““Angenommen mein Gesichtsbild wären zwei gleichgrosse rote Kreise auf blauem Grund: was ist hier in zweifacher Zahl vorhanden, und was einmal? (Und was bedeutet diese Frage überhaupt?) – Man könnte sagen: wir haben hier eine Farbe, aber zwei Oertlichkeiten. Es wurde aber auch gesagt, [d|r]ot und kreisförmig seien Eigenschaften von zwei Gegenständen, die man Flecke nennen könnte, und die in gewissen räumlichen Beziehungen zu einander stehen.”” Die Erklärung “es sind hier zwei Gegenstände – Flecke –, die …” klingt wie eine Erklärung der Physik. Wie wenn Einer fragt “was sind das für rote Kreise, die ich dort sehe” und
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ich antworte “das sind zwei rote Laternen, etc.”. Eine Erklärung wird aber hier nicht gefordert (unsere Unbefriedigung durch eine Erklärung lösen zu wollen ist der Fehler der Metaphysik). Was uns beunruhigt, ist die Unklarheit über die Grammatik des Satzes “ich sehe zwei rote Kreise auf blauem Grund”; insbesondere die Beziehungen zur Grammatik der Sätze // eines Satzes // wie “auf dem Tisch liegen zwei rote Kugeln”; und wieder “auf diesem Bild sehe ich zwei Farben”. Ich kann // darf // natürlich statt des ersten Satzes sagen: “ich sehe zwei Flecken
mit
von
den Eigenschaften [r|R]ot und [k|K]reisförmig und in der räumlichen Beziehung Nebeneinander” – und ebensowohl: “ich sehe die Farbe rot an zwei kreisförmigen Oertlichkeiten nebeneinander” – wenn ich bestimme, dass diese Ausdrücke das gleiche bedeuten sollen, wie der obige Satz. Es wird sich dann einfach die Grammatik der Wörter “Fleck”, “Oertlichkeit”, “Farbe”, etc. nach der (Grammatik) der Wörter des ersten Satzes richten müssen. Die Konfusion entsteht hier dadurch, dass wir glauben, über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Gegenstands (Dinges) – des Flecks – entscheiden zu müssen; wie wenn man entscheidet, ob, was ich sehe (im physikalischen Sinn) ein roter Anstrich oder ein Reflex ist.

 
   
                   Wir können in einem absoluten Sinne // in absolutem Sinne // von einem Ort im Gesichtsfeld reden. Denken wir uns, dass ein roter Fleck im Gesichtsfeld verschwindet und in gänzlich neuer Umgebung wieder auftaucht, so hat es Sinn, zu sagen, er tauche a[n|m] gleichen Ort oder an einem andern Ort wieder auf. (Wäre ein solcher Raum mit einer Fläche vergleichbar, die von Punkt zu Punkt eine andere Krümmung hätte, so dass wir jeden Ort auf der Fläche als absolutes Merkmal angeben könnten?)

 
   
                   Der Gesichtsraum ist ein gerichteter Raum, in dem es ein Oben und Unten, Rechts und Links gibt. Und diese Bestimmungen
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haben nichts mit der Richtung der Schwerkraft oder der rechten und linken Hand zu tun. Sie würden auch dann ihren Sinn beibehalten, wenn wir unser ganzes Leben lang durch ein Teleskop zu den Sternen sähen. – Dann wäre unser Gesichtsfeld dunkel mit einem helleren Kreis und in diesem Lichtpunkte. // … unser Gesichtsfeld ein hellerer Kreis vom Dunkel begrenzt und im Kreis Lichtpunkte. // Nehmen wir an, wir hätten nie unsern Körper gesehen, sondern immer nur dieses Bild, wir könnten also die Lage eines Sterns nicht mit der unseres Kopfes oder unserer Füsse vergleichen: was zeigt mir dann, dass mein Raum ein Oben und Unten etc. hat, oder einfach: dass er gerichtet ist? Es hat Sinn, zu sagen, dass sich das ganze Sternbild im Kreis dreht, obwohl es dadurch seine relative Lage zu nichts im Gesichtsraum ändert. Oder richtiger ausgedrückt: ich rede auch dann von einer Drehung im Gesichtsraum, wenn keine relative Lageänderung in ihm stattfindet.
          Dieser Sachverhalt ist nicht vielleicht dadurch wegerklärt, dass man sagt: die Retina hat eben ein Oben, Unten, etc., und so ist es leicht verständlich, dass es das Analoge im Gesichtsfeld gibt. Vielmehr ist eben das nur eine Darstellung des Sachverhalts auf dem Umweg über die Verhä[o|l]tnisse in der Retina.

 
   
                   Man könnte meinen: es verhält sich im Gesichtsfeld immer so, als sähen wir mit allem Uebrigen ein gerichtetes Koordinatenkreuz, wonach wir alle Richtungen fixieren können. – Aber auch das ist keine richtige Darstellung; denn sähen wir wirklich ein solches Kreuz (etwa mit Pfeilen), so wären wir im Stande, nicht nur die relativen Richtungen der Objekte dagegen zu fixieren, sondern auch die Lage des Kreuzes selbst im Raum, gleichsam gegen ein ungesehenes im Wesen dieses Raums enthaltenes Koordinatensystem.

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                   Ich kann die Figur als Buchstaben, als Zeichen für “kleiner”, oder für “grösser”, sehe[,|n], auch ohne
sie
es
mit meinem Körper zusammen zu sehen. Vielleicht wird man sagen, dass ich die Lage meines Körpers fühle, ohne ihn zu sehen. Gewiss, und ich sage eben, dass ‘die gefühlte Lage’ nicht ‘die gesehene Lage’ ist; daher können sie auch nicht miteinander verglichen, wohl aber einander zugeordnet werden.
          Die Wörter “oben”, “unten”, “rechts”, “links” haben andere Bedeutung im Gesichtsraum, andere in Gefühlsraum. Aber auch das Wort “Gefühlsraum” ist mehrdeutig. (Definitionen der Wörter “oben”, “unten”, etc. durch die Spitze des Buchstaben “V”, des Zeichens “kleiner” und grösser” einerseits, anderseitsdu durch Kopf- und Fussschmerzen; oder durch Gleichgewichtsgefühle.)

 
   
                   “Ist ein Feld eines Schachbretts einfacher, als das ganze Schachbrett?” Das kommt darauf an, wie Du das Wort “einfacher” gebrauchst. Meinst Du damit “aus einer kleineren Anzahl von Teilen bestehend”, so sage ich: Wenn diese Teile etwa die Atome des Schachbretts sind, so ist also das Feld einfacher als das Schachbrett, – wenn Du aber vom visuellen Schachbrett sprichst, // von dem sprichst, was wir am Schachbrett sehen, // so bestehen ja die Felder nicht aus Teilen, es sei denn, dass sie wieder aus kleineren Flecken bestehen, und wenn Du dann den Fleck den einfacheren nennst, der weniger Flecken enthält, so ist wieder das Feld einfacher als das Schachbrett. “Ist aber die gleichmässig gefärbte Fläche einfach?” – Wenn “einfach” bedeutet: nicht aus Flecken mehrerer Farben zusammengesetzt, – ja!
          Aber können wir nicht sagen: einfach ist, was sich nicht teilen lässt? – Wie teilen lässt? Mit dem Messer? Und mit welchem Messer? Beschreibe mir erst die Methode der Teilung, die Du erfolglos anwendest, dann werde ich wissen, was Du “unteilbar” nennst. Aber vielleicht willst Du
526
sagen: ‘unteilbar’ nenne ich nicht das, was man erfolglos zu teilen versucht, sondern das, wovon es sinnlos (unerlaubt) ist, zu sagen, es bestehe aus Teilen. – Dann ist ‘unteilbar’ eine grammatische Bestimmung. Eine Bestimmung also, die Du Selbst machen kannst und durch welche Du die Bedeutung, den Gebrauch andrer Wörter festlegst. Wenn ich etwa sagen: ein einfärbiger Fleck ist unteilbar (einfach), denn, wenn ich ihn – z.B. – durch einen Strich teile, so ist er nicht mehr einfärbig, –, so setze ich damit fest, in welcher Bedeutung ich das Wort “teilen” gebrauchen will. Wenn nun gefragt wird: “besteht das Gesichtsbild aus minima visibilia”, so fragen wir zurück: wie verwendest Du das Wort “aus … bestehen”? Wenn in dem Sinn, in welchem ein Schachbrett aus schwarzen und/weissen Feldern besteht, – nein! – Denn Du wolltest doch nicht leugnen, dass wir einfärbige Flecke sehen (ich meine Flecke deren Erscheinung einfärbig ist). Wenn Du aber etwa sagen willst, dass ein physikalischer Fleck (ein messbarer Fleck im physikalischen Raum) verkleinert werden kann, bis wir ihn aus einer bestimmten Entfernung nicht mehr sehen, dass er dann beim Entschwinden gem[s|e]ssen und in dieser Ausdehnung der kleinst sichtbare Fleck genannt werden kann, so stimmen wir bei.

 
   
                   Wenn wir in der Geometrie sagen, das regelmässige Sechseck bestehe aus sechs gleichseitigen Dreiecken, so heisst das dass es Sinn hat, von einem regelmässigen Sechseck zu reden, das aus sechs gleichseitigen Dreiecken besteht. Wenn darauf hin gefragt würde “ist also das Sechseck einfach oder zusammengesetzt”, so müsste ich antworten: Bestimme Du selbst, wie Du die Wörter “einfach” und “zusammengesetzt” gebrauchen willst.

 
   
                   “Ist Distanz in der Struktur des Gesichtsraums schon enthalten, oder scheint es uns nur, so, weil wir gewisse Erscheinungen
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das Gesichtsbildes mit gewissen Erfahrungen des Tastsinnes assoziieren, welche letztere erst Distanzen betreffen?” Woher nennen wir diese Vermutung? Wir scheinen dergleichen irgendwo angetroffen zu haben. Denken wir nicht an folgenden Fall? diese Melodie missfiele mir nicht, wenn ˇich sie nicht unter diesen unangenehmen Umständen zum erstenmal gehört hätte. Aber hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Melodie missfällt mir, wie manche andere, für deren Missfallen ich jenen Grund nicht angeben würde, und es ist bloss eine Vermutung, dass die Ursache meines Missfallens in jenem früheren Erlebnis liegt. Oder aber, wenn immer ich die Melodie höre, fällt mir jenes Erlebnis ein und macht mir das Hören der Melodie unangenehm; dann ist meine Aussage keine Hypothese über die Ursache meines Missfallens, sondern eine Beschreibung dieses Missfallens selbst. – Wenn also gefragt wird: “scheint es uns nur so, dass eine Strecke im Gesichtsraum selbst länger ist, als eine andere und bezieht sich das ‘länger’ nicht bloss auf eine Erfahrung des Tastsinns, die wir mit dem Gesehenen assoziieren”, – so ist zu antworten: Weisst Du etwas von dieser Assoziation? beschreibst Du mit ihr Dein Erlebnis, oder vermutest Du sie nur als Ursache Deines Erlebnisses? – Wenn das letztere, so können wir von Distanzen im Gesichtsraum reden, ohne auf die Mögliche Ursache unserer Erfahrung [r|R]ücksicht zu nehmen. Dabei muss man sich daran erinnern, dass die Aussagen über Distanzen (dass diese Strecke gleich[g|l]ang ist wie jene, oder länger als jene, etc.) einen andern Sinn haben, wenn sie sich auf den Gesichtsraum, und einen andern, wenn sie sich auf den euklidischen Raum beziehen.

 
   
                   Zu sagen, der Punkt B ist nicht zwischen A und C
c(Ƒ)
+
A
----
  a  
+
B
-------
   
+
C
(die Strecke A a nicht kürzer als c), sondern dies erscheine uns nur so wegen gewisser Assoziationen, klingt und ist absurd, weil wir uns eben in unserer Aussage gar nicht um eventuelle Ursachen der Erscheinung kümmern, sondern nur diese im Gegensatz zu andern Erscheinungen
528
beschreiben.
          Wenn Du sagst der Punkt B
scheint
erscheint
Dir nur zwischen A und C (zu liegen), so antworte ich: das ist es ja, was ich sage, nur gebrauche dafür den Ausdruck “er liegt zwischen A und C”.
          Und wenn Du fragst “scheint es nicht nur so”, so antworte ich: Welche Methode würdest Du denn anwenden, um die Antwort auf deine Frage zu finden. Dann nämlich werde ich verstehen, was Dein Verdacht eigentlich betrifft. Wenn Du sagst: ist auf diesem Tisch nicht doch vielleicht etwas, was ich nicht sehe, so antworte ich: Wie könnten wir denn das Betreffende finden? Versuche mir doch eine Erfahrung zu beschreiben, die Dich Sagen lassen würde // veranlassen würde, zu sagen // : “es war doch noch etwas da“. Beschreibe mir die Erfahrung, die Dich davon überzeugen würde, dass B doch nicht zwischen A und C liegt, und ich werde verstehen, welcher Art der // dieser // wirkliche Sachverhalt im Gegensatz zum scheinbaren ist. Aber Eines ist klar: die Erfahrung, die Dich ˇdas lehrt, kann nicht diejenige ändern, die ich mit den Worten beschreibe “B liegt zwischen A und C”.
          Dem Einwurf liegt aber eine falsche Auffassung der Logischen Analyse zugrunde. Was wir vermissen ist nicht ein genaueres Hinsehen (etwa auf A, B und C) und die Entdeckung eines Vorgangs hinter dem gewöhnlichen // oberflächlich // beobachteten (dies wäre die Untersuchung eines physikalischen oder psychologischen Phänomens), sondern die Klarheit in der Grammatik der Beschreibung des alten Phänomens. Denn, sähen wir genauer hin, so sähen wir eben etwas Anderes und hätten nichts für unser Problem gewonnen. Diese Erfahrung, nicht eine andere, sollte beschrieben werden.

 
   
                   Zu sagen, dass diese Farbe jetzt an einem Ort ist,
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heisst, diesen Ort vollständig beschreiben. – Zwei Farben, zwei Dampfspannungen, zwei Geschwindigkeiten, zwei elektrische Spannungen, haben nicht zugleich an einem Ort // Punkt // Platz. – Eine merkwürdige Gesellschaft, die sich da zusammenfindet. Und auch der ‘Punkt’ von dem ich rede, hat verschiedene Bedeutungen.
          Wenn also “f(x)” sagt, x sei jetzt an einem bestimmten Ort, so ist also ‘f(a) & f(b)’ ein Widerspruch. Warum nenne ich aber “f(a) & f(b)’ einen Widerspruch; da doch p & non-p die Form des Widerspruchs ist? Bedeutet // Heisst // es einfach, dass das Zeichen “fa & fb” kein Satz ist, wie etwa “ffaa” keiner ist? Unsere Schwierigkeit ist nur, dass wir doch das Gefühl haben, dass hier ein Sinn vorliegt, wenn auch ein degenerierter (Ramsey). Dass, wenn ich “und” zwischen zwei Aussagen setze, ein lebendes Wesen entstehen muss und nicht etwas Totes, wie wenn ˇich etwa “a & f” geschrieben hätte. Das ist eins sehr merkwürdiges und sehr tiefliegendes Gefühl. Man müsste sich darüber klar werden, was die Worte “dass hier ein Sinn vorliegt” sagen wollen.
          Die Entscheidung darüber, ob “fa & fb” [u|U]nsinn ist, wie “a & f”, könnte man so fällen: Ist p & non(fa & fb) = p, oder ist die linke Seite dieser Gleichung (und also die Gleichung) Unsinn? – Kann ich nicht entscheiden, wie ich will?
          Kann ich die Regel, die dem alle[n|m] zu Grunde liegt, so schreiben: fa = (fa & non(fb))? d.i.: aus fa folgt non-fb.

 
   
          Ich glaubte, als ich die “Abhandlung” schrieb (und auch/ später noch), dass fa = fa & non-fb nur möglich wäre, wenn fa das logische Produkt aus irgend einem andern Satz und non-fb – also fa = p & non-fb – wäre, und war der Meinung, fa (z.B. eine Farbenangabe) werde sich in ein solches Produkt zerlegen lassen. Dabei hatte ich keine klare Vorstellung davon, wie ich mir die Auffindung einer solchen Zerlegung dachte. Oder vielmehr: ich dachte wohl an die Konstruktion eines Zeichens, das die richtige grammatische Ver-
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wendung in jedem Zusammenhang durch seine Beschaffenheit zum Ausdruck brächte (d.h., seine Regeln ganz einfach gestaltete und in gewissem Sinne schon in sich trüge, wie jede übersichtliche Notation); aber ich übersah, dass, wenn diese Umgestaltung des Satzes f(a) in seiner Ersetzung durch ein logisches Produkt bestehen sollte, dann die Faktoren dieses Produkts einen unabhängigen und uns bereits bekannten Sinn haben muüssten.
          Als ich dann eine solche Analyse einer Farbangabe durchführen wollte, kam zum Vorschein // , zeigte sich // , was es war, was ich mir unter der Analyse vorgestellt hatte. Ich glaubte die Farbangabe als ein logisches Produkt r & s & t … auffassen zu können, dessen einzelne Faktoren die Ingredienzien angaben (wenn es mehrere waren), aus denen die Farbe (color, nicht pigmentum) besteht. Es muss dann natürlich auch gesagt werden, dass dies alle Ingredienzien sind und diese abschliessende Bemerkung S bewirkt, dass r & s & t & S mit r & s & t & u & S in Widerspruch steht. Die Farbangabe hiesse dann: “an diesem Ort sind jetzt diese Farben (oder: ist jetzt diese Farbe) und sonst keine”. D.h.: die Farbangabe, die in unsrer gewöhnlichen Ausdrucksweise lautet “dies (oder: hier) ist rot” würde nun “hier ist rot und sonst keine Farbe” zu lauten haben // lauten müssen // ; während die Angabe “hier ist rot und blau” bedeuten sollte, dass die Farbe dieses Orts eine Mischfarbe aus rot und blau sei. Die Farbangaben // Sätze // nähmen da folgende Form an: “in dieser Farbe ist rot enthalten”, “in dieser Farbe ist nur rot enthalten”, “in dieser Farbe ist nur rot und blau enthalten”, etc..– Aber dies gibt nicht die rechte Grammatik: Es müsste das Vorhandensein eines roten Stiches ohne irgend einen andern Stich die rein rote Färbung dieses Orts bedeuten; das scheint uns unsinnig und der Fehler klärt sich so auf: Es muss im Wesen (in der Grammatik) dieses roten S[g|t]iches liegen, dass ein Mehr oder Weniger von ihm möglich ist; ein rötliches Blau kann dem reinen Rot näher und weniger nahe liegen, also in diesem Sinne mehr oder weniger Rot enthalten. Der Satz, wel-
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cher angibt, dass Rot als Ingrediens einer Farbe hier vorhanden ist, müsste also irgendwie eine Quantität von Rot nennen // angeben // ; dann aber muss dieser Satz auch ausserhalb des logischen Produkts Sinn haben, und es müsste also Sinn haben, zu sagen, dass dieser Ort rein [R|r]ot gefärbt ist und die und die Quantität von Rot enthalte; und das hat keinen Sinn. Und wie verhält es sich mit den einzelnen Sätzen, die einem Ort verschiedene Quantitäten, oder Grade, von Rot zuschreiben? Nennen wir zwei solche q1r und q2r; sollen sich diese widersprechen? Angenommen q2 sei grösser als q1, dann könnte zwar unsere Festsetzung sein dass q2r & q1r kein Widerspruch sein solle (wie die Sätze “in diesem Korb sind 4 Aepfel” und “in diesem Korb sind 3 Aepfel”, wenn das “nur” fehlt)(, aber dann müssen q2r und non-q1r einander widersprechen; [U|u]nd daher müsste nach meiner alten Auffassung q2r ein Produkt aus q1r und einem andern Satz sein. Dieser andre Satz müsste die von q1 auf q2 fehlende Quantität angeben und für ihn bestünde daher die/selbe Schwierigkeit. – Das Schema der Ingredienzien passt ˇnicht auf den Fall der der Farbenmischung, wenn man unter ‘Farben’ nicht Farbstoffe versteht, (nicht). Und auch in diesem Schema sind verschiedene Angaben über das verwendete Quantum eines Bestandteils widersprechende Angaben; oder, wenn ich festsetze dass p ( = ich habe 3 kg Salz verwendet) und q ( = ich habe 5 kg Salz verwendet) einander nicht widersprechen sollen, dann doch q und non-p. // dann widersprechen einander doch q und non-p. // Und es läuft alles darauf hinaus, dass der Satz “ich habe 2 kg Salz verwendet” nicht heisst “ich habe 1 kg Salz verwendet und ich habe 1 kg Salz verwendet”, dass also f(1 + 1) nicht gleich ist f(1) & f(1).

 
   
                   Der Satz “an einem Ort hat zu einer Zeit nur eine Farbe Platz” ist natürlich ein verkappter Satz der Grammatik. Seine Verneinung ist kein Widerspruch, widerspricht aber einer Regel unserer angenommen Grammatik.

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                   Die meisten Rätsel, die uns das Wesen der Zeit aufzugeben scheint, kann man durch die Betrachtung einer Analogie verstehen, die in einer oder andern Form den verschiedenen falschen Auffassungen zu Grunde liegt: Es ist der Vorgang, im Projektionsapparat, durch welchen der Film läuft: einerseits, und auf der Leinwand anderseits.
          Wenn man sagt, die Zukunft sei bereits präformiert, so heisst das offenbar: die Bilder des Filmstr[ie|ei]fens, welche den zukünftigen Vorgängen auf der Leinwand entsprechen, sind bereits vorhanden. Aber für das, was ich in einer Stunde tun werde, gibt es ja keinen solchen Bilder, und wenn es sie gibt, so dürfen wir wieder nicht die Bilder auf dem Zukunftsteil des Filmstreifens mit den zukünftigen Ereignissen auf der Leinwand verwechseln. Nur von jenen können wir sagen, dass sie präformiert sind, d.h. jetzt schon existieren. Und bedenken wir, dass der Zusammenhang der Ereignisse auf der Leinwand mit dem, was die Filmbilder zeigen ein empirischer ist; wir können aus ihnen kein Ereignis auf der Leinwand prophezeien, sondern nur hypothetisch vorhersagen. Auch – und hier liegt eine andere Quelle des Missverständnisses – können wir nicht sagen “es ist jetzt der Fall, dass dieses Ereignis in einer Stunde eintreten wird” oder “es ist um 5 Uhr der Fall, dass ich um 7 Uhr spazierengehen werde.”

 
   
                   Es hat Sinn von einer Färbung zu sagen, sie sei nicht rein rot, sondern e[r|n]thalte einen gelblichen, oder bläulichen, weisslichen, oder schwärzlichen Stich; und es hat Sinn zu sagen, sie enthalte keinen dieser Stiche, sondern sei reines Rot. Man kann in diesem Sinne von einem reinen Blau, Gelb, Grün, Weiss, Schwarz reden, aber nicht von einem reinen Orange, Grau, oder Rötlichblau. (Von einem ‘reinen Grau’ übrigens wohl, sofern man damit ein nicht-grünliches, nicht-gelbliches u.s.w. Weiss-Schwarz meint; und ähnliches gilt für ‘reines Orange’, etc..) D.h. der Farbenkreis hat vier ausgezeichnete Punkte. Es hat nämlich Sinn zu sagen “dieses Orange
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liegt (nicht in der Ebene des Farbenkreises, sondern im Farbenraum) näher dem Rot als jenes”; aber wir können nicht, um das gleiche auszudrücken sagen “dieses Orange liegt näher dem Blaurot als jenes” oder “dieses Orange liegt näher dem Blau als jenes”. Orange hat eine Beziehung zu Rot und Gelb, die es nicht zu einem Rötlichblau und Grünlichgelb hat.

 
   
                   Die Farbenmischung, von der hier die Rede ist, bringt der Farbenkreisel hervor, aber auch er nicht, wenn ich ihn nur ruhend und dann in rascher Drehung sehe. Denn es wäre ja denkbar, dass der Kreisel im ruhenden Zustand halb rot und halb gelb ist und dass er in rascher Drehung (aus welchern Ursachen immer) grün erscheint. Vielmehr bringt der Farbenkreisel die Mischung nur insofern zustande, als wir sie optisch als solche wahrnehmen können // optisch kontrollieren können // . Wenn er sich nämlich nach und nach schneller und schneller dreht und wir sehen, wie aus rot und gelb orange wird. Wir sind aber darin nicht dem Farbkreisel ausgeliefert; sondern, wenn durch irgend einen unbekannten Einfluss, während der Kreisel sich schneller und schneller dreht, die Farbe seiner Scheibe sich ins Weissliche überginge, so würden wir nun nicht sagen, die Zwischenfarbe zwischen Rot und Gelb sei ein weissliches Orange. So wenig wie wir sagen würden 3 + 4 sei 6, wenn beim Zusammenlegen von 3 und 4 Aepfeln einer auf unbekannte Weise verschwände und 6 Aepfel vor uns lägen. Ich gebrauche hier den Farbenkreisel nicht zu einem Experiment, sondern zu einer Rechnung.

 
   
                   Gibt es einen kleinst sichtbaren Farbunterschied? – Welche Farben sind hier gemeint? Nennen wir Farbe das Ergebnis der Mischung von Farbstoffen: dann kann ich das Experiment machen, z.B. zu einer Menge eines roten Farbstoffes eine kleine Menge eines gelben beizumischenu und zu versuchen, ob ich einen Farbunterschied sehe; wenn ja, so wiederhole
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ich den Versuch mit einem kleineren Zusatz des gelben Farbstoffes und immer so fort, bis der Zusatz keinen sichtbaren Unterschied mehr hervorbringt; das kleinste Quantum, welches noch einen sichtbaren Unterschied hervorbrachte, nenne ich, mit einem gewissen Faktor von Ungenauigkeit, den kleinst sichtbaren Unterschied. Das Wesentliche ist (hier), dass der Unterschied noch da war, also noch konstatiert wurde, als kein Unterschied mehr gesehen wurde. Was ich so konstatiert habe, war der kleinst sichtbare Unterschied in den Pigmenten. Und ähnlich könnte ich von einem kleinst sichtbaren Unterschied zwischen farbigen Lichtern reden; wenn ich nur ausser dem Gesicht ein anderes Mittel der Unterscheidung habe. – Anders wird es, wenn man fragt: “gibt es einen kleinst sichtbaren Unterschied zwischen den gesehenen Farben”. Der müsste der kleinste in dem Sinne sein, in dem die Null die kleinste Kardinalzahl ist. Es wäre also nicht ein Unterschied, den man nicht mehr unterteilen könnte, weil das Experiment seiner Unterteilung immer misslänge; sondern die Unmöglichkeit der Unterteilung wäre eine logische, was so viel heisst, als dass es keinen Sinn hätte, von einer Unterteilung zu reden. Der kleinst sichtbare Unterschied in diesem Sinne wäre also ein Farbunterschied einer andern Art.

 
   
                   Wenn man einen schwarzen Streifen auf weissem Grund immer dünner und dünner werden lässt, so kommt man endlich zu dem, was ich einen visuellen Strich (im Gegensatz zu einer visuellen Linie, der Grenze zweier Farben) nennen möchte. Der Strich ist kein Streifen, er hat keine Breite; d.h., wenn er von einem andern Strich durchkreuzt wird, sehen wir nicht die 4 Eckpunkte, in denen sich die Grenzlinien zweier Streifen schneiden. Es ist unsinnig, von der optischen Unterteilung eines Strichs zu reden. Ihm entspricht die Erscheinung eines Fixsterns, die sich zum visuellen Punkt, dem Schnitt zweier Farbgrenzen, ebenso verhält, wie der Strich zur Farbgrenze. Den optischen Fixstern könnte man also ein Minimum visibile
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nennen. Aber man kann nun nicht etwa sagen, das Gesichtsfeld bestehe aus solchen Teilen! Es bestünde nur
aus ihnen
daraus
, wenn wir sie sähen. Das Bild // visuelle Bild // eines Fixsternnebels im Fernrohr, besteht aus ihnen, soweit wir sie unterscheiden können. Denn diese beiden Ausdrücke heissen eben dasselbe.

 
   
                   Wenn gefragt wird “ist unser Gesichtsfeld kontinuierlich oder diskontinuierlich”, so müsste man erst wissen, von welcher Kontinuität man redet. Einen Farbübergang nennen wir kontinuierlich, wenn wir keine Diskontinuität in ihm sehen.

 
   
                   ““Wenn die Erinnerung kein sehen in die Vergangenheit ist, wie wissen wir dann überhaupt, dass sie mit Beziehung auf die Vergangenheit zu deuten ist? Wir könnten uns dann einer Begebenheit erinnern und zweifeln, ob wir in unserm Erinnerungsbild ein Bild der Vergangenheit oder der Zukunft haben.
          Ich kann natürlich sagen: Ich sehe nicht die Vergangenheit, sondern nur ein Bild der Vergangenheit. Aber woher weiss ich, dass es ein Bild der Vergangenheit ist, wenn dies nicht im Wesen des Erinnerungsbildes liegt. Haben wir etwa durch die Erfahrung gelernt, diese Bilder als Bilder der Vergangenheit zu deuten? Aber was hiesse hier überhaupt “Vergangenheit“?””
          Die Daten unseres Gedächtnisses sind geordnet; diese Ordnung nennen wir Gedächtniszeit, im Gegensatz zur physikalischen Zeit, der Ordnung der Ereignisse in der physikalischen Welt. Gegen den Ausdruck “Sehen in die Vergangenheit” sträubt sich unser Gefühl mit Recht;
–﹖
// denn es ruft das Bild hervor //
, dass Einer einen Vorgang in der physikalischen Welt sieht, der jetzt gar nicht geschieht, sondern schon vorüber ist. Und die Vorgänge, welche wir “Vorgänge in der physikalischen
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Welt”, und die, welche wir “Vorgänge in unserer Erinnerung” nennen, sind einander wirklich nur zugeordnet. Denn wir reden von einem Fehlerinnern und das Gedächtnis ist nur eines von den Kriterien dafür, dass etwas in der physikalischen Welt geschehen ist.

 
   
                   Die Erinnerungszeit unterscheidet sich unter anderem dadurch von der physikalischen, dass sie ein Halbstrahl ist, dessen Endpunkt // Anfangspunkt // die Gegenwart ist. Der Unterschied zwischen Erinnerungszeit und physikalischer Zeit ist natürlich ein logischer. D.h.: die beiden Ordnungen könnten sehr wohl mit ganz verschiedenen Namen bezeichnet werden und man nennt sie nur beide “Zeit”, weil eine gewisse grammatische Verwandtschaft besteht, ganz wie zwischen Kardinal- und Rationalzahlen; Gesichtsraum, Tastraum und physikalischen Raum; Farbtönen und Klangfarben, etc., etc..

 
   

(Ex).fx & non(Ex,y).fx & fy
(Ex,y).fx & fy. & .non(Ex,y,z).fx & fy & fz
(Ex,y,z).fx & fy & fz. & .non(Ex,y,z,u).fx & fy & fz & fu
““Wie müsste man es nun anfangen, die allgemeine Form solcher Sätze zu schreiben? Die Frage hat offenbar einen guten Sinn. Denn, wenn [ci|ic]h nur einige solcher Sätze als Beispiele hinschreibe, so versteht man, was das Wesentliche dieser Sätze sein soll.””
          Nun, dann ist also die Reihe der Beispiele schon eine Notation; denn das Verstehen dieser Reihe besteht doch in der Verwendung dieses Symbols und darin, dass wir es von andern in demselben System unterscheiden, z.B. von:
(Ex).fx
(Ex,y,z).fx & fy & fz
(Ex,y,z,u,v).fx & fy & fz & fu & fv.
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Warum sollen wir aber nicht das allgemeine Glied der ersten Reihe so schreiben:
                    (E x1 … xn).Π
xn
x1
fx & (E x1 … xn + 1). Π
xn + 1
x1
fx?
Ist diese Notation unexakt? Sie selbst soll ja nichts bildhaft machen, sondern nur auf die Regeln ihres Gebrauchs, das System, in/dem sie gebraucht wird, kommt es an. // , auf das System, in dem sie gebraucht wird, kommt es an. // Die Skrupel, die ihr anhaften, schreiben sich von einem Gedankengang her, der sich mit der Zahl der Urzeichen in dem Kalkül der ‘Principia Mathematica’ beschäftigte.

 
   
                   Hat die Anzahl wesentlich etwas mit einem Begriff zu tun? Ich glaube, das kommt darauf hinaus, zu fragen, ob es einen Sinn hat, von einer Anzahl von Gegenständen zu reden, die nicht unter einen Begriff gebracht sind. Hat es z.B. Sinn zu sagen “a, b und c sind drei Gegenstände”? – Es ist alllerdings ein Gefühl vorhanden, das uns sagt: Wozu von Begriffen reden, die Zahl hängt ja nur vom Umfang des Begriffes ab, und wenn der einmal bestimmt ist, so kann der Begriff sozusagen abtreten. Der Begriff ist nur eine Methode // nur ein Hilfsmittel // , um einen Umfang zu bestimmen, der Umfang aber ist selbständig und in seinem Wesen unabhängig vom Begriff; denn es kommt ja auch nicht darauf an, durch welchen Begriff wir den Umfang bestimmt haben. Das ist das Argument für die extensive Auffassung. Dagegen kann man zuerst sagen: Wenn der Begriff wirklich nur ein Hilfsmittel ist, um zum Umfang zu gelangen, dann hat der Begriff in der Arithmetik nichts zu suchen; dann muss man eben die Klasse gänzlich von dem zufällig mit ihr verknüpften Begriff scheiden. Im entgegengesetzten Fall aber ist der, vom Begriff unabhängige Umfang nur eine s[c|C]himaire und dann ist es besser, von ihm überhaupt nicht zu reden, sondern nur vom Begriff.
          Das Zeichen für den Umfang eines Begriffes ist eine Liste. Man könnte – beiläufig – sagen: die Zahl // Anzahl // ist die externe Eigenschaft
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eines Begriffs und die interne seines Umfangs [)|(]der Liste der Gegenstände, die unter ihn fallen). Die Anzahl ist das Schema eines Begriffsumfangs. D.h.: die Zahlangabe ist, wie Frege sagte, die Aussage über einen Begriff (ein Prädikat). Sie bezieht sich nicht auf einen Begriffsumfang, d.i. auf eine Liste, die etwa der Umfang eines Begriffes sein kann. Aber die Zahlangabe über einen Begriff ist ähnlich dem Satz, welcher aussagt, dass eine bestimmte Liste der Umfang dieses Begriffs sei. Von so einer Liste wird Gebrauch gemacht, wenn ich sage: “a, b, c, d fallen unter den Begriff F([(|x])”. “a, b, c, d” ist die Liste. Natürlich sagt der Satz nichts anderes, als Fa & Fb & Fc & Fd; aber er zeigt, mit Hilfe der Liste geschrieben, seine Verwandtschaft mit “(Ex,y,z,u).Fx & Fy & Fz & Fu”, welches wir kurz “(E!!!!x).F(x)” schreiben können.
          Die Arithmetik hat es mit dem Schema !!!! zu tun. – Aber redet denn die Arithmetik von Strichen, die ich mit Bleistift auf Papier mache? – Die Arithmetik redet nicht von den Strichen, sie operiert mit ihnen.

 
   
                   Ramsey schlug einst vor, den Satz, dass unendlich viele Gegenstände eine Funktion f(x) befriedigen, durch die Verneinung, sämtlicher Sätze
non(Ex).fx
(Ex).fx & non(Ex,y).fx & fy
(Ex,y).fx & fy . & . non(Ex,y,z).fx & fy & fz
u.s.w.
auszudrücken. – Aber diese Verneinung ergäbe die Reihe
(Ex).fx
(Ex,y).fx & fy
(Ex,y,z) etc. etc..
Aber diese Reihe ist wieder ganz überflüssig: denn erstens enthält ja der zuletzt angeschriebene Satz alle vorhergehenden und zweitens nützt uns die-
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ser auch nichts, da er ja nicht von einer unendlichen Anzahl von Gegenständen handelt. Die Reihe kommt also in Wirklichkeit auf einen Satz hinaus:
“(Ex,y,z … ad inf.).fx & fy & fz … ad inf.”.
Und mit diesem Zeichen können wir gar nichts anfangen, wenn wir nicht seine Grammatik kennen. Eines aber ist klar: wir haben es nicht mit einem Zeichen von der Form “(Ex,y,z).fx & fy & fz” zu tun; wohl aber mit einem Zeichen, dessen Aehnlichkeit mit diesem dazu gemacht scheint, uns irrezuführen.

 
   
                   ““Die Zeit erscheint uns essentiell als unendliche Möglichkeit. Und zwar, offenbar, unendlich nach dem, was wir über ihre Struktur wissen.”” D.h. unendlich, nach ihrer Grammatik.

 
   
                   Wie kann ich wissen, dass !!!!!!!! und !!!!!!!! dasselbe Zeichen sind? Es genügt doch nicht, dass sie ähnlich ausschauen. Denn es ist nicht die ungefähre Gleichheit der Gestalt, was die Identität der Zeichen ausmachen darf, sondern gerade eben die Zahlengleichheit.

 
   
                   Ob es einen Sinn hat zu sagen “dieser Teil einer roten Fläche (der durch keine sichtbare Grenze abgegrenzt ist) ist rot” hängt davon ab, ob es einen absoluten Ort gibt. Denn, wenn im Gesichtsraum von einem absoluten Ort die Rede sein kann, dann kann ich auch diesem absoluten Ort eine Farbe zuschreiben, wenn seine Umgebung gleichfärbig ist.

 
   
                   Die Ide[,|e] Elementarsätze zu konstruieren (wie dies z.B. Carnap versucht hat), beruht auf einer falschen Auffassung der logischen Analyse. Sie betrachtet das Problem dieser Analyse als das,
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eine Theorie der Elementarsätze zu finden. Sie lehnt sich an das an, was, in der Mechanik z.B., geschieht, wenn eine Anzahl von Grundgesetzen gefunden wird, aus denen das ganze System von Sätzen hervorgeht.

 
   
                   Meine eigene Auffassung war falsch: Tteils, weil ich mir über den Sinn der Worte “in einem Satz ist ein logisches Produkt versteckt” (und ähnlicher) nicht klar war, zweitens, weil auch ich dachte, die logische Analyse müsse verborgene Dinge an den Tag bringen (wie es die chemische und physikalische tut).

 
   
                   Wenn ich z.B. sage, ein Fleck ist zugleich hellrot und dunkelrot, so denke ich dabei, dass der eine Ton den andern deckt.
          Hat es dann aber noch einen Sinn zu sagen, der Fleck habe den unsichtbaren, verdeckten Farbton?
          Hat es gar einen Sinn, zu sagen, eine vollkommen schwarze Fläche sei weiss, man sehe nur das Weiss, nicht, weil es vom schwarz gedeckt sei? Und warum deckt das Schwarz das Weiss und nicht Weiss das Schwarz?
          Wenn ein Fleck eine sichtbare und eine unsichtbare Farbe hat, so hat er diese Farben // diese zwei Farben // jedenfalls in ganz verschiedenem Sinne.

 
   
                   Man kann den Satz “dieser Ort ist jetzt rot” (oder “dieser Kreis ist jetzt rot”, etc.) einen Elementarsatz nennen, wenn man damit sagen will, dass er weder eine Wahrheitsfunktion anderer Sätze ist, noch als solche definiert (ist[.|)]. (Ich sehe hier von Verbindungen der Art p & (q. V .non-q) und analogen ab.)
          Aus “a ist jetzt rot” folgt aber “a ist jetzt nicht grün” und die Elementarsätze in diesem Sinn sind also nicht von einander unabhängig, wie
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die Elementarsätze in meinem seinerzeit beschriebene[m|n] Kalkül, von dem ich annahm, der ganze Gebrauch der Sätze müsse sich auf ihn zurückführen lassen; – verleitet durch einen falschen Begriff von diesem “zurückführen” // von dieser Zurückführung // .

 
   
                   “Rot und grün gehen nicht zugleich an denselben Ort” heisst nicht, sie sind tatsächlich nie beisammen, sondern, es ist Unsinn zu sagen, sie seien zugleich am selben Ort und also auch Unsinn zu sagen, sie seien nie zugleich am selben Ort.

 
   
                   Eine Mischfarbe, oder besser Zwischenfarbe, von blau und rot ist dies durch eine interne Relation zu den Strukturen von blau und rot. Richtiger ausgedrückt: was wir “eine Zwischenfarbe von blau und rot” (oder “blaurot”) nennen, heisst so, wegen einer Verwandtschaf[,|t], die sich in der Grammatik der Wörter // in den grammatischen Bestimmungen über die Wörter // “blau”, “rot”, und “blaurot” zeigt. (Der Satz, der von einer internen Relation der Strukturen redet, entspringt schon aus einer unrichtigen Vorstellung; aus der, welche in den Begriffen ‘rot’, ‘blau’, etc. komplizierte Strukturen // Gebäude // sieht; deren innere Konstruktion die Analyse zeigen muss.) Die Verwandtschaft aber der reinen Farben und ihrer Zwischenfarbe ist elementarer Art, d.h., sie besteht nicht darin, dass der Satz, welcher einem Gegenstand die Farbe blaurot zuschreibt, aus den Sätzen besteht, die ihm die Farben rot und blau zuschreiben. Und so ist auch die Verwandtschaft verschiedener Grade eines rötlichen Blau, z.B., eine elementare Verwandtschaft.
 
   
                   Worin liegt der Unterschied zwischen der Zahlangabe über einen Begriff // Zahlangabe, die sich auf einen Begriff // und einer
542
der Zahlangabe, die sich auf eine Variable bezieht? Die [e|E]rste ist ein Satz, der von dem Begriff handelt, die zweite eine grammatische Regel, die Variable betreffend.
          Kann ich aber nicht eine Variable dadurch bestimmen, dass ich sage, ihre Werte sollen alle Gegenstände sein, die eine bestimmte Funktion befriedigen? – Dadurch bestimme ich ja die Variable nicht, ausser wenn ich weiss, welche Gegenstände die Funktion befriedigen, d.h., wenn mir diese Gegenstände auch auf andre Weise (etwa durch eine Liste) gegeben sind; und dann wird die Angabe der Funktion überflüssig. Wissen wir nicht, ob ein Gegenstand die Funktion befriedigt, so wissen wir nicht, ob er ein Wert der Variablen sein soll und die Grammatik der Variablen ist dann in dieser Beziehung einfach nicht bestimmt // ausgesprochen // .

 
   
                   Zahlangaben in der Mathematik (z.B. “die Gleichung x² = 1 hat 2 Wurzeln”) sind daher von ganz anderer Art, als Zahlangaben ausserhalb der Mathematik (“auf dem Tisch liegen 2 Aepfel”.)

 
   
                   (Es wäre unsere Aufgabe, Figuren verschiedener Gestalt, die sich in einer Ebene I befänden in eine Ebene II zu projizieren. Wir könnten dann eine Projektionsmethode bestimmen (etwa in der orthogonalen Projektion) und nach ihr die Abbildung ausführen. Wir könnten dann auch leicht von den Bildern auf der Ebene II auf die Figuren in I schliessen. // Schlüsse ziehen. // Wir können aber auch diesen Weg einschlagen: Wir bestimmen etwa (vielleicht weil uns diese Darstellung am bequemsten ist), dass die Bilder in der zweiten Ebene sämtlich Kreise sein sollen, – was immer die abgebildeten Figuren in der ersten Ebene sein mögen. D.h. verschiedene Figuren der ersten Ebene werden durch verschie-
543
dene Projektionsmethoden in die zweite abgebildet. Um dann die Kreise in II als Bilder der Figuren in I zu verstehen // deuten // , werde ich zu jedem Kreis die Projektionsmethode angeben müssen; die (blosse) Tatsache aber, dass sich eine Figur in II als ein Kreis in I darstellt, sagt nu[n|r] (allein noch) nichts über die (Gestalt der) abgebildete(n) Figur (aus). Dass das Bild in II ein Kreis ist, ist ja die festgesetzte Norm der // unserer // Abbildung. – Dasselbe geschieht nun, wenn wir die Wirklichkeit nach der Subjekt-Prädikat-Norm in unsere Sprache abbilden. Das Subjekt-Prädikat Schema dient als Projektion unzähliger verschiedener logischer Formen.

 
   
                   “Begriff und Gegenstand” Freges, das ist nichts anderes, als Subjekt und Prädikat.

 
   
                   Ich sagte: “Eine Schwierigkeit der Frege'schen Theorie ist die Allgemeinheit der Worte ‘Begriff’ und ‘Gegenstand’. Denn, da man Tische, Töne, Schwingungen und Gedanken zählen kann, so ist es schwer, sie alle unter einen Hut zu bringen”. – Aber was heisst es: “man kann sie zählen”? Doch, dass es Sinn hat, sie zu zählen // , auf sie die Kardinalzahlen anzuwenden // . Wenn wir aber das wissen, diese [G|g]rammatische Regel wissen, was brauchen wir uns da den Kopf über die andern grammatischen Regeln zu zerbrechen, wenn es sich uns nur um eine Rechtfertigung der Anwendung der Kardinalarithmetik handelt? Es ist nicht schwer “sie alle unter einen Hut zu bringen”, sondern sie sind, soweit das für diesen
Fall
Zweck
nötig ist, unter einen Hut gebracht.

 
   
                   Die Arithmetik aber kümmert sich (wie wir alle sehr wohl wissen) überhaupt nicht um diese Anwendung. Ihre Anwendbarkeit
544
sorgt für sich selbst.

 
   
                   Daher ist alles ängstliche Suchen nach den Unterschieden zwischen Subjekt-Prädikat-Formen, aber auch die Konstruktion von Funktionen ‘in extension’ (Ramsey), zur Begründung der Arithmetik Zeitverschwendung.

 
   
                   Wenn die Dirichlet'sche Auffassung der Funktion einen strengen Sinn hat, so muss sie sich in einer Definition ausdrücken, die das Funktionszeichen mit der Tabelle als gleichbedeutend erklärt.

 
   
                   Wenn Leute sagen, der Satz “es ist wahrscheinlich, dass p eintreffen wird” sage etwas [p|ü]ber das Ereignis p, so vergessen sie, dass es auch wahrscheinlich bleibt, wenn das Ereignis p nicht eintrifft.

 
   
                   Wir sagen mit dem Satz “p wird wahrscheinlich eintreffen” zwar etwas über die Zukunft, aber nicht etwas “über das Ereignis p”, wie die grammatische Form der Aussage uns glauben macht.

 
   
                   Wenn ich nach dem Grund einer Behauptung frage, so ist die Antwort auf diese Frage nicht für den Gefragten und eben diese Handlung (die Behauptung), sondern allgemein gültig.

 
   
                   Wenn ich sage: “das Wetter deutet auf Regen”, sage ich etwas über das zukünftige Wetter? Nein, sondern über das gegenwärtige,
545
mit Hilfe eines Gesetzes, welches das Wetter zu einer Zeit mit dem Wetter zu einer späteren // in einer früheren // Zeit in Verbindung bringt. Dieses Gesetz muss bereits vorhanden sein, und mit seiner Hilfe fassen wir gewisse Aussagen über unsere Erfahrung zusammen. –
          Aber dasselbe könnte man dann auch für historische Aussagen behaupten. Aber es war ˇja auch vorschnell, zu sagen, der Satz “das Wetter deutet auf Regen” sage nichts über das zukünftige Wetter. Das kommt darauf an, was man darunter versteht “etwas über etwas ˇauszusagen”. Der Satz sagt eben seinen Wortlaut!
          Der Satz “p wird wahrscheinlich eintreten” sagt // Er sagt // nur etwas über die Zukunft in einem Sinn, in welchem seine Wahr- und Falschheit gänzlich unabhängig ist von dem, was in der Zukunft geschehen wird.

 
   
                    Wenn wir sagen, “das Gewehr zielt jetzt auf den Punkt P”, so sagen wir nichts darüber, wohin der Schuss treffen wird. Der Punkt auf den es zeigt zielt, ist ein geometrisches Hilfsmittel zur Angabe seiner Richtung. Dass wir gerade dieses Mittel verwenden, hängt allerdings mit gewissen Erfahrungen // Beobachtungen // zusammen (Wurfparabel, etc.), aber diese treten jetzt nicht in die Beschreibung der Richtung ein.

 
   
                   Ramsey definiert x = y als           (Fe).Fex ≡ Fey.
Aber nach den Erklärungen, die er über seine Funktionszeichen “Fe” gibt, ist
(Fe).Fex ≡ Fex die Aussage: “jeder Satz ist sich selbst äquivalent”
(Fe).Fex ≡ Fey die Aussage: “jeder Satz ist jedem Satz äquivalent”.
// Ramsey erklärt “x = x” auf einem Umweg als die Aussage … und “x = y” als …. //
Er hat also mit seiner Erklärung nichts andres erreicht, als was die zwei
563
Definitionen
x = x ≝ Tautologie
x = y ≝ Contradiktion
       bestimmen. (Das Wort “Tautologie” kann hier durch jede beliebige Tautologie ersetzt werden und das gleiche gilt für “Kontradiktion”.)
          Soweit ist nichts geschehn, als Erklärungen der zwei verschiedenen Zeichenformen x = x und x = [x|y] zu geben. Diese Erklärungen können natürlich durch zwei Klassen von Erklärungen ersetzt werden: , z.B.:
a = a
b = b
c = c
          
= Taut.
          
          
          
          
a = b
b = c
c = a
          
= Cont.
          
Nun aber schreibt Ramsey:
“(Ex,y). x ≠ y”, d.h. “(Ex,y). non(x = y)”, –
dazu hat er aber gar kein Recht: denn, was bedeutet in diesem Zeichen das “x = y”? [e|E]s ist ja weder das Zeichen “x = y”, welches ich in der Definition oben gebraucht habe, noch natürlich das “x = x” in der vorhergehenden Definition. Also ist es ein noch unerklärtes Zeichen. Um übrigens die Müssigkeit jener // dieser // Definitionen einzusehen, lese man sie (wie sie der Unvoreingenommene lesen würde) so: Ich erlaube, statt des Zeichens “Taut.”, dessen Gebrauch wir kennen, das Zeichen “a = a” oder “b = b”, etc. zu setzen; und statt des Zeichens “Cont.” (“non-Taut.”) die Zeichen “a = b”, “a = c”, etc.. Woraus übrigens hervorgeht, dass
(a = b) = (c = d) = (a ≠ a) = etc.!
Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, dass ein so definiertes Gleichheitszeichen nichts mit demjenigen zu tun hat, welches wir zum Ausdruck einer Ersetzungsregel brauchen.
                   Ich kann nun “(Ex,y). x ≠ y” natürlich wieder erklären; etwa als a ≠ a . V . a ≠ b . V . b ≠ c . V . a ≠ c; diese Erklärung aber ist eigentlich Humbug und ich sollte unmittelbar schreiben
                 (Ex,y). x ≠ y≝Taut.. (D.h. das Zeichen auf der linken Seite würde mir als ein neues – unnötiges – Zeichen für “Taut.” gegeben.)
564
Denn wir dürfen nicht vergessen, dass nach der Erklärung “a = a”, “a = b”, etc. unabhängige Zeichen sind und nur insofern zusammenhängen, als eben die Zeichen “Taut.” und “Cont.”.
 
   
          Die Frage ist hier die nach der Nützlichkeit der “extensiven” Funktionen, denn die Ramsey'schen Erklärung des Gleichheitszeichens ist ja so eine Bestimmung durch die Extension. Welcher Art ist // Worin besteht // nun die extensive Bestimmung einer Funktion? Sie ist offenbar eine Gruppe von Definitionen, z.B. die:
fa = p
fb = q
fc = r
Def
Def
Def
Diese Definitionen erteilen uns die Erlaubnis, statt der uns bekannten Sätze “p”, “q”, “r” die Zeichen “fa”, “fb”, “fc” zu setzen. Zu sagen, durch diese drei Definitionen
sei
werde
die Funktion f(x) bestimmt, sagt gar nichts, oder dasselbe, was die drei Definitionen sagen.
          Denn die Zeichen “fa”, “fb”, “fc” sind Funktionen und Argument nur, sofern es auch die Wörter “Ko(rb)”, “Ko(pf)” und “Ko(hl)” sind. (Es macht dabei keinen Unterschied, ob die “Argumente” “rb”, “pf”, “hl” sonst noch als Wörter gebraucht werden, oder nicht.)
          (Welchen Zweck also die Definitionen haben können, ausser den, uns irrezuführen, ist schwer einzusehen.)
          Das Zeichen “(Ex).fx” heisst zunächst gar nichts; denn die Regeln für Funktionen im alten Sinn des Wortes gelten ja hier nicht. Für diese wäre eine Definition fa = … Unsinn. Das Zeichen “(Ex).fx” ist, wenn keine ausdrückliche Erklärung dafür gegeben wird, nur wie ein Rebus zu verstehen, in welchem auch die Zeichen eine Art uneigentliche Bedeutung haben.
          Jedes der Zeichen “a = a”, “a = c”, etc. in den Definitionen (a = a)≝Taut., etc. ist ein Wort.
          Der Endzweck der Einführung der extensiven Funktionen war übrigens, die Analyse von Sätzen über unendliche Extensionen und dieser Zweck
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ist verfehlt, da eine extensive Funktion durch eine Liste von Definitionen eingeführt wird.

 
   
                   Wenn man wissen will, was “2 + 2 = 4” heisst, muss man fragen, wie wir es (erhalten), es ausrechnen. Wir betrachten dann den Vorgang der Berechnung als das Wesentliche, und diese Betrachtungsweise ist die des gewöhnlichen Lebens, wenigstens, was die Zahlen anbelangt, für die wir eine Ausrechnung bedürfen. Wir dürfen uns ja nicht schämen, die Zahlen // Ziffern // und Rechnungen so aufzufassen, wie sie die alltägliche Arithmetik jedes Kaufmanns auffasst. Wir rechnen dann 2 + 2 = 4 und überhaupt die Regeln des kleinen Einmaleins gar nicht aus, sondern nehmen sie – sozusagen als Axiome – an und rechnen nur mit ihrer Hilfe. Wir könnten aber natürlich auch 2 + 2 = 4 ausrechnen und die Kinder tun es auch durch Abzählen. Gegeben die Ziffernfolge 1 2 3 4 5 6, ist die Ausrechnung:
1
1
2
2
1
3
2
4
.

 
   
                   Die Erklärung von (Ex).fx als einer logischen Summe und (x).fx als logischem Produkt kann natürlich nicht aufrecht erhalten werden. Sie ging mit einer falschen Auffassung der logischen Analyse zusammen, indem ich etwa dachte, das logische Produkt für ein bestimmtes (x).fx werde sich schon einmal finden. – Es ist natürlich richtig, dass (Ex).fx irgendwie als logische Summe funktioniert und (x).fx als Produkt; ja in einer Verwendungsart der Worte “alle” und “einige” ist meine alte Erklärung ri[f|c]htig, nämlich – z.B. – in dem Falle “alle primären Farben finden sich in diesem Bild” oder “alle Töne der C-Dur Tonleiter kommen in diesem Thema vor”. In Fällen aber wie “alle Menschen sterben, ehe sie 200 Jahre alt werden” stimmt meine Erklärung nicht. Dass nun aber
549
(Ex).fx als logische Summe funktioniert ist darin ausgedrückt, dass es aus fa und aus fa. V .fb folgt, also in den Regeln:
                     (Ex).fx . & . fa = fa und
                     (Ex).fx : & : fa. V .fb = fa. V .fb.
          Aus diesen Regeln ergeben sich dann die Grundgesetze Russells
                     fx .C. (Ez).fz und
                     fx. V .fy :C: (Ez).fz als Tautologien.

 
   
                   Das Wesen des “logischen Gesetzes” ist es ja, dass es im Produkt mit irgend einem Satz diesen Satz ergibt. Und man könnte den Kalkül Russells auch mit Erklärungen beginnen von der Art:
                     pCp . & . q = q
                     p . & . p ⌵ = p etc..

 
   
                   Für (Ex).fx, etc. brauchen wir auch die Regeln:
           (Ex). fx V Fx = (Ex).fx . V . (Ex).Fx,
(Ex,y). fx & fy . V . (Ex).fx & Fx = (Ex).fx . & . (Ex).Fx.
Jede solche Regel ist ein Ausdruck der Analogie zwischen (Ex).fx und einer logischen Summe.

 
   
                   
Definitionen zur Abkürzung:
(Ex). fx . & . non (Ex,y). fx & fy ≝ (éx). fx
(Ex,y). fx & fy . & . non (Ex,y,z). fx & fy & fz ≝ (éx,y). fx & fy u.s.w.


(éx). fx ≝ (é 1x)fx
(éx,y). fx & fy ≝ (é !!x)fx ≝ (é 2x)fx       u.s.w..
584
Man kann zeigen dass
(é!!x)fx & (é!!!x)Fx &
non-(Ex). fx & Fx
Ind.
:C: (é !!!!!x)fx V Fx eine Tautologie ist.           Hat man damit den arithmetischen Satz 2 + 3 = 5 demonstriert? Natürlich nicht. Man hat auch nicht gezeigt, dass
(é!!x)fx & (é!!!x)Fx & Ind. :C: (é !! + !!! x). fx & Fx tautologisch ist, denn von einer Summe “!! + !!!” war in unseren Definitionen
ja
noch
gar keine Rede. (Ich werde die Tautologie zur Abkürzung in der Form “é!! & é!!! C é!!!!!” schreiben.) Wenn nun die Frage ist, welche Anzahl von Strichen rechts von “C” bei gegebener linker Seite das Ganze zu einer Tautologie machen, so kann man diese Zahl finden, man kann auch finden, dass sie im vorigen Fall !! + !!! ist, aber genau so gut, dass sie ! + !!!! oder ! + !!! + ! ist, denn sie ist dies alles. Man kann aber auch eine Induktion finden, die zeigt, dass – algebraisch ausgedrückt –
én & ém.C.é(n + m) tautologisch wird. Dann habe ich z.B. ein Recht
é17 & é28 .C. é(17 + 28) als Tautologie anzusehen. Aber ist nun dadurch die Gleichung 17 + 28 = 45 gegeben?
Durchaus nicht!
Keineswegs!
Dies muss ich mir vielmehr nun erst ausrechnen. Es hat nun auch Sinn, nach dieser allgemeinen Regel é2 & é3 C é5 als Tautologie hinzuschreiben; wenn ich, (sozusagen), noch nicht weiss, was 2 + 3 ergeben wird; denn 2 + 3 hat mir nur sofern Sinn, als es noch ausgerechnet werden muss.
          Daher hat die Gleichung !! + !!! = !!!!! nur dann einen Witz, wenn das Zeichen “!!!!!” so wiedererkannt wird, wie das Zeichen “5”; nämlich unabhängig von der Gleichung.

 
   
                   Mein Standpunkt unterscheidet sich dadurch von dem der Leute, die heute über die Grundlagen der Arithmetik schreiben, dass
551
ich es nicht nötig habe, einen bestimmten Kalkül, z.B. den des Dezimalsystems, zu verachten. Einer ist für mich so gut wie der andere. Einen besondern Kalkül gering zu achten ist so, als wollte man Schach spielen ohne wirkliche Figuren, weil das zu wenig abstrakt, zu speziell sei. Soweit es auf die Figuren nicht ankommt, sind eben die einen so gut wie die andern. Und soweit ein Spiel sich von dem andern doch unterscheidet, ist eben ein Spiel so gut, d.h. so interessant, wie das andere. Keines aber ist sublimer als das andre. // Und soweit die Spiele sich doch von einander unterscheiden, ist eben … //

 
   
                   Welches ist der Beweis von é!! & é!!! C é!!!!!, der der Ausdruck unseres Wissens ist, dass dies ein richtiger logischer Satz ist?
          Er macht offenbar davon Gebrauch, dass man (Ex) … als logische Summe behandeln kann. Wir übersetzen etwa von dem Symbolismus (“wenn in jedem Quadrat ein Stern ist, so sind zwei im ganzen Rechteck”) in den Russell'schen. Und es ist nicht, als gäben wir mit der Tautologie in dieser Schreibweise einer Meinung Ausdruck, die uns plausibel erscheint und (die) der Beweis dann bestätigt; sondern, was uns plausibel erscheint ist, dass dieser Ausdruck eine Tautologie (ein Gesetz der Logik) ist.

 
   
                   Wenn man in der Logik scheinbar mehrere verschiedene Universen betrachtet (wie Ramsey), so betrachtet man in Wirklichkeit verschiedene Spiele. Die Erklärung eines “Universums” würde z.B. in Ramsey's Fall einfach die eine Definition (∃x).fx ≝ fa V fb V fc V fd sein.

 
   
                   Man könnte übrigens wirklich eine Notation für
552
(Ex).fx einführen, in der man es durch ein Zeichen “fr V fs V ft V …” ersetzt und dürfte dann damit rechnen, wie mit einer logischen Summe; es müssten aber die Regeln vorgesehen sein, nach denen ich diese Notation immer in die von “(Ex).fx” zurücknehmen kann und die also das Zeichen “fa oder “fa V fb V fc V …” von dem einer logischen Summe unterscheiden. Der Zweck dieser Notationm wäre nur der, in gewissen Fällen leichter mit (Ex).fx rechnen zu können.

 
   
                   Der Satz “die Relation R verbindet zwei Gegenstände miteinander”, wenn das soviel heissen soll, wie “R ist eine zweistellige Relation” ist ein Satz der Grammatik.

 
   
                   Ich sagte früher, es sei Unsinn zu sagen: Die Gleichung 4 Aepfel + 4 Aepfel = 8 Aepfel ist eine Ersetzungsregel die ich verwende, wenn ich nicht das Zeichen “4 + 4” durch “8”, sondern das Zeichen “4 Aepfel + 4 Aepfel” durch “8 Aepfel” ersetze.
          Man muss sich aber davor hüten zu glauben “4 Aepfel + 4 Aepfel = 8 Aepfel” ist die konkrete Gleichung, dagegen 4 + 4 = 8 die der abstrakte Satz, wovon die erste Gleichung nur eine spezielle Anwendung
sei
ist
. So dass zwar die Arithmetik der Aepfel viel weniger allgemein
wäre
ist
, als die eigentliche allgemeine, aber eben in ihrem beschränkten Bereich (für Aepfel) gälte. – Es gibt aber keine “Arithmetik der Aepfel”, denn
4 Aepfel + 4 Aepfel = 8 Aepfel
die Gleichung mit den benannten Zahlen
ist nicht ein Satz, der von Aepfeln handelt. Man kann sagen, dass in dieser Gleichung das Wort “Aepfel” keine Bedeutung hat. (Wie man es überhaupt von dem Zeichen in einer Zeichenregel sagen kann, die seine Bedeutung bestimmen hilft.)

 
   
                   Die Zahlen sind der Mathematik nicht fundamental,
553
wie ich seinerzeit glaubte.

 
   
                   Die Null ist keine der Kardinalzahlen, denn “es ist 1 Mensch im Zimmer” ist vereinbar mit “es sind 2 Menschen im Zimmer” und das mit “es sind 3 Menschen im Zimmer” u.s.f.; dagegen ist der Satz “es ist kein (0) Mensch im Zimmer” mit dem ersten der früheren Reihe nicht vereinbar.

 
   
                   
Die Reihe von Sätzen

           (Ex):aRx & xRb
          (Ex,y):aRx & xRy & yRb
          (x,y,z):aRx & xRy & yRz & zRb u.s.f.
kann man sehr wohl so ausdrücken:
“es gibt ein Glied zwischen a und b”
“es gibt zwei Glieder zwischen a und b”
u.s.w.
und kann das etwa Schreiben (E1x).aRxRb, (E2x). aRxRb, etc.. Es ist aber klar, dass zum Verständnis dieser Ausdrücke die obere Erklärung nötig ist, weil man sonst nach Analogie von (E2x). fx = (Ex,y)fx & fy glauben könnte (E2x). aRxRb sei gleichbedeutend einem Ausdruck
(Ex,y).aRxRb & aRyRb.
          Ich könnte natürlich auch statt “(Ex,y).F(x,y)” schreiben “(E2x,y).F(x,y)”. Aber die Frage wäre nun: was habe ich dann unter “(E3x,y).F(x,y)” zu verstehen? Aber hier lässt sich eine Regel geben; und zwar brauchen wir eine, die uns in der Zahlenreihe beliebig weiterführt. Z.B. die:
(E3 x,y).F(x,y) = (Ex,y,z): F(x,y) & F(x,z) & F(y,z)
(E4 x,y).F(x,y) = (Ex,y,z,u): F(x,y) & F(x,z) & … es folgen die Kombinationen zu zwei Elementen. U.s.f.. Es könnte aber auch definiert werden: (E3 x,y).F(x,y) = (Ex,y,z).F(x,y) & F(y,x) & F(x,z) & F(z,x) & F(y,z) & F(z,y) u.s.f..
554
“(E3x).F(x,y)” entspräche etwa dem Satz der Wortsprache “F(x,y) wird von 3 Dingen befriedigt” und auch dieser Satz bedürfte einer Erklärung um eindeutig zu werden.
          Soll ich sagen, dass in den // diesen // verschiedenen Fällen das Zeichen “3” einen andere // verschiedene // Bedeutung hat? Drückt nicht vielmehr das Zeichen “3” das aus, was den verschiedenen Interpretationen gemeinsam ist? Warum hätte ich es sonst gewählt. Es gelten ja auch die gleichen Regeln von dem Zeichen “3” in dieser
und
wie
in jener Verwendung // in jedem dieser Zusammenhänge // . Es ist nach wie vor durch 2 + 1 zu ersetzen; etc.. Allerdings aber ist ein Satz nach dem Vorbild von
é!! & é!!! C é!!!!! nun keine Tautologie. Zwei Menschen, die miteinander in Frieden leben und drei weitere Menschen, die miteinander in Frieden leben geben nicht fünf Menschen, die miteinander in Frieden leben. Aber das heisst nicht, dass nun 2 + 3 nicht 5 ist. Vielmehr lässt sich die Addition nur nicht so anwenden.
          Mit andern Worten die Zeichen von der Form (E1 x,y).F(x,y), (E2 x,y).F(x,y), etc. haben die Multiplizität der Kardinalzahlen, wie die Zeichen (E1x). fx, (E2x). fx, etc. und wie auch die Zeichen (é1x). fx, (é2x). fx, etc..
 
   
                   Von einem Teil meines Gesichtsfeldes zu sagen, er habe keine Farbe, ist Unsinn; ebenso – natürlich auch – zu sagen, er habe Farbe (oder, eine Farbe). Wohl aber // Anderseits // hat es Sinn zu sagen, er habe nur eine Farbe (sei einfärbig, oder gleichfärbig), er habe mindestens zwei Farben, nur zwei Farben, u.s.w..
          Ich kann also in dem Satz “dieses Viereck in meinem Gesichtsfeld hat mindestens zwei Farben” statt “zwei” nicht “eine” substituieren. Oder auch: “das Viereck hat nur eine Farbe” heisst nicht – analog (Ex). fx & non(Ex,y). fx & fy – “das Viereck hat eine Farbe, aber nicht zwei Farben”.

573
 
   
                   Ich rede hier von dem Fall, in dem // welchem // es sinnlos ist zu sagen: , “der Teil des Raumes habe // hat // keine Farbe”. Wenn ich die gleichfärbigen (einfärbigen) Flecke in dem Viereck zähle, so hat es übrigens Sinn zu sagen, es seien keine solchen vorhanden, wenn die Farbe des Vierecks sich kontinuierlich ändert. Es hat dann natürlich auch Sinn zu sagen, in dem Viereck sei “ein gleichfärbiger Fleck oder mehrere” und auch, das Viereck habe eine Farbe aber nicht zwei Farben. – Von diesem Gebrauch aber des Satzes “das Viereck hat keine Farbe” sehe ich jetzt ab und spreche von einem System, in welchem, dass
eine Figur
ein Flächenstück
eine Fläche // ein Viereck
eine Farbe hat, selbstverständlich ist // genannt wird // also, richtig ausgedrückt, in welchem dieser Satz Unsinn ist. // in welchem es diesen Satz nicht gibt. // Wenn man den Satz selbstverständlich nennt, so meint man eigentlich das, was eine grammatische Regel ausdrückt // dasjenige, was eine grammatische Regel ausdrückt // , die die Form der Sätze über den Gesichtsraum, z.B., beschreibt. Wenn man nun die Zahlangabe der Farben im Viereck mit dem Satz “in dem Viereck ist eine Farbe” beginnt, dann darf das natürlich nicht der Satz der Grammatik über die “Färbigkeit” des Raumes sein.
 
   
          Was meint man, wenn man sagt “der Raum ist färbig”? (Und, eine sehr interessante Frage: welcher Art ist diese Frage?) Nun, man sieht etwa zur Bestätigung herum und blickt auf die verschiedenen Farben um sich her und möchte etwa sagen: wohin ich schaue, ist eine Farbe. Oder: ﹖– Es ist doch alles färbig, alles sozusagen angestrichen –﹖. Man denkt sich hier die Farben im Gegensatz zu einer Art (von) Farblosigkeit, die aber bei näheren Zusehen wieder zur Farbe wird. Wenn man übrigens zur Bestätigung sich umsieht, so schaut man vor allem auf ruhige und einfärbige Teile des Raumes und lieber nicht auf bewegte // unruhige // , unklar gefärbte (fliessendes Wasser, Schatten, etc.). Muss man sich dann gestehen, dass man eben alles Farbe nennt, was man sieht, so will man es nun als eine Eigenschaft des
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Raumes an und für sich (nicht mehr der Raumteile) aussagen, dass er färbig sei. Das heisst aber, vom Schachspiel zu sagen, dass es das Schachspiel sei und es kann nun nur auf eine Beschreibung des Spiels hinauslaufen. Und nun kommen wir zu einer Beschreibung der räumlichen Sätze; aber ohne (eine) Begründung, und als müsste man sie mit einer andern Wirklichkeit und in Uebereinstimmung bringen.
          Zur Bestätigung des Satzes “der Gesichtsraum ist färbig” sieht man sich (etwa) um und sagt: das hier ist schwarz, und schwarz ist eine Farbe; das ist weiss, und weiss ist eine Farbe; u.s.w.. “Schwarz ist eine Farbe” aber fasst man so auf, wie “Eisen ist ein Metall”[.| (]oder vielleicht besser “Gips ist eine Schwefelverbindung”[|)].
          Mache ich es sinnlos zu sagen, ein/Teil des Gesichtsraumes habe keine Farbe, so wird die (Frage nach der) Analyse der Angabe der Zahl der Farben in einem Teil des Gesichtsraumes ganz ähnlich der, der Angabe der Zahl der Teile eines Vierecks, etwa, das ich durch Striche in begrenzte Flächenteile teile.
          Auch hier kann ich es als sinnlos ansehen, zu sagen, das Viereck “bestehe aus 0 Teilen”. Man kann daher nicht sagen, es bestehe “aus einem oder mehreren Teilen”, oder es “habe mindestens einen Teil”. Denken wir uns den speziellen Fall eines Vierecks, das durch parallele Striche geteilt ist. Dass dieser Fall sehr speziell ist, macht (uns) nichts, denn wir halten ein Spiel nicht für weniger bemerkenswert, weil es nur eine sehr beschränkte Anwendung hat. Ich kann hier die Teile entweder so zählen, wie es gewöhnlich geschieht, und dann heisst es nichts, zu sagen, es seien 0 Teile vorhanden. Ich könnte aber auch eine Zählung denken, die den ersten Teil sozusagen als selbstverständlich ansieht und ihn nicht zählt oder als 0, und die nur die Teile hinzuzählt, die hinzugeteilt wurden. Anderseits könnte man sich ein Herkommen denken, nach dem, etwa, Soldaten in Reih und Glied
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immer mit der Anzahl ˇvon Soldaten gezählt werden, welche über einen Soldaten angetreten sind (etwa, indem die Anzahl der möglichen Kombinationen des Flügelmanns und eines andern Soldaten der Reihe angegeben werden soll[.|)]. Aber auch ein Herkommen könnte existieren, wonach die Anzahl der Soldaten immer um 1 grösser als die wirkliche angegeben wird. Das wäre etwa ursprünglich geschehen, um einen bestimmten Vorgesetzten über die wirkliche Zahl zu täuschen, dann aber habe es sich als Zählweise für Soldaten eingebürgert. (Akademisches Viertel.) Die Anzahl der verschiedenen Farben in einer Fläche könnte auch durch die Anzahl der möglichen Kombinationen zu zwei Gliedern angegeben werden. Und dann kämen für diese Anzahl nur die Zahlen
n. (n ‒ 1)
2
in Betracht und es wäre dann sinnlos, von 2 oder 4 Farben in einer Fläche zu reden, wie jetzt von √2 oder i Farben. Ich will sagen, dass nicht die Kardinalzahlen wesentlich primär und die – nennen wir's – Kombinationszahlen 1, 3, 6, 10, etc. sekundär sind. Man könnte auch eine Arithmetik der Kombinationszahlen konstruieren und diese wäre in sich so geschlossen, wie die Arithmetik der Kardinalzahlen. Aber ebenso natürlich kann es eine Arithmetik der geraden Zahlen oder der Zahlen 1, 3, 4, 5, 6, 7 … geben. Es ist natürlich das Dezimalsystem zur Schreibung dieser Zahlenarten ungeeignet.

 
   
                   Wie soll man nun den Satz auffassen “diese Hüte haben die gleiche Grösse”, oder “diese Stäbe haben die gleiche Länge”, oder “diese Flecke haben die gleiche Farbe”? Soll man sie in der Form schreiben:
      “(EL).La & Lb”? Aber wenn das in der gewöhnlichen Weise gemeint wird, also mit den gewöhnlichen Regeln gebraucht wird, so müsste es ja dann Sinn haben zu schreiben “(EL).La” also “der Fleck a hat eine Farbe”, “der Stab hat eine Länge”. Ich kann freilich “(EL).La & Lb” für “a und b sind gleich lang” schreiben, wenn ich nur weiss und berücksichtig[d|e], dass “(EL).La” sinnlos ist; aber dann wird die Notation irreführend und verwir-
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rend. (“Eeine Länge haben”, “einen Vater haben”.) – Wir haben hier den Fall, den wir in der gewöhnlichen Sprache oft so ausdrücken: “Wenn a die Länge L hat, so hat b auch L”; aber hier hätte der Satz “a hat die Länge L” gar keinen Sinn, oder doch nicht als Aussage über a; und der Satz lautet richtiger “nennen wir die Länge von a ‘L’, so ist die Länge von b auch L” und ‘L’ ist eben hier wesentlich eine Variable. Der Satz hat übrigens die Form eines Beispiels, eines Satzes, der als Beispiel zum allgemeinen Satz dienen kann und man würde etwa auch fortfahren // fortsetzen // : “wenn z.B. a 5 m lang ist // die Länge 5 m hat // , so hat b auch 5 m, u.s.w.”. – Zu sagen “die Stäbe a und b haben die gleiche Länge” sagt nämlich gar nichts über die Länge jedes Stabes; denn es sagt auch nicht, “dass jeder der beiden eine Länge hat”. Der Fall hat also gar keine Aehnlichkeit mit dem: “A und B haben den gleichen Vater” und “der Name des Vaters von A und B ist ‘N’”, wo ich einfach für die allgemeine Bezeichnung den Eigennamen einsetze. ‘5 m’ ist aber nicht der Name der betreffenden Länge, von der zuerst nur gesagt wurde, dass a und b sie beide besässen. Wenn es sich um Längen im Gesichtsfeld handelt, können wir zwar sagen, die beiden Längen seien gleich, aber wir können sie im allgemeinen nicht mit einer Zahl “ben[ne|en]nen”. – Der Satz “ist L die Länge von a, so hat auch b die Länge L” schreibt seine Form nur als eine, von der Form eines des Beispiels // von der eines Beispiels // derivierte (Form) hin. Und man könnte den allgemeinen Satz auch wirklich durch eine Anführung // Aufzählung // von Beispielen mit einem “u.s.w.” ausdrücken. Und es ist eine Wiederholung desselben Satzes, wenn ich sage: “a und b sind gleichlang; ist die Länge von a L, so ist die Länge von b auch L; ist a 5 m lang, so ist auch b 5 m lang, ist a 7 m, so ist b 7 m, u.s.w.”. Die dritte Fassung zeigt schon, dass in dem Satz nicht das “und” zwischen zwei Formen steht, wie in “(Ex). fx & Fx”, so dass man auch (Ex). fx” und (Ex).Fx” schreiben dürfte.
          Nehmen wir als Beispiel auch den Satz “in den beiden Kisten sind
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gleichviel Aepfel”. Wenn man diesen Satz in der Form schreibt “es gibt eine Zahl, die die Zahl der Aepfel in beiden Kisten ist”, so kann man auch hier nicht die Form bilden: “es gibt eine Zahl, die die Zahl der Aepfel in dieser Kiste ist”, oder “die Aepfel in dieser Kiste haben eine Zahl”. Schreibe ich: (Ex). fx. & .non(Ex,y). fx & fy . = . (En1x). fx . = . f1 etc., so könnte man den Satz “die Anzahl der Aepfel in den beiden Kisten ist die gleiche” schreiben: “(En). fn & Fn”. “(En). fn” aber wäre kein Satz.

 
   
                   Denken wir uns eine Rechenmaschine, die, anstatt mit Kugeln, mit Farben in einem Streifen rechnet. Und während wir jetzt auf unserm Abacus mit Kugeln, oder den Fingern, die Farben in einem Streifen zählen, so würden wir dann die Kugeln auf einer Stange, oder die Finger an unserer Hand, mit Farben in einem Streifen zählen. Wie aber müsste diese Farbenrechenmaschine konstruiert sein, um funktionieren zu können? Wir brauchten ein Zeichen dafür, dass keine Kugeln an der Stange sitzen. Man muss sich den Abacus als ein Gebrauchsinstrument denken und als Mittel der Sprache. Und, so wie man etwa 5 durch die fünf Finger einer Hand darstellen kann (man denke an einer Gebärdensprache), so würde man es durch den Streifen mit 5 Farben darstellen. Aber für die 0 brauche ich ein Zeichen, sonst habe ich die nötige Multiplizität nicht. Nun, da kann ich entweder die Bestimmung treffen, dass die Fläche
Fläche
Farbe
schwarz die 0 bezeichnen soll (dies ist natürlich willkürlich und die einfärbige rote Fläche täte es ebensogut); oder aber die einfärbige Fläche soll 0 bezeichnen, die zweifärbige 1, etc.. Es ist ganz gleichgültig, welche Bezeichnungsweise ich wähle. Und man sieht hier, wie sich die Mannigfaltigkeit der Kugeln auf die Mannigfaltigkeit der Farben in einer Fläche projiziert.

 
   
                   Denken wir uns [J|j]emand, der die // alle // Formen
560
in diesem Zimmer beschreibt, indem er sie mit ebenflächigen geometrischen Formen vergleicht. Gibt es in diesem Zimmer nur solche Formen? Nein. – Muss der, der die Formen unter dem Gesichtspunkt der ebenflächigen Körper beschreibt, behaupten, es gäbe nur solche Formen im Zimmer? Auch nicht. Kann man sagen, dass das einseitig ist, weil er alle Formen durchgängig nach diesem Schema auffasst? Und sollte es ihn in // an // dieser Auffassung irremachen, wenn er bemerkt, dass auch runde Körper vorhanden sind? Nein. Es wäre auch irreführend, den ebenflächigen Körper ein “Ideal” zu nennen, dem sich die Wirklichkeit nur mehr oder weniger nähert. Aber die Geometrie der ebenflächigen Körper könnte man mit Bezug auf diese Darstellungsweise // Darstellung // eine normative Wissenschaft nennen. (Eine, die das Darstellungsmittel darstellt; gleichsam eine, die die Messgläser eicht.)

 
   
                   Die Schwierigkeit, dass “(En).fn” sinnlos ist, könnte man übrigens aus dem Weg schaffen, indem man es bedeuten lässt, dass
f( )
f
eine Anzahl grösser als 0 hat. Was nur zeigt, dass hier keine wirkliche Schwierigkeit gelegen hatte, oder doch keine, die jetzt weggeräumt ist. Die eigentliche Schwierigkeit liegt nämlich im Begriff des ‘(En) ’ und allgemein des ‘(Ex)’. Ursprünglich stammt diese Notation vom Ausdruck unsrer Wortsprache her: “es gibt ein … von der und der Eigenschaft”. Und was hier an Stelle der Punkte steht, ist etwa “Buch meiner Bibliothek”, oder “Ding (Körper) in diesem Zimmer”, “Wort in diesem Brief”, u.s.w.. Man denkt dabei an Gegenstände, die man der Reihe nach durchgehen kann. Durch einen, so oft verwendeten // angewandten // , Prozess der Sublimierung wurde diese Form dann zu der: “es gibt einen Gegenstand, für welchen …”, und hier dachte man sich ursprünglich auch die Gegenstände der Welt ganz analog den ‘Gegenständen’ im Zimmer (nämlich den Tischen, Stühlen, Büchern, etc.). Obwohl es ganz klar ist, dass die Grammatik dieses “(Ex).etc.” in vielen Fällen eine ganz andere ist, als im primitiven und als Urbild dienenden Fall.
561
Besonders krass wird die Diskrepanz zwischen dem ursprünglichen Bild und dem, worauf die Notation nun angewendet werden soll // angewendet wird // , wenn ein Satz “in diesem Viereck sind nur zwei Kreise” wiedergegeben wird durch die // in der // Form “es gibt keinen Gegenstand, der die Eigenschaft hat, ein Kreis in diesem Viereck, aber weder der Kreis a noch der Kreis b zu sein”, oder “es gibt nicht drei Gegenstände, die die Eigenschaft haben, ein Kreis in diesem Viereck zu sein”. Der Satz “es gibt nur zwei Dinge, die Kreise in diesem Viereck sind” (analog gebildet dem Satz “es gibt nur zwei Menschen, die diesen Berg erstiegen haben”) klingt verrückt; und mit Recht. D.h., es ist nichts damit gewonnen, das wir den Satz “in diesem Viereck sind zwei Kreise” in jene Form pressen; vielmehr hilft uns das nur zu übersehen, dass wir die Grammatik dieses Satzes nicht klargestellt haben. Zugleich aber gibt hier die Russell'sche Notation einen Schein von Exaktheit, der Manchen glauben macht, die Probleme seien dadurch gelöst, dass man den Satz auf die Russell'sche Form gebracht hat. (Es ist das ebenso gefährlich, wie der Gebrauch des Wortes “wahrscheinlich”, ohne weitere Untersuchung darüber, wie das Wort in diesem speziellen Fall gebraucht wird. Auch das Wort “wahrscheinlich” ist, aus leicht verständlichen Gründen, mit einer Idee der Exaktheit verbunden.)
          In allen den Fällen: “Einer der vier Füsse dieses Tisches hält nicht”, “es gibt Engländer mit schwarzen Haaren”, “auf dieser Wand ist ein Fleck”, “die beiden Töpfe haben das gleiche Gewicht”, “auf beiden Seiten stehen gleichviel Wörter” – wird in der Russell'schen Notation das “(E …) …” gebraucht; und jedesmal mit anderer Grammatik. Damit will ich also sagen, dass mit einer Uebersetzung so eines Satzes aus der Wortsprache in die Russell'sche Notation nicht viel gewonnen ist.
 
   
          Will man den Satz “die Begriffe unter f und F fallen gleichviele Gegenstände” in übersichtlicher Notation schreiben, so ist man vor allem versucht, ihn in der Form “fn & Fn” zu schreiben. Und ferner empfindet man das nicht
607
als logisches Produkt von fn und Fn, so dass es also auch Sinn hätte zu schreiben fn & F5 – sondern es ist wesentlich, dass nach ‘f’ und ‘F’ der gleiche Buchstabe folgt und fn & Fn ist eine Abstraktion aus logischen Produkten f4 & F4, f5 & F5, etc., nicht selbst ein logisches Produkt.
          (Es würde also auch nicht aus fn & Fn fn folgen. ‘fn & Fn’ verhält sich vielmehr zu einem logischen Produkt ähnlich wie der Differenzialquot[t|i]ent zu einem Quotienten.) Es ist so wenig ein Logisches Produkt, wie die Photographie einer Familiengruppe eine Gruppe von Photographien ist. Darum kann uns also die Form “fn & Fn” irreführen und es wäre vielleicht eine Schreibweise der Art “
+ ----- +
fn & Fn
” vorzuziehen; aber auch “(En). fn & Fn”, wenn die Grammatik dieses Zeichens festgelegt ist. Man kann dann festlegen: (En). fn = Taut., was soviel heisst wie (En). fn & p = p. Also (En). fn V Fn = Taut., (En). fn C Fn = Taut., (En). fn ! Fn = Cont., etc..
              f1 & F1 & (En). fn & Fn = f1 & (En). fn & Fn
               f2 & F2 & (En). fn & Fn = f2 & (En). fn & Fn
               etc. ad inf..
Und überhaupt sind die Rechnungsregeln für (En). fn & Fn daraus abzuleiten, dass man schreiben kann: (En). fn & Fn = f0 & F0 . V . f1 & F1 . V . f2 & F2 u.s.w. ad inf.. Es ist klar, dass dies keine logische Summe ist, da “u.s.w. ad inf.” kein Satz ist. Die Notation (En). fn & Fn ist aber auch nicht unmissverständlich; denn man könnte sich wundern, warum man hier statt fn & Fn nicht Gn sollte setzen können und dann sollte ja “(En).Gn” nichtssagend werden. Das klärt sich natürlich auf, wenn man ˇauf die Notation non(Ex). fx für f0, (Ex). fx & non(Ex,y). fx & fy für f1, etc. zurückgeht, beziehungsweise auf (Enox). fx für f0, (En1x). fx für f1, etc.. Denn dann ist zu unterscheiden zwischen (En1x). fx & (En1x).Fx und (En1x). fx & Fx. Und geht man auf (En (En). fn & Fn über, so bedeutet das (En):(Ennx). fx & (Ennx).Fx (welches nicht nichtssagend ist) und nicht (En):(Ennx). fx & Fx, welches nichtssagend ist.

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                   Die Worte “gleichzahlig”, “längengleich”, “gleichfärbig”, etc. haben ähnliche aber verschiedene Grammatik. // aber nicht die gleiche Grammatik. // – In allen Fällen liegt die Auffassung des Satzes als eine endlose logische Summe nahe, deren Glieder die Form fn & Fn haben. Ausserdem hat jedes dieser Worte mehrere verschiedene Bedeutungen, d.h., könnte selbst wieder durch mehrere Wörter mit verschiedener Grammatik ersetzt werden. Denn “gleichzahlig” heisst etwas anderes, wenn es auf Striche angewandt wird, die gleichzeitig im Gesichtsraum sind, als wenn es sich auf die Aepfel in zwei Kisten bezieht; und “gleichlang” auf den // im // Gesichtsraum angewandt ist verschieden von “gleichlang” im euklidischen Raum; und die Bedeutung von “gleichfärbig” hängt von dem Kriterium ab, das wir für die Gleichfärbigkeit annehmen.

 
   
                   Wenn es sich um Flecke im Gesichtsraum handelt, die wir zu gleicher Zeit sehen, so hat das Wort “gleichlang” verschiedene Bedeutung, je nachdem die Strecken unmittelbar angrenzend oder von einander entfernt sind. In der Wortsprache hilft man sich da oft // häufig // mit dem W[r|o]rt “es scheint”.

 
   
                   Die Gleichzahligkeit, wenn es sich um eine Anzahl von Strichen handelt, “die man übersehen kann”, ist eine andere, als die, welche nur durch Zählen der Striche festgestellt werden kann.
                  Verschiedene Kriterien der Gleichzahligkeit: I und II die Zahl, die man unmittelbar erkennt; III das Kriterium der Zuordnung; IV hier muss man beide Klassen zählen; V man erkennt das gleiche Muster. (Das sind natürlich nicht die einzigen Fälle.)

609
 
   
                   Im Fall der Längengleichheit im euklidischen Raum mag man sagen, sie bestehe darin, dass beide Strecken die gleiche Zahl von cm messen, beide 5 cm, beide 10 cm, etc.. Wenn es sich aber um die Längengleichheit zweier Strecken im Gesichtsraum handelt, so gibt es hier nicht eine Länge L die beide haben.

 
   
                   Man möchte sagen: zwei Stäbe müssen immer entweder gleichlang oder verschieden lang sein. Aber was heisst das? Es ist natürlich eine Regel der Ausdrucksweise. “In den zwei Kisten müssen entweder gleichviel Aepfel oder verschiedene Anzahlen sein”. Das Anlegen zweier Masstäbe an je eine Strecke soll die Methode sein, wie ich herausfinde, ob die beiden Strecken gleichlang sind: sind sie aber gleich lang, wenn die beiden Masstäbe gerade ˇnicht angelegt sind? Wir würden in diesem Fall sagen, wir [|wi]ssen nicht, ob die beiden während dieser Zeit gleich oder verschieden lang sind. Aber man könnte auch sagen, sie haben während dieser Zeit keine Längen, oder etwa keine numerischen Längen.

 
   
                   Aehnliches, wenn auch nicht das Gleiche, gilt von der Zahlengleichheit.

 
   
                   Es gibt hier die Erfahrung, dass wir eine Anzahl Punkte sehen, deren Anzahl wir nicht unmittelbar sehen können, die wir aber während des Zählens überblicken können, so dass es Sinn hat zu sagen, sie haben sich während des Zählens nicht verändert. Anderseits aber gibt es auch den Fall einer Gruppe von Körpern // Gegenständen // oder Flecken, die wir nicht übersehen können, während wir sie zählen, so dass es hier das frühere Kriterium, ˇdafür, dass die Gruppe sich während des Zählens nicht verändert, nicht gibt.

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                   Wenn man bei geschlossenen Augen ein Flimmern sieht, unzählige Lichtpünktchen, die kommen und verschwinden – wie man es etwa beschreiben würde – so hat es keinen Sinn, hier von einer ‘Anzahl’ der zugleich gesehenen Pünktchen zu reden. Und man kann nicht sagen “es sind immer eine bestimmte Anzahl von Lichtpünktchen da, wir wissen sie bloss nicht”; dies entspräche einer Regel, die dort angewandt wird, ﹖– wo von einer Kontrolle dieser Anzahl gesprochen werden kann –﹖.

 
   
                   Russells Erklärung der Gleichzahligkeit ist aus verschiedenen Gründen ungenügend. Aber die Wahrheit ist, dass man in der Mathematik keine solche Erklärung der Gleichzahligkeit braucht. Hier ist überhaupt alles falsch aufgezäumt.
          Was uns verführt die Russell'sche, oder Frege'sche, Erklärung anzunehmen, ist der Gedanke, zwei Klassen von Gegenständen (Aepfeln in zwei Kisten) seien gleichzahlig, wenn ˇman sie einander 1 × 1 1 zu 1 zuordnen könne. Man denkt sich die Zuordnung als eine Kontrolle der Gleichzahligkeit. Und hier macht man in Gedanken wohl noch eine Unterscheidung zwischen Zuordnung und Verbindung durch eine Relation; und zwar wird die Zuordnung zur Verbindung, was die “geometrische Gerade” zu einer wirklichen ist, eine Art idealer Verbindung; einer Verbindung, die quasi von der Logik vorgezeichnet ist und durch die Wirklichkeit nun nachgezogen werden kann. Es ist die Möglichkeit, aufgefasst als eine schattenhafte Wirklichkeit. Dies hängt dann wieder mit der Auffassung von “(Ex). fx” als Ausdruck der Möglichkeit von fx zusammen.
          “f und F sind gleichzahlig” (ich werde dies schreiben “S(f,F)”, oder auch einfach “S”) soll ja aus “f5 & F5” folgen; aber aus f5 & F5 folgt nicht, dass f und F durch eine 1–1 Relation R verbunden sind (dies werde ich “P” “P(f,F)” oder “P” schreiben). Man hilft sich, indem man sagt, es bestehe dann eine Relation der Art
611
          “x = a & y = b . V . x = c & y = d . V . u.s.w.”.
Aber, erstens, warum definiert man dann nicht gleich S als das Bestehen einer solchen Relation. Und wenn man darauf an[f|t]wortet, diese Definition // Erklärung // würde die Gleichzahligkeit bei unendlichen Anzahlen nicht einschliessen, so ist zu sagen, dass dies nur auf eine Frage der “Eleganz” hinausläuft, da ich letzten Endes für endliche Zahlen meine Zuflucht doch zu den “extensiven” Beziehungen nehmen müsste. Aber diese führen uns auch zu nichts; denn, zu sagen, zwischen f und F bestehe eine Beziehung – z.B. – der Form x = a & y = b . V . x = c & y = d sagt nichts andres, als
          (Ex,y). fx & fy . & . non(Ex,y,z). fx & fy & fz : & :    : & : (Ex,y).Fx & Fy . & . non(Ex,y,z). Fx & Fy & Fz.
(Was ich in der Form schreibe
(En2x). fx & (En2x).Fx
.
Und, zu sagen, zwischen f und F bestehe eine der Beziehungen
x = a & y = b ; x = a & y = [d|b] . V . x = c & y = d ; etc. etc., heisst nichts andres als, es bestehe eine der Tatsachen f1 & F1 ; f2 & F2 ; etc. etc. Nun hilft man sich mit der grösseren Allgemeinheit, indem man sagt, zwischen f und F bestehe irgend eine 1–1 Relation und vergisst, dass man dann doch für die
Bezeichnung
Beziehung
dieser Allgemeinheit die Regel festlegen muss, nach welcher “irgend eine Relation” auch die Relationen der Form x = a & y = b etc. einschliesst. Dadurch, dass man mehr sagt, kommt man nicht drum herum, das Engere zu sagen, das in dem Mehr vorhanden sein soll. (Die Logik lässt sich nicht betrügen.)
 
   
          In dem Sinne von S also, in welchem S aus f5 & F5 folgt, wird es durch die Russell'sche Erklärung nicht erklärt. Vielmehr braucht man da eine Reihe von Erklärungen
f0 & S = f0 & F0 = F0 & S
f1 & S = f1 & F1 = F1 & S …A
etc. ad inf.

Dagegen wird P als Kriterium der Gleichzahligkeit gebraucht und kann natürlich in einem andern Sinne von S auch S gleichge-
567
setzt werden. (Und man kann dann nur sagen: Wenn in Deiner // einer // Notation S = P ist, dann bedeutet S nichts andres als P.)
          Es folgt zwar nicht P aus f5 & F5, wohl aber f5 & F5 aus P & f5.
P & f5 = P & f5 & F5 = P & F5
u.s.w..
Also kann man schreiben:
P & f0 = P & f0 & F0 = P & f0 & S
P & f1 = P & f1 & F1 = P & f1 & S …B
P & f2 = P & f2 & F2 = P & f2 & S
u.s.w. ad inf..

Und dies kann man dadurch ausdrücken, dass man sagt, die Gleichzahligkeit folge aus P. Und man kann auch die Regel geben P & S = P, die mit den Regeln, oder der Regel, B und der Regel A übereinstimmt.

 
   
                   Wenn Einer konstatieren wollte “der Gesichtsraum ist farbig”, so wären wir versucht, ihm zu antworten: “Wir können ihn uns ja gar nicht anders vorstellen (denken)”. Oder: “Wenn er nicht färbig wäre, so wäre er in dem Sinne verschieden vom Gesichtsraum, wie ein Klang von einer Farbe”. Richtiger aber könnte man sagen: er wäre dann eben nicht, was wir “Gesichtsraum” nennen. In der Grammatik wird auch die Anwendung der Sprache beschrieben; das, was man den Zusammenhang zwischen Sprache und Wirklichkeit nennen möchte. Wäre er aber nicht beschrieben, so wäre einerseits die Grammatik unvollständig, anderseits könnte sie aus dem Beschriebenen nicht vervollständigt werden. In dem Sinn, in welchem wir ihn uns nicht anders denken können, ist die “Färbigkeit” in der Definition des Begriffs ‘Gesichtsraum”, d.h. in der Grammatik des Wortes “Gesichtsraum”, enthalten.

 
   
                   Es lässt sich kein rationaler Grund angeben, weshalb wir denken müssen.

568
 
   
                   Die Regel “aus P folgt S” also P & S = P könnte man auch ganz gut weglassen: die Regel B tut denselben Dienst.
          Schreibt man S in der Form f0 & F0 . V . f1 & F1 . V . f2 & F2 . V . . V . …ad inf., so kann man mit grammatischen Regeln, die der gewohnten Sprache entsprechen, leicht P & S = P ableiten. Denn
(f0 & F0 . V . f1 & F1 etc. ad inf.) & P = f0 & F0 & P . V . f1 & F1 & P . V . etc. ad inf. = f0 & P . V . f1 & P . V . f2 & P . V . etc. ad inf. = P & (f0 V f1 ⌵ f2 V etc. ad inf.) = P. Der Satz
“f0 V f1 V f2 ⌵ etc. ad inf.” muss als Tautologie behandelt werden.

 
   
                    Man kann den Begriff der Gleichzahligkeit so auffassen, dass es keinen Sinn hat, von zwei Gruppen von Punkten Gleichzahligkeit oder das Gegenteil auszusagen, wenn es sich nicht um zwei Reihen handelt, deren eine zum mindesten einem Teil der andern 1–1 zugeordnet ist. Zwischen solchen Reihen kann dann nur von einseitiger oder gegenseitiger Inklusion // Einschliessung // die Rede sein. Und diese hat eigentlich mit besondern Zahlen so wenig zu tun, wie die Längengleichheit oder Ungleichheit im Gesichtsraum mit Masszahlen. Die Verbindung mit den Zahlen kann gemacht werden, muss aber nicht gemacht werden. Wird die Verbindung mit der Zahlenreihe gemacht, so wird die Beziehung der gegenseitigen Inklusion oder Längengleichheit der Reihen zur Beziehung der Zahlengleichheit. Aber nun folgt nicht nur F5 aus P & f5 sondern auch P aus f5 & F5. Das heisst, hier ist S = P.

 
   
                   Der Philosoph spürt den Wechsel im Stil seiner Ableitung, an denen der Mathematiker von heute, mit seinem stumpfen Gesicht ruhig vorübergeht. – Eine höhere
Sensitivität
Sensibilität
ist es eigentlich, was den Mathema-
569
tiker der Zukunft von dem heutigen unterscheiden wird; und die wird die Mathematik – gleichsam – stutzen; weil man dann mehr auf die absolute Klarheit, als auf
das
ein
Erfinden neuer Spiele bedacht sein wird.

 
   
                   Regel und Erfahrungssatz. Ist eine Regel ein Erfahrungssatz – etwa über den Gebrauch der Sprache? Ist eine Regel des Schachspiels ein Satz darüber, wie die Menschen seit dem Ereignis der Erfindung des Schachspiels es gespielt haben; d.h. etwa mit so geformten Figuren gezogen haben? Denn, wenn davon die Rede ist, dass die Menschen das Schachspiel so gespielt haben, so muss das Schachspiel so definiert sein, dass es Sinn hat, davon auszusagen, es sei anders gespielt worden. Sonst nämlich gehören die Regeln zur Definition des Schachspiels. Dass jemand der Regel … gemäss spielt, das ist eine Erfahrungstatsache; oder: “A spielt der Regel … gemäss”, “die meisten Menschen spielen der Regel … gemäss”, “niemand spielt der Regel … gemäss” sind Erfahrungssätze. Die Regel ist kein Erfahrungssatz, sondern nur der Teil eines solchen Satzes.
          Die Regel ist die Festsetzung der Massei Masseinheit // Die Regel setzt die Masseinheit fest // , und der Erfahrungssatz sagt, wie lang ein Gegenstand ist. (Und hier sieht man, wie logische Gleichnisse funktionieren, denn die Festsetzung der Masseinheit ist wirklich eine grammatische Regel und die Angabe einer Länge in dieser Masseinheit ein Satz, der von der Regel Gebrauch macht.)

 
   
                   Wenn man die Regel dem Satz beifügt, so ändert sich der Sinn des Satzes nicht. Wenn die Definition des Meters die Länge des Pariser Urmeters ist, so sagt der Satz “dieses Zimmer ist 4 m lang” dasselbe wie, “dieses Zimmer ist 4 m lang[;|,] und 1 m = die Länge des Pariser Urmeters”.
          Die Legende zu einer Landkarte ist so eine Anweisung zum Gebrauch – oder zum Verständnis – einer Beschreibung.
570
Diese Legende sagt jedenfalls nichts über die Geographie des Landes aus. So wenig, wie der Satz “1 m ist die Länge des Urmeters in Paris” etwas über die Länge eines Gegenstandes aussagt // die Länge eines Gegenstandes beschreibt // .

 
   
                    / Das Lehren der Philosophie hat dieselbe ungeheure Schwierigkeit, welche der Unterricht in der Geographie hätte, wenn der Schüler eine Menge falsche und viel zu einfache // und falsch vereinfachte // Vorstellungen über den Lauf und Zusammenhang der Flussläufe // Flüsse // und Gebirgsketten // Gebirge // mitbrächte. /

 
   
                   Ferner muß sich die Regel auf die Anwendung in der Beschreibung (der Wirklichkeit) beziehen. Denn, was hat es für einen Sinn von einem Stab zu sagen “das ist das Urmeter”, wenn sich diese Aussage nicht auf Messungen mit dem Metermass bezieht. Insofern könnten wir uns die Regel jedem Satz beigefügt denken.
          Die Regel ist eine Art vorgezeichneter Route; ein vorgezeichneter Weg.
          Man könnte sich in einem Wald Spazierwege markiert denken, zu dem Zweck, dass sich die Menschen über Spaziergänge im Wald verständigen können. Aber täte es für diesen Zweck nicht auch irgend ein Koordinatensystem!

 
   
                    / Die Menschen sind tief in den philosophischen d.i. grammatischen Konfusionen eingebettet. Und, sie daraus zu befreien, setzt voraus, dass man sie aus den ungeheuer mannigfachen Verbindungen herausreisst, in denen sie gefangen sind. Man muss sozusagen ihre ganze Sprache umgruppieren. – Aber diese Sprache ist ja so entstanden // geworden // , weil Menschen die Neigung hatten – und haben – so zu denken. Darum geht das
571
Herausreissen nur bei denen, die in einer instinktiven Auflehnung gegen // Unbefriedigung mit // die der Sprache leben. Nicht bei denen, die ihrem ganzen Instinkt nach in der Herde leben, die diese Sprache als ihren eigentlichen Ausdruck geschaffen hat. /

 
   
                   Die Regel möchte ich ein Instrument nennen.

 
   
                   “Die Grammatik aufklären” heisst, sie
auf
in
die Form eines Spiels mit Regeln bringen.

 
   
                   Ich will jemandem die Form eines Linienzuges beschreiben und gebe zuerst d[u|i]e Regel (der Darstellung):
a !
b !
c !
d !
Die Regel ist ein Teil seines Apparates; der besondere Satz, etwa a a c b d d – ist ein andrer Teil. Es ist, als wäre der letztere ein Einsatzstück und die Regel ein für viele Fälle vorbereiteter Grundbestandteil.
          Denn, können wir nicht wirklich statt “a a c b d d” schreiben
a !
b !
c !
d !
a a c b d d und so für jeden Satz des Systems den Regelteil wiederholen! Und gäbe es dann ausser diesen Sätzen noch die erste Regel!

 
   
                   Wenn eine Regel ein Satz ist, dann wohl einer, der von den Wörtern der Sprache handelt. Aber was sagt so ein Satz von den Wörtern aus? Dass sie in dem und dem Zusammenhang gebraucht werden? Aber von wem und wann? Oder, dass jemand wünscht, dass sie so gebraucht werden? Und wer? – Vielmehr ist die Regel von allen diesen Aussagen ein Teil.

572
 
   
                   Verhält es sich mit einer grammatischen Regel, wie mit einem Gesetz im Staat? Ist es nicht von so einem Gesetz wahr, dass es nichts darüber aussagt, was geschieht, noch auch sagt, dass jemand wünscht, dass so und so gehandelt werde?
          Aber könnte nicht ein Gesetz immerhin so geschrieben werden: “der König befielt, dass …”; und könnte man eine Regel der Grammatik eventuell auch so geben? Nein. Denn dann könnte die Regel, dem Satz von dessen Worten sie gilt beigefügt, nicht diesen Satz ergeben.

 
   
                   Die Regel “links gehen!” oder einfach ein Pfeil. Wie, wenn ich mir in meinem Zimmer einen Pfeil an die Wand malte – wäre der auch der Ausdruck eines Gesetzes, wie es der Pfeil auf einem Bahnhof wohl sein könnte? Um ihn zu einem Gesetz zu machen, gehört doch // wohl // noch der übrige Apparat, dessen ﹖– einer Teil der Pfeil nur ist –﹖.
          (Sraffa) Ein Ingenieur baut eine Brücke; er schlägt dazu in mehreren Handbüchern nach; in technischen Handbüchern und in juridischen. Aus dem einen erfä[g|h]rt er, dass die Brücke zusammenbrechen würde, wenn er diesen
Teil
Pfeil
schwächer machen würde als etc. etc.; aus den andern, dass er eingesperrt würde, wenn er sie so und so bauen wollte // würde // . – Stehn nun die beiden Bücher nicht auf gleicher Stufe? – Das kommt drauf an, was für eine Rolle sie in seinem Leben spielen. Das juridische Handbuch kann ja für ihn einfach ein Buch über die Naturgeschichte der ihn umgebenden Menschen sein. Vielleicht muss er auch ein Buch über das Leben der Biber nachschlagen, um zu erfahren, wie er die Brücke streichen muss, dass die Biber sie nicht annagen. – Gibt es aber nicht noch eine andere Weise, die Gesetze zu betrachten? Fühlen wir nicht sogar deutlich, dass wir sie nicht so betrachten? – Ist dies nicht die gleiche Frage, wie: – Ist ein Vertrag nur die Feststellung, dass es für die Parteien nützlich ist, so und so zu handeln? Fühlen wir uns nicht in manchen Fällen (wenn auch nicht in allen) auf andre
573
Weise “durch den Vertrag gebunden”? – Kann man nun sagen: “Wer sich durch einen Vertrag oder ein Gesetz gebunden fühlt, stellt sich irrtümlicherweise das Gesetz als einen Menschen (oder Gott) vor, der ihn mit physischer Gewalt zwingt”? – Nein; denn, wenn er handelt, als ob ihn jemand zwänge, so ist doch seine Handlung jedenfalls Wirklichkeit und auch die Vorstellungsbilder, die er etwa dabei hat, sind nicht Irrtümer; und er braucht sich in nichts irren und kann doch handeln wie er handelt und sich auch vorstellen, was er sich etwa vorstellt. Die Worte “der Vertrag bindet mich” sind zwar eine bildliche Darstellung und daher mit der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes “binden” ein falscher Satz: aber, richtig aufgefasst, sind sie wahr (oder können es sein) und unterscheiden einen Fall von dem, in welchem der Vertrag mir bloss sagt, was zu tun mir nützlich ist. Und wenn man etwas gegen die Worte einwendet “der Vertrag (oder das Gesetz) bindet mich”, so kann man nichts sagen gegen die Worte: “ich fühle mich durch den Vertrag gebunden”.

 
   
                   Der Sinn der Sprache ist nicht durch ihren Zweck bestimmt. Oder: Was man den Sinn, die Bedeutung, in der Sprache nennt, ist nicht ihr Zweck.

 
   
                   Die Regel – wie ich sie verstehe – ist wie ein Weg in einem Garten. Oder wie die vorgezeichneten Felder auf
dem
einem
Schachbrett, oder die Linien einer Tabelle. Von diesen Linien etc. wird man nicht sagen, dass sie uns etwas mitteilen (obwohl sie ein Teil einer Mitteilu[g|n]g sein können, ja auch selbst Mitteilungen). Ich lege in einer Abmachung mit jemandem eine Regel fest. In dieser Abmachung teile ich ihm etwa die Regel (einer künftigen Darstellung) mit. Ich sage ihm etwa: “der Plan, den ich Dir von meinem Haus zeichne, ist im Masstab 1:10. Das ist eigentlich ein
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Teil der Beschreibung des Hauses. Und wenn ich schreibe non-p & (non-non-p = p) so ist das wirklich ähnlich, wie wenn ich dem Plan den Masstab beifüge.
          Ich könnte auch so sagen: Ich will nur das mitteilen, was der Satz der Sprache mitteilt; und die Regel ist nichts als ein Hilfsmittel dieser Mitteilung (so wie ich sie, die Regel, verstehe). Schon deshalb darf // kann // die Regel nicht selbst eine Mitteilung sein; denn sonst würde der Sinn des Satzes irgendwie zugleich den Sinn der Mitteilung über den Sprachgebrauch beinhalten.
          Wir müssen uns vergegenwärtigen, wie wir in der Philosophie, d.h. beim Klären grammatischer Fragen, wirklich von Regeln reden; – damit wir auf der Erde bleiben und nicht nebelhafte Konstruktionen machen // bauen // . Ich gebe z.B. Regeln wie: (Ex). fx: V :fa: V :fb = (Ex).fx oder non-non-p = p, oder ich sage, dass es sinnlos ist von einem “rötlichen Grün” zu reden, oder von einem “schwärzlichen Schwarz”, oder ich sage, dass “a = a” sinnlos ist, oder beschreibe eine Notation die dieses Gebilde und “(Ex).x = x” vermeidet, oder sage, es habe keinen Sinn zu sagen, etwas “scheine rot zu scheinen”, oder es habe Sinn zu sagen, dass im Gesichtsraum eine krumme Linie aus geraden Stücken zusammengesetzt sei, oder es habe den gleichen Sinn, zu sagen “der Stein falle, weil er von der Erde angezogen werde” und “der Stein müsse fallen, weil er von der Erde etc.”.
          Ich biete dem Verwirrten eine Regel an und er nimmt sie an. Ich könnte auch sagen: ich biete ihm eine Notation an.
          Wie schaut nun so eine Notation aus? Nun, in den meisten Fällen werde ich Sätze der alten Notation (etwa der Wortsprache) in die entsprechenden Sätze der neuen Schreibweise übersetzen; etwa indem ich schreibe:
alt:
(Ex,y). f(x,y) …
(Ex,y). f(x,y). & .x ≠ y …
neu:
(Ex,y). f(x,y) : V : (Ex). f(x,x)
(Ex,y). f(x,y)
etc..


575
 
   
                   Die Regel entspricht aber in gewissem Sinne dem, was man eine “Annahme” genannt hat. Sie ist quasi ein Satzradikal (chemisch gesprochen). Und es ist charakteristisch für die Art unserer Untersuchung, dass wir uns nicht für die Sätze interessieren, die mit diesem Radikal gebildet werden (können). Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Regel; nicht, dass ich sie jemandem anbiete, nicht, dass jemand sie benützt, etc.. Sie könnte, glaube ich, verglichen werden dem Plan eines Hauses, ich meine einer Zeichnung, die als Plan eines Hauses gebraucht werden kann, der aber kein existierendes Haus entspricht und von der auch nicht gesagt wird, dass ihr einmal eines entsprechen soll, etc..

 
   
                    / Das Rätselhafte am Kontinuum ist, wie das Rätselhafte der Zeit für Augustinus, dadurch bedingt, dass wir durch die Sprache verleitet werden, ein Bild auf sie anzuwenden, das nicht passt. Die Mengenlehre behält das unpassende Bild des Diskontinuierlichen bei, aber sagt diesem Bilde Widersprechendes von ihm aus, mit der Idee, mit Vorurteilen zu brechen. Während in Wirklichkeit darauf hingewiesen werden sollte, dass dieses Bild eben nicht passt und dass man es allerdings nicht strecken kann, ohne es zu zerbrechen // zerreissen // , aber ein neues und in gewissem Sinne dem alten ähnliches brauchen kann. /

 
   
                   Die Beschreibung einer neuen, etwa übersichtlicheren, Notation (denn auf die Uebersichtlichkeit kommt es uns an) ist dann von der gleichen Art, wie die Beschreibung einer jener Sprachen, die die Kinder erfinden, oder von einander lernen, worin z.B. jeder Vokal der gewöhnlichen Sprache // Wörter // verdoppelt und zwischen die Teile der Verdoppelung ein b gestellt wird. Hier sind wir ganz nah an's Spiel herangekommen. So eine Beschreibung oder ein Regelverzeichnis kann man als Definiens
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des Namens der Sprache oder des Spiels auffassen. Denken wir auch an die Beschreibung des Zeichnens, Konstruierens, irgend einer Figur, etwa eines Sternes (welches auch in Spielen eine Rolle spielt). Sie lautet etwa so: “Man zieht eine Gerade von einem Punkt A nach einem Punkt B, etc. etc.”. Diese Beschreibung könnte ich offenbar auch // einfach // durch eine Vorlage, d.h. Zeichnung, ersetzen.
          Das, was hier irrezuführen scheint, ist ein Doppelsinn des Wortes “Beschreibung”, wenn man einmal von der Beschreibung eines wirklichen Hauses oder Baumes etc. spricht, ein andermal // einmal // von der Beschreibung einer Gestalt, Konstruktion, etc., einer Notation, eines Spiels. Worunter aber eben nicht ein Satz gemeint ist der sagt, dass ein solches Spiel irgendwo wirklich gespielt, oder eine solche Notation wirklich verwendet wird; vielmehr steht die Beschreibung statt der hier gebrauchten Wörter “ein solches Spiel” und “eine solche Notation”.
          Die Beschreibung einer Notation fängt (man) charakteristisch(erweise) oft mit den Worten an: “Wir können auch so schreiben: …”. Man könnte fragen: “was ist das für eine Mitteilung, ‘wir können …’” etc.. Man schreibt auch etwa: “übersichtlicher wird unsere Darstellung, wenn wir statt … schreiben: … ; und die Regeln geben …”; und hier stehen die Regeln in einem Satz.

 
   
                   Denken wir uns etwa ein Bild, einen Boxer in bestimmter Kaˇmpfstellung darstellend. Dieses Bild kann nun dazu gebraucht werden um jemandem mitzuteilen, wie er stehen, sich halten soll; oder, wie er sich nicht halten soll; oder, wie ein bestimmter Mann dort und dort gestanden
ist
hat
; etc. etc.. Man könnte dieses Bild ein Satzradikal nennen.

 
   
                   ‘Regel’ ist in demselben Sinne ein Begriff mit ver-
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schwommenen Rändern, wie ‘Blatt’ oder ‘Stiel’ oder ‘Tisch’, etc..

 
   
                   Wenn man eine Notation beschreibt, sagt man etwa: “ich will // werde // in diesem Buch statt ‘p oder q’ ‘p V q’ schreiben”, und das ist natürlich ein kompletter Satz. Das aber, was ich ‘Regel’ nennen will, und etwa “p oder q . = . p ⌵ q” geschrieben wird, ist keiner. – Was ich ‘Regel’ nenne, soll nichts von einer bestimmten (oder auch unbestimmten) Zeit oder einem Ort der Anwendung enthalten, sich auf keine bestimmten (oder unbestimmten) Personen beziehen; sondern nur Instrument der Darstellung sein.
          Wir sagen nun: “wir gebrauchen die Wörter ‘rot’ und ‘grün’ in solcher Weise, dass es als sinnlos gilt (kontradiktorisch ist) zu sagen, am selben Ort sei zu gleicher Zeit rot und grün”. Und dies ist natürlich ein Satz. Erfahrungssatz über unsere tatsächliche Sprache.

 
   
                   Welcher Art nun sind die Regeln, welche sagen, dass die und die Zusammenstellungen von Wörtern keinen Sinn haben? Sind sie von der Art derjenigen Vorschriften, welche etwa sagen, dass es keine Spielstellung im Schach ist, wenn zwei Figuren auf dem gleichen Feld stehen, oder wenn eine Figur auf der Grenze zwischen zwei Feldern steht, etc.? Diese Sätze sind wieder wie gewisse Handlungen, ﹖– wie wenn man etwa ein Schachbrett –﹖ aus einem grösseren Stück karierten Papiers herausschneidet. Sie ziehen eine Grenze. – Was heisst es denn, zu sagen: “diese Wortzusammenstellung heisst nichts”. Von einem Namen kann man sagen “diesen Namen habe ich niemandem gegeben” und das Namengeben ist eine bestimmte Handlung (Uumhängen eines Täfelchens).
          Denken wir an die Darstellung einer Reise auf der Erde durch eine Linie in der Projektion der zwei Halbkugeln und dass wir sagen: ein Linien-
578
stück, das auf der Zeichenebene die Grenzkreise Projektionen verlässt, ist in dieser Darstellung sinnlos. Man könnte auch sagen: nichts ist darüber ausgemacht worden.

 
   
                   Wer etwas dagegen hat, dass man sagt, die Regeln der Grammatik seien Spielregeln, hat in dem Sinne Recht, dass das, was das Spiel zum Spiel macht die Konkurrenz von Spielern, der Zweck der Unterhaltung und Erholung, in der Grammatik abwesend ist, etc.. Aber niemand wird leugnen, dass das Studium des Wesens der Spielregeln für das Studium der grammatischen Regeln nützlich sein muss, da irgend eine Ähnlichkeit zweifellos besteht. Es ist überhaupt besser, ohne ein gefasstes Urteil oder Vorurteil über die Analogie zwischen Grammatik und Spiel, und nur getrieben von dem sicheren Instinkt, dass hier eine Verwandtschaft vorliegt, die Spielregeln zu betrachten. Und hier wieder soll man einfach berichten, was man sieht und nicht fürchten, dass man damit eine wichtige Anschauung untergräbt, oder auch, seine Zeit mit etwas Ueberflüssigem verliert.
          Man sieht dann vor allem, wie der Begriff des Spiels und damit der Spielregel ein an den Rändern verschwimmender ist.
          Ferner sieht man etwa Folgendes, wenn man die Regeln z.B. des Schachspiels betrachtet: Es gibt hier Sätze, die die Züge der einzelnen Figuren beschreiben; allgemeiner ausgedrückt, Regeln über Spielhandlungen. Dann aber gibt es doch die Sätze, die die Grundstellung beschreiben und solche, die das Schachbrett beschreiben.

 
   
                   Eine sehr interessante Erwägung über die Stellung des Zahlbegriffs in der Logik ist die: Wie steht // ist // es mit dem Zahlbegriff, wenn ein Volk keine Zahlwörter besitzt, sondern sich statt dieser immer eines Abacus bedient, etwa einer Russischen Rechenmaschine? // … sondern sich zum Zählen, Rechnen, etc. ausschliesslich
579
eines Abacus bedient, etwa der Russischen Rechenmaschine? //
          (Nichts wäre interessanter, als die Arithmetik dieser Menschen zu untersuchen und man verstünde wirklich, dass es hier keinen Unterschied zwischen 20 und 21 gibt // dass hier kein Unterschied zwischen 20 und 21
besteht
existiert
// .)

 
   
                   Ich nehme an, dass dieses Haus nicht in einer halben Stunde zusammenstürzen wird. Wann nehme ich das an? Die ganze Zeit? und was ist dieses Annehmen für eine Tätigkeit? Heisst, das annehmen, nicht (wieder) zweierlei? Einmal bezeichnet es eine hypothetische, psychologische Disposition; einmal den Akt des Denkens, Ausdrückens, jenes Satzes // des Satzes “das Haus wird nicht einstürzen” // . Im ersten Sinne ist das Kriterium dafür, dass ich jene Annahme mache // das annehme // das, was ich sonst sage, fühle und tue; im andern Sinn, dass ich einen Satz sage, der wieder ein Glied einer Rechnung // Kalkulation // ist. Nun sagt man: Du musst aber doch einen Grund haben, das anzunehmen, sonst ist die Annahme ungestützt und wertlos (erinnere Dich daran, dass wir zwar auf der Erde stehen, die Erde aber nicht wieder auf irgend etwas; und Kinder glauben, sie müsse fallen, wenn sie nicht gestützt ist). Nun, ich habe auch Gründe zu meiner Annahme. Sie lauten etwa: dass das Haus schon jahrelang gestanden hat, aber nicht so lang, dass es schon baufällig sein könnte, etc. etc.. Was ein Grund wofür ist (Was als Grund wofür gilt) kann von [V|v]ornherein angegeben werden und beschreibt // bestimmt // einen Kalkül, in welchem // dem // eben das eine ein Grund des andern ist. Soll aber nun ein Grund für diesen ganzen Kalkül gegeben werden, so sehen wir, dass er fehlt. Fragt man aber, ob der Kalkül also eine willkürliche Annahme ist, so ist die Antwort, dass er so wenig ist, wie die Furcht vor dem Feuer oder einem wütenden Menschen, der sich uns nähert.
           Wenn man nun sagt: gewiss sind doch die Regeln der Grammatik,
580
nach denen wir vorgehen und operieren, nicht willkürlich; so müsste man zur Antwort fragen: Gut also, warum denkt denn ein Mensch wie er denkt? warum geht er denn durch diese Denkhandlungen? (gefragt ist hier natürlich nach den Gründen, nicht Ursachen). Nun, da lassen sich Gründe in dem Kalkül angeben; und ganz zum Schluss ist man dann versucht zu sagen: “es ist eben sehr wahrscheinlich, dass sich das Ding jetzt so verhalten wird, wie es sich immer verhalten hat” // … dass das Ding jetzt das gleiche Verhalten zeigen wird, das es immer gezeigt hat” // , – oder dergleichen. Eine Redensart, die den Anfang des Raisonnements verhüllt und hier // an diesem Anfang // eine ähnliche Rolle spielt, wie der Schöpfer am Beginn // Anfang // der Welt, der // welcher // zwar in Wirklichkeit nichts erklärt, aber ein einen den Menschen acceptabler acceptab[el|le]n Anfang ist macht.
          Das, was so schwer einzusehen ist, ist, dass, solange wir ein Wahr-Falsch-Spiel spielen // dass, solange wir im Bereich der Wahr-Falsch-Spiele bleiben // , eine Aenderung der Grammatik uns nur von einem solchen ˇSpiel zu einem andern führen kann, aber nicht von etwas Wahrem zu etwas Falschem. Und wenn wir anderseits aus dem Bereich dieser Spiele heraustreten, so nennen wir es eben nicht mehr Grammatik, und zu einem Widerspruch mit der Wirklichkeit kommen wir wieder nicht.

 
   
                   Denken wir uns die Tätigkeit in einem Haus, in einer Werkstätte. Da wird gehobelt, gesägt, gestrichen, etc. etc.; und ausserdem gibt es da eine Tätigkeit, die man ‘rRechnen’ nennt, und die sich scheinbar von allen den andern unterscheidet // von allen diesen unterscheidet // , besonders, was
ihren
den
Grund anbelangt. Wir machen da etwa ein Bild. Die Tätigkeit des Rechnens (Zeichnens, etc.) verbindet Teile der andern Tätigkeit. Er setzt aus, rechnet etwas, dann misst er und arbeitet mit dem Hobel weiter. Er setzt auch manchmal aus, um das Hobelmesser zu schleifen; aber ist
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diese Tätigkeit analog der andern des Kalkulierens? – “Aber Du glaubst doch auch, dass mehr Kessel explodieren würden // mehr Kesselexplosionen wären // , wenn die Kessel nicht berechnet würden”. “Ja, ich glaube es; – aber was will das sagen?” Folgt daraus, dass weniger sein werden? Und was ist denn die Grundlage dieses Glaubens?
          Wenn man nun nach dem Grund einer einzelnen Denkhandlung (Kalkülhandlung) fragt, so erhält man als Antwort die Auseinandersetzung eines Systems dem die Handlung angehört.

 
   
                    / Die Menschen, welche kein Bedürfnis nach Durchsichtigkeit ihrer Argumentation haben, sind für die Philosophie verloren. /

 
   
                   Wenn man fragt “warum gibst Du Eier in diesen Teig”, so ist die Antwort etwa “weil der Kuchen dann besser schmeckt”. Also, man hört // erfährt // eine Wirkung und sie wird als Grund gegeben.
          Wenn ich dem Holzblock eine bestimmte Form geben will, so ist der Hieb der richtige, der diese Form erzeugt. – Ich nenne aber nicht das Argument das richtige, das die erwünschten Folgen hat. Vielmehr nenne ich die Rechnung falsch, obwohl // auch wenn // die Handlungen, die dem Resultat entspringen, zum gewünschten Ende geführt haben. (“Ich mach' den Haupttreffer, und er will mich belehren!”) Das zeigt, dass die Rechtfertigungen in den beiden Fällen verschiedene sind, und also “Rechtfertigung” verschiedenes in beiden bedeutet. In einem Fall kann man sagen: “Wart' nur, Du wirst schon sehen, dass das Richtige (d.h. hier: Gewünschte) herauskommt”; im andern ist dies keine Rechtfertigung.
          Wenn man nun vo[r|n] der Willkürlichkeit der grammatischen Regeln spricht, so kann das nur bedeuten, dass es die Rechtfertigung, die in der Grammatik als solche gilt, nicht für die Grammatik gilt. Und wenn
582
man das Rechnen und // aber // nicht das Kochen dem Spiel vergleicht, ﹖– so ist es
aus eben
eben aus
diesem Grunde –﹖. Das ist aber auch der Grund, warum man das Kochen keinen Kalkül nennen würde. Wie ist es aber mit dem Aufräumen eines Zimmers, oder dem Ordnen eines Bücherschrankes, – oder dem Stricken eines bestimmten Musters? Diese Dinge kommen dem Spiel in irgend einer Weise näher. Ich glaube, der Grund, warum man das Kochen kein Spiel zu nennen versucht ist, ist der: es gibt natürlich auch für das Kochen Regeln, aber “Kochen” bezeichnet nicht wesentlich eine Tätigkeit nach diesen Regeln, sondern eine Tätigkeit, die ein bestimmtes Resultat hat. Es ist z.B. ˇetwa eine Regel, dass man Eier 3 Minuten lang kocht, um weiche Eier zu erhalten; wird aber durch irgend welche Umstände das gleiche Ergebnis durch 5 Minuten langes Kochen erreicht, so sagt man nun nicht “das heisst dann nicht ‘weiche Eier kochen’”. Dagegen heisst “Schachspielen” nicht die Tätigkeit, die ein bestimmtes Ergebnis hat, sondern dieses Wort bedeutet eine Tätigkeit, die nach gewissen Regeln ausgeführt wird. Die Regeln der Kochkunst hängen mit der Grammatik des Wortes “kochen” anders zusammen, als die Regeln des Schachspiels mit der Grammatik des Wortes “Schach spielen” und als die Regeln des Multiplizierens mit der Grammatik des Wortes “multiplizieren”.
          Die Regeln der Grammatik sind so (d.h. in demselben Sinne) willkürlich, wie die Wahl einer Masseinheit. Aber das kann doch nur heissen, dass sie von der Länge des zZu/ messenden unabhängig ist. Und dass nicht die Wahl der einen Einheit ‘wahr’, der andern ‘falsch’ ist, wie die Angabe der Länge wahr oder falsch ist. Was natürlich nur eine Bemerkung über die Grammatik des Wortes “Längeneinheit” ist.
 
   
          Man ist versucht, die Regeln der Grammatik durch Sätze zu rechtfertigen von der Art: “Aber es gibt doch wirklich 4 primäre Farben”; und gegen die Möglichkeit dieser Rechtfertigung, die nach dem Modell der Rechtfertigung eines Satzes durch (den) Hinweis auf seine Verifikation gebaut ist, richtet sich das Wort, dass die Regeln der Grammatik willkürlich sind.
583

          Kann man aber nicht doch in irgend einem Sinne sagen, dass die Grammatik der Farbwörter die Welt, wie sie tatsächlich ist, charakterisiert? Man möchte sagen: kann ich nicht wirklich vergebens einer nach einer fünften primären Farbe suchen? – (Und wenn man suchen kann, dann ist ein Finden denkbar.) Nimmt man nicht die primären Farben zusammen, weil sie eine Aehnlichkeit haben, oder zum mindesten die Farben, im Gegensatz z.B.
zu den
von
Formen oder Tönen, weil sie eine Aehnlichkeit haben? Oder habe ich, wenn ich diese Einteilung der Welt als die richtige hinstelle, schon eine vorgefasste Idee als Paradigma im Kopf? Von der ich dann etwa nur sagen kann: “ja, das ist die Weise // Art // , wie wir die Dinge betrachten”, oder “wir wollen eben ein solches Bild (von der Wirklichkeit) machen”. Wenn ich nämlich sage: “die primären Farben haben doch eine bestimmte Aehnlichkeit miteinander” – woher nehme ich den Begriff dieser Aehnlichkeit? D.h.: habe ich hier eine Funktion “x ähnlich mit y”, in die ich die Farben als Argumente einsetzen kann? Ist nicht so, wie der Begriff “primäre Farbe” nichts andres ist, als “blau oder ro[r|t] oder grün oder gelb”, – auch der Begriff jener Aehnlichkeit nur durch die vier Farben gegeben? Ja, sind sie nicht die gleichen! – Ja, könnte man denn auch rot, grün und kreisförmig zusammenfassen? Warum nicht?!
          Die Wichtigkeit in einem Spiel liegt darin, dass wir dieses Spiel spielen. Dass wir diese Handlungen ausführen. Es verliert seine Wichtigkeit nicht dadurch, dass es selbst nicht wieder eine Handlung in einem andern (übergeordneten) Spiel ist.
          Warum nenne ich die Regeln des Kochens nicht willkürlich; und warum bin ich versucht, die Regeln der Grammat[u|i]k willkürlich zu nennen? Weil das Kochen’ durch seinen Zweck definiert ist, dagegen der Gebrauch der Sprache nicht. Darum ist der Gebrauch der Sprache in einem gewissen Sinne autonom, in dem das Kochen und Waschen es nicht ist. Denn, wer sich beim Kochen nach andern als/den richtigen Regeln richtet, kocht schlecht; aber wer sich nach andern Regeln als denen des Schach richtet, spielt ein anderes Spiel und wer sich nach andern grammatischen Regeln richtet, als den
584
und den, spricht darum nichts Falsches, sondern etwas von etwas Anderem.

 
   
                   Die Stellung der Spielregeln zu den Sätzen. Eine Regel verhält sich zu einem Erfahrungssatz ähnlich, wie die Zeichnung, die die charakteristischen Merkmale eines Wohnhausplanes hat, zu der Beschreibung, welche sich einer solchen Zeichnung bedient, und welche sagt, dass so ein Haus dort und dort existiere // stehe // .
          Der Respekt, den man vor den Regeln des Schachspiels – etwa – hat, entspringt // kommt // daher, dass die Spiele die diese Regeln charakterisieren, uns in vielerlei Beziehung gemäss sind. Denken wir uns aber, ich erfände // beschriebe // ein Spiel, das ich etwa “Abrakadabra” nenne und gebe dafür die Regel: “Man lege einen Feldstein in eine viereckige Kiste, nagle die Kiste zu und werfe mit einem andern Stein nach ihr” – gewiss hat dieses Gebilde auch der Recht, eine Regel genannt zu werden. Man wird nur fragen: “was soll das alles? wozu sollen wir das machen?” Aber auf solche Fragen geben ja auch die Schachregeln keine Antwort. Aber in dem Fall der eben gegebenen Regel fällt das Wort “man lege … und werfe” auf, // fällt das Wort auf “man lege … und werfe”, // nämlich die imperative Form; man möchte fragen: warum soll ich … legen etc., oder in welchem Fall? Was muss mein Zweck sein, damit ich das tun soll? Das heisst, der Imperativ scheint uns hier unsinnig. Aber er ist es ebensowenig, wie in einer gewöhnlichen Spielregel. Nur sieht man hier // in diesem Fall // klar, dass man es nicht mit einem kompletten Satz zu tun hat. Höchstens mit der Definition von “Abrakadabra”; nämlich: “Abrakadabra spielen” heisst, einen Feldstein in eine Kiste legen, etc..

 
   
                   Statt der Zeichnung allein, die zur Beschreibung eines bestimmten Hauses dienen kann, könnte man sich auch die unangewandte
585
Beschreibung eines Haushaltes, etwa die Einteilung eines ganzen Tages denken, von welcher Beschreibung die Planzeichnung einen Teil bilden würde. Das entspräche etwa der Beschreibung des Schachbretts und der Figuren und der erlaubten Züge, und etwas Aehnliches gibt es auch in der Grammatik.

 
   
                   Das Schema: Ding-Eigenschaft. Man sagt: eine Handlung habe eine Eigenschaft! etwa die der Schnelligkeit; oder die der Güte.

 
   
                   Die Gleichung p & q = p zeigt eigentlich den Zusammenhang des Folgens und der Wahrheitsfunktionen.

 
   
                   “In den Regeln darf kein Widerspruch sein”, das klingt so, wie eine Vorschrift: “in einer Uhr darf der Zeiger nicht lokker auf seiner Welle sitzen”. Man erwartet sich dann eine Begründung: weil sonst … Im ersten Falle könnte diese Begründung aber nur lauten: weil es sonst kein Regelverzeichnis ist. Es ist eben wieder ein Fall der grammatischen Struktur, die sich logisch nicht begründen lässt.

 
   
                   Es hat keinen Sinn, von einem schwarzen Zweieck im weissen Kreis zu reden; und dieser Fall ist analog dem: es ist sinnlos zu sagen, das Viereck bestehe aus 0 Teilen (keinem Teil).
          Hier haben wir etwas, wie eine untere Grenze des Zählens, noch ehe wir die Eins erreichen.

 
   
                    Ist Teile Zählen in I das Gleiche, wie Punkte Zählen in IV? Und worin besteht der Unterschied? Man kann das Zählen der Teile in I auffassen als ein Zählen
577
von Vierecken. Dann kann man aber auch sagen “in dieser Zeile ist kein Viereck”; und dann zählt man nicht Teile. Es beunruhigt uns die Analogie zwischen dem Zählen der Punkte und der Teile, und das
Versagen
Auslassen
dieser Analogie.
          Darin, die ungeteilte Fläche als “Eins” zu zählen, ist etwas Seltsames; dagegen finden wir keine Schwierigkeit darin, die einmal geteilte als Bild der 2 zu sehen. Man möchte hier viel lieber zählen “0, 2, 3, etc.”. Und dies entspricht der Zahlenreihe Satzreihe: “das Viereck ist ungeteilt”, “das Viereck ist in 2 Teile geteilt”, etc.

 
   
                   Das Natürlichste ist, die Reihe der Schemata aufzufassen als
A
A B
A B C
A B C D
etc.
. Und hier kann man nun die das erste Schema mit ‘0’ bezeichnen, das zweite mit ‘1’, das dritte aber etwa mit ‘3’, wenn man an alle möglichen Unterschiede denkt, und das vierte mit ‘6’. Oder man nennt das dritte Schema ‘2’ (wenn man sich bloss um eine Anordnung kümmert) und das vierte ‘3’.

 
   
                   Man kann die Teiligkeit des Vierecks beschreiben, indem man sagt: es ist in
5
fünf
Teile geteilt, oder: es sind 4 Teile davon abgetrennt worden, oder: es hat das Teilungsschema ABCDE, oder: man kommt durch alle Teile, indem man 4 Grenzen passiert, oder: das Viereck ist geteilt (d.h. in 2 Teile), der eine Teil wieder geteilt und beide Teile dieser Teilung geteilt, – etc..
          Ich will zeigen, dass nicht nur eine Methode besteht, die Teiligkeit zu beschreiben.

587
 
   
                   Man wird sich aber vielleicht auch enthalten, den Unterschied überhaupt mit einer Zahl zu bezeichnen, sondern sich ganz an die Schemata A, AB, ABC, etc. halten. Oder es auch so schreiben:
1, 12, 123, etc., oder, was auf das Gleiche hinauskommt: 0, 01, 012, etc..
          Diese kann man sehr wohl auch Zahlzeichen nennen.

 
   
                   Die Schemata: A, AB, ABC, etc.: 1, 12, 123, etc.; !, !!, !!!, etc.; !.!, !..!, !...!, etc.; 0, 1, 2, 3, etc.; 1, 2, 3, etc.; 1, 12, 121323, etc.; etc. – sind alle gleich fundamental.

 
   
                   Man wundert sich nun, darüber, dass das Zahlenschema, mit welchem man Soldaten in einer Kaserne zählt, nicht auch für die Teile eines Vierecks gelten soll. Aber das Schema der Soldaten in der Kaserne ist , das der Teile des Vierecks . Keines ist im Vergleich zum andern primär.

 
   
                   Ich kann die Reihe der Teilungsschemata sowohl mit der Reihe 1, 2, 3, etc. als auch mit der Reihe 0, 1, 2, 3, etc. vergleichen.
          Zähle ich die Teile, so gibt es in meiner Zahlenreihe keine 0, denn die Reihe
A
A B
A B C
etc.
fängt mit einem Buchstaben an, während die Reihe ! !, !.!, !..!, etc. nicht mit einem Punkt anfängt. Ich kann dagegen auch mit dieser Reihe alle Tatsachen der Teilung darstellen, nur “zähle ich dann nicht die Teile”.

 
   
                   Könnte man auch eine Zahlenart den Kardinalzahlen
588
entgegensetzen, deren Reihe der der Kardinalzahlen ohne der 5 entspräche? Oh ja: nur wäre diese Zahlenart zu nichts zu brauchen, wozu die Kardinalzahlen es sind. Und die 5 fehlt diesen Zahlen nicht, wie ein Apfel, den man aus einer Kiste voller Aepfel herausgenommen // genommen // hat und wieder hineinlegen kann, sondern die 5 fehlt dem Wesen dieser Zahlen; sie kennen die 5 nicht (wie die Kardinalzahlen die Zahl
1
2
nicht kennen). Angewendet würden also diese Zahlen (wenn man sie so nennen will) in einem Fall, in dem die Kardinalzahlen (mit der 5) nicht mit Sinn angewendet werden könnten.
          (Zeigt sich hier nicht die Unsinnigkeit des Geredes von der “Grundintuition”?)

 
   
                   Regeln der Grammatik, die eine “Verbindung zwischen Sprache und Wirklichkeit” herstellen, und solche, die es nicht tun. Von der ersten Art etwa: “diese Farbe nenne ich ‘rot’”, – von der zweiten: “ “non-non-p = p”. Aber über diesen Unterschied besteht ein Irrtum: der Unterschied scheint prinzipieller Art zu sein; und die Sprache wesentlich etwas, dem eine Struktur gegeben, und was dann der Wirklichkeit aufgepasst wird.

 
   
                   Die Philosophen, welche sagen: “nach dem Tod wird ein zeitloser Zustand eintreten”, oder “mit dem Tod tritt ein zeitloser Zustand ein”, und nicht merken, dass sie im zeitlichen Sinne “noch” und “mit” und “tritt ein” gesagt haben, und dass die Zeitlichkeit in ihrer Grammatik liegt. –

 
   
                   Unrichtig ausgedrückt, aber so, wie man es zunächst ausdrücken würde, lautet das Problem: “warum kann man sagen ‘es gibt 2 Far-
589
ben auf dieser Fläche’ und nicht ‘es gibt eine Farbe auf dieser Fläche’?” Oder: wie muss sich die grammatische Regel ausdrücken, dass ich nicht mehr versucht bin Unsinniges zu sagen, und dass sie mir selbstverständlich ist? Wo liegt der falsche Gedanke, die falsche Analogie, durch die ich verführt werde, die Sprache unrichtig zu gebrauchen? Wie muss ich die Grammatik darstellen, dass diese Versuchung wegfällt? Ich glaube, dass die Darstellung durch die Reihen
A
A B
A B C
u.s.w.
und
! !
!.!
!. .!
u.s.w.
die Unklarheit hebt.
          Es kommt alles darauf an, ob ich mit einer Zahlenreihe zähle, die mit 0 anfängt, oder mit einer, die mit 1 anfängt.
          So ist es auch, wenn ich die Längen von Stäben, oder die Grössen von Hüten zähle.
          Wenn ich mit Zählstrichen zähle, so könnte ich sie dann so schreiben: , um zu zeigen, dass es auf den Richtungsunterschied ankommt und der einfache Strich der 0 entspricht (d.h. der Anfang ist).

 
   
                   (Der aufregende Charakter der grammatischen Unklarheit.)

 
   
                   Der Sinn
des
eines
Satzes ist nicht pneumatisch, sondern ist das, was auf die Frage nach der Erklärung des Sinnes zur Antwort kommt. Und – oder – der eine Sinn unterscheidet sich vom andern, wie die Erklärung des einen von der Erklärung des andern.

 
   
                   Welche Rolle der Satz im Kalkül spielt, das ist sein Sinn.

590
 
   
                   Der Sinn steht also nicht hinter ihm (wie der psychische Vorgang der Vorstellungen etc.).

 
   
                   Welche Sätze aus ihm folgen und aus welchen Sätzen er folgt, das macht seinen Sinn aus. Daher auch die Frage nach seiner Verifikation eine Frage nach seinem Sinn ist.

 
   
                   Wende das auf einen Satz an, wie etwa “es wird niemals Menschen mit 2 Köpfen geben”. Dieser Satz scheint irgendwie ins Unendliche, Unverifizierbare zu reichen und sein Sinn von jeder Verifikation unabhängig zu sein. Aber wenn wir seinen Sinn erforschen wollen, so meldet sich ganz richtig die Frage: Können wir die Wahrheit eines solchen Satzes je wissen, und wie können wir sie wissen; und welche Gründe können wir haben, was der Satz sagt anzunehmen oder abzulehnen? Nun wird man vielleicht sagen: es ist ja nach dem Sinn gefragt worden; und nicht danach, ob und wie man ihn wissen kann. Aber die Antwort auf die Frage “wie kann man diesen Satz wissen?” ist nicht eine psychologische, sondern sagt, aus welchem andern Satz er folgt, gehört also zur Grammatik des erstern. Und die Gründe, die möglich sind den Satz anzunehmen, sind nicht persönliche Angelegenheiten, sondern Teile des Kalküls zu dem der Satz gehört. Wenn ich frage: wie kann ich den Satz “jemand ist im Nebenzimmer” verifizieren, oder wie kann ich herausfinden, dass jemand im Nebenzimmer ist, so ist es etwa eine Antwort: in_ dem ich ins Nebenzimmer gehe und ihn sehe”. Wenn nun gefragt wird “wie kann ich ins Nebenzimmer kommen, wenn die Türe versperrt ist”, so ist dieses “kann” ein anderes, als das erste: Die erste Frage nach der Möglichkeit (der logischen) hatte eine Erklärung über den Satzkalkül zur Antwort, dass nämlich dieser Satz aus jenem folgt; die zweite Frage war
591
eine nach der physikalischen Möglichkeit und hatte einen Erfahrungssatz zur Antwort: dass man, etwa, die Mauer nicht durchbrechen könne, weil sie zu stark sei, dagegen die Tür mit einem Sperrhaken öffnen könne. Beide Fragen nun sind in gewissem Sinn, aber nicht im gleichen, Fragen nach der Verifikation. Und, indem man die erste Art mit der zweiten verwechselt, glaubt man, die Frage nach der Verifikation sei für den Sinn ohne Belang. Die Gründe für die Annahme eines Satzes sind nicht zu verwechseln mit den Ursachen der Annahme. Jene gehören zum Kalkül des Satzes.

 
   
                   Die Ursachen, warum wir einen Satz glauben, wären
für die
bei der
Frage, was es denn ist, was wir glauben, allerdings irrelevant, aber nicht so die Gründe, die ja mit dem Satz intern verwandt sind und uns sagen, wer er ist.

 
   
                   Und der Sinn des Satzes ist ja nicht etwas, was wir erforschen, und vielleicht zum Teil unerforschlich ist. So dass wir später erst noch einmal daraufkommen könnten, dass dieser Satz von andern Wesen als wir sind, auf eine andere Art gewusst werden kann. So dass er dieser Satz mit diesem Sinn bliebe, dieser Sinn aber Eigenschaften hätte, die wir jetzt nicht ahnen. Der Satz, oder sein Sinn, ist nicht das pneumatische Wesen, was sein Eigenleben hat und nun Abenteuer besteht, von denen wir nichts zu wissen brauchen. Wir hätten ihm quasi Geist von unserm Geist eingehaucht – seinen Sinn – aber nun hat er sein Eigenleben – wie unser Kind – und wir können ihn (nur) erforschen und mehr oder weniger verstehen.

 
   
                   Der Instinkt führt Einen richtig, der zur Frage führt: Wie kann man so etwas wissen; was für einen Grund können wir haben,
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das anzunehmen; aus welchen Erfahrungen würden wir so einen Satz ableiten; etc..

 
   
                   Der Sinn ist keine Seele des Satzes. Er muss, so weit wir an ihm interessiert sind, sich gänzlich ausmessen lassen, sich ganz in Zeichen offenbaren // erschliessen // .

 
   
                   Wenn man nun fragt: hat es Sinn zu sagen “es wird nie das und das geben”? – Nun, welche Evidenz gibt es dafür; und was folgt daraus? – Denn, wenn es keine Evidenz dafür gibt – nicht, dass wir noch nicht im Stande waren sie zu kriegen – sondern, dass // wenn // keine im Kalkül vorgesehen wurde, – dann ist damit der Charakter dieses Satzes bestimmt. Wie das Wesen einer Zahlenart dadurch, dass kein Vergleich zwischen ihr und gewissen Rationalzahlen möglich ist.

 
   
                   Uebrigens: Eine Zahl, die heute auf bewusste Weise mittels des Fermat'schen Satzes definiert ist, wird dadurch nicht geändert, dass der Beweis dieses Satzes, oder des Gegenteils, gefunden wird. Denn der Kalkül dieser Zahl weiss von dieser Lösung des Problems nichts (und wird auch dann nichts von ihr wissen).

 
   
                   “Ich werde nie einen Menschen mit 2 Köpfen sehen”: man glaubt, durch diesen Satz irgendwie in die Unendlichkeit zu reichen. Quasi, zum mindesten eine Eisenbahn dorthin gelegt zu haben, wenn wir auch noch nicht die ganze Strecke [g|b]ereist haben.
          Es liegt da die Idee zu Grunde, dass z.B. das Wort “nie” die Unend-
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lichkeit bereits // schon // mitbringe, da das eben seine Bedeutung ist.
          Es kommt darauf an: Was kann ich mit so einem Satz tun // anfangen // ; denn, auf die Frage “was bedeutet er?” kommt ja wieder ein Satz zur Antwort, und der führt mich solange nicht weiter, als ich aus der Erklärung nichts über die Züge erfahre, die ich mit den Figuren machen darf. (Als ich, sozusagen, nur immer wieder die gleiche Konfiguration vor mir sehe und keine anderen, die ich aus ihr bilden kann.) So höre ich z.B., dass keine Erfahrung diesen Satz beweisen kann und das beruhigt mich über seine unendliche Bedeutung.

 
   
                   Manche Philosophen (oder wie man sie nennen soll) leiden an dem, was man “loss of problems”, “Problemverlust” nennen kann. Es scheint ihnen dann alles ganz einfach und es scheinen keine tiefen Probleme mehr zu existieren, die Welt wird weit und flach und verliert jede Tiefe; und was sie schreiben, wird unendlich seicht und trivial. Russell und H.G. Wells haben dieses Leiden.

 
   
                   Aus keiner Evidenz folgt, dass dieser Satz wahr ist. – Ja, aber ich kann doch glauben, dass er wahr ist // dass das der Fall ist, was er sagt // ! Aber was heisst das: “glauben, dass das der Fall ist”? Reicht etwa dieser Glaube in die Unendlichkeit; fliegt er der Verifikation voran? – Was heisst es, das glauben? Diesen Satz mit bestimmten Gefühlen sagen? ist es ein bestimmtes Benehmen? denn etwas andres kann es doch nicht sein. – Und dann interessiert es uns nur insofern, als es ein Kalkulieren mit dem Satz ist.

 
   
                   Es gibt so viel verschiedene Allgemeinheiten, als es verschiedene Zahlarten gibt. // Es gibt so viel verschiedene ‘alle’, als es
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verschiedene ‘Eins’ gibt. //

 
   
                   Darum nützt es nichts, zur Klärung das Wort “alle” zu gebrauchen, wenn man seine Grammatik in diesem Fall noch nicht kennt.

 
   
                   Ein einfaches Sprachspiel ist z.B. dieses: Man spricht zu einem Kind (es kann aber auch ein Erwachsener sein), indem man das elektrische Licht in einem Raum andreht: “Licht”, dann, indem man es abdreht: “Finster”; und tut das etwa mehrere Male mit Betonung und variierenden Zeitlängen. Dann geht man etwa in das Nebenzimmer, dreht von dort aus das Licht im ersten an und bringt das Kind dazu, dass es mitteilt, ob es licht oder finster ist. // dass es mitteilt: “Licht”, oder: “Finster”. //
          Soll ich da nun “Licht” und “Finster” ‘Sätze’ nennen? Nun, wie ich will. – Und wie ist es mit der ‘Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit’?

 
   
                   Wenn ich bestimmte einfache Spiele beschreibe, so geschieht es nicht, um mit ihnen nach und nach die wirklichen Vorgänge der Sprache – oder des Denkens – aufzubauen, was nur zu Ungerechtigkeiten führt, – sondern ich stelle die Spiele als solche hin, und lasse sie ihre aufklärende Wirkung auf die besonderen Probleme ausstrahlen.

 
   
                   Ich habe ein Bild mit verschwommenen Farben und komplizierten Uebergängen. Ich stelle ein einfaches mit klargeschiedenen Farben, aber mit dem ersten verwandtes, daneben. Ich sage nicht, dass das erste eigentlich das zweite // andere // sei; aber ich lade den Andern ein, das einfache anzusehen, und verspreche mir davon, dass gewisse Beunruhigungen für ihn verschwinden werden.

595
 
   
                   (Hängt meine Art des Denkens mit dem Zerfall der grossen Staaten in kleine unabhängige, mit dem Hervortreten der Minoritäten // Respektieren der Minoritäten // zusammen?)

 
   
                   Man könnte oben sagen: “die Worte ‘Licht’, ‘Finster’ sind hier als Sätze gemeint und sind nicht einfach Wörter”. Das heisst, sie sind hier nicht so gebraucht, wie wir sie in der gewöhnlichen Sprache gebrauchen (obwohl wir tatsächlich auch oft so sprechen). Aber wenn ich plötzlich ohne sichtbaren Anlass das Wort “Licht” isoliert ausspreche, so wird man allerdings sagen: “was heisst das? das ist doch kein Satz” oder: “Du sagst ‘Licht’, nun was soll's damit?” Das Aussprechen des Wortes “Licht” ist in diesem Fall sozusagen noch ﹖– (kompletter) Zug des Spiels, which we expect the other to play –﹖.

 
   
                   Wie unterscheidet sich nun “Licht”, wenn es den Wunsch nach Licht ausdrückt, von “Licht”, wenn es konstatiert, dass es im Zimmer licht ist? Dass wir es in jedem Fall anders meinen? Und worin besteht das? In bestimmten Vorgängen, die das Aussprechen begleiten, oder in einem bestimmten Benehmen, das ihm vorangeht, eventuell es begleitet, und ihm folgt?

 
   
                   Wenn ein Mann im Ertrinken “Hilfe!” schreit, – konstatiert er die Tatsache, dass er Hilfe bedarf? dass er ohne Hilfe ertrinken wird? – Dagegen gibt es den Fall, in dem man, quasi, sich beobachtend sagt “ich hätte jetzt (oder: habe) jetzt den Wunsch nach …”.

 
   
                   Ich sage das Wort “Licht!”, – der Andere fragt mich:
596
“was meinst Du?” – und ich sage // antworte // : “Ich meinte, Du sollst Licht machen”. – Wie war das, als ich es meinte? Sprach ich den “kompletten Satz” in der Vorstellung unhörbar aus, oder den entsprechenden in einer andern Sprache? (Ja, das kann vorkommen oder auch nicht.) Die Fälle, die man alle mit dem Ausdruck “ich meinte” zusammenfasst, sind sehr mannigfach.

 
   
                   Nun kann man ruhig annehmen: ‘ich meinte, Du solltest Licht machen’ heisst, dass mir dabei ein Phantasiebild von Dir in dieser Tätigkeit vorgeschwebt hat, und ebensogut: der Satz heisst, dass mir dabei die Worte des vollständigen Satzes in der Phantasie gegenwärtig waren, oder, dass eins von diesen beiden der Fall war; – nur muss ich wissen, dass ich damit eine Festsetzung über die Worte “ich meinte” getroffen habe und eine engere, als die ist, welche dem tatsächlichen allgemeinen Gebrauch des Ausdrucks entspricht.

 
   
                   Wenn das Meinen für uns irgendw eine Bedeutung, Wichtigkeit, haben soll, so muss dem System der Sätze ein System der Meinungen zugeordnet sein, was immer für Vorgänge die Meinungen sein sollen.

 
   
                   Inwiefern stimmt nun das Wort “Licht” im obigen Symbolismus oder Zeichenspiel mit einer Wirklichkeit überein, – oder nicht überein?
          Wie gebrauchen wir überhaupt das Wort “übereinstimmen”? – Wir sagen “die beiden Uhren stimmen überein”, wenn sie die gleiche Zeit zeigen, “die beiden Masstäbe stimmen überein”, wenn gewisse Teilstriche zusammenfallen,
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“die beiden Farben stimmen überein”, wenn etwa ihre Zusammenstellung uns angenehm ist. Wir sagen “die beiden Längen stimmen überein”, wenn sie gleich sind, aber auch, wenn sie in einem von uns gewünschten Verhältnis stehen. Und, dass sie “übereinstimmen” heisst dann, nichts andres, als dass sie in diesem Verhältnis – etwa 1 : 2 – stehen. So muss also in jedem Fall erst festgesetzt werden, was unter “Uebersti “Uebereinstimmung” zu verstehen ist. – So ist es nun auch mit der Uebereinstimmung einer Längenangabe mit einer Länge. Wenn ich sage: “dieser Stab ist 2 m lang”, so kann ich z.B. erklären // eine Erklärung geben // , wie man nach diesem Satz mit einem Masstab die Länge des Stabes kontrolliert, wie man etwa nach diesem Satz einen Messtreifen für den Stab erzeugt. Und ich sage nun, der Satz stimmt mit der Wirklichkeit überein, wenn der, auf diese Weise konstruierte, Messtreifen, mit dem Stab übereinstimmt. Diese Konstruktion eines Messtreifens illustriert übrigens, was ich in der “Abhandlung” damit meinte, dass der Satz bis an die Wirklichkeit herankommt. – Man könnte das auch so klar machen: Wenn ich die Wirklichkeit daraufhin prüfen will, ob sie mit einem Satz übereinstimmt, so kann ich das auch so machen, dass ich sie nun beschreibe und sehe, ob der gleiche Satz herauskommt. Oder: ich kann die Wirklichkeit nach grammatischen Regeln in die Sprache des Satzes übersetzen und nun im Land der Sprache ﹖– den Vergleich durchführen –﹖.
          Als ich nun dem Andern erklärte: “Licht” (indem ich Licht machte), “Finster” (indem ich auslöschte), hätte ich auch sagen können und mit genau derselben Bedeutung: “das
heisst
ist
‘Licht’” (wobei ich Licht mache) und “das
heisst
ist
‘Finster’” [(|e]tc., und auch ebensogut: “das stimmt mit ‘Licht’ überein”, “das stimmt mit ‘Finster’ überein”.

 
   
                   Es kommt eben wieder auf die Grammatik des Wortes “Uebereinstimmung” an, auf seinen Gebrauch. Und hier liegt die Verwechslung mit ‘Aehnlichkeit’ nahe, in dem Sinn, in dem zwei Personen einander ähnlich
598
sind, wenn ich sie leicht miteinander verwechseln kann.
          Ich kann auch wirklich nach der Aussage über die Gestalt eines Körpers eine Hohlform konstruieren, in die nun der Körper passt, oder nicht passt, je nachdem die Beschreibung richtig oder falsch war, und die konstruierte Hohlform gehört dann in dieser Auffassung noch zur Sprache (die bis an die Wirklichkeit herankommt).

 
   
                   Aber auch die Hohlform macht kein finsteres Gesicht, wenn der Körper nicht in sie passt.

 
   
                   Behauptung, Annahme, Frage. Man kann auf dem Schachbrett einen Zug in einer Schachpartie machen, – aber auch während eines Gesprächs über ein Schachproblem zur Illustration, oder wenn man jemand das Spiel lehrt, – etc.. Man sagt dann auch etwa: “angenommen, ich zöge so, …”. So ein Zug hat Aehnlichkeit mit dem, was man in der Sprache ‘Annahme’ nennt. Ich sage etwa “im Nebenzimmer ist ein Dieb”, – der Andre fragt mich “woher weisst Du das?” und ich antworte: “oh ich wollte nicht sagen, dass wirklich ein Dieb im Nebenzimmer ist, ich habe es nur in Erwägung gezogen”. – Möchte man da nicht fragen: Was hast Du erwogen? wie Du Dich benehmen würdest, wenn ein Dieb da wäre, oder, was für ein Geräusch es machen würde[m|,] oder, was er Dir wohl stehlen würde?
          Freges Anschauung könnte man so wiedergeben: dass die Annahme (so wie er das Wort gebraucht) das ist, was die Behauptung, dass p der Fall ist, mit der Frage, ob p der Fall ist, gemeinsam hat.

 
   
                   Kann man statt der Frage “ist p der Fall” den Satz setzen: “ich möchte wissen, ob p der Fall ist”? (Und wie ist es mit dieser Frage? – –)

599
 
   
                   Es gibt wirkliche Annahmen, die wir eben durch Sätze von der Form “angenommen p wäre (oder: ist) der Fall” ausdrücken. Aber solche Sätze nennen wir nicht vollständig und sie scheinen sehr ähnlich ˇden Sätzen der Form // erinnern uns an Sätze der Form // “wenn p der Fall ist, …”.

 
   
                   Wenn ich die Behauptung, dass p der Fall ist “◇ “!–p” schreibe, die Frage, ob p der Fall ist “?p” und den Wunsch, dass p der Fall sein möge “!p”, so kann der Fall man also nicht schreiben “(!–p) ⌵ (?q)”.

 
   
                   Und welcher Art ist ein Satz, wenn sich Einer eine mögliche Situation, etwa ihrer Seltsamkeit wegen, notiert? Oder: die Erzählung eines Witzes?

 
   
                   Ist nun aber eine solche Annahme ein Teil einer Behauptung? Ist das nicht, als sagte man, die Frage, ob p der Fall ist, sei ein Teil der Behauptung, dass p der Fall ist?

 
   
                   Ist es aber nicht auffällig, dass wir es in unsern gewöhnlich philosophisch-grammatischen Problemen nie damit zu tun haben, ob sie sich auf Behauptungen oder Fragen beziehen? (Etwa in dem Problem vom Idealismus und Realismus.)

 
   
                   Uebrigens tritt der Unterschied zwischen dem, was man Sätze der Mathematik nennt und Erfahrungssätzen zu Tage, wenn man bedenkt, ob es Sinn hat zu sagen: “ich wünschte 2 × 2 wäre 5 !”

 
   
                   Und, dass das Problem
von
der
Behauptung, Frage und
600
Annahme in anderm Zusammenhang nicht auftritt, hängt wohl auch damit zusammen, dass jeder Frage eine Behauptung und eine Annahme entspricht.
          Und irgendwie ist die Lösung, dass wir uns nur für Kalküle interessieren, und psychische Begleiterscheinungen, die nicht zum Kalkü[,|l] gehören, uns nicht angehen.

 
   
                   Wenn das Wort “Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit” gebraucht wird // werden darf // , dann nicht als metalogischer Ausdruck, sondern als Teil eines Kalküls, als Teil der gewöhnlichen Sprache. Man kann etwa sagen: Im Sprachspiel “Licht! – Finster!” kommt der Ausdruck “Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit” nicht vor.

 
   
                   Wenn es so etwas gäbe, wie eine Annahme im Sinne Freges, müsste dann nicht die Annahme, dass p der Fall ist gleich der sein, dass non-p der Fall ist?

 
   
                   In dem Sinn, in welchem die Frage “ist p der Fall?” die gleiche ist wie “ist p nicht der Fall?”.

 
   
                   Es ist sinnlos, von einer Frage zu sagen, sie sei wahr oder falsch; ihr ein “non” vorzusetzen (nämlich der Frage als solchen); zu sagen, sie stimme (oder stimme nicht) mit der Wirklichkeit überein.

 
   
                   In dem Sprachspiel “Licht – Finster” kommt keine Frage vor. – Aber wir könnten es auch mit Fragen spielen.

601
 
   
                   Man hat natürlich das Recht, ein Behauptungszeichen zu verwenden, wenn man es im Gegensatz etwa zu einem Fragezeichen gebraucht. Irreleitend ist es nur, wenn man meint, dass die Behauptung nun aus zwei Akten bestehe, dem Erwägen und dem Behaupten (Beilegen des Wahrheitswertes, oder dergl.) und dass wir diese Akte nach dem geschriebenen Satz ausführen, ungefähr wie wir nach Noten Klavier spielen.
          Mit dem Klavierspielen nach Noten ist nun allerdings das laute oder auch leise, Lesen nach dem geschriebenen oder gedruckten Satz zu vergleichen und ganz analog, aber nichts, was wir denken nennen. Ist also z.B. ein Behauptungszeichen im geschriebenen Satz, so wird wieder ein Behauptungszeichen im gelesenen sein (etwa die Betonung, oder der Stimmfall). Aber nicht, als ob im geschriebenen Satz das Zeichen, im gedachten aber die Bedeutung anwesend wäre. –

 
   
                   Eine Sprache (ich meine eine Sprechart) ist denkbar, in der es keine Behauptungssätze gibt, sondern nur Fragen und die Bejahung und Verneinung.

 
   
                   Welche Rolle spielen falsche Sätze in einem Sprachspiel? Ich glaube, es gibt verschiedene Fälle. 1.) Einer hat die Signallaternen an einer Strassenkreuzung zu beobachten und einem Andern zu sagen, welche Farben sie zeigen. Er verspricht sich dabei und sagt die falsche Farbe.
          2.) Es werden meteorologische Beobachtungen gemacht // angestellt // und nach gewissen Regeln aus ihnen das Wetter für den nächsten Tag vorhergesagt. Die Vorhersage trifft ein, oder nicht.
          Im ersten Fall kann man sagen, er spielt falsch; in zweiten nicht –.

602
 
   
                   Man wird hier (nämlich) von einer Frage geplagt, die etwa so lautet: Gehört die Verifikation noch (mit) zum Sprachspiel?

 
   
                   Glauben. Hiermit verwandt: erwarten, hoffen, fürchten, wünschen. Aber auch: zweifeln, suchen, etc..
          Man sagt: “Ich habe ihn von 5 bis 6 Uhr erwartet”, “ich habe den ganzen Tag gehofft, er werde kommen”, “in meiner Jugend habe ich gewünscht …”, etc.. Daher der falsche Vergleich mit den in der Zeit amorphen Zuständen (Zahnschmerz, das Hören eines Tones, etc., obwohl diese unter sich wieder verschieden sind).

 
   
                   Was heisst es nun: “ich glaube, er wird um 5 Uhr kommen”? oder: “er glaubt N werde um 5 Uhr kommen”? Nun, woran erkenne ich, dass er das glaubt? Daran, dass er es sagt? oder aus seinem übrigen Verhalten? oder aus beiden? Danach wird man dem Satz “er glaubt …” verschiedenen Sinn geben können.

 
   
                   Hat es einen Sinn zu fragen: “Woher weisst Du, dass Du das glaubst”? Und ist etwa die Antwort: “ich erkenne es durch Introspection”?
          In manchen Fällen wird man so etwas sagen können, in manchen aber nicht.

 
   
                   Es hat einen Sinn, zu fragen: “liebe ich sie wirklich? mache ich mir das nicht nur vor?” Und der Prozess der Introspection ist hier das Aufrufen von Erinnerungen, das Vorstellen möglicher Situationen und der Gefühle, die man hätte, etc..

392
 
   
36
                   Introspection nennt man einen Prozess // Vorgang // des Schauens im Gegensatz zum Sehen.

 
   
36
                   “
Wie
Woher
weiss ich, dass ich das glaube?”, “wie weiss ich, dass ich Zahnschmerzen habe?”: in mancher Beziehung sind diese Fälle // Beispiele // ähnlich.3

2
 
   
36
                   Man konstruiert hier nach dem Schema: “Woher weisst Du, dass jemand im andern Zimmer ist?” – “Ich habe ihn drin singen gehört”.
          “Ich weiss, dass ich Zahnschmerzen habe, weil ich es fühle” ist nach diesem Schema konstruiert und heisst nichts.
          Vielmehr: ich habe Zahnschmerzen = ich fühle Zahnschmerzen = ich fühle, dass ich Zahnschmerzen habe (ungeschickter und irreführender Ausdruck). “Ich weiss, dass ich Zahnschmerzen habe” sagt dasselbe, nur noch ungeschickter, es sei denn, dass unter “ich habe Zahnschmerzen” eine Hypothese verstanden wird. Wie in dem Fall: “ich weiss, dass die Schmerzen vom schlechten Zahn herrühren und nicht von einer Neuralgie”.
          Denken wir auch an die Frage “wie merkst Du, dass Du Zahnschmerzen hast?”, oder gar: “wie merkst Du, dass Du fürchterliche Zahnschmerzen hast?” (Dagegen: “wie merkst Du, dass Du Zahnschmerzen bekommen wirst”.)

3
 
   
36
                   (Hierher gehört die Frage: welchen Sinn hat es, von der Verifikation des Satzes ‘ich habe Zahnschmerzen’ zu reden? Und hier sieht man deutlich, dass die Frage “wie wird dieser Satz verifiziert” von einem Gebiet der Grammatik zum andern ihren Sinn ändert.)

4
 
   
36
                   Man könnte nun die Sache so (falsch) auffassen: Die
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36 36
Frage “wie weisst Du, dass Du Zahnschmerzen hast” wird darum nicht gestellt, weil man dies von den Zahnschmerzen (selbst) aus erster Hand erfährt, während man, dass ein Mensch im andern Zimmer ist, aus zweiter Hand, etwa durch ein Geräusch, erfährt. Das eine weiss ich durch unmittelbare Beobachtung, das andere erfahre ich indirekt. Also: “Wie weisst Du, dass Du Zahnschmerzen hast” – “Ich weiss es, weil ich sie habe” – “Du entnimmst es daraus, dass Du sie hast; aber musst Du dazu nicht schon wissen, dass Du sie hast?”. ‒ ‒ ‒ Der Uebergang von den Zahnschmerzen zur Aussage “ich habe Zahnschmerzen” ist eben ein ganz anderer, als der vom Geräusch zur Aussage “in diesem Zimmer ist jemand”. Das heisst, die Uebergänge gehören ganz andern Sprachspielen an // gehören zu ganz verschiedenen Sprachspielen // .

5
 
   
36
                   Ist, dass ich Zahnschmerzen habe ein Grund zur Annahme, dass ich Zahnschmerzen habe?

1
 
   
36
                   (Man kann die Philosophen dadurch verwirren (confound), dass man nicht bloss da Unsinn spricht, wo auch sie es tun, sondern auch solchen, den zu sagen sie sich scheuen (würden).)

2
 
   
36
                   Erschliesst man aus der Wirklichkeit einen Satz? Also etwa “aus den wirklichen Zahnschmerzen, darauf, dass man Zahnschmerzen hat”? Aber das ist doch nur eine unkorrekte Ausdrucksweise; es müsste heissen: man schliesst, dass man Zahnschmerzen hat, daraus, dass man Zahnschmerzen hat (offenbarer Unsinn).

3
 
   
36
                   “Warum glaubst Du, dass Du Dich an der Herdplatte verbrennen wirst?” – Hast Du Gründe für diesen Glauben, und brauchst Du Gründe?
394

          Hast Du diese Gründe – gleichsam – immer bei Dir, wenn Du es glaubst?
          Und glaubst Du es immer – ausdrücklich – wenn Du Dich etwa wehrst, die Herdplatte anzurühren?
          Meint man mit ‘Gründen des Glaubens // für den Glauben // ’ dasselbe, wie mit ‘Ursachen des Glaubens’ (Ursachen des Vorgangs des Glaubens)?

4
 
   
36
                   Was für einen Grund habe ich, anzunehmen, dass mein Finger, wenn er den Tisch berühren, einen Widerstand spüren wird? Was für einen Grund, zu glauben, dass dieser Bleistift sich nicht schmerzlos durch meine Hand stecken lässt? Wenn ich dies frage, melden sich hundert Gründe, die einander gar nicht zu Wort kommen lassen wollen. “Ich habe es doch selbst ungezählte Male erfahren; und ebenso oft von ähnlichen Erfahrungen gehört; wenn es nicht so wäre, würde …; etc.”.

1
 
   
36
                   Glaube ich, wenn ich auf meine Türe zugehe, ausdrücklich, dass sie sich öffnen lassen wird, – dass dahinter ein Zimmer und nicht ein Abgrund sein wird, etc.?
          Setzen wir statt des Glaubens den Ausdruck des Glaubens. –

2
 
   
36
                   Was heisst es, etwas aus einem bestimmten Grunde glauben? Entspricht es, wenn wir statt des Glaubens den Ausdruck des Glaubens setzen, dem, dass Einer // man // den Grund sagt, ehe er // man // das Begründete sagt?

3
 
   
36
                   “Hast Du es aus diesen Gründen geglaubt[|?]” ist dann eine ähnliche Frage, wie: “hast Du, als Du mir sagtest, 25 × 25 sei 625, die
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Multiplikation wirklich ausgeführt?”

4
 
   
36
                   Die Frage “warum glaubst Du das” // “aus welchen Gründen glaubst Du das” // könnte bedeuten: “aus welchen Gründen leitest Du das jetzt ab (hast Du es jetzt abgeleitet)”; aber auch: “welche Gründe kannst Du mir nachträglich für diese Annahme angeben”.

1
 
   
36
                   Ich könnte also unter ‘Gründen’ zu einer Meinung tatsächlich
das allein
nur das
verstehen, was der Andere sich vorgesagt hat, ehe er zu der Meinung kam. Die Rechnung, die er tatsächlich ausgeführt hat.

2
 
   
36
                   Frage ich jemand: “warum glaubst Du, dass diese Armbewegung einen Schmerz mit sich bringen wird?”, und er antwortet: “weil sie ihn einmal hervorgebracht und einmal nicht hervorgebracht hat”, so werde ich sagen: “das ist doch kein Grund zu Deiner Annahme”.
          Wie nun, wenn er mir darauf antwortet: “oh doch! ich habe diese Annahme noch immer gemacht, wenn ich diese Erfahrung gemacht hatte”? – Da würden wir doch sagen: “Du scheinst mir die Ursache (psychologische Ursache) Deiner Annahme anzugeben, aber nicht den Grund”.

3
 
   
36
                   “Warum glaubst Du, dass das geschehen wird?” – “Weil ich es zweimal beobachtet habe”.
          Oder: “Warum glaubst Du, dass das geschehen wird?” – “Weil ich es mehrmals beobachtet habe; und es geht offenbar so vor sich: …” (es folgt eine Darlegung einer umfassenden Hypothese). Aber diese Hypothese, dieses Gesamtbild, muss Dir einleuchten. Hier geht die Kette der Gründe nicht weiter. – (Eher könnte man sagen, dass sie sich schliesst.)

396
4
 
   
36
                   Man möchte sagen: Wir schliessen nur dann aus der früheren Erfahrung auf die zukünftige, wenn wir die Vorgänge verstehen (im Besitze der richtigen Hypothese sind). Wenn wir den richtigen, tatsächlichen, Mechanismus zwischen den beiden Beobachteten Rädern annehmen. Aber denken wir doch nur: Was ist denn das // unser // Kriterium dafür, dass unsere Annahme die richtige ist? –
          Das Bild und die Daten überzeugen uns und führen uns nicht wieder weiter – zu andern Gründen.

1
 
   
36
                   Wir sagen: “diese Gründe sind überzeugend”; und dabei handelt es sich nicht um Prämissen, aus denen das folgt, wovon wir überzeugt wurden.

2
 
   
36
                   Wenn man sagt: “die gegebenen Daten sind insofern Gründe, zu glauben, p werde geschehen, als dies aus den Daten zusammen mit dem angenommenen Naturgesetz folgt”, – dann kommt das eben darauf hinaus, zu sagen, das Geglaubte folge aus den Daten nicht, sondern komme vielmehr ﹖– einer neuen Annahme gleich –﹖.

3
 
   
36
                   Wenn man nun fragt: wie kann aber frühere Erfahrung ein Grund zur Annahme sein, es werde später das und das eintreffen, – so ist die Antwort: welchen allgemeinen Begriff vom Grund zu solch einer Annahme haben wir denn? Diese Art Angabe über die Vergangenheit nennen wir eben Grund zur Annahme, es werde das in Zukunft geschehn. – Und wenn man sich wundert, dass wir ein solches Sprachspiel // Spiel // spielen, dann berufe ich mich auf die Wirkung einer vergangenen Erfahrung (dass ein gebranntes Kind das Feuer fürchtet).

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4
 
   
36
                   Wer sagt, er ist durch Angaben über Vergangenes nicht davon zu überzeugen, dass in Zukunft etwas geschehen wird, der muss etwas anderes mit dem Wort “überzeugen” meinen, als wir es tun. – Man könnte ihn fragen: Was willst Du denn hören? Was für Angaben nennst Du Gründe

// dafür //
, das zu glauben? Was nennst Du “überzeugen”? Welche Art des “Ueberzeugens” erwartest Du Dir. – Wenn das keine Gründe sind, was sind denn Gründe? – Wenn Du sagst, dass sind [G| // ] seien // keine Gründe, so musst Du doch angeben können, was der Fall sein müsste, damit wir mit Recht sagen könnten, es seien Gründe für unsern Glauben // unsere Annahme // vorhanden. ‘Keine Gründe’ –: im Gegensatz wozu?

1
 
   
36
                   Denn, wohlgemerkt: Gründe sind hier nicht Sätze, aus denen das Geglaubte folgt.

2
 
   
36
                   Aber [N|n]icht, als ob man // wir // sagen könnte (kön // wollten // : Für's Glauben genügt eben weniger, als für das Wissen. – Denn hier handelt es sich nicht um eine Annäherung an das logische Folgen.

3
 
   
36
                   Irregeführt werden wir durch die Ausdrucksweise // Redeweise // : “Das ist ein guter // richtiger // Grund zu unserer Annahme, denn er macht das Eintreffen des Ereignisses wahrscheinlich”. // “Dieser Grund ist gut, denn er macht das Eintreffen des Ereignisses wahrscheinlich”. // Hier ist es, als ob wir nun etwas weiteres über den Grund ausgesagt hätten, was seine Zugrundelegung // was ihn als (guten) Grund // rechtfertigt; während mit dem Satz, dass dieser Grund das Eintreffen wahrscheinlich macht, nichts gesagt ist, wenn nicht, dass dieser Grund dem // einem // bestimmten Standard des guten Grundes entspricht, – der Standard aber nicht begründet ist!

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4
 
   
36
                   Ein guter Grund ist einer der so aussieht.

1
 
   
36
                   “Das ist ein guter Grund, denn er macht das Eintreffen wahrscheinlich” erscheint uns so wie: “das ist ein guter Hieb, denn er macht den Gegner kampfunfähig”.

2
 
   
36
                   Man
ist versucht zu
möchte
sagen: “ein guter Grund ist er nur darum, weil er das Eintreffen wirklich wahrscheinlich macht”. Weil er sozusagen wirklich einen Einfluss auf das Ereignis hat, also quasi einen erfahrungsmässigen.

3
 
   
36
                   “Warum nimmst Du an, dass er besserer Stimmung sein wird, weil ich Dir sage, dass er gegessen hat? ist denn das ein Grund?” – “Das ist ein guter Grund, denn das Essen hat erfahrungsgemäss einen Einfluss auf seine Stimmung”. Und das könnte man auch so sagen: “Das Essen macht es wirklich wahrscheinlicher, dass er guter Stimmung sein wird”.
          Wenn man aber fragen wollte: “Und ist alles das, was Du von der früheren Erfahrung vorbringst, ein guter Grund, anzunehmen, dass ˇes sich auch diesmal so verhalten wird”, so kann ich nun nicht sagen: ja, denn das macht das Eintreffen der Annahme w[h|a]hrscheinlich. Ich habe oben meinen Grund mit Hilfe des Standards für den guten Grund gerechtfertigt; jetzt kann ich aber nicht den Standard rechtfertigen.

3
 
   
36
                   Wenn man sagt “die Furcht ist begründet”, so ist nicht wieder begründet, dass wir das als guten Grund zur Furcht ansehen. Oder vielmehr: es kann hier nicht wieder von einer Begründung die Rede sein.

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5
 
   
                   “Wie weisst Du, dass das wirklich der Grund ist, weswegen Du es glaubst? – (das) ist, als fragte ich: “wie weisst Du, dass es das ist, was Du glaubst”. Denn er gibt nicht die Ursache eines Glaubens an, die er nur vermuten könnte, sondern beschreibt einen Vorgang von Operationen, die zu dem Geglaubten führen (und etwa geführt haben). Einen Vorgang, der seiner Art nach zu dem des Glaubens gehört. – Der Unterschied zwischen der Frage nach der Ursache und der (Frage) nach dem Grund des Glaubens ist etwa so, wie der, zwischen der Frage: “was ist die physikalische Ursache davon, dass Du da bist und der Frage: “auf welchem Wege bist Du hergekommen” – Und hier sieht man sehr klar, wie auch die Angabe der Ursache/als Angabe eines Weges aufgefasst werden kann, aber in ganz anderem Sinne.

 
   
                   “Man kann die Ursache einer Erscheinung nur vermuten” (nicht wissen). – Das muss ein Satz der Grammatik sein. Es ist nicht gemeint, dass wir ‘mit dem besten Willen’ die Ursache nicht wissen können. Der Satz ist insofern ähnlich dem: “wir können in der Zahlenreihe, soweit wir auch zählen, kein Ende erreichen”. Das heisst: von einem “Ende der Zahlenreihe” kann keine Rede sein; und dies ist – irreführend – in das Gleichnis gekleidet von Einem, der wegen der grossen Länge des Weges das Ende nicht erreichen kann. – So gibt es einen Sinn, in dem ich sagen kann: “ich kann die Ursache dieser Erscheinung nur vermuten” d.h.: es ist mir noch nicht gelungen, sie (im gewöhnlichen Sinn) ‘festzustellen’. Also im Gegensatz zu dem Fall, in dem es mir gelungen ist,

// in dem //
ich also die Ursache weiss. – Sage ich nun aber, als metaphysischen Satz, “ich kann die // eine // Ursache immer nur vermuten”, so heisst das: ich will im Falle der Ursache immer nur von ‘vermuten’ und nicht von ‘wissen’ sprechen, um so Fälle verschiedener Grammatik voneinander zu unterscheiden. (Das ist also so, wie wenn ich sage: ich will in einer Gleichung das Zeichen “ = ” und
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nicht das Wort “ist” gebrauchen.) Was also an unserem ersten Beispiel falsch ist, ist das Wort “nur”, aber freilich gehört das eben ganz zu dem Gleichnis, das schon im Gebrauch des Wortes “können” liegt.

 
   
                   “Wie weisst Du, dass Du es aus diesem Motiv getan hast?” – “Ich erinnere mich daran, es darum getan zu haben”. – “Woran erinnerst Du Dich? – Hast Du es Dir damals gesagt; oder erinnerst Du Dich an die Stimmung in der Du warst; oder daran, dass Du Mühe hattest, einen Ausdruck Deines Gefühls zu unterdrücken?”
          Und wenn man etwa einen Ausdruck seines Gefühls nur mit Mühe unterdrückt hat, – wie war das? Hatte man sich ihn damals leise vorgesagt? etc. etc..

 
   
                   Das Motiv ist nicht eine Ursache ‘von innen gesehen’! Das Gleichnis von ‘innen und aussen’ ist hier – wie so oft – gänzlich irreleitend. – Es ist von der Idee der Seele (eines Lebewesens) im Kopfe (als Hohlraum vorgestellt) hergenommen // hergeleitet // . Aber diese Idee ist darin mit andern unvereinbaren vermengt, wie die Metaphern in dem Satz: “der Zahn der Zeit, der alle Wunden heilt, etc.”.

 
   
                   Der Vorgang einer Erkenntnis in einer wissenschaftlichen Untersuchung (in der Experimentalphysik etwa) ist freilich nicht der einer Erkenntnis im Leben ausserhalb dem des Laboratoriums; aber er ist ein ähnlicher und kann, neben den andern gestellt // gehalten // , diesen beleuchten.

 
   
                   Nach den Gründen zu einer gefragt, besinnt man sich auf diese Gründe. Geschieht hier dasselbe, wie, wenn man über die
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Ursachen eines Ereignisses nachdenkt? // … wenn man darüber nachdenkt, was die Ursachen eines Ereignisses gewesen sein mögen? //

 
   
                   Wie kann man Vorbereitungen zum Empfang von etwas eventuell Existierendem treffen, – in dem Sinn, in welchem Russell und Ramsey das (immer) tun wollten? Man bereitet etwa die Logik für die Existenz von vielstelligen Relationen vor, oder für die Existenz einer unendlichen Zahl von Gegenständen. –

 
   
                   Nun kann man doch für die Existenz eines Dinges vorsorgen: Ich mache z.B. ein Kästchen, um den Schmuck hineinzulegen, der vielleicht einmal gemacht werden wird. – Aber hier kann ich doch sagen, was der Fall sein muss, – welcher Fall es ist, für den ich vorsorge. Ich kann diesen Fall jetzt so gut beschreiben, // Dieser Fall lässt sich jetzt so gut beschreiben, // wie, nachdem er schon eingetreten ist; und auch dann, wenn er nie eintritt. (Lösung mathematischer Probleme.) Dagegen sorgen Russell und Ramsey für eine eventuelle Grammatik vor.

 
   
                   Man denkt einerseits, dass es die Mathematik mit der Art der Funktionen zu tun hat und ihren Gegenständen // Argumenten // , von deren Anzahlen sie handelt. Aber man will sich nicht durch die uns jetzt bekannten Funktionen binden lassen und man weiss nicht, ob jemals eine gefunden werden wird, die 100 Argumentstellen hat; also muss man vorsorgen und eine Funktion konstruieren, die alles für die 100-stellige Relation vorbereitet, wenn sich eine finden sollte. – Was heisst es aber überhaupt: “es findet sich (oder: es gibt) eine 100-stellige Relation”? Welchen Begriff haben wir von ihr? oder auch von einer 2-stelligen? – Als Beispiel einer 2-stelligen Relation
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gibt man etwa die zwischen Vater und Sohn. Aber welche Bedeutung hat dieses Beispiel für die weitere logische Behandlung der 2-stelligen Relationen? Sollen wir uns jetzt statt jedes “aRb” vorstellen “a ist der Vater des b”? Wenn aber nicht, ist dann das Beispiel, oder irgend eines überhaupt, essentiell? Spielt dieses Beispiel nicht die gleiche Rolle, wie eines in der Arithmetik, wenn ich jemandem 3 × 6 = 18 an 3 Reihen zu je 6 Aepfeln erkläre?
          Hier handelt es sich um unsern Begriff der Anwendung. – Man hat etwa die Vorstellung von einem Motor, der erst leer geht, und dann eine Arbeitsmaschine treibt.

 
   
                   Aber was gibt die Anwendung der Rechnung? // Aber was erhält die Rechnung von ihrer Anwendung? // Fügt sie ihr einen neuen Kalkül
bei
zu
? dann ist sie ja jetzt eine andere Rechnung. Oder gibt sie ihr in irgend einem, der Mathematik (Logik) wesentlichem, Sinne Substanz? Wie kann man dann überhaupt, auch nur zeitweise, von der Anwendung absehen?

 
   
                   Nein, die Rechnung mit Aepfeln ist wesentlich dieselbe, wie die mit Strichen oder Ziffern. Die Arbeitsmaschine setzt den Motor fort, aber die Anwendung (in diesem Sinne) nicht die Rechnung.

 
   
                   Wenn ich nun sage: “die Liebe ist ein Beispiel einer 2-stelligen Relation”, – // Wenn ich nun, um ein Beispiel zu geben, sage: “die Liebe ist eine 2-stellige Relation, – // sage ich hier etwas über die Liebe aus? Natürlich nicht. Ich gebe eine Regel für den Gebrauch des Wortes “Liebe” und will etwa sagen, dass wir dieses Wort z.B. so gebrauchen.

556
 
   
                   Nun hat man aber doch das Gefühl, dass mit dem Hinweis auf die 2-stellige Relation ‘Liebe’ in die Hülse des Relationskalküls Sinn gesteckt wurde. – Denken wir uns eine geometrische Demonstration statt an einer Zeichnung oder an analytischen Symbolen an einem Lampenzylinder vorgenommen // durchgeführt // . In wiefern ist hier von der Geometrie eine Anwendung gemacht? Tritt denn der Gebrauch des Glaszylinders als Lampenglas in die geometrische Ueberlegung ein? Und tritt der Gebrauch des Wortes “Liebe” in einer Liebeserklärung in meine Ueberlegungˇen über die 2-stelligen Relationen ein?

 
   
                   Wir haben es mit verschiedenen Verwendungen, Bedeutungen, des Wortes “Anwendung” zu tun. “Die Multiplikation wird in der Division angewandt”; “der Glaszylinder wird in der Lampe angewandt”; “die Rechnung ist auf diese Aepfel angewandt”. Hier

 
   
                   Hier kann man nun sagen: Die Arithmetik ist ihre eigene Anwendung. Der Kalkül ist seine eigene Anwendung.
          Wir können nicht in der Arithmetik für eine grammatische Anwendung vorsorgen. Denn, ist die Arithmetik nur ein Spiel, so ist für sie auch ihre Anwendung nur ein Spiel, und entweder das gleiche Spiel (dann führt es uns nicht weiter), oder ein anderes – und dann konnten wir das schon in der reinen Arithmetik betreiben.

 
   
                   Wenn also der Logiker sagt, er habe für eventuell existierende 6-stellige Relationen in der Arithmetik vorgesorgt, so können wir fragen: Was wird denn nun zu dem, was Du vorbereitet hast, hinzukommen // hinzutreten // , wenn es seine Anwendung findet // finden wird // ? Ein neuer Kalkül? – aber den hast Du ja eben nicht vorbereitet. Oder etwas, was
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den Kalkül nicht tangiert? – dann interessiert uns das nicht, und der Kalkül, den Du uns gezeigt hast, ist uns Anwendung genug.

 
   
                   Die unrichtige Idee ist, dass die Anwendung eines Kalküls in der Grammatik der wirklichen Sprache, ihm eine Realität zuordnet, eine Wirklichkeit gibt, die er früher nicht hatte. // Die unrichtige Idee ist: die Anwendung eines Kalküls auf die wirkliche Sprache verleihe ihm eine Realität, die er früher // vorher // nicht hatte. //

 
   
                   Aber, wie gewöhnlich in unserem Gebiet, liegt hier der Fehler nicht darin, dass man etwas Falsches glaubt, sondern darin, dass man auf eine irreführende Analogie hinsieht.

 
   
                   Was geschieht denn, wenn die 6-stellige Relation gefunden wird? Wird quasi ein Metall gefunden, das nun die gewünschten (vorher beschriebenen) Eigenschaften (das richtige spezifische Gewicht, die Festigkeit etc.) hat? Nein; ein Wort wird gefunden, das wir tatsächlich in unsrer Sprache so verwenden, wie wir etwa den Buchstaben R verwendet haben. “Ja, aber dieses Wort hat doch Bedeutung und “R” hatte keine! Wir sehen also jetzt, dass dem “R” etwas entsprechen kann”. Aber die Bedeutung des Wortes besteht ja nicht darin, dass ihm etwas entspricht. Ausser etwa, wo es sich um Namen und benannten Gegenstand handelt, aber da setzt der Träger des Namens nur den Kalkül fort, also die Sprache. Und es ist nicht so, wie wenn man sagt: “diese Geschichte hat sich tatsächlich zugetragen, sie war nicht blosse Fiktion // Erfindung // ”.

 
   
                   Das alles hängt auch mit dem falschen Begriff der logischen Analyse Zusammen, den Russell, Ramsey und ich hatten. So dass man auf
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eine endliche logische Analyse der Tatsachen wartet, wie auf eine chemische von Verbindungen. Eine Analyse, durch die man dann etwa eine 7-stellige Relation wirklich findet, wie ein Element, das tatsächlich das spezifische Gewicht 7 hat.

 
   
                   Die Grammatik ist für uns ein reiner Kalkül. (Nicht die Anwendung eines auf die Realität.)

 
   
“Es gibt nur 4 rote Dinge, aber die bestehen nicht aus 2 und 2, weil es keine Funktion gibt, die sie zu je zweien unter einen Hut bringt”. Das hiesse, den Satz 2 + 2 = 4 so auffassen: Wenn auf einer Fläche 4 Kreise zu sehen sind, so haben je 2 von ihnen immer eine bestimmte Eigentümlichkeit miteinander gemein; sagen wir etwa ein Zeichen innerhalb des Kreises. (Dann sollen natürlich auch je 3 der Kreise ein Zeichen gemeinsam haben, etc..) Denn, wenn ich überhaupt etwas über die Wirklichkeit annehme, warum nicht das? Das “axiom of reducibility” ist wesentlich von keiner andern Art. In diesem Sinne könnte man sagen, dass zwar 2 und 2 immer 4 ergeben, aber 4 nicht immer aus 2 und 2 besteht. (Nur durch die gänzliche Vagueheit und Allgemeinheit des Reduktionsaxioms werden wir zu dem Glauben verleitet,
es handle sich hier
als handle es sich hier
– wenn überhaupt um einen sinnvollen Satz – um mehr, als eine willkürliche Annahme, zu der kein Grund vorhanden ist. Drum ist es hier und in allen ähnlichen Fällen äusserst klärend, diese Allgemeinheit, die die Sache ja doch nicht mathematischer macht, ganz fallen zu lassen und statt ihrer ganz spezialisierte Annahmen zu machen).

 
   
                   Man möchte sagen: 4 muss nicht immer aus 2 und 2 bestehen, aber es kann, wenn es wirklich aus Gruppen besteht, aus 2 und 2
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wie aus 3 und 1, etc., bestehen; aber nicht aus 2 und 1, oder 3 und 2, etc.; und so bereiten wir eben alles für den Fall vor, dass 4 in Gruppen zerlegbar ist. Aber dann hat es eben die Arithmetik gar nicht mit der wirklichen Zerlegung zu tun, sondern nur mit jener Möglichkeit der Zerlegung. Die Behauptung könnte ja auch die sein, dass von einer Gruppe von 4 Punkten auf dem Papier immer je 2 durch einen Strich verbunden sind. // Die Behauptung könnte ja auch die sein, dass, wenn immer ich eine Gruppe von 4 Punkten auf einem Papier sehe, je 2 von ihnen durch eine Klammer verbunden sind. //
          
Oder:
Denken wir gar an die Annahme,
um je 2 solche Gruppen von 2 Punkten sei in der Welt immer ein Kreis gezogen.

 
   
                   Dazu kommt nun, dass, z.B., die Aussage, dass in einem weissen Viereck 2 schwarze Kreise zu sehen sind, nicht die Form “(Ex,y). etc.” hat. Denn, gebe ich de[m|n] Kreisen Namen, dann beziehen sich diese Namen gerade auf die Orte der Kreise und ich kann nicht von ihnen sagen, sie seien entweder in dem einen oder dem andern Viereck. Ich kann wohl sagen: “in beiden Vierecken zusammen sind 4 Kreise”, aber das heisst nicht, dass ich von jedem einzeln sagen kann, dass er im einen oder andern Viereck sei. Denn der Satz “dieser Kreis ist i[j|n] diesem Viereck”, ist im angenommenen Fall sinnlos.

 
   
                   Was bedeutet nun der Satz “in den 2 Vierecken zusammen sind 4 Kreise”? Wie konstatiere ich das? Indem ich die Zahlen in beiden addiere? Die Zahl der Kreise in beiden Vierecken zusammen bedeutet also dann das Resultat der Addition der beiden Zahlen. – Oder ist es etwa das Resultat einer besondern // eigenen // Zählung, die durch beide Vierecke geht; oder die Zahl von Strichen, die ich erhalte, wenn ich einen Strich einem Kreis zuordne, ob er nun in einem oder im andern
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Viereck ist. Man kann nämlich sagen: “jeder Strich ist entweder einem Kreis zugeordnet, der in dem einen, oder einem Kreis, der in dem andern Viereck steht”; aber nicht: “dieser Kreis steht entweder in diesem oder im andern Viereck”, wenn “dieser Kreis” eben durch seine Lagen charakterisiert ist. Dies kann nur dann hier sein, wenn “dies” und “hier” nicht dasselbe bedeuten. Dagegen kann dieser Strich einem Kreis in diesem Viereck zugeordnet sein, denn er bleibt dieser Strich, auch wenn er einem Kreis im andern Viereck zugeordnet ist.

 
   
Sind in diesen beiden Kreisen zusammen 9 Punkte oder 7? Wie man es gewöhnlich versteht, 7. Aber muss ich es so verstehen? Warum soll ich nicht die Punkte, die beiden Kreisen gemeinsam angehören, doppelt zählen:

Anders ist es, wenn man fragt: “wieviel Punkte sind innerhalb der stark ausgezogenen Grenze?” Denn hier kann ich sagen: es sind 7, in dem Sinne, in welchem in den Kreisen 5 und 4 sind.

 
   
                   Man könnte nun sagen: die Summe von 4 und 5 nenne ich die Zahl, welche die unter den Begriff fx V Fx fallenden Gegenstände haben, wenn (En4x).fx & (En5x).Fx & Ind. der Fall ist. Und zwar heisst das (nun) nicht, dass die Summe von 4 und 5 nur in der Verbindung mit Sätzen von der Art (E4x).fx etc. verwendet werden darf, sondern es heisst: Wenn Du die Summe von n und m bilden willst, setze die Zahlen links von “.C.” in die Form (Enx).fx & (Emx).Fx etc. ein, und die Zahl, die rechts stehen muss, um aus dem ganzen Satz // Ausdruck // eine Tautologie zu ma-
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chen, ist die Summe von m und n. Dies ist also eine Additionsmethode, und zwar eine äusserst umständliche.

 
   
                   Vergleiche: “Wasserstoff und Sauerstoff geben zusammen Wasser” – “2 Punkte und 3 Punkte geben zusammen 5 Punkte”.

 
   
                   Bestehen denn z.B. 4 Punkte in/meinem Gesichtsfeld, die ich “als 4”, nicht “als 2 und 2 sehe”, aus 2 und 2? Ja, was heisst das? Soll es heissen, ob sie in irgend einem Sinne in Gruppen von je 2 Punkten geteilt waren? Gewiss nicht. (Denn
dann
darin
müssten sie ja wohl auch in allen andern denkbaren Weisen geteilt sein.) Heisst es, dass sie sich in Gruppen von 2 und 2 teilen lassen? also, dass es Sinn hat, von solchen Gruppen in den vieren zu reden? – Jedenfalls entspricht doch das dem Satz “2 + 2 = 4”, dass ich nicht sagen kann, die Gruppe der 4 Punkte, die ich gesehen habe, habe aus getrennten Gruppen von 2 und 3 Punkten bestanden. Jeder wird sagen: das ist unmöglich, denn 3 + 2 = 5. (Und “unmöglich” heisst hier “unsinnig”.)

 
   
                   “Bestehen 4 Punkte aus 2 und 2” kann eine Frage nach einer physikalischen oder optischen // visuellen // Tatsache sein; dann ist es nicht die Frage der Arithmetik. Die [A|a]rithmetische Frage könnte aber allerdings in der Form gestellt werden: “Kann eine Gruppe von 4 Punkten aus getrennten Gruppen von je 2 Punkten bestehen”.

 
   
                   “Wie kann man Vorbereitungen für etwas eventuell Existierendes treffen” heisst: Wie kann man die Arithmetik auf eine Logik aufbauen, in der man im Speziellen noch Resultate einer Analyse der // unse //
559
rer // Sätze erwartet, und dabei für alle eventuellen Resultate durch eine Konstruktion a priori aufkommen wollen? – Man will sagen: “Wir wissen nicht ob es sich nicht herausstellen wird, dass es keine Funktionen mit 4 Argumentstellen gibt, oder, dass es nur 100 Argumente gibt, die in Funktionen einer Variablen sinnvoll eingesetzt werden können. Gibt es z.B. (die Annahme scheint immerhin möglich) nur eine solche Funktion F und 4 Argumente a, b, c, d, und hat es in diesem Falle Sinn, zu sagen ‘2 + 2 = 4[|], da es keine Funktionen gibt, um die Teilung in 2 und 2 zu bewerkstelligen?” Und nun, sagt man sich, werden wir für alle eventuellen Fälle vorbauen. Aber das heisst natürlich nichts: Denn einerseits baut der Kalkül nicht für eine eventuelle Existenz vor, sondern er konstruiert sich die Existenz, die er überhaupt braucht. Anderseits sind die scheinbaren hypothetischen Annahmen über die logischen Elemente (den logischen Aufbau) der Welt nichts andres, als Angaben der Elemente eines Kalküls; und die können freilich auch so getroffen // gemacht // werden, dass es darin ein 2 + 2 nicht gibt.
          Treffen wir etwa Vorbereitungen für die Existenz von 100 Gegenständen, indem wir 100 Namen einführen und einen Kalkül mit ihnen. Und nehmen wir jetzt an, es werden wirklich 100 Gegenstände gefunden. Aber wie ist das, wenn jetzt den Namen Gegenstände zugeordnet werden, die ihnen früher nicht zugeordnet waren? ändert sich jetzt der Kalkül? – was hat diese Zuordnung überhaupt mit ihm zu tun? Erhält er durch sie mehr Wirklichkeit? Oder gehörte er früher bloss zur Mathematik, jetzt aber zur Logik? – Was ist das für eine Frage: “gibt es 3-stellige Relationen”, “gibt es 1000 Gegenstände”? Wie ist das zu entscheiden? – Aber es ist doch Tatsache, dass wir eine 2-stellige Relation angeben können, etwa die Liebe, und eine 3-stellige, etwa die Eifersucht, aber, vielleicht, nicht eine 27-stellige! – Aber was heisst es “eine 2-stellige Relation angeben”? Das klingt (ja) so, als würden wir auf ein Ding hinweisen und sagen “siehst Du, das ist so ein Ding” (wie wir es nämlich vorher beschrieben haben). Aber so etwas findet ja gar nicht statt (der Vergleich von dem Hinweisen ist gänzlich falsch).
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“Die Beziehung der Eifersucht kann nicht in 2-stellige Beziehungen aufgelöst werden”: das klingt ähnlich wie: “Alkohol kann nicht in Wasser und eine feste Substanz zerlegt werden”. Liegt das nun in der Natur der Eifersucht? (Vergessen wir nicht: der Satz “A ist wegen B auf C eifersüchtig” kann ebenso wenig zerlegt werden wie der: “A ist wegen B auf C nicht eifersüchtig”.) Das, worauf man hinweist, ist etwa die Gruppe der Leute A, B und C. – “Aber wenn nun Lebewesen plötzlich den 3-dimensionalen Raum kennen lernten, nach-dem sie bisher nur die Ebene kannten, aber in ihr doch eine 3-dimensionale Geometrie entwickelt hätten?!” Würde diese Geometrie nun // damit // geändert, würde sie inhaltsreicher? – “Ja, aber ist es denn nicht so, als hätte ich mir z.B. einmal beliebige Regeln gesetzt, die es mir verböten in meinem Zimmer bestimmte Wege zu gehen, die ich, was die physikalischen Hindernisse betrifft, ohne weiteres gehen könnte, – und als würden dann die physikalischen Bedingungen eintreten, etwa Möbel in das Zimmer gestellt, die mich nun zwängen, mich nach den Regeln zu bewegen, die ich mir erst willkürlich gegeben hätte? Wie also, der 3-dimensionale Kalkül noch ein Spiel war, da gab es eigentlich noch keine 3 Dimensionen; denn das x, y, z gehorchten nur den Regeln, weil ich es so wollte; jetzt, wo wir sie mit den wirklichen 3 Dimensionen gekuppelt haben, können sie sich nicht mehr anders bewegen”. Aber das ist eine blosse Fiktion. Denn hier handelt es sich nicht um eine Verbindung mit der Wirklichkeit, die nun die Grammatik in ihrer Bahn hält! Die “Verbindung der Sprache mit der Wirklichkeit”, etwa durch die hinweisenden Definitionen, macht die Grammatik nicht zwangsläufig (rechtfertigt die Grammatik nicht). Denn diese bleibt immer nur ein frei im Raume schwebender Kalkül, der nur // zwar // erweitert, aber nicht gestützt werden kann. Die “Verbindung mit der Wirklichkeit” erweitert nur die Sprache, aber zwingt sie zu nichts. Wir reden von der Auffindung einer 27-stelligen Relation: aber einerseits kann mich keine Entdeckung zwingen, (das Zeichen und) den Kalkül der 27-stelligen Relation zu gebrauchen; andrerseits kann ich diesen Kalkül // die Handlun-
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gen // dieses Kalküls // selbst mittels dieser Notation beschreiben.

 
   
                   Dass das axiom of infinity nicht ist, wofür Russell es gehalten hat, dass es weder ein Satz der Logik, noch auch – wie es da steht – ein Satz der Physik ist, ist klar. Ob der Kalkül damit, in eine ganz andre Umgebung gebracht (in ganz anderer “Interpretation”), irgendwo eine praktische Anwendung finden könnte, weiss ich nicht.
          Von den logischen Begriffen, z.B. von dem (oder: einem) der Unendlichkeit, könnte man sagen: ihre Essenz beweise ihre Existenz.

 
   
                   “Angenommen, ich glaubte, es gäbe überhaupt nur eine Funktion und die 4 Gegenstände, die sie befriedigen. Später komme ich darauf, dass sie noch von einem fünften Ding befriedigt wird; ist jetzt das Zeichen ‘4’ sinnlos geworden?” – Ja, wenn im Kalkül die 4 nicht existiert, dann ist ‘4’ sinnlos. // Ja, wenn es im Kalkül die 4 nicht gibt, dann ist

‘4’
sinnlos. //

 
   
                   Wenn man sagt, es wäre möglich, mit Hilfe der Tautologie (En2x).fx & (En3x).Fx & Ind. .C. (En5x). fx ⌵ Fx …A) zu addieren, so wäre das folgendermassen zu verstehen: Zuerst ist es möglich, nach gewissen Regeln herauszufinden, dass
           (Enx).fx & (Enx).Fx & Ind. .C. (Enx,y): fx ⌵ Fx . & . fy V Fy
tautologisch ist. (Enx).fx ist eine Abkürzung für
               (Ex).fx & non(Ex,y). fx & fy. Ich werde ferner Tautologien der Art A zur Abkürzung so schreiben: (E') & (E) C (E')
          So geht also aus den Regeln hervor, dass (E'x) & (E'x) C (E'x,y), (E'x,y) & (E'x) C (E'x,y,z) und andere Tautologien. Ich sch[f|r]eibe “und andere” und nicht “u.s.w. ad inf., weil man mit diesem Begriff noch
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Unser Kalkül braucht überhaupt noch nichts von der Bildun[b|g] einer Reihe ‘(E'x)’, ‘(E'x,y)’, ‘(E'x,y,z)’, etc. zu wissen, sondern kann einfach einige, etwa 3, dieser Zeichen einführen, ohne das “u.s.w.”. Wir können nun einen Kalkül mit einer endlichen Reihe von Zeichen einführen, indem wir eine Reihenfolge gewisser Zeichen festsetzen, etwan die der Buchstaben des Alphabets, und schreiben:
                               (E'a) & (E'a) C (E'a,b),
                               (E'a,b) & (E'a) C (E'a,b,c),
                               (E'a,b) & (E'a,b) C (E'a,b,c,d),
                               u.s.w. bis zum z.
Die rechte Seite (rechts vom “C”) kann man dann aus der linken durch einen Kalkül der Art finden:
a b c d e f . . . . . z
a b - - -                
- - a b c               B)
a b c d e                

Dieser Kalkül ergäbe sich aus den Regeln zur Bildung der Tautologien als eine Vereinfachung. – Dieses Gesetz der Bildung eines Reihenstückes aus zwei andern vorausgesetzt, kann ich für das erste nun die Bezeichnung “Summe der beiden andern” einführen und also definieren:
a + a ≝ ab
a + ab ≝ abc
u.s.w. bis z.
Hätte man an einigen Beispielen die Regel des Kalküls B erklärt, so könnte man auch diese Definitionen als Spezialfälle einer allgemeinen Regel betrachten und nun Aufgaben stellen von der Art: “abc + ab = ?”.
Es liegt nun nahe, die Tautologie
s) (E'a,b) & (E'a,b) C (E'a,b,c,d) mit der Gleichung
t) ab + ab = abcd zu verwechseln. – Aber diese ist eine Ersetzungsregel, jene ist keine Regel, sondern eben eine Tautologie. Das Zeichen “C” in s entspricht in keiner Weise dem “ = ” in t.
          Man vergisst, dass das Zeichen “C” in s ja nicht sagt, dass die
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beiden Zeichen rechts und links von ihm eine Tautologie ergeben.
          Dagegen könnte man einen Kalkül konstruieren, in welchem die Gleichung x + y = z als eine Transformation erhalten wird (aus) der Gleichung:
       u) (E'x) & (E'y) C (E'z) = Taut..
So, dass ich also sozusagen z = x + y erhalte, wenn ich z aus der Gleichung u herausrechne.

 
   
                   Wie tritt der Begriff der Summe in diese Ueberlegungen ein? – Im ursprünglichen Kalkül, der (etwa) feststellt, dass die Form (E'x) & (E'y) C (E'z)
v)
(z.B.) tautologisch wird für x = ij, y = i und z = ijk, ist von Summierung nicht die Rede. – Dann bringen wir ein Zahlensystem in den Kalkül (etwa das System a b c d … z). Und endlich definieren wir die Summe zweier Zahlen als diejenige Zahl z, welche die Gleichung u löst.

 
   
                   (Wenn wir statt “(E'x) & (E'x) C (E'x,y)” schrieben: “(E'x) & (E'x) C (E'x + x)”, so hätte das keinen Sinn; es sei denn, dass die Notation von vornherein nicht I) “(E'x) etc.”, “(E'x,y) etc.”, “(E'x,y,z “(E'x,y,z) etc.” lautet, sondern:
K) “(E'x) etc.”, “(E'x + x) etc.”, “(E'x + x + x) etc.”.
      Denn warum sollten wir plötzlich statt
                               “(E'x,y) & (E'x) C (E'x,y,z)” schreiben: “(E'x,y) & (E'x) C (E' xy + x)”? das wäre nur eine Verwirrung der Notation. – Nun sagt man: Es vereinfacht doch das Hinschreiben der Tautologie sehr, wenn man in der rechten Klammer gleich die Ausdrükke der beiden linken hinschreiben kann. Aber diese Schreibweise ist ja noch gar nicht erklärt; ich weiss ja nicht, was (E' xy + x) bedeutet, dass nämlich (E' xy + x) = (E'x,y,z) ist.
      Wenn man aber von vornherein die Notation “(E'x)”, “(E' x + x)”,
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“(E' x + x + x)”, so hätte vorerst nur der Ausdruck “(E' x + x + x + x)”, Sinn, aber nicht “(E' (x + x) + (x + x))”.
          Die Notation K ist auf [E|e]iner Stufe mit // im gleichen Fall wie // I. Dass // ob // sich in der Form v eine Tautologie ergibt, kann man etwa kurz durch das Ziehen von Verbindungslinien kalkulieren, also

(E'x,y) & (E'x,y) C (E'x,y,z,u) und analog

(E'x + x) & (E'x + x) C (E'x + x + x + x).
Die Bögen // Verbindungslinien // entsprechen nur der Regel, die in jedem Fall für die Kontrolle der Tautologie gegeben sein muss. Von einer Addition ist hier noch keine Rede. Die tritt erst ein, wenn ich mich entschliesse – z.B. – statt “x, y, z, u” “xy + xy” zu schreiben, und zwar in Verbindung mit einem Kalkül, der nach Regeln die Ableitung einer Ersetzungsregel “xy + xy = xyzu” erlaubt. Addition liegt auch dann nicht vor, wenn ich in der Notation K schreibe “(E'x) & (E'x) C (E' x + x)”, sondern erst, wenn ich zwischen “x + x” und “(x) + (x)” unterscheide und schreibe:
     (x) + (x) = (x + x).

 
   
                   Ich kann “die Summe von x und y” (“x + y”) als die Zahl z definieren (oder: “den Ausdruck” – wenn wir uns scheuen, das Wort Zahl zu gebrauchen) – ich kann “x + y” als die Zahl z definieren, die den Ausdruck v tautologisch macht; – man kann aber auch “x + y”, z.B., durch den Kalkül B definieren (unabhängig von dem der Tautologien) und nun die Gleichung (E'x) & (E'y) C (E' x + y) = Taut. beweisen // ableiten // .

 
   
                   Eine Frage, die sich leicht einstellt, ist die: müssen wir die Kardinalzahlen in Verbindung mit der Notation
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(Ex,y, …). fx & fy & … einführen? Ist der Kalkül der Kardinalzahlen irgendwie an den mit den Zeichen “(Ex,y …). fx & fy …” gebunden? Ist etwa der letztere die einzige, und vielleicht wesentlich einzige, Anwendung der Kardinalzahlen // des
ersteren
ersten
// ? Was die “Anwendung der Kardinalarithmetik auf die // in der // Grammatik” betrifft, so kann man auf das verweisen, was wir über den Begriff der Anwendung eines Kalküls gesagt haben. – Man könnte nun unsere Frage auch so stellen: Kommen die Kardinalzahlen in den Sätzen unserer Sprache immer hinter dem Zeichen “E” vor: wenn wir uns nämlich die Sprache in die Russell'sche Notation übersetzt denken? Diese Frage hängt unmittelbar mit der zusammen: Wird das Zahlzeichen in der Sprache immer als Funktion Charakterisierung eines Begriffes – einer Funktion – gebraucht? Die Antwort darauf ist, dass unsere Sprache die Zahlzeichen immer in Verbindung mit // als Attribute von // Begriffswörtern gebraucht – dass aber diese Begriffswörter unter sich gänzlich verschiedenen grammatischen Systemen angehören (was man daraus sieht, dass das eine in Verbindungen Bedeutung hat, in denen das andre sinnlos ist), so dass die Norm, die sie zu Begriffswörtern macht, [,|f]ür uns uninteressant wird. Eine ebensolche Norm aber ist die Schreibweise “(Ex,y, …) etc.”; sie ist die direkte Uebersetzung einer Norm unserer Wortsprachen, nämlich des Ausdruckes “es gibt …”, eines Sprachschemas // Ausdrucksschemas // , in das unzählige logische // grammatische // Formen gepresst sind.

 
   
                   Uebrigens ist das Zahlzeichen, jetzt in einem andern Sinne, nicht mit “E” verbunden: insofern nämlich “(E3x) …” nicht in “(E2 + 3 x) …” enthalten ist. //
da
insofern
nämlich “(E3)x …” nicht in “(E2 + 3)x …” enthalten ist. //

 
   
                   Es besteht eine Versuchung, die Form der Gleichung
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für die Form von Tautologien und Kontradiktionen zu halten, und zwar darum, weil es scheint, als könne man sagen, x = x ist selbstverständlich wahr (und) x = y selbstverständlich falsch. Eher noch
﹖–
–﹖
// kann man natürlich x = x mit einer Tautologie vergleichen, als x = y mit einer Kontradiktion //
, da ja alle richtigen (und “sinnvollen”) Gleichungen der Mathematik von der Form x = y sind. Man könnte x = x eine degenerierte Gleichung nennen (Ramsey nannte sehr richtig Tautologien und Kontradiktionen degenerierte Sätze) und zwar eine richtige degenerierte Gleichung (den Grenzfall einer Gleichung). Denn wir gebrauchen Ausdrücke der Form x = x wie richtige Gleichungen, wobei wir uns vollkommen bewusst sind, dass es sich um degenerierte Gleichungen handelt. Im gleichen Fall sind Sätze in geometrischen Beweisen, [,|w]ie etwa: “der Winkel ist gleich dem Winkel , der Winkel ist sich selbst gleich, …”.
       Man könnte nun einwenden, dass richtige Gleichungen der Form x = y auch Tautologien, dagegen falsche, Contradiktionen sein müssten, weil man ja die richtige Gleichung muss beweisen können und das, indem man die beiden Seiten der Gleichung transformiert, bis eine Identität x = x herauskäme. Aber obwohl durch diesen Prozess die erste Gleichung als richtig erwiesen ist und insofern die Identität x = x das Endziel der Transformationen war, so ist sie nicht das Endziel in dem Sinne, als hätte man durch die Transformationen der Gleichung ihre richtige Form geben wollen, wie man einen krummen Gegenstand zurechtbiegt, und als habe sie nun ˇin der Identität diese vollkommene Form (endlich) erreicht. Man kann also nicht sagen: die richtige Gleichung ist ja eigentlich eine Identität. Sie ist eben keine Identität.

 
   
                   Wenn wir von de[m|n], mittels “ = ” konstruierten Funktionen (x = a (x = a V x = b etc.) absehen, so wird nach Russells Theorie
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5 = 1, wenn es keine Funktion gibt, die nur von einem Argument, oder nur von 5 Argumenten, befriedigt wird. Dieser Satz scheint natürlich auf den ersten Blick unsinnig; denn, wie kann man dann sinnvoll sagen, dass es keine solchen Funktionen gibt. Russell müsste sagen, dass man die beiden Aussagen, dass es Fünfer- und Einserfunktionen gibt, nur dann getrennt machen kann, wenn wir in unserem Symbolismus eine Fünfer- und eine Einserklasse haben. Er könnte etwa sagen, dass seine Auffassung richtig sei, weil ich, ohne das Paradigma der Klasse 5 im Symbolismus, gar nicht sagen könne, eine Funktion werde von 5 Argumenten befriedigt. – D.h., dass aus der Existenz des Satzes “(Ef): (E'1x).fx” seine Wahrheit schon hervorgeht. – Man scheint also sagen zu können: schau' auf diesen Satz, dann wirst Du sehen, dass er wahr ist. Und in einem, für uns irrelevanten, Sinn ist das auch möglich: Denken wir uns etwa auf die Wand eines Zimmers mit roter Farbe geschrieben: “in diesem Zimmer befindet sich etwas Rotes”.
          Dieses Problem hängt damit zusammen, dass ich in der hinweisenden Definition von dem Paradigma (Muster) nichts aussage, sondern nur mit seiner Hilfe Aussagen mache; dass es zum Symbolismus gehört und nicht einer der Gegenstände ist, auf den ich ihn auf anwende // auf den ich den Symbolismus anwende // .
          Ist z.B. “1 Fuss” definiert als die Länge eines bestimmten Stabes in meinem Zimmer, und ich würde etwa statt “diese Tür ist 6 Fuss hoch” sagen: “diese Tür hat sechsmal diese Länge (wobei ich auf den Einheitsstab zeige)”, – dann könnte man nicht (etwa) sagen: “der Satz ‘es gibt einen Gegenstand von 1 Fuss Länge’ beweist sich selbst, denn ich könnte diesen Satz gar nicht aussprechen, wenn es keinen Gegenstand von dieser Länge gäbe”; denn vom Einheitsstab kann ich nicht aussagen, dass er 1 Fuss lang sei. (Wenn ich nämlich statt “1 Fuss” das Zeichen “diese Länge” einführe, so hiesse die Aussage, dass der Einheitsstab die Länge 1 Fuss hat: “dieser Stab hat diese Länge (wobei ich beide Male auf den gleichen Stab zeige).) So kann man von der Gruppe der Striche, welche etwa als Paradigma der 3
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steht nicht sagen, es bestehe aus 3 Strichen.
          “Wenn jener Satz nicht wahr ist, so gibt es diesen Satz gar nicht” – das heisst: “wenn es diesen Satz nicht gibt, so gibt es ihn nicht”. Und ein Satz kann das Paradigma im andern niemals beschreiben, sonst ist es eben nicht Paradigma. Wenn die Länge des Einheitsstabes durch die Längenangabe “1 Fuss” beschrieben werden kann, dann ist er nicht das Paradigma der Längeneinheit, denn sonst müsste jede Längenangabe mit seiner Hilfe gemacht werden.

 
   
                   Ein Satz, “non.neg(Ef):(E' x).fx” muss, wenn wir ihm überhaupt einen Sinn/geben, von der Art dessen // des Satzes // sein: “es gibt keinen Kreis auf dieser Fläche, der nur einen schwarzen Fleck enthält”. (Ich meine: er muss einen ähnlich [/|b]estimmten Sinn haben; und nicht vague bleiben, wie er in der Russell'schen Logik [i|u]nd in meiner der Abhandlung wäre.)
          Wenn nun aus den Sätzen “non.neg(Ef):(Ex).fx” und …R)
und “non.neg(Ef):(Ex,y).fx & fy” …S)
folgt, dass 1 = 2 ist, so ist hier mit “1” und “2” nicht das gemeint, was wir sonst damit meinen, dann die Sätze R und S würden in der Wortsprache lauten: “es gibt keine Funktion, die nur von einem Ding befriedigt wird” und “es gibt keine Funktion, die nur von 2 Dingen befriedigt wird”. Und dies sind nach den Regeln unserer Sprache Sätze mit verschiedenem Sinn.

 
   
                   Man ist versucht zu sagen: “Um ‘(Ex,y).fx & fy’ ausdrücken zu können // auszudrücken // , brauchen wir 2 Zeichen ‘x’ und ‘y’.” Aber das heisst nichts. Was wir dazu brauchen, ist vielleicht Papier und Feder; und der Satz so wenig, wie: “um ‘p’ auszudrücken, brauchen wir ‘p’”. // Was wir dazu brauchen, sind, etwa, die
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Schreibutensilien, nicht die Bestandteilen des Satzes. Ebensowenig hiesse es, zu sagen: “Um ‘(Ex,y). fx & fy’ auszudrücken, brauchen wir das Zeichen ‘(Ex,y). fx & fy’.” //

 
   
                   “Welchen Sinn hat ein Satz der Art ‘(En).3 + n = 7’?” Man ist hier in einer seltsamen Schwierigkeit: einerseits empfindet man es als Problem, dass der Satz die Wahl zwischen unendlich vielen Werten von n hat, andrerseits scheint uns der Sinn des Satzes in sich gesichert und nur für uns (etwa) noch zu erforschen, da wir doch “wissen, was ‘(Ex).fx’ bedeutet”. Wenn Einer sagte, er wisse nicht, was “(En). 3 + n = 7” bedeute // welchen Sinn “(En). 3 + n = 7” habe // , so würde man ihm antworten: “aber Du weisst doch, was dieser Satz sagt: 3 + 0 = 7 . V . 3 + 1 = 7 . V . 3 + 2 = 7 und so weiter!” Aber darauf kann man antworten: “Ganz richtig – der Satz ist also keine logische Summe, denn die endet denn nicht mit ‘und so weiter’ und das, worüber ich nicht klar bin, ist eben diese Satzform ‘f(0) V f(1) V f(2) V u.s.w.’ – und Du hast mir nur statt der ersten unverständlichen Satzform // Satzart // eine zweite gegeben und zwar mit dem Schein, als gäbest Du mir etwas altbekanntes, nämlich eine Disjunktion.”
          Wenn wir nämlich meinen, dass wir doch unbedingt “(En) etc.” verstehen, so denken wir zur Rechtfertigung an andre Fälle des Gebrauchs der Notation “(E …) …”, beziehungsweise der Ausdrucksform “es gibt …” unserer Wortsprache. Darauf kann man aber nur sagen: [|D]u vergleichst also den Satz “(En) …” mit jenem Satz “es gibt ein Haus in dieser Stadt, welches …”, oder “es gibt zwei Fremdwörter auf dieser Seite”. Aber mit dem Vorkommen der Worte “es gibt” in diesen Sätzen ist ja die Grammatik dieser Allgemeinheit noch nicht bestimmt. Und dieses Vorkommen weist auf nichts andres hin, als eine gewisse Analogie in den Regeln. Wir werden also ruhig diese Regeln von vorne untersuchen können, ohne uns von der Bedeutung von “(E …) …” in andern Fällen stören zu lassen // ohne uns von der Be-
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deutung, die “(E …) …” in andern Fällen hat, stören zu lassen. // // Wir werden also die Grammatik der Allgemeinheit “(En) etc.” ohne vorgefasstes Urteil untersuchen können, d.h., ohne uns von der Bedeutung … //

 
   
                   Wir werden uns zuerst fragen müssen: Ist der mathematische Satz bewiesen? und wie? Denn der Beweis gehört zur Grammatik des Satzes! – Dass das so oft nicht eingesehen wird, kommt daher, dass wir hier wieder auf der Bahn einer uns irreführenden Analogie denken. Es ist, wie gewöhnlich in diesen Fällen, eine Analogie aus unserm naturwissenschaftlichen Denken. Wir sagen z.B. “dieser Mann ist vor 2 Stunden gestorben”, und wenn man uns fragt “wie lässt sich das feststellen”, so können wir eine Reihe von Anzeichen (Symptomen) dafür angeben. Wir lassen aber auch die Möglichkeit dafür offen, dass etwa die Medizin bis jetzt unbekannte Methoden entdeckt, die Zeit des Todes festzustellen und das heisst: Wir können solche mögliche Methoden auch jetzt schon beschreiben, denn nicht ihre Beschreibung wird entdeckt, sondern, es wird nur experimentell festgestellt, ob die Beschreibung den Tatsachen entspricht. So kann ich z.B. sagen: eine Methode besteht darin, die Quantität des Hämoglobins im Blut zu finden, denn diese nehme mit der Zeit nach dem Tode, nach dem und dem Gesetz, ab. Das stimmt natürlich nicht, aber, wenn es stimmte, so würde sich dadurch an der von mir erdichteten Beschreibung nichts ändern. Nennt man nun die medizinische Entdeckung “die Entdeckung eines Beweises dafür, dass der Mann vor 2 Stunden gestorben ist”, so muss man sagen, dass diese Entdeckung an der Grammatik des Satzes “der Mann ist vor 2 Stunden gestorben”, nichts ändert. Die Entdeckung ist die Entdeckung, dass eine bestimmte Hypothese wahr ist (oder: mit den Tatsachen übereinstimmt). Diese Denkweise sind wir nun so gewöhnt, dass wir den Fall der Entdeckung eines Beweises in der Mathematik unbesehen für den gleichen oder einen ähnlichen halten. Mit Unrecht: denn,
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kurz gesagt, den mathematischen Beweis konnte man nicht beschreiben, ehe er gefunden war.
          Der ‘medizinische Beweis’ hat die Hypothese, die er bewiesen hat, nicht in einen neuen Kalkül eingegliedert und ihm also keinen neuen Sinn gegeben; der mathematische Beweis gliedert den mathematischen Satz in einen neuen Kalkül ein, er verändert seine Stellung in der Mathematik. Der Satz mit seinem Beweis gehört einer andern Kategorie an, als der Satz ohne den Beweis. (Der unbewiesene mathematische Satz – Wegweiser der mathematischen Forschung, Anregung zu mathematischen Konstruktionen.)

 
   
                   “Alle Zahlen haben vielleicht die [e|E]igenschaft P”. Wieder ist die Frageä was ist die Grammatik dieses allgemeinen Satzes? Denn damit ist uns nicht gedient, dass wir die Verwendung des Ausdrucks “alle …” in andern grammatischen Systemen kennen. Sagt man: “Du weisst doch, was es heisst! es heisst: P(0) & P(1) & P(2) u.s.w.”, so ist damit wieder nichts erklärt; ausser, dass der Satz kein logisches Produkt ist. Und man wird, um die Grammatik des Satzes verstehen zu lernen, fragen: Wie gebraucht man diesen Satz? Was sieht man als Kriterium seiner Wahrheit an? Was ist seine Verifikation? – Wenn keine Methode vorgesehen ist, um zu entscheiden, ob der Satz wahr oder falsch ist, ist er ja zwecklos und d.h. sinnlos. Aber hier kommen wir nun zur Illusion, dass allerdings eine solche Methode der Verifikation vorgesehen ist, die sich nur einer menschlichen Schwäche wegen nicht durchführen lässt. Diese Verifikation besteht darin, dass man alle (unendlich vielen) Glieder des Produktes P(0) & P(1) & P(2) … auf ihre Richtigkeit prüft. Hier wird logische mit physischer Möglichkeit verwechselt. // Hier wird das, was man ‘logische Unmöglichkeit’ nennt, mit physischer Unmöglichkeit verwechselt. // Denn dem Ausdruck “alle Glieder des unendlichen Produktes auf ihre Richtigkeit prüfen” glaubt man Sinn gegeben zu haben, weil man das Wort “unendlich viele” für die Bezeichnung einer riesig
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grossen Zahl hält. Und bei der “Unmöglichkeit, die unendliche Zahl von Sätzen zu prüfen” schwebt uns die Unmöglichkeit vor, eine sehr grosse Anzahl von Sätzen zu prüfen, wenn wir etwa nicht die nötige Zeit haben.
          Erinnere Dich daran, dass, in/dem Sinne, in welchem es unmöglich ist eine unendliche Anzahl von Sätzen zu prüfen, es auch unmöglich ist,
es
das
zu versuchen. – Wenn wir uns mit den Worten “Du weisst doch, was ‘alle …’ heisst,” auf die Fälle berufen, in welchen diese Redeweise gebraucht wird, so kann es uns doch nicht gleichgültig sein, wenn wir einen Unterschied zwischen diesen Fällen und dem Fall sehen, für welchen der Gebrauch der Worte gerechtfertigt // erklärt // werden sollte. – (Gewiss), wir wissen, was es heisst, “eine Anzahl von Sätzen auf ihre Richtigkeit prüfen” und gerade auf dieses Verständnis berufen wir uns ja, wenn wir verlangen, man solle nun auch den Ausdruck “unendlich viele Sätze …” verstehen. Aber ist denn der Sinn des ersten Ausdrucks von der Erfahrung // den Erfahrungen // , die mit ihm verknüpft ist sind, unabhängig? // Aber hängt denn der Sinn des ersten Ausdrucks nicht von den spezifischen Erfahrungen ab, die ihm entsprechen? // Und gerade diese Erfahrungen fehlen ja in der Verwendung (dem Kalkül) des zweiten Ausdrucks; es sei denn, dass ihm solche Erfahrungen zugeordnet werden, die von den ersten [G|g]rundverschieden sind.

 
   
                   “Alle Punkte dieser Fläche sind weiss”. Wie verifizierst Du das? – dann werde ich wissen, was es heisst.

 
   
                   “Den mathematischen Satz kann man sich vorstellen, als ein Lebewesen, das selbst weiss, ob es wahr oder falsch ist. (Zum Unterschied von den empirischen Sätzen // Sätzen der Empirie // .)
          Der mathematische Satz weiss selbst, dass er wahr, oder dass er falsch ist. Wenn er von allen Zahlen handelt, so muss er auch schon alle
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Zahlen übersehen. Wie der Sinn, so muss auch seine Wahrheit oder Falschheit in ihm liegen.”

 
   
                   “Es ist, als wäre die Allgemeinheit eines Satzes ‘(n).P(n)’ nur eine Anweisung auf die eigentliche, wirkliche, mathematische Allgemeinheit eines Satzes. Gleichsam nur eine Beschreibung der Allgemeinheit, nicht diese selbst. Als bilde der Satz nur auf rein äusserliche Weise ein Zeichen, dem erst von innen Sinn gegeben werden muss.”

 
   
                   “Wir fühlen: Die Allgemeinheit, die die mathematische Behauptung hat, ist anders als die Allgemeinheit des Satzes, der bewiesen ist.”

 
   
                   “Man könnte sagen: ein mathematischer Satz ist der Hinweis auf einen Beweis.”

 
   
                   Wie wäre es, wenn ein Satz seinen Sinn selber nicht ganz erfasste. Wenn er sich quasi selber zu hoch wäre? – Und das nehmen eigentlich die Logiker an.

 
   
                   Den Satz, der von allen Zahlen handelt, kann man sich nicht durch ein endloses Schreiten verifiziert denken, denn, wenn das Schreiten endlos ist, so führt es ja eben nicht zu einem Ziel.
          Denken wir uns eine unendlich lange Baumreihe, und ihr entlang, damit wir sie inspizieren können, einen Weg. Sehr gut, so muss dieser Weg endlos sein. Aber wenn er endlos ist, so heisst das, dass man ihn nicht zu Ende gehen kann. D.h., er bringt micht nicht dazu, die Reihe zu über-
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sehen. Der endlose Weg hat nämlich nicht ein “unendlich fernes” Ende, sondern kein Ende.

 
   
                   Man kann auch nicht sagen: “Der Satz kann alle Zahlen nicht successive erfassen, so muss er sie durch den Begriff fassen”, – als ob das faute de mieux so wäre: “Weil er es so nicht kann, muss er es auf andre Weise tun”. Aber ein successives Erfassen ist schon möglich, nur führt es eben nicht zur Gesamtheit. Diese liegt: nicht auf dem Weg, den wir schrittweise gehen, – und nicht: am unendlich fernen Ende dieses Weges. (Das alles heisst nur “P(0) & P(1) & P(2) & u.s.w.” ist nicht das Zeichen eines logischen Produkts.)

 
   
                   “Alle Zahlen können nicht zufällig eine Eigenschaft P besitzen; sondern nur ihrem
Wesen nach.
Wesen (als Zahlen) nach.
” – Der Satz “die Menschen, welche rote Nasen haben, sind gutmütig” hat auch dann nicht denselben Sinn wie der Satz “die Menschen, welche Wein trinken, sind gutmütig”, wenn die Menschen, welche rote Nasen haben, eben die sind, die Wein trinken. Dagegen: wenn die Zahlen m, n, o der Umfang eines mathematischen Begriffs sind, so dass also fm & fn & fo der Fall ist, dann hat sagt der Satz, welcher sagt, dass die Zahlen, die f befriedigen, die Eigenschaft P haben, den gleichen Sinn wie “P(m) & P(n) & P(o)”. Denn die beiden Sätze “f(m) & f(n) & f(o)” und “P(m) & P(n) & P(o)” lassen sich, ohne dass wir dabei den Bereich der Grammatik verlassen, in einander umformen.
          Sehen wir uns nun den Satz an: “alle n Zahlen, welche der Bedingung F(x) genügen, haben zufälligerweise die Eigenschaft P.” Da kommt es drauf an, ob die Bedingung F(x) eine mathematische ist. Ist sie das, nun dann kann ich ja aus F(x) P(x) ableiten, wenn auch über die Disjunktion der n Werte von F(x). (Denn hier gibt es eben eine Disjunktion.) Hier werde ich
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also nicht von einem Zufall reden. – Ist die Bedingung eine nicht-mathematische, so wird man dagegen vom Zufall reden können. Z.B. wenn ich sage: alle Zahlen, die ich heute auf den Omnibussen gelesen habe, waren zufällig Primzahlen. (Dagegen kann man natürlich nicht sagen: “die Zahlen 17, 3, 5, 31, sind zufällig Primzahlen”, ebensowenig wie: “die Zahl 3 ist zufällig eine Primzahl”.) “Zufällig” ist wohl der Gegensatz von “allgemein ableitbar”; aber man kann sagen: der Satz “17, 3, 5, 31 sind Primzahlen” ist allgemein ableitbar – so sonderbar das klingt –, wie auch der Satz 2 + 3 = 5.
          Sehen wir nun zu unserm ersten Satz zurück, so fragen wir wieder: Wie soll denn der Satz “alle Zahlen haben die Eigenschaft P” gemeint sein? wie soll man ihn denn wissen können? denn diese Festsetzung gehört ja zur Festsetzung seines Sinnes! Das Wort “zufällig” deutet doch auf eine Verifikation durch successive Versuche und dem widerspricht, dass wir nicht von einer endlichen Zahlenreihe reden.

 
   
                   In der Mathematik sind Beschreibung und Gegenstand äquivalent. “Die fünfte Zahl der Zahlenreihe hat diese Eigenschaften” sagt dasselbe, wie “5 hat diese Eigenschaften”. Die Eigenschaften eines Hauses folgen nicht aus seiner Stellung in einer Häuserreihe; dagegen sind die Eigenschaften einer Zahl die Eigenschaften einer Stellung.

 
   
                   Welche seltsame Frage: “kann man sich eine endlose Baumreihe denken?”! Wenn man von einer ‘endlosen Baumreihe’ spricht, so wird doch, was man meint, mit den Erfahrungen zusammenhängen, die man “das Sehen einer Baumreihe”, “das Zählen einer Baumreihe”, “das Messen einer Baumreihe”, etc. nennt. “Können wir uns eine unendliche Baumreihe denken”! Gewiss, wenn wir festgesetzt haben, was darunter zu verstehen ist;
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d.h.: wenn wir diesen Begriff mit all dem in Verbindung gebracht haben, mit den Erfahrungen, die für uns den Begriff der Baumreihe bestimmen.
          Was ist das Kriterium in der Erfahrung, dafür dass eine Baumreihe unendlich ist? denn daraus werde ich sehen, wie diese Aussage zu verstehen ist. Oder gibst Du mir kein solches Kriterium, – was fange ich dann mit dem Begriff “unendliche Baumreihe” an? Was hat dieser Begriff etwa mit dem zu tun, was ich sonst eine Baumreihe nenne? Oder meinst D meintest Du am Ende doch nur: eine ungeheuer lange Baumreihe?!

 
   
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                   “Aber wir kennen doch eine Erfahrung, wenn wir eine Baumreihe entlang gehen, die wir das Aufhören der Reihe nennen können. Nun, eine endlose Baumreihe ist eine solche, an der wir diese Erfahrung nie machen”. – Aber was bedeutet hier “nie”? Ich kenne eine Erfahrung, die ich mit den Worten beschreibe: “er hat in dieser Stunde nie gehustet”, oder “er hat in seinem Leben nie gelacht”. Von einer entsprechenden // analogen // Erfahrung kann nicht gesprochen werden, wenn sich das “nie” nicht auf ein Zeitintervall bezieht. Die Analogie lässt uns also hier wieder im Stich und ich muss von neuem untersuchen, wie das Wort “nie” in diesem Falle [S|s]innvoll verwendet werden kann. – Solche Verwendungen lassen sich nun allerdings finden, aber sie sind eben eigens auf ihre Regeln zu untersuchen. Es kann z.B. der Satz, dass eine Baumreihe unendlich lang ist (oder der, dass wir nie zu einem Ende kommen werden), ein Naturgesetz von der Art des Trägheitsgesetzes sein, das ja sagt, ein Körper bewege sich unter bestimmten Umständen mit konstanter Geschwindigkeit in einer Geraden; und hier könnte ja auch gesagt werden, die Bewegung werde unter diesen Umständen nie enden. Fragt man nach der Verifikation so eines Satzes, so kann man vor allem sagen, dass er falsch ist falsifiziert wird, wenn die Bewegung (die Baumreihe) zu einem Ende kommt. Von einer Verifikation kann hier keine Rede sein, und das heisst, dass w[o|i]r es mit einer grundverschiedenen Art von Satz (oder mit einem Satz
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in einem andern Sinn dieses Wortes) zu tun haben. Ich will natürlich nicht sagen, dass dies die einzige sinnvolle Verwendung des Ausdrucks “unendliche Baumreihe”, oder des Wortes “nie” (in alle Ewigkeit) sei. Aber jede dieser Verwendungen muss eigens beschrieben // untersucht // werden und hat ihre eigenen Gesetze. Es nützt uns nichts, dass wir eine Redeform fertig in unserer gewöhnlichen Sprache vorfinden, weil diese Sprache jedes ihrer Wörter in ˇden verschiedensten Bedeutungen gebraucht, und, dass wir den Gebrauch des Wortes in einem Fall verstehn, und erspart uns nicht die Untersuchung seiner Grammatik in einem andern. So meinen wir etwa: “es ist doch gewiss möglich, sich ein unendlich langes Leben vorzustellen, denn unendlich lang lebst der, der einfach nie stirbt”. Aber der Gebrauch des Wortes “nie” ist eben gar nicht so einfach.

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                   Reden wir nun von einem endlosen Leben im Sinne einer Hypothese (vergl. Trägheitsgesetz) und, der es lebt, wählt nacheinander aus den Brüchen zwischen 1 und 2,
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und
3
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, 3 und 4, etc. ad inf. einen beliebigen Bruch aus und schreibt ihn auf. Erhalten wir so eine “Selektion aus allen jenen Intervallen”? Nein, denn sein Wählen hat kein Ende. Es hat keinen Sinn, jemals von ihm zu sagen, er habe die Selektion beendet. Kann ich aber nicht sagen, dass doch alle Intervalle an die Reihe kommen müssen, da ich keines nennen kann, das nicht an die Reihe käme? Aber daraus, dass er jedes Interval einmal erreichen wird, folgt doch nicht, dass er alle einmal erreicht haben wird. Denn, wenn wir das Wort “erreichen” so verwenden, dass “er etwas zu einer bestimmten Zeit [t|e]rreicht” (d.h. in diesem grammatischen Zusammenhang), dann heisst, dass er “jedes Interval einmal erreicht” etwa: dass erd das erste nach der ersten Sekunde, das zweite in nach der zweiten, das dritte nach der dritten erreicht, u.s.w. ad inf.. Es wird also hier ein Gesetz mit dem Ausdruck u.s.w. ad inf. gegeben. Dann hiesse aber, dass er
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alle Intervalle erreicht, dass er sie zu einer bestimmten Zeit erreicht, der Prozess also zu einem Ende kommt, – was der ersten Annahme widerspricht. Folgert man also daraus, dass er jedes Interval erreicht, dass er sie alle erreicht, so verwendet man das Wort “erreicht” das zweitemal in ganz anderer Weise!
          “Denken wir uns aber nun einen Mann, der im Auswählen aus den Intervallen eine immer grössere Uebung [g|b]ekäme bekäme, so dass er zur ersten Wahl eine Stunde, zur zweiten eine halbe, zur dritten ein Viertel brauchte, u.s.w. ad inf.. Dann würde der ja in zwei Stunden mit der A ganzen Arbeit fertig!” Stellen wir uns einmal den Vorgang vor. Das Auswählen bestünde etwa im Aufschreiben des Bruches, also in einer Bewegung der Hand. Diese Bewegung würde nun immer schneller; so schnell sie aber auch wird, so gibt es immer ein letztes Interval, das in einer bestimmten Zeit von ihr erledigt wird. Die Ueberlegung unseres // des // Einwands beruhte auf der Bildung der Summe 1 +
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+
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+ …, aber die ist ja ein Grenzwert von Summen und keine Summe, in dem Sinne dieses Wortes, in welchem z.B. 1 +
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2
+
1
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eine Summe ist. Wenn ich sage “er braucht eine Stunde zur ersten Wahl, eine halbe Stunde zur zweiten, ein Viertel zur dritten, u.s.w. ad inf.”, so hat diese Angabe nur so lange Sinn, als ich nicht nach der Geschwindigkeit des Wählens im Zeitpunkte t = 2 frage, denn für diesen ergibt unsere Rechnung keinen Wert (denn den Wert c = unendlich gibt es hier für uns nicht, da wir ihm keine Erfahrung zugeordnet haben). Für jeden Punkt vor t = 2 liefert mir mein Gesetz eine Geschwindigkeit, ist also soweit brauchbar und in Ordnung. Der Fehlschluss liegt also erst im Satz “dann würde er in zwei Stunden mit der Arbeit fertig”. (Soweit man dies einen Fehlschluss nennen darf, da ja der Satz für diesen Fall sinnlos ist.)

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                   Denken wir uns nun die Hypothese, jemand werde unter gewissen Umständen die Ziffern der Zahl II (etwa im Sechsersystem)
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würfeln. Diese Hypothese ist also ein Gesetz, mit dessen Hilfe ich für jeden Wurf die Zahl der geworfenen Augen ausrechnen kann. Wie aber, wenn wir die Hypothese dahin modifizierten, dass jemand unter gewissen Umständen nicht die Ziffern von II werfen werde! Sollte das nicht auch einen Sinn haben? Wie aber kann man je wissen, dass diese Hypothese richtig ist, da er ja zu jeder gegebenen Zeit II gemäss geworfen haben mag und die Hypothese dadurch doch nicht widerlegt ist. Aber das heisst, doch eben, dass wir es hier mit einer andern Art von Hypothese zu tun haben; mit einer Satzart, für die in ihrer Grammatik keine Falsifikation vor vorgesehen ist. Und es steht mir frei, das “Satz”, oder “Hypothese”, oder ganz anders zu nennen, wenn ich will. (II ist kein
Bruch
Dezimalbruch
, sondern ein Gesetz, nach welchem Brüche gebildet werden.)

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                   Die Unendlichkeit der Zeit ist keine Ausdehnung.

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                   Wenn wir fragen: “worin besteht die Unendlichkeit der Zeit”, so wird man uns sagen: “darin, dass kein Tag der letzte ist, dass auf jeden Tag wieder ein Tag folgt”. Hier werden wir aber wieder verleitet, die Sache durch eine Analogie falsch zu sehen. Wir vergleichen nämlich etwa die Folge der Tage mit der Folge von Ereignissen (in der Zeit) z.B. den Schlägen einer Uhr. Wir machen/dann manchmal die Erfahrung, dass 4 Schlägen ein 5ter folgt. Hat es nun auch Sinn, von der Erfahrung zu reden, dass auf vier Tage ein fünfter folgt? Und kann man sagen: “siehst Du, ich habe es Dir vorhergesagt: es wird auf den vierten noch einer folgen”? So gut könnte man sagen, es sei eine Erfahrung, dass auf den vierten gerade der fünfte folgt und kein andrer.) Wir reden hier aber nicht von der Vorhersage, es werde die Sonne nach dem vierten Tag sich so wie bisher bewegen; das ist eine echte Vorhersage. Nein, ˇin unserm Fall handelt es sich nicht
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um eine Vorhersage, kein Ereignis wird prophezeit, sondern wir sagen etwa: dass es Sinn hat, in Bezug auf jeden Sonnenauf- und Untergang von einem nächsten zu sprechen. Denn die Bedeutung der Bezeichnung eines Zeitmasses ist ja an ein Geschehnis gebunden: den Umlauf eines Zeigers, die Bewegung der Erde, etc. etc.; sagen wir aber “auf jede Stunde folgt eine nächste”, und haben wir die Stunde etwa durch den Umlauf eines bestimmten Zeigers (als Paradigma) definiert, so wollen wir mit jeder Aussage dennoch (doch) nicht prophezeien, dass sich dieser Zeiger in alle Ewigkeit so weiter drehen wird; – wir wollen aber sagen: dass er sich “immer so weiter drehen kann”; und das ist eben eine Aussage über die Grammatik unserer Zeitbestimmungen.

2
 
   
                   “Regellose [U|u]nendliche Dezimalzahl”. Die Auffassung ist immer die, als ob wir nur Wörter unserer Umgangssprache zusammenstellen brauchten, und die Zusammenstellung hätte damit einen Sinn, den wir jetzt eben erforschen müssten – wenn er uns nicht gleich ganz klar sein sollte. Es ist, als wären die Wörter Ingredientien einer chemischen Verbindung, die wir zusammenschütten, sich miteinander verbinden lassen, und nun müssten wir eben die Eigenschaften der (betreffenden) Verbindung untersuchen. Wer sagte, er verstünde den Ausdruck “[R|r]egellose unendliche Dezimalzahl” nicht, dem würde geantwortet: “das ist nicht wahr, Du verstehst ihn sehr gut! weist Du nicht, was die Worte “regellos”, “unendlich” und “Dezimalzahl” bedeuten?! – Nun, dann verstehst Du auch ihre Verbindung”. Und mit dem ‘Verständnis’ ist hier gemeint, dass er diese Wörter in gewissen Fällen anzuwenden weiss und etwa eine Vorstellung mit ihnen verbindet. In Wirklichkeit tut der, welcher diese Worte zusammenstellt und fragt “was bedeutet das” etwas ähnliches, wie die kleinen Kinder, die ein Papier mit regellosen Strichen bekritzeln, es dem Erwachsenen zeigen und fragen: “was ist das?”

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                   “Eine regellose unendliche Dezimalzahl kann man sich z.B. ˇdadurch erzeugt denken, dass endlos gewürfelt wird und die Zahl der Augen jedesmal eine Dezimalstelle ist”. Aber, wenn endlos gewürfelt wird, kommt ja eben kein endgültiges Resultat heraus.

 
   
                   Stellen wir uns vor, dass ein Mann, der unendlich lange Zeit gelebt hat, weil er nie geboren wurde, sagt: “Jetzt schreibe ich die letzte Ziffer von II hin, nämlich die 3 Einer.” Er hatte an jedem Tag seines Lebens eine Ziffer hingeschrieben und niemals damit angefangen; jetzt ist er fertig geworden.
 
   
                   “Nur der menschliche Intellekt kann das nicht erfassen, ein höherer könnte es!” Gut, dann beschreibe mir die Grammatik des Ausdrucks “höherer Intellekt”; was kann ein solcher erfassen und was nicht, und unter welchen Umständen // in welchem Falle [/|(]der Erfahrung) // sage ich, dass ein Intellekt etwas erfasst? Du wirst dann sehen, dass die Beschreibung des Erfassens das Erfassen selbst ist. (Vergleiche: Lösung eines mathematischen Problems.)

 
   
                   Nehmen wir an, wir würfen mit einer Münze “Kopf und Adler” und teilen nun eine Strecke AB nach folgender Regel: “Kopf” sagt: nimm die linke Hälfte und teile sie, wie der nächste Wurf vorschreibt. “Adler” sagt: nimm die rechte Hälfte etc.. Durch fortgesetztes Würfeln erzeuge ich dann Schnittpunkte, die sich in einem immer kleineren Interval bewegen. Beschreibt es nun die Lage eines Punktes, wenn ich sage, es solle der sein, dem sich bei fortgesetztem Würfeln die Schnitte unendlich nähern? Hier glaubt man etwa einen Punkt bestimmt zu haben, der einer regellosen unendlichen Dezimalzahl entspricht. Aber die
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Beschreibung bestimmt doch ausdrücklich: keinen Punkt; es sei denn, dass man sagt, dass die Worte “Punkt auf dieser Strecke” auch “einen Punkt bestimmen”. Wir verwechseln hier die Vorschrift des Würfelns mit der mathematischen Vorschrift, etwa Dezimalstellen der √2 zu erzeugen. Diese mathematischen Vorschriften sind die Punkte. D.h., es lassen sich zwischen diesen Vorschriften Beziehungen finden, die in ihrer Grammatik den Beziehungen “grösser” und “kleiner” zwischen zwei Strecken analog sind und daher mit diesen Worten bezeichnet werden. Die Vorschrift, Stellen der √2 auszurechnen, ist das Zahlzeichen der irrationalen Zahl selbst; und ich rede hier von einer “Zahl”, weil ich mit diesen Zeichen (gewissen Vorschriften zur Bildung von Rationalzahlen) ähnlich rechnen kann, wie mit den Rationalzahlen selbst. Will ich also analog sagen, die Vorschrift des endlosen Halbierens nach Kopf und Adler bestimme einen Punkt, eine Zahl, so müsste das heissen, dass diese Vorschrift als Zahlzeichen, d.h. analog andern Zahlzeichen, gebraucht werden kann. Das ist aber natürlich nicht der Fall. Sollte diese Vorschrift einem Zahlzeichen entsprechen, so höchstens (sehr entfernt) dem unbestimmten Zahlwort “einige”, denn sie tut nichts, als eine Zahl offen zu lassen. Mit einem Wort, ihr entspricht nichts anderes, als das ursprüngliche Interval AB.

 
   
                   Kann man den Begriff des “Satzes” festlegen? oder die allgemeine Form des Gesetzes? – Warum nicht! Wie man ja auch den Begriff ‘Zahl’ festlegen könnte, etwa durch das Zeichen “/0, x, x + 1/”. Es steht mir ja frei, nur das Zahl zu nennen; und so steht es mir auch [c|f]rei, nur das Zahl zu nennen; und so steht es mir auch frei, eine analoge Vorschrift zur Bildung von Sätzen oder Gesetzen zu geben und das Wort “Satz” oder “Gesetz” als ein Aequivalent dieser Vorschrift zu gebrauchen. Wehrt man sich dagegen und sagt, es sei doch klar, dass damit nur gewisse Gesetze von andern abgegrenzt worden seien, so antworte ich: Ja, Du kannst freilich nic[t|h]t eine Grenze ziehen, wenn Du von vornherein entschlossen bist, keine anzuer-
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kennen! – Sollen die “Sätze” den unendlichen logischen Raum erfüllen, so kann von keiner allgemeinen Satzform die Rede sein. Es fragt sich dann natürlich: Wie gebrauchst Du nun das Wort “Satz”? im Gegensatz wozu? Etwa im Gegensatz zu “Wort”, “Satzteil”, “Buchtitel”, “Erzählung”, etc..

 
   
                   “Unendlich kompliziertes Gesetz”, “unendlich komplizierte Konstruktion”. (“Es glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei auch etwas denken lassen”.)
          “Die Lage aller Primzahlen muss doch irgendwie vorausbestimmt sein. Wir rechnen sie nur successive aus, aber sie sind alle schon bestimmt. Gott kennt sie sozusagen alle. Und dabei scheint es doch möglich, dass sie nicht durch ein Gesetz bestimmt sind. –” – Immer wieder das Bild von der Bedeutung eines Wortes, als einer vollen Kiste, deren Inhalt uns mit ihr und in ihr verpackt gebracht wird, und den wir nur zu untersuchen haben. – Was wissen wir denn von den Primzahlen? Wie ist uns denn dieser Begriff überhaupt gegeben? Treffen wir nicht selbst die Bestimmungen über ihn? Und wie seltsam, dass wir dann annehmen, es müssen Bestimmungen über ihn getroffen sein, die wir nicht getroffen haben. Aber der Fehler ist begreiflich. Denn wir gebrauchen das Wort “Primzahlen” und es lautet ähnlich wie “Kardinalzahlen’, “Quadratzahlen”, “gerade Zahlen”, etc.. So denken wir, es wird sich ähnlich gebrauchen lassen, vergessen aber, dass wir ganz andere – andersartige – Regeln für das Wort “Primzahl” gegeben haben, und kommen nun mit uns selbst in einen seltsamen Konflikt. – Aber wie ist das möglich? die Primzahlen sind doch die uns wohlbekannten Kardinalzahlen, – wie kann man dann sagen, der Begriff der Primzahl sei i[m|n] anderem Sinne ein Zahlbegriff, als der, der Kardinalzahl? Aber hier spielt uns wieder die Vorstellung einer “unendlichen Extension” als einems Analogons zu den uns bekannten “endlichen” Extensionen einen Streich. Der Begriff ‘Primzahl’ ist freilich mit Hilfe des Begriffes
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‘Kardinalzahl’ erklärt, aber nicht “die Primzahlen” mit Hilfe der “Kardinalzahlen”; und den Begriff ‘Primzahl’ haben wir in wesentlich anderer Weise aus dem Begriff ‘Kardinalzahl’ abgeleitet, als, etwa, de[r|n] Begriff ‘Quadratzahl’. (Wir können uns also nicht wundern, wenn er sich anders benimmt.[_|)] Man könnte sich sehr wohl eine Arithmetik denken, die – sozusagen – beim Begriff ‘Kardinalzahl’ sich nicht aufhält, sondern gleich zu dem der Quadratzahl übergeht (diese Arithmetik wäre natürlich nicht so anzuwenden, wie die unsere). Aber der Begriff ‘Quadratzahl’ hätte dann nicht den Charakter, den er in unserer Arithmetik hat; dass er nämlich wesentlich ein Teilbegriff sei, dass die Quadratzahlen wesentlich ein Teil der Kardinalzahlen seien; sondern sie wären eine komplette Reihe mit einer kompletten Arithmetik. Und nun denken wir uns dasselbe für die Primzahlen gemacht! [d|D]a würde es klar, dass diese nun in einem andern Sinne “Zahlen” seien, als z.B. die Quadratzahlen; und als die Kardinalzahlen.

 
   
                   Hat es einen Sinn, zu sagen: “Ich habe so viele Schuhe, als eine Wurzel der Gleichung x³ + 2x ‒ 3 = 0 Einheiten hat”? Hier könnte es scheinen als hätten wir eine Notation, der wir es eventuell nicht ansehen können, ob sie Sinn hat oder nicht.
          Wenn der Ausdruck “die Wurzel der Gleichung F(x) = 0” eine Beschreibung im Russell'schen Sinne wäre, so hätte der Satz “ich habe n Aepfel und n + 2 = 6” einen andern Sinn, als der: “ich habe 4 Aepfel”.
          Wir haben in dem ersten Satz ein ausserordentlich lehrreiches Beispiel dafür, wie eine Notation auf den ersten Blick einwandfrei erscheinen kann, nämlich so, als verstünden wir sie; und dass wir in Wirklichkeit einen unsinnigen Satz nach Analogie eines sinnvollen gebildet haben und nur glauben, die Regeln des ersteren zu übersehen. So ist “ich habe n Schuhe und n² = 4” ein sinnvoller Satz; aber nicht: “ich habe n Schuhe und n² = 2”.

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                   Gleichungen sind eine Art von Zahlen. (D.h. sie können den Zahlen ähnlich behandelt werden.)

 
   
                   Die Ausdrücke “die Kardinalzahlen”, “die reellen Zahlen” sind ausserordentlich irreführend, ausser, wo sie als Teil einer Beschreibungstimmung verwendet werden, wie in: “die Kardinalzahlen von 1 bis 100”, etc.. “Die Kardinalzahlen” gibt es nicht, sondern nur “Kardinalzahlen” und den Begriff, die Form, ‘Kardinalzahl’. Nun sagt man: “die Zahl der Kardinalzahlen ist kleiner, als die der reellen Zahlen” und denkt sich, man könnte die beiden Reihen etwa nebeneinander schreiben (wenn wir nicht schwache Menschen wären) und dann würde die eine im Endlosen enden, während die andere ins wirklich-Unendliche über sie hinaus/liefe. Aber das ist alles Unsinn. Wenn von einer Beziehung, die man nach Analogie “grösser” und “kleiner” nennen kann, die Rede sein kann, dann nur, zwischen den Formen ‘Kardinalzahl’ und ‘reelle Zahl’. Was eine Reihe ist, erfahre ich dadurch, dass man es mir erklärt und nur soweit, als man es erklärt. Eine endliche Reihe wurde mir durch Beispiele der Art 1, 2, 3, 4 erklärt, eine endlose durch Zeichen der Art “1, 2, 3, 4, u.s.w.” oder “1, 2, 3, 4 …”.

 
   
                   Der Konflikt, in welchem wir uns in logischen Betrachtungen immer wieder befinden, ist wie der Konflikt zweier Personen, die miteinander einen Vertrag abgeschlossen haben, dessen letzte Formulierungen in leicht missdeutbaren Worten niedergelegt sind, wogegen die Erläuterungen zu diesen Formulierungen alles in unmissverständlicher Weise erklären. Die eine der beiden Personen nun hat ein kurzes Gedächtnis, vergisst die Erläuterungen immer wieder, missdeutet die Bestimmungen des Vertrages und kommt // gerät daher // fortwährend in Schwierigkeiten. Die andere muss immer von frischem an die Erläuterungen im Vertrag erinnern und die Schwierigkeit wegräumen.

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                   Man kann sagen, dass die Eigenschaften einer bestimmten Zahl nicht vorauszusehen sind. Man sieht sie erst, wenn man zu ihr kommt.
          Das Allgemeine ist die Wiederholung einer Operation. Jedes Stadium dieser Wiederholung hat seine Individualität. Nun ist es nicht etwa so, dass ich durch die Operation von einer Individualität zur andern fortschreite. So dass die Operation das Mittel wäre, um von einer zur andern zu kommen. Gleichsam das Vehikel, das bei jeder Zahl anhält, dien man nun betrachten kann. Sondern die dreimalige // dreimal iterierte // Operation +1 erzeugt und ist die Zahl drei.
          (Im Kalkül sind Prozess und Resultat einander äquivalent.)
          Ehe ich aber nun von “allen diesen Individualitäten”, oder “der Gesamtheit dieser Individualitäten” sprechen wollte, müsste, ich mir gut überlegen, welche Bestimmungen ich in diesem Falle für den Gebrauch der Worte “alle” und “Gesamtheit” gelten lassen will.

 
   
                   Wie unterscheidet sich ein unendlich kompliziertes Gesetz vom Fehlen eines Gesetzes?

 
   
                   (Vergessen wir nicht: Die Ueberlegungen der Mathematiker über das Unendliche sind doch lauter endliche Ueberlegungen. Womit ich nur meine, dass sie ein Ende haben.)

 
   
                   “Angenommen, ich schneide eine Strecke dort, wo kein rationaler Punkt (keine rationale Zahl) ist”. Aber kann man denn das? Von was für Strecken sprichst Du? – “Aber, wenn meine Messinstrumente fein genug wären, so könnte ich [n|m]icht doch durch fortgesetzte Bisektionen einem gewissen Punkt unbegrenzt nähern.” – Nein, denn ich könnte ja eben niemals
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erfahren, ob mein Punkt ein solcher ist. Meine Erfahrung wird immer nur sein, dass ich ihn bis jetzt nicht erreicht habe. “Aber wenn ich nun mit einem absolut genauen Reisszeug die Konstruktion der √2 durchgeführt hätte und mich nun dem E erhaltenen Punkt durch Bisektion nähere, dann weiss ich doch, dass dieser Prozess den konstruierten Punkt niemals erreichen wird.” – Aber das wäre doch sonderbar, wenn so die eine Konstruktion der andern sozusagen etwas vorschreiben könnte! Und sagt es so ist es ja auch nicht. Es ist sehr leicht möglich, dass ich bei der ‘genauen’ Konstruktion der √2 zu einem Punkt komme, den die Bisektion, sagen wir nach 100 Stufen, erreicht; – aber dann werden wir sagen: unser Raum ist nicht euklidisch. –

 
   
                   Der “Schnitt in einem irrationalen Punkt” ist ein Bild, und ein irreführendes Bild.

 
   
                   Sind durch den Schnitt einer Strecke die Resultate aller Bisektionen, die sich dem Schnittpunkt nähern sollen, vorausbestimmt? Nein.

 
   
                   In dem vorigen Beispiel, in dem ich mich bei der successiven Einschränkung eines Intervals durch Bisektionen einer Strecke von den Ergebnissen des Würfelns leiten liess, hätte ich ebensowohl das Anschreiben eines Dezimalbruchs von Würfeln leiten lassen können. So bestimmt auch die Beschreibung “endloser Vorgang des Wählens zwischen 1 und 0” beim Anschreiben eines Dezimalbruches kein Gesetz. Man möchte etwa sagen: Die Vorschrift des endlosen Wählens zwischen 0 und 1 in diesem Falle könnte durch ein Symbol “0,
000
111
…ad inf.” wiedergegeben werden. Wenn ich aber ein Gesetz so andeute: “0,001001001 …ad inf.”, so ist es nicht das endliche Reihenstück als Specimen der unendlichen Reihe, was ich zeigen will, sondern
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die aus ihm entnehmbare Gesetzmässigkeit. Aus “0,
000 …
111 …
ad inf.” entnehme ich eben kein Gesetz, sondern gerade den Mangel eines Gesetzes.

 
   
                   Es gibt unendlich viele Kardinalzahlen, weil wir dieses unendliche System konstruieren und es das der Kardinalzahlen nennen. Es gibt auch ein Zahlensystem “eines “1, 2, 3, 4, 5, viele” und auch eines: “1, 2, 3, 4, 5,”. Und warum sollte ich das nicht auch ein System von Kardinalzahlen nennen? ([U|u]nd also ein endliches).

 
   
                   Wenn man wissen will, was der Ausdruck “das Maximum einer Kurve” bedeutet, so frage man sich: wie findet man es? – Was anders gefunden wird, ist etwas anderes. Man definiert es als den Punkt der Kurve, der höher liegt als alle andern, und hat dabei wieder die Idee, dass es nur unsere menschliche Schwäche ist, die uns verhindert, alle Punkte der Kurve einzeln durchzugehen und den höchsten unter ihnen auszuwählen. Und dies führt zu der Meinung, dass der höchste Punkt unter einer endlichen Anzahl von Punkten wesentlich dasselbe ist, wie der höchste Punkt einer Kurve, und das man hier eben auf zwei verschiedene Methoden das Gleiche findet, wie man auf verschiedene Weise feststellt, dass jemand im Nebenzimmer ist: anders etwa, wenn die Tür geschlossen ist und wir zu schwach sind, sie zu öffnen, und anders, wenn wir hinein können. Aber, wie gesagt, menschliche Schwäche liegt dort nicht vor, wo die scheinbare Beschreibung der Handlung “die wir nicht ausführen können” sinnlos ist. Es würde freilich nichts schaden, ja sehr interessant sein, die Analogie zwischen dem Maximum einer Kurve und dem Maximum (in anderm Sinne) einer Klasse von Punkten zu sehen, so lange uns die Analogie nicht das Vorurteil eingibt, es liege im Grunde beide Male dasselbe vor.

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                   Es ist der gleiche Fehler unserˇer Syntax, der den geometrischen Satz “die Strecke lässt sich durch einen Punkt in zwei Teile teilen” als die gleiche Form darstellt, wie den Satz: “die Strecke ist unbegrenzt teilbar”; so dass man scheinbar in beiden Fällen sagen kann: “nehmen wir an, die mögliche Teilung sei ausgeführt // vollzogen // ”. “In zwei Teile teilbar” und “unbegrenzt teilbar” haben eine gänzlich verschiedene Grammatik. Man operiert fälschlich mit dem Worte “unendlich”, wie mit einem Zahlwort; weil beide in der Umgangssprache auf die Frage “wieviele …” zur Antwort kommen.

 
   
                   “Das Maximum ist doch aber höher, als jeder beliebige andre Punkt der Kurve.” Aber die Kurve besteht ja nicht aus Punkten, sondern ist ein Gesetz, dem Punkte gehorchen. Oder auch: ein Gesetz, nach dem Punkte konstruiert werden können. Wenn man nun fragt: “welche Punkte”, – so kann ich nur sagen: “nun, z.B., die Punkte P, Q, R, etc.”. Und es ist einerseits so, dass keine Anzahl von Punkten gegeben werden kann, von denen man sagen könnte, sie seien alle Punkte, die auf der Kurve liegen, dass man anderseits auch nicht von einer solchen Gesamtheit von Punkten reden kann, die nur wir Menschen nicht aufzählen können, die sich aber beschreiben lässt und die man die Gesamtheit aller Punkte der Kurve nennen könnte, – eine Gesamtheit die für uns Menschen zu gross wäre. Es gibt ein Gesetz einerseits und Punkte auf der Kurve anderseits – aber nicht ““alle Punkte der Kurve”. Das Maximum liegt höher als irgend welche Punkte der Kurve, die man etwa konstruiert, aber nicht höher als eine Gesamtheit von Punkten; es sei denn, dass das Kriterium hiervon, und also der Sinn dieser Aussage, wieder nur die Konstruktion aus dem Gesetz der Kurve ist.

 
   
                   Das Gewebe der Irrtümer auf diesem Gebiet ist natürlich ein sehr kompliziertes. Es tritt z.B. noch die Verwechslung zweier
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verschiedener Bedeutungen des Wortes “Art” hinzu. Man gibt nämlich zu, dass die unendlichen Zahlen eine andre Art Zahlen sind, als die endlichen, aber man missversteht nun, worin hier der Unterschied verschiedener Arten besteht. Dass es sich nämlich hier nicht um die Unterscheidung von Gegenständen nach ihren Eigenschaften handelt, wie wenn man rote Aepfel von gelben unterscheitet, sondern um verschiedene logische Formen. – So versucht Dedekind eine unendliche Klasse zu beschreiben; indem er sagt, es sei eine, die einer echten Teilklasse ihrer selbst ähnlich ist. Hierdurch hat er scheinbar eine Eigenschaft angegeben, die die Klasse haben muss, um unter den Begriff ‘unendliche Klasse’ zu fallen. (Frege.) Denken wir uns nun die Anwendung dieser // der // Definition. Ich soll also in einem bestimmten Fall untersuchen, ob eine Klasse endlich ist oder nicht, etwa ob eine bestimmte Baumreihe endlich oder endlos ist. Ich nehme also, der Definition folgend, eine Teilklasse dieser Baumreihe und untersuche, ob sie der ganzen Klasse ähnlich (d.h. 1–1 koordinierbar) ist! (Hier fängt gleichsam schon Alles an zu lachen.) Das heisst ja gar nichts: denn, nehme ich eine “endliche Klasse” als Teilklasse, so muss ja der Versuch, sie der ganzen Klasse 1 zu 1 zuzuordnen eo ipso misslingen; und mache ich den Versuch an einer unendlichen Teilklasse, ‒ ‒ ‒ aber das heisst ja schon erst recht nichts, denn, wenn sie unendlich ist, kann ich den Versuch dieser Zuordnung gar nicht machen. – Das, was man im Fall eine[s|r] endlichen Klasse ‘Zuordnung aller ihrer Glieder mit andern’ nennt, ist etwas ganz anderes, als das, was man z.B. eine Zuordnung aller Kardinalzahlen mit allen Rationalzahlen nennt. Die beiden Zuordnungen, oder, was man in den zwei Fällen mit diesem Wort bezeichnet, gehören verschiedenen logischen Kathegorien // Typen // an. Und es ist nicht die “unendliche Klasse” eine Klasse, die mehr Glieder im gewöhnlichen Sinn des Wortes “mehr” enthält, als die endlichen. Und wenn man sagt, dass eine unendliche Zahl grösser ist, als eine endliche, so macht das die beiden nicht vergleichbar, weil in dieser Aussage das Wort “grösser” eine andere Bedeutung hat, als etwa im Satz “5 grösser als 4”.

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                   Die Definition gibt nämlich vor, dass aus dem Gelingen oder Misslingen des Versuchs, eine wirkliche Teilklasse der ganzen Klasse zuzuordnen, hervorgeht, dass sie unendlich bezw. endlich ist. Während es einen solchen entscheidenden Versuch gar nicht gibt. – ‘Unendliche Klasse’ und ‘endliche Klasse’ sind verschiedene logische Kathegorien; was von der einen Kathegorie sinnvoll ausge[f|s]agt werden kann, kann es nicht von der andern.

 
   
                   “Welches Kriterium gibt es dafür, dass die irrationalen Zahlen komplett sind? Sehen wir uns eine irrationale Zahl an: Sie läuft entlang einer Reihe rationaler Näherungswerte. Wann verlässt sie diese Reihe? Niemals. Aber sie kommt allerdings auch niemals zu einem Ende.
          Angenommen, wir hätten die Gesamtheit aller ˇirrationalen Zahlen mit Ausnahme einer einzigen. Wie würde uns diese abgehen? Und wie würde sie nun – wenn sie dazukäme, die Lücke füllen? – Angenommen, es wäre II. Wenn die irrationale Zahl durch die Gesamtheit ihrer Näherrungswerte gegeben ist, so gäbe es bis zu jedem beliebigen Punkt eine Reihe, die mit der von II übereinstimmt. Allerdings kommt für jede solche Reihe ein Punkt der Trennung. Aber dieser Punkt kann beliebig weit “draussen” liegen, so dass ich zu jeder Reihe, die II begleitet, eine finden kann, die es weiter begleitet. Wenn ich also die Gesamtheit der irrationalen Zahlen habe, ausser II, und nun II einsetze, so kann ich keinen Punkt angeben, an dem II nun wirklich nötig wird, es hat an jedem Punkt einen Begleiter, der es vom Anfang an begleitet.
          Auf die Frage “wie würde uns II abgehen”, müsste man antworten: II, wenn es eine Extension wäre, würde uns niemals abgehen. D.h., wir könnten niemals eine Lücke bemerken, die es füllt. Wenn man uns fragte: “aber hast Du auch einen unendlichen Dezimalbruch, der die Ziffer m an der r-ten Stelle hat und n an der s-ten, etc.?” – wir könnten ihm immer dienen.)

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                   “Die gesetzmässig fortschreitenden unendlichen Dezimalbrüche sind noch ergänzungsbedürftig durch eine unendliche Menge ungeordneter // regelloser // unendlicher Dezimalbrüche, die ‘unter den Tisch fielen’, wenn wir uns auf die gesetzmässig erzeugten beschränkten.” Wo ist so ein nicht gesetzmässig erzeugter unendlicher Dezimalbruch? Und wie können wir ihn vermissen? Wo ist die Lücke, die er auszufüllen hätte?

 
   
                   Wie ist es, wenn man die verschiedenen Gesetze der Bildung von Dualbrüchen durch die Menge der endlichen Kombinationen der Ziffern 0 und 1 sozusagen kontrolliert? – Die Resultate eines Gesetzes durchlaufen die endlichen Kombinationen und die Gesetze sind daher, was ihre Extensionen anlangt, komplett, wenn alle endlichen Kombinationen durchlaufen werden.

 
   
                   Wenn man sagt: Zwei Gesetze sind identisch, wenn sie auf jeder Stufe das gleiche Resultat ergeben, so erscheint uns das wie eine ganz allgemeine Regel. In Wirklichkeit aber hat dieser Satz verschiedenen Sinn, je nachdem was das Kriterium dafür ist, dass sie auf jeder Stufe das gleiche Resultat liefern. (Denn die supponierte allgemein anwendbare Methode des endlosen Probierens gibt es ja nicht! Wir decken also die verschiedensten Bedeutungen mit einer, von einer Analogie hergenommenen, Redeweise und glauben nun, wir hätten die verschiedensten Fälle in einem System vereinigt.

 
   
                   (Die Vorschriften // Gesetze // , die den irrationalen Zahlen entsprechen, gehören insofern alle der gleichen Type an, als sie alle schliesslich Vorschriften zur successiven Erzeugung von Dezimalbrüchen
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sein müssen. Die gemeinsame Dezimalnotation bedingt in gewissem Sinne, eine gemeinsame Type.)
          Man könnte das auch so sagen: Beim Approximieren durch fortgesetzte Zweiteilung kann man sich jedem Punkt der Strecke durch ra rationale Zahlen nähern. Es gibt keinen Punkt, dem man sich nur durch irrationale Schritte einer bestimmten Type nähern könnte. Dies ist natürlich nur, in andere Worte gekleidet, die Erklärung, dass wir unter irrationa[r|l]er Zahl einen unendlichen Dezimalbruch verstehen. Und diese Erklärung wieder ist weiter nichts, als eine beiläufige Erklärung der Dezimalnotation, etwa mit einer Andeutung, dass wir Gesetze unterscheiden, die periodische Dezimalbrüche liefern und andere.

 
   
                   Die Mengenlehre sucht das Unendliche auf eine allgemeinere Art zu fassen, als es die Untersuchung der Gesetze der reellen Zahlen kann. Sie sagt, dass das wirklich Unendliche mit dem mathematischen Symbolismus überhaupt nicht zu fassen ist, und dass es also nur beschrieben, und nicht dargestellt werden kann. Die Beschreibung würde es etwa so erfassen, wie man eine Menge von Dingen, die man nicht alle in der Hand halten kann, in einer Kiste verpackt trägt. Sie sind dann unsichtbar, und doch wissen wir, dass wir sie tragen (gleichsam indirekt). Man könnte von dieser Theorie sagen, sie kaufe die Katze im Sack. Soll sich's das Unendliche in seine Kiste einrichten, wie es will.
          Darauf beruht auch die Idee, dass man logische Formen beschreiben kann. In so einer Beschreibung werden die Strukturen und etwa zuordnende Relationen in verpacktem Zustand
gezeigt
präsentiert
// … werden uns die Strukturen in einer Verpackung gezeigt, die ihre Form unkenntlich macht // und so sieht es aus, als könne man von einer Struktur reden, ohne sie in der Sprache selber wiederzugeben. So verpackte Begriffe dürfen wir allerdings verwenden, aber unsere Zeichen haben ihre Bedeutung dann über
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Definitionen, die eben die Begriffe // Strukturen // so verhüllt haben; und gehen wir diesen Definitionen nach, so werden die Strukturen wieder enthüllt. (Vergl. Russellss Definition von “Rx”.)

 
   
                   Es geht, sozusagen, die Logik nichts an, wieviele Aepfel vorhanden sind, wenn von “allen Aepfeln” geredet wird; dagegen ist es anders mit den Zahlen: für die ist sie einzeln verantwortlich.

 
   
                   “Es gibt einen Punkt, in dem die beiden Kurven einander schneiden”. Du w Wie weisst Du das? Wenn Du es mir sagst, werde ich wissen, was der Satz “es gibt …” für einen Sinn hat.

 
   
                   Wenn in den Diskussionen über die Beweisbarkeit der mathematischen Sätze gesagt wird, es gäbe wesentlich Sätze der Mathematik, deren Wahrheit oder Falschheit unentschieden bleiben müsse, so bedenken // wissen // , die es sagen, nicht, dass solche Sätze, wenn wir sie gebrauchen können und “Sätze” nennen wollen, ganz andere Gebilde sind, als was sonst “Satz” genannt wird: denn der Beweis ändert die Grammatik des Satzes. Man kann wohl ein und dasselbe Brett einmal als Windfahne, ein andermal als Wegweiser verwenden; aber das feststehende nicht als Windfahne und das bewegliche nicht als Wegweiser. Wollte jemand sagen “es gibt auch bewegliche Wegweiser”, so würde ich ihm antworten: “Du willst wohl sagen, ‘es gibt auch bewegliche Bretter’; und ich sage nicht, dass das bewegliche Brett unmöglich irgendwie verwendet werden kann, – nur nicht als Wegweiser”.
           Das Wort “Satz”, wenn es hier überhaupt Bedeutung haben soll, ist äquivalent einem Kalkül und zwar jedenfalls dem, in welchem p. ⌵ . nonp = Taut. ist (das “Gesetz des ausgeschlossenen Dritten” gilt). Soll es nicht
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gelten, so haben wir den Begriff des Satzes geändert. Aber wir haben damit keine Entdeckung gemacht (etwas gefunden, das ein Satz ist, und dem und dem Gesetz nicht gehorcht); sondern eine neue Festsetzung getroffen, ein neues Spiel angegeben.

 
   
                   “Wenn ich die Zahlenreihe durchlaufe, so komme ich entweder einmal zu einer Zahl von der Eigenschaft P, oder niemals.” Der Ausdruck “die Zahlenreihe durchlaufen” ist Unsinn; ausser es wird ihm ein Sinn gegeben, der aber die [V|v]ermutete Analogie mit dem “durchlaufen der Zahlen von 1 bis 100” aufhebt.

 
   
                   Sind die Variablen von derselben Art in den Gleichungen:
x² + y² + 2xy = (x + y)²
x² + 3x + 2 = 0
x² + ax + b = 0
x² + xy + z = 0     ?
Das kommt auf die Verwendung dieser Gleichungen an. – Aber der Unterschied zwischen № 1 und № 2 (wie sie gewöhnlich gebraucht werden) ist nicht einer der Extension der Werte, die sich befriedigen. Wie beweist Du den Satz “№ 1 gilt für alle Werte von x und y” und wie den Satz “es gibt Werte von x, die № 2 befriedigen”? So viel Analogie in diesen Beweisen ist, soviel Analogie ist im Sinn der beiden Sätze.

 
   
                   “A ist mein Ahne” das heisst: “A ist mein Vater, oder der Vater meines Vaters, oder der Vater des Vaters meines Vaters, oder u.s.w.”. Wohl, aber dadurch haben wir nur ein Satzzeichen für ein anderes gesetzt, den Sinn aber noch nicht bestimmt, denn wir haben ihn ja nicht – wie es leicht scheint – auf den uns bekannten Sinn einer logischen
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Summe zurückgeführt. – Ich werde also weiter fragen: “Wie weiss man, das, dass A ein Ahne des B ist?” denn das heisst: “in welchen Fällen will ich sagen, A sei ein Ahne des B”, oder auch: “was verstehe ich unter einem ‘Ahnen des B’”. Nenne ich so Jeden der eine bestimmte Eigenschaft hat, die unserer Erfahrung nach in der Familie des B erblich ist? Wenn das die Definition ist, so kann ich etwa von einem Menschen feststellen, dass er kein Ahne des B ist. Oder aber, ist der Satz so aufzufassen, dass es eine // die // Feststellung, dass Einer kein Ahne des B ist, nicht gibt (dass diese Feststellung also in unserer Grammatik nicht vorgesehen wurde), sondern nur die, dass jemand Ahne des B ist: dann aber haben wir es mit einer ganz andern Satzart zu tun, als im ersten Fall. (Erinnere Dich übrigens daran, dass unter den Eigenschaften, die in der Familie des B erblich sind, natürlich nicht die sein darf, ‘ein Ahne des B, oder B, zu sein’ und vergleiche Russells Definition von “Rx”.)

 
   
                   Aber kann ich nicht von einer Gleichung sagen: “Ich weiss, sie stimmt für einige Substitutionen nicht – ich erinnere mich nicht, für welche – ; ob sie aber allgemein nicht stimmt, das weiss ich nicht? – Aber was meinst Du damit, wenn Du sagst, Du weisst das? Wie weisst Du es? Hinter den Worten “ich weiss … ” ist ja nicht ein bestimmter Geisteszustand, der der Sinn
dieser
der
Worte wäre. Was kannst Du mit diesem Wissen anfangen? denn das wird zeigen, worin dieses Wissen besteht. Kennst Du eine Methode, um festzustellen, dass die Gleichung allgemein ungiltig ist? Erinnerst Du Dich daran, dass die Gleichung für einige Werte von x zwischen 0 und 1000 nicht stimmt? Hat Dir jemand bloss die Gleichung gezeigt und gesagt, er habe Werte für x gefunden, die die Gleichung nicht befriedigen, und weisst Du vielleicht selbst nicht, wie man dies für einen gegebenen Wert konstruiert? etc. etc..

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                   Die Ausdrucksweise: m = 2n ordne eine Klasse einer ihrer echten Teilklassen // Subklassen // zu, kleidet einen einfachen // trivialen // Sinn durch Heranziehung einer irreführenden Analogie in eine paradoxe Form. (Und statt sich dieser paradoxen Form als etwas Lächerlichem zu schämen, brüstet man sich eines Sieges über alle Vorurteile des Verstandes.) Es ist genau so, als stiesse man die Regeln des Schach um und sagte, es habe sich gezeigt, dass man Schach auch ganz anders spielen könne. So verwechselt man erst das Wort “Zahl” mit einem Begriffswort wie “Apfel”, spricht dann von einer “Anzahl der Anzahlen” und sieht nicht, dass man in diesem Ausdruck nicht beidemal das gleiche Wort “Anzahl” gebrauchen sollte; und endlich hält man es für eine Entdeckung, dass die Anzahl der geraden Zahlen die gleiche ist wie die der geraden und ungeraden.

 
   
                   Weniger irreführend ist es, zu sagen “m = 2n gibt die Möglichkeit der Zuordnung jeder Zahl mit einer andern”, als “m = 2n ordnet alle Zahlen anderen zu”. Aber auch hier muss erst die Grammatik die Bedeutung des Ausdrucks “Möglichkeit der Zuordnung” lehren.

 
   
                   Wenn
zwei
2
Pfeile in derselben Richtung zeigen, ist es dann nicht absurd, diese Richtungen “gleich lang” zu nennen, weil, was in der Richtung des einen Pfeiles liegt, auch in der des andern liegt[.|?] – Die Allgemeinheit von m = 2n ist ein Pfeil, der der Operationsreihe entlang weist. Und zwar kann man sagen, der Pfeil weist in's Unendliche; aber heisst das, dass es ein Etwas, das Unendliche, gibt, auf das er – wie auf ein Ding – hinweist? – Der Pfeil bezeichnet gleichsam die Möglichkeit der Lage von Dingen in seiner Richtung. Das Wort “Möglichkeit” ist aber irreführend, denn, was möglich ist, wird man sagen, soll eben nun wirklich werden. Auch denkt man dabei immer an zeitliche Prozesse und schliesst
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daraus, dass die Mathematik nichts mit der Zeit zu tun hat, dass die Möglichkeit in ihr bereits Wirklichkeit ist.
          Die “unendliche Reihe der Kardinalzahlen” oder “der Begriff der Kardinalzahl” ist nur so eine Möglichkeit, – wie aus dem Symbol “/0, x, x + 1/” klar hervorgeht. Dieses Symbol selbst ist ein Pfeil, dessen Feder die “0”, dessen Spitze “x + 1” ist. Es ist möglich, von Dingen zu reden, die in der Richtung des Pfeils liegen, aber irreführend oder absurd, von allen möglichen Lagen der Dinge in der Pfeilrichtung als einem Aequivalent dieser Richtung selbst zu reden. Wenn ein Scheinwerfer Licht in den unendlichen Raum wirft, so beleuchtet er allerdings alles, was in der Richtung seiner Strahlen liegt, aber man soll nicht sagen, er beleuchtet die Unendlichkeit.

 
   
                   Die Mengenlehre, wenn sie sich auf die menschliche Unmöglichkeit eines direkten Symbolismus des Unendlichen beruft, führt dadurch die denkbar krasseste Missdeutung ihres eigenen Kalküls ein. Es ist freilich eben diese Missdeutung, die für die Erfindung dieses Kalküls verantwortlich ist. Aber der Kalkül an sich ist natürlich dadurch nicht als etwas Falsches erwiesen (höchstens als etwas Uninteressantes), und es ist sonderbar, zu glauben, dass dieser Teil der Mathematik durch irgend welche philosophische (oder mathematische) Untersuchungen gefährdet ist. (Ebenso könnte das Schachspiel durch die Entdeckung gefährdet werden, dass sich Kriege zwischen zwei Armeen n[ci|ic]ht so abspielen, wie der Kampf auf dem Schachbrett.) Was der Mengenlehre verloren gehen muss, ist vielmehr die Atmosphäre von Gedankennebeln, die den blossen Kalkül umgibt. Also die Hinweise auf einen, der Mengenlehre zugrunde liegenden, fiktiven Symbolismus, der nicht zu ihrem Kalkül verwendet wird, und dessen scheinbare Beschreibung in Wirklichkeit Unsinn ist. (In der Mathematik können // dürfen // wir alles fingieren, nur nicht einen Teil unseres Kalküls.)

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                   Verschiedene Verwendung des Wortes “können” in den Sätzen: “in dieser Richtung können 3 Dinge liegen” und “in dieser Richtung können unendlich viele Dingen liegen”. Welche[r|n] Sinn, d.h. welche Grammatik, könnte nun so eine Ausdrucksweise haben? Man könnte z.B. sagen: “in der natürlichen Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, … können auf die “1” unendlich viele Ziffern folgen”; das heisst dasselbe wie: “die Operation +1 darf immer wieder (oder: ohne Ende) gebraucht werden. Wenn also z.B. Einer nach der Ziffer 100 die Ziffer 100 + 1 anschreibt. so hat er nach jener Regel das Recht dazu. Dagegen hat es hier keinen Sinn, zu sagen: “wenn es erlaubt ist unendlich viele Ziffern hinzuschreiben, so schreiben wir unendlich viele Ziffern hin (oder versuchen es)!” – Ich würde, den, der das sagt, darauf hinweisen, dass “unendlichviele” nicht als Zahlwort gebraucht ist; dass ˇes nicht in die Form “ich schreibe n Ziffern” statt dem n eingesetzt werden darf. Dass also, was ich erlaube, nicht ist, eine bestimmte Anzahl von Ziffern hinzuschreiben (nämlich eine Anzahl, die etwa “unendlichviele” hiesse, denn so habe ich keine der Ziffern genannt), sondern: dass man in dem Anschreiben von Ziffern nach der gegebenen Regel soweit gehen darf, als man will, wie weit das auch sein mag. Ich darf dann natürlich auch nicht sagen: “ich kann in dem Anschreiben der Ziffern soweit gehn, als ich will, aber nicht bis zur Anzahl Unendlich”, weil ja von so einer Ziffer “[U|u]nendlich” gar keine Rede ist (da ich keine solche eingeführt habe). “Es können … unendlich viele Ziffern folgen” könnte also besser gesagt werden: “Es können … unendlich Ziffern folgen”. “Unendlich” wird hier also adverbial gebraucht.
          Analog, wenn ich sage, eine Division erzeugt einen unendlichen Dezimalbruch, so gibt es nicht ein Resultat der Division, das “unendliche[n|r] Dezimalbruch” heisst, in dem Sinn, in welchem die Zahl 0,142 ein Resultat von 1 : 7 ist. Die Division liefert nicht als Endresultat eine Dezimalzahl, oder eine Anzahl von Dezimalzahlen – vielmehr kann man nicht von “ihrem Endresultat” reden; und sie liefert endlos Dezimalbrüche; nicht
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“einen endlosen Dezimalbruch”. “Endlos” wird adverbial gebraucht.
          Denken wir uns nun folgenden Fall: Ich hätte eine besondere Art Würfel konstruiert und würde nun voraussagen: “ich werde mit diesem Würfel die Stellen von II würfeln”. Diese Aussage ist von anderer Form, als die scheinbar analoge: “ich werde mit diesem Würfel die ersten 10 Stellen von II würfeln”. Denn in zweiten Fall gibt es einen Satz “ich werde in einer Stunde die ersten 10 Stellen von II gewürfelt haben”, während dieser Satz unsinnig (nicht falsch) wird, wenn ich in ihm statt “die ersten 10 Stellen” “die Stellen” setze. Würde ich nun sagen: “es ist möglich, mit einem Würfel unendlich oft zu würfeln”, so könnte das heissen “es ist jede beliebige Anzahl von Würfeln möglich, denkbar” und nicht, es sei eine bestimmte Anzahl von Würfen denkbar, die “unendlich” hiesse. “Unendlich oft” hiesse “beliebig oft”, und zu sagen: “wenn Du unendlich oft würfeln kannst, so tue es”, hiesse: “wenn Du beliebig oft werfen kannst, so tue es”. (Diener: “Und wann pflegen der Herr Baron zu speisen?” – Neuer Reicher: “Ich speise, wann vornehme Herren speisen”. – Diener: “Vornehme Herren speisen zu verschiedenen Zeiten”. – N.R.: “So werde ich auch zu verschiedenen Zeiten speisen”.) Im Satz “es ist jede beliebige Anzahl von Würfen möglich” kann “möglich” soviel heissen wie “logisch möglich” oder (“denkbar”) und dann ist der Satz // ist er // eine Regel, kein Erfahrungssatz, und von analoger Art, wie die Regel: “auf 1 können endlos Ziffern folgen”. Wir könnten ihn aber auch als eine Art Hypothese, für welche keine Verifikation vorgesehen ist, aber eine Falsifikation, und er wäre also ein Satz von andrer Art (‘Satz’ in einem andern Sinne) als der Erfahrungssatz: “es sind mit diesem Würfel 3 Würfe möglich”. Dieser – im Gegensatz zu der Regel “es sind 3 Würfe denkbar” – würde etwa sagen: “der Würfel wird nach 3 Würfen noch brauchbar sein”; die Hypothese “es sind mit diesem Würfel unendlich viele Würfe möglich” würde sagen: “so oft man auch würfelt, dieser Würfel wird nicht abgenützt werden”. Dass dies Sätze
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von verschiedener Art sind, sieht man sehr klar, wenn man an den unsinnigen Befehl “würfle unendlich oft” oder “würfle ad infinitum” denkt, im Gegensatz zum sinnvollen: “würfle 3mal”. Denn für den Befehl ist die Kontrolle seiner Ausführung wesentlich.

 
   
                   Damit, dass gesagt wird, dass aus der unendlichen Hypothese “(n):(Enx).fx” (wie ich sie, der Kürze wegen, jetzt schreiben will) jeder beliebige Satz (Enx).fx folgt und sie selbst aus keinem logischen Produkt dieser Sätze, ist natürlich noch gar nichts über den weiteren Gebrauch dieses Spiels gesagt.

 
   
                   Vergleichen wir die Sätze: “ich richte meine Handlungsweise darauf ein, dass dieser Zustand noch 2 Jahre dauern wird” und “ich richte meine Handlungsweise // mich // darauf ein, dass dieser Zustand ewig dauern wird”. – Hat der Satz Sinn: “ich glaube (oder erwarte, oder hoffe), dass es die unendliche Zeit hindurch so bleiben wird”? –
          Man kann sagen: “ich
treffe
mache
Vorbereitungen für die nächsten 3 Tage”, oder 10 Jahre, etc., und auch “ich
treffe
mache
Vorbereitungen auf unbestimmte Zeit”; – aber auch: “auf unendliche Zeit”? Wenn ich “Vorbereitungen auf unbestimmte Zeit treffe”, dann lässt sich gewiss ein Zeitraum angeben, für den ich jedenfalls keine Vorbereitungen mehr mache // treffe // . D.[H|h]., aus dem Satz “ich
treffe
mache
Vorbereitungen für unbestimmte Zeit” folgt nicht jeder beliebige Satz von der Form: “ich
treffe
mache
Vorbereitungen für n Jahre”.
          Denken wir gar an den Satz: “ich vermute, dass dieser Zustand ohne Ende andauern // so weitergehen // wird”!
          Oder an den komischen Klang der Widerlegung: “Du hast gesagt, dieses Uhrwerk werde immer so weitergehen, – nun, es steht jetzt schon”. Wir fühlen, dass ja doch auch jede endliche Vorhersage einer zu langen Gangdauer durch die Tatsache widerlegt wäre, und die Widerlegung daher in ir-
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gend
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einem Sinn mit der Behauptung inkommensurabel sei. – Es ist nämlich Unsinn, zu sagen: “das Uhrwerk ist nicht unendlich weiter gelaufen, sondern nach 10 Jahren stehen geblieben” (oder, noch komischer: “…, sondern schon nach 10 Jahren stehen geblieben”).
          Wie seltsam, wenn man sagte: “Es gehört grosse Kühnheit dazu, etwas auf 100 Jahre vorauszusagen; – aber welche Kühnheit muss dazu gehören, um etwas auf unendliche Zeit vorauszusagen, wie ˇes Newton im Trägheitsgesetz getan hat!”
          Ich glaube, das wird immer so weiter gehen”. – “Ist es nicht genug (for all practical purposes), wenn Du sagst, Du glaubst, es werde noch 10000 Jahre so weiter gehen?” – Wir müssen nämlich fragen: kann es Gründe zu diesem Glauben geben? Welches sind sie? Welches sind die Gründe zur Annahme, dass die Uhr noch 1000 Jahre lang weiter gehen wird; welches, die Gründe für die Annahme, dass sie noch 10000 Jahre gehen wird; – und welches nun die Gründe zur unendlichen Annahme?! – Das ist es ja, was den Satz “ich vermute, dass es endlos so weitergehen wird” so komisch macht; wir wollen fragen: warum vermutest Du das? Wir wollen nämlich sagen, dass es sinnlos ist zu sagen, man vermute das
: weil es
, – weil es
sinnlos ist, von Gründen so einer Vermutung zu reden.
          Denken wir an den Satz: “dieser Komet wird sich in einer Parabel von der Gleichung … bewegen”. Wie wird dieser Satz gebraucht? Er kann nicht verifiziert werden; d.h.: wir haben keine Verifikation in seiner Grammatik für ihn vorgesehen (das heisst natürlich nicht, dass man nicht sagen kann, es sei wahr; denn “p ist wahr” sagt dasselbe wie “p”). Der Satz kann uns nun dazu bringen, bestimmte Beobachtungen zu machen. Aber für die hätte es immer auch eine endliche Vorhersage getan. Er wird auch gewisse Handlungen bestimmen. Z.B. könnte er uns davon abhalten, den Kometen an dem und dem Ort zu suchen. Aber auch dazu hätte eine endliche Angabe genügt. Die Unendlichkeit der Hypothese besteht nicht in ihrer Grösse, sondern in ihrer Unabgeschlossenheit.
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sondern in ihrer Unabgeschlossenheit.

 
   
                   Wenn man vom Begriff ‘Unendlichkeit’ redet, muss man sich daran erinner, dass dieses Wort viele verschiedene Bedeutungen hat, und daran, von welcher wir jetzt gerade reden. Ob z.B. von der Unendlichkeit einer Zahlenreihe und der Kardinalzahlen insbesondere. Wenn ich z.B. sage: ‘unendlich’ sei eine Charakteristik einer Regel, so beziehe ich mich auf eine bestimmte Bedeutung des Worts. Wir könnten aber sehr wohl sagen, ein kontinuierlicher Farbenübergang sei ein Uebergang “durch unendlich viele Stufen, wenn wir nur nicht vergessen, dass wir hier die Bedeutung des Ausdrucks “unendlich viele Stufen” durch die Erfahrung des Farbenübergangs neu definieren. (Wenn auch nach Analogie mit anderen Gebrauchsweisen des Wortes “unendlich”.)

 
   
                   (Die besondere Beruhigung, welche eintritt, wenn wir einem Fall, den wir für einzigartig hielten, andere ähnliche Fälle an die Seite stellen können, tritt in unseren Untersuchungen immer wieder ein, wenn wir zeigen, dass ein Wort nicht nur eine Bedeutung (oder, nicht nur zwei) hat, sondern in fünf oder sechs verschiedenen (Bedeutungen) [G|g]ebraucht wird.)

 
   
                   Wenn wir sagen möchten, die Unendlichkeit ist eine Eigenschaft der Möglichkeit, nicht der Wirklichkeit, oder: das Wort “unendlich” gehöre immer zum Wort “möglich”, und dergleichen, – so kommt das darauf hinaus, zu sagen: das Wort “unendlich” sei immer ein Teil einer Regel.
          Wir wehren uns gegen die Auffassung des Unendlichen, als einer ungeheuern Grösse. (Die wir merkwürdigerweise ohne Schwierigkeit erfassen, während eine grosse endliche Zahl zu gross sein kann, um von uns hingeschrie-
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ben zu werden. Gleichsam, als könnten wir uns zwar durch die Reihe der endlichen Zahlen nicht durcharbeiten, aber wohl von aussen herum zum Unendlichen gelangen.)
          Denken wir uns, wir erzählten jemandem: “gestern kaufte ich mir ein Lineal mit unendlichem Krümmungsradius”. Aber hier kommt doch das Wort “unendlich” in einer Beschreibung der Wirklichkeit vor. – Aber ich kann doch nie die Erfahrung haben, die mich berechtigte zu sagen, dass das Lineal wirklich den Radius unendlich hat, da der Radius 100¹⁰⁰km es gewiss auch schon tut. – Wohl, aber dann kann ich eben auch nicht die Erfahrung haben, die mich berechtigt, zu sagen, das Lineal sei gerade. Und die Worte “gerade” (oder ein andermal “parallel”) und “unendlich” sind im gleichchen Fall. Ich meine: Wenn das Wort “gerade”, oder “parallel, oder “längengleich”, etc. etc. in einem Erfahrungssatz // in einer Beschreibung der Wirklichkeit // stehn darf, dann auch das Wort “unendlich”.
          “Unendlich ist nur die Möglichkeit” heisst “‘unendlich’ ist ein Zusatz zu ‘u.s.w.’”. Und soweit es dies ist, gehört es in eine Regel, ein Gesetz. In die Beschreibung der Erfahrung gehört es nur soweit nicht, als man unter “Erfahrung, die einem Gesetz entspricht” eine endlose Reihe von Erfahrungen meint. – Das Wort “unendlich ist nur die Möglichkeit, nicht die Wirklichkeit” ist irreleitend. Man kann sagen: “unendlich ist hier nur die Möglichkeit”. – Und man fragt mit Recht: Was ist denn an dieser Hypothese (vom Lauf des Kometen z.B.) unendlich? ist an dieser Annahme, an diesem Gedanken, etwas ungeheuer gross?!
          Denken wir uns, die Fee im Märchen sagte: “Du wirst so viel Goldstücke erhalten, als Du Dir wünscht, aber Du darfst nur einmal wünschen”. – Ist ihr Versprechen nicht erfüllt, wenn ich kriege, was ich mir wünsche? Und war meine Wahl nicht unbeschränkt? Wäre der Fall nicht eine anderer gewesen, wenn sie dem Betrag eine Grenze gesetzt hätte, – wie weit immer sie sie auch gezogen hätte? // … sie die Grenze auch gezogen hätte? //
          Kann ich nun nicht sagen: die Freiheit, die mir die Fee gelassen
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hat, war unendlich? Und ist damit eine Wirklichkeit beschrieben? – Wenn nun Einer sagt: “Nein, die Freiheit der Wahl ist nur eine Möglichkeit”, so vermengt er die Aussage: dass mir die Fee eine unendliche Freiheit gelassen hat, –
welches
welche
keine Regel der Grammatik ist –, mit der Regel, die mir erlaubt, in Uebereinstimmung mit dem Versprechen der Fee eine beliebige Zahl von Goldstückenn zu nennen.
          Man könnte das auch so sagen: Wenn der Begriff der Unendl[k|i]chkeit in der Beschreibung der Realität angewendet wird, so ˇist in solchen Beschreibungen nicht von ‘unendlichen Linealen’ die Rede, sondern etwa von Linealen mit unendlichem Krümmungsradius; und nicht von ‘unendlich vielen Goldstükken’, sondern etwa von der unendlichen Freiheit, die mir Einer lässt, mir Goldstücke zu wünschen.
          Wenn wir sagen: “die Möglichkeit der Bildung von Dezimalstellen in der Division 1 : 3 ist unendlich”, so stellen wir damit ekeine Naturtatsache fest, sondern geben eine Regel des Kalküls. Sage ich aber: “ich lasse Dir die unendliche Freiheit, so viele Stellen zu bilden, als Du willst, ich werde Dich nicht hindern”, so stelle ich damit nicht die Regel eines Kalküls auf, sondern mache eine Vorhersage. Ja, aber doch nur als Beschreibung einer Möglichkeit”. – Nein, einer Wirklichkeit! aber natürlich nicht der von “unendlich vielen Stellen”; das wäre doch gerade der grammatische Fehler // der Unsinn // , den wir vermeiden müssen.
          Und es bleibt natürlich in diese[m|n] Erfahrungssätzen “unendlich” die Eigenschaft einer Regel, wenn man es so ausdrücken will, und das heisst nichts anderes, als dass es auch hier durch “u.s.w. ad inf.” wiedergegeben werden kann; und zugleich ist das auch alles, was damit gemeint ist, wenn man sagt: die Unendlichkeit sei ein Prädikat
der
einer
Möglichkeit.

 
   
                   (Wenn man sagt, dass dieses Gebiet unseres Gegenstands ausserordentlich schwer ist, so ist das insofern // insoweit // nicht
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wahr, als nicht etwa von ausserordentlich schwer vorstellbaren oder komplizierten Dingen die Rede ist, sondern nur insofern, als es ausserordentlich schwer ist, an den unzähligen Fallen, die hier in der Sprache für uns aufgestellt sind, vorbeizukommen.)

 
   
                   Es gibt ein Gefühl: “In der Mathematik kann es nicht Wirklichkeit und Möglichkeit geben. Alles ist auf einer Stufe. Und zwar in gewissem Sinne wirklich”. – Und das ist richtig. Denn Mathematik ist ein Kalkül; und der Kalkül sagt von keinem Zeichen, dass es nur möglich wäre, sondern er hat es nur mit den Zeichen zu tun, mit denen er wirklich operiert. (Vergleiche die Begründung/der Mengenlehre mit der Annahme eines möglichen Kalküls mit unendlichen Zeichen.)

 
   
                   Der Schnittpunkt zweier Kurven ist nicht das gemeinsame Glied zw[i|e]ier Klassen von Punkten, sondern der Durchschnitt zweier Gesetze. Es sei denn, dass man die erste Ausdrucksweise, sehr irreführend, durch die zweite definiert.

 
   
                   “Einmal wird die Welt untergehen”: eine unendliche Hypothese.

 
   
                   “Was wir im physikalischen Raumd denken, ist nicht das Primäre, das wir nur mehr oder weniger erkennen können; sondern, was vom physikalischen Raum wir erkennen können, zeigt uns, wie weit das Primäre reicht und wie wir den physikalischen Raum zu deuten haben.”

 
   
                   Angenommen, in einem Spiel lautete eine Spielre-
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gel: “Man schreibe einen Bruch auf, der zwischen 0 und 1 liegt”; – ist diese Regel nicht ganz verständlich[,|?] braucht hier eine Einschränkung gegeben zu werden? (oder die Regel: “Man schreibe eine Zahl auf, die grösser als 100 ist”.)

 
   
                   Der Satz: dass einmal – in der unendlichen Zukunft – ein Ereignis (z.B. der Weltuntergang) eintreten werde, hat eine gewisse formale Aehnlichkeit mit dem, was wir Tautologie nennen.

 
   
                   Man denkt, eine grosse Zahl sei dem Unendlichen doch näher als eine kleine. Das unendliche konkurriert mit dem Endlichen nicht. ﹖– Es ist das, was wesentlich kein Endliches ausschliesst –﹖.
          Der Raum hat keine Ausdehnung, nur die räumlichen Gegenstände sind ausgedehnt. Die Unendlichkeit ist eine Eigenschaft des Raumes. (Und das zeigt, dass sie keine unendliche Ausdehnung ist.)

 
   
                   Die unendliche Teilbarkeit besteht darin, dass jede beliebige endliche Anzahl von Teilen denkbar ist (aber keine unendliche).

 
   
                   Wenn man sagt: “der Raum ist unendlich teilbar”, so heisst das eigentlich: der Raum besteht nicht aus einzelnen Dingen (Teilen). Die unendliche Teilbarkeit bedeutet in gewissem Sinne, dass der Raum nicht teilbar ist, dass eine Teilung ihn nicht tangiert. Dass er damit nichts zu tun hat: Er besteht nicht aus Teilen. Er sagt gleichsam zur Realität: Du kannst in mir machen, was Du willst. (Du kannst in mir so oft geteilt sein, als Du willst.)
          Der Raum gibt der Wirklichkeit eine unendliche Gelegenheit der Teilung.

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                   (Und darum steht in der ersten Klammer vom “(n):(Enx).fx” nur ein Buchstabe. Offenbar nur eine Gelegenheit, nichts anderes. – Wir denken zu wenig daran, dass das Zeichen wirklich nicht mehr bedeuten kann, als es ist. // als wir es bedeuten lassen. // )

 
   
                   Sehen wir einen kontinuierlichen Farbenübergang, eine kontinuierliche Bewegung, dann sehen wir keine Teile, keine Sprünge (nicht “unendliche viele”; ausser, ich gebe diesem Ausdruck jetzt diese Bedeutung).

 
   
                   Die Annahme der Unentscheidbarkeit setzt voraus, dass zwischen den beiden Seiten einer Gleichung, sozusagen, eine unterirdische Verbindung besteht; dass die Brücke nicht i[m|n] Symbolen geschlagen werden kann. Aber dennoch besteht; denn sonst wäre die Gleichung sinnlos. – Aber die Verbindung besteht nur, wenn wir sie durch Symbole // einen Kalkül // gemacht haben. Der Uebergang ist nicht durch eine dunkle Spekulation hergestellt, von andrer Art als das was er verbindet. (Wie ein dunkler Gang zwischen zwei lichten Orten.)

 
   
                   Wenn Brouwer die Anwendung des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten in der Mathematik bekämpft, so hat er Recht, soweit er sich gegen ein Vorgehen richtet, das den Beweisen empirischer Sätze analog ist. Man kann in der Mathematik nie etwas auf die Art beweisen: Ich habe 2 Aepfel auf dem Tisch liegen gesehen; jetzt ist nur einer da; also hat A einen Apfel gegessen. – Man kann nämlich nicht durch Ausschliessung gewisser Möglichkeiten eine neue beweisen, die nicht, durch die von uns gegebenen Regeln, schon in jener Ausschliessung liegt. Insofern gibt es in der Mathematik keine echten Alternativen. Wäre die Mathematik die Untersuchung von erfahrungsmässig gegebenen Aggregaten, so könnte man durch die Aus-
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schliessung eines Teils das Nichtausgeschlossene beschreiben, und hier wäre der nicht ausgeschlossene Teil der Ausschliessung des andern nicht äquivalent.

 
   
                   Die Betrachtungsweise: dass ein logisches Gesetz, weil es für ein Gebiet der Mathematik gilt, nicht notwendig auch für ein anderes gelten müsse, ist in der Mathematik gar nicht am Platz, ihrem Wesen ganz entgegen. Obwohl manche Autoren gerade das für besonders subtil halten, und entgegen den Vorurteilen.

 
   
                   Man wunde[t|r]te sich darüber, dass “zwischen den überall dicht liegenden rationalen Punkten” noch die irrationalen Platz haben. (Welche Verdummung!) Was zeigt eine Konstruktion, wie die des Punktes √2? Zeigt sie diesen Punkt, wie er doch noch zwischen den rationalen Punkten Platz hat? Sie zeigt, dass der durch die Konstruktion erzeugte Punkt, nämlich als Punkt dieser Konstruktion, nicht rational ist. – Und was entspricht dieser Konstruktion in der Arithmetik? Etwa eine Zahl, die sich doch noch zwischen die rationalen Zahlen hineinzwängt? Ein Gesetz, das nicht vom Wesen der rationalen Zahl ist.

 
   
                   Die Erklärung des Dedekind'schen Schnittes gibt vor, sie wäre anschaulich // gibt vor, anschaulich zu sein // , wenn sie sagt // gesagt wird // : Es gibt 3 Fälle: entweder hat die Klasse R ein erstes Glied und L kein letztes, etc.. In Wahrheit lassen sich 2 dieser ˇ3 Fälle gar nicht vorstellen. Ausser, wenn die Wörter “Klasse”, “erstes Glied”, “letztes Glied” gänzlich ihre anscheinend // vorgeblich // beibehaltenen alltäglichen Bedeutungen wechseln. Wenn man nämlich, – starr darüber, dass Einer von einer Klasse von Punkten redet, die rechts von einem gegebenen Punkt
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liegt und keinen Anfang hat – sagt: gib uns doch ein Beispiel so einer Klasse, – so zieht er das von den rationalen Zahlen hervor! Aber hier ist ja gar keine Klasse von Punkten im alltäglichen // ursprünglichen // Sinn!

 
   
                   “m grösser als n” kann ich allerdings definieren als (Ex). m ‒ n = x, aber dadurch habe ich es in keiner Weise analysiert. Man denkt nämlich, dass durch die Verwendung des Symbolismus “(E …) …” eine Verbindung hergestellt ist // sei // zwischen “m grösser als n” und andern Sätzenv von der Form “es gibt …”, vergisst aber, dass damit zwar eine gewisse Analogie betont ist, aber nicht mehr, da das Zeichen “(E …) …” in unzählig vielen verschiedenen ‘Spielen’ gebraucht wird. (Wie es eine ‘Dame’ im Schach- und im Damespiel gibt.) Wir müssen also erst die Regeln wissen, wie // nach denen // es hier verwendet wird. Und da wird sofort klar, dass diese Regeln hier mit den Regeln für die Subtraktion zusammenhängen. Denn, wenn wir – ˇwie gewöhnlich – fragen: “wie weiss ich – d.h. woraus geht es hervor –, dass es eine Zahl x gibt, die der Bedingung m ‒ n = x genügt”, so kommen darauf die Regeln für die Subtraktion zur Antwort. Und nun sehen wir, dass wir mit unserer Definition nicht viel gewonnen haben. Ja, wir hätten gleich als Erklärung von ‘m grösser als n’ die Regeln angeben können, nach welchen man so einen Satz – z.B. im Falle ‘32 grösser als 17’ – überprüft.

 
   
                   We[h|n]n ich sage: “für jedes n gibt es ein d, das die Funktion kleiner macht als n”, so muss ich mich auf ein allgemeines arithmetisches Kriterium beziehen, das anzeigt, wann F(d) kleiner ist als n.

 
   
                   Wenn ich wesentlich keine Zahl hinschreiben kann, ohne ein Zahlensystem, so muss sich das auch in der allgemeinen Behandlung der
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Zahl wiederspiegeln. Das Zahlensystem ist nicht etwas Minderwertiges – wie eine Russische Rechenmaschine – das nur für Volksschüler Interesse hat, während die höhere, allgemeine Betrachtung davon absehen kann.

 
   
                   Es geht auch nichts von der Allgemeinheit der Betrachtung verloren, wenn ich die Regeln, die die Richtigkeit und Falschheit von ‘m grösser als n’ (also seinen Sinn) bestimmen, etwa im // für das // De[i|z]imalsystem gebe. Ein System brauche ich ja doch und die Allgemeinheit ist dadurch gewahrt, dass man die Regeln gibt, nach denen von einem System in ein anderes übersetzt wird.

 
   
                   Wenn Du wissen willst, was der Ausdruck “Stetigkeit einer Funktion” bedeutet, schau' den Beweis der Stetigkeit an; der wird ja zeigen, was er beweist. Aber sieh nicht das Resultat an, wie es in Prosa hingeschrieben // ausgedrückt // ist und auch nicht, wie es in der Russellschen Notation lautet, die ja bloss eine Uebersetzung des Prosaausdrucks ist; sondern richte Deinen Blick dorthin, wo im Beweis noch gerechnet wird. Denn der Wortausdruck des angeblich bewiesenen Satzes ist meist irreführend, denn er verschleiert das eigentliche Ziel des Beweises, dass in diesem mit voller Klarheit zu sehen ist.

 
   
                   Der Beweis der Beweisbarkeit. eines Satzes wäre der Beweis des Satzes selbst. Dagegen gibt es etwas, was wir den Beweis der Relevanz nennen könnten. Das wäre z.B. der Beweis, der mich davon überzeugt, dass ich die Gleichung 17 × 38 = 456 nachprüfen kann, noch ehe ich es getan habe. Woran erkenne ich nun, dass ich 17 × 38 = 456 überprüfen kann, während ich das beim Anblick eines Integralausdrucks vielleicht nicht weiss? Ich erkenne offenbar, dass er nach einer be[w|s]timmten Regel gebaut ist und auch,
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wie die Regel // Vorschrift // zur Lösung der Aufgabe an dieser Bauart des Satzes haftet. Der Beweis der Relevanz ist dann etwa eine Darstellung der allgemeinen Form der Lösungsmethode, etwa der Multiplikationsaufgaben, die die allgemeine Form der Sätze erkennen lässt, deren Kontrolle sie möglich macht. Ich kann dann sagen, ich erkenne, dass diese Methode auch diese Gleichung nachprüft, obwohl ich die Nachprüfung noch nicht vollzogen habe.

 
   
                   Wenn man den Menschen lehrt, einen Schritt zu machen, so gibt man ihm damit die Möglichkeit, irgend eine // jede // Strecke zu gehen.

 
   
                   Es ist schwer, sich von der extensiven Auffassung ganz frei zu machen: So denkt man: “Ja, aber es muss doch eine innere Beziehung zwischen x³ + y³ und z³ bestehen, da doch (zum mindesten) die Extensionen dieser Ausdrücke, wenn ich sie nur kennte, das Resultat einer solchen Beziehung darstellen müssten”. Etwa: “Es müssen doch entweder wesentlich alle Zahlen die Eigenschaft P haben, oder nicht; da doch alle Zahlen die Eigenschaften haben, oder nicht; wenn ich auch nicht wissen kann, welches der Fall ist.” // ; wenn ich das auch nicht wissen kann.” //

 
   
                   Wo man fragen kann, kann man auch suchen, und wo man nicht suchen kann, kann man auch nicht fragen. Und auch nicht antworten. (Das ist der Vorschlag einer Festsetzung für den Gebrauch der Wörter “fragen”, “antworten”, “suchen”.)

 
   
                   Wenn von Beweisen der Relevanz (und ähnlichen Dingen der Mathematik) geredet wird, so geschieht es immer, als hätten wir, abge-
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sehen von den einzelnen Operationsreihen, die wir Beweise der Relevanz nennen, noch einen ganz scharfen umfassenden Begriff so eines Beweises oder überhaupt eines mathematischen Beweises. Während in Wirklichkeit dieses Wort wieder in vielen, mehr oder weniger verwandten, Bedeutungen angewandt wird. (Wie etwa die Wörter “Volk”, “König”, “Religion”, etc.; siehe Spengler.) Denken wir nur an die Rolle, die in // bei // der Erklärung so eines Wortes ein Beispiel spielt. Denn, wenn ich erklären will, was ich unter “Beweis” verstehe, werde ich auf Beispiele von Beweisen zeigen müssen, wie ich bei der Erklärung des Wortes “Apfel” auf Aepfel zeigen werde. Mit der Erklärung des Wortes “Beweis” verhält es sich nun wie mit der des Wortes “Zahl”: ich kann das Wort “Kardinalza[n|h]l” erklären, indem ich auf Beispiele von Kardinalzahlen weise, ja, ich kann geradezu für dieses Wort das Zeichen “1, 2, 3, u.s.w. ad inf.” gebrauchen; ich kann anderseits das Wort “Zahl” erklären, indem ich auf verschiedene Zahlenarten hinweise; aber dadurch werde ich den Begriff “Zahl” nun nicht so scharf fassen, wie früher den der Kardinalzahl, es sein denn, dass ich sagen will, dass nur diejenigen Gebilde, die wir heute als Zahlen Bezeichnen, den Begriff “Zahl” konstituieren. Dann aber kann man von keiner neuen Konstruktion sagen, sie sie die Konstruktion einer Zahlenart. Das Wort “Beweis” aber wollen wir ja so [v|g]ebrauchen, dass es nicht einfach durch eine Disjunktion gerade heute üblicher Beweise definiert wird, sondern in Fällen // sondern wir wollen es in Fällen // gebrauchen, von denen wir uns heute “noch gar keine Vorstellung machen können”. Soweit der Begriff des Beweises scharf scharf gefasst ist, ist er es durch einzelne Beweise, oder durch Reihen von Beweisen (den Zahlenreihen analog) und das müssen wir bedenken, wenn wir uns anschicken, mit voller Exaktheit wir mit voller Exaktheit über Beweise der Relevanz, der Widerspruchsfreiheit, etc. etc. zu reden. reden wollen.

 
   
                   Man kann sagen: Ein Beweis der Relevanz wird den Kalkül des Satzes, auf den er sich bezieht, ändern. Einen Kalkül
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mit diesem Satz rechtfertigen kann er nicht; in dem Sinn, in welchem die Ausführung der Multiplikation 17 × 23 das Anschreiben der Gleichung 17 × 23 = 391 rechtfertigt. Wir müssten nur dem Wort “rechtfertigen” ausdrücklich jene Bedeutung geben. Dann darf man aber nicht glauben, dass die Mathematik, ohne diese Rechtfertigung, in irgend einem allgemeineren und allgemein feststehenden Sinne unerlaubt, oder mit einem Dolus behaftet sei. (Das wäre ähnlich, als wollte Einer sagen: “der Gebrauch des Wortes ‘Steinhaufen’ ist im Grunde unerlaubt, ehe wir nicht offiziell festgelegt haben, wieviel Steine einen Haufen machen”. Durch so eine Festlegung würde der Gebrauch des Wortes “Haufen” modifiziert, aber nicht in irgend einem allgemein anerkannten Sinne ‘gerechtfertigt’. Und wenn eine solche offizielle Definition gegeben würde // wäre // , so wäre dadurch nicht der Gebrauch, den man früher von dem Wort gemacht hat, als unrichtig // etwas Unrichtiges // gekennzeichnet.)

 
   
                   Der Beweis der Kontrollierbarkeit von 17 × 23 = 391 ist ‘Beweis’ in einem andern Sinne dieses Worts, als der, der Gleichung selbst. (Der Müller mahlt, der Maler malt: beide …) Die Kontrollierbarkeit der Gleichung ersehen // entnehmen // wir aus ihrem Beweis in analoger Weise, wie die Kontrollierbarkeit des Satzes “die Punkte A und B sind nicht durch eine Windung der Spirale getrennt” aus der Figur. Und man sieht auch schon, dass der Satz, der die Kontrollierbarkeit aussagt, ‘Satz’ in einem andern Sinne ist, als der, dessen Kontrollierbarkeit behauptet wird. Und hier kann man wieder nur sagen: Sieh Dir den Beweis an, d dann wirst Du sehen, was hier bewiesen wird, was “der bewiesene Satz” genannt wird.

 
   
                   Kann man sagen, dass wir zu jedem Schritt eines Beweises eine frische Intuition brauchen? (Individualität der Zahlen.) Es wäre
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etwa so: Ist mir eine allgemeine (variable) Regel gegeben, so muss ich immer von neuem erkennen, dass diese Regel auch hier angewendet werden kann (dass sie auch für diesen Fall gilt). Kein Akt der Voraussicht kann mir diesen Akt der Einsicht ersparen. Denn tatsächlich ist die Form, auf die die Regel angewandt wird, bei jedem neuen Schritte eine neue. – Es handelt sich aber hier nicht um einen Akt der Einsicht, sondern um einen Akt der Entscheidung.

 
   
                   Der sogenannte Beweis der Relevanz steigt die Leiter zu seinem Satz nicht hinauf, denn dazu muss man jede Stufe nehmen, sondern zeigt nur, dass die Leiter in der Richtung zu jenem Satze führt. (In der Logik gibt es kein Surrogat.) Es ist auch der Pfeil, der die Richtung weist, kein Surrogat für das Durchschr[it|ei]ten aller Stufen bis zum bestimmten Ziel.

 
   
                   Ich sagte: Wo man nicht suchen kann, da kann man auch nicht fragen, und d.h.: wo es keine logische Methode des Findens gibt, da kann auch die Frage keinen Sinn haben. – Nur wo eine Methode der Lösung ist, ist ein Problem (d.h. natürlich nicht: “nur wo die Lösung gefunden ist, ist ein Problem”). – D.h.: dort wo die Lösung des Problems nur von einer Art Offenbarung erwartet werden kann, ist auch [m|k]ein Problem. Einer Offenbarung entspricht keine Frage. – Diese Sätze sind nur verkappte Erklärungen eines Gebrauches // einer Art des Gebrauches // der Worte “Problem”, “Frage”, etc.. (Frage nach der Erfahrung eines “sechsten” Sinnes, den wir nicht haben. Suchen nach einer neuen Sinneserfahrung.)

 
   
                   (Es ist beinahe unglaublich, wie ein Problem durch die irreführenden Ausdrucksweisen, die Generation auf Generation rundherum
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stellt, gänzlich, auf Meilen, blockiert wird, so dass es beinahe unmöglich wird, dazuzukommen.)

 
   
                   “Wird die Gleichung von irgend welchen Zahlen befriedigt?”; “sie wird von Zahlen befriedigt”; “sie wird von allen Zahlen (von keiner Zahl) befriedigt”. Hat Dein Kalkül Beweise? [U|u]nd welche? daraus erst wird man den Sinn dieser Sätze [i|u]nd Fragen entnehmen können.

 
   
                   Ich kann den Ausdruck “die Gleichung G ergibt die Lösung L” nicht eindeutig anwenden, solange ich keine Methode der Lösung besitze; weil “ergibt” eine Struktur bedeutet, die ich, ohne sie zu kennen, nicht bezeichnen kann. Denn das heisst das Wort “ergibt” zu verwenden, ohne seine Grammatik zu kennen. Ich könnte aber auch sagen: Das Wort “ergibt” hat andere Bedeutung, wenn ich es so verwende, dass es sich auf eine Methode der Lösung bezieht, und eine andere, wenn dies nicht der Fall ist. Es verhält sich hier mit “ergibt” ähnlich, wie mit dem Wort “gewinnen” (oder “verlieren”), wenn das Kriterium des “Gewinnens” einmal ein bestimmter Verlauf der Partie ist (hier muss ich die Spielregeln kennen, um sagen zu können, ob Einer gewonnen hat), oder ob ich mit “gewinnen” etwas meine, was sich etwa // beiläufig // durch “[Z|z]ahlen müssen” ausdrücken liesse.
          Wenn wir “ergibt” im ersten Sinne // in der ersten Bedeutung // anwenden, so heisst “die Gleichung ergibt L”; wenn ich die Gleichung nach gewissen Regeln transformiere, so erhalte ich L. So wie die Gleichung 25 × 25 = 620 besagt, dass ich 620 erhalte, wenn ich auf 25 × 25 die Multiplikationsregeln anwende. Aber diese Regeln müssen mir nun // hier // schon gegeben sein, ehe das Wort “ergibt” Bedeutung hat, und ehe die Frage einen Sinn hat, ob die Gleichung L ergibt.

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                   Der Fermat'schen Satz hat keinen strengen Sinn, solange ich nach der Auflösung der Gleichung durch Kardinalzahlen nicht suchen kann. Und “suchen” heisst: systematisch suchen. Es ist kein Suchen, wenn ich im unendlichen Raum nach einem Gegenstand umherirre. – An unserer Schwierigkeit ist natürlich die falsche Auffassung der Variablen schuld: die Auffassung, als verträte die Variable Zahlen (und zwar einer Klasse, Liste, von Zahlen), während sie nichts vertritt, sondern ist, was sie ist. Verträte sie Zahlen, dann brauchte allerdings nur 5³ + 7³ = 9³ Sinn ˇzu haben und der Sinn der allgemeinen Sätze über die Form x³ + y³ = z³ folgte daraus. Aber, da die Variable autonom ist, so hat der Satz, in welchem sie vorkommt, erst dann Sinn, wenn er nach seinen eigenen Prinzipien kontrollierbar ist, wie die Zahlengleichung nach dem
ihren
ihrigen
.

 
   
                   Es genügt also nicht zu sagen “p ist beweisbar”, sondern es muss heissen: beweisbar nach einem bestimmten System.
          Und zwar behauptet der Satz nicht, p sei beweisbar nach dem System S, sondern nach seinem System, dem System von p. Dass p dem System S angehört, das lässt sich nicht behaupten (das muss sich zeigen). – Man kann nicht sagen, p gehört zum System S; man kann nicht fragen, zu welchem System p gehört; man kann nicht das System von p suchen. “p verstehen” heisst, sein System kennen. Tritt p scheinbar von einem System in das andere über, so hat in Wirklichkeit p seinen Sinn gewechselt.

 
   
                   Würde denn aus dem Allen nicht das Paradox folgen: dass es in der Mathematik keine schweren Probleme gibt; weil, was schwer ist, kein Problem ist? Was folgt, ist, dass das “schwere mathematische Problem”, d.h. das Problem der mathematischen Forschung, zur Aufgabe “25 × 25 = ?”
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nicht in dem Verhältnis steht, wie etwa ein akrobatisches Kunststück zu einem einfachen Purzelbaum (also einfach in dem Verhältnis: sehr leicht zu sehr schwer), sondern dass es ‘Probleme’ in verschiedenen Bedeutungen des Wortes sind.

 
   
                   Man könnte erklären // festlegen // : “Was man anfassen kann, ist ein Problem. – Nur wo ein Problem sein kann, kann etwas behauptet werden.”

 
   
                   Welcher Art ist der Satz “die 3-Teilung des Winkels mit Zirkel und Lineal ist unmöglich”? Doch wohl von derselben, wie: “in der Reihe der Winkelteilungen F(n) kommt keine F(3) vor, wie in der Reihe der Kombinationszahlen
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2
.n.(n ‒ 1) keine 4”. Aber welcher Art ist dieser Satz? Von der des Satzes: “in der Reihe der Kardinalzahlen kommt
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nicht vor”. Das ist offenbar eine (überflüssige) Spielregel, etwa wie die: im Damespiel kommt keine Figur vor, die “König” genannt wird. Und die Frage, ob eine 3-Teilung möglich ist, ist dann die, ob es eine 3-Teilung im Spiel gibt, ob es eine Figur im Damespiel gibt, die “König” genannt wird, und etwa eine ähnliche Rolle spielt, wie der Schachkönig. Diese Frage wäre natürlich einfach durch eine Bestimmung zu beantworten, aber sie würde kein Problem, keine Rechenaufgabe stellen. Hätte also einen andern Sinn, als eine, deren Antwort lautete: ich werde es mir ausrechnen, ob es so etwas gibt. (Etwa: “ich werde ausrechnen, ob es unter den Zahlen 5, 7, 18, 25, eine gibt, die durch 3 teilbar ist”.) Ist nun die Frage nach der Möglichkeit der 3-Teilung des Winkels von dieser Art? Ja, – wenn man im Kalkül ein allgemeines System hat, um, etwa, die Möglichkeit der n-Teilung zu berechnen.
          Warum nennt man diesen Beweis den Beweis dieses Satzes? Der Satz ist ja kein Name, sondern gehört (als Satz) einem Sprach-
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system an: Wenn ich sagen kann “es gibt keine 3-Teilung”, so hat es Sinn zu sagen “es gibt keine 4-Teilung” etc. etc.. Und ist dies ein Beweis des ersten Satzes (ein Teil seiner Syntax), so muss es also entsprechende Beweise (oder Gegenbeweise) für die andern Sätze des Satzsystems geben, denn sonst gehören sie nicht zu demselben System.

 
   
                   Der bewiesene mathematische Satz hat in seiner Grammatik zur Wahrheit hin ein Uebergewicht. Ich kann, nur um den Satz Sinn von 25 × 25 = 625 zu verstehen, fragen: wie wird dieser Satz bewiesen. Aber ich kann nicht fragen: wie wird – oder würde – sein Gegenteil bewiesen; denn es hat keinen Sinn, vom Beweis des Gegenteils von 25 × 25 = 625 zu reden. Will ich also eine Frage stellen, die von der Wahrheit des Satzes unabhängig ist, so muss ich von der Kontrolle seiner Wahrheit, nicht von ihrem Beweis, oder Gegenbeweis, reden. Die Methode der Kontrolle entspricht dem, was man den Sinn des mathematischen Satzes nennen kann,. Die Beschreibung dieser Methode ist allgemein und bezieht sich auf ein System von Sätzen, etwa den Sätzen der Form a × b = c.

 
   
                   Wenn ich a + (b + c) = (a + b) + c negiere, so hat das nur Sinn, wenn ich etwa sagen will: es ist nicht a + (b + c) = (a + b) + c, sondern = (a + 2b) + c. Denn es fragt sich: was ist der Raum, in welchem ich den Satz negiere? wenn ich ihn abgrenze, ausschliesse, – wovon?
          Die Kontrolle von 25 × 25 = 625 ist die Ausrechnung von 25 × 25, die Berechnung der rechten Seite; – kann ich nun a + (b + c) = (a + b) + c errechnen, das Resultat (a + b) + c ausrechnen? Je nachdem man es als berechenbar oder unberechenbar betrachtet, ist es beweisbar oder nicht. Denn ist der Satz eine Regel, der jede Ausrechnung folgen muss, ein Paradigma, dann hat es keinen Sinn, von einer Ausrechnung der Gleichung zu reden; sowenig, wie von der einer Definition.

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                   Das, was die Ausrechnung möglich macht, ist das System[l|,] dem der Satz angehört und das auch die Rechenfehler bestimmt, ﹖– die sich bei der Ausrechnung machen lassen –﹖. Z.B. ist (a + b)² = a² + 2ab + b² und nicht = a² + ab + b²; aber (a + b)² = ‒ 4 ist kein möglicher Rechenfehler in diesem System.

 
   
                   Sofern man die Unmöglichkeit der 3-Teilung als eine physische Unmöglichkeit darstellen kann, indem man z.B. sagt: “versuch' nicht, den Winkel in 3 gleiche Teile zu teilen, es ist hoffnungslos!”, insofern beweist der “Beweis der Unmöglichkeit” diese nicht. Dass es hoffnungslos ist die Teilung zu versuchen, das hängt mit physikalischen Tatsachen zusammen.

 
   
                   Man kann nicht sagen: “ich werde ausrechnen, dass es so ist”, sondern “ob es so ist”. Also, ob so, oder anders

 
   
                   Ich könnte ja auch ganz beiläufig (siehe andere Bemerkungen) sagen: “25 × 64 = 160, 64 × 25 = 160 das beweist, dass a × b = b × a ist” (und diese Redeweise ist nicht vielleicht lächerlich und falsch; sondern man muss sie nur recht deuten). Und man kann richtig daraus schliessen; also lässt sich “a ∙ b = b ∙ a” in einem Sinne berechnen // beweisen // .
          Und ich will sagen: Nur in dem Sinne, in welchem die Ausrechnung so eines Beispiels Beweis des algebraischen Satzes genannt werden kann, ist der Indu[t|k]tionsbeweis ein Beweis dieses Satzes. Nur insofern kontrolliert er den algebraischen Satz. (Er kontrolliert seine Struktur // seinen Bau // , nicht seine Allgemeinheit.)

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                   (Die Philosophie prüft nicht die Kalküle der Mathematik, sondern nur, was die Mathematiker über diese Kalküle sagen.)

 
   
                   “Ich habe ausgerechnet, dass es keine Zahl gibt, welche …”. – In welchem Rechnungssystem kommt diese Rechnung vor? – Dies wird uns zeigen, in welchem Satzsystem der errechnete Satz ist. (Man fragt auch: “wie rechnet man so etwas aus?”)

 
   
                   “Ich habe gefunden, dass es so eine // eine solche // Zahl gibt”.
          “Ich habe ausgerechnet, dass es keine solche Zahl gibt”.
          Im ersten Satz darf ich nicht “keine” statt “eine” einsetzen. – Und wie, wenn ich im zweiten statt “keine” “eine” setze? Nehmen wir an, die // eine // Rechnung ergibt nicht den Satz “non.neg(En) etc.”, sondern “(En) etc.”. Hat es dann etwa Sinn zu sagen: “nur Mut! jetzt musst Du einmal auf eine solche Zahl kommen, wenn Du nur lang genug probierst”? Das hat nur Sinn, wenn der Beweis nicht “(En) etc.” ergeben, sondern dem Probieren Grenzen gesteckt hat, also etwas ganz anderes geleistet hat. D.h., das, was wir den Existenzs[q|a]tz nennen, der uns eine Zahl suchen lehrt, hat zum Gegenteil nicht den Satz “(n). etc.”, sondern einen Satz, der sagt, dass in dem und dem Intervall keine Zahl ist, die …. Was ist das Gegenteil des Bewiesenen? – Dazu muss man auf den Beweis schauen. Man kann sagen: das Gegenteil des bewiesenen Satzes ist das, was statt seiner durch einen bestimmten Rechnungsfehler im Beweis bewiesen worden wäre. Wenn nun z.B. der Beweis, dass non.neg(En). etc. der Fall ist eine Induktion ist, die zeigt, dass, soweit ich auch gehe, eine solche Zahl nicht vorkommen kann, so ist das Gegenteil dieses Beweises (ich will einmal diesen Ausdruck gebrauchen) nicht der Existenzbeweis in unserem Sinne. – Es ist hier nicht, wie im Fall des Beweises, dass keine oder eine der Zahlen a, b, c, d die Eigenschaft P hat; und diesen
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Fall hat man immer als Vorbild vor Augen. Hier könnte ein Irrtum darin bestehen, dass ich glaube c hätte die Eigenschaft und, nachdem ich den Irrtum eingesehen hätte, wüsste ich, dass keine der Zahlen die Eigenschaft hat. Die Analogie bricht eben hier zusammen.
          (Das hängt damit zusammen, dass ich nicht in jedem Kalkül, in dem ich Gleichungen gebrauchen, eo ipso auch die Verneinungen von Gleichungen gebrauchen darf. Denn 2 × 3 ≠ 7 heisst nicht, dass die Gleichung “2 × 3 = 7” nicht vorkommen soll, wie etwa die Gleichung “3 × 3 = sinus”, sondern die Verneinung ist eine Ausschliessung innerhalb eines von vornherein bestimmten Systems. Eine Definition kann ich nicht verneinen, wie eine nach Regeln abgeleitete Gleichung.)
          Sagt man, das Intervall im Existenzbeweis sei nicht wesentlich, da ein andres Intervall es auch getan hätte, so heisst das natürlich nicht, dass das Fehlen einer Intervallangabe es auch getan hätte. – Der Beweis der Nichtexistenz hat zum Beweis der Existenz nicht das Verhältnis eines Beweises von p zum Beweis des Gegenteils.
          Man sollte glauben, in dem Beweis des Gegenteils von “(En). etc.” müsste sich eine Negation einschleichen // verirren // können, durch die irrtümlicherweise “non.neg(En). etc.” bewiesen wird.
          Gehen wir doch einmal, umgekehrt, von den Beweisen aus und nehmen wir an, sie wären uns ursprünglich gezeigt worden und man hätte uns dann gefragt: was beweisen diese Rechnungen? Sieh auf die Beweise und entscheide dann, was sie beweisen.

 
   
                   Die Methode der Kontrolle der Wahrheit entspricht dem Sinn des mathematischen Satzes. Kann von so einer Kontrolle nicht die Rede sein, dann fällt die Analogie der “mathematischen Sätze” mit dem, was wir sonst Satz nennen, zusammen. So gibt es eine Kontrolle für die Sätze der Form “(Ek)
n
m
…” und “non.neg(Ek)
n
m
…”, die sich auf Intervalle beziehen.
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          Denken wir nun an die Frage: “hat die Gleichung x² + ax + b = 0 eine reelle Lösung”. Hier gibt es wieder eine Kontrolle und die Kontrolle scheidet zwischen den Fällen (E …) etc. und non.neg(E …) etc.. Kann ich aber in demselben Sinne auch fragen und kontrollieren “ob die Gleichung eine Lösung hat”? es sei denn, dass ich diesen Fall wieder mit anderen in ein System bringe.

 
   
                   (In Wirklichkeit konstruiert der “Beweis des Hauptsatzes der Algebra” eine neue Art von Zahlen.)

 
   
                   Der “Satz der Mathematik”, welcher durch eine Induktion bewiesen ist –, so aberl, dass man nach dieser Induktion nicht in einem System von Kontrollen suchen // fragen // kann, – ist nicht ‘Satz’ in dem Sinne, in welchem e[r|s] die Antwort auf eine mathematische Frage ist.
          “Jede Gleichung G hat eine Wurzel”. Und wie, wenn sie keine hat? können wir diesen Fall beschreiben, wie den, dass sie keine rationale Lösung hat? Was ist das Kriterium dafür, dass eine Gleichung keine Lösung hat? Denn dieses Kriterium muss gegeben sein // werden // , wenn die mathematische Frage einen Sinn haben soll und wenn das, was die Form eines Existenzsatzes hat, “Satz” im Sinne der Antwort auf eine Frage sein soll. // und wenn der Existenzsatz Antwort auf eine Frage sein soll. //
          (Worin besteht die Beschreibung des Gegenteils; worauf stützt sie sich; auf welche Beispiele, und wie sind diese Beispiele mit einem besonderen Fall des bewiesenen Gegenteils verwandt? Diese Fragen [i|s]ind nicht etwa nebensächlich, sondern absolut wesentlich.)
          (Die Philosophie der Mathematik besteht in einer genauen Untersuchung der mathematischen Beweise – nicht darin, dass man die Mathematik mit einem Dunst umgibt.)

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                   “Wie kommt es, dass ich diesen Satz (der Geometrie oder Arithmetik) nicht eigens beweisen muss, sondern, dass er durch den allgemeinen Beweis schon bewiesen ist?” Aber Du musst ihn ja beweisen, – indem Du nämlich den besondern Satz hinschreibst, denn das Uebrige ist nur, was allen Beweisen solcher Sätze gemeinsam ist. (Du musst diesen euklidischen Satz für jedes Dreieck von neuem beweisen; nur besteht allerdings das Besondere dieses Beweises nur in der Zeichnung dieses Dreiecks, da das Uebrige durch die allgemeine Form (den euklidischen Beweis) schon vorgesehen ist.)

 
   
                   
3 × 2 = 5 + 1
3 × (a + 1) = 3 + (3 × a) = (5 + b) + 3 = 5 + (b + 3)
Warum nennst Du denn diese Induktion den Beweis dafür, dass (n): n ˃ 2 .C. 3 × n ≠ 5?! – Nun, siehst Du denn nicht, dass der Satz, wenn er für n = 2 gilt, auch für n = 3 gilt, und dann auch für n = 4, und dass es immer so weiter geht? (Was erkläre ich denn, wenn ich das Funktionieren des induktiven Beweises erkläre?) Du nennst ihn also einen Beweis für “f(2) & f(3) & f(4) & u.s.w.”, ist er aber nicht vielmehr die Form der Beweise für “f(2)” und “f(3)” und “f(4)” u.s.w.? Oder kommt das auf eins hinaus? Nun, wenn ich die Induktion den Beweis eines Satzes nenne, dann darf ich es nur, wenn das nichts anderes heissen soll, als dass sie jeden Satz einer gewissen Form beweist. (Und mein Ausdruck bedient sich der Analogie vom Verhältnis der Sätze “alle Säuren färben Lakmuspapier rot”, “Schwefelsäure färbt Lakmuspapier rot”.)
          Denken wir nun, jemand sagte “prüfen wir nach, ob f(n) für alle n gilt” und nun fängt er an, die Reihe zu schreiben:
3 × 2 = 5 + 1

          3 × (2 + 1) = (3 × 2) + 3 = (5 + 1) + 3 = 5 + (1 + 3)
          3 × (2 + 2) = (3 × (2 + 1)) + 3 = (5 + (1 + 3)) + 3 = 5 + (1 + 3 + 3)
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und nun bricht er ab und sagt: “ich sehe schon, dass es für alle n gilt”. – So hat er also eine Induktion gesehen! Aber hatte er denn nach einer Induktion gesucht? Er hatte ja gar keine Methode, um nach ihr // einer // zu suchen. Und hätte er nun keine entdeckt, hätte er damit eine Zahl gefunden, die der Bedingung nicht entspricht? – Die Regel der Kontrolle kann ja nicht alauten: sehen wir nach, ob sich eine Induktion findet, oder ein Fall, für den das Gesetz nicht gilt. – Wenn das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten nicht gilt, so heisst das nur, dass unser Ausdruck nicht mit einem Satz zu vergleichen ist.
          Wenn wir sagen, die Induktion beweise den allgemeinen Satz, so denken wir: sie beweist, dass dieser Satz und nicht sein Gegenteil wahr ist // so wollen wir natürlich zur Ausdrucksform übergehen, sie beweise, dass dies, und nicht sein Gegenteil der Fall ist // . Welches wäre aber das Gegenteil des Bewiesenen? Nun, dass (En).non.negfn der Fall ist. Damit verbinden wir zwei Begriffe: den einen, den ich aus meinem gegenwärtigen Begriff des Beweises von (n).f(n) herleite, und einen andern, der von der Analogie mit (Ex).fx hergenommen ist. (Wir müssen ja bedenken, dass “(n).fn” kein Satz ist, solange ich kein Kriterium seiner Wahrheit habe; und dann nur den Sinn hat, den ihm dieses Kriterium gibt. Ich konnte freilich, schon ehe ich das Kriterium hatte // besass // , etwa nach einer Analogie zu (x).fx ausschauen.) Was ist nun das Gegenteil von dem, was die Induktion beweist? Der Beweis von (a + b)² = a² + 2ab + b² rechnet diese Gleichung aus im Gegensatz etwa zu (a + b)² = a² + 3ab + b². Was rechnet der Induktionsbeweis aus?

 
   
                   Die Gleichungen: 3 + 2 = 5 + 1, 3 × (a + 1) = (3 × a) + 3, (5 + b) + 3 = 5 + (b + 3) im Gegensatz also etwa zu 3 + 2 = 5 + 6, 3 × (a + 1) = (4 × a) + 2, etc.. Aber dieses Gegenteil entspricht ja nicht dem Satz (Ex).fx. – Ferner ist nun nicht mit jener Induktion im Gegensatz jeder Satz von der Form non-f(n), nämlich // d.h. // der Satz “non-f(2)”, “non-f(3)”,
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u.s.w.; d.h. die Induktion ist das Gemeinsame in der Ausrechnung // den Ausrechnungen // von f(2), f(3), u.s.w.; aber sie ist nicht die Ausrechnung “aller Sätze der Form f(n)”, da ja nicht eine Klasse von Sätzen in dem Beweis vorkommt, die ich “alle Sätze der Form f(n)” nenne. Jede einzelne nun von diesen Ausrechnungen ist die Kontrolle eines Satzes von der Form f(n). Ich konnte nach der Richtigkeit dieses Satzes fragen und eine Methode zu ihrer Kontrolle anwenden, die durch die Induktion nur auf eine einfache Form gebracht war. Nenne ich aber die Induktion “den Beweis eines allgemeinen Satzes”, so kann ich nach der Richtigkeit dieses Satzes nicht fragen (sowenig, wie nach der Richtigkeit der Form der Kardinalzahlen). Denn, was ich Induktionsbeweis nenne, gibt mir keine Methode zur Prüfung, ob der allgemeine Satz richtig oder falsch ist; diese Methode müsste mich vielmehr lehren, auszurechnen (zu prüfen), ob sich für einen bestimmten Fall eines Systems von Sätzen eine Induktion bilden lässt, oder nicht. (Was so geprüft wird, ist, ob alle n die oder jene Eigenschaft haben, wenn ich so sagen darf; aber nicht, ob alle sie haben, oder ob es einige gibt, die sie nicht haben. Wir rechnen z.B. aus, dass der die Gleichung x² + 3x + 1 = 0 keine rationalen Lösungen hat (dass es keine rationale Zahl gibt, die …) und nicht die Gleichung x² + 2x +
1
2
–, dagegen die Gleichung x² + 2x + 1 = 0, etc..)

 
   
                   Daher wir es seltsam empfinden, wenn uns gesagt wird, die Induktion beweise den allgemeinen Satz; da wir das richtige Gefühl haben, dass wir ja in der Sprache der Induktion die allgemeine Frage gar nicht hätten stellen können. Da uns ja nicht zuerst eine Alternativee gestellt war (sondern nur zu sein schien, solange uns ein Kalkül mit endlichen Klassen vorschwebte).
          Die Frage nach der Allgemeinheit häatte vor dem Beweis noch gar kei-
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nen Sinn, also ist sie auch keine Frage, denn die Frage hätte nur Sinn gehabt, wenn eine allgemeine Methode zur Entscheidung bekannt war, ehe der besondere Beweis bekannt war. // Die Frage nach der Allgemeinheit hatte vor dem Beweis noch gar keinen Sinn, also war sie auch keine Frage, denn die hätte nur Sinn gehabt, wenn eine allgemeine Methode der Entscheidung bekannt war, ehe der besondere Beweis bekannt war. //
          Denn der Induktionsbeweis entscheidet nichts. // … entscheidet keine Strei[f|t]frage. // // … entscheidet nicht in einer Streitfrage. //

 
   
                   Wenn
gesagt
gefragt
wird: “der Satz ‘(n).fn’ folgt aus der Induktion” heisse nur: jeder Satz der Form f(n) folge aus der Induktion; – “der Satz ‘(En). non-f(n)’
widerspricht
widerspreche
der Induktion” heisse nur: jeder Satz der Form non-f(n) werde durch die Induktion widerlegt, – so kann man sich damit zufrieden geben // so kann man damit einverstanden sein // , aber wird jetzt fragen: Wie gebrauchen wir den Ausdruck “der Satz (n).f(n)” richtig? Was ist seine Grammatik. (Denn daraus, dass ich ihn in gewissen Verbindungen gebrauche, folgt nicht, dass ich ihn überall dem Ausdruck “der Satz (x).fx” analog gebrauche.)

 
   
                   Denken wir, es stritten sich Leute darüber, ob in der Division 1 : 3 lauter Dreier im Quotienten herauskommen müssten; sie hätten aber keine Methode, wie dies zu entscheiden sei // ˇum dies zu entscheiden // . Nun bemerkt Einer, von ihnen die induktive Eigenschaft von
1,0 : 3 = 0,3
  1
und sagt: jetzt weiss ich's, es müssen lauter 3 im Quotient[i|e]n stehen. Die Andern hatten an diese Art [g|d]er Entscheidung nicht gedacht. Ich nehme an, es habe ihnen unklar etwas von einer Entscheidung durch [S|s]tufenweise Kontrolle vorgeschwebt, und dass sie diese Entscheidung freilich nicht herbeiführen könnten. Halten sie nun an ihrer extensiven Auffassung fest, so ist allerdings durch die Induktion
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eine Entscheidung herbeigeführt, denn die Induktion zeigt für jede Extension des Quotienten, dass sie aus lauter 3 besteht. Lassen sie aber die extensive Auffassung fallen, so entscheidet die Induktion nichts. Oder nur das, was die Ausrechnung von
1,0 : 3 = 0,3
  1
entscheidet: nämlich, dass ein Rest bleibt, der gleich dem Dividenden ist. Aber mehr nicht. Und nun kann es allerdings eine richtige Frage geben, nämlich: ist der Rest, der bei dieser Division bleibt, gleich dem Dividenden? und diese Frage ist jetzt an die Stelle der alten E extensiven getreten und ich kann natürlich den alten Wortlaut beibehalten, aber er ist jetzt ausserordentlich irreleitend, denn
er
sie
lässt es immer so erscheinen, als wäre die Erkenntnis der Induktion nur ein Vehikel, das uns in die Unendlichkeit tragen kann. (Das hängt auch damit zusammen, dass das Zeichen “u.s.w.” sich auf keine interne Eigenschaft des Reihenstückes, das ihm vorhergeht, bezieht und nicht auf seine Extension.)
          Die Frage “gibt es eine rationale Zahl, die die Wurzel von x² + 3x + 1 = 0 ist” ist freilich durch eine Induktion entschieden
:
,
– aber hier habe ich eben eine Methode konstruiert, um Induktionen zu bilden; und die Frage hat ihren Wortlaut nur, weil es sich um eine Konstruktion von Induktionen handelt. D.h. die Frage wird durch eine Induktion entschieden, wenn ich nach dieser Induktion fragen konnte. Wenn mir also ihr Zeichen von vornherein auf ja und nein bestimmt war, so dass ich rechnerisch zwischen ihnen entscheiden konnte, wie z.B., ob der Rest in 5 : 7 gleich oder ungleich dem Dividenden sein wird. (Die Verwendung der Ausdrücke “alle …” und “es gibt …” für diese Fälle hat eine gewisse Aehnlichkeit mit der Verwendung des Wortes “unendlich” im Satz “heute habe ich ein Lineal mit unendlichem Krümmungsradius gekauft”.)

 
   
                   Kenne ich die Regeln der elementaren Trigonometrie, so kann ich den Satz sin 2x = 2 sin x.cos x kontrollieren, aber nicht den Satz sin x = x ‒

3!
‒ ….
Das heisst
Deshalb
aber, dass der sinus der
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elementaren Trigonometrie und der sinus der höheren Trigonometrie verschiedene Begriffe sind.
          Die beiden Sätze stehen gleichsam auf zwei verschiedenen Ebenen. In der ersten kann ich mich bewegen, soweit ich will, ich werde nie zu dem Satz auf der höheren Ebene kommen.
          Der Schüler, dem das Rüstzeug der elementaren Trigonometrie zur Verfügung stünde und von dem die Ueberprüfung der Gleichung sin x = x ‒ x³ / 3 ! … verlangt würde, fände das, was er zur Bewältigung dieser Aufgabe braucht, eben nicht vor. Er kann die Frage nicht nur nicht beantworten, sondern er kann sie auch nicht verstehen. (Sie wäre wie die Aufgabe, die der Fürst im Märchen dem Schmied stellt: ihm einen “Klaman[g|k]” zu bringen. Busch, Volksmärchen.)

 
   
                   Man könnte sagen: In der Geometrie der euklidischen Ebene kann man nach der 3-Teilung des Winkels nicht suchen, weil es sie nicht gibt – und nach der 2-Teilung nicht, weil es sie gibt.

 
   
                   In der Welt der [E|e]uklidischen Elemente kann ich ebensowenig nach der 3-Teilung des Winkels fragen, wie ich nach ihr suchen kann. Es ist von ihr einfach nicht die Rede.

 
   
                   Wir müssen übrigens hier eine Unterscheidung zwischen gewissen Arten von Fragen machen, eine Unterscheidung, die wieder zeigt, dass, was wir in der Mathematik “Frage” nennen, von dem verschieden ist, was wir im alltäglichen Leben so nennen. Wir müssen unterscheiden zwischen einer Frage “wie teilt man den Winkel in 2 gleiche Teile” und der Frage “ist diese Konstruktion die Halbierung des Winkels”. Die Frage hat nur Sinn in einem Kalkül, der uns eine Methode zu ihrer Lösung gibt; nun kann uns ein Kalkül sehr wohl eine Methode zur Beantwortung der einen Frage geben, aber nicht zur Beantwortung der andern. Euklid z.B. lehrt uns nicht
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nach der Lösung seiner Probleme suchen, sondern gibt sie uns und beweist, dass es die Lösungen sind. Das ist aber keine psychologische oder pädagogische Angelegenheit, sondern eine mathematische. D.h. der Kalkül (den er uns gibt) ermöglicht es uns nicht, nach der Konstruktion zu suchen. Und ein Kalkül, der es ermöglicht, ist eben ein anderer. (Vergleiche auch Methoden des Integrierens mit denen des Differenzierens; etc..)

 
   
                   Ich kann nicht fragen, ob die 4 unter den Kombinationszahlen vorkommt, wenn
das
dieses
mein Zahlensystem ist. Und nicht, ob
1
2
unter den Kardinalzahlen vorkommt, oder zeigen, dass es nicht eine von ihnen ist, ausser, wenn ich “Kardinalzahlen” einen Teil eines Systems nenne, welches auch
1
2
enthält. (Ebensowenig kann ich aber auch sagen oder beweisen, dass 3 eine der Kardinalzahlen ist.) Die Frage heisst vielmehr etwa so: “Geht die Division 1 : 2 in ganzen Zahlen aus”, und das lässt sich nur fragen in einem System, worin das
Ausgehen
Angehen
und das
Nichtausgehen
Nichtangehen
vorkommt // bekannt ist // . (Die Ausrechnung muss Sinn haben.)
          Bezeichnen wir mit “Kardinalzahlen” nicht einen Teil der rationalen Zahlen, so können wir nicht ausrechnen, ob
81
3
eine Kardinalzahl ist, sondern, ob die Division 81 : 3 ausgeht oder nicht.

 
   
                   Statt des Problems der 3-Teilung des Winkels mit Lineal und Zirkel können wir nun ein ganz entsprechendes, aber viel übersichtlicheres, untersuchen. Es steht uns ja frei, die Möglichkeiten der Konstruktion mit Lineal und Zirkel weiter einzuschränken. So können wir z.B. die Bedingung setzen, dass sich die Oeffnung des Zirkels nicht verändern lässt. Und wir können festsetzen, dass die einzige Konstruktion, die wir kennen – oder besser: die unser Kalkül kennt – diejenige ist, die man zur Halbierung einer Strecke AB benützt, nämlich:


654
 
   
                   (Das könnte z.B. tatsächlich die primitive Geometrie eines Volkes sein. Und für sie gälte das, was ich über die Gleichberechtigung der Zahlenreihe “1, 2, 3, 4, 5, viele” mit der Reihe der Kardinalzahlen gesagt habe. Ueberhaupt ist es für unsere Untersuchungen ein guter Trick, sich die Arithmetik oder Geometrie eines primitiven Volks auszumalen // vorzustellen // .)
          Ich will diese Geometrie das System T nennen und fragen: “ist die 3-Teilung der Strecke im System T möglich?”
          Welche 3-Teilung ist in dieser Frage gemeint? – denn davon hängt offenbar der Sinn der Frage ab. Ist z.B. die physikalische 3-Teilung gemeint? D.h. die 3-Teilung durch Probieren und Nachmessen. In diesem Falle ist die Frage vielleicht zu bejahen. Oder die optische 3-Teilung? d.h. die Teilung, deren Resultat drei gleichlang aussehende Teile sind? Wenn wir z.B. durch ein verzerrendes Medium sehen, so ist es ganz leicht vorstellbar, dass uns die Teile a, b, und c gleichlang erscheinen.
          Nun könnte man die Resultate der Teilungen im System T nach der Zahl der erzeugten Teile durch die Zahlen 2, 2², 2³, u.s.w. darstellen; und die Frage, ob die 3-Teilung möglich ist, könnte bedeuten: ist eine der Zahlen in dieser Reihe = 3. Diese Frage kann freilich nur gestellt werden, wenn die 2, 2², 2³, etc. in einem andern System (etwa den Kardinalzahlen) eingebettet sind; nicht, wenn sie selbst unser Zahlensystem sind; denn dann kennen wir – oder unser System – eben die 3 nicht. – Aber wenn unsere Frage lautet: ist eine der Zahlen 2, 2², etc. gleich 3, so ist hier eigentlich von einer 3-Teilung der Strecke nicht die Rede. Immerhin kann // könnte // die Frage nach der Möglichkeit der 3-Teilung so aufgefasst werden. – Eine andere Auffassung erhalten wir, nun, wenn wir dem System T ein System V hinzufügen, worin es die Streckenteilung nach Art dieser Figur gibt. Es kann nun gefragt werden: ist die Teilung V in
655
108 Teile eine Teilung der Art T? Und diese Frage könnte wieder auf die hinauslaufen: ist 108 eine Potenz von 2? aber sie könnte auch auf eine andere Entscheidungsart hinweisen (einen andern Sinn haben), wenn wir die Systeme T und V zu einem geometrischen Konstruktionssystem [g|v]erbinden; so zwar, dass es sich nun in diesem System beweisen lässt, dass die beiden Konstruktionen die gleichen Teilungspunkte B, C, D “liefern müssen”.
          Denken wir nun, es hätte Einer im System T eine Strecke AB in 8 Teile geteilt, nehme diese nun zu den Strecken a, b, c zusammen und fragte: ist das eine 3-Teilung // eine Teilung in 3 gleiche Teile // .
                    (Wir könnten uns den Fall übrigens leichter mit einer grösseren Anzahl ursprünglicher Teile vorstellen, die es möglich macht, 3 gleichlang aussehende Gruppen von Teilen zu bilden.) Die Antwort auf diese Frage wäre der Beweis, dass 2³ nicht durch 3 teilbar ist; oder der Hinweis darauf, dass sich die Teile a, b, c wie 1:3:4 verhalten. Und nun könnte man fragen: habe ich also im System T nicht doch einen Begriff von der 3-Teilung, nämlich der Teilung, die die Teile a, b, c im Verhältnis 1:1:1 hervorbringt? Gewiss, ich habe nun einen neuen Begriff ‘3-Teilung einer Strecke’ eingeführt; wir könnten ja sehr wohl sagen, dass wir durch die 8-Teilung der Strecke AB die Strecke CB in 3 gleiche Teile geteilt haben, wenn das eben heissen soll: wir haben eine Strecke erzeugt, die aus 3 gleichen Teilen besteht.
          Die Perplexität, in der wir uns bezüglich des Problems der 3-Teilung befanden, war etwa die: Wenn die 3-Teilung des Winkels unmöglich ist – logisch unmöglich – wie kann man dann überhaupt nach ihr fragen? Wie kann man das logisch Unmögliche beschreiben und nach seiner Möglichkeit sinnvoll fragen? D.h., wie kann man logisch nicht zusammenpassende Begriffe zusammenstellen (gegen die Grammatik, also unsinnig) und sinnvoll nach der
694
Möglichkeit dieser Zusammenstellung fragen? – Aber dieses Paradox fände sich ja wieder, wenn man fragt: “ist 25 × 25 = 620?” – da es doch logisch unmöglich ist, dass diese Gleichung stimmt; ich kann ja nicht beschreiben, wie es wäre, wenn –. Ja, der Zweifel ob 25 × 25 = 620 (oder der, ob es = 625 ist) hat eben den Sinn, den die Methode der Prüfung ihm gibt. Und die Frage nach der Möglichkeit der 3-Teilung hat den Sinn, den die Methode der Prüfung ihr gibt. Es ist ganz richtig: wir stellen uns hier nicht vor, oder beschreiben, wie es ist, wenn 25 × 25 = 620 ist, und das heisst eben, dass wir es hier mit einer andern (logischen) Art von Frage zu tun haben, als etwa der: “ist diese Strasse 620 oder 625 m lang?”

 
   
                   (Wir sprechen von einer “Teilung des Kreises in 7 Teile” und von einer Teilung des Kuchens in 7 Teile.)

 
   
                   Man ist geneigt, zu glauben, dass die Notation, die eine Reihe durch Anschreiben einiger Glieder mit dem Zeichen “u.s.w.” darstellt, wesentlich unexakt ist, im Gegensatz zur Angabe des allgemeinen Gliedes. Dabei vergisst man, dass die Angabe des allgemeinen Gliedes sich auf eine Grundreihe bezieht, welche nicht wieder durch ein allgemeines Glied beschrieben sein kann. So ist 2n + 1 das allgemeine Glied der ungeraden Zahlen, wenn n die Kardinalzahlen durchläuft, aber es wäre Unsinn zu sagen, n sei das allgemeine Glied der Reihe der Kardinalzahlen. Wenn man diese Reihe erklären will, so kann man es nicht durch Angabe des “allgemeinen Gliedes n”, sondern natürlich nur durch eine Erklärung der Art 1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, u.s.w.. Und es ist natürlich kein wesentlicher Unterschied zwischen dieser Reihe und der: 1, 1 + 1 + 1, 1 + 1 + 1 + 1 + 1, u.s.w., die ich ganz ebensogut als Grundreihe hätte
annehmen
nehmen
können (sodass dann das allgemeine Glied der Kardinalzahlenreihe
1
2
.(n ‒ 1) gelautet hätte).

695
 
   
                   (Frege hätte noch gesagt: “es gibt vielleicht Völker // Menschen // , die in der Kenntnis der Kardinalzahlenreihe nicht über die 5 hinausgekommen sind (und etwa das Uebrige der Reihe nur in unbestimmter Form sehen), aber diese Reihe existiert unabhängig von uns”. Existiert das Schachspiel unabhängig von uns, oder nicht? –)

 
   
                   Den Mathematiker muss es bei meinen mathematischen Ausführungen grausen, denn seine Schulung hat ihn immer davon abgelenkt, sich Gedanken und Zweifeln, wie ich sie aufrolle, hinzugeben. Er hat sie als etwas Verächtliches ansehen lernen und hat, um eine Analogie aus der Psychoanalyse (dieser Absatz erinnert an Freud) zu gebrauchen, einen Ekel vor diesen Dingen erhalten, wie vor etwas Infantilem. D.h., ich rolle alle jene Probleme auf, die etwa ein Knabe // Kind // beim Lernen der Arithmetik, etc. als Schwierigkeiten empfindet und die der Unterricht unterdrückt, ohne sie zu lösen. Ich sage also zu diesen unterdrückten Zweifeln: ihr habt ganz recht, fragt nur, und verlangt nach Aufklärung!

 
   
                   Die Wirkung einer in die Sprache aufgenommen falschen Analogie: Sie bedeutet einen ständigen Kampf und Beunruhigung (quasi einen ständigen Reiz). Es ist, wie wenn ein Ding aus der Entfernung ein Mensch zu sein scheint, weil wir dann Gewisses nicht wahrnehmen, und in der Nähe sehen wir, dass es ein Baumstumpf ist. Kaum entfernen wir uns ein wenig und verlieren die Erklärungen aus dem Auge, so erscheint uns eine Gestalt, sehen wir darauf-hin näher zu, so sehen wir eine andere; nun entfernen wir uns wieder, etc. etc..

 
   
                   (Ich kann der Aufgabe der 3-Teilung des Winkels in einem grössern System ihren Platz bestimmten, aber nicht im System der Eukli-
696
dischen Elemente nach ihrer Lösbarkeit fragen // danach fragen, ob sie lösbar ist // . In welcher Sprache sollte ich denn danach fragen? in der euklidischen? – Und ebensowenig kann ich in der euklidischen Sprache nach der Möglichkeit der 2-Teilung des Winkels im euklidischen System fragen. Denn das würde in dieser Sprache auf eine Frage nach der Möglichkeit schlechthin hinauslaufen, welche immer Unsinn ist.)

 
   
                   (Die Klassifikationen der Philosophen und Psychologen: sie klassifizieren Wolken nach ihrer Gestalt.)

 
   
                   Es ist unmöglich, Entdeckungen neuartiger Regeln zu machen, die von einer uns bekannten Form (etwa dem sinus ei[j|n]es Winkels) gelten. Sind es neue Regeln, so ist es nicht die alte Form.

 
   
                   Man fasst die Periodizität eines Bruches, z.B.
1
3
, so auf, als bestünde // bestehe // sie darin, dass etwas, was man die Extension des unendlichen Dezimalbruchs nennt, nur aus // aus lauter // Dreien besteht, und dass die Gleichheit des Restes dieser Division mit dem Dividenden nur das Anzeichen für diese Eigenschaft der unendlichen Extension sei. Oder aber man korrigiert diese Meinung dahin, dass nicht eine unendliche Extension diese Eigenschaft habe, sondern eine unendliche Reihe, endlicher Extensionen; und hierfür sei wieder die Eigenschaft der Division ein Anzeigen. Man kann nun sagen: die Extension mit einem Glied sei 0,3, die mit 2 Gliedern 0,33, die mit dreien 0,333, u.s.w.. Das ist eine Regel und das “u.s.w.” bezieht sich auf die Regelmässigkeit, und die Regel könnte auch geschrieben werden “/0,3, 0, x, 0, x3/”. Das, was aber durch die Division
1 : 3 = 0,3
  1
bewiesen ist, ist diese Re-
697
gelmässigkeit im Gegensatz zu einer andern, nicht die Regelmässigkeit im Gegensatz zur Unregelmässigkeit. Die periodische Division, also
1 : 3 = 0,3
  1
(im Gegensatz zu
1 : 3 = 0˙3
  1
beweist eine Periodizität der Quotienten, d.h. sie bestimmt die Regel (die Periode), legt sie fest, aber ist nicht ein Anzeichen dafür, dass eine Regelmässigkeit “vorhanden ist”. Wo ist sie denn vorhanden? Etwa in den bestimmten Entwicklungen, die ich auf diesem Papier gebildet habe. Aber das sind doch nicht “die Entwicklungen”. (Hier werden wir irregeführt von der Idee der nicht aufgeschriebenen, idealen Extensionen, die ein ähnliches Unding sind, wie die idealen, nicht gezogenen geometrischen Geraden, die wir gleichsam nur in der Wirklichkeit nachziehen, wenn wir sie zeichnen.) Wenn ich sagte “das ‘u.s.w.’ bezieht sich auf die Regelmässigkeit”, so unterschied ich es von dem ‘u.s.w.’ in “er las alle Buchstaben: a, b, c, u.s.w.”. Wenn ich sage: “die Extensionen von 1 : 3 sind 0,3, 0,33, 0,333, u.s.w.”, so gebe ich drei Extensionen und – eine Regel. Unendlich ist nur diese, und zwar in keiner andern Weise, als die Division
1 : 3 = 0,3
  1
.

 
   
                   Und das Zeichen “/0,3, 0,x, 0,x3/” ist kein Ersatz für eine Extension, sondern das vollwertige Zeichen selbst; und ebensogut ist “0,”. Es sollte uns doch zu denken geben, dass ein Zeichen der Art “0,genügt, um damit zu machen, was wir brauchen. Es ist kein Ersatz, und im Kalkül gibt es keinen Ersatz.
          Wenn man meint, die besondere Eigenschaft der Division
1 : 3 = 0,3
  1
sei ein Anzeichen sei für die Periodizität des unendlichen Dezimalbruchs, oder der Dezimalbrüche der Entwicklung, so heisst das, // so ist das ein Anzeichen dafür, // das etwas regelmässig ist; aber was? Die Extensio-
698
nen, die ich gebildet habe? Aber andere gibt es ja nicht. Am absurdesten würde die Redeweise, wenn man sagte: die Eigenschaft der Division sei ein Anzeigen dafür, dass das Resultat die Form /0,a, 0, x, 0, xa/ habe; das wäre so, als wollte man sagen: eine Division ist das Anzeichen dafür, dass eine Zahl herauskommt. Das Zeichen “0,” drückt seine Bedeutung nicht von einer grösseren Entfernung aus, als “0,333 …”, denn dieses Zeichen gibt eine Extension von drei Gliedern und eine Regel; die Extension 0,333 ist für unsere Zwecke nebensächlich und so bleibt nur die Regel, die “/0,3, 0, x, 0, x3/” ebensogut gibt. Der Satz “die Division wird nach der ersten Stelle periodisch” heisst soviel wie: “der erste Rest ist gleich dem Dividenden”. Oder auch: der Satz “die Division wird von der ersten Stelle an ins Unendliche die gleiche Ziffer erzeugen” heisst “der erste Rest ist gleich dem Dividenden”; so wie der Satz “dieses Lineal hat einen unendlichen Radius” heisst, es sei gerade.

 
   
                   Man könnte nun sagen: die Stellen des // eines // Quotienten von 1 : 3 sind notwendig alle 3, und das würde wieder nur heissen, dass der erste Rest gleich dem Dividenden ist und die erste Stelle des Quotienten 3. Die Verneinung des ersten Satzes ist daher gleich der Verneinung des zweiten. Es ist also dem “notwendig alle” nichts entgegengesetzt, was man “zufällig alle” nennen könnte; “notwendig alle” ist sozusagen ein Wort. Ich brauche nur fragen: Was ist das Kriterium der notwendigen Allgemeinheit, und was wäre das, der zufälligen (das Kriterium dafür also, dass zufällig alle Zahlen die Eigenschaft P haben)?

 
   
                   Hat der rekursive Beweis von a + (b + c) = (a + b) + c …A) eine Frage beantwortet? und welche? Hat er eine Behauptung als wahr erwiesen und also ihr Gegenteil als falsch?

664
 
   
          Das, was
man
Skolem
den rekursiven Beweis von A nennt, kann man so schreiben:

a + (b + 1) = (a + b) + 1
a + (b + (c + 1)) = a + ((b + c) + 1) = (a + (b + c)) + 1       B
(a + b) + (c + 1) = ((a + b) + c) + 1
     In diesem Beweis kommt offenbar der bewiesene Satz gar nicht vor. – Man müsste nur eine allgemeine Bestimmung machen // treffen // , die den Uebergang zu ihm erlaubt. Diese Bestimmung könnte man so ausdrücken:

u
v
w
     f(1) = g(1)
f(c + 1) = F(f(c))
g(c + 1) = F(g(c))
    
D

f(c) = g(c)


Wenn 3 Gleichungen von der Form u, v, w bewiesen sind, so sagen wir, es sei “die Gleichung D für alle Kardinalzahlen bewiesen”. Das ist eine Erklärung dieser Ausdrucksform durch die erste. Sie zeigt, dass wir das Wort “beweisen” im zweiten Fall anders gebrauchen als im ersten. Es ist jedenfalls irreführend, zu sagen, wir hätten die Gleichung D oder A bewiesen, und vielleicht besser zu sagen, wir hätten ihre [a|A]llgemeingültigkeit bewiesen, obwohl das wieder in anderer Hinsicht irreführend ist.
          Hat nun der Beweis B eine Frage beantwortet, eine Behauptung als wahr erwiesen? Ja, welches ist denn der Beweis B: Iist es die Gruppe der 3 Gleichungen von der Form u, v, w, oder die Klasse der Beweise dieser Gleichungen? Diese Gleichungen behaupten ja etwas (und beweisen nichts in dem Sinne, in dem sie bewiesen werden). Die Beweise von u, v, w aber beantworten [w|d]ie Frage, ob diese 3 Gleichungen stimmen, und erweisen die Behauptung als wahr, dass sie stimmen. Ich kann nun erklären: die Frage, ob A für alle Kardinalzahlen gilt, solle bedeuten: “gelten für die Funktionen
f(x) = a + (b + x), g(x) = (a + b) + x
Gleichungen u, v und w?” Und dann ist diese Frage durch den rekursiven Beweis von A beantwortet, wenn hierunter die Beweise von u, v, w verstan-
700
den werden (bezw. die Festsetzung von u und die Beweise von v und w mittels u).
          Ich kann also sagen, dass der rekursive Beweis ausrechnet, dass die Gleichung A einer gewissen Bedingung genügt; aber es ist nicht eine Bedingung der Art, wie sie etwa die Gleichung (a + b)² = a² + 2ab + b² erfüllen muss, um “richtig” genannt zu werden. Nenne ich A “richtig”, weil sich Gleichungen von der Form u, v, w dafür beweisen lassen, so verwende ich jetzt das Wort “richtig” anders, als im Falle der Gleichungen u, v, w, oder (a + b)² = a² + 2ab + b².
          Was heisst “1 : 3 = 0,”? heisst es dasselbe wie “
1 : 3 = 0,3
  1
”? – Oder ist diese Division der Beweis des ersten Satzes? D.h.: steht sie zu ihm im Verhältnis der Ausrechnung zum Bewiesenen?
          “1 : 3 = 0,” ist nicht von der Art, wie
           “1 : 2 = 0,5”; vielmehr entspricht


                “10 : 2 = 0,5” dem “
1 : 3 = 0˙3
  1
” (aber nicht dem “
1 : 3 = 0,3
  1
”.)
Ich will einmal statt der Schreibweise “1 : 4 = 0,25” die adoptieren:
           “1


-
0
: 4 = 0,25” also z.B. “3


-
-
0
: 8 = 0,375”
dann kann ich sagen, diesem Satz entspricht nicht der: 1 : 3 = 0,, sondern z.B. der: “1


-
-
1
: 3 = 0,333”. 0, ist nicht in dem Sinne Resultat (Quotient) der Division, wie 0,357 0,375. Denn die Zahl 0,375 // die Ziffer “0,375” // war uns vor der Division 3 : 8 bekannt; was aber bedeutet “0,” losgelöst von der periodischen Division? – Die Behauptung,
701
dass die Division a : b als Quotienten 0, ergibt, ist dieselbe wie die: die erste Stelle des Quotienten sei c und der erste Rest gleich dem Dividenden.
           Nun steht B zur Behauptung, A gelte für alle Kardinalzahlen, im selben Verhältnis, wie
1 : 3 = 0,3
  1
zu 1 : 3 = 0,

 
   
                   Der Gegensatz zu der Behauptung “A gilt für alle Kardinalzahlen” ist nun: eine der Gleichungen u, v, w sei falsch. Und die entsprechende Frage sucht keine Entscheidung zwischen einem (x).fx und einem (Ex).non-fx.

 
   
                   Die Konstruktion der Induktion ist nicht ein Beweis, sondern eine bestimmte Zusammenstellung (ein Muster im Sinne von Ornament) von Beweisen. Man kann ja auch nicht sagen: ich beweise eine Gleichung, wenn ich drei beweise. Wie die Sätze einer Suite nicht einen Satz ergeben.

 
   
                   Der “rekursive Beweis” ist das allgemeine Glied einer Reihe von Beweisen. Er ist also ein Gesetz, nach dem man Beweise konstruieren kann. Wenn gefragt wird, wie ist es es möglich ist, dass mir diese allgemeine Form den Beweis eines speziellen Satzes, z.B. 7 + (8 + 9) = (7 + 8) + 9 ersparen kann, so ist die Antwort, dass sie nur alles zum Beweis dieses Satzes vorbereitet hat, ihn aber nicht beweist (er kommt ja in ihr nicht vor). Der Beweis besteht vielmehr aus der allgemeinen Form zusammen mit dem Satz.

 
   
                   Unsere gewöhnliche Ausdrucksweise trägt den Keim der Verwirrung in ihre Fundamente, indem sie das Wort “Reihe” einerseits im Sinne von ‘Extension’, anderseits im Sinne von ‘Gesetz’ gebraucht. Das Verhältnis der beiden kann man sich an der Maschine klarmachen, die Schraubenfedern
702
erzeugt. Hier wird durch einen schraubenförmig gewundenen Gang ein Draht geschoben, der nun so viele Schraubenwindungen erzeugt, als man erzeugen will. Das, was man die unendliche Schraube nennt, ist nicht vielleicht etwas von der Art der endlichen Drahtstücke, oder etwas, dem sich diese nähern je länger sie werden, sondern das Gesetz der Schraube, wie es in dem kurzen Gangstück verkörpert ist. Der Ausdruck “unendliche Schraube” oder “unendliche Reihe” ist daher gänzlich irreführend.

 
   
                   Wir können also den rekurierenden Beweis immer auch als Reihenstück mit dem “u.s.w.” anschreiben und er verliert dadurch nicht seine Strenge. Und zugleich zeigt diese Schreibweise klarer sein Verhältnis zur Gleichung A. Denn nun verliert der rekursive Beweis jeden Schein einer Rechtfertigung von A im Sinne eines algebrai[i|s]chen Beweises – etwa von (a + b)² = a² + 2ab + b². Dieser Beweis mit Hilfe der algebraischen Rechnungsregeln ist vielmehr ganz analog einer Ziffernrechnung.

 
   
                   Man kann auch so sagen: Sofern man die Regel, in irgend einem Spiel Dezimalbrüche zu bilden, die nur au[f|s] der Ziffer 3 bestehen, – sofern man diese Regel als eine Art Zahl auffasst, kann eine Division sie nicht zum Resultat haben, sondern nur das, was man periodische Division nennen kann und was die Form aa : b = c hat.

 
   
                   Kann es keinen Beweis geben, der bloss zeigt, z.B. dass z.B. jede Multiplikation im Dezimalsystem nach den Regeln eine Zahl des Dezimalsystems liefern muss? – Er müsste analog sein einem Beweis dafür, dass durch Addition von Ausdrücken der Art (1), ((1) + 1), (((1) + 1) + 1), u.s.w. im-
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mer wieder Ziffern von dieser Form erzeugt werden. Kann man das nun beweisen? Der Beweis liegt offenbar in der Regel der Addition solcher Ausdrücke, d.h. in der Definition und in nichts anderem. (Man könnte ja auf die Frage, auf die der Beweis die Antwort geben sollte, auch sagen: “Ja, was soll die Addition denn sonst ergeben?”)

 
   
                   Die rekursive Definition ist eine Regel zur Bildung von Ersetzungsregeln. Oder auch das allgemeine Glied einer Reihe von Definitionsreihen. Sie ist ein Wegweiser, der alle Ausdrücke einer bestimmten Form auf einem Wege heimweist.

 
   
                   A, als Regel für das algebraische Rechnen, kann nicht rekursiv bewiesen werden; das würde man besonders klar sehen, wenn man den “rekursiven Beweis” als eine Reihe arithmetischer Ausdrücke hinschriebe. Denkt man sie sich hingeschrieben (d.h. ein Reihenstück mit dem “u.s.w.”), aber ohne die Absicht irgende etwas zu “beweisen”, und nun fragte Einer: “beweist dies a + (b + c) = (a + b) + c?”, so würden wir erstaunt zurückfragen: “wie kann es denn so was beweisen? in der Reihe kommen doch nur Ziffern und keine Buchstaben vor!” – Wohl aber könnte man nun sagen: Wenn ich für das Buchstabenrechnen die Regel A einführe, so kommt dieser Kalkül dadurch in einem bestimmten Sinn in Einklang mit dem Kalkül der Kardinalzahlen, wie ich ihn durch die das Gesetz der Additionsregeln (rekursive Definition a + (b + 1) = (a + b) + 1) festgelegt habe.

 
   
                   Wenn die Regeln des algebraischen Rechnens mit denen des Rechnens mit reellen Zahlen übereinstimmen sollen, so muss ich z.B. von der Gleichung x² + 2x + 2 = 0 sagen, sie habe keine Lösung. Ich
704
werfe dann alle quadratischen Gleichungen, die eine Lösung haben, sozusagen, in einen Topf. Wenn ich aber einmal frage: wie nahe kommt denn diese Gleichung, die keine Lösung hat, einer, die eine Lösung hat, – so operiere ich bereits mit komplexen Zahlen, indem ich die Gleichungen selbst als eine Art Zahlen behandle; d.h. einen Kalkül mit Gleichungen konstruiere, der dem, mit den reellen Zahlen (z.B.) in gewisser Beziehung // in gewissen Beziehungen // analog ist.)

 
   
                   Phänomenologische Sprache: Die Beschreibung der unmittelbaren Sinneswahrnehmung, ohne hypothetische Zutat. Wenn etwas, dann muss doch wohl die Abbildung durch ein gemaltes Bild oder dergleichen eine solche Beschreibung der unmittelbaren Erfahrung sein. Wenn wir also z.B. in ein Fernrohr sehen und die gesehene Konstellation aufzeichnen oder malen. Denken wir uns sogar unsere Sinneswahrnehmung dadurch reproduziert, dass zu ihrer Beschreibung ein Modell erzeugt wird, welches von einem bestimmten Punkt gesehen, diese Wahrnehmungen erzeugt; das Modell könnte mit einem Kurbelantrieb in die richtige Bewegung gesetzt werden und wir könnten durch Drehen der Kurbel die Beschreibung herunterlesen. (Eine Annäherung hierzu wäre eine Darstellung im Film.)
          Ist das keine Darstellung des Unmittelbaren – was sollte eine sein? – Was noch unmittelbarer sein wollte, müsste es aufgeben, eine Beschreibung zu sein. ﹖– Es kommt dann vielmehr statt einer Beschreibung jener unartikulierte Laut heraus –﹖, mit dem manche Autoren die Philosophie gerne anfangen möchten. (“Ich habe, um mein Wissen wissend, bewusst etwas” Driesch.)

 
   
                   Was wir die Zeit im Phänomen (specious present) nennen können, liegt nicht in der Zeit (Vergangenheit, Gegenwart und Zu-
705
kunft) der Geschichte, ist keine Strecke der Zeit. Während, was wir unter “Sprache” verstehen, // Während der Vorgang der “Sprache” // in der homogenen [G|g]eschichtlichen Zeit abläuft. (Denke an den Mechanismus zur Beschreibung der unmittelbaren Wahrnehmung.)

 
   
                   (Von welcher Wichtigkeit ist denn diese Beschreibung des gegenwärtigen Phänomens, die für uns gleichsam zur fixen Idee werden kann. Dass wir darunter leiden, dass die Beschreibung nicht das beschreiben kann, was beim Lesen der Beschreibung vor sich geht. Es scheint, als wäre die Beschäftigung mit dieser Frage geradezu kindisch und wir in eine Sackgasse hineingeraten. Und doch ist es eine bedeutungsvolle Sackgasse, denn sie in sie lockt es Alle zu gehen; als wäre dort die letzte Lösung der philosophischen Probleme zu suchen. – Es ist, als käme man mit dieser Darstellung des gegenwärtigen Phänomens in einen verzauberten Sumpf, wo alles Erfassbare verschwindet.)
          Anderseits brauchen wir eine Ausdrucksweise, die Vorgänge // Phänomene // des Gesichtsraums getrennt von den Erfahrungen andrer Art darstellt.

 
   
                   Wenn wir vom Gesichtsraum reden, so werden wir leicht zu der Vorstellung verführt, als wäre er eine Art von Guckkasten, den jeder mit // vor // sich herumtrüge. D.h. wir verwenden dann das Wort “Raum” ähnlich, wie wenn wir ein Zimmer einen Raum nennen. In Wirklichkeit aber bezieht sich doch das Wort “Gesichtsraum” nur auf eine Geometrie, ich meine, auf einen Abschnitt der Grammatik [i|u]nserer Sprache.
          In diesem Sinne gibt es keine “Gesichtsräume”, die etwa jeder seinen Besitzer hätten. (Und etwa auch solche, vazierende, die gerade niemandem gehören?)

706
 
   
                   “Aber kann nicht ich in meinem Gesichtsraum eine Landschaft, und Du in dem Deinen ein Zimmer sehen?” – Nein, – ‘ich sehe in meinem Gesichtsraum’ ist Unsinn. Es muss heissen “ich sehe eine Landschaft und Du etc.” – und das wird nicht bestritten. Was uns hier irreführt, ist eben das Gleichnis vom Guckkasten, oder etwa von einer kreisrunden weissen Scheibe, die wir gleichsam als Projektionsleinwand mit uns trügen, und die der Raum ist, in dem das jeweilige Gesichtsbild erscheint. Aber der Fehler an diesem Gleichnis ist, dass es sich die Gelegenheit – die Möglichkeit – zum Erscheinen eines visuellen Bildes selbst visuell vorstellt; denn die weisse Leinwand ist ja selbst ein Bild.

 
   
                   Es ist nun wichtig, dass der Satz “das Auge, womit ich sehe, kann ich nicht unmittelbar sehen” ein verkappter Satz der Grammatik, oder Unsinn, ist. Der Ausdruck “näher am (oder, weiter vom) sehenden Auge” hat nämlich eine andere Grammatik, als der “näher an dem blauen Gegenstand, welchen ich sehe”. Die visuelle Erscheinung, die der Beschreibung entspricht “A setzt die Brille auf”, ist von der grundverschieden, die ich mit den Worten beschreibe: “ich setze die Brille auf”. Ich könnte nun sagen: “mein Gesichtsraum hat Aehnlichkeit mit einem Kegel”, aber dann muss es verstanden werden, dass ich hier den Kegel als Raum, als Repräsentanten einer Geometrie, nicht als Teil eines Raumes (Zimmer[s|)] denke. (Also ist es mit dieser Idee nicht verträglich, dass ein Mensch durch ein Loch an der Spitze in den Kegel hineinschaut // ein Loch in der Spitze des Kegels in diesen hineinschaut // .)

 
   
                   Zwingt mich etwas zu der Deutung, dass der Baum, den ich durch mein Fenster sehe, grösser ist, als das Fenster? Das kommt darauf an, wie ich die Wörter “grösser” und “kleiner” gebrauche. – Denken wir uns die normale // alltägliche // visuelle Erfahrung wäre es für uns, Stäbe in
707
verschiedenen Lagen zu sehen, die durch Teilstriche in (visuell) gleiche Teile geteilt, wären. Könnte sich da nicht ein doppelter Gebrauch der Worte “länger” und “kürzer” einbürgern. Wir würden nämlich manchmal den Stab den längeren nennen, der in mehr Teile geteilt wäre; etc..

 
   
                   Im Gesichtsraum gibt es absolute Lage. Wenn ich durch ein Aug schaue, sehe ich meine Nasenspitze. Würde diese abgeschnitten und entfernt, mir aber dann in die Hand gegeben, so könnte ich sie ohne Hilfe des Spiegels und bloss ﹖– durch die Kontrolle des Sehens –﹖ wieder an ihre alte Stelle setzen; auch dann, wenn sich inzwischen alles in meinem Gesichtsbild geändert hätte. Der Satz “ich sehe das sehende Auge im Spiegel” ist nur scheinbar von der Form des Satzes “ich sehe das Auge des Andern im Spiegel”, denn es hat keinen Sinn zu sagen: “ich sehe das sehende Auge”. Wenn ich “visuelles Auge” das Bild nenne, was mir etwa das Auge eines Andern bietet, so kann ich sagen, dass das Wort “das sehende Aug” nicht einem visuellen Auge entspricht.

 
   
                   Mein Gesichtsfeld weist keine Unvollständigkeit auf, die mich dazu bringen könnte, mich umzuwenden
um
und
zu sehen, was hinter mir liegt. Im Gesichtsraum gibt es kein “hinter mir”; und wenn ich mich umwende, ändert sich ja bloss mein Gesichtsbild, wird aber nicht vervollständigt. (﹖– Der “Raum um mich herum” ist eine Verbindung von Sehraum und Muskelgefühlsraum –﹖.) Es hat keinen Sinn, im Gesichtsraum von der Bewegung eines Gegenstandes zu reden, die ˇum nur das sehende Auge hinten herum führt.

 
   
                   Beziehung zwischen physikalischem Raum und Gesichtsraum. Denke an das Sehen bei geschlossenen Augen (Nachbilder, etc.) und an die Traumbilder.

708
 
   
                   (Wir befinden uns mit unserer Sprache (als physischer Erscheinung) sozusagen nicht im Bereich des projizierten Bildes auf der Leinwand, sondern im Bereich des Films, der durch die Laterne geht. Und wenn ich zu dem Vorgang auf der Leinwand Musik machen will, muss das, was sie hervorruft, sich wieder im Gebiet des Films abspielen. Das gesprochene Wort im Sprechfilm, das die Vorgänge auf der Leinwand begleitet, ist ebenso


, wie diese Vorgänge, und nicht das Gleiche wie der Tonstreifen. Der Tonstreifen begleitet nicht das Spiel auf der Leinwand.)

 
   
                   Gedächtniszeit. Sie ist (wie der Gesichtsraum) nicht ein Teil der grossen Zeit, sondern die spezifische Ordnung der Ereignisse oder Situationen im Gedächtnis // in der Erinnerung // . In dieser Zeit gibt es z.B. keine Zukunft. Gesichtsraum und physikalischer Raum, Gedächtniszeit und physikalische Zeit, verhalten sich zueinander nicht wie ein Stück der Kardinalzahlenreihe zum Gesetz dieser Reihe (“
zur
der
ganzen Zahlenreihe”), sondern, wie das System der Kardinalzahlen zu dem, der rationalen Zahlen. Und dieses Verhältnis erklärt auch den Sinn der Meinung, dass der eine Raum den andern einschliesst, enthält.

 
   
                   Begriff und Gegenstand: das ist bei Russell und Frege eigentlich Eigenschaft und Ding; und zwar denke ich hier an einen räumlichen Körper und seine Farbe. Man kann auch sagen: Begriff und Gegenstand: , – das ist Prädikat und Subjekt. Und die Subjekt-Prädikat-Form ist eine Ausdrucksform menschlicher Sprachen. Es ist die Form “x ist y” (“x ε y”): “mein Bruder ist gross”, “das Gewitter ist nahe”, “dieser Kreis ist rot”, “August ist stark”, “2 ist eine Zahl”, “dieses Ding ist ein Stück Kohle”.
          Wie nun die Physik vo[m|n] Körpern der Erfahrung den Begriff des
6
materiellen Punktes abgezogen hat, ähnlich hat man von der Subjekt-Prädikat-Form der unserer Sprachen die Subjekt-Prädikat-Form der Logik abgezogen. Die reine S-P-Form soll nun af(x) sein, wo “a” der Name eines Gegenstandes ist. Sehen wir uns nun nach einer Anwendung dieses Schemas um. Bei “Name eines Gegenstandes” denkt man zuerst an Namen von Personen und andern räumlichen Gegenständen (der Diamant Kohino Koh-I-Noor). So ein Name wird dem Ding durch eine hinweisende Erklärung gegeben (“das ([(|P]feil)
heisst
ist
‘N’”). Diese Erklärung // Definition // könnte aufgefasst werden als eine Regel zur Ersetzung der auf den Gegenstand hinweisenden Geste durch das Wort “N”; so zwar, dass man statt des Namens “N” immer wieder jene Geste setzen kann. Ich hätte also z.B. erklärt “dieser Mann heisst ‘N’” und sage nun: “‘N’ ist ein Mathematiker”, “N ist faul”, etc., und hätte in jedem dieser Sätze statt ‘N’ ‘dieser Mann’ (mit der hinweisenden Geste) setzen können. Dann wäre es übrigens besser gewesen, die hinweisende Erklärung lauten zu lassen: “dieser Mann
heisst
heisse
‘N’”, oder “diesen Mann will ich ‘N’ nennen”, denn die frühere Fassung ist auch der Satz, dass dieser Mann so genannt wird.
          Dies ist aber nicht die normale Art der Anwendung eines Namens; für die ist es wesentlich, dass ich nicht von Namen auf ein Zeichen der Gebärdensprache zurückgreifen kann. Wenn nämlich N aus dem Zimmer geht und später ein Mann ins Zimmer tritt, so hat – wie wir den Namen “N” gebrauchen – die Frage Sinn, ob dieser Mann N ist, ob dieser Mann derselbe ist, der vorhin das Zimmer verlassen hat. Und der Satz “N ist wieder eingetreten // ins Zimmer getreten // ” hat nur Sinn, wenn ich die Frage entscheiden kann. Und es wird einen andern Sinn haben, je nachdem, was das Kriterium dafür ist, dass dies derselbe // der // Gegenstand ist, den ich früher ‘N’ genannt habe. Je nach der Art dieses Kriteriums werden also für das Zeichen “N” andere Regeln gelten, es wird in anderem Sinne des Wortes ein ‘Name” sein. Und so kommt es, dass das Wort ‘Name’ und das ihm entsprechende ‘Gegenstand’ die Überschrift für eine // Überschrift einer // Unzahl verschiedene verschiedener Re-
7
gelverzeichnisse
11,29
ist // ﹖– einer Legion verschiedener Regelverzeichnisse entspricht –﹖ // .            Geben wir räumlichen Gegenständen Namen, so beruht unsere Verwendung dieser Namen auf einem Kriterium der Identität, das die Kontinuität der Bewegung der Körper und ihre Undurchdringlichkeit zur Voraussetzung hat. Könnte ich also mit zwei Körpern A und B das tun, was ich mit ihren Schattenbildern an der Wand tun kann, aus ihnen Eins machen und aus dem einen wieder zwei, so wäre die Frage sinnlos, welcher von den Beiden nach der Trennung A und welcher B ist. Es sei denn, dass ich nun ein ganz neues Kriterium der Identität einführe, etwa die Form ihrer Bahn (für den Namen eines Flusses, der aus dem Zusammenfluss zweier Flüsse entsteht, gibt es so eine Regel: der resultierende Fluss erhält den Namen desjenigen Quellflusses, in dessen Richtung annähernd er weiterfliesst).
          Denken wir an die möglichen Kriterien der Identität, etwa von Farbflecken in meinem Gesichtsfeld (oder den Figuren auf der Leinwand des Kinos) und an die verschiedenen Verwendungsarten eines Namens, den ich einem solchen Fleck oder eine Figur gebe.
 
   
          Gehen wir nun zur Schreibweise “(Ex).fx” über, so ist klar, dass dies eine Sublimierung der Ausdrucksform unserer Sprache ist: “es gibt Menschen auf dieser Insel”, “es gibt Sterne, die wir nicht sehen”. Und einem Satz “(Ex).fx” soll nun immer ein Satz “fa” entsprechen, und “a” soll ein Name sein. Man soll also sagen können: “(Ex).fx nämlich a und b” (“es gibt einen Wert von x, der fx befriedigt, nämlich a und b”), oder “(Ex).fx, z.B. a”. etc.. Und dies ist auch möglich in einem Falle wie: “es gibt Menschen auf dieser Insel, nämlich die Herrn A, B, C, D”. Aber ist ˇes denn für den Sinn des Satzes “es gibt Menschen auf dieser Insel” wesentlich, dass wir sie benennen können, also ein bestimmtes Kriterium für die Identifizierung festlegen? Das ist es nur dann, wenn der Satz “(Ex).fx” als eine Disjunktion von Sätzen
711
von der Form “f(x)” definiert wird, wenn also z.B. festgesetzt wird: “es gibt Menschen auf dieser Insel” heisse “auf dieser Insel ist entweder Herr A oder B oder C oder D oder E”; wenn man also den Begriff ‘Mensch’ als eine Extension bestimmt (was natürlich ganz gegen die normale Verwendung dieses Wortes wäre). (Dagegen bestimmt man z.B. den Begriff “primäre Farbe” wirklich als Extension.)
          Es hat also auf den Satz “(Ex).fx” nicht in allen Fällen die Frage einen Sinn “welche x befrie[id|di]gen f”. Welcher rote Kreis vom Durchmesser 1 cm befindet sich in der Mitte dieses Vierecks?” – Man darf die Frage “welcher Gegenstand befriedigt f?” nicht mit der Frage verwechseln “was für ein Gegenstand etc.?” Auf die erste Frage müsste ein Name zur Antwort kommen, die Antwort müsste also die Form “f(a)” annehmen können; auf die Frage “was für ein …” aber ist die Antwort “(Ex).fx & Fx”. So kann es sinnlos sein, zu fragen “welchen roten Fleck siehst Du?” aber Sinn haben, zu fragen: “was für einen roten Fleck siehst Du” (einen runden, viereckigen, etc.).

 
   
                   Wenn man fragt: “was heisst denn dann ‘5 + 7 = 12’ – was für ein Sinn oder Zweck bleibt denn, noch für diesen Ausdruck, nachdem man die Tautologien etc. aus dem arithmetischen Kalkül ausgeschaltet // ausgeschlossen // hat, – so ist die Antwort: Diese Gleichung ist eine Ersetzungsregel, die sich auf bestimmte allgemeine Ersetzungsregeln, die Regeln der Addition, stützt. Der Inhalt von 5 + 7 = 12 ist (wenn einer es nicht wüsste) genau das, was den Kindern Schwierigkeiten macht, wenn sie diesen Satz im Rechenunterricht lernen.

 
   
                   Keine Untersuchung der Begriffe, nur die Einsicht in den Zahlenkalkül kann vermitteln, dass 3 + 2 = 5 ist. Das ist es, was
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sich in uns auflehnt, gegen den Gedanken, dass
“(E'3x).fx & (E'2x).gx & Ind..C.(E'5x).fx V gx”
der Satz 3 + 2 = 5 sein könnte. Denn
dasjenige
das
, wodurch wir
jenen
diesen
Ausdruck als Tautologie erkennen, kann sich selbst nicht aus einer Betrachtung von Begriffen ergeben, sondern muss aus dem Kalkül zu ersehen sein. Denn die Grammatik ist ein Kalkül. D.h., was im Tautologien-Kalkül noch ausser dem Zahlenkalkül da ist, rechtfertigt diesen nicht und ist, wenn wir uns für ihn interessieren, nur Beiwerk.

 
   
                   Was die Zahlen sind? – Die Bedeutungen der Zahlzeichen; und die Untersuchung dieser Bedeutung ist die Untersuchung der Grammatik der Zahlzeichen.

 
   
                   Wir suchen nicht nach einer Definition des Zahl-Begriffs, sondern nach einer Klärung der Grammatik des Wortes “Zahl” und der Zahlwörter. // , sondern versuchen eine Darlegung der Grammatik des Wortes “Zahl” und der Zahlwörter. //

 
   
                   Messen einer Länge im Gesichtsfeld durch Anlegen eines visuellen Masstabes. D.i., eines Stabes, der durch Teilstriche in gleiche Teile geteilt ist. Es gibt hier eine Messung, die darin besteht, dass der Masstab an zwei
Strecken
Längen
angelegt wird. Und zwar können 2 Masstäbe je einer an eine Länge angelegt werden und das Kriterium für die Gleichheit der Masseinheit ist, dass die Einheiten gleichlang aussehen. Es kann aber auch ein Masstab von einer Länge // Strecke // zur andern transportiert werden und das Kriterium der Konstanz der Masseinheit ist, dass wir keine Veränderung merken. Während das Kriterium dafür, dass die gemessenen Längen sich nicht verändern etwa darin besteht, dass wir keine Bewegung der Endpunkte wahrgenom-
713
men haben. Ich kann unzählige verschiedene Bestimmungen darüber treffen, welches das Kriterium der Längengleichheit im Gesichtsbild sein soll und darnach werden sich wieder verschiedene Bedeutungen der Massangaben ergeben.

 
   
Teilbarkeit. Unendliche Teilbarkeit.

          Die unendliche Teilbarkeit der euklidischen Strecke besteht in der Regel (Festsetzung), dass es Sinn hat, von einem n-ten Teil jedes Teils zu sprechen. Spricht man aber von der Teilbarkeit einer Länge im Gesichtsraum und fragt, ob eine solche noch teilbar, oder endlos teilbar, ist, so suchen wir hier nach einer Regel, die einer gewissen Realität entspricht (aber wie entspricht sie ihr?). Ich sehe einen schwarzen Streifen an der Wand vor mir, – ist seine Breite teilbar? Was ist das Kriterium dafür? Hier gibt es nun unzählige Kriterien, die wir alle als Kriterien der Teilbarkeit im Gesichtsfeld bezeichnen // anerkennen // würden, und die stufenweise in/einander übergehen. Vor allem könnte die Bedeutung von “Teilbarkeit” so festgelegt werden, dass ein Versuch sie erweist; dann ist es also nicht “logische Möglichkeit” der Teilung, sondern physische Möglichkeit, und die logische Möglichkeit, die hier in Frage kommt, ist in der Beschreibung des Versuchs der Teilung gegeben – wie immer dieser Versuch ausgehn mag.
          Was würden wir nun einen “Versuch der Teilung” nennen? – Etwa den, einen Strich neben den ersten zu malen, der gleichbreit aus[i|s]ieht und aus einem grünen und roten Längsstr[ie|ei]fen besteht, wobei die Erinnerung das Kriterium dafür gäbe, dass der schwarze Streifen die gleiche Breite habe, die er hatte, als wir die Frage stellten. (D.h., dass wir als gleiche Breite des schwarzen Streifens jetzt und früher das bezeichnen, was als gleichbreit erinnert wird.) Anderseits könnte ich als Kriterium der Teilbarkeit des schwarzen Streifens fest[z|s]etzen, dass zugleich mit ihm ein gleichbreit aussehender und geteilter Streifen gesehen wird. Und als Vollzug der möglichen Teilung würde ich dann die Ersetzung des ungeteilten durch einen
451
59
geteilten bezeichnen, bei welcher der zuerst gesehene ungeteilte Streifen bestehen bleibt. Ich würde also sagen “a
ist
sei
geteilt” – weil ich b daneben sehe und “a
ist
sei
geteilt”, wenn ich danach 2 Streifen von der Art b sehe. In der Aussage “a ist geteilt” bezeichnet “a” also einen Ort; das nämlich, was gleichbleibt, ob a geteilt oder ungeteilt ist. Hier gibt es nun wieder Verschiedenes, was wir als “Ort im Gesichtsfeld” und “Festlegung eines Ortes im Gesichtsfeld” bezeichnen. – Wir könnten aber einen Streifen nur dann teilbar nennen, wenn er sich in gleicher (gesehener) Breite in einen geteilten Streifen fortsetzt, oder aber, wenn es uns gelingt, einen geteilten Streifen zeitweilig an ihn (im Gesichtsfeld) anzulegen, etc. etc. – Dann aber gibt es das Kriterium der Vorstellbarkeit der Teilung. Wir sagen: “oh ja, diesen Streifen kann ich mir noch ganz leicht geteilt denken” (oder “vorstellen”). “Wenn eine Teilung dieses Streifens a in ungleiche Teile möglich ist, dann umsomehr in gleiche Teile”. Und hier haben wir wieder die Festsetzung eines neuen Kriteriums der Teilbarkeit in gleiche Teile. Und hier sagt man: ich kann mir doch in diesem Fall gewiss denken, dass der Streifen halbiert wäre // wird // . Aber worin besteht diese Möglichkeit // Fähigkeit // des Denkens? Kann ich es, wenn ich es versuche? Und wie, wenn es mir nicht gelingt? Was hier mit dem “ich kann mir … denken” gemeint ist, erfährt man, wenn man fragt “wieso kannst Du Dir nun die Halbierung denken”,. Darauf ist die Antwort: “ich brauche mir doch nur den schwarzen Teil des Streifens etwas breiter zu denken”; und es wird offenbar angenommen, dass das zu denken, keine Schwierigkeit mehr hat. In Wirklichkeit aber handelt es sich hier nicht um Schwierigkeiten // die Schwierigkeit // ,
mir
sich
ein bestimmtes Bild vor's innere Auge zu rufen, und nicht um etwas, was ich versuchen und mir misslingen kann; sondern um die Anerkennung einer Regel der Ausdrucksweise. Diese Regel kann allerdings gegründet sein auf
die
der
Fähigkeit, sich etwas vorzustellen; d.h. die Vorstellung funktioniert in diesem Fall als Muster, also als Zeichen, und kann
452
59
natürlich auch ersetzt werden durch ein gemaltes Muster. Wenn ich nämlich frage: “was versteht man unter dem Wachsen der Breite eines Streifens”, so wird mir als Erklärung so etwas vorgeführt, es wird mir ein Muster gegeben, das ich, oder dessen Erinnerung ich etwa meiner Sprache einverleibe. Und so kann der, den ich frage “wieso ist der breite Streifen a teilbar, weil b teilbar ist” als Antwort den Streifen b verbreitern und mir zeigen vorführen, wie aus b ein geteilter Streifen von der Breite des a wird // werden kann // . Aber bei dieser Antwort hätte es nun sein Bewenden. Und was hat er zur Erklärung getan? Er hat mir ein Zeichen, ein Muster, in mein Zeichensystem gegeben; das ist alles.
 
   
          Gibt es nun für die Teilbarkeit des Streifens im Gesichtsraum eine Grenze? Nun – das kann ich festsetzen, wie ich will. – Das heisst: ich kann ein Zeichensystem mit begrenzter Teilbarkeit, oder eins mit unbegrenzter Teilbarkeit einführen – nur kann ich natürlich die Tatsachen nicht kommandieren und muss sie dann mit dem von mir festgesetzten Zeichensystem entsprechend beschreiben. Wenn also meine Vorstellung, bezw. das Gesichtsbild eines geteilten Streifens, einen Teil meines Zeichensystems bildet, so endet dieser Teil meines Symbolismus, wo ich, aus irgend welchen Gründen unfähig bin, eine weitere Verkleinerung der Teile zu bewirken // herbeizuführen // . Dann aber kann ich mich entscheiden
:
,
entweder, zu sagen, es gäbe keine weitere Teilung mehr, d.h. von einer solchen zu reden sei sinnlos – und in diesem Falle habe ich mich gebunden, ein eventuell auftretendes Phänomen, das ich versucht wäre, eine weitere Teilung zu nennen, anders zu beschreiben; – oder aber
:
,
die Teilbarkeit im Symbolismus weitergehen zu lassen, wodurch aber nichts geändert wird, weil ja meine Reihe von Mustern, die auch zur Sprache gehört, ein Ende hat. Soweit diese Reihe von Mustern eine Reihe von Zeichen ist, kommt durch jedes neue Muster ein
453
59
neues Zeichen in die Sprache. Diese Betrachtung ist meist ohne Wichtigkeit; manchmal aber wird sie wichtig. Wir haben einen dem Problem der Teilung analogen Fall Teilbarkeit analogen Fall, wenn gefragt wird: ist es möglich, jede beliebige Anzahl 3n von Strichen !!!!!!!!!!!! mit einem Blick als Gruppe von Trippeln zu erfassen, oder jede beliebig lange Reihe solcher Striche als ein für ihre Anzahl charakteristisches Bild zu sehen, wie es für ! !! !!! !!!! können? Auch hier können wir zur Beschreibung unserer Erfahrung ein endliches oder ein unendliches Zahlensystem verwenden, – denn die Reihe der Muster übersehbarer Gruppen hat ein Ende und sie determiniert den Sinn unsrer Sätze ebensosehr, wie das verwendete Zahlensystem.
          Wenn ich also sagte “wir suchen nach einer Regel, die einer gewissen Realität entspricht”, so liegt die Entsprechung in der Einfachheit und leichten Verständlichkeit der Darstellung. Die Regel wird durch die Tatsachen nur insofern gerechtfertigt, als die Wahl eines Koordinatensystems durch ihre Anwendung auf eine Kurve gerechtfertigt wird, die sich in dem System besonders einfach darstellen lässt.

 
   
59
                   Es ist möglich, im Gesichtsfeld zwei gleichlange (d.h. gleichlang gesehen) S[g|t]recken zu sehen, deren jede durch Farbgrenzen in mehrere Teile, gleiche Teile, geteilt ist und beim Zählen dieser Teile zu finden, dass ihre Anzahlen ungleich sind. Wie ist es nun mit einer Frage: “Angenommen, ich könnte 30 und 31 Teile als Zahl übersehen, wäre es auch dann möglich, zwei Strecken von 30 und 31 gesichtsgleichen Teilen als gleichlang zu sehen?” – Nun, wie ist diese Frage zu entscheiden? Vor allem: wie ist das, wenn man 30 Teile als Zahl übersieht? Was kann man dafür als Erklärung geben? Wir können freilich niemandem einen Centaur zeigen, weil es keinen gibt, aber es ist für die Bedeutung des Wortes “Centaur” wesent-
717
lich, dass wir einen malen, oder modellieren können. – So aber ist es auch für den Sinn des Satzes “ich kann 30 Teile als Zahl übersehen” wesentlich, was ich etwa als Beispiel dieses Ueberblickens zeigen kann, und dass ich keinen Fall eines Ueberblickens von 30 Strichen als Muster zeigen kann. Hier kann man sagen: ich kann mir das Uebersehen von 30 Strichen // Ueberblicken von 30 Strichen als Zahlbild // nicht vorstellen, ich weiss nicht, wie das wäre, und die Frage “wie wäre es, wenn …” ist für mich unsinnig, denn es ist mir kein Kriterium zur Entscheidung gegeben.

1
 
   
                   Verschiedene Bedeutungen der Wörter “verschwommen”, “unklar”.

 
   
                   Wenn das Kriterium dafür, dass p aus q folgt, darin besteht, dass man “beim Denken von q p mitdenkt”, so denkt man wohl beim Denken des Satzes “in dieser Kiste sind 10⁵ Sandkörner” die 10⁵ Sätze: “in dieser Kiste ist ein Sandkorn”, “…2 Sandkörner”, etc. etc.? Was ist denn hier das Kriterium des Mitdenkens!
          Und wie ist es mit einem Satz: “ein Fleck (F) liegt zwischen den Grenzen AA”? Folgt aus ihm nicht, dass F auch zwischen BB und zwischen CC liegt, und u.s.w.? Folgen hier aus einem Satz unendlich viele? und ist er also unendlich vielsagend? – Aus dem Satz “ein Fleck liegt zwischen den Grenzen AA” folgt jeder Satz von der Art “ein Fleck liegt zwischen den Grenzen BB”, den ich hinschreibe – und so viele, als ich hinschreibe. Wie aus p soviele Sätze der Form p V x folgen, als ich hinschreibe (oder ausspreche, etc.). (Der Induktionsbeweis beweist soviele Sätze von der Form … , als ich hinschreibe.)

718
 
   
                   Wenn wir die Bedeutungen der Ausdrücke “gleichlang” und anderer im Gesichtsraum mit den Bedeutungen derselben Wörter im euklidischen Raum verwechseln, dann geraten // kommen // wir in auf Widersprüche und fragen dann: “Wie ist so eine Erfahrung möglich?! Wie ist es möglich, dass 24 gleichlange Strecken zusammen die gleiche Länge ergeben, wie 25 ebensolange? Habe ich wirklich so eine Erfahrung gehabt?”

 
   
                   II' ist eine Regel zur Erzeugung von Dezimalbrüchen, und zwar ist die Entwicklung von II' dieselbe, wie die von II, ausser wenn in der Entwicklung von II eine Gruppe 777 vorkommt; in diesem Falle tritt statt dieser Gruppe die Gruppe 000. Unser Kalkül kennt keine Methode, um zu finden, wo wir in der Entwicklung von II auf so eine Gruppe stossen.
          P ist eine Regel zur Erzeugung von Dualbrüchen. In der Entwicklung steht an der n-ten Stelle eine 1 oder eine 0, je nachdem n prim ist oder nicht.
          F ist eine Regel zur Erzeugung von Dualbrüchen. An der n-ten Stelle steht eine 0, ausser dann, wenn ein Zahlentrippel x, y, z aus den ersten 100 Kardinalzahlen die Gleichung xn + yn = zn löst.

 
   
                   Man möchte sagen, die einzelnen Ziffern der Entwicklung (von II z.B.) sind immer nur die Resultate, die Rinde des fertigen Baumes. Das, worauf es ankommt, oder woraus man noch etwas Neues wachsen kann, ist im Innern des Stammes, wo die Triebkräfte sind. Eine Aenderung des Aeusseren ändert den Baum überhaupt nicht. Um ihn zu ändern, muss man in den noch lebenden Stamm gehen.

757
 
   
                   Ich nenne “IIn” die Entwicklung von II bis zur n-ten Stelle. Dann kann ich sagen: Welche Zahl II'100 ist, verstehe ich; nicht aber II', weil II ja gar keine Stellen hat, ich also auch keine durch andere ersetzen kann. // Welche Zahl II'100
bedeutet
ist
, verstehe ich; nicht aber, (welche) II', weil … // Anders wäre es, wenn ich z.B. die Division a
5→3
:
b als eine Regel zur Erzeugung von Dezimalbrüchen erkläre, durch Division und Ersetzung jeder 5 im Quotienten durch eine 3. Hier kenne ich z.B. die Zahl 1
5→3
:
7. – Und wenn unser Kalkül eine Methode enthä[k|l]t, ein Gesetz der Lagen von 777 in der Entwicklung von II zu berechnen, dann ist nun im Gesetz von II von 777 die Rede, und das Gesetz kann durch die Substitution von 000 für 777 geändert werden. Dann aber ist II' etwas anderes, als das, was ich oben definiert habe; es hat eine andere Grammatik, als diev von mir angenommene. In unserm Kalkül gibt es keine Frage, ob II gleich oder grösser ist als II' // ob II II' ist oder nicht // und keine solche Gleichung oder Ungleichung. II' ist mit II unvergleichbar. Und zwar kann man nun nicht sagen “noch unvergleichbar”, denn, sollte ich einmal etwas II' Aehnliches konstruieren, das mit II vergleichbar ist, dann wird das eben darum nicht mehr II' sein. Denn II' sowie II sind ja Bezeichnungen für ein Spiel, und ich kann nicht sagen, dass Damespiel werde noch mit weniger Steinen gespielt als das Schach, da es sich ja einmal zu einem Spiel mit 16 Steinen entwickeln können. Dann wird es nicht mehr das sein, was wir “Damespiel” nennen. (Es sei denn, dass ich mit diesem Wort gar nicht ein Spiel bezeichne, sondern etwa eine Charakteristik mehrerer Spiele; und auch diesen Nachsatz kann man auf II' und II anwenden.) Da es nun ein Hauptcharakteristikum einer Zahl ist, mit andern Zahlen vergleichbar zu sein, so ist die Frage, ob man II' eine Zahl nennen soll und ob eine reelle Zahl; wie immer man es aber nennt, so ist das Wesentliche, dass II' in einem andern Sinne Zahl ist, als II. – Ich kann ja auch ein Intervall einen Punkt nennen; ja es kann einmal
720
praktisch sein, das zu tun; aber wird es nun einem Punkt ähnlicher, wenn ich vergesse, dass ich hier das Wort “Punkt” in doppelter Bedeutung gebraucht habe?
 
   
          Es zeigt sich hier klar, dass die Möglichkeit der Dezimalnotationentwicklung II' nicht zu einer Zahl im Sinne von II macht. Die Regel für diese Entwicklung ist natürlich eindeutig, so eindeutig, wie die für II oder √2, aber das ist kein Argument dafür, dass II' eine reelle Zahl ist; wenn man die Vergleichbarkeit
mit rationalen Zahlen
mit andern reellen Zahlen
für ein wesentliches Merkmal der reellen Zahl nimmt. Man kann ja auch von dem Unterschied zwischen den rationalen und den irrationalen Zahlen abstrahieren, aber der Unterschied verschwindet doch dadurch nicht. Dass II' eine eindeutige Regel zur Entwickelung von Dezimalbrüchen ist, bedeutet // konstituiert // natürlich eine Aehnlichkeit zwischen II' und II oder √2; aber auch ein Intervall hat Aehnlichkeit mit einem Punkt, etc.. Allen Irrtümern, die in diesem Kapitel der Philosophie der Mathematik gemacht werden, liegt immer wieder die Verwechslung zu Grunde zwischen internen Eigenschaften einer Form (der Regel als Bestandteil des Regelverzeichnisses) und dem, was man im gewöhnlichen Leben “Eigenschaft” nennt (rot als Eigenschaft dieses Buches). Man könnte auch sagen; die ﹖– Widersprüche und Unklarheiten –﹖ werden dadurch hervorgerufen, dass die Mathematiker // Menschen // einmal unter einem Wort, z.B. “Zahl”, ein bestimmtes Regelverzeichnis verstehen, ein andermal ein variables Regelverzeichnis; so als nennte ich “Schach” einmal das bestimmte Spiel, wie wir es heute spielen, ein andermal das Substrat einer bestimmten historischen Entwicklung.

 
   
                   “Wie weit muss ich II entwickeln, um es einigermassen zun kennen?” – Das heisst natürlich nichts. Wir kennen es also schon, [p|o]hne es überhaupt zu entwickeln. Und, in diesem Sinne, könnte man sagen, kenne ich II' gar nicht. Hier zeigt sich nur, ganz deutlich, dass II' einem
759
anderen System angehört als II, und das erkennt man, wenn man, statt “die Entwicklungen” der beiden zu vergleichen, die Art der Gesetze allein ins Auge fasst.

 
   
                   Zwei mathematische Gebilde, deren eines ich in meinem Kalkül mit jeder rationalen Zahl vergleichen kann, das andere nicht, – sind nicht Zahlen im gleichen Sinne des Wortes. Der Vergleich der Zahl mit einem Punkt auf der
Zahlengeraden
Zahlgeraden
ist nur stichhältig, wenn man für je zwei Zahlen a und b sagen kann, ob a rechts von b, oder b rechts von a liegt.
           Es genügt nicht, dass man den Punkt durch Verkleinerung seines Aufenthaltsortes – angeblich – mehr und mehr bestimmt, sondern man muss ihn konstruieren. Fortgesetzten Würfeln strengt schränkt zwar den möglichen Aufenthalt des Punktes unbeschränkt ein, aber es bestimmt keinen Punkt. Der Punkt ist nach jedem Wurf (oder jeder Wahl) noch unendlich unbestimmt – oder richtiger: er ist nach jedem Wurf unendlich unbe[w|s]timmt. Ich glaube, hier werden wir von der absoluten Grösse der Gegenstände in unserem Gesichtsraum irregeführt; und andrerse[ti|it]s von der Zweideutigkeit des Ausdrucks “sich einem Punkte // Gegenstand // nähern”. Von einer Strecke im Gesichtsfeld kann man sagen, sie nähere sich durch Einschrumpfen immer mehr einem Punkt; d.h. sie werde einem Punkt immer ähnlicher. Dagegen wird die euklidische Strecke durch Einschrumpfen einem Punkt nicht ähnlicher, sie bleibt ihm vielmehr immer gleich unähnlich, weil ihre Länge den Punkt, sozusagen, gar nichts angeht. Wenn man von der euklidischen Strecke sagt, sie nähere sich durch Einschrumpfen einem Punkt, so hat das nur Sinn, sofern schon ein Punkt bezeichnet ist, dem sich ihre Enden nähern, und kann nicht heissen, sie erzeuge durch Einschrumpfen einen Punkt. Sich einem Punkt nähern hat eben zwei Bedeutungen: es
760
heisst einmal, ihm räumlich näher kommen, dann muss er schon da sein, denn ich kann mich in diesem Sinne einem Menschen nicht nähern, der nicht vorhanden ist. Anderseits heisst es “einem Punkt ähnlicher werden”, wie man etwa sagt, die Affen haben sich dem Stadium des Menschen in ihrer Entwicklung genähert, die Entwicklung habe den Menschen erzeugt.

 
   
                   Zu sagen: “zwei reelle Zahlen sind identisch, wenn sie in allen Stellen ihrer Entwicklung übereinstimmen”, hat nur dann Sinn, wenn ich dem Ausdruck “in allen Stellen übereinstimmen”, durch eine Methode diese Uebereinstimmung festzustellen, einen Sinn gegeben habe. Und das Gleiche gilt natürlich für den Satz “sie stimmen nicht überein, wenn sie an irgend einer Stelle nicht übereinstimmen”.

 
   
                   Könnte man aber nicht auch umgekehrt II' als das Ursprüngliche, und also als den zuerst angenommenen Punkt, betrachten; und dann über die Berechtigung von II im Zweifel sein? – Was ihre Extensionen betrifft, sind sie natürlich gleichberechtigt; was uns aber dazu veranlasst, II einen Punkt auf der Zahlengeraden zu nennen, ist seine Vergleichbarkeit mit den Rationalzahlen.

 
   
                   Wenn ich II, oder sagen wir √2, als Regel zur Erzeugung von Dezimalbrüchen auffasse, so kann ich natürlich eine Modifikation dieser Regel erzeugen, indem ich sage, es solle jede 7 in der Entwicklung von √2 durch eine 5 ersetzt werden; aber diese Modifikation ist von ganz andrer Art // Natur // als die, welche, etwa, durch eine Aenderung des Radikanten, oder des Wurzelexponenten erzeugt wird. Ich nehme z.B. in das modifizierte Gesetz eine Beziehung zum Zahlensystem der Entwicklung auf, die in dem ursprünglichen Gesetz √2 nicht vorhanden war. Die Aen-
723
derung des Gesetzes ist von viel fundamentalerer Art, als es zuerst den Anschein haben könnte. Ja, wenn wir das falsche Bild von der unendlichen Extension vor uns haben, dann kann es allerdings scheinen, als ob ich durch die Hinzufügung der Ersetzungsregel 7 5 zur √2 diese viel weniger verändert hätte, als etwa durch Aenderung der √2 in √2,1 denn die Entwicklungen von
7→5
√2
lauten denen von √2 sehr ähnlich, während die Entwicklung der √2,1 schon nach der zweiten Stelle gänzlich von der der √2 abweicht.

 
   
                   Durch die falsche Auffassung des Wortes “unendlich” und der Rolle der “unendlichen Entwicklung” in der Arithmetik der reellen Zahlen, wird man zu der Meinung verführt, es gäbe eine einheitliche Notation der irrationalen Zahlen (nämlich eben die der unendlichen Extension, z.B. der unendlichen Dezimalbrüche).
          Dadurch, dass man bewiesen hat, dass für jedes Paar von Kardinalzahlen x und y (
x
y
)² ≠ 2 ist, ist doch nicht √2 einer Zahlenart – genannt “die irrationalen Zahlen” – eingeordnet. Diese Zahlenart müsste ich doch erst aufbauen; oder: von der neuen Zahlenart ist mir doch nicht mehr bekannt, als ich bekannt mache.

 
   
                   Gebe ich eine Regel R zur Bildung von Extensionen an, aber so, dass mein Kalkül kein Mittel kennt, vorherzusagen, wie oft höchstens sich eine scheinbare Periode der Extension wiederholen kann, dann ist R von einer reellen Zahl insofern verschieden, als ich R ‒ a in gewissen Fällen nicht mit einer Rationalzahl vergleichen kann, so dass der Ausdruck R ‒ a = b unsinnig wird. Wäre z.B. die mir bekannte Entwicklung von R bis auf weiteres 3,141111 …, so liesse es sich von der Differenz R ‒ 3,14 nicht sagen, sie sei grösser, oder sie sei kleiner, als 0; sie lässt sich also in diesem Sinne nicht mit 0 vergleichen, alson nicht mit einem Punkt
724
der Zahlenachse, und sie und R nicht in demselben Sinne Zahl nennen wie einen dieser Punkte.

 
   
                   Es wäre eine gute Frage für die Scholastiker gewesen: “Kann Gott alle Stellen von II kennen”.

 
   
                   Es tritt uns bei diesen Ueberlegungen immer wieder etwas entgegen, was man “arithmetisches Experiment” nenn[t|e]n möchte. Was herauskommt, ist zwar durch das Gegebene bestimmt, aber ich kann nicht erkennen, wie es dadurch bestimmt ist. So geht es mit dem Auftreten der 7 in der Entwicklung von II; so ergeben sich auch die Primzahlen als Resultate eines Experiments. Ich kann mich davon überzeugen, dass 31 eine Primzahl ist, aber ich sehe den Zusammenhang nicht zwischen ihr (ihrer Lage in der Reihe der Kardinalzahlen) und der Bedingung, der sie entspricht. – Aber diese Perplexität ist nur die Folge eines falschen Ausdrucks. Der Zusammenhang, den ich nicht zu sehen glaube, existiert gar nicht. Ein – sozusagen unregelmässiges – Auftreten der 7 in der Entwicklung von II gibt es gar nicht, denn es gibt ja keine Reihe, die “die Entwicklung von II” hiesse. Es gibt Entwicklungen von II, nämlich die, die man entwickelt hat (vielleicht 1000) und in diesen kommt die 7 nicht “regellos” vor, denn ihr Auftreten in ihnen lässt sich beschreiben. – (Dasselbe für die “Verteilung der Primzahlen”. Wer uns ein Gesetz dieser Verteilung gibt, gibt uns eine neue Zahlenreihe, neue Zahlen.) (Ein Gesetz des Kalküls, das ich nicht kenne, ist kein Gesetz.) (Nur was ich sehe, ist ein Gesetz; nicht, was ich beschreibe. Nur das hindert mich, mehr in meinen Zeichen auszudrücken, als ich verstehen kann.)

 
   
                   Die Kinder lernen in der Schule wohl 2 × 2 = 4, aber
725
nicht 2 = 2.

 
   
                   Die Allgemeinheit in der Arithmetik // Kardinalarithmetik // wird durch die Induktion dargestellt. Die Induktion ist der Ausdruck der arithmetischen Allgemeinheit. (﹖)

 
   
                   Wogegen ich mich wehre, ist die Anschauung, dass eine // die // unendliche Zahlenreihe etwas uns Gegebenes sei, worüber es nun spezielle Zahlensätze und auch allgemeine Sätze über alle Zahlen der Reihe gibt. So dass der arithmetische Kalkül nicht vollständig wäre, wenn er nicht auch die allgemeinen Sätze über die Kardinalzahlen enthielte, nämlich allgemeine Gleichungen der Art a + (b + c) = (a + b) + c. Während schon 1 : 3 = 0, einem andern Kalkül angehört als 1 : 3 = 0,3. Und so ist eine allgemeine Zeichenregel (z.B. rekursive Definition), die für 1, (1) + 1, [2|(](1) + 1) + 1, (((1) + 1) + 1) + 1, u.s.w. gilt, etwas andres, als eine spezielle Definition. Und die allgemeine Regel fügt dem Zahlenkalkül etwas neues bei, ohne welches er ebenso vollständig gewesen wäre, wie die Arithmetik der Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, 5.

 
   
                   Hat es keinen Sinn, – auch dann, wenn der Fermat'sche Satz bewiesen ist, – zu sagen F = 0,11? (Wenn ich etwa in der Zeitung davon läse.) Ja, ich werde dann sagen: “nun können wir also schreiben ‘F = 0,11’ ”. D.h. es liegt nahe, das Zeichen “F” aus dem früheren Kalkül, in dem es keine Rationalzahl bezeichnete, in den neuen hinüberzunehmen und nun 0,11 damit zu bezeichnen.

 
   
                   F wäre ja eine Zahl, von der wir nicht wüssten, ob
726
sie rational oder irrational ist. Denken wir uns eine Zahl, von der wir nicht wüssten, ob sie eine Kardinalzahl oder eine Rationalzahl ist. – Eine Beschreibung im Kalkül gilt eben nur als dieser bestimmte Wortlaut und hat nichts mit einem Gegenstand der Beschreibung zu tun, der vielleicht einmal gefunden werden wird.

 
   
                   Man könnte – wie gesagt – den Induktionsbeweis ganz ohne die Benützung von Buchstaben (mit voller Strenge) anschreiben. Die rekursive Definition a + (b + 1) = (a + b) + 1 müsste dann als Definitionsreihe geschrieben werden. Diese Reihe verbirgt sich nämlich in der Erklärung ihres Gebrauchs. Man kann natürlich auch der Bequemlichkeit halber die Buchstaben in der Definition beibehalten, muss sich aber dann in der Erklärung auf ein Zeichen der Art “1, (1) + 1, ((1) + 1) + 1, u.s.w.” beziehen; oder, was auf dasselbe hinausläuft, “/1, x, x + 1/”. Hier darf man aber nicht etwa glauben, dass dieses Zeichen eigentlich lauten sollte “(x)./1, x, x + 1/”! –
          Der Witz unserer Darstellung ist ja, dass der Begriff “alle Zahlen” nur durch eine Struktur der Art “/1, x, x + 1/” gegeben ist. Die Allgemeinheit ist durch diese Struktur im Symbolismus dargestellt und kann nicht durch ein (x).fx beschrieben werden.
          Narlich ist die sogenannte “rekursive Definition” keine Definition im hergebrachten Sinne des Wortes, weil keine Gleichung. Denn die Gleichung “a + (b + 1) = (a + b) + 1” ist nur ein Bestandteil von ihr. Noch ist sie das logische Produkt von Gleichungen. Sie ist vielmehr ein Gesetz, wonach Gleichungen gebildet werden; wie /1, x, x + 1/ keine Zahl ist, sondern ein Gesetz etc.. (Das Ueberraschende // Verblüffende // am Beweis von a + (b + c) = (a + b) + c ist ja, dass er aus einer Definition allein hervorgehen soll. Aber u ist keine Definition, sondern eine allgemeine Additionsregel.)
          Anderseits ist die Allgemeinheit dieser Regel keine andere, als die der periodischen Division
1 : 3 = 0,3
  1
. D.h. es ist in der Regel nichts
727
offen gelassen, ergänzungsbedürftig oder dergleichen.
         Und vergessen wir nicht: Das Zeichen “/1, x, x + 1/” …N interessiert uns nicht als ein suggestiver Ausdruck des allgemeinen Gliedes der Kardinalzahlenreihe, sondern nur, sofern es mit analog gebauten Zeichen in Gegensatz tritt: N im Gegensatz zu, etwa, /2, x, x + 3/; kurz als Zeichen, als Instrument, in einem Kalkül. Und das Gleiche gilt natürlich von
1 : 3 = 0,3
  1
. (Offen gelassen wird in der Regel nur ihre Anwendung.)

 
   
          1 + (1 + 1) = (1 + 1) + 1, 2 + (1 + 1) = (2 + 1) + 1, 3 + (1 + 1) = (3 + 1) + 1 …u.s.w.
          1 + (2 + 1) = (1 + 2) + 1, 2 + (2 + 1) = (2 + 2) + 1, 3 + (2 + 1) = (3 + 2) + 1 …u.s.w.
          1 + (3 + 1) = (1 + 3) + 1, 2 + (3 + 1) = (2 + 3) + 1, 3 + (3 + 1) = (3 + 3) + 1 …u.s.w.
u.s.w..

So könnte man die Regel “a + (b + 1) = (a + b) + 1” anschreiben.

 
   
                   Vielleicht wird die Sache klarer, wenn man als Additionsregel statt der rekursiven Regel u folgende gibt:
a + (1 + 1) = (a + 1) + 1
a + ((1 + 1) + 1) = ((a + 1) + 1) + 1
a + (((1 + 1) + 1) + 1) = (((a + 1) + 1) + 1) + 1
u.s.w..
Wir schreiben diese Regel in der Form /1, x, x + 1/ so:
a + (
1
!
+ 1) = (a +
1
!
) + 1(Ƒ)
a + (x + 1) (a + x) + 1
R

a + ((x + 1) + 1) = ((a + x) + 1) + 1
       Dann entspricht der Regel u die Form
a + (
1
+ 1) = (a +
1
) + 1(Ƒ)
a + (x + 1) (a + x) + 1
a + ((x + 1) + 1) ((a + x) + 1) + 1
728
In der Anwendung der Regel R, deren Beschreibung ja zu der Regel selbst als ein Teil ihres Zeichens gehört, läuft a der Reihe /1, x, x + 1/ entlang und das könnte natürlich durch ein beigefügtes Zeichen, etwa, “a N” angegeben werden. (Die zweite und dritte Zeile der Regel R könnte man zusammen die Operation nennen, wie das zweite und dritte Glied des Zeichens N.) So ist auch die Erläuterung zum Gebrauch der rekursiven Definition u ein Teil dieser Regel selber; oder auch eine Wiederholung ebenderselben // der // Regel in andrer Form: sowie “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, u.s.w.” das gleiche bedeutet, wie (d.h. übersetzbar ist in) “/1, x, x + 1/”. Die Uebersetzung in die Wortsprache erklärt den Kalkül mit den neuen Zeichen, da wir den Kalkül, mit den Zeichen der Wortsprache schon beherrschen.
          Das Zeichen einer Regel ist ein Zeichen eines Kalküls wie jedes andere; seine Aufgabe ist nicht, suggestiv (﹖– auf eine Anwendung hin –﹖) zu wirken, sondern, im Kalkül nach einem System // nach Gesetzen // gebraucht zu werden. Daher ist die äuss[d|e]re Form, wie die eines Pfeiles nebensächlich, wesentlich aber das System, worin das Regelzeichen verwendet wird. Das System von Gegensätzen – sozusagen – wovon //
worin
von denen
// das Zeichen sich unterscheidet, etc..
          Das, was ich hier die Beschreibung der Anwendung nenne, enthält ja selbst ein “u.s.w.”, kann also nur eine Ergänzung oder ein Ersatz des Regelzeichenss selbst sein.

 
   
                   Was ist nun der Gegensatz eines allgemeinen Satzes, wie a + (b + (1 + 1)) = a + ((b + 1) + 1)? Welches ist das System von Sätzen, innerhalb dessen diese Regel // dieser Satz // verneint wird? Oder auch: wie, in welcher Form, kann dieser Satz mit andern in Widerspruch geraten? Oder: welche Frage kann er beantworten, zwischen welchen Alternativen entscheiden? – Nicht zwischen einer “(n).fn” und einer “(En). non fn”; denn die Allgemeinheit ist dem Satz von der Regel R zugebracht. Sie kann ebensowenig
707
in Frage gestellt // gezogen // werden, wie das System der Kardinalzahlen. // Oder: Welche Frage beantwortet er? Nicht // Gewiss nicht // die, ob (n).fn oder (En). non fn der Fall ist, etc.. // Die Allgemeinheit einer Regel kann eo ipso nicht in Frage gestellt werden.
          Denken wir uns nun den allgemeinen Satz als Reihe geschrieben
p11, p12, p13, …
p21, p22, p23, …
p31, p32, p33, …

und verneint. Wenn wir ihn als (x).f(x) auffassen, so ist er ein logisches Produkt // so betrachten wir ihn als logisches Produkt // und sein Gegenteil ist die logische Summe der Verneinungen von p11, p12, etc.. Diese Disjunktion (nun) ist mit jedem beliebigen Produkt p11 & p21 & p22 & p12 … pmn vereinbar. (Gewiss, wenn man den Satz mit einem logischen Produkt vergleicht, so wird er unendlich vielsagend und sein Gegenteil nichtssagend.) (Bedenke aber: das “u.s.w.” steht im Satz nach einem Beistrich, nicht nach einem “und” (“ & ”). Das “u.s.w.” ist kein Zeichen ihrer Unvollständigkeit.)
          Ist denn die Regel R unendlich vielsagend? wie ein ungeheuer/langes logisches Produkt?
          Dass man die Zahlenreihe durch die Regel laufen lässt, ist eine gegebene Form; darüber wird nichts behauptet und kann nichts verneint werden.
          Das Durchleiten des Zahlenstromes ist ja nichts, wovon ich sagen kann, ich könne es beweisen. Beweisen kann ich nur etwas über die Form, den Model, durch den ich den Zahlenstrom leite.
          Kann man nun nicht sagen, dass die allgemeine Zahlenregel a + (b + c) = (a + b) + c …A) eben die Allgemeinheit hat wie a + (1 + 1) = (a + 1) + 1 (indem diese ˇfür jede Kardinalzahl, jene für jedes Kardinalzahlentrippel gilt);
708
und dass der rekursive Beweis // Induktionsbeweis // von A die Regel A rechtfertigt? Dass wir also die Regel A geben dürfen, weil der Beweis zeigt, dass sie immer stimmt?
          Rechtfertigt
1 : 3 = 0,3
  1
die Regel “1
1
:
3 = 0,3, 1
2
:
3 = 0,33, 1
3
:
3 = 0,333, u.s.w.”? …P)
          A ist eine vollkommen verständliche Regel; so wie die Ersetzungsregel P. Eine solche Regel kann ich aber darum nicht geben, weil ich die einzelnen Fälle von A schon durch eine andere Regel berechnen kann, wie ich P nicht als Regel geben kann, wenn ich eine Regel gegeben habe, mit der ich 1
1
:
3 = 0,3, etc. berechnen kann.

 
   
                   Wie wäre es, wenn man ausser den Multiplikationsregeln noch “25 × 25 = 625” als Regel festsetzen wollte? (Ich sage nicht “25 × 25 = 624”!) – 25 × 25 = 625 hat nur Sinn, wenn die Art der Rechnung // Ausrechnung // bekannt ist, die zu dieser Gleichung gehört, und hat nur Sinn in Bezug auf diese Rechnung. A hat nur Sinn mit Bezug auf die Art der Ausrechnung von A. Denn ﹖– die erste Frage wäre hier eben –﹖: ist das eine Bestimmung // Festsetzung // , oder ein errechneter Satz? Denn ist 25 × 25 = 625 eine Festsetzung (Grundregel), dann bedeutet das Multiplikationszeichen etwas anderes, als es z.B. in Wirklichkeit bedeutet. (D.h. wir haben es mit einer andern Rechnungsart zu tun.) Und ist A eine Festsetzung, dann definiert das die Addition anders, als wenn es ein errechneter Satz ist. Denn die Festsetzung ist ja dann eine Erklärung des Additionszeichens und die Rechenregeln Rechenregel, die A auszurechnen erlauben, eine andere Erklärung desselben Zeichens. Ich darf hier nicht vergessen, dass u, v, w nicht der Beweis von A ist, sondern nur die Form des Beweises, oder des Bewiesenen, ist; u, v, w definiert also A.
          Darum kann ich nur sagen “25 × 25 = 625 wird bewiesen”, wenn die Beweismethode fixiert ist, unabhängig von dem speziellen Beweis. Denn
731
diese Methode bestimmt erst die Bedeutung von “x ∙ y”, also, was bewiesen wird. Insofern gehört also die Form aa : b = c zur Beweismethode, die den Sinn von erklärt. Etwas anderes ist dann die Frage, ob ich richtig gerechnet habe. – Und so gehört u, v, w zur Beweismethode, die den Sinn des Satzes A erklärt.
          Die Arithmetik ist ohne eine Regel A vollständig, es fehlt ihr nichts. Der Satz A wird (nun) mit Entdeckung einer Periodizität, mit der Konstruktion eines neuen Kalküls, in die Arithmetik eingeführt. Die Frage nach der Richtigkeit dieses Satzes hätte vor dieser Entdeckung (oder Konstruktion) so wenig Sinn, wie die Frage nach der Richtigkeit von “1
1
:
3 = 0,3, 1
2
:
3 = 0,33, … ad inf.”.
          Nun ist die Festsetzung P verschieden vom Satz “1 : 3 = 0,” und in diesem Sinne ist “a + (b + ) = (a + b) + ” verschieden von einer Regel (Festsetzung) A. Die beiden gehören andern Kalkülen an. // Der Beweis, die Rechtfertigung, einer Ersetzungsregel A ist der rekursive Beweis nur insofern, als er die allgemeine Form der Beweise arithmetischer Sätze von der Form A ist. // Der Beweis, die Rechtfertigung, einer Regel A ist der Beweis von u, v, w nur insofern, als … //

 
   
                   Die Periodizität ist nicht das Anzeichen (Symptom) dafür, dass es sow weitergeht, aber der Ausdruck “so geht es immer weiter” ist nur eine Uebersetzung in eine andere Ausdrucksweise ﹖– der Periodizität des Zeichens –﹖ // des periodischen Zeichens // . (Gäbe es ausser dem periodischen Zeichen noch etwas, wofür die Periodizität nur ein Symptom ist, so müsste dieses Etwas seinen spezifischen Ausdruck haben, der nichts anderes wäre, als der vollständige Ausdruck dieses Etwas.)

 
   
                   Wie ein Satz verifiziert wird, das sagt er. Ver-
732
gleiche die Allgemeinheit in der Arithmetik mit der Allgemeinheit von nicht arithmetischen Sätzen. Sie wird anders verifiziert und ist darum eine Andere. Die Verifikation ist
nicht ein blosses
nicht bloss ein
Anzeichen der Wahrheit, sondern sie bestimmt den Sinn des Satzes,. (Einstein: wie ein Grösse gemessen wird, das ist sie.)

 
   
                   Eigentlich hat ja schon Russell durch seine “theor[i|y]e of descriptions” gezeigt, dass man sich nicht eine Kenntnis der Dinge von hinten/herum erschleichen kann, und dass es nur scheinen kann, als wüssten wir von den Dingen mehr, als sie uns auf geradem Weg geoffenbart haben. Aber er hat durch die Idee der “indirect knowledge” wieder alles verschleiert.

 
   
                   Wie es sich nun mit derjenigen Allgemeinheit in der Mathematik verhält, deren Sätze nicht // , die nicht // von “allen Kardinalzahlen”, sondern, z.B. von “allen reellen Zahlen” handeln spricht, kann man nur erkennen, wenn // indem // man diese Sätze und ihre Beweise untersucht. // Wie es sich nun mit derjenigen Allgemeinheit, mit den Sätzen der Mathematik verhält, die nicht … handeln, … //

 
   
                   Warum ich sage, dass wir einen Satz, wie den Hauptsatz der Algebra, nicht finden, sondern konstruieren? – Weil wir ihm beim Beweis einen neuen Sinn geben, den er früher gar nicht gehabt hat. Für diesen Sinn gab es vor dem sogenannten Beweis nur eine beiläufige Vorlage in der Wortsprache.

 
   
                   Wenn durch Entdeckungen ein Kalkül der Mathematik geändert w[i|o]rden wird, – können wir den alten Kalkül nicht behalten? (auf-
733
heben)? (D.h., müssen wir ihn wegwerfen?) Das ist ein sehr interessanter Aspekt. Wir haben nach der Entdeckung des Nordpols nicht zwei Erden:/eine mit, und eine ohne den Nordpol. Aber nach der Entdeckung des Gesetzes der Verteilung der Primzahlen, zwei Arten von Primzahlen.

 
   
                   Denken wir, Einer würde sagen
:
;
das Schachspiel musste nur entdeckt werden, es war immer da! Oder das reine Schachspiel war immer da, nur das materielle, von Materie verunreinigte, haben wir gemacht.

 
   
                   Messung des Raumes und des räumlichen Gegenstandes. Das Seltsame am leeren Raum und an der leeren Zeit. Die Zeit (und der Raum) ein ätherischer Stoff. Von Substantiven verleitet, glauben wir an eine Substanz // … verleitet, nehmen wir eine Substanz an // . Ja, wenn wir der Sprache die Zügel überlassen und nicht dem Leben, dann entstehen die philosophischen Probleme.
                   “Was ist die Zeit?” – schon in der Frage liegt der Irrtum: als wäre die Frage: woraus, aus welchem Stoff, ist die Zeit gemacht. Wie man etwa sagt, woraus ist dieses feine Kleid gemacht.

 
   
                   “Ergibt die Operation, z.B., eine rationale Zahl” – wie kann das gefragt werden, wenn man keine Methode zur Entscheidung der Frage hat? denn die Operation ergibt doch nur im festgesetzten Kalkül. Ich meine: “ergibt” ist doch wesentlich
zeitlos
präesens
. Es heisst doch nicht: “ergibt mit der Zeit”! – sondern
:
,
ergibt nach der gegenwärtigen Regel. // … nach der jetzt bekannten, festgesetzten, Regel. //

734
 
   
                   Die alles gleichmachende Gewalt der Sprache, die sich am krassesten im Wörterbuch zeigt, und die es möglich macht, dass die Zeit personifiziert werden konnte; was nicht weniger merkwürdig ist, als es wäre, wenn wir Gottheiten der logischen Konstanten hätten.

 
   
                   Die philosophische Klarheit wird auf das Wachstum der Mathematik den gleichen Einfluss haben, wie das Sonnenlicht auf das Wachsen der Kartoffeltriebe. (Im
dunkeln
dunklen
Keller wachsen sie meterlang.)

 
   
                   Denken wir uns, jemand stellte sich folgendes // dieses // Problem: Es ist ein Spiel zu erfinden: das Spiel soll auf einem Schachbrett gespielt werden; jeder Spieler soll 8 Steine haben; von den weissen Steinen sollen 2 (die “Konsulen”), die an den Enden der Anfangsposition stehen, durch die Regeln irgendwie ausgezeichnet sein; sie sollen eine grössere Bewegungsfreiheit haben, als die andern; von den schwarzen Steinen soll einer (der “Feldherr”) ein ausgezeichneter sein; ein weisser Stein nimmt einen schwarzen (und umgekehrt), indem er sich an dessen Stelle setzt; das ganze Spiel soll eine gewisse Analogie mit den Punischen Kriegen haben. Das sind die Bedingungen, denen das Spiel zu genügen hat. – Das ist gewiss eine Aufgabe, und eine Aufgabe ganz andrer Art, als die, herauszufinden, wie Weiss im Schachspiel unter gewissen Bedingungen gewinnen können. – Denken wir uns nun aber die Frage // das Problem // : “Wie kann Weiss in
dem
unserm
Kriegsspiel, dessen Regeln wir noch nicht genau kennen, in 20 Zügen gewinnen?” – Dieses Problem wäre ganz analog den Problemen der Mathematik (nicht ihren Rechenaufgaben).

 
   
                   “Er sagt das, und meint es”: Vergleiche das einerseits mit: “er sagt das, und schreibt es nieder”; anderseits mit:
735
“er sagt das und unterschreibt es”.

 
   
                   Der Glaube, dass mich das Feuer brennen wird, ist von der Natur der Furcht, dass es mich brennen wird.

 
   
                   Wenn man mich ins Feuer zöge, so wurde ich mich wehren und nicht gutwillig gehn; und ebenso würde ich schreien: “das Feuer wird mich brennen!” und ich würde nicht schreien: “vielleicht wird es ganz angenehm sein!”

 
   
                   Ich kalkuliere so, weil ich nicht anders kalkulieren kann. (Ich glaube das, weil ich nicht anders glauben kann.)

 
   
                   Ich kann die Regel R auch so schreiben:
a + (1 + 1)
a + (x + 1)
a + ((x + 1) + 1)
=


     (a + 1) + 1
(a + x) + 1        S
(a + (x + 1)) + 1
oder auch so:
              a + (b + 1) = (a + b) + 1, wenn ich R oder S als Erklärung oder Ersatz für diese Form nehme.           Wenn ich nun sage, in
u
v
w
       
       
       
a + (b + 1)
a + (b + (c + 1))
(a + b) + (c + 1)
=
=
=
(a + b) + 1
a + ((b + c) + 1) = (a + (b + c)) + 1        B
((a + b) + c) + 1
seien die Uebergänge durch die Regel R gerechtfertigt, – so kann man mir drauf antworten: “Wenn Du das eine Rechtfertigung nennst, so hast Du die Uebergänge gerechtfertigt. Du hättest uns aber ebensoviel gesagt, wenn Du
693
uns nur auf die Regel R und ihre formale Beziehung zu u (oder zu u, v und w) aufmerksam gemacht hättest.”
           Ich hätte also auch sagen können: Ich nehme die Regel R in der und der Weise als Paradigma meiner Uebergänge.
           Wenn nun Skolem etwa nach seinem Beweis für das assoziative Gesetz übergeht zu:
a + 1
a + (b + 1)
(b + 1) + a
=
=
=
1 + a
(a + b) + 1)
C

b + (1 + a) = b + (a + 1) = (b + a) + 1
und sagt, der erste und dritte Uebergang in der dritten Zeile seien nach de[k|m] bewiesenen assoziativen Gesetz gerechtfertigt, – so sagt er uns damit nicht mehr, // so erfahren wir damit nicht mehr, // als wenn er sagte, die Uebergänge seien nach dem Paradigma a + (b + c) = (a + b) + c gemacht (d.h., sie entsprechen dem Paradigma) und es sei ein Schema u, v, w mit Uebergängen nach dem Paradigma u abgeleitet. – “Aber rechtfertigt B nun diese Uebergänge, oder nicht?” – Was meinst Du mit dem Wort “rechtfertigen”? – “Nun, der Uebergang ist gerechtfertigt, wenn wirklich ein Satz, der für alle Zahlen gilt, bewiesen ist.” – Aber in welchem Falle wäre das geschehen? Was nennst Du einen Beweis davon, dass ein Satz für alle Kardinalzahlen gültig ist? Wie weisst Du, ob der Satz (wirklich) für alle Kardinalzahlen
gültig
giltig
ist, da Du es nicht ausprobieren kannst. Dein einziges Kriterium ist ja der Beweis. Du bestimmst also wohl eine Form und nennst sie die, des Beweises, dass ein Satz für alle Kardinalzahlen gilt. Dann haben wir eigentlich gar nichts davon, dass uns zuerst die allgemeine Form dieser Beweise gezeigt wird; da ja dadurch nicht gezeigt wird, dass nur der besondere Beweis wirklich das leistet, was wir von ihm verlangen; ich meine: da hiedurch der besondere Beweis nicht als einer gerechtfertigt, erwiesen ist, der einen Satz für alle Kardinalzahlen beweist. Der rekursive Beweis muss vielmehr seine eigene Rechtfertigung sein. Wenn wir unsern Beweisvorgang
694
wirklich als den Beweis einer solchen Allgemeinheit rechtfertigen wollen, tun wir vielmehr etwas anderes: wir gehen Beispiele einer Reihe durch, und diese Beispiele und das Gesetz, was wir in ihnen erkennen, befriedigt uns nun, und wir sagen: ﹖– ja, unser Beweis leistet wirklich, was wir wollten –﹖. Aber wir müssen nun bedenken, dass wir mit der Angabe dieser Beispielreihe die Schreibweise B und C nur in eine andere (Schreibweise) übersetzt haben. (Denn die Beispielreihe ist nicht die unvollständige Anwendung der allgemeinen Form, sondern ein anderer Ausdruck dieser Form // des Gesetzes // .) Und weil die Wortsprache, wenn sie den Beweis erklärt, erklärt was er beweist, den Beweis nur in eine andere Ausdrucksform übersetzt, so können wir diese Erklärung auch ganz weglassen. Und wenn wir das tun, so werden die mathematischen Verhältnisse viel klarer, nicht verwischt, durch die mehrdeutigen // [V|v]ieles bedeutenden // Ausdrücke der Wortsprache. Wenn ich z.B. B unmittelbar neben A setze, ohne Dazwischenkunft des Wortes “alle” // ohne Vermittlung durch den Ausdruck der Wortsprache “für alle Kardinalzahlen etc.” // , so kann kein falscher Schein eines Beweises von A durch B entstehen. Wir sehen dann ganz nüchtern, wie weit die Beziehungen von B zu A und zu a + b = b + a reichen und wo sie aufhören. // Wir sehen dann die nüchternen, (nackten) Beziehungen zwischen A und B, und wie weit sie reichen. // Man lernt so erst, unbeirrt von der alles gleichmachenden Form der Wortsprache, die eigentliche Struktur dieser Beziehung kennen, und was es mit ihr auf sich hat.
 
   
          Man sieht hier vor allem, dass wir
an
in
dem Baum der Strukturen B, C, etc. interessiert sind, und dass an ihm zwar allenthalben die Form
f(1) = g(1)
f(n + 1) = F(fn)
g(n + 1) = F(gn)
zu sehen ist, gleichsam eine bestimmte Astgabelung, – dass aber diese Gebilde in verschiedenen Anordnungen, und Verbindungen untereinander, auftreten, und dass sie nicht in dem Sinne Konstruktionselemente bilden // sind // , wie die Paradigmen im Beweis von a + (b + (c + 1)) = (a + (b + c)) + 1 oder (a + b)² =
695
a² + 2ab + b². Der Zweck der “rekursiven Beweise” ist ja, den algebraischen Kalkül mit dem der Zahlen in Verbindung zu setzen. Und der Baum der rekursiven Beweise “rechtfertigt” den algebraischen Kalkül nur, wenn das heissen soll, dass er ihn mit dem arithmetischen in Verbindung bringt. Nicht aber in dem Sinn, in welchem die Liste der Paradigmen den algebraischen Kalkül, d.h. die Uebergänge in ihm, rechtfertigt.
           Wenn man also die Paradigmen der Uebergänge tabuliert, so hat das dort Sinn, wo das Interesse darin liegt, zu zeigen, dass die und die Transformationen alle bloss mit Hilfe jener – im übrigen willkürlich gewählten – Uebergangsformen zustande gebracht sind. Nicht aber dort, wo sich die Rechnung in einem andern Sinne rechtfertigen soll, wo also das Anschauen der Rechnung – ganz abgesehen von dem Vergleich mit einer Tabelle vorher festgelegter Normen – uns lehren muss, ob wir sie zulassen sollen oder nicht. Skolem hätte uns also keinen Beweis des assoziativen und kommutativen Gesetzes versprechen brauchen // sollen // , sondern einfach sagen können, er werde uns einen Zusammenhang der Paradigmen der Algebra mit den Rechnungsregeln der Arithmetik zeigen. Aber ist das nicht Wortklauberei? hat er denn nicht die Zahl der Paradigmen reduziert und uns z.B. statt jener beiden Gesetze eines, nämlich a + (b + 1) = (a + b) + 1 gegeben? Nein. Wenn wir z.B. (a + b)⁴ = etc. (r) beweisen, som könnten wir dabei von dem vorher bewiesenen Satz (a + b)² = etc. (s) [g|G]ebrauch machen. Aber in diesem Fall lassen sich die Uebergänge in r, die durch s gerechtfertigt wurden, auch durch jene Regeln rechtfertigen, mit denen s bewiesen wurde. Und es verhält sich dann s zu jenen ersten Regeln, wie ein durch Definition eingeführtes Zeichen zu dem primären Zeichen, mit deren Hilfe es definiert wurde. Man kann die Definition immer auch elliminieren und auf die primären Zeichen übergehen. Wenn wir aber in C einen Uebergang machen, der durch B gerechtfertigt ist, so können wir diesen Uebergang nun nicht auch mit u allein machen. Wir haben eben mit dem, was hier Beweis genannt wird, nicht einen Schritt // Uebergang // in Stufen zerlegt, sondern etwas ganz andres getan.

739
 
   
                   Wenn gefragt würde: ist die Negation // Verneinung // in der Mathematik, etwa in non.neg(2 + 2 = 5), die gleiche, wie die nicht-mathematischer Sätze? so müsste erst bestimmt werden, was als Charakteristikum der // dieser // Verneinung als solcher aufzufassen ist. Die Bedeutung eines Zeichens liegt ja in den Regeln, nach denen es verwendet wird. // in den Regeln, die seinen Gebrauch vorschreiben. // Welche dieser Regeln machen das Zeichen “non” zur Verneinung? Denn es ist klar, dass gewisse Regeln, die sich auf “non” beziehen, für beide Fälle die gleichen sind; z.B. non-non-p = p. Man könnte ja auch fragen: ist die Verneinung eines Satzes “ich sehe einen roten Fleck” die gleiche, wie die von “die Erde bewegt sich in einer Elipse um die Sonne”; und die Antwort müsste auch sein: Wie hast Du “Verneinung” definiert, durch welche Klasse von Regeln? – daraus wird sich ergeben, ob wir in beiden Fällen “die gleiche Verneinung” haben. Wenn die Logik allgemein von der Verneinung redet, oder einen Kalkül mit ihr treibt, so ist die Bedeutung des Verneinungszeichens nicht weiter festgelegt, als die Regeln seines Kalküls. Wir dürfen hier nicht vergessen, dass ein Wort seine Bedeutung nicht als etwas, ihm ein für allemal verliehenes, mit sich herumträgt, sodass wir sicher sind, wenn wir nach dieser Flasche greifen, auch die bestimmte Flüssigkeit, etwa Spiritus, zu erwischen. // … auch die bestimmte Flüssigkeit, z.B. Spiritus, in der Hand zu halten. //

 
   
                   Irrtümliche Anwendung unserer physikalischen Ausdrucksweise auf Sinnesdaten. “Gegenstände”, d.h. Dinge, Körper im Raum des Zimmers – und “Gegenstände” im Gesichtsfeld; der Schatten eines Körpers an der Wand als Gegenstand! Wenn man gefragt wird: “existiert der Kasten noch, wenn ich ihn nicht anschaue”, so ist die korrekte Antwort: “ich glaube nicht, dass ihn jemand gerade dann wegtragen wird, oder zerstören”. Die Sprachform “ich nehme x wahr” bezieht sich ursprünglich auf ein Phänomen (als Argument)
740
im physikalischen Raum (ich meine hier: im “Raum” der alltäglichen Ausdrucksweise). Ich kann diese Form daher nicht unbedenklich auf das anwenden, was man Sinnesdatum nennt, etwa auf ein optisches Nachbild. (Vergleiche auch, was wir über die Identifizierung von Körpern, und anderseits von Farbflecken im Ge[w|s]ichtsfeld gesagt haben.) Was es heisst: ich, das Subjekt, stehe dem Tisch, als Objekt, gegenüber, kann ich leicht verstehen; in welchem Sinne aber stehe ich meinem optischen Nachbild des Tisches gegenüber?
           “Ich kann diese Glasscheibe nicht sehen, aber ich kann sie fühlen”. Kann man sagen: “ich kann das Nachbild nicht sehen, aber …”?
Vergleiche: “Ich sehe den Tisch deutlich”;
             “ich sehe das Nachbild deutlich”.
              “Ich höre die Musik deutlich”;
             “ich höre das Ohrensausen deutlich”.
           Ich sehe den Tisch nicht deutlich, heisst etwa: ich sehe nicht alle Einzelheiten des Tisches; – was aber heisst es: “ich sehe nicht alle Einzelheiten des Nachbildes”, oder: “ich höre nicht alle Einzelheiten des Ohrenklingens”?
           Könnte man nicht sehr wohl statt “ein Nachbild sehen” sagen: “ein Nachbild haben”? Denn: ein Nachbild “sehen”? im Gegensatz wozu? –
           “Wenn Du mich auf den Kopf schlägst, sehe ich Kreise”. – “Sind es genaue Kreise, hast Du sie gemessen?” (Oder: “sind es ge[i|w]iss Kreise, oder täuscht Dich Dein Augenmass?”) – Was heisst es nun, wenn man sagt: “wir können nie einen genauen Kreis sehen”? Soll das eine Erfahrungstatsache sein, oder die Konstatierung einer logischen Unmöglichkeit? – Wenn das letztere, so heisst es also, dass es keinen Sinn hat, vom Sehen eines genauen Kreises zu reden. Nun, das kommt drauf an, wie man das Wort gebrauchen will. “Genauer Kreis” im Gegensatz zu einem Gesichtsbild, das wir eine sehr kreisähnliche Elipse nennen würden, [K|k]ann man doch gewiss sagen.
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Das Gesichtsbild ist dann ein genauer Kreis,
Das Gesichtsbild ist ein genauer Kreis,
welches uns wirklich, wie wir sagen würden, kreisförmig erscheint und nicht vielleicht nur sehr ähnlich einem
Kreise
Kreis
. Ist anderseits von einem Gegenstand der Messung die Rede, so gibt es wieder verschiedene Bedeutungen des Ausdrucks “genauer Kreis”, je nach dem Erfahrungskriterium, welches ich dafür bestimme, dass der Gegenstand genau kreisförmig ist. // … je nach dem Erfahrungskriterium, das ich für die genaue Kreisförmigkeit des Gegenstandes bestimme. // Wenn ich nun sage // wir nun sagen // : “keine Messung ist absolut genau”, so erinnern wir hier an einen Zug in der Grammatik der Angabe von Messungsresultaten. Denn sonst könnte uns Einer sehr wohl antworten: “wie weisst Du das, hast Du alle Messungen untersucht?” – “Man kann nie einen genauen Kreis sehen” kann die Hypothese sein, dass genauere Messung eines [K|k]reisförmig aussehenden Gegenstandes immer zu dem Resultat führen wird, dass der Gegenstand von der Kreisform abweicht. – Der Satz “man kann ein 100-Eck nicht von einem Kreis unterscheiden” hat nur Sinn, wenn man die beiden auf irgend eine Weise unterscheiden kann, und sagen will, man könne sie, etwa visuell, nicht unterscheiden. Wäre keine Methode der Unterscheidung vorgesehen, so hätte es also keinen Sinn, zu sagen, dass diese zwei Figuren (zwar) gleich aussehen, aber “in Wirklichkeit” // “tatsächlich” // verschieden sind. Und jener Satz wäre dann etwa die Definition 100-Eck = Kreis.
           Ist in irgend einem Sinne ein genauer Kreis im Gesichtsfeld undenkbar, dann muss der Satz “ich sehe nie einen genauen Kreis im Gesichtsfeld” von der Art des Satzes sein: “ich sehe nie ein hohes C im Gesichtsfeld”. // … , dann muss der Satz “im Gesichtsfeld ist nie ein genauer Kreis” von der Art des Satzes sein: “im Gesichtsfeld ist nie ein hohes C.” //

 
   
Verschwommen, unklar, unscharf.

           “Die Linien dieser Zeichnung sind unscharf”, “meine Erinnerung an die Zeichnung ist unklar, verschwommen”, “die Gegenstände am Rand meines
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Gesichtsfeldes sehe ich verschwommen”. – Wenn man von der Verschwommenheit der Bilder am Rande des Gesichtsfeldes spricht, so schwebt Eeinem oft ein Bild dieses Gesichtsfeldes vor, wie es etwa Mach entworfen hat. Die Verschwommenheit aber, die die Ränder eines Bildes // Die Verschwommenheit aber der Ränder eines Bildes // … // auf der Papierfläche haben können, ist von gänzlich andrer Natur, als die, die man von den Rändern des Gesichtsfeldes aussagt. So verschieden, wie die Blässe der Erinnerung an eine Zeichnung, von der Blässe einer Zeichnung (selbst). Wenn im Film eine Erinnerung oder ein Traum dargestellt werden sollte, so gab man den Bildern einen bläulichen Ton. Aber die Traum- und Erinnerungsbilder haben natürlich keinen bläulichen Ton – sowenig, wie unser Gesichtsbild verwaschene Ränder hat; also sind die bläulichen Projektionen auf der Leinwand // bläulichen Bilder auf der Leinwand // nicht unmittelbar ans[f|c]hauliche Bilder der Träume, sondern ‘Bilder’ in noch einem andern Sinn. – Bemerken wir im gewöhnlichen Leben, wo wir doch unablässig schauen, die Verschwommenheit an den Rändern des Gesichtsfeldes? Ja, welcher Erfahrung entspricht sie eigentlich, denn im normalen Sehen kommt sie nicht vor! Nun, wenn wir den Kopf nicht drehen und wir beobachten etwas, was wir durch Drehen der Augen gerade noch sehen können, dann sehen wir etwa einen Menschen, können aber sein Gesicht nicht erkennen, sondern sehen es in gewisser Weise verschwommen. Die Erfahrung hat nicht die geringste Aehnlichkeit mit dem Sehen einer Scheibe, auf der // welcher // Bilder gemalt sind, in der Mitte der Scheibe mit scharfen Umrissen, nach dem Rand zu mehr und mehr verschwimmend, etwa in ein allgemeines Grau unmerklich übergehend. Wir denken an so eine Scheibe, wenn wir z.B. fragen: könnte man sich nicht ein Gesichtsfeld mit gleichbleibender Klarheit der Umrisse etc. denken? Es gibt keine Erfahrung, die im Gesichtsfeld der entspräche, wenn man den Blick einem Bild entlang gleiten lässt, das von/scharfen Figuren zu immer verschwommeneren übergeht.

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                   Die v[u|i]suelle Gerade berührt den visuellen Kreis nicht in einem Punkt, sondern in einer visuellen Strecke. – Wenn ich die Zeichnung eines Kreises und einer Tangente ansehe, so ist // wäre // nicht das merkwürdig, wenn // dass // ich etwa niemals einen vollkommenen Kreis und eine vollkommene Gerade miteinander in Berührung sehe; interessant ist //
wäre
wird
// es, erst, wenn ich sie sehe, und dann die Tangente mit dem Kreis ein Stück zusammenläuft.

 
   
                   Denken wir uns folgendes psychologisches Experiment: Wir zeigen dem Subjekt zwei Linien G1, G2, durch welche quer die Gerade A gezogen ist. Das Stück dieser Geraden, welches zwischen G1 und G2 liegt, werde ich die Strecke a nennen. Wir ziehen nun in beliebiger Entfernung von a und parallel dazu b und fragen, ob er die Strecke b grösser sieht als a, oder die beiden Längen nicht mehr unterscheidet. Er antwortet, b erscheine grösser als a. Darauf nähern wir uns a, indem wir die Distanz von a zu b mit unsern Messinstrumenten halbieren und ziehen c. “Siehst Du c grösser als a?” – “Ja”. Wir halbieren die Distanz c–a und ziehen d. “Siehst Du d grösser als a?” – “Ja”. Wir halbieren a–d. “Siehst Du e grösser als a?” – “Nein”. Wir halbieren daher e–d. “Siehst Du f grösser als e?” – “Ja”. Wir halbieren also e–f und ziehen h. Wir könnten uns so auch von der linken Seite der Strecke a nähern, und dann sagen, dass einer gesehenen Länge a im euklidischen Raum nicht eine Länge, sondern ein Intervall von Längen entspricht, und in ähnlicher Weise einer gesehenen Lage eines Strichs (etwa des Zeigers eines Instruments) ein Intervall von Lagen im euklidischen Raum: aber dieses Intervall hat nicht scharfe Grenzen. Das heisst: es ist nicht von Punkten begrenzt, sondern von konvergierenden Intervallen, die nicht gegen einen Punkt konvergieren. (Wie
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die Reihe der Dualbrüche, die wir durch Werfen von Kopf und Adler erzeugen.) Das [c|C]harakteristische zweier Intervalle, die so nicht durch Punkte sondern unscharf begrenzt sind, ist, dass auf die Frage, ob sie einander übergreifen oder getrennt voneinander liegen, in gewissen Fällen die Antwort lautet: “unentschieden”. Und dass die Frage, ob sie einander berühren, einen Endpunkt miteinander gemein haben, immer sinnlos ist, da sie ja keine Endpunkte haben. Man könnte aber sagen: sie haben vorläufige Endpunkte. In dem Sinne, in welchem die Entwicklung von II ein vorläufiges Ende hat. An dieser Eigenschaft des ‘unscharfen’ Intervalls ist natürlich nichts geheimnisvolles, sondern das etwas Paradoxe klärt sich durch die doppelte Verwendung des Wortes “Intervall” auf.
           Es ist dies der gleiche Fall, wie der der doppelten Verwendung des Wortes “Schach”, wenn es einmal die Gesamtheit der jetzt geltenden Schachregeln bedeutet, ein andermal: das Spiel, welches N.N. in Persien erfunden hat und welches sich so und so entwickelt hat. In einem Fall ist es unsinnig, von einer Aenderung // Entwicklung // der Schachregeln zu reden, im andern Fall nicht. Wir können “Länge einer gemessenen Strecke” entweder das nennen, was bei einer bestimmten Messung, die ich heute um 5 Uhr durchführe, herauskommt, – dann gibt es für diese Längenangabe kein “ ± etc.” –, oder etwas, dem sich Messungen nähern etc.; in den zwei Fällen wird das Wort “Länge” mit ganz verschiedener Grammatik gebraucht. Und ebenso das Wort “Intervall”, wenn ich einmal etwas Fertiges, einmal etwas sich Entwikkelndes ein Intervall nenne.
I) die Intervalle liegen getrennt
II) sie liegen getrennt und berühren sich vorläufig
III) unentschieden
IV) unentschieden
V) unentschieden
VI) sie übergreifen
VII) sie übergreifen
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Wir können uns aber nicht wundern, dass nun ein Intervall so seltsame Eigenschaften haben soll: da wir eben das Wort “Intervall” jetzt in einem nicht gewöhnlichen Sinn gebrauchen. Und wir können nicht sagen, wir haben neue Eigenschaften gewisser Intervalle entdeckt. Sowenig wie wir neue Eigenschaften des Schachkönigs entdecken würden, wenn wir die Regeln des Spiels änderten, aber die Bezeichnung “Schach” und “König” beibehielten. (Vergl. dagegen Brouwer, über das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten.)
           Jener Versuch ergibt also wesentlich, was wir ei[j|n] “unscharfes” Intervall genannt haben; dagegen wären natürlich andere Experimente möglich // denkbar // , die statt dessen ein scharfes Intervall ergeben. Denken wir etwa, wir bewegten ein Lineal von der Anfangsstellung b, und parallel zu dieser, gegen a hin, bis in unserm Subjekt irgend eine bestimmte Reaktion einträte: dann könnten wir den Punkt, an dem die Reaktion einträte; dann könnten wir den Punkt, an dem die Reaktion beginnt, die Grenze unseres Streifens nennen. – So könnten wir natürlich auch ein Wägungsresultat “das Gewicht eines Körpers” nennen und es gäbe dann in diesem Sinn eine absolut genaue Wägung, d.i. d.i. eine, deren Resultat nicht die Form “G ± g” hat. Wir haben damit unsere Ausdrucksweise geändert, und müssen nun sagen, dass das Gewicht des Körpers schwankt und zwar nach einem uns unbekannten Gesetz. (Die Unterscheidung Der Unterschied zwischen “absolut genauer” Wägung und “wesentlich ungenauer” Wägung ist eine grammatische ein grammatischer und bezieht sich auf zwei verschiedene Bedeutungen des Ausdrucks “Ergebnis der Wägung”.)

 
   
                   Die Unbestimmtheit des Wortes “Haufen”. Ich könnte definieren: ein Körper von gewisser Form und Konsistenz etc. sei ein Haufe, wenn sein Volumen K m³ beträgt, oder mehr; was darunter liegt, will ich ein Häufchen nennen. Dann gibt es kein grösstes Häufchen; das heisst: dann ist es sinnlos, von dem “grössten Häufchen” zu reden. Umgekehrt könnte ich bestimmen: Haufe solle alles das sein, was grösser als K m³ ist, und dann
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hätte der Ausdruck “der kleinste Haufe” keine Bedeutung. Ist aber diese Unterscheidung nicht müssig? Gewiss, – wenn wir unter dem Volumen ein Messungsresultat im gewöhnlichen Sinne verstehen; denn dieses Resultat hat die Form “V ± v”. // Gewiss, – wenn wir unter dem Resultat der Messung des Volumens einen Ausdruck von der Form “V ± v” verstehen. // Sonst aber könnte die // wäre diese // Unterscheidung so unbrauchbar sein, wie // Unterscheidung nicht müssiger als // die, zwischen einem Schock Aepfel und 61 Aepfeln.

 
   
                   Die Verschwommenheit, Unbestimmtheit unserer Sinneseindrücke ist nicht etwas, dem sich abhelfen lässt, eine Verschwommenheit, der auch völlige Schärfe entspricht (oder entgegensteht). Vielmehr ist diese allgemeine Unbestimmtheit, Ungreifbarkeit, dieses Schwimmen der Sinneseindrücke, das, was mit dem Worte “alles fliesst” bezeichnet worden ist. Wir sagen “man sieht nie einen genauen Kreis”, und wollen sagen, dass, auch wenn wir keine Abweichung von der Kreisform sehen, uns das keinen genauen Kreis gibt. (Es ist, als wollten wir sagen: wir können dieses Werkzeug nie genau führen, denn wir halten nur den Griff und das Werkzeug sitzt im Griff lose.) Was aber verstehen wir dann unter dem Begriff ‘genauer Kreis’? Wie sind wir zu diesem Begriff überhaupt gekommen? Nun, wir denken z.B. an eine genau gemessene Kreisscheibe aus einem sehr harten Stahl. Aha – also dorthin zielen wir mit dem Begriff ‘genauer Kreis’. Freilich, davon finden wir im Gesichtsbild nichts. Wir haben eben die Darstellungsform gewählt, die die Stahlscheibe genau ernennt genauer nennt, als die Holzscheibe und die Holzscheibe genauer als die Papierscheibe. Wir haben den Begriff “genau” durch eine Reihe bestimmt, und reden von den Sinneseindrücken als Bildern, ungenauen Bildern, der physikalischen Gegenstände.

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                   Die Gallstone'sche Photographie, das Bild einer Wahrscheinlichkeit. Das Gesetz der Wahrscheinlichkeit, das Naturgesetz, was man sieht, wenn man blinzelt.

 
   
                   In den Theorien und Streitigkeiten der Philosophie finden wir die Worte, deren Bedeutungˇen uns vom alltäglichen Leben her wohlbekannt sind, in einem ultraphysischen Sinne angewandt.

 
   
                   
2 + 3 + 4
  5
    9
     2 + 4 + 3
  6
    9
     4 + 3 + 2
  7
    9
(Ƒ) “Siehst Du, es kommt tatsächlich immer dasselbe heraus”, möchte man sagen. So aufgefasst, war die Rechnung ein Experiment. Wir haben die Regeln des Eins-und-Eins angewendet und denen sieht man es nicht unmittelbar an, dass sie in den drei Fällen zum gleichen Resultat führen. Man wundert sich gleichsam, dass die Ziffern, losgelöst von ihren Definitionen, so richtig funktionieren. Oder vielmehr: dass die Ziffernregeln so richtig arbeiten, wenn sie nicht von den Definitionen kontrolliert werden. – Denken wir an den Schritt, der zu machen ist von der gelernten Regel des Eins-und-Eins zu der Anwendung der Regel in dem speziellen Fall. –

 
   
                   Könnten die Berechnungen eines Ingenieurs ergeben, dass die Stärke // dass eine Dimension // eines Maschinenteils bei gleichmässig wachsender Belastung in der Reihe der Primzahlen fortschreiten müsse? // , dass die Stärken eines Maschinenteils … müssen? //

 
   
                   
1 : 3 = 0,3
  1
entscheidet durch ihre Periodizität nichts, was früher offen gelassen war. Wenn vor der Entdeckung der Periodizität Einer vergebens nach einer 4 in der Entwicklung von 1 : 3 gesucht
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hätte, so hätte er doch die Frage “gibt es eine 4 in der Entwicklung von 1 : 3” nicht sinnvoll stellen können, d.h., abgesehen davon, dass er tatsächlich zu keiner 4 gekommen war, können wir ihn davon überzeugen, dass er keine Methode besitzt, seine Frage zu entscheiden. Oder wir könnten auch sagen: abgesehen von dem Resultat seiner Tätigkeit könnten wir ihn über die Grammatik seiner Frage und die Natur seines Suchens aufklären (wie einen heutigen Mathematiker über analoge Probleme). “Aber als Folge der Entdeckung der Periodizität hört er nun doch gewiss auf, nach einer 4 zu suchen! Sie überzeugt ihn also, dass er nie eine finden wird”. – Nein. Die Entdeckung der Periodizität bringt ihn vom Suchen ab, wenn er sich nun neu einstellt. Man könnte ihn fragen: “Wie ist es nun, willst Du noch immer nach einer 4 suchen?” (Oder hat Dich, sozusagen, die Periodizität auf andere Gedanken gebracht.)
           Und die Entwick Entdeckung der Periodizität ist in Wirklichkeit die Konstruktion eines neuen Zeichens und Kalküls. Denn es ist irreführend ausgedrückt, wenn wir sagen, sie bestehe darin, dass es uns aufgefallen sei, dass der erste Rest gleich dem Dividenden ist. Denn hätte man Einen, der die periodische Division nicht kannte, gefragt
:
,
ist in dieser Division der erste Rest gleich dem Dividenden, so hätte er natürlich “ja” gesagt; es wäre ihm also aufgefallen. Aber damit hätte ihm nicht die Periodizität auffallen brauchen // müssen // ; d.h.: er hätte damit nicht den Kalkül mit den Zeichen aa : b = c gefunden.
           Ist nicht, was ich hier sage, immer dasselbe, // sage, das, // was Kant damit meinte, dass 5 + 7 = 12 nicht analytisch, sondern synthetisch a priori sei?

 
   
                   Der Satz, dass eine Klasse einer ihrer Subklassen nicht ähnlich ist, ist für endliche Klassen nicht wahr, sondern eine Tautologie. Die grammatischen Regeln über die Allgemeinheit der generellen Impli-
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kation in dem Satz “k ist eine Subklasse von K” enthalten das, was der Satz, K sei eine unendliche Klasse, sagt. // Die grammatischen Regeln über die Allgemeinheit der // jener // generellen Implikation im Satz “k ist eine Subklasse von K” … //

 
   
                   Unzulänglichkeit der Frege'schen und Russell'schen Allgemeinheitsbezeichnung.
           Es hat Sinn, zu sagen “schreib' eine beliebige Kardinalzahl hin”, ist aber Unsinn zu sagen: “schreib' alle Kardinalzahlen hin”. “In dem Viereck befindet sich ein Kreis” ((Ex).fx) hat Sinn, aber nicht non non(Ex). non fx: “in dem Viereck befinden sich alle Kreise”. “Auf einem andersfarbigen Hintergrund befindet sich ein roter Kreis” hat Sinn, aber nicht “es gibt keine von rot verschiedene Farbe eines Hintergrundes, auf der sich kein roter Kreis befindet”.
           “In diesem Viereck ist ein schwarzer Kreis”: Wenn dieser Satz die Form “(Ex).x ist ein schwarzer Kreis im Viereck” hat, was // welcher Art // ist so ein Ding x, welches // das // die Eigenschaft hat, ein schwarzer Kreis zu sein (und also auch die haben kann, kein schwarzer Kreis zu sein)? Ist es etwa ein Ort im Quadrat? dann aber gibt es keinen Satz “(x “(x).x ist ein schwarzer …”. Anderseits könnte jener Satz bedeuten “es gibt einen Fleck im Quadrat, der ein schwarzer Kreis ist”. Wie verifiziert man diesen Satz? Nun, man geht die verschiedenen Flecken im Quadrat durch und untersucht sie daraufhin, ob sie ganz schwarz und kreisförmig sind. Welcher Art ist aber der Satz: “Es ist kein Fleck in dem Quadrat”? Denn, wenn das ‘x’ in ‘(Ex)’ im vorigen Fall ‘Fleck im Quadrat’ hiess, dann kann es zwar einen Satz “(Ex).fx” geben, aber keinen “(Ex)” oder “non(Ex)”. Oder, ich könnte wieder fragen: Was ist das für ein Ding, das die Eigenschaft hat (oder nicht hat) ein Fleck im Quadrat zu sein?
           Und wenn man sagen kann “ein Fleck ist in dem Quadrat”, hat es
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dann // damit // auch schon Sinn, zu sagen “alle Flecken [d|s]ind in dem Quadrat”? Welche alle?

 
   
                   Was heisst es: “die Punkte, die das Experiment liefert, liegen durchschnittlich auf einer Geraden”? oder: “wenn ich mit einem guten Würfel würfle, so werfe ich durchschnittlich alle 6 Würfel eine 1”? Ist dieser Satz mit jeder Erfahrung, die ich etwa mache, vereinbar? Wenn er das ist, so sagt er nichts. Habe ich (vorher) angegeben, mit welcher Erfahrung er nicht mehr vereinbar ist, welches die Grenze ist, bis zu der die Ausnahmen von der Regel gehen dürfen, ohne die Regel umzustossen? Nein. Hätte ich aber nicht eine solche Grenze aufstellen können? Gewiss. – Denken wir uns, die Grenze wäre so gezogen: wenn unter 6 aufeinander folgenden Würfen 4 gleiche auftreten, ist der Würfel schlecht. Nun fragt man aber: “Wenn das aber nur selten genug geschieht, ist er dann nicht doch gut?” – Darauf lautet die Antwort: Wenn ich das Auftreten von 4 gleichen Würfen unter 6 aufeinander folgenden für eine bestimmte Zahl von Würfen erlaube, so ziehe ich damit eine andere Grenze, als die erste war. Wenn ich aber sage “jede Anzahl gleicher aufeinander folgender Würfe ist erlaubt, wenn sie nur selten genug auftritt, dann habe ich damit die Güte des Würfels im strengen Sinne als unabhängig von den Wurfresultaten erklärt. Es sei denn, dass ich unter der Güte des Würfels nicht eine Eigenschaft des Würfels, sondern eine Eigenschaft einer bestimmten Partie im Würfelspiel verstehe. Denn dann kann ich allerdings sagen: Ich nenne den Würfel in einer Partie gut, wenn unter den N Würfen der Partie nicht mehr als log N gleiche aufeinander folgende vorkommen. Hiermit wäre aber eben kein Test zur Ueberprüfung von Würfeln gegeben, sondern ein Kriterium zur Beurteilung einer Partie des Spiels.

 
   
                   Man sagt, wenn der Würfel ganz gleichmässig und
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sich selbst überlassen ist, dann muss die Verteilung der Ziffern 1, 2, 3, 4, 5, 6, unter den Wurfresultaten gleichförmig sein, weil kein Grund vorhanden ist, weshalb die eine Ziffer öfter vorkommen sollte als die andere. Aber wie ist es mit den Worten der Funktion (x ‒ 3)²
          Stellen wir nun aber die Wurfresultate statt durch die Ziffern 1
bis
6 durch die Worte der Funktion (x ‒ 3)² für die Argumente 1 bis 6 dar, also durch die Ziffern 0, 1, 4, 9. Ist ein Grund vorhanden, warum eine dieser Ziffern öfter in den neuen Wurfresultaten fungieren soll, als eine andere? Dies lehrt uns, dass das Gesetz a priori der Wahrscheinlichkeit eine Form von Gesetzen ist, wie die der Minimumgesetze der Mechanik etc.. Hätte man durch Versuche herausgefunden, dass die Verteilung der Würfe 1 bis 6 mit einem regelmässigen Würfel so ausfällt, dass die Verteilung der Werte (x ‒ 3)² eine gleichmässige wird, so hätte man nun diese Gleichmässigkeit als die Gleichmässigkeit a priori erklärt.
           So machen wir es auch in der kinetischen Gastheorie: wir stellen die Verteilung der Molekülbewegungen in der Form irgend einer gleichförmigen Verteilung dar; was aber gleichförmig verteilt ist – so wie an andrer Stelle was zu einem Minimum wird – wählen wir so, dass unsere Theorie mit der Erfahrung übereinstimmt.

 
   
                   “Die Moleküle bewegen sich bloss nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit”, das soll heissen: die Physik tritt ab, und die Moleküle bewegen sich jetzt quasi bloss nach Gesetzen der Logik. Diese Meinung ist verwandt der, dass das Trägheitsgesetz ein Satz a priori ist; und auch hier redet man davon, was ein Körper tut, wenn er sich selbst überlassen ist. Was ist das Kriterium dafür, dass er sich selbst überlassen ist? Ist es am Ende das, dass er sich gleichförmig in einer Geraden bewegt? Oder ist es ein anderes. Wenn das letztere, dann ist es eine Sache der Erfahrung,
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ob das Trägheitsgesetz stimmt; im ersten Fall aber war es gar kein Gesetz, sondern eine Definition. Und Analoges gilt von einem Satz: “wenn die Teilchen sich selbst überlassen sind, dann ist die Verteilung ihrer Bewegungen die und die”. Welches ist das Kriterium dafür, dass sie sich selbst überlassen sind? etc..

 
   
                    / Wenn die Messung ergibt, dass der Würfel genau und homogen ist, – ich nehme an, dass die Ziffern auf seinen Flächen die Wurfresultate nicht beinflussen und die werfende Hand bewegt sich regellos – folgt daraus die durchschnittlich gleichmässige Verteilung der Würfe 1 bis 6? Woraus sollte man die schliessen? Ueber die [N|B]ewegung beim Werfen hat man keine Annahme gemacht und die Prämisse der // Annahme der // Genauigkeit des Würfels ist doch von ganz anderer Art // Multiplizität // , als eine durchschnittlich gleichförmige Verteilung von Resultaten. Die Prämisse ist gleichsam einfärbig, die Konklusion gesprenkelt. Warum hat man gesagt, der Esel werde zwischen den beiden gleichen Heubündeln verhungern, und nicht, er werde durchschnittlich so oft von dem einen, wie von dem andern fressen // er werde von beiden durchschnittlich gleich oft fressen // ? /

 
   
                   Behaviourism. “Mir scheint, ich bin traurig, ich lasse den Kopf so hängen”.
           Warum hat man kein Mitl[i|e]id, wenn eine Tür ungeölt ist und beim Auf- und Zumachen schreit? Haben wir mit dem Andern, der sich benimmt, wie wir, wenn wir Schmerzen haben, Mitleid, – auf philosophische Erwägungen hin, die zu dem Ergebnis geführt haben, dass er leidet, wie wir? Ebensogut können uns die Physiker damit Furcht einflössen, dass sie uns versichern, der Fussboden sei gar nicht kompakt, wie er scheine, sondern bestehe aus losen
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Partikeln, die regellos herumschwirren. “Aber wir hätten doch mit dem Andern nicht Mitleid, wenn wir wüssten, dass er nur eine Puppe ist, oder seine Schmerzen bloss heuchelt.” Freilich, – aber wir haben auch ganz bestimmte Kriterien dafür, dass etwas eine Puppe ist, oder dass Einer seine Schmerzen heuchelt und diese Kriterien stehen eben im Gegensatz zu denen, die wir Kriterien dafür nennen, dass etwas keine Puppe (sondern etwa ein Mensch) ist und seine Schmerzen nicht heuchelt (sondern wirklich Schmerzen hat).

 
   
                   Die Untersuchung der Regeln des Gebrauchs unserer Sprache, die Erkenntnis dieser Regeln und übersichtliche Darstellung, läuft auf das hinaus, d.h. leistet dasselbe, was man oft durch die Konstruktion einer phänomenologischen Sprache leisten // erzielen // will.
           Jedesmal, wenn wir erkennen, dass die und die Darstellungsweise auch durch eine andre ersetzt werden kann, machen wir einen Schritt zu diesem Ziel.

 
   
                   Wie kommt, dass die Philosophie ein so komplizierter Bau // Aufbau // ist. Sie sollte doch gänzlich einfach sein, wenn sie jenes Letzte, von aller Erfahrung Unabhängige ist, wofür Du sie ausgibt. – Die Philosophie löst Knoten auf, die wir in unser Denken gemacht haben // löst die Knoten in unserem Denken auf // ; daher muss ihr Resultat einfach sein, ihre Tätigkeit aber so kompliziert wie die Knoten, die sie auflöst.

 
   
                   Hat es Sinn zu sagen, zwei Menschen hätten den selben Körper? We[k|l]ches wären die Erfahrungen, die wir mit diesem Satz beschrieben? Dass ich darauf käme, dass das, was ich meine Hand nenne, und bewege, an dem Körper eines Andern sitzt, ist natürlich denkbar, denn ich
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sehe, während ich jetzt schreibe, die Verbindung meiner Hand mit meinem übrigen Körper nicht. Und ich könnte wohl darauf kommen, dass sich die frühere Verbindung gelöst hat und also auch, dass meine Hand jetzt an dem Arm eines Andern sitzt.

 
   
                   Die Geometrie ist nicht die Wissenschaft (Naturwissenschaft) von den geometrischen Ebenen, geometrischen Geraden und geometrischen Punkten, im Gegensatz etwa zu einer andern Wissenschaft, die von den groben, physischen Geraden, Strichen, Flächen etc. handelt und deren Eigenschaften angibt. Der Zusammenhang der Geometrie mit Sätzen des praktischen Lebens, die von Strichen, Farbgrenzen, Kanten und Ecken etc. handeln, ist nicht der, dass sie über ähnliche Dinge spricht, wie diese Sätze, wenn auch über ideale Kanten, Ecken, etc.; sondern der, zwischen diesen Sätzen und ihrer Grammatik. Die angewandte Geometrie ist die Grammatik der Aussagen über die räumlichen Gegenstände. Die sogenannte geometrische Gerade verhält sich zu einer Farbgrenze nicht wie etwas Feines zu etwas Grobem, sondern wie Möglichkeit zur Wirklichkeit. (Denke an die Auffassung der Möglichkeit als Schatten der Wirklichkeit.)

 
   
                   Der Name, den ich einem Körper gebe, einer Fläche, einem Ort, einer Farbe, hat jedesmal andere Grammatik. Der Name “a” in “a ist gelb” hat eine andere Grammatik, wenn a der Name eines Körpers und wenn es der Name einer Fläche eines Körpers ist; ob nun ein Satz “dieser Körper ist gelb” sagt, dass die Oberfläche des Körpers gelb ist, oder dass er durch und durch gelb ist. “Ich zeige auf a” hat verschiedene Grammatik, je nachdem a ein Körper, eine Fläche, eine Farbe ist etc.. Und so hat auch das hinweisende Fürwort “dieser” andere Bedeutung (d.h. Grammatik), wenn es sich auf Hauptwörter verschiedener Grammatik bezieht. // Hauptwörter mit verschiedener Grammatik bezieht. //

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                   Zu sagen, die Punkte, die dieses Experiment liefert, liegen durchschnittlich auf dieser Linie, z.B. einer Geraden, sagt etwas Aehnliches wie: “aus dieser Entfernung gesehen, scheinen sie in einer Geraden zu liegen”.
           Ich kann von einer Linie // Strecke // sagen, der allgemeine Eindruck ist der einer Geraden; aber nicht: “die
Strecke
Linie
schaut gerade aus, denn sie kann das Stück einer Linie sein, die mir als
Ganze
Ganzes
den Eindruck der Geraden macht”. (Berge auf der Erde und auf dem Mond. Erde eine Kugel.)

 
   
                   Von Sinnesdaten in dem Sinne dieses Worts, in dem es [i|u]ndenkbar ist, dass der Andere sie hat, kann man eben aus diesem Grunde auch nicht sagen, dass der Andere sie nicht hat. Und eben darum ist es auch sinnlos zu sagen, dass ich, im Gegensatz zum Andern, sie habe. – Wenn man sagt “seine Zahnschmerzen kann ich nicht fühlen”, meint man damit, dass man die Zahnschmerzen des Andern bis jetzt nie gefühlt hat? Wie unterscheiden sich seine Zahnschmerzen von den meinen? Wenn das Wort “Schmerzen” in den Sätzen “ich habe Schmerzen” und “er hat Schmerzen” die gleiche Bedeutung hat, – was heisst es dann zu sagen, dass er nicht dieselben Schmerzen haben kann, wie ich? Wie können sich denn verschiedene Schmerzen voneinander unterscheiden? Durch Stärke, durch den Charakter des Schmerzes ([S|s]techend, bohrend, etc.) und durch die Lokalisation im Körper. Wenn nun aber diese Charakteristika die bei beiden dieselben sind? – Wenn man aber/einwendet, ihr Unterschied, // , der Unterschied der Schmerzen // sei eben der, dass in einem Falle ich sie habe, im andern Fall er! – dann ist also die besitzende Person eine Charakteristik der Schmerzen selbst. Aber was ist dann mit dem Satz “ich habe Schmerzen” oder “er hat Schmerzen” ausgesagt? – Wenn das Wort “Schmerzen” in beiden Fällen die gleiche Bedeutung hat, dann muss man die Schmerzen der Beiden miteinander vergleichen können; und wenn sie in Stärke etc., etc. miteinander übereinstimmen, so sind sie
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die gleichen; wie zwei Anzüge die gleiche Farbe besitzen, wenn sie in Bezug auf Helligkeit, Sättigung, etc. miteinander übereinstimmen.
           Wenn man fragt “ist es denkbar, dass ein Mensch die Schmerzen des Andern fühlt?” so schweben einem dabei die Schmerzen (etwa Zahnschmerzen) des Andern gleichsam als ein Körper, ein Volumen, vor im Mund des Andern und die Frage scheint zu fragen, ob wir an diesem Schmerzvolumen teilhaben können. Etwa dadurch, dass sich unser beider Wangen durch Drängen drängen. Aber auch das scheint dann nicht zu genügen und wir müssten ganz mit ihm zusammenfallen // und wir müssten uns ganz mit ihm decken // .

 
   
                   Das Experiment des Würfelns dauert eine gewisse Zeit, und unsere Erwartungen über die zukünftigen Ergebnisse des Würfelns können sich nur auf Tendenzen gründen, die wir in den Ergebnissen des Experiments wahrnehmen. D.h., das Experiment kann nur die Erwartung begründen, dass es so weitergehen wird, wie (es) das Experiment gezeigt hat. Aber wir können nicht erwarten, dass das Experiment, wenn fortgesetzt, nun Ergebnisse liefern wird, die mehr als die des wirklich ausgeführten Experiments mit einer vorgefassten Meinung über seinen Verlauf übereinstimmen. Wenn ich also z.B. Kopf und Adler werfe und in den Ergebnissen des Experiments keine Tendenz der Kopf- und Adler-Zahlen finde, sich weiter einander zu nähern, so gibt das Experiment mir keinen Grund zur Annahme, dass seine Fortsetzung eine solche Annäherung zeigen wird. Ja, die Erwartung dieser Annäherung muss sich selbst auf einen bestimmten Zeitpunkt beziehen, denn man kann nicht sagen, man erwarte, dass ein Ereignis einmal – in der unendlichen Zukunft – eintreten werde.

 
   
                   Ein Gedanke über die Darstellbarkeit der unmittelbaren Realität durch die Sprache:
           “Der Strom des Lebens, oder der Strom der Welt, fliesst dahin,
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und unsere Sätze werden, sozusagen, nur in Augenblicken verifiziert. Unsere Sätze werden nur von der Gegenwart verifiziert. – Sie müssen also so gemacht sein, dass sie von ihr verifiziert werden können. Sie müssen das Zeug haben, um von ihr verifiziert werden zu können. Dann haben sie also in irgend einer Weise die Kommensurabilität mit der Gegenwart // Dann sind sie also in irgend einer Weise mit der Gegenwart kommensurabel // und diese dies können sie nicht haben sein trotz ihrer raum-zeitlichen Natur, sondern diese muss sich zur Kommensurabilität verhalten, wie die Körperlichkeit eines Masstabes zu seiner Ausgedehntheit, mit der // mittels der // er misst. Im Falle des Masstabes kann man auch nicht sagen: ‘Ja, der Masstab misst die Länge, trotz seiner Körperlichkeit; freilich, ein Masstab, der nur Länge hätte, wäre das Ideal, wäre der reine Masstab’. Nein, wenn ein Körper Länge hat, so kann es keine Länge ohne einen Körper geben – und wenn ich auch verstehe, dass in einem bestimmten Sinn nur die Länge des Masstabs misst, so bleibt doch was ich in die Stec Tasche stecke der Masstab, – der Körper und nicht die Länge.”

 
   
                   Ich stimme mit den Anschauungen neuerer Physiker überein, wenn sie sagen, dass die Zeichen in ihren Gleichungen keine “Bedeutungen” mehr haben, und dass die Physik zu keinen solchen Bedeutungen gelangen können, sondern bei den Zeichen stehen bleiben m[p|ü]sse: sie sehen nämlich nicht, dass diese Zeichen insofern Bedeutung haben – und nur insofern – als ihnen, auf welchen Umwegen immer, das beobachtete Phänomen entspricht, oder nicht entspricht.

 
   
                   Darstellung einer Linie als Gerade mit Abweichungen. Die Gleichung der Linie enthält einen Parameter, dessen Verlauf die Abweichungen von der Geraden ausdrückt. Es ist nicht wesentlich, dass die-
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se Abweichungen “gering” seien. Sie können so gross sein, dass die Linie einer Geraden nicht ähnlich sieht. Die “Gerade mit Abweichungen” ist nur eine Form der Beschreibung. Sie erleichtert es mir, einen bestimmten Teil der Beschreibung auszuschalten, zu vernachlässigen, wenn ich will. (Die Form “Regel mit Ausnahmen”.)

 
   
                   Alle “begründete Erwartung” ist Erwartung, dass eine bis jetzt beobachtete Regel weiterhin // weiter // [v|g]elten wird.
           (Die Regel aber muss beobachtet worden sein und kann nicht selbst wieder bloss erwartet werden.)

 
   
                   Die Logik der Wahrscheinlichkeit hat es mit dem Zustand der Erwartung nur soweit zu tun, wie die Logik überhaupt, mit dem Denken.

 
   
                   Von der Lichtquelle Q wird ein Lichtstrahl ausgesandt, der die Scheibe AB trifft, dort einen Lichtpunkt erzeugt und dann die Scheibe AC trifft. Wir haben nun keinen Grund zur Annahme, der Lichtpunkt auf AB werde rechts von der Mitte M liegen, noch zur entgegengesetzten; aber auch keinen Grund anzunehmen, der Lichtpunkt auf AC werde auf der und nicht auf jener Seite von der Mitte m liegen. // Wir haben nun keinen Grund, anzunehmen, dass der Lichtpunkt auf AB eher auf der einen Seite der Mitte M, als auf der andern liegen wird; aber auch keinen Grund, anzunehmen, der Lichtpunkt auf AC werde auf der einen und nicht auf der andern Seite der Mitte m liegen. // Das gibt also widersprechende Wahrscheinlichkeiten. Wenn ich nun eine Annahme über den Grad der Wahrscheinlichkeiten mache, dass der eine Lichtpunkt im Stück AM liegt,
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– wie wird diese Annahme verifiziert? Wir
meinen
denken
doch
, durch einen Häufigkeitsversuch. Angenommen nun, dieser bestätigt die Auffassung, dass die Wahrscheinlichkeiten für das Stück AM und BM gleich sind (also für Am und Cm verschieden), so ist sie damit als die richtige erkannt und erweist sich also als eine physikalische Hypothese. Die geometrische Konstruktion zeigt nur, dass die Gleichheit der Strecken AM und BM kein Grund zur Annahme gleicher Wahrscheinlichkeit war.

 
   
                   Was heisst es: den Goldbach'schen Satz glauben? Worin besteht dieser Glaube? In einem Gefühl der Sicherheit, wenn wir den Satz aussprechen, oder hören? Das interessiert uns nicht. Ich weiss ja auch nicht, wie weit dieses Gefühl durch den Satz selbst hervorgerufen sein mag. Wie greift der Glaube in diesen Satz ein? Sehen wir nach, welche Konsequenzen er hat, wozu er uns bringt. “Er bringt mich zum Suchen nach einem Beweis dieses Satzes”. – Gut, jetzt sehen wir noch nach, worin Dein Suchen eigentlich besteht; dann werden wir wissen,
–﹖
﹖– wie es sich mit Deinem Glauben an den Satz verhält.


 
   
                   “Der Kretische Lügner”. Statt zu sagen “ich lüge”, könnte er auch hinschreiben “dieser Satz ist falsch”. Die Antwort darauf wäre: “Wohl, aber welchen Satz meinst Du?” – “Nun, diesen Satz.” – “Ich verstehe, aber von welchem Satz ist in ihm die Rede?” – “Von diesem.” – “Gut, und auf welchen Satz spielt dieser an?” u.s.w.. Er könnte uns so nicht erklären, was er meint, ehe er zu einem kompletten Satz übergeht. – Man kann auch sagen: Der fundamentale Fehler liegt darin, dass man denkt // glaubt // , ein Wort, z.B. “dieser Satz”, könne auf seinen Gegenstand gleichsam anspielen (aus der Entfernung hindeuten), ohne ihn vertreten zu müssen.

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                   (Ein Satz der von allen Sätzen oder allen Funktionen handelt. Was stellt man sich darunter vor? // Was meint man damit? // Es wäre wohl ein Satz der Logik. Denken wir nun daran, wie der Satz non2np = p bewiesen wird.)

 
   
                   Wenn ich annehme, die Messung ergebe, dass der Würfel genau und homogen ist, und die Ziffern auf seinen Flächen die Wurfresultate nicht beeinflussen, und die Hand, die ihn wirft, bewegt sich ohne bestimmte Regel; folgt daraus die // eine // durchschnittlich gleichförmige Verteilung der Würfe 1 bis 6 unter den Wurfergebnissen? – Woraus sollte sie hervorgehen? Dass der Würfel genau und homogen ist, kann doch keine durchschnittlich gleichförmige Verteilung von Resultaten begründen. (Die Voraussetzung ist sozusagen homogen, die Folgerung wäre gesprenkelt.) Und über die Bewegung beim Werfen haben wir ja keine Annahme gemacht. (Mit der Gleichheit der beiden Heubündel hat man zwar begründet, dass der Esel in ihrer Mitte verhungern (werde); aber nicht, dass er ungefähr gleich/oft von jedem fressen werde.) – Mit unseren Annahmen ist es auch vollkommen vereinbar, dass mit dem Würfel 100 Einser nacheinander geworfen werden, wenn Reibung, Handbewegung, Luftwiderstand so zusammentreffen. Die Erfahrung, dass sie das nie geschieht, ist eine, die diese Faktoren betrifft // ist eine diese Faktoren betreffende // . Und die Vermutung der gleichmässigen Verteilung der Wurfergebnisse ist eine Vermutung über das Arbeiten dieser Faktoren // Einflüsse // .
           Wenn man ein sagt, ein gleicharmiger Hebel, auf den symmetrische Kräfte wirken, müsse in Ruhe bleiben, weil keine Ursache vorhanden ist, weshalb er sich eher auf die eine als auf die andre Seite neigen sollte, so heisst das nur, dass, wenn wir gleiche Hebelarme und symmetrische Kräfte
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konstatiert haben und nun der Hebel sich nach der einen Seite neigt, wir dies aus den uns bekannten – oder von uns angenommenen – Voraussetzungen nicht erklären können. (Die Form, die wir “Erklärung” nennen, muss auch asymmetrisch sein; wie die Operation, ﹖– die aus “a + b” “2a + 3b” macht –﹖.) Wohl aber können wir die andauernde Ruhe des Hebels aus unsern Voraussetzungen erklären. – Aber auch eine schwingende Bewegung, die durchschnittlich gleich oft von der Mitte // Mittellage // nach rechts und nach link[g|s]s gerichtet ist? Die schwingende Bewegung nicht, denn in der ist ja wieder Asymmetrie. Nur die Symmetrie in dieser Asymmetrie. Hätte sich der Hebel gleichförmig nach rechts gedreht, so könnte man analog sagen: Mit der Symmetrie der Bedingungen kann ich die Gleichförmigkeit der Bewegung, aber nicht ihre Richtung erklären.
           Eine Ungleichförmigkeit der Verteilung der Wurfresultate ist mit der Symmetrie des Würfels nicht zu erklären. Und nur insofern erklärt diese Symmetrie die Gleichförmigkeit der Verteilung. – Denn man kann natürlich sagen: Wenn die Ziffern auf den Würfelflächen keine Wirkung haben, dann kann ihre Verschiedenheit nicht eine Ungleichförmigkeit der Verteilung erklären; und gleiche Umstände können selbstverständlich nicht Verschiedenheiten erklären; soweit also könnte man auf eine Gleichförmigkeit schliessen. Aber woher dann überhaupt verschiedene Wurfresultate? Gewiss, was diese // Was diese // erklärt, muss nun auch ihre durchschnittliche Gleichförmigkeit erklären. Die Regelmässigkeit des Würfels stört nur eben diese Gleichförmigkeit nicht.

 
   
                   Angenommen, Einer der täglich im Spiel würfelt, würde etwa eine Woche lang nichts als Einser werfen, und zwar mit Würfeln, die nach allen anderen Arten // Methoden // der Untersuchung // Prüfung // sich als gut erweisen, und wenn ein Andrer sie wirft, auch die gewöhnlichen Resultate geben // liefern // . Hat er nun Grund, hier ein Naturgesetz anzu-
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nehmen, dem gemäss er immer Einser wirft // werfen muss // ; hat er Grund: zu glauben, dass das nun so weiter gehen wird, – oder [)|(]vielmehr) Grund anzunehmen, dass diese Regelmässigkeit nicht lange mehr andauern kann // wird // ? Hat er also Grund das Spiel aufzugeben, da es sich gezeigt hat, dass er nur Einser werfen kann; oder weiterzuspielen, da es jetzt nur um so wahrscheinlicher ist, dass er beim nächsten Wurf eine höhere Zahl werfen wird? – In Wirklichkeit wird er sich weigern, die Regelmässigkeit als ein Naturgesetz anzuerkennen; zum mindesten wird sie lang andauern müssen, ehe er diese Auffassung in Betracht zieht. Aber warum? – “Ich glaube, weil so viel frühere Erfahrung seines Lebens gegen ein solches Gesetz spricht, die alle sozusagen – erst überwunden werden muss, ehe wir eine ganz neue Betrachtungsweise annehmen.

 
   
                   Wenn wir aus der relativen Häufigkeit eines Ereignisses auf seine relative Häufigkeit in der Zukunft Schlüsse ziehen, som können wir das natürlich nur nach der bisher tatsächlich beobachteten Häufigkeit tun. Und nicht nach einer, die wir aus der beobachteten durch irgend einen Prozess der Wahrscheinlichkeitsrechnung erhalten haben. Denn die berechnete Wahrscheinlichkeit stimmt mit jeder beliebigen tatsächlich beobachteten Häufigkeit überein, da sie die Zeit offen lässt.

 
   
                   Wenn sich der Spieler, oder die Versicherungsgesellschaft, nach der Wahrscheinlichkeit richten, so richten sie sich nicht nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung, denn nach dieser allein kann man sich nicht richten, da, was immer geschieht, mit ihr in Uebereinstimmung zu bringen ist; sondern die Versicherungsgesellschaft richtet sich nach einer tatsächlich beobachteten Häufigkeit. Und zwar ist ˇdas natürlich eine absolute Häufigkeit.

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                   Was zum Wesen der Welt gehört, kann die Sprache nicht ausdrücken. Daher kann sie nicht sagen, dass [a|A]lles fliesst. Nur was wir uns auch anders vorstellen könnten, kann die Sprache sagen.
           ﹖– Dass [a|A]lles fliesst, muss in dem Wesen // im Wesen // der Anwendung der Sprache auf der Wirklichkeit liegen. –﹖ // Dass Alles fliesst, muss im Wesen der Berührung der Sprache mit der Wirklichkeit liegen. // Oder besser: dass Alles fliesst, muss im Wesen der Sprache liegen. Und, erinnern wir uns: im gewöhnlichen Leben fällt uns das nicht auf – sowenig, wie die verschwommenen Ränder unseres Gesichtsfeldes (“weil wir so daran gewöhnt sind”, wird mMancher sagen). Wie, bei welcher Gelegenheit, glauben wir denn, darauf aufmerksam zu werden? Ist es nicht, wenn wir Sätze gegen die Grammatik der Zeit bilden wollen?

 
   
                   “Nur die Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks hat Realität”. – Soll das heissen, dass ich heute früh nicht aufgestanden bin? Oder, dass ein Ereignis, dessen ich mich in diesem Augenblick nicht erinnere // entsinne // , nicht stattgefunden hat? – Soll hier ‘gegenwärtige Erfahrung’ im Gegensatz stehen zu zukünftiger und vergangener Erfahrung? Oder ist es ein Beiwort, wie das Wort “rational” in “rationale Zahl”, so dass man die beiden Wörter auch durch eines ersetzen könnte und das Beiwort auf eine grammatische Eigentümlichkeit hinweist. Und was wird in diesem Falle vom Subjekt angenommen ausgesagt, wenn ihm Realität zugesprochen wird? Betonen wir hier nicht wieder eine grammatische Eigentümlichkeit, in derselben Weise, wie wenn man sagt // etwa, als wenn man sagte: // “nur die Kardinalzahlen sind wirkliche Zahlen”. (Kronecker soll gesagt haben, nur die Kardinalzahlen seien von Gott erschaffen, alle anderen seien Menschenwerk.) – Heisst es ‘gegenwärtige Erfahrung’ im Gegensatz zu zukünftiger und vergangener, dann meint man mit diesen Erfahrungen etwa physikalische Vorgänge;
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und wenn ich das Bild von der Laterna magica gebrauche und die zeitlichen Beziehungen i[j|n] räumliche übersetze, so ist die gegenwärtige Erfahrung im physikalischen Sinn das Bild auf dem Filmstreifen, das sich vor dem Objektiv der Laterne befindet. (Ich kann nicht sagen: “das sich jetzt vor dem Objektiv der Laterne befindet”.) Auf der einen Seite dieses Bildes sind // liegen // die vergangenen, auf der andern die zukünftigen Bilder (die beiden Seiten sind durch Eigentümlichkeiten des Apparates charakterisiert). Das Bild auf der Leinwand gehört der Zeit des Filmstreifens nicht an; man kann von ihm nicht in dem eben beschriebenen Sinne sagen, es sei gegenwärtig. (Im Gegensatz wozu? Das Wort ‘gegenwärtig’, wenn man es hier benützt, bezeichnet nicht einen Teil eines Raumes im Gegensatz zu andern Teilen, sondern charakterisiert einen Raum.) Der Satz, nur die gegenwärtige Erfahrung habe Realität, wäre nun hier der Satz, dass nur das Bild vor dem Objektiv dem Bild auf der Leinwand entspricht. Und das könnte allerdings ein Erfahrungssatz sein und das Gleichnis lässt uns hier in Stich, wenn wir die Entsprechung zwischen Film und Leinwand (die Projektionsart) nicht so festsetzen // festlegen // , dass sich dadurch das Bild auf dem Film, welches dem Bild auf der Leinwand entspricht, als das Bild vor dem Objektiv der Laterne ergibt.

 
   
                   Wer den Satz, nur die gegenwärtige Erfahrung sei real, bestreiten will (was ebenso falsch ist, wie ihn zu behaupten), wird etwa fragen, ob denn ein Satz wie “Julius Cäsar ging über die Alpen” nur den gegenwärtigen Geisteszustand [D|d]esjenigen beschreibt, der sich mit dieser Sache beschäftigt. Und die Antwort ist natürlich: Nein! er beschreibt ein Ereignis, das, wie wir glauben, vor ca. 2000 Jahren stattgefunden hat. Wenn nämlich das Wort “beschreibt” so aufgefasst wird, wie in dem Satz “der Satz ‘ich schreibe’ beschreibt, was ich gegenwärtig tue”. Der Name Julius Cäsar
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bezeichnet eine Person. – Aber was sagt denn das alles? Ich scheine mich ja um die eigentliche philosophische Antwort drücken zu wollen! – Aber Sätze, die von Personen handeln, d.h. Personennamen enthalten, können eben auf sehr verschiedene Weise verifiziert werden. – Fragen wir uns nur, warum wir den Satz glauben. – Dass es (z.B.) denkbar ist, die Leiche Cäsars noch zu finden, hängt unmittelbar mit dem Sinn des Satzes über Julius Cäsar zusammen. Aber auch, dass es denkbar // möglich // ist, eine Schrift zu finden, aus der hervorgeht, dass so ein Mann nie gelebt hat und seine Existenz zu bestimmten [z|Z]wecken erdichtet worden ist // sei // . Diese // Solche // Möglichkeiten gibt es (aber) für einen Satz: “ich sehe einen roten Fleck über einen grünen dahinziehen” nicht; und das ist es, was wir damit meinen, wenn wir sagen, dass dieser Satz in unmittelbarerer Art Sinn hat // , dieser Satz habe in … Sinn, als … // , als jener der über Julius Cäsar. // … Und das meinen wir, wenn wir sagen, dieser Satz habe …

 
   

                   1.) “Ich habe Schmerzen”
                       dagegen “N hat Schmerzen”
          dagegen
                   2.) “Ich habe graue Haare”
                       “N hat graue Haare”
Die verschiedenen philosophischen Schwierigkeiten und Konfusionen in Verbindung mit dem ersten Beispiel lassen sich zum grössten Teil auf die Verwechslung der Grammatik der Fälle 1) und 2) zurückführen.
           Es hat Sinn zu sagen: “ich sehe seine Haare, aber nicht die meinen”, oder “ich sehe meine Hände täglich, aber nicht die seinen” und dieser Satz ist analog dem: “ich sehe meine Wohnung täglich, aber nicht die seine”. – Dagegen ist es Unsinn: “ich fühle meine Schmerzen, aber nicht die seinen”.
           Die Ausdrucksweise unserer Sprache in den beiden Fällen 1) und 2) ist natürlich nicht [|]falsch’, aber sie ist irreführend. “Eine herren-
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Wohnung”, “herrenlose Zahnschmerzen”. Es gibt Menschen, die Untersuchungen darüber anstellen, “ob es ungesehene Gesichtsbilder gibt” und sie glauben, dass das eine Art [W|w]issenschaftlicher Untersuchung (über diese Phänomene) ist.
          “Wie ein Satz verifiziert wird, – dass sagt er”: und nun sieh Dir daraufhin die Sätze: an: “Ich habe Schmerzen”, “N hat Schmerzen”.
          Wenn nun aber ich der N bin? – Dann haben dennoch die beiden Sätze verschiedenen Sinn.
          “Die Sache ist doch ganz einfach: ich spüre freilich seine Schmerzen nicht, aber er spürt sie eben (und so sind alle Verhältnisse doch symmetrisch)”. Aber dieser Satz ist eben Unsinn. – Um nun die Asymmetrie der Erfahrung mit Bezug auf mich und den Andern deutlich zum Ausdruck zu bringen, könnte ich eine asymmetrische Ausdrucksweise vorschlagen:
Alte Ausdrucksweise:
W. hat Schmerzen.
W. hat Schmerzen in seiner
linken Hand.
N. hat Schmerzen.

N. heuchelt Schmerzen in seiner
Hand.
Ich bedauere N., weil er
Schmerzen hat.
Neue Ausdrucksweise:
Es sind Schmerzen vorhanden.
Es sind Schmerzen in der linken Hand
des W..
N. benimmt sich wie W., wenn Schmerzen
vorhanden sind.
N. heuchelt das Benehmen des W., wenn
Schmerzen in seiner Hand sind.
Ich bedauere N., weil er sich benimmt,
wie etc..

          Da wir für jeden sinnvollen Ausdruck der alten Ausdrucksweise einen der neuen setzen und für verschiedene alte, verschied verschiedene neue, so muss, was Eindeutigkeit und Verständlichkeit anlangt, die neue Ausdrucksweise der alten gleichwertig sein. – Aber könnte man denn nicht eine solche asymmetrische Ausdrucksweise ebensogut für Sätze der Art “ich habe graue Haare”, “N. hat graue Haare” konstruieren? Nein. Man muss nämlich verstehen, dass der Name “W.” in den Sätzen der rechten Seite sinnvoll durch andere Namen ersetzt werden können muss.
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Und ist das nicht der Fall, dann braucht weder “W.” noch ein anderer Name in diesen Sätzen vorzukommen // vorkommen // . Ersetzt man nämlich “W.” durch den Namen eines andern Menschen, so wird etwa gesagt, dass ich in der Hand eines anderen Körpers als des meinigen Schmerzen empfinde. Es wäre z.B. denkbar, dass ich mit einem Andern Körper wechsle // Andern den Körper wechsle // ; etwa aufwache, meinen alten Körper mir gegenüber auf einem Sessel sitzen sehe, und mich im Spiegel sehend fände, dass ich das Gesicht und den Körper meines Freundes angenommen habe. Ich betrachte nun den Personennamen als Name eines Körpers. Und es hat nun Sinn zu sagen: “ich habe im Körper des N (oder im Körper N) Zahnschmerzen; (in der asymmetrischen Ausdrucksweise: “in einem Zahn des N sind Schmerzen”); aber es hat keinen Sinn, zu sagen “ich habe auf dem Kopf des N graue Haare”, ausser, das soll heissen: “N hat graue Haare”.
           Aber ist (denn) die vorgeschlagene asymmetrische Ausdrucksweise richtig? Warum sage ich “N benimmt sich wie W, wenn er …”? Wodurch ist denn W charakterisiert? Doch durch die Formen etc. seines Körpers und durch dessen kontinuierliche Existenz im Raum. Sind aber diese Dinge für die Erfahrung der Schmerzen wesentlich? Könnte ich mir nicht folgende Erfahrung denken: ich wache mit Schmerzen in der linken Hand auf und finde, dass sie ihre Gestalt geändert hat und jetzt so aussieht, wie die Hand meines Freundes, während er meine Hand erhalten hat. Und worin besteht die Kontinuität meiner Existenz im Raum? Wenn mir jemand [V|v]erlässlicher erzählte, er sei, während ich geschlafen habe, bei mir gesessen, plötzlich sei mein Körper verschwunden und sei plötzlich wieder erschienen – ist es unmöglich das zu glauben? – Und worin besteht etwa die Kontinuität meines Gedächtnisses? In welcher Zeit ist es kontinuierlich? Oder besteht die Kontinuität darin, dass im Gedächtnis keine Lücke ist? Wie im Gesichtsfeld keine ist. (Denn überlege nur, wie wir den blinden Fleck merken!) Und was hätte diese Kontinuität mit der zu tun, die für den Gebrauch des Personennamens W. wesent-
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lich
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ist // von Bedeutung ist // ? Die Erfahrung der Schmerzen lässt sich in ganz anderer Umgebung als der von uns gewohnten denken. (﹖– Denken wir doch nur, dass man tatsächlich Schmerzen in der Hand haben kann, obwohl es diese im physikalischen Sinn gar nicht mehr gibt, weil sie einem amputiert worden ist –﹖.) In diesem Sinne könnte man Zahnschmerzen ohne Zahn, Kopfschmerzen ohne Kopf etc. haben. Wir machen eben hier einfach eine Unterscheidung, wie die zwischen Gesichtsraum und physikalischem Raum, oder Gedächtniszeit und physikalischer Zeit. – Danach nun ist es unrichtig, die Ausdrucksweise einzuführen “N benimmt sich wie W, wenn …”. Man könnte vielleicht sagen “N benimmt sich, wie der Mensch in dessen Hand Schmerzen sind”. Warum sollte man aber überhaupt die Erfahrung der Schmerzen zur Beschreibung des bewussten Benehmens heranziehen? – Wir wollen doch einfach zwei verschiedene Erfahrungsgebiete trennen; wie wenn wir Tasterfahrung und Gesichtserfahrung an einem Körper trennen. Und verschiedener kann nichtss sein, als die Schmerzerfahrung und die Erfahrung, einen menschlichen Körper sich winden sehen // zu sehen // , Laute ausstossen zu hören, etc.. Und zwar besteht hier kein Unterschied zwischen meinem Körper und dem des Andern, denn es gibt auch die Erfahrung, die Bewegungen des eigenen Körpers zu sehen und die von ihm ausgestossenen Laute zu hören.
 
   
           Denken wir uns, unser Körper würde aus unserem Gesichtsfeld entfernt, etwa, indem man ihn gänzlich durchsichtig machte; er behielte aber die Fähigkeit, in einem geeigneten Spiegel in der uns gewohnten Weise zu erscheinen, so dass wir etwa die sichtbaren Aeusserungen unserer Zahnschmerzen wesentlich wie die eines fremden Körpers wahrnähmen. Dies ergäbe auch eine ganz andere Koordination zwischen sehendem Auge und Gesichtsraum, als die uns selbstverständlich erschein[d|e]nde alltägliche. (Denke an das Zeichen eines Vierecks mit seinen Diagonalen im Spiegel.) Wenn wir uns aber so die Möglichkeit denken können, dass wir unsern sichtbaren Körper nur als Bild in einem Spiegel kennten, so ist es nun auch denkbar,
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dass dieser Spiegel wegfiele und wir ihn nicht anders sähen, als irgend einen andern menschlichen Körper. – Wodurch wäre er dann aber als mein Körper charakterisiert? Nun, nur dadurch, dass ich z.B. die Berührung dieses Körpers fühlen würde, nicht aber die eines andern, etc.. So ist es auch nicht mehr wesentlich, dass der Mund unterhalb des sehenden Auges meine Worte spricht. (Und das ist von grosser Wichtigkeit.) Auch wenn ich meinen Körper sehe, wie ich ihn jetzt sehe, d.h. von seinen Augen aus, ist es denkbar, dass ich mich mit Andern den Körper tausche. Die Erfahrung bestünde einfach in dem, was man als eine sprunghafte Aenderung meines Körpers und seiner Umgebung beschreiben würde. Ich würde einmal die Körper A, B, C, D von E aus, und E von den Augen dieses Körpers sehen, und plötzlich etwa C, D, E, A von B aus und aus B aus dessen Augen; etc.. Noch einfacher aber wird die Sache, wenn ich alle Körper – meinen, sowie die fremden – überhaupt nicht aus Augen sehe, und sie also, was ihre visuelle Erscheinung betrifft, alle auf gleicher Stufe stehen. Dann ist es klar, was es heisst, dass ich im Zahn des Andern Schmerzen haben kann; – wenn ich dann überhaupt noch bei der Bezeichnung bleiben will, die einen Körper “meinen” nennt und also einen anderen den “eines Andern”. Denn es ist nun vielleicht praktischer, die Körper einfach // nur // mit Eigennamen zu bezeich[en|ne]n. – Es gibt also jetzt eine Erfahrung, : die, der Schmerzen in einem Zahn eines der existierenden menschlichen Körpers; das ist nicht die, die ich in der gewöhnlichen Ausdrucksweise mit den Worten “A hat Zahnschmerzen” beschriebe, sondern mit den Worten “ich habe in einem Zahn des A Schmerzen”. Und es gibt die andere Erfahrung: einen Körper, sei es meiner oder ein andrer, sich winden zu sehen. Denn, vergessen wir nicht: Die Schmerzen haben zwar einen Ort im Raum, sofern man z.B. sagen kann, sie wandern, oder seien an zwei Orten zugleich, etc.: aber ihr Raum ist nicht der visuelle oder physikalische. – Und nun haben wir zwar eine neue Aus-
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drucksweise, sie ist aber nicht mehr asymmetrisch. Sie bevorzugt nicht einen Körper, einen Menschen zum Nachteil des andern, ist also nicht solipsistisch. – So ist alles // alle Erfahrung // ohne Ansehen der Person verteilt. Aber wir teilen anders. Es werden die Dinge in unsrer Betrachtungsweise anders zusammengefasst. Wie wenn man einmal die Zeit zum Raum rechnet und einmal nicht, oder wie wenn man einen Wald als Holzblock mit Löchern ansähe. Oder die Bahn des Mondes in die Sonne einmal als Kreisbahn um die Erde, die sich verschiebt; , – ein andermal als Wellenlinie, die um die Sonne läuft. (Wäre die Erde etwa nicht sichtbar, so könnte es eine merkwürdige neue Betrachtungsweise sein, die Wellenbewegung des Mondes um die Sonne als Kreisbahn um einen kreisenden Körper // um ein [K|k]reisendes Zentrum // aufzufassen.) Man könnte auf diese Weise gewisse Vorurteile zerstören, die auf die besondere uns geläufige Betrachtungsart aufgebaut wären. – Sehr klar wird der Charakter der anderen Betrachtungsweise, wenn man an die analoge Verschiebung // Veränderung // der Grenzen durch die Einführung des Begriffs der Gedächtniszeit denkt. Es ist ganz ähnlich der veränderten Betrachtung der Mondbewegung. Eine Grenze, die früher mit anderen in der Zeichnung zusammenlief, wird plötzlich stark ausgezogen und hervorgehoben. ‒ ‒ ‒

 
   
                   Die mathematische Frage muss so exakt sein, wie der mathematische Satz. Wie irreführend die Ausdrucksweise der Wortsprache den Sinn der mathematischen Sätze darstellt, sieht man, wenn man sich die Multiplizität ei[j|n]es mathematischen Beweises vor Augen stellt // führt // und bedenkt, dass der Beweis zum Sinn des bewiesenen Satzes gehört, d.h. den Sinn bestimmt. Also nicht etwas ist, was bewirkt, dass wir einen bestimmten Satz glauben, sondern etwas, was uns zeigt, was wir glauben, – wenn hier von [G|g]lauben eine Rede sein kann. Begriffswörter in der Mathematik:
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Primzahl, Kardinalzahl, etc.. Es scheint darum unmittelbar Sinn zu haben, wenn gefragt wird: “Wieviel Primzahlen gibt es?” (“Es glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, …”.) In Wirklichkeit ist diese Wortzusammenstellung einstweilen Unsinn; bis für sie eine besondere Syntax gegeben wurde. Sieh' den Beweis dafür an, “dass es unendlich viele Primzahlen gibt” und dann die Frage, die er zu beantworten scheint. Das Resultat eines intrikaten Beweises kann nur insofern einen einfachen Wortausdruck haben, als das System von Ausdrücken, dem dieser Ausdruck angehört, in seiner Multiplizität einem System solcher Beweise entspricht. – Die Konfusionen in diesen Dingen sind ganz darauf zurückzuführen, dass man die Mathematik als eine Art Naturwissenschaft behandelt. Und das wieder hängt damit zusammen, dass sich die Mathematik von der Naturwissenschaft abgelöst hat. Denn, solange sie in unmittelbarer Verbindung mit der Physik betrieben wird, ist es klar, dass sie keine Naturwissenschaft ist. (Etwa, wie man einen Besen nicht für ein Einrichtungsstück des Zimmers halten kann, solange man ihn dazu benützt, die Einrichtungsgegenstände zu säubern.)

 
   
                   In der Mathematik gibt es kein “noch nicht” und kein “bis auf weiteres” (ausser in dem Sinne, in welchem man sagen kann, man habe noch nicht 1000-stellige Zahlen miteinander multipliziert).
 

Editorial notes

1) The original has slashes, not horizontal strikes.

2) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

3) See facsimile; line connecting this remark with the following one.