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     Versteht man einen Satz oder ist es erst ein Satz, wenn man es versteht?
   
     Ist das Verständnis ein Vorgang oder Zustand, der das Hören oder Lesen des Satzes begleitet? Wie lange braucht das Verstehen eines Wortes? Was heißt es, das Schachspiel zu verstehen? Ist es ein Bewußtseinszustand? Die Kenntnis des Schachspiels ist kein Bewußtseinszustand, so wenig wie die Kenntnis des Multiplizierens oder die Fähigkeit, das Alphabet aufzusagen. Andererseits wird der, welcher multiplizieren kann, beim Multiplizieren andere Bewußtseinszustände haben als der, welcher es nicht kann. Man könnte sagen: ein Wort verstehen heißt es gebrauchen können. (Dies entspricht jedenfalls einer Weise des Gebrauchs des Wortes “verstehen”.) Die Fähigkeit, das Wort zu gebrauchen, ist kein Bewußtseinszustand, der den Gebrauch des Wortes begleitet. (Dies ist eine grammatische Bemerkung.)
   
     Wenn man eine Fähigkeit einen Zustand nennt, dann ist sie ein Zustand im Sinn der Physiologie oder der Zustand eines Seelenmodells. Die Aussage, daß dieser Zustand besteht, ist eine Hypothese. Der Gegensatz hierzu ist z.B. der Zustand der Zahnschmerzen. (Angenommen, wir wollten den Ausdruck “unbewußte Zahnschmerzen” so gebrauchen: ich habe unbewußte Zahnschmerzen soll heißen: ich habe einen schlechten Zahn, der mich nicht schmerzt. Diese Ausdrucksweise mag für manche Zwecke praktisch sein. Hat man aber damit Zahnschmerzen gleichsam an einem dunklen Ort entdeckt, wo man früher keine vermutet hatte? Wenn man nun zwischen bewußten und unbewußten Zahnschmerzen unterscheidet, und beide Zustände nennt, so hat das Wort “Zustand” in jedem dieser Fälle eine andere Grammatik. Vgl.: sichtbare und unsichtbare Farben.)
   
     Dem Ausdruck “einen Satz verstehen” analog ist der Ausdruck “einen Satz meinen”. Man kann nun entweder fragen: “was meinst du mit diesem Satz?” oder: “meinst du diesen Satz?” Auf die erste Frage antwortet ein weiterer Satz, und daher hat diese Frage auch nach einem weiteren Satz gefragt. Das Meinen im zweiten Sinne ist etwa etwas im Ernst meinen, im Spaß meinen; und dem analog ist etwas mit Überzeugung sagen, oder ohne Überzeugung. Hier kann man “Überzeugung” ein Phänomen nennen, welches den Satz begleitet und zwar kann man für unsere Zwecke für die Überzeugung den Ausdruck der Überzeugung, nämlich z.B. den Tonfall setzen. Man könnte nun unsere erste Frage so auffassen: Ist es ein Satz erst mit
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dem richtigen Tonfall oder ist das ein Satz, was betont wird? Und die Antwort darauf wäre: wie du willst. Beiläufig gesprochen: ist der Tonfall dem Sinn wesentlich, so können wir von zwei Sätzen reden, welche den gleichen Wortlaut aber verschiedenen Tonfall haben.
     Mit der Aussage, das Schrift- oder Lautbild sei ein Satz nur wenn man es versteht, will man auch sagen, das Schriftbild sei ein Satz nur auf dem Hintergrund eines grammatischen Systems. Ich gebrauche hier absichtlich das irreführende Wort “Hintergrund”, weil es uns so ist, als stünde die Kenntnis des Systems gleichsam fühlbar hinter dem besonderen Satz. Am Grunde dieses Irrtums liegt die Unklarheit über die Grammatik der sogenannten seelischen Zustände, wie etwa besonders des Wissens und Könnens. “Ein Satz ist ein solcher nur in einem grammatischen System” ist analog “eine Spielhandlung ist eine solche nur im System des Spieles”. Die Kenntnis des Multiplizierens steht nicht wie ein Hintergrund hinter der einzelnen Multiplikation.
   
     Müssen wir einen Satz deuten, damit er ein Satz wird? (Die Frage ist dieselbe wie die erste.) Was heißt es aber, einen Satz deuten? Es kann heißen: ihn in ein anderes Zeichen übersetzen. Dann antwortet die Deutung auf die Frage: wie verstehst du diesen Satz? und hier kann man natürlich sagen, es ist nicht nötig, den Satz zu deuten, damit er ein Satz wird. Denn warum soll ich einen Satz erst durch einen anderen ersetzen müssen? Man könnte ja die Deutung in diesem Sinn auch als Zusatz des ersten sagen, und wäre es nun richtig zu sagen, ein Satz hat nur Sinn mit einem Zusatz? Wir könnten unsere erste Frage aber auch analog auffassen der Frage: ist es ein Satz erst, wenn die Interpunktionszeichen gesetzt sind oder setzen wir die Interpunktionszeichen in einem Satz? Hierüber können wir willkürlich bestimmen.

   
Verstehen eines Satzes analog dem Verstehen
einer Melodie als Melodie
     Der Gegensatz zu dieser Auffassung ist die Idee, daß das Verstehen eines Satzes im Heraustreten aus der Sprache besteht, nämlich darin, daß man die Verbindung zwischen der Sprache und der Wirklichkeit herstellt. Das Vorbild dieses Heraustretens aus der Sprache und des Herstellens eines Übergangs zur Wirklichkeit gibt uns die hinweisende Definition. Die hinweisende Definition ersetzt ein Zeichen durch ein anderes. Man kann sagen:
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sie ersetzt die Wortsprache durch eine Gebärdensprache. Es könnte sein, daß die Worte nur dazu dienen, durch den Mechanismus der Assoziation Bilder hervorzurufen, welche die eigentlichen Zeichen sind. In diesem Sinne brauchten uns diese Worte nicht zu interessieren. Wir würden an ihre Stelle zweckmäßig gemalte Bilder setzen, welche die Halluzinationen ersetzen könnten. Man sagt manchmal, die Worte vertreten nur die Gegenstände (Traktat). Dann ist die Frage, wie denn diese Vertretung möglich ist. Denn sie ist nur möglich, wenn die Worte wenigstens in gewissen Fällen dasselbe leisten können wie die Gegenstände, welche sie vertreten. Ferner ist zu sagen, daß die hinweisenden Definitionen zur Vorbereitung des Gebrauchs der Sprache gehören, also noch zur Sprachlehre. Es frägt sich also, ob man den Übergang, welcher in der hinweisenden Definition gemacht wird, jedesmal machen muß wenn man das Wort sinnvoll gebraucht, oder nicht. Und dann wieder, ob im ersten Falle das Wort nur ein psychomechanisches Hilfsmittel ist, um uns die eigentlichen Zeichen vor die Seele zu rufen. Aber auch, wenn unsere Sprache nur aus Vorstellungsbildern bestünde, so bliebe sie eine Sprache und ihre Sätze könnten falsch sein. Alles ist eigentlich schon damit ausgedrückt, daß der Satz wahr oder falsch sein kann. Das Verstehen ist am Schluß das Auffassen eines Satzzeichens. (Dies bedarf noch der Erläuterung.) Es bleibt auch in der reinen Gebärdensprache der Unterschied zwischen der Tatsache, daß ich sage, p sei wahr, und daß es wahr ist. Man könnte es beiläufig so ausdrücken, daß wir durch keinerlei Erklärung der Wortbedeutungen, auch nicht durch die hinweisende, aus der Sprache heraustreten, und daß die Sprache in diesem Sinn autonom ist. Als ein Heraustreten aus der Sprache können wir es bezeichnen, wenn wir z.B. auf einen uns gegebenen Befehl handeln, wenn wir also z.B. auf den Befehl: “hebe diesen Apfel auf!” einen Apfel aufheben. Diese Handlung ist nicht ein Teil der Sprachlehre, während das Zeigen auf einen Apfel zur Erklärung der Bedeutung des Wortes Apfel eine Vorbereitung zur Anwendung der Sprache ist und nicht die Sprache selbst, und daher in der Sprachlehre gehört. Die Meinung, daß wir in der hinweisenden Erklärung aus der Sprache heraustreten, ist zum Teil eine Verwechslung der hinweisenden Erklärung mit der Anwendung der Sprache. Die hinweisende Erklärung ist noch eine Spielregel. Tatsächlich aber findet in den meisten Gebieten der Sprache ein Übergang vom Wort zur Vorstellung garnicht statt. Und es fällt
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auch nach dem Gesagten der Versuch fort zu glauben, es müsse noch beim Verstehen ein solches Heraustreten aus der Sprache stattfinden.
   
     Es gibt eine Auffassung, nach welcher der Gebrauch des Wortes, die Regel, nach welcher dieses Wort gebraucht werden darf, aus der Bedeutung dieses Wortes folgt. Diese Auffassung hat ihre Stütze darin, daß wir die Bedeutung des Wortes scheinbar durch eine einzige Erklärung erklären können und daß aus dieser Erklärung der übrige Gebrauch dieses Wortes folgt und gewisse Arten des Gebrauchs dieser Erklärung widerstreiten. Ich zeige z.B. zur Erklärung des Wortes “rot” auf einen roten Fleck und sage “das heißt rot” (oder diese Farbe heißt rot”). Man wird sagen, daß, wer diese Erklärung versteht, nun wird wissen müssen, daß der Satz “rot ist fleißig” sinnlos ist. Man scheint eben in der ersten Erklärung die Bedeutung festgesetzt zu haben und aus dieser Bedeutung scheinen die Regeln des Gebrauchs zu folgen. Dagegen ist vor allem zu sagen, daß das Wort a, welches man durch das Zeigen auf einen roten Gegenstand mit den Worten “das heißt a” erklärt, hierdurch, wie wir sagen würden, die verschiedensten Bedeutungen erhalten kann: jener Gegenstand sei ein Buch gewesen: dann könnte a die Bedeutung der Worte “rot”, “viereckig”, hart”, “leicht” usw. erhalten. Wir können also sagen, daß die hinweisende Erklärung nur eine der Regeln ist, welche für den Gebrauch des Wortes gelten. Daß es genügt, einem Menschen diese Regel zu geben, um ihn zu veranlassen, das Wort in Übereinstimmung mit gewissen anderen Regeln zu verwenden, ist eine Erfahrungstatsache. Aber es gibt bekanntlich auch Mißverständnisse. Man wird auch bemerken, daß man dem Erwachsenen den Namen einer Farbe durch die Worte erklärt: diese Farbe heißt … , und nicht: das heißt …. Das Wort “diese Farbe” schränkt die Grammatik des zu erklärenden Wortes bereits bis auf eine noch fehlende Bestimmung ein. Was man hinweisende Erklärung nennt, spielt übrigens die mannigfaltigsten Rollen in der Erklärung der Bedeutung. Man denke an die ersten Erklärungen (wenn man es so nennen will), welche man dem Kind gibt, wenn man etwa auf ein Stück Zucker zeigt || zeigend das Wort “Zucker” ausspricht. Hier wird man nicht sagen wollen, man gebe eine Regel für den Gebrauch des Wortes “Zucker”, welche, wie im vorigen Beispiel, das Regelverzeichnis nur vervollständigt. Ja es zeigt sich hier, daß der Gebrauch des Wortes “Regel” ein fließender ist. Man muß bedenken, daß das Kind in diesem Falle noch nicht imstande ist, nach der Bedeutung des Wortes
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zu fragen. Aus der hinweisenden Erklärung des Wortes folgt keine andere Regel des Gebrauchs. Denn die hinweisende Erklärung ist nichts weiter als eine Geste, von Lauten begleitet.
   
     Die oben beschriebene Auffassung der Bedeutung könnte man treffend durch folgendes Bild darstellen: es scheint || erscheint uns, als wäre das Wort eine sichtbare Fläche eines Bedeutungskörpers. ¤ (Gleichnis von unsichtbaren Glaskörpern, die auf einer Seite rot bemalt sind. Die Gestalt der Körper hinter der Fläche bestimmt, so scheint es, die Möglichkeit der Zusammenstellung der roten Fläche.) Mit anderen Worten, es scheint die Geometrie eines Körpers in dem Körper zu liegen. Man scheint sie aus ihm ablesen zu können. Kann man die Geometrie eines Würfels aus einem Holzwürfel ablesen oder aus der Abbildung eines Würfels? Welche Rolle spielt denn die Abbildung eines Würfels in der Geometrie? Sie ist das Gemeinsame der Abbildungen, welche zur Geometrie des Würfels gehören, nicht die Klasse ihrer Abbildungen. Spricht die Geometrie von Würfeln? Sagt sie, daß die Würfelform gewisse Eigenschaften habe? Was könnte man eine Eigenschaft der Würfelform nennen? Doch wohl das, was ein wahrer Satz von ihr aussagt, also wohl etwa, daß mein Haus würfelförmig ist. Welcher Satz behauptet eine Eigenschaft der Zahl 1? Der, daß ich nur 1 Groschen in der Tasche habe, aber nicht der, daß eins und eins zwei sind. Das letztere ist eine Regel der Anwendung des Wortes eins. So spricht die Geometrie nicht vom Würfel, sondern konstituiert die Bedeutung des Wortes “Würfel” usw. Die Geometrie sagt nun z.B., die Kanten eines Würfels sind gleich lang und nichts liegt näher als die Verwechslung der Grammatik dieses Satzes mit der des Satzes “die Seiten des Holzwürfels sind gleich lang”. Und doch ist das eine eine willkürliche grammatische Regel, das andere ein Erfahrungssatz. Merkt man nun, daß der erste Satz kein Erfahrungssatz sei, so mißversteht man seine Grammatik dahin, daß er nicht von einem wirklichen Würfel handelt, doch aber von einem Würfel, von einem idealen, dem geometrischen Würfel. Dieses Mißverständnis ist von genau derselben Art wie dasjenige, welches die Möglichkeit als eine schattenhafte Wirklichkeit auffaßt und die Fähigkeit, etwas zu tun, als ein schattenhaftes Tun. So sagt man wirklich in der Geometrie statt “zwischen zwei Punkten läßt sich eine Gerade ziehen”, “je zwei Punkte liegen auf einer Geraden”. Damit hängt auch Nietzsches Begründung der ewigen Wiederkehr zusammen; denn er sagte: “Was geschehen kann, muß einmal geschehen sein.”
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     Was heißt es nun, daß ein und dasselbe Wort in verschiedenen Bedeutungen gebraucht wird? Zunächst könnte man sagen, es gelten eben in einem Fall andere Regeln als im andern Fall. Aber diese Erklärung kann leicht mißverstanden werden. Ich sage z.B., das Wort “ist” habe eine andere Bedeutung im Satz “Die Rose ist rot” als im Satz “zweimal zwei ist vier”. Aber die Grammatik des Wortes “ist” erlaubt eben das Wort in beiden Fällen zu gebrauchen. Das Wort “ist” ist eben nur ein Wort. Wie drückt es sich also in der Grammatik aus, daß das Wort in jedem der beiden Fälle eine andere Bedeutung hat? Dadurch, daß die Grammatik es durch zwei Wörter ersetzt und verbietet, eines für das andere zu setzen. Auf die Frage: “verstehst du das Wort ‘ist’ in den Sätzen ‘die Rose ist rot’ und ‘zweimal zwei ist vier’?” wird man wohl antworten “ja”. Denn antwortet man “nein”, so wird einem etwa entgegengehalten, daß man nicht Deutsch verstände. Und wenn man es versteht, so muß man es doch wohl verstehen, während es ausgesprochen wird oder bald danach. Und in diesem Verstehen muß ich also die Bedeutung erfassen und den Unterschied der beiden Bedeutungen. Hier drängt sich uns das Gleichnis vom Bedeutungskörper auf. Die Bedeutung scheint die grammatischen Regeln in nuce zu enthalten. Aber wir brauchen nur an den Gebrauch des Schachkönigs zu denken und etwa an die Empfindungen, die etwa der Schachkundige bei diesem Gebrauch hat, um zu sehen, daß diese Empfindungen wohl im einen Sinn sein Verständnis charakterisieren, daß sie aber die Regeln des Gebrauchs in keinem Sinn ¤ enthalten. Man denke hier an die charakteristischen Empfindungen beim verständnisvollen Hören der Worte “oder”, “nicht”, “aber”, usw., auf die William James aufmerksam gemacht hat. Es ist wahr, daß einer durch das Lernen und Spielen des Schachspiels sowohl die Regeln kennenlernt als auch jene Empfindungen erhält. “Worin besteht der Unterschied zwischen dem, der Schach spielen kann und dem, der es nicht kann?” = “nur darin, daß der eine die Regel des Spiels kennt, der andere sie nicht kennt”? Und das ist wieder gleich “tut der, der mit den Schachfiguren zieht und das Schachspiel versteht, dasselbe wie der, welcher sie mechanisch oder durch Zufall zieht, ohne das Spiel zu verstehen?” Nein. “Also müßte in dem Schachzug des ersten die Regel irgendwie verkörpert sein.” Es war uns, als müßte das Verständnis die Art und Weise des Gebrauchs des Wortes auf einmal gleichsam wie eine Atmosphäre des Wortes erfassen. Es war uns, als müßten die möglichen Schritte des Kalküls dem || im Verständnis vorausgenommen sein, als hätte es also Sinn zu sagen:
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einer kann das Einmaleins hersagen, während er es hersagt, und zwar könne er also das ganze Einmaleins hersagen in einer Zeit, in welcher er nur einen Satz desselben ausspricht. Wir sind nun nicht mehr in Versuchung, jene unsichtbare Atmosphäre des Verständnisses um das Wort herum anzunehmen. Wir vergleichen das Multiplizierenkönnen nicht mehr mit einer Atmosphäre, in der die einzelne Multiplikation eingebettet ist. Wir leugnen nun nicht, daß Vorgänge, welche sozusagen hinter dem Wahrnehmen des Schrift- oder Lautzeichens stehen (etwa Assoziationen) für die Funktion der Zeichensprache wesentlich sein können. Aber wir haben keinen Grund, anzunehmen, daß solche Vorgänge stattfinden müßten, noch zu sagen, daß diese Vorgänge vor || hinter dem Wort stünden. Sie sind vielmehr, wo sie stattfinden, für uns auf gleicher Ebene mit dem Hören und Sehen des Zeichens. Sie sind nur Zeichen anderer Art. Und der Kalkül schreitet fort ohne daß ein Schritt schon die nächsten enthält.
   
     Verwandt damit ist es, wenn der Befehl seine Ausführung in schattenhafter Weise vorzunehmen scheint. Man könnte fragen: “wie weiß einer, was er zu tun hat, wenn ich ihn befehle, mir diesen Apfel zu holen?” Am Satz sieht er doch nicht, was er tun wird, wenn er den Befehl ausführt. Und wenn ich nun den Befehl der Ausführung so nahe brächte, wie es möglich ist, wenn ich etwa den Befehl dadurch ausdrückte, daß ich ihn zwänge, den Apfel zu holen fünf Minuten bevor er ihn dem Befehl gemäß holen sollte, wenn ich den Umstand, daß er den Apfel fünf Minuten später holen soll, dadurch ausdrücke, daß ich mit dem Finger auf die entsprechende Stelle des Zifferblattes einer Uhr zeigte, – wie soll er wissen, was dieses Deuten sagen will? Es scheint hier, als wäre der Befehl mit dem besten Willen nicht imstande, sich auszudrücken. Es muß also, möchte man sagen, wenn nicht der Befehl, so der Sinn des Befehls die Ausführung des Befehls in irgendeiner Weise enthalten. Und hier denkt man sich den Sinn wieder als ein Schattenwesen, welches hinter dem Ausdruck des Befehls steht. Dieser oder der Gedanke sei eben imstande, was ein materielles Zeichen nicht imstande ist, zu tun, eben in gewissem Sinn vorauszunehmen, was noch nicht ist. Darum sei auch der Gedanke etwas spezifisch Psychisches. Die Psyche habe andere Fähigkeiten als die toten Zeichen. Aber der Befehl nimmt ja die Ausführung voraus, wenn das nämlich heißen soll, daß er sagt, was geschehen muß, wenn er ausgeführt wird. Der Befehl sagt, es soll ein Apfel geholt werden und keine Birne, oder er solle geholt und nicht weggetragen werden. Es scheint nun immer Sinn zu
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haben, zu fragen: was besagt nun eigentlich der Befehl? Aber was soll auf diese Frage zur Antwort kommen? Doch wohl wieder ein Satzzeichen und so bringt uns also diese Antwort prinzipiell nicht weiter. Man kann nicht wesentlich immer fragen: was besagt dieser Satz? wie man nicht fragen kann: welcher Satz ist es, den diese Worte bilden? Auf die Frage: “Was befiehlt dieser Befehl?” steht eine grammatische Regel zur Antwort und es ist auch eine grammatische Regel, wenn ich sage: “der Befehl führe p aus = der Befehl, dessen Befolgung die Ausführung von p ist”. So auch der Wunsch p möge geschehen = der Wunsch, dessen Erfüllung p ist.

   
Verstehen eines Genrebildes
     Die Erklärung als Vorgeschichte (Ursache) des Verständnisses interessiert uns nicht. Die Erklärung, so weit sie uns interessiert, wirkt nicht in die Ferne. Sie interessiert uns nur, so weit sie im Kalkül verwendet wird.
   
     Ich vergleiche mit Recht den Satz mit einem gemalten Bild. Eine Rechtfertigung dafür ist, daß man nach einer Beschreibung ein Bild malen kann, die Beschreibung in das Bild übersetzen kann. Es gibt hier übrigens wesentlich zwei Fälle, die auch im Gebiet der Sätze existieren: den des Genrebildes und den des Porträts. Beiläufig gesprochen entspricht die erdichtete Erzählung einem Genrebild. Es gibt analog dem Verstehen eines Satzes das || ein Verstehen eines Genrebildes. Oder vielmehr gibt es beim Bild verschiedenes, was wir Verstehen und Nichtverstehen nennen. Und es gibt Analogien dazu im Verstehen und Nichtverstehen der Sätze. Wir sagen, wir verstehen ein Bild nicht, wenn uns gesagt wird, es stelle ein Stilleben dar, wir aber nur Farbflecke in der Bildfläche sehen können. Sehen wir es aber als eine Zusammenstellung dreidimensionaler Körper, deren Formen uns aber, wie wir etwa sagen würden, nicht geläufig sind, so verstehen wir das Bild wieder nicht als Stilleben. Sehen wir darin Tische, Stühle, Pflanzen usw. in einer uns ganz ungewohnten Zusammenstellung (Pflanze, auf der ein Tisch balanciert), so verstehen wir es in einem weiteren Sinne nicht. Sehen wir darin Menschen in uns geläufigen Stellungen, so werden wir sagen, wir verstehen es. Aber wird uns nun erklärt, was diese Menschen miteinander tun, so machen wir einen weiteren Schritt im Verständnis. Wir können aber auch vom Verstehen eines reinen Ornaments sprechen. Als wir es zuerst sahen, fiel uns etwa eine einfache || gewisse Symmetrie und einfache Anordnung nicht auf. Jedenfalls werden wir von einem Bild, das zwei Menschen in einer Schenke sitzend darstellt und
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in einer uns geläufigen Malweise gemalt ist, sagen, wir verstünden es auf den ersten Blick. Und wir sind geneigt zu sagen, daß sich dieses Verständnis von dem eines Ornamentes dadurch unterscheidet, daß wir im ersten Fall das Bild als Darstellung einer Wirklichkeit erkennen, daß wir also in unserem Verstehen die Beziehung des Bildes zu etwas außerhalb des Bildes Existierendem erfassen. Nun kann man wohl sagen, daß wir jenes Genrebild so sehen wie wir es tun, weil wir unzählige Male Stühle, Tische usw. gesehen und benützt haben. Das sagt aber nur etwas über die Vorgeschichte jenes Verstehens aus und die Vorgeschichte ist im Verstehen nicht enthalten. Es ist auch wahr, daß wir das Genrebild in anderer Weise benutzen, es in anderer Weise mit der Wirklichkeit vergleichen können, als das Ornament. Aber Verstehen nennen wir nicht den Vorgang eines solchen Vergleichs, noch ist es wahr, daß wir etwa das Genrebild für Wirklichkeit hielten. Wir sind geneigt zu sagen, wir verstehen dieses Bild, weil wir es als die Darstellung eines Hauses erkennen und das scheint anzudeuten, daß im Verstehen ein Paradigma außerhalb des Bildes involviert ist. Dann kann ich nur sagen, daß wir das Genrebild beim Verstehen mit nichts vergleichen müssen. Der Vergleich mit der Wirklichkeit ist vielmehr ein weiterer Schritt des Kalküls, der nicht in schattenhafter Weise schon gemacht ist, ehe wir ihn wirklich ausführen.


   
     Das Verstehen als Erlebnis beim Sehen des Zeichens ist ein Auffassen dieses Zeichens auf bestimmte Weise. Und von Auffassung rede ich, wenn ich die Zeichnung eines Würfels einmal so, einmal anders als Würfel sehe und wieder als Zeichnung (als ebenes Ornament). Ferner wenn ich fünf Punkte in einer Reihe in verschiedenen Gruppierungen sehe und ebenso, wenn ich vier Punkte innerhalb eines Kreises einmal als Gesicht sehe, einmal nicht. Auch das gehört hierher, was man z.B. das Verstehen einer Kirchentonart nennt. So können wir auch vom Verstehen der Uhr als ¤ Uhr reden und meinen damit einerseits ein Vermögen, eine Fähigkeit des Gebrauchs der Uhr (also nicht einen Bewußtseinszustand) andererseits aber auch ein bestimmtes Erlebnis: das Sehen (Auffassen) der Uhr als Uhr, als Zifferblatt oder Zeiger. Wie man das Verstehen des Bildes als Fähigkeit seines weiteren Gebrauchs auffaßt, als Fähigkeit zum weiteren Operieren mit ihm, zeigt auch, daß wir geneigt sind zu sagen: ein Bild verstehen, heißt, sagen können, was es darstellt. Bei dem Vorgang, der hier das Kriterium des Verstehens ist, nähern wir
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uns nicht der Wirklichkeit, sondern entfernen uns von ihr. Ja wir werden Worte durch Bilder und Bilder durch Worte erklären. (Wir werden das Verständnis eines Bildes durch ein Übersetzen in Worte, das Verständnis der Worte durch ein Übersetzen in Bilder beweisen.)
   
     Der Begriff des Verstehens als Heraustreten aus der Sprache in die Wirklichkeit rührt von der Erklärung der Sprache durch hinweisende Definitionen her. Auch hier aber treten wir nur aus der Wortsprache in eine andere. Wo die Erklärung der Bedeutung keine hinweisende Definition ist, ist auch nicht von einem Heraustreten aus der Wortsprache die Rede. Wenn man eine bestimmte Auffassung eines Musikstücks rechtfertigen will, und die Frage beantworten, warum man es gerade so gespielt wünscht, ist man versucht, zu sagen: ich verstehe es eben, ich verstehe, was es sagt. Man kommt aber in Verlegenheit, wenn man sagen soll, was es sagt. Man kann dann entweder einen Vorgang angeben, dem man das Musikstück vergleicht und der in irgendeinem Sinn den Rhythmus hat, der unserer Auffassung entspricht oder man führt das Musikstück in dem gewünschten Rhythmus vor und läßt diesen für sich selbst sprechen. Und in diesem Sinne muß am Schluß jede Sprache für sich selbst sprechen.
   
     Wir sind geneigt zu sagen: nur er selbst könne wissen, ob er es versteht. Diese Redensart entspricht offenbar der: nur er kann wissen, ob er Zahnschmerzen hat. Aber diese Möglichkeit und Unmöglichkeit, von der wir hier reden, ist eine logische, keine erfahrungsmäßige. Das heißt, der Satz: “nur er kann wissen usw.” oder “er kann sich nicht darin irren, ob er es versteht” ist als Charakterisierung der Grammatik des Wortes “Verstehen” aufzufassen. Es hat allerdings den Anschein, als ob diese Regel der Grammatik sozusagen aus dem Wesen der Zahnschmerzen oder des Verstehens folgte. Hierüber muß an dem Ort geredet werden, wo die Frage behandelt wird, in welchem Sinn die Bestimmungen darüber, welche Zeichenverbindungen sinnvoll sind und welche nicht, wo die Grenze zwischen Sinn und Unsinn zu ziehen ist, willkürlich sind. Hier wird das Verstehen als etwas behandelt, was man persönliches Erlebnis nennen könnte, wie Kummer, Freude, Zahnschmerzen usw. Mit diesen Worten will ich hier nur eine grammatische Kategorie kennzeichnen, von der noch geredet werden muß. Sagt man, ich kann nie wissen, ob der andere versteht oder Zahnschmerzen hat, so ist dies eine offenbare Bestimmung meiner Darstellungsweise und zu vergleichen mit dem Satz “ich kann nie wissen, ob hier wirklich ein Stuhl steht oder nicht. Denn es steht uns frei, hier ein
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endgültiges Kriterium zuzulassen oder ein grammatisches Spiel zu spielen, in welchem kein solches Kriterium vorgesehen ist. Mit dem Wort “vorgesehen” will ich betonen, daß die Abwesenheit eines endgültigen Kriteriums keine Tatsache der Erfahrung ist, und ganz der Abwesenheit eines Königs im Damenspiel entspricht.
   
     Der Grammatik des Wortes “Verstehen” ähnlich ist die Grammatik des Wortes “Denken”. Man sagt: “ich habe diesen Satz gesagt und mir garnichts dabei gedacht.” Hier war also wohl das Denken eine Begleitung des Sprechens. Es ist dann zu vergleichen dem Vorgang, wenn wir das Sprechen durch Gesten begleiten. Man könnte auch sagen, der Satz war nicht von Gemütsbewegungen begleitet. Und spricht man hier von Satz als dem Ausdruck des Gedankens, so ist das allerdings so ähnlich, wie wenn man von einem Ausdruck der Gefühle spricht. Das Weinen können wir den Ausdruck der Trauer nennen und meinen damit, daß es von der Trauer verursacht ist, die Trauer dem anderen anzeigt und sie entlädt. So kann ich meinen Zorn oder meine Freude auch in Worten entladen.
   
     Anderseits sagt man, der Gedanke, den der Satz ausdrückt, sei der Sinn des Satzes, sei das, was der Satz sage. Nun, was sagt der Satz “es regnet”? Er sagt, daß es regnet. Der Gedanke als psychischer Vorgang interessiert uns nicht. Jeder sogenannte innere Vorgang ist für uns durch einen äußeren ersetzbar, das Erinnerungsbild ist durch ein gemaltes Bild, die Überzeugung durch die Geste der Überzeugung usw. In diesem Sinn könnte man unsere Auffassung behavioristisch nennen. Ist also der Gedanke eine Reihe von Vorstellungen, so werden wir ihn durch eine Reihe gemalter Bilder ersetzen. Denn warum sollte es nicht jemanden geben, der nur denken kann, indem er eine Reihe solcher gemalter Bilder mit dem Blick durchläuft? Für uns ist am Gedanken nichts wesentlich privat. Und sagt man, die gemalten Bilder seien zwar nicht privat, wohl aber die Gesichtsbilder dessen, der sie sieht, so soll später gezeigt werden, daß die Sinnesdaten überhaupt keinen Besitzer haben. Und das ist wieder eine grammatische Bemerkung. Nichts ist übrigens irreführender als die Redeweise von dem Kopf als dem Ort des Gedankens. Die Vorstellung von einem Vorgang in jenem geschlossenem Raum gibt dem Denken etwas Okkultes. Wollte man von einem Ort des Denkens sprechen, so wäre es richtiger, den Ort des Schreibens und Sprechens so zu nennen.
   
     Was soll es heißen, zu sagen, der Satz habe einen Sinn? Gemeint ist
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eigentlich, daß ein Schattenwesen hinter dem Satz steht, ein Schattenbild der Wirklichkeit, die der Satz darstellt. Diese Auffassung mag davon hergenommen sein, daß uns manchmal beim Aussprechen oder Hören des Satzes wirklich ein Vorstellungsbild dieser Wirklichkeit vorschwebt. Aber wie kann uns dieses Bild prinzipiell weiterführen? Wie kann es zwischen Zeichen und Wirklichkeit vermitteln? Dann brauchte es ja eines Schattens jenes Schattens usw. Wir könnten ja festsetzen, der Sinn des Satzes (wobei ich unter Satz jetzt nur eine Beschreibung einer Anordnung räumlicher Gegenstände verstehen will) sei ein gemaltes Bild dieser Anordnung. Hier habe ich freilich dem Wort “Sinn” eine klare Bedeutung gegeben. Aber sie entspricht nicht ganz dem, was man mit dem Wort “Sinn” für gewöhnlich erreichen will. Denn ich könnte jetzt fragen, ob nicht auch von einem Sinne des gemalten Bildes die Rede sein sollte. Eigentlich möchte man sagen, der Satz “hier steht ein Mensch” ist doch nicht bloß diese Lautverbindung. Es muß doch noch etwas dahinter stecken. Aber, was man sich hier als hinter dem Satz stehend denkt, ist, wie ich schon gesagt habe, der Kalkül, die Sprache, in der der Satz gebraucht wird. Und hier beruht die Auffassung des Dahinterstehens auf einer Täuschung. In diesem Sinn ist der Gebrauch des Wortes “Sinn” irreführend, und man kann sagen, daß er aus einer primitiven und obsoleten Auffassung der Sprache entstanden ist. Hier mag man daran denken, daß ein französischer Politiker unserer Tage gesagt hat, die französische Sprache sei dadurch ausgezeichnet, daß in ihr die Wörter genau in der Reihe folgen, in der man sie denkt. Die richtige eingehende Kritik dieses Ausspruchs ergäbe alles, was für uns an der Grammatik des Wortes “denken” von Bedeutung ist.
   
     Arten des Denkens kann man das Erwarten, Fürchten, Hoffen, Glauben usw. nennen. Man könnte nun vor allem die Frage stellen: wie paßt die Erfüllung der Erwartung mit der Erwartung zusammen? Denn die Erfüllung der Erwartung soll ja die Erwartung befriedigen, und es scheint also als müßten die beiden in irgendeinem Sinn zusammenpassen. Da fällt uns gleich das Bild von der Hohlform und der Vollform ein. Wie muß die Vollform beschaffen sein, damit sie in die Hohlform paßt? Eine Beschreibung muß für beide gelten (dies ist die Antwort). Vergleichen wir damit die Frage: “Welche Farbe muß ein Rock haben, damit er zu einer grauen Hose paßt?” Die Antwort auf diese Frage ist ein Satz der Erfahrung, die Antwort auf die erste nicht. Die Aussage, der Körper, welcher in einen Hohlzylinder paßt, ist ein Vollzylinder,
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muß als Satz der Grammatik verstanden werden, als Erklärung des Wortes “passen” und des Wortes “Vollzylinder”. Wie weiß denn er, was er erwartet? Beobachtet er sein Benehmen und vermutet daraus, daß er wohl Herrn N. zu Tisch erwartet? Wenn wir sagen, er muß doch wissen, ob er ihn erwartet, so verhält es sich mit diesem Satz ähnlich, wie mit dem, er muß doch das Motiv seiner Tat wissen. Man fragt mich: “Warum löschst du das Licht in deinem Zimmer aus?” Ich sage: “Weil ich schlafengehen will.” Man sagt: “Bist du sicher?” Und ich antworte: “Ich muß doch wissen, warum ich es tue.” Diese Sicherheit deutet darauf hin, daß hier die Angabe des Motivs das Kriterium des Motivs ist. Wenn er in diesem Sinn das Motiv kennt, so kennt er einen Ausdruck des Motivs. Was das Motiv sei, kann man dadurch untersuchen, daß man fragt: “Woran erinnert man sich, wenn man sich an das Motiv erinnert, warum man etwas getan hat?” Hier gibt es sehr verschiedene Fälle. Aber eine große Gruppe von Fällen ist jedenfalls die, in denen man sich an Gedanken erinnert, die man bei oder vor der Handlung hatte. Ist man z.B. ins Wasser gegangen, weil es einem zu heiß war und man erinnert sich des Motivs, so kann man sich daran erinnern, gesagt zu haben: “Jetzt ist's mir aber zu heiß, ich muß ins Wasser gehn.” Oder: “Im Wasser wird es angenehmer sein.” U.s.w. usw. Man kann sich das still oder laut gesagt haben oder es einem anderen gesagt haben. Man wird aber auch dann die Hitze als das Motiv des Badens annehmen, wenn kein Gedanke ausgesprochen wurde und nur etwa gewisse Gefühle dem Bade vorangegangen sind und andere es begleitet haben. Nun aber sind wir versucht, zu glauben, daß allen diesen Vorgängen etwas gemeinsam sein muß, welches uns eben dazu berechtigt, zu sagen, wir hätten gebadet, weil es heiß war. Es ist nun eine sehr charakteristische Situation, in der wir der Grammatik gegenüber sind, daß wir hier einerseits geneigt sind, einen solchen unbekannten, allen diesen Situationen gemeinsamen Vorgang anzunehmen und uns andererseits doch gestehen müssen, daß wir keinen solchen kennen. Der Grund hierzu ist aber eine alte und primitive Auffassung des Sprachgebrauchs, welche annimmt, daß dem gemeinsamen Ausdruck ein gemeinsamer Bestandteil entsprechen müsse. Wir haben es hier in der gleichen Weise mit einer primitiven Auffassung der Sprache zu tun, wie wenn wir für jedes Substantiv einen Gegenstand suchen, den es bezeichnet oder auch, wenn wir glauben, eine Eigenschaft sei immer ein Bestandteil des Gegenstandes, der sie habe und der Gegenstand also eine Mischung dieser Eigenschaften mit anderen, so daß es Sinn erhielte, zu sagen: wie schön muß die reine Schönheit sein, wenn sie von den übrigen Eigenschaften abgetrennt ist, gleichsam unverdünnt! Solche primitiven Anschauungen
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sind die Wurzeln aller unserer philosophischen Beunruhigungen, und sie sitzen viel tiefer, als man glaubt. ¤
   
     Wir sagen, das Motiv dieser meiner Handlung, sei dieses gewesen, wenn einer von vielen Vorgängen stattgefunden hat, welche alle miteinander verwandt sind. Und die Art || Arten dieser || der || der Verwandtschaft sind sehr mannigfach. Man denke hier an die vielen verschiedenen Vorgänge, die wir “Bewegung” nennen, an die verschiedenen Bedeutungen des Wortes “Farbe”. Und die richtige Erklärung ist dann etwa: Motiv wird das genannt, und das, und das und ähnliches.
   
     Ich kann meinen Standpunkt nicht besser charakterisieren, als indem ich sage, daß er der entgegengesetzte Standpunkt dessen ist, welchen Sokrates in den platonischen Dialogen vertritt. Denn würde ich gefragt, was Erkenntnis sei, so würde ich Erkenntnisse aufzählen und die Worte “und Ähnliches” hinzufügen. Es ist kein gemeinsamer Bestandteil in ihnen allen zu finden, weil es keinen gibt. Es hängt die traditionelle Auffassung des Gebrauchs der Begriffswörter zusammen mit der Idee, die Bedeutung eines Wortes sei etwas, das bei der sinnvollen Verwendung des Wortes gegenwärtig sein müsse. Es ist als wären die Worte Aufschriften von Flaschen bestimmten Inhalts, und lange ich die Flasche herunter, so habe ich damit eben auch die bestimmte Flüssigkeit in der Hand. Wendet man ein, daß die Worte “und Ähnliches” den Begriff nicht abgrenzen, so kann ich nur sagen, daß die Anwendung des Begriffswortes in den meisten Fällen tatsächlich nicht begrenzt ist. vergleicht man den Begriff wie Frege es getan hat, mit einem Bezirk in der Ebene, so könnte man sagen, der Gebrauch des Begriffs entspricht einem Bezirk mit verschwommener Grenze. Wenn wir für unsere Zwecke diesem verschwommenen Bezirk einen scharf begrenzten an die Seite stellen und in gewissen Fällen jenen durch diesen ersetzen, so kann man sich nicht wundern, daß man keinen scharf begrenzten Begriff findet, der die gleichen Grenzen hat wie der unscharf begrenzte. Wir behaupten eben nicht, die Sprache sei ein Spiel, welches nach Regeln gespielt wird, (denn sonst behaupteten wir eine Unwahrheit) sondern wir vergleichen die Erscheinung der Sprache mit einem solchen Spiel, und sie ist ihm mehr oder weniger ähnlich. Unsere Betrachtung der Sprache ist eine einseitige.

   
     “Was hast du dir gedacht, als du sagtest …?” “Ich dachte, was ich sagte.”
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     Wie mit dem Motiv, verhält es sich mit der Erwartung, mit dem Wunsch, der Hoffnung, der Furcht usw. Wieder ist es praktisch, zu fragen: Woran erinnert sich der, der sich erinnert, Herrn N. zu Tisch erwartet zu haben? Im allgemeinen kann man sagen: er wird sich an Gedanken und an Handlungen erinnern. Nehmen wir an, er erinnere sich nur daran, den Tisch statt für sich allein, für zwei Personen gedeckt zu haben, so würde man das im allgemeinen nicht die Erinnerung daran nennen, er habe N. erwartet. Denn ist das der Vorgang der Erwartung, so entspricht er eben sowohl einer Erwartung, die durch das Kommen eines anderen befriedigt worden wäre. War es aber immer der Fall, daß an diesem Wochentag Herr N. bei ihm speiste, so wird man hier dennoch jene Erwartung die Erwartung des Herrn N. nennen, wenn nicht besondere Umstände in eine andere Richtung weisen. (Vergleiche das Baden, weil es heiß war.) Man kann auch hier den Fall der ausdrücklichen Erwartung eines Ereignisses unterscheiden von anderen verwandten Vorgängen, in denen es jedoch keinen Ausdruck der Erwartung gibt. Aber auch der Fall des ausdrücklichen Erwartens wird wieder zwiespältig, durch die Komplikation der Lüge. Und was geht nun vor, wenn ich sage: Ich erwarte N. und erwarte in Wirklichkeit M.? Hier kann wieder das Mannigfachste vorgehen und wieder muß ich sagen, daß “das Ereignis p erwarten” nicht ein Vorgang ist, der allen jenen gemeinsam ist, die uns das Kriterium dafür sind, daß p erwartet wurde. Wir haben aber keinen Grund mehr zu sagen, einer dieser Vorgänge sei nicht einfach das Aussprechen der Erwartung. In der traditionellen Auffassung wehrt man sich gegen die Gleichsetzung von Gedanken und Ausdruck des Gedankens und zwar einerseits, weil man im Gedanken die innere Begleitung des äußeren Ausdrucks sieht, und weil man zweitens richtig bemerkt daß nicht in jedem Fall, den wir ein Denken nennen, das Bilden eines Satzes vor sich geht und weil man endlich glaubt, das Wort “Denken” müsse einen Vorgang bezeichnen, der all den Vorgängen, die wir ein Denken nennen, gemeinsam ist. Fällt die Versuchung weg, einen okkulten Vorgang hinter dem Ausdruck des Gedankens anzunehmen und die, ein Gemeinsames aller Fälle suchen zu wollen, in denen nach unserem Sprachgebrauch ein Denken vorliegt, so verlieren wir eine bestimmte Voreingenommenheit, jene Fesseln fallen von unserer Betrachtungsweise ab und es sträubt sich nichts mehr in uns dagegen, das bloße Kalkulieren mit der Sprache ein Denken zu nennen. Denken wir uns, wir wollten nicht zugeben, die Erde könnte eine andere als die genaue Kugelform haben, weil
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die Kugel für uns die vollkommenste Form sei. Man kann sich dann leicht vorstellen, daß durch den Ausdruck der analytischen Geometrie, welche die Kugelform als einen bloßen Spezialfall der Form des Ellipsoids darstellt, jene einzigartige Stellung der Kugelform erschüttert wird, und wir nun nichts mehr dagegen haben, zuzugeben, die Erde sei keine genaue Kugel, wenn sich dies durch die Messungen erweisen wollte. So ändert die Einführung einer neuen Ausdrucksweise unsern Standpunkt.
   
     Ich will auf ein Paradox hinweisen, welches darin liegt, daß wir sagen, es sei zwar etwas nicht der Fall, sei aber möglich. Es sitzt auf diesem Sessel niemand, es könnte aber hier jemand sitzen. Es ist, als wäre hier etwas nicht der Fall, aber doch mehr der Fall, als wenn es nicht der Fall sein könnte.
   
     Wir sagen, die Grammatik bestimme, welche Wortzusammenstellungen Sinn haben und welche nicht; andererseits aber auch, die Grammatik sei keiner Wirklichkeit verantwortlich, sie sei in gewissem Sinn willkürlich. Wenn also eine Regel mir verbietet, eine gewisse Wortverbindung zu bilden, dann brauche ich ja nur diese Regel aufzugeben, wie es in meiner Willkür steht und sie erhält dadurch Sinn. Betrachten wir als Beispiel die Regel: “Eine Strecke kann nicht zugleich sowohl ein wie auch zwei Meter || m lang sein. Wir sagen also, es steht in unserem Belieben, dieses Verbot aufzuheben und die Aussage, die Strecke sei zugleich ein wie zwei m als sinnvoll gelten zu lassen. Dagegen aber sträubt sich der Verstand sogleich und sagt, dies sei undenkbar. Was heißt das aber? Setzen wir statt des Denkens den Ausdruck des Gedankens. Dann kann man jedenfalls nicht sagen, es sei unsagbar, denn wir haben es ja || so eben gesagt. Was fehlt uns also noch? Offenbar der weitere Kalkül mit dieser Aussage. Wie soll also dieser Kalkül ausschauen? Nun, das steht in unserem Belieben. Denn da unsere alte Sprache den Satz noch nicht hatte, so hatte sie auch den Kalkül mit ihm noch nicht festgesetzt. Behandeln wir einen besonderen Fall des Kalkulierens mittels des Satzes und zwar den Übergang vom Satz zur Vorstellung oder vom Satz zur zeichnerischen Darstellung! Hier wird man nämlich sagen, wir sagten zwar, die Strecke sei zugleich ein und zwei m lang aber wir können es uns nicht vorstellen, oder was hier auf dasselbe hinauskommt, wir können es nicht zeichnen. Was hindert es aber denn, es zu zeichnen, wenn wir nur einmal wüßten, was wir denn zeichnen sollen? Dann darüber ist ja eben noch keine Bestimmung getroffen worden. Wir sollen nun eine treffen, und es steht uns frei, sie zu treffen,
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wie wir wollen. Dies wäre eine einfache Lösung unsrer Schwierigkeit. Aber wir haben eben das Gefühl, als seien wir in bezug auf diese Bestimmung schon gebunden. Sagen wir es so: niemand wird sich wundern, daß die Wortverbindung “Sessel hat und” sinnlos ist. Wir werden nicht sagen, || : wir können diesen Sachverhalt nicht zeichnen, sondern es ist hier nichts zu zeichnen. Aber diese Wortverbindung ist nicht unsinniger als die “die Strecke ist sowohl ein wie zwei Meter lang.” (Andererseits können wir auch die Wortverbindung “Sessel hat und” zeichnerisch darstellen, wenn wir darüber nur erst eine Bestimmung getroffen haben.) Das Problemhafte des ersten Falls entsteht also durch die Analogie der neugebildeten Wortfolge mit bereits vorhandenen Sätzen unserer Sprache. Diese Analogie aber enthebt uns nicht die Notwendigkeit, neue Bestimmungen über den Gebrauch der neuen Ausdrucksweise zu machen. Es ist mit der Analogie des Wortausdrucks noch garnicht bestimmt, welcher Art die Analogie den neuen Regeln mit den alten sein werden. Ferner ist die Frage, ob der nach Analogie neugebildete Kalkül praktischen Wert hat. Wir können uns also sehr wohl vorstellen, daß eine Strecke sowohl einen wie auch zwei Meter lang ist und eine solche im Maßstab 1:1 darstellen, wenn nur erst festgelegt ist, nach welchem Prinzip der Satz in die Vorstellung oder in die zeichnerische Darstellung übertragen werden soll. Es ist aber nicht gedacht, daß der neugebildete Teil unserer Sprache irgendwelche praktische Bedeutung für uns haben wird. Wir könnten so sehr wohl eine Arithmetik konstruieren deren Kardinalzahlreihe die Fünf nicht enthält. Wir könnten auch im gewöhnlichen Leben mit dieser Arithmetik arbeiten, nur würden alle Betrachtungen ungeheuer und überflüssigerweise kompliziert. Es ließ sich aber wohl eine Welt der Erfahrung beschreiben, in der gerade diese Arithmetik uns als die angemessenste erschiene, so angemessen, wie unserer Erfahrungswelt die euklidische Geometrie. Die Worte “logisch möglich” und “logisch unmöglich” sind eben äußerst irreführend. (In der Notation der chemischen Strukturformeln könnte man von “chemisch möglichen” Verbindungen reden. NaS wäre z.B. unmöglich, dagegen O3H2 = HOOOH möglich, wenn auch nicht wirklich.)
   
     “Wie seltsam, daß es dem Geist möglich ist, etwas zu denken, was garnicht der Fall ist.” Wir sind wie gesagt, zu der Auffassung geneigt, als läge es nicht in unserem Belieben, welche Wortformen in unserer Sprache gebraucht werden dürften, als wäre dies vielmehr irgendwie durch
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das Wesen der Wirklichkeit bestimmt. Wir werden also sagen, es liege im Wesen der Länge und der Strecke, daß eine Strecke nicht zugleich zwei Längen haben könne. Soll aber dieses Wesen in den Regeln des Gebrauchs der Worte seinen Ausdruck haben, dann müssen, wie schon gesagt, für den neuen Fall eben neue Regeln gegeben werden. Und die Idee, daß wir für einen neuen Fall nicht imstande seien, Regeln zu geben, welche den alten analog sind, beruht hier darauf, daß wir nicht sehen, daß auch der Gebrauch des Wortes “analog” hier neu zu bestimmen ist. Wir sagen gleichsam: “und so weiter”, haben aber dieses “so” nicht bestimmt. So sagen wir also, es entsprächen die Regeln unserer Grammatik einer Naturnotwendigkeit, und ziehen damit irreführend eine Parallele zwischen dem Festsetzen dieser Regeln und dem Beschreiben von Naturtatsachen. Der Geist aber scheint nun fähig, die Möglichkeit und Unmöglichkeit der Tatsachen zu erkennen. Er kann denken, was garnicht der Fall ist, weil es möglich ist. Und seine Unfähigkeit, etwas zu denken, betrachten wir in diesem Fall nicht als eine Schwäche, sondern als die Erkenntnis, daß es das nicht gibt. Man kann etwas wünschen, obwohl es noch garnicht der Fall ist. Und doch wünscht man eben das, was dann eben eintreffen wird. Es scheint wie ein Wunder. Aber man kann den Dieb nicht kennen || hängen, ehe man ihn hat. Wohl aber suchen, ehe man ihn hat. Ich erwarte sein Kommen, noch ehe es eingetroffen ist. Und doch erwarte ich gerade sein Kommen und nicht nur etwas Ähnliches. Ich erwarte mir einen Schuß. Der Schuß fällt. Nun fragt man mich: “war denn dieser Knall auch schon in deiner Erwartung vorhanden? und wenn nicht, hast du dir doch nur etwas Ähnliches erwartet und nicht diesen Schuß.” Ja, wie ist es gar, wenn ich sage: “ich habe mir einen lauteren Knall erwartet”? Hat es da in meiner Erwartung lauter geknallt? Setzen wir aber statt der Erwartung, wie wir jetzt dürfen, den Ausdruck der Erwartung, so verschwinden diese Probleme. Es wäre freilich denkbar, daß dieser Ausdruck in dem Erzeugen eines Knalls bestünde, welcher gleichsam das Vorbild wäre, mit welchem man den eintretenden Knall zu vergleichen hätte. So kann die Erwartung einer Farberscheinung in mancherlei bestehen, und unter anderem darin, daß ich sage: “ich erwarte mir diese Farbe”, wobei ich auf ein Farbmuster zeige, aber auch darin, daß ich sage: “ich erwarte mir eine sehr grelle Farbe”, wobei ich aber keine solche halluziniere, noch in Wirklichkeit vor mir sehe. Und ich kann
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wieder sagen; || , ich kann einer grelle Farbe erwarten, wenn sie nicht da ist, aber nicht auf eine zeigen, wenn sie nicht da ist. Nun kann man aber fragen: “Muß es diese Farbe aber nicht doch geben, damit ich sie erwarten kann? Muß sie nicht existieren?” In welchem Falle aber sage ich, diese Farbe existiere? Wenn irgendein Körper meiner Umgebung sie hat¤? Muß sie irgendwo wo existieren, damit sie in diesem Sinn existiere? Es läuft darauf hinaus, daß der Wortausdruck eine andere Bedeutung erhält, wenn in diesem Kalkül eine hinweisende Definition vorkommt als wenn sie nicht vorkommt.
   
     Wie kommt es, daß man etwas vorstellen kann, was nicht ist? Wie kommt es, daß man sich das vorstellen kann, was später eintreffen wird? Nun wie kommt es denn, daß man das zeichnen kann, was später der Fall sein wird? Aber hier möchte man einwenden, die Zeichnung ist doch garnicht die Tatsache, die später eintreffen wird, also kann ich auch nicht zeichnen, was später eintreffen wird, sondern nur etwas Ähnliches. Und ebenso kann ich mir nicht vorstellen, und auch nicht erwarten, was später eintreffe wird, sondern nur etwas Ähnliches. Noch viel weniger aber kann ich dann sagen, daß etwas eintreffen wird. Zur Erklärung des Paradoxons denken wir uns, es würde jemand sagen, dieses Porträt kann doch nicht Herrn N. darstellen, sondern nur etwas Ähnliches. Das Bild ist freilich nicht er, sondern nur etwas Ähnliches. Und worin besteht es denn, daß es das Porträt des Herrn N. ist? Etwa darin, daß darüber steht: Porträt des Herrn N. (Ausdruck der Meinung statt der Meinung.) Was hat denn aber der Name N. mit Herrn N. zu tun? Nun, nur das, daß er so angesprochen wird, sich so unterschreibt, Briefe auf diesen Namen erhält usw. Wenn man also sagt: “Ich kann mir nicht die Realität selbst erwarten, sondern nur etwas Ähnliches” so ist das eigentlich so als ob man sagte: “Ich kann nicht sagen, ich erwarte, daß er kommt, sondern nur etwas Ähnliches (etwa, daß er in die Nähe kommt)”.
   
     Wir sind nicht mehr versucht, einen geheimnisvollen, kaum begreiflichen Vorgang anzunehmen, welcher der Glaube ist, daß etwas der Fall sei einen Vorgang, der sich zu den physikalischen Vorgängen etwa so verhielte wie die Vorgänge in der lebenden Materie zu denen in der unbelebten. Es ist uns also nicht mehr als wäre der Geist gleichsam ein Protoplasma, in welchem Dinge zu geschehen scheinen, wie sie weder Physik noch Chemie kennen. Denn der Sinn steht nicht hinter dem Satz in der Sphäre des
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Geistes. Der Grund eines Glaubens verhält sich zu dem Glauben, wie eine Rechnung zu deren Resultat. Und können wir statt des Glaubens den Ausdruck des Glaubens setzen, so statt der Gründe des Glaubens, den Vorgang einer Ableitung jenes Ausdrucks. Diese Ableitung mag auch erst dann vor sich gehen, wenn man nach den Gründen des Glaubens gefragt wurde. Die Frage: Warum glaubst du das? könnte nach den Gründen, aber auch nach der Ursache des Glaubens fragen. Im ersten Fall ist die Antwort eine Angabe des Denkweges der Ableitung. Man könnte die Frage: Warum glaubst du das? vergleichen mit der Frage: wie kommt es, daß du hier bist? Und diese Frage läßt offenbar zwei Beantwortungen zu: man kann den Weg angeben, auf welchem man hierher gelangt ist (Angabe des Grundes) aber auch die Ursache des Hierseins. Der wesentlichste Unterschied der Grammatiken dieser beiden Antworten ist nun dadurch bezeichnet, daß sie als Feststellung der Ursache die Angabe mehrfacher Koinzidenzen von Erscheinungen bezeichnen, während die Angabe des zurückgelegten Weges der Beschreibung einer einmaligen Erfahrung entspricht. Das ist es auch, worauf wir zielen, wenn wir sagen, den Grund unseres Glaubens könnten wir mit Sicherheit wissen (und ebenso das Motiv unserer Tat, nicht aber die Ursache des Glaubens oder der Tat). Denn die Angabe des Motivs entspricht der Angabe eines einmal zurückgelegten Weges. Das Motiv in diesem Sinn finde ich nicht durch oftmalige Beobachtung meiner Handlungen und der Umstände, unter denen sie geschehen ist. Wohl aber dient uns solche Beobachtung zum “Erraten des Motivs eines anderen”, (welches eben die Grammatik des Gebrauchs dieser Wörter beschränkt || bestimmt).
   
     Wenn wir das Verhältnis der Intensität des Glaubens zu seinem Inhalt auffassen wollen, so können wir diese Intensität für unsere Zwecke durch ihre Äußerung ersetzen. Auch sie muß nichts Privates, Inneres sein. Angenommen, es sagte einer: zum wirklichen Glauben gehören doch auch Magenschmerzen, so würden wir das als eine Bestimmung der Bedeutung des Wortes “Glauben” gelten lassen. Sagt er aber bloß: zum Glauben gehört doch eine innere Erfahrung, dann antworte ich: warum soll dies nicht die “innere Erfahrung” des Aussprechens oder Hörens eines Satzes sein? Oder warum willst du das Hören und Aussprechen eines Satzes nicht eine innere Erfahrung nennen? Die Worte “innen” und “außen” sind eben hier mißleitende Bezeichnungen, welche ursprünglich eine Beziehung zum menschlichen Körper bezeichnen. Statt vom Kopfrechnen können wir immer vom schriftlichen Rechnen reden; denn wir haben keinen Grund, in unseren
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Betrachtungen der Erfahrung von Phantasievorstellungen einen anderen Platz einzuräumen als der Erfahrung des Sehens wirklicher Gegenstände (z. B. der Schriftzeichen). Und es steht uns immer frei, die Beschreibung eines Komplexes solcher Gegenstände als Beschreibung unserer Erfahrung zu interpretieren.
   
     So können wir uns das grammatische Verhältnis von Inhalt und Intensität des Glaubens einfach darstellen, wenn wir statt des Vorgangs des Glaubens den Vorgang der || einer Rede setzen und statt der Intensität des Glaubens Stärke und Tonfall der Rede. Der Brustton der Überzeugung tut uns dieselben Dienste, wie die Überzeugung, oder vielmehr bietet er uns eine einfache und übersichtliche Darstellung der Grammatik des Wortes “Überzeugung” die in einer großen Zahl von Fällen dem Gebrauch des Wortes “Überzeugung” gerecht wird. Die Ersetzung des Glaubens durch seinen Ausdruck usw. liefert uns mindestens einen konzisen Auszug aus der Grammatik des Wortes “Glauben”. Es geht hier ähnlich wie in folgendem Fall: Denken wir uns, das Schachspielen wäre ursprünglich nicht als ein Brettspiel erfunden worden, sondern als jenes Schreibspiel, als welches es in Turnierberichten erscheint. Daß es eine Interpretation dieses Spiels als Brettspiel gäbe, sei ursprünglich unbekannt gewesen. Später erst habe jemand diese Interpretation gefunden. Dann hätte er uns damit zugleich eine einfache und leicht übersehbare Art der Darstellung der Spielregeln geliefert. Man kann aber auch sagen, der Glaube, daß etwas geschehen wird, ist von der Art der Furcht, daß etwas geschehen wird, und was es mit den induktiven Gründen des Glaubens für eine Bewandtnis habe, kann man sehen, wenn man sich vorstellt, man würde in ein Feuer gezerrt und zugleich gefragt, ob man wirklich Gründe habe, sich davor zu fürchten, ob man sich etwa bei diesem Prozeß vergangener übler Erfahrungen erinnert und sagt, die Wahrscheinlichkeit sei doch außerordentlich groß, daß uns die Flamme brennen wird. Es gilt eben von Erwartung, Glauben, Furcht, Hoffnung usw., daß jedes dieser Wörter nicht für einen bestimmten Vorgang, sondern für verschiedenartige, aber miteinander verwandte Vorgänge gebraucht wird. Und zwar kann man in allen diesen Fällen von artikulierten und unartikulierten Vorgängen sprechen, so wie wir schon früher von artikulierten und unartikulierten Motiven gesprochen haben. Man könnte fragen: wie kann man denn den Ausdruck der Furcht statt der Furcht setzen? (analog dem Vorgang, den ich im Fall des
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Glaubens vorschlug). Ich betonte doch eben, daß meine Furcht eine Reaktion ist, daß ich nicht aus Gründen mit Händen und Füßen um mich schlage, wenn man mich ins Feuer ziehen will. Dagegen ist doch der artikulierte Ausdruck der Furcht, etwa der Satz: “Ich fürchte mich davor, daß es brennen wird” eine Beschreibung meines Geisteszustandes in einer Sprache, die ich gelernt habe, nicht in Naturlauten. Und was hindert mich denn, in der Furcht nicht gerade dies, sondern etwas ganz anderes zu sagen? Aber so ist das nicht, sondern was ich in der Furcht spreche oder rufe ist ebenso ein Teil meines furchtvollen Benehmens, wie das Umsichschlagen mit Händen und Füßen. Und was die Beschreibung des Geisteszustandes betrifft, so frage man sich, woher denn die Verwendung des Ausdrucks “Beschreibung” ursprünglich genommen ist. Man denke etwa an die Beschreibung der Einrichtung eines Zimmers und an Beschreibungen von Seelenzuständen, die man in ähnlichem Sinn Beschreibungen nennen kann. Man wird dann den Ruf “Hilfe! Feuer || Hilfe!” bestimmt nicht die Beschreibung eines Seelenzustandes nennen.
   
     Warum berechnen wir die Wandstärke eines Dampfkessels und überlassen sie nicht dem Zufall? Können denn berechnete Dampfkessel nicht explodieren? Habe ich auch genügend Gründe für diese Vorsichtsmaßregel? Aber wir würden uns weigern, die Berechnung zu unterlassen, wie wir uns weigern, die Hand ins Feuer zu strecken, obwohl wir uns doch nur in der Vergangenheit gebrannt haben. Wenn ich jemanden die Formel zur Berechnung der Wandstärke eines Dampfkessels lehre, so kann er nach den Gründen der Ableitung dieser Formel fragen. Ich werde ihm dann etwa die ursprünglichen Experimente über die Festigkeit der Materialien beschreiben und die mathematische Ableitung erklären. In alle dem ist nicht von dem allgemeinen Prinzip der Induktion und von ihrer Wahrscheinlichkeit die Rede und ebensowenig in der Begründung irgendeiner anderen technischen Berechnung durch die Resultate gewisser Experimente. Nur wenn die ganze Begründung schon durchgeführt ist und man fragt dann nocheinmal “und warum soll es sich nun nach dem allem so verhalten?” so erhält man die stereotype Antwort: weil dies alles dieses Ereignis wahrscheinlich macht. Aber schon die Stereotypie dieser Antwort zeigt, daß sie überflüssig ist. Sie ist nur der Schlußpunkt der Argumentation.
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     “Ich bin überzeugt, daß wir einem neuen Weltkrieg entgegengehn.” Wann habe ich diese Überzeugung? Immer oder während ich sie ausspreche? Und bei jedem Wort? “Aber die Überzeugung kann ich doch nicht willkürlich ändern. Ich bin nun einmal davon überzeugt, während ich doch auch etwas anderes hätte sagen können.” “Ich hätte das Gegenteil meiner Überzeugung sagen können.” Aber wie konnte das, was ich sage, das Gegenteil von dem sein, wovon ich überzeugt bin? “Ich hätte das Gegenteil sagen können, aber nicht mit Überzeugung.” “Aber nicht mit irgendeiner Überzeugung, doch z.B. mit der gegenteiligen Überzeugung.” Die Überzeugung begleitet das Sprechen, also nicht etwa wie Magenschmerzen, das heißt “ich hätte diesen Satz nicht mit Überzeugung sagen können” ist nicht von der Art des Satzes “ich hätte diesen Satz nicht mit Magenschmerzen sagen können.” Man könnte meinen: “Sonderbar, daß man von etwas sollte überzeugt sein können, was doch erst nach langer Zeit eintreffen wird.” Und dies zeigt, wie die Überzeugung das Bilden des sprachlichen Ausdrucks ist, wenn auch etwa unter ganz bestimmten Umständen und mit ganz bestimmten Erscheinungen seiner Geburt.
   
     Man kann nun einwenden: die Überzeugung läßt sich nicht erheucheln, wohl aber der Ausdruck. Nehmen wir an, der Mensch sänge seine Rede. Man schriebe etwa einen Brief nie in Worten allein, sondern mit der Begleitung von Notenzeilen. Könnte nun nicht die einen Satz begleitende musikalische Phrase die Überzeugung sein, die Herzensmeinung? “Aber hier kann man sich doch offenbar verstellen. Denn man kann singen, was man will, aber nicht meinen, was man will.” “Aber warum nimmst du an, man könne singen, was man will? Nehmen wir denn auch an, man könne mit genau dem richtigen Ausdruck singen und sich dabei verstellen?” Hier sehen wir, auf welche Wahrheit James deuten wollte, als er sagte, man weint nicht, wenn man traurig ist, sondern sei traurig, wenn man weint. Die ist natürlich wie es dasteht, unwahr, soll aber heißen, daß die Gefühle des Weinens (das spezifische Erlebnis des Weinens) mindestens ein wesentlicher Teil eines gewissen Gefühls der Trauer sei. Und wenn ich nicht den Ausdruck meines Redens beherrsche, warum sollte ich immer die Worte beherrschen? Kann ich immer sagen, was ich nicht meine?
   
     Das eben gesagte bedürfte einer genauen Erläuterung durch die Behandlung der Grammatik der Ausdrücke “willkürliche” und “unwillkürliche Handlung” und vor allem des Ausdrucks “versuchen, etwas zu tun”. Man vergleiche folgende Fälle:
      1) Die Hand ist mir gebunden und ich versuche, sie zu befreien,
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indem ich an meinen Banden zerre.
     2) Die Hand ist mir gebunden und ich versuche, sie zu befreien, indem ich trachte, den Knoten der Stricke aufzulösen, etwa nachdenke, wie er aufzulösen wäre.
     3) (ähnlich wie eins) Ich versuche, einen schweren Körper zu heben, indem ich meine Muskeln anstrenge.
     4) Ich versuche, einen schweren Körper zu heben, indem ich das Experiment mit Hebezeugen verschiedener Art anstelle.
     5) Ich versuche, mich auf einen bestimmten Gedanken zu konzentrieren.
     6) Ich versuche, diese Zeichnung als ebene Figur und als Würfel zu sehen.
     7) Ich versuche mich auf ein Wort zu besinnen. Und da gibt es zwei charakteristische Fälle:
      a) Ich strenge, wie man sagen würde, mein Gedächtnis an.
      b) Ich probiere verschiedene mnemotechnische Kunstgriffe.
     8) Ich sehe, daß ein anderer seine Ohren bewegen kann und versuche das gleiche zu tun. Ich versuche, einen in ungewöhnlicher Lage befindlichen, visuell angezeichneten Finger zu bewegen. Hiermit hat der Versuch der Lösung eines mathematischen Problems eine gewisse Analogie, die wir hier nicht näher beschreiben wollen.
   
     Das Wesentlichste ist hier wieder, daß man versteht, das Wort “versuchen” werde in mannigfachen, miteinander auf verschiedene Weise verwandte Arten verwendet. Erinnern wir uns daran, welche Schwierigkeit der Begriff der Zeitmessung dem heiligen Augustinus machte und wie diese Schwierigkeit überwunden wird, wenn wir einsehen, daß Zeitmessung und Raummessung nicht im selben Sinn des Wortes Messungen sind. Das Wort “Messung” wird eben hier nur in verwandten Weisen gebraucht. Wir denken an eine bestimmte Anwendung eines Wortes, das heißt eine Anwendung im Zusammenhang mit bestimmten anderen Wörtern, etwa des Wortes “versuchen” oder “messen”, sagen uns, wir wissen nun seine Bedeutung und suchen nun diese selbe Bedeutung, das heißt, dieselbe Grammatik, im Fall eines anderen Zusammenhanges. Es ist als bildeten wir uns ein, es müsse doch einen Ost- und Westpol geben, da in gewissen Fällen die Richtungen Nord, Süd, Ost, West gleichberechtigt erscheinen. Wir sind dann in der Philosophie oft geneigt, zu sagen, der Ost- und Westpol sei noch nicht gefunden. Wir glauben wie gesagt, die Bedeutung des Wortes sei der unveränderliche Inhalt der Flaschen, deren Aufschrift das Wort ist. Und hieraus entspringen unter anderem
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all die seltsamen Probleme über die allgemeinen Aussagen in der Mathematik. Die Grammatik des Satzes “alle Menschen in diesem Zimmer haben Hüte auf” ist uns geläufig und wir besinnen uns nicht darauf, daß die Grammatik des Wortes “alle” in dem Satz “alle Kardinalzahlen haben diese und diese Eigenschaften” eine andere ist, wenn auch eine verwandte. Und was hier die Verwandtschaft verschiedener Grammatiken bedeutet, sieht man klar und einfach an dem Beispiel der Zahlenarten. Das Wort “alle” hat nicht weniger verschiedene Bedeutungen als das Wort “eins” und weiter als das Wort “jeder”, “irgendeiner”, “mancher” usw. Wenn man hier die Suche nach dem okkulten Gemeinsamen aufgibt, ergibt sich die natürliche Lösung.
   
     Alles das muß man nun auf die Begriffe “Satz” und “Sprache” anwenden und vor allem auf den Begriff “Begriff”. Denn “Zahl” und “Kardinalzahl” und “irrationale Zahl” und “Pflanze” und “Grundfarbe” sind Begriffe in verschiedenem Sinne dieses Wortes.
   
     Was geschieht, wenn ich einen Brief schreibe und, wie man sagen würde, nach dem richtigen Ausdruck meines Gedankens suche? Diese Art der Beschreibung vergleicht den Vorgang etwa mit einer Übersetzung. Die Gedanken sind schon da und ich will ihren sprachlichen Ausdruck finden. Dabei könnte uns vorschweben, daß die Gedanken Gefühle sind und ihr adäquater Ausdruck diejenigen Worte oder Laute, welche diese Gefühle entladen wie das Seufzen den Kummer; oder daß die Gedanken Bilder sind und ihr Ausdruck die Beschreibung dieser Bilder oder daß sie ein sprachlicher Ausdruck eigener Art sind, etwa der Ausdruck einer privaten Sprache, den wir nun in den Ausdruck einer allgemeinen zugänglichen Sprache übersetzen. Was geschieht aber in Wirklichkeit, wenn wir jetzt nach dem richtigen Ausdruck des Gedankens suchen? Vielleicht überlassen wir uns ganz einer Stimmung und der Ausdruck kommt, den wir als adäquat empfinden. Vielleicht machen wir eine Geste oder wollen immer eine Geste machen und endlich kommt der Ausdruck, der dieser Geste entspricht. Und worin besteht dieses Entsprechen? Vielleicht hat der Ausdruck denselben Rhythmus wie die Geste usw. usw. Ich sage, ich habe den Gedanken und ich suche nach seinem Ausdruck, und das sage ich auch so: “Ich weiß, was ich sagen will, kann es aber noch nicht sagen.” Was ist aber der Fall, wenn ich weiß, was ich sagen will? Es kann mir wirklich der sprachliche Ausdruck einer anderen Sprache vorschweben, z.B. ein englischer und ich will den Gedanken deutsch ausdrücken, oder aber ein Teil eines deutschen Satzes und eine Geste. Der Ausdruck “ich weiß, was ich sagen will, kann es aber nicht
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aussagen” ist eben von dem speziellen Fall hergenommen, wenn mir das, was ich sagen will, in irgendeiner anderen Sprache vorschwebt. Und dieser Fall tritt wohl ein, aber auch unzählige andere, mit ihm nur mehr oder weniger verwandte. Und doch werden sie durch den gewöhnlichen Ausdruck unserer Sprache alle sozusagen über einen Leisten geschlagen. Es ist hier so, wie wenn man sich oft denkt, was man Erinnerung nennt, müsse ein Bild sein und wenn ich mich erinnere, einen Menschen schon einmal gesehen zu haben, so sei es, als trüge ich gleichsam eine Photographie von ihm bei mir, hielte sie neben ihn und vergliche die Photographie mit dem Menschen. Etwas ähnliches kommt wohl auch in manchen Fällen des Erinnerns vor, aber wir reden allgemein von Vergleichen der Erinnerung mit der Wirklichkeit. Und da das Wort vergleichen in den Fällen gebraucht wird, wo wir die verglichenen Objekte nebeneinander halten, so stört es uns nun, und ruft eine Beunruhigung, ein Problem in uns hervor, wenn wir erkennen, daß in einem Fall, welchen unsere Sprache einen Vergleich nennt, gar keine Gegenüberstellung zweier Objekte stattfindet. Ich gebe jemandem den Befehl “bringe mir eine rote Blume! Wie weiß er, wie die Farbe aussieht, die er mir bringen soll? Er könnte einen Zettel in der Tasche tragen mit einer Farbentabelle und bei jedem Farbmuster stünde der Name der Farbe. Er sähe bei dem Wort “rot” nach, ginge auf das darunter liegende Muster über und vergliche mit diesem Muster in der Hand verschiedene Blumen, bis er eine von der gleichen Farbe findet. Dies ist ein möglicher Vorgang des Suchens einer roten Blume nach dem Befehl bringe mir eine rote Blume!” Er ist aber durchaus nicht der einzige und nebenbei bemerkt, auch nicht der gewöhnliche. Man glaubt da wohl, die Vermittlung zwischen dem Wort und dem gesuchten Gegenstand geschähe eben vermittels eines Vorstellungsbildes. Wie ist es aber, wenn ich jemandem den Befehl gebe “stelle dir eine rote Blume vor!”? Dieser Befehl ist doch offenbar dem, eine rote Blume zu holen, in mancher Beziehung ähnlich. (Ja wir könnten ihn uns so ausgeführt denken, daß der Betreffende die Farbentabelle aus der Tasche zöge und mit ihrer Hilfe sich eine rote Blume vorstellte.) Aber der gewöhnliche Vorgang der Ausführung ist jedenfalls ein anderer, und zwar haben wir es nicht mit einem Fall zu tun, in welchem eben beidemals wesentlich dasselbe geschieht und im einen Fall eben nur ein Umweg gemacht wird. Vielmehr spielen wir jedesmal ein anderes Spiel. Denn fragen wir uns nur, was das Kriterium ist, einerseits dafür, daß die Tabelle uns die richtige Farbe zeigt, daß sie sich nicht verändert habe usw. und andererseits, welches das
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Kriterium dafür ist, daß wir uns die richtige Farbe vorstellen, sobald uns das Wort “rot” genannt wird. Ja wir könnten uns absichtlich um den Befehl nicht zu befolgen, einen blauen Gegenstand vorstellen und wüßten dann, in einem Sinn, daß wir uns nicht die richtige Farbe vorgestellt haben. Wenn ich nun hier so viele gänzlich voneinander verschiedene Beispiele des Befolgens ähnlicher Befehle gebe, so geschieht es nicht um zu zeigen, wir wüßten noch nicht, was alle diese Arten der Befolgung gemeinsam haben, sondern im Gegenteil, um zu zeigen, daß ihnen nichts gemeinsam sein muß. Einige gute Epigramme über die Anwendung eines Worts sind besser als meine langweiligen Ausführungen. Der philosophische Denker will ein Porträt der Anwendung der Sprache entwerfen. Und es kommt wie bei jedem Porträt nicht darauf an, viele Striche zu machen, sondern die richtigen, charakteristischen, treffenden. Viele freie Striche ergeben nicht einen treffenden. Damit der Gedankenwagen richtig weiterrollt, muß er genau auf die Schiene gesetzt werden.
   
     Wenn die Sprache ein Begriff wäre im Sinn der elementaren Kardinalarithmetik, so könnte man sagen, es gehören gewisse grammatische Spiele zu ihr und sie sei ohne diese nicht komplett, wie man sagen kann, die Elementare-Kardinalarithmetik sei ohne den Kalkül der Multiplikation nicht vollständig. Man könnte hier von festen Grenzen des Begriffs reden, obgleich es z.B. keine endliche Anzahl aller Kardinalmultiplikationen gibt. Ich meine, man kann den Begriff “Rechnung der elementaren Kardinalarithmetik” einen festbegrenzten nennen, im Gegensatz zu dem der Arithmetik und auch der Mathematik. Was zur Mathematik gehört, ist nicht bestimmt worden. Ihr Begriff so wie der Begriff des Kalküls ist ein fließender. Und ebenso ist es der Begriff der Sprache. Aber das erlaubt uns, unsere Freiheit auf die Spitze zu treiben, gleichsam zu sagen: wenn du das und das Sprache nennst, warum nicht auch das? Wir können so Sprachspiele isolieren und uns etwa vorstellen, ein Volksstamm könne nur dieses oder jenes oder diese bestimmte Kombination von Sprachspielen. Und so beleuchten wir das unübersehbar wogende Ganze unserer Sprache, dadurch daß wir ihm festumschriebene Gebilde gegenüber oder an die Seite stellen, welche wir nicht gut umhin können, Sprache zu nennen. Die Vorstellung, es gäbe einen Volksstamm, dessen Sprache etwa nur aus Befehlen bestünde, und zwar etwa aus Befehlen einer scharf umrissenen Art, z.B. Befehlen, welche Gruppen von Menschen an verschiedene Orte dirigieren, diese Vorstellung ist ein Mittel, um sich die Ähnlichkeit einer solchen Sprache durch die Ähnlichkeit ihrer Funktion im Leben des Menschen klar
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auszumalen. Kennte man keine Volksstämme, deren Zahlenreihe “1, 2, 3, 4, 5, viele” lautet, so wäre die bloße Fiktion, eines solchen arithmetischen Lebens auch von großem Nutzen. Wir müssen nur noch verstehen, daß jene Zahlenreihe durchaus nicht unkomplett ist und wir nicht im Besitz einer kompletteren sind, sondern nur im Besitz einer anderen und komplizierteren Arithmetik, neben der jene primitive zurecht besteht. Und wie wir durch so eine Überlegung sehen, daß unsere Reihe der natürlichen Zahlen in keiner Weise ein ausgezeichnetes und uns gleichsam von Gott geschenktes Gebilde ist, welche wesentlich der Grundstein dessen sein muß, was wir Arithmetik nennen, wie wir dadurch sehen, daß von einer Grundintuition keine Rede sein kann, da die Reihe 1, 3, 5, 7, … arithmetisch um nichts weniger fundamental ist, so sehen wir nun auch, daß die Sprache durch dieses oder jenes Sprachspiel (wie ich es nennen will) nicht komplett noch durch sein Fehlen wesentlich unvollständig wird; welches alles natürlich nur Bemerkung zur Grammatik des Wortes “Sprache” ist, die uns davor bewahrt, beim Nachdenken über die Grammatik eines Wortes auf gewisse hoffnungslose Irrwege zu geraten. Wenn wir einen Satz wie den “das Nichts nichtet” oder die Frage “was ist früher, das Nichts oder die Verneinung?” behandeln wollen, so fragen wir uns, um ihm gerecht zu werden: was hat dem Autor bei diesem Satz vorgeschwebt? Woher hat er diesen Satz genommen?
  
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(Unsere Methode ähnelt in gewissem Sinn der Psychoanalyse. In ihrer Ausdrucksweise könnte man sagen, das im Unbewußten wirkende Gleichnis wird unschädlich, wenn es ausgesprochen wird. Und dieser Vergleich mit der Analyse läßt sich noch weithin fortsetzen.) || Und diese Analogie ist gewiß kein Zufall.)
  
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     Wer etwa vom Gegensatz des Seins und des Nichts spricht und vom Nichts als etwas gegenüber der Verneinung Primärem, der denkt, glaube ich, etwa an eine Insel des Seins umspült vom unendlichen Meer des Nichts. Was wir in dieses Meer werfen, wird in seinem Wasser aufgelöst, vernichtet. Es selbst aber hat auch eine unendliche Tätigkeit, vergleichbar den Wogen des Meeres, es existiert, es ist, und wir sagen: “es nichtet”. In diesem Sinn würde auch das Ruhen als eine Tätigkeit bezeichnet. Wie aber kann man jemandem zeigen, daß dieses Gleichnis nun das richtige ist? Man kann es garnicht zeigen. Aber wenn es ihn von seiner Verwirrung erlöst, so haben wir ihm damit getan, was wir wollten. Es mag uns seltsam vorkommen, durch welche gleichsam trivialen Mittel wir von tiefen philosophischen Beunruhigungen befreit werden. Es ist seltsam, daß man nichts tun muß als z.B. in einem Fall ein Wort durch zwei verschiedene zu ersetzen, das Wort “ist” durch die beiden Zeichen
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= ” und “ε”, um die quälende Frage los zu werden, in wiefern doch die Rose dasselbe sei, wie rot. Aber daraus sehen wir nur, wie tief eine Verwirrung ist, wenn sie in der Sprache verkörpert ist. Es ist seltsam, daß man einen von der tiefen und in gewissem Sinn geheimnisvollen Frage, was der Satz “A = A” bedeutet, dadurch sollte erlösen können, daß man eine Notation einführt, in der sich dieser Satz nicht aufschreiben läßt. Wie kommt es, so könnte man fragen, daß wir uns dabei beruhigen? Daß wir jene Notation nun nicht ablehnen, indem wir sie als unvollständig erklären? Aber wir tun es nicht, sondern fühlen gleichsam: Gott sei Dank, daß wir davon befreit sind? So seltsam es klingt: daß, was uns an jenem Satz “A = A” tief a priori allem Denken zugrundeliegend erschien, erkennen wir wieder in seinem Ausschluß aus der Sprache durch das neue Zeichensystem. Das tiefe Problem lag sozusagen gerade darin, daß wir uns in der alten Ausdrucksweise ungemütlich fühlten (und das Gefühl der Ungemütlichkeit, wenn es sich auf unsere Sprache bezieht, ist ein tiefes). |Wenn jemand sagt “das Nichts nichtet” so können wir ihm in der Art unserer Betrachtungsweise sagen: Gut, was sollen wir nun mit diesem Satz anfangen? Das heißt, was folgt aus ihm und woraus folgt er? Aus welcher Erfahrung können wir ihn feststellen? Oder aus gar keiner? Was ist seine Funktion? Ist er ein Satz der Wissenschaft? Und welche Stellung nimmt er im Haus der Wissenschaft ein? Die eines Grundsteins, auf welchem andere Bausteine liegen? Oder etwa die eines Arguments? Ich erkläre mich mit allem einverstanden, nur muß ich dies wissen. Ich habe nichts dagegen, daß du an der Maschine der Sprache ein leerlaufendes Rad anbringst, aber ich wünsche zu wissen, ob es leer läuft oder in welche andere Räder es eingreift.| Hier denken wir daran, wie manchmal ein Physiker in der Vorrede zu einem Buch über die Prinzipien der Mechanik sich etwa vor dem Satz der Kausalität verbeugt, sagt, daß dieser Satz ein Fundament der Physik ist und seiner darauf im Text des Buches nicht mehr Erwähnung tut. Hier fragen wir: in welchem Sinn ist jener Satz ein Fundament der physikalischen Betrachtung? Jedenfalls nicht im Sinn eines derjenigen Sätze, aus welchen in diesen Betrachtungen Folgerungen gezogen werden. Und wir wollen wissen, handelt es sich hier um eine derjenigen Höflichkeitsformeln, wie sie vor Beginn einer geschäftlichen Unterhandlung ausgetauscht werden?
   
     Ich möchte folgendes Gleichnis gebrauchen, um die Bedeutung dieser Betrachtung klar zu machen: Wer gewohnt ist, weniger zu essen, als seinem Hunger
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entspricht, der ist von allen Verstimmungen des Magens am besten mit derjenigen des Hungers vertraut und seine nächstliegende Regung, wenn er eine Verstimmung des Magens spürt, ist die: essen zu wollen, und zwar auch dann wenn die Verstimmung einmal ausnahmsweise daher rührt, daß er schon zu viel gegessen hat. So sind wir gewohnt, Beunruhigungen des Geistes zu stillen, indem wir gewisse Sätze auf fundamentalere zurückführen. Rührt unsere Beunruhigung nun aber von einer Unklarheit über die grammatischen Verhältnisse in einem Sprachgebiet her, so sind wir einerseits aus alter Gewohnheit versucht, das hier nicht angebrachte Heilmittel der Zurückführung auf fundamentalere Sätze anzuwenden, andererseits fühlen wir wohl, daß wir ein Fundament im hausbackenen Sinn nicht brauchen können. Wir möchten die Philosophie anfangen mit etwas, was die Grundlage alles Späteren, aller Wissenschaften sein soll und dabei soll sie doch nicht “Grundlage” einfach im Sinn der untersten Ziegelreihe eines Hauses sein. Wir machen hier eine ähnliche Verwechslung wie sie dadurch entstehen könnte, daß wir einmal jene unterste Ziegelreihe, ein anderes Mal Solidität als die Grundlage eines Baus bezeichnen. Und aus diesem Zwiespalt entsteht ein Bedürfnis, die Philosophie gleichsam mit einem unartikulierten Laut anzufangen. Und ein Satz wie “das Nichts nichtet” ist in gewissem Sinn der Ersatz eines solchen unartikulierten Lautes. Der Satz “ich habe um mein Wissen wissend bewußt etwas” ist auch ein solcher unartikulierter Laut. Das Berfnis solche Sätze oder Floskeln vor unsere eigenen Betrachtungen zu stellen ist in einem Sinn auch ein Bedürfnis des Stils. In gewissen Perioden schließt man Häuser und Kästen mit einem Gesims ab. Man wünscht eine Betonung des Abschlusses. Man schließt Stangen aller Art mit Knöpfen ab, auch dort, wo dies nicht ein Erfordernis der Zweckmäßigkeit ist. Die Stange soll nicht einfach aufhören. Ein anderes Mal ist es ein Bedürfnis, den Abschluß nicht zu betonen, sondern künstlich zu verschleiern. Der Gegenstand soll in seine Umgebung übergehen. So brachte man am Rand eines Tischtuchs Spitzen an, die ursprünglich bloß eine Auszackung des Tuches waren, da man einen scharfen Abschluß nicht wünscht. Zu anderen Zeiten aber, gibt man dem Rand eine eigene Färbung um ihn zu betonen. Genau so verhält es sich nun mit diesem Argument. Man wünscht z.B. die Entstehung der Welt auf einen Schöpfer zurückzuführen, obwohl dies in gewissem Sinn nichts erklärt und nur den Anfang betont. (Diese letzte Betrachtung ist von der Art derjenigen des Architekten Loos und gewiß von ihm beeinflußt.)
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     “Du sagst ‘setzen wir statt des Glaubens, den Ausdruck des Glaubens’. Aber das ist ja, wie wenn du sagtest: ‘setzen wir statt der Zahnschmerzen den Ausdruck: ich habe Zahnschmerzen’. Der Satz ‘ich glaube usw.’ ist einfach die Beschreibung eines, sagen wir geistigen Vorgangs und diese Beschreibung ist von diesem Vorgang so verschieden, wie die Beschreibung eines Wettrennens vom Wettrennen, oder die Beschreibung von Zahnschmerzen von den Zahnschmerzen.” Wir können zuerst fragen: wie weiß einer, was er glaubt? wie weiß er, ob er glaubt, daß p der Fall sein wird? Daß er also einen Glauben hat, der durch das Eintreffen von p bestätigt wird? Dies könnte eine Sache der Erfahrung sein. Dann wäre der Glaube, der Wunsch, die Erwartung etwa vergleichbar dem Gefühl des Hungers, der erfahrungsgemäß durch den Genuß einer bestimmten Speise gestillt wird und den wir dann, z.B. den Hunger nach einem Apfel nennen könnten. Dieser Hunger nach einem Apfel kann aber sehr wohl einmal nicht durch einen Apfel sondern durch eine Birne gestillt werden. In keinem Fall ist es eine Tautologie zu sagen “der Hunger nach einem Apfel wird durch einen Apfel gestillt”. Und als eine Art Hunger faßt Russell den Wunsch auf, wenn er sagt wir wüßten oft garnicht, was wir wirklich wünschten, sondern erst die Erfüllung des Wunsches zeige ihn uns. Dagegen ist nichts einzuwenden, außer, daß das Wort in einer großen Gruppe von Fällen so nicht gebraucht wird. Der Gebrauch der Wörter “glauben”, wünschen” usw. von welchen wir hier reden wollen, ist vielmehr der, in welchem es tautologisch ist, zu sagen: der Glaube, daß p der Fall ist, wird durch das Eintreffen von p bestätigt.
   
     Wir sind nun aber versucht, zu denken, es müsse von dem Vorgang des Glaubens, daß p der Fall sei, eine zweifache Beschreibung geben können, die eine, so könnte man meinen, würde von Bestandteilen des Geistes und ihren Beziehungen handeln und wenn ich also z.B. glaube, daß jenes Haus in einer halben Stunde einstürzen wird, so könnte in dieser (direkten) Beschreibung des Glaubensvorganges weder vom Haus noch von Einsturz die Rede sein. Dieser Beschreibung stünde jene andere gegenüber, die lautet: “ich glaube, daß das Haus einstürzen wird.” Denken wir uns das gleiche im Fall einer Abbildung. Vor mir liegt die Zeichnung eines Hauses, welches auf diesem Platz aufgeführt werden soll. Hier gibt es offenbar eine direkte Beschreibung der Zeichnung, in welcher von dem Haus, das hier aufgeführt werden soll, keine Rede ist. Die Beschreibung wird vielmehr von Strichen auf dem Papier handeln.
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     Was bedeutet es wenn ich sage, der Ausdruck des Glaubens sei die Beschreibung eines geistigen Zustandes? Wenn wir nämlich nicht damit meinen, er sei die indirekte Beschreibung und es gäbe noch eine direktere. Wir sagten, der Ausdruck des Glaubens sei die Beschreibung eines geistigen Vorgangs und ebensowenig statt des geistigen Vorgangs zu setzen wie die Beschreibung von Zahnschmerzen für die Zahnschmerzen. Wir denken uns, es handle sich um die Beschreibung eines gemalten Bildes. Wir könnten dann etwa sagen, diese Beschreibung könne nicht statt des Bildes gesetzt werden in dem Sinn: sie leiste nicht die gleichen Dienste wie das Bild. Das Bild etwa tue dem Auge wohl, die Beschreibung nicht etc. Nehmen wir einmal an, das Bild sei eine Darstellung der Krönung Napoleons. Die Beschreibung des Bildes ist dann eine Beschreibung einer Darstellung und kann jedenfalls einen Zweck erfüllen, welchen das Bild auch erfüllt. Denn das Bild und die Beschreibung des Bildes sind nun Darstellungen der Krönung Napoleons. Es ist also die Beschreibung zwar nicht das Beschriebene, kann aber doch manchmal denselben Dienst leisten. Und die Beschreibung eines sprachlichen Ausdrucks kann immer als Ausdruck anstelle des beschriebenen Ausdrucks verwendet werden. Wie verhält es sich nun mit der Beschreibung des Vorgangs des Glaubens, wenn sie lautet: “ich glaube, daß p der Fall sein wird”? Da ich wie wir annehmen, den Ausdruck des Glaubens unmittelbar von dem Vorgang des Glaubens ablesen kann, beziehungsweise den Ausdruck aus jenem Vorgang bloß mit Hilfe von Sprachregeln ableiten kann, so könnte mir jener Vorgang auch als Sprache dienen. Denn es ist garnichts darüber festgelegt, was ich Sprache nennen will, außer, daß es sich nach festen Regeln in unsere Sprache muß übersetzen lassen. Es schien uns anfänglich, als könne es zwei Beschreibungen des Vorgangs des Glaubens geben, die eine, direkte, sagt uns, was beim Glauben in unserm Geist, in unserm Gehirn oder sonstwo vorgehe. So wie wir uns aber diese Beschreibung dachten, konnten wir nicht aus ihr ablesen, was geglaubt wird. Wir konnten sozusagen die Intention dieser Vorgänge nicht aus ihnen ablesen. Dann aber entsprach das Geschriebene nicht der Bedingung, daß wir aus dem Vorgang des Glaubens ersehen müssen, was geglaubt werde. Wir könnten also nicht aus der Betrachtung des Vorgangs des Glaubens, den Ausdruck des Glaubens ableiten, es sei denn, daß uns Regeln gegeben würden, mit deren Hilfe wir aus der Betrachtung des Glaubensvorgangs, und daher aus seiner Beschreibung in den Ausdruck des Glaubens übersetzen könnten. Dann aber erfüllt der Vorgang des Glaubens sowohl wie s¤eine Beschreibung die Bedingungen, unter denen wir etwas einen Ausdruck des Glaubens nennen. ¤