1
Die Beweise ordnen die Sätze.
Sie geben ihnen Zusammenhang. |
Der Begriff einer formalen Prüfung
setzt den Begriff einer Regel des
Umformens || Transformierens
& also einer Technik
voraus. |
Denn nur
durch eine Technik können wir eine Regelmäßigkeit
begreifen. |
Die Technik ist außerhalb
des Beweisbildes. Man könnte den Beweis genau sehen
& ihn doch nicht als Transformation nach diesen Regeln
2 verstehen. |
Man wird gewiß die
Addition der Zahlen … , um zu sehen ob sie 1000
geben eine
formale Prüfung
der Zahlzeichen nennen.
Aber doch nur, wenn das Addieren eine
praktizierte Technik ist. Denn wie könnte
der Vorgang denn sonst irgendeine Prüfung genannt
werden? |
Der
Beweis ist eine formale Prüfung nur innerhalb einer
Technik des Transformierens. |
Wenn Du fragst mit welchem
3
Recht sprichst Du diese Regel
aus, so ist die Antwort der Beweis.
|
Mit welchem Recht sagst Du
das? Mit welchem Recht sagst Du das?
|
Wie prüfst Du das
Thema auf eine kontrapunktische
Eigenschaft?
Du transformierst es nach dieser Regel, setzt es so mit einem andern zusammen; u. dergl.. So erhältst Du das & das || ein bestimmtes Resultat. D.h., Du erklärst es, soweit, wie Du es durch ein Experiment auch erhieltest. 4
D.h.:
soweit || Soweit konnte, was
Du tust, auch ein
Experiment sein. Das Wort
“erhältst” ist hier zeitlich
gebraucht; Du erhieltest || erhieltst
das Resultat zu der & der Zeit || um 3
Uhr. – In dem mathematischen Satz, den ich
dann forme ist das Verbum
(“erhält”, “ergibt”
etc.) unzeitlich gebraucht.
Die Tätigkeit der Prüfung ergab das & das Resultat || brachte das & das Resultat hervor. Die Prüfung war bis jetzt also sozusagen experimentell. Wird || Nun wird sie als Beweis aufgefaßt. Und der Beweis ist das Bild dieser || einer Prüfung. 5 |
Der Beweis
steht hinter dem
Satz || steht im Hintergrund des Satzes, wie die
Anwendung. Er hängt auch mit der Anwendung
zusammen. |
Der
Beweis ist der Weg der Prüfung. |
Die Prüfung ist eine formale nur
insofern als wir das Ergebnis als einen
formalen Satz auffassen. |
Und wenn dieses Bild die Voraussage rechtfertigt –
d.h., wenn Du es nur sehen brauchst &
überzeugt bist ein
6 Vorgang werde so & so
verlaufen – dann rechtfertigt das Bild natürlich
auch die Regel. – In diesem Falle steht der Beweis
hinter der Regel als Bild, das sie rechtfertigt. ‒ ‒
|
Warum rechtfertigt denn das
Bild der Bewegung den Mechanismus des Glaubens, diese
Bewegung werde diese Art von Mechanismus immer machen? – Es gibt unserm Glauben eine bestimmte Richtung.
|
Wenn der
Beweis || Satz in
7 der Anwendung nicht zu
stimmen scheint, so muß mir der Beweis doch zeigen
warum & wie er stimmen muß,
d.h. wie ich ihn mit der Erfahrung
versöhnen muß. |
Der
Beweis ist also auch eine Anweisung zur Benutzung der
Regel. |
Wie rechtfertigt der
Beweis die Regel? – Er zeigt wie,
& daher warum sie benützt werden kann. |
Der Läufer des
Königs zeigt uns wie
8 × 9 72
ergibt – aber da
8 ist die Regel des
Zählens nicht als Regel anerkannt.
Der Läufer des Königs zeigt uns, daß 8 × 9 72 ergibt: Nun erkennen wir die Regel an. |
Oder sollte ich sagen: Der
Läufer des Königs zeigt mir wie
9 × 8 72
ergeben kann, d.h. er zeigt mir
eine Weise. |
Insofern
8 × 9 = 72
eine Regel ist heißt es natürlich nichts zu sagen, jemand
zeige mir wie
8 × 9 = 72
ist; es sei denn dies sollte heißen || heiße: jemand zeigt mir wie man zu dieser Regel
gekommen ist. || jemand zeigt mir einen Vorgang
durch dessen Anschauen man zu dieser Regel geleitet
wird. |
Ist nun nicht das
Durchgehen jedes
Beweises ein solcher Vorgang? |
Hieße
es etwas zu sagen: “Ich
will Dir
10 zeigen wie
8 × 9
zuerst 72 ergab”? |
Das seltsame ist ja, daß
das Bild, nicht die Wirklichkeit, einen Satz soll erweisen
können! Als spielte || übernähme hier das Bild selbst die Rolle der
Wirklichkeit. – Aber so ist es doch nicht: denn
aus dem Bild leite ich nun eine Regel ab. Und die
verhält sich zum Bild nicht so, wie der Erfahrungssatz zur
Wirklichkeit. – Das Bild zeigt natürlich
nicht, daß das & das geschieht. Es zeigt nur
daß, was geschieht so
11 aufgefaßt werden
kann. |
Das
Bild || Der Beweis zeigt, wie man nach
einer || der Regel vorgeht ohne anzustoßen.
|
Man kann also
auch sagen: der
Vorgang, der Beweis, zeige mir, in wiefern
8 × 9 = 72
ist. |
Das Bild zeigt mir
natürlich nicht daß etwas geschieht, aber daß was
immer geschieht sich so wird anschauen lassen. |
Wir werden
dazu
gebracht, || :
diese Technik in diesem Falle
zu verwenden.
12 Ich werde dazu
gebracht – & insofern von etwas,
überzeugt.
Sieh, so geben 3 und 2 5. Merke Dir diesen Vorgang. “Du merkst Dir dabei die Regel auch gleich.” |
Der
Euklidische Beweis der Endlosigkeit der
Primzahlenreihe könnte so geführt werden, daß die
Untersuchung der Zahlen zwischen p und p! + 1 an einem Beispiel oder mehreren
vorgeführt
& uns so eine Technik der Untersuchung
gelehrt würde. Die Kraft des Beweises läge dann
natürlich nicht darin, daß in diesem Beispiel eine
Primzahl 13 ˃ p gefunden würde.
Und das ist, auf den ersten Blick, seltsam.
Man wird nun sagen daß der algebraische Beweis strenger ist als der durch Beispiele, weil er sozusagen nur das Wesentliche || der Extrakt des wesentlichen || wirksamen Prinzips dieser Beispiele ist. Aber eine Einkleidung enthält ja der algebraische Beweis auch. Verstehen – möchte || könnte ich sagen – muß man beide! |
Der
Beweis lehrt 14 uns eine Technik,
eine Primzahl zwischen p
und || &
p! + 1 zu
finden. Und wir werden überzeugt, daß diese Technik
immer zu einer Primzahl ˃ p führen muß. Oder,
daß wir uns verrechnet haben, wenn sie es nicht tut. |
Wäre man nun hier geneigt zu
sagen, der Beweis zeige uns wie es eine
unendliche Reihe von
Primzahlen gibt? Nun,
man könnte es sagen. Und
jedenfalls: “inwiefern es
unendlich viele Primzahlen gibt”. Man
könnte sich ja auch denken wir hätten 15 einen Beweis, der uns zwar
bestimmte zu sagen, es gebe unendlich
viele Primzahlen, aber uns nicht
lehrte, eine Primzahl ˃ p zu finden.
Nun würde man vielleicht sagen: “diese beiden Beweise, bewiesen dann trotz alledem den gleichen Satz die gleiche math. Tatsache”. Dies zu sagen, könnte Grund vorhanden sein, oder auch nicht. |
Der
Zuschauer sieht den ganzen, eindrucksvollen Vorgang.
Und er wird von etwas überzeugt; denn das ist
16 ja der besondere Eindruck
den er erhält. Er geht von dem Schauspiel,
überzeugt von etwas. Überzeugt daß er mit
andern Zahlen (z.B.) zum selben Ende
kommen wird. Er wird bereit sein, das, wovon er
überzeugt wurde, so & so auszusprechen.
Überzeugt wovon? Von einer
psychologischen Tatsache? – |
Er wird sagen (können),
er habe || hat
aus dem, was er gesehen hat,
einen Schluß gezogen. – Nicht aber, wie
aus einem Experiment. (Denk an die periodische
Division.) |
Könnte er sagen: “Was ich
17 gesehen habe, war sehr
eindrucksvoll. Ich habe daraus einen Schluß
gezogen. Ich werde in Zukunft
…”? (Etwa: ich werde in Zukunft immer so rechnen.) Er erzählt: ¤“Ich habe gesehen, daß es so sein muß.” |
“Ich habe
gesehen || eingesehen, daß
es so sein muß”
– so wird er berichten. |
Er wird nun vielleicht im Geiste den
Beweisvorgang durchlaufen. |
Aber
er sagt nicht:
Ich 18 habe
gesehen || eingesehen,
daß das geschieht.
Sondern: daß es so sein muß.
Dieses “muß” bedeutet
einen Zirkel. |
Ich
entscheide mich dafür, die Dinge so
anzusehen. Also auch, so & so zu
handeln. |
Ich denke mir, daß
der Zuschauer || , daß,
wer den Vorgang sieht, selbst eine Moral aus dem
Vorgang || ihm zieht. |
Es muß so sein bedeutet, daß der Ausgang
als dem
Prozeß wesentlich
erklärt wurde.
19 |
‒ ‒ ‒
Sondern: daß es so sein
muß. Das || Dieses
“muß” zeigt, welche Art
der Lehre er || Lehre er || Art von
Lehre
er aus der Szene gezogen
hat. Das “muß” zeigt, daß
er einen Zirkel gemacht hat. |
Dieses Muß zeigt
daß er einen Begriff
angenommen hat. |
Dieses Muß
bedeutet daß er im Kreis gegangen ist. |
Statt
eines
naturwissenschaftlichen Satzes || einem naturwissenschaftlichen
Satz hat
20 er eine
Begriffsbestimmung von dem Vorgang
abgelesen. Begriff heißt hier Methode. Im Gegensatz zu der Anwendung der Methode. |
Sieh so gibt 50 und 50 100. Man hat etwa
sukzessive fünf mal 10 zu 50
addiert. Und man verfolgt das Anwachsen der Zahl bis sie zu 100 wird. Hier wird natürlich der beobachtete Vorgang ein Vorgang der Rechnung in irgendeiner Weise (auf dem Abakus, etwa), ein Beweis. |
Die Bedeutung des
“so” ist natürlich nicht der Satz
“50 + 50 = 100”
21
sage: das gehe
irgendwo vor. Es ist also nicht wie wenn ich
sage: “siehst Du so
galoppiert ein Pferd” – &
ihm Bilder zeige. |
Man
könnte aber sagen: “Siehst Du,
darum sage ich
‘50 + 50 = 100’”. |
Oder: “Siehst Du,
so erhalte ich (oder: erhält
man) den Satz, daß
50 + 50 = 100
ist.” || so erhält man,
daß 50 + 50 = 100 ist.” |
Wenn ich nun aber sage:
“Sieh' so ergibt 3 + 2 5”
& lege
22 dabei 3 Äpfel auf den
Tisch & dann 2 dazu; so will ich etwa sagen: 3
Äpfel & 2 Äpfel geben 5 Äpfel, wenn keiner
wegkommt, oder dazu kommt. – Oder man könnte
Einem auch sagen: Wenn Du (wie ich jetzt) 3
Äpfel & dann noch 2 auf den Tisch legst &
so geschieht fast immer das, was Du jetzt siehst & es liegen
nun 5 Äpfel da. Ich will ihm etwa zeigen, daß 3 Äpfel & 2 Äpfel nicht so 5 Äpfel ergeben, wie sie 6 Äpfel ergeben können (indem etwa plötzlich einer erscheint). 23 Das ist eigentlich eine
Erklärung, Definition der Operation des Addierens. So
könnte man ja wirklich das Addieren mit dem
Abakus erklären.
|
“Wenn wir 3 Dinge zu 2 Dingen
legen so kann das verschiedene Anzahlen von Dingen
ergeben. Aber als Norm sehen wir den
Vorgang
an daß 3 Dinge + 2 Dinge 5 Dinge
ergeben. Siehst Du, so schaut es
aus wenn sie 5 ergeben.” |
Könnte man dem Kind nicht sagen: “Zeig
mir wie 3 und || + 2 5
ergeben”.
24 Und das Kind hätte
daraufhin auf dem Abakus 3 + 2 zu
rechnen. |
Wenn man das Kind im
Rechenunterricht
fragte “wie || Wie ergeben
3 + 3
5?” – was soll es da
zeigen? Nun, es soll offenbar 3 Kugeln zu 2 Kugeln
schieben + die Kugeln zählen (oder
dergleichen). |
Könnte man nicht fragen || sagen:
“Zeig mir wie dieses Thema einen Kanon
gibt”. Und wer so gefragt wurde
müßte nun beweisen, daß es einen Kanon gibt. –
Man würde den “wie” fragen,
25 den man zeigen lassen
wünscht || will, daß er überhaupt
versteht wovon hier die Rede ist. |
Und wenn das Kind nun zeigt, wie 3 + 2 5 geben,
so zeigt es einen Vorgang, der als Grund der Regel
“2 + 3 =
5” betrachtet werden kann. |
Wie aber, wenn man den Schüler
fragt: “Zeig mir, wie es unendlich viele
Primzahlen
gibt” – Hier ist die Grammatik
zweifelhaft! Es ginge aber an zu sagen:
“Zeig
26 mir, inwiefern man sagen
kann, es gäbe unendlich viele
Primzahlen”. |
Wenn man
sagt: “Zeig mir, daß es
…” so ist die Frage, ob es … , schon
gestellt & nur noch “ja” oder
“nein” zu sagen. Sagt man
“zeig mir, wie es … ” so ist hier
das Sprachspiel, überhaupt, erst zu erklären.
Man
hat jedenfalls noch keinen klaren Begriff davon, was es mit
dieser Behauptung überhaupt soll. (Man fragt
sozusagen: “wie kann so eine
Behauptung 27 überhaupt
gerechtfertigt werden?”) |
Soll ich nun eine andre Antwort geben auf die
Frage: “Zeig mir, wie … ” als auf
die Frage: “Zeig mir, daß …”?
|
Du ziehst aus dem
Beweis eine Lehre. Wenn Du aus dem Beweis eine Lehre
ziehst, so muß ihr Sinn unabhängig sein vom Beweis, denn sonst
hätte sie nie vom Beweis getrennt werden können.
Ähnlich kann ich die Konstruktionslinien in einer
Zeichnung wegwischen & das Übrige stehen lassen.
|
Es ist also als bestimmte der Beweis den Sinn
28 des bewiesenen Satzes nicht;
& doch wieder als bestimmte er ihn. |
Aber ist das nicht so mit jeder
Verifikation eines jeden Satzes? |
Ich glaube: Nur in einem
bestimmten großen Zusammenhang kann man überhaupt sagen es
gäbe unendlich viele
Primzahlen.
D.h.: Es muß
dazu schon eine ausgedehnte Technik des Rechnens mit den
Kardinalzahlen geben. Nur innerhalb dieser Technik hat
dieser Satz Sinn. Ein Beweis des
29 Satzes gibt ihm
seinen Platz im ganzen System der Rechnungen.
Und dieser Platz kann nun auf mehr als eine Weise beschrieben
werden, da ja das ganze komplizierte System im Hintergrund
doch vorausgesetzt wird.
Wenn
z.B. 3 Koordinatensysteme
einander in
30 bestimmter Weise zugeordnet
sind, so kann ich nun die Lage eines Punktes zu einem
jeden || allen dadurch bestimmen daß ich sie
zu einem || irgendeinem
angebe. |
Der
Beweis eines Satzes erwähnt ja nicht, beschreibt ja nicht,
das ganze Rechnungssystem das hinter dem Satz steht
& ihm
seinen Sinn gibt. |
Nimm an jemand || ein
Erwachsener mit Intelligenz & Erfahrung hat nur die
ersten Elemente des Rechnens gelernt etwa die
31
vier Grundrechenoperationen
mit Zahlen bis zu 10. Er || 20.
Er hat dabei auch das Wort
“Primzahl” kennen
gelernt. Und diesem sagte jemand: Ich werde Dir
beweisen daß es unendlich viele
Primzahlen gibt. Nun wie
kann er es ihm beweisen? Er muß ihm
rechnen
lehren. Das ist hier ein Teil des Beweisens.
Er muß der Frage “Gibt es
unendlich viele
Primzahlen”
sozusagen erst Sinn geben. |
Die Philosophie hat
sich mit der
Versuchung des Mißverstehens auseinander
32 zu setzen, die auf
dieser Stufe des Wissens bestehen. (Auf einer
andern Stufe bestehen wieder neue.) Aber das macht
sie || das Philosophieren nicht
leichter! |
Ist
es nun nicht absurd zu sagen, man verstehe den Sinn des
Fermatschen Satzes
nicht? – Nun, man könnte antworten: die
Mathematiker stehen ja diesem Satz nicht ganz ratlos
gegenüber. Sie versuchen doch jedenfalls gewisse
Methoden des Beweisens; und, sofern sie Methoden
versuchen, soweit verstehen sie den Satz. –
Aber ist das richtig? 33
Verstehen sie ihn nicht so
vollständig als man ihn nur verstehen kann? |
Nun, nehmen wir an es würde
sein Gegenteil
bewiesen, ganz gegen die Erwartung der
Mathematiker. Man zeigt also nun, es könne
gar nicht so sein. |
Aber muß ich denn nicht, um zu wissen, was ein Satz
wie der Fermatsche
bedeutet || sagt, wissen welches || was
das Kriterium dafür ist, daß der Satz wahr
ist? Und ich kenne freilich Kriterien für die
Wahrheit 34 ähnlicher
Sätze aber kein Kriterium der Wahrheit dieses Satzes.
|
‘Verstehen’ ein vager Begriff!
|
Erstens, es gibt so
etwas wie: einen Satz zu verstehen glauben.
Und ist Verstehen ein psychischer Vorgang – warum soll er uns so sehr interessieren? Es sei denn daß er erfahrungsmäßig mit der Fähigkeit, vom Satz Gebrauch zu machen, verbunden ist. 35 |
“Zeig mir, wie …”
heißt: Lehre mich die Technik zeig mir, in welchem
Zusammenhang Du diesen Satz (dieses Maschinenteil)
gebrauchst. |
Ich
werde Dir zeigen, wie es unendlich viele
Primzahlen gibt, setzt einen Zustand
voraus, in welchem der Satz, daß es
unendlich viele
Primzahlen gebe für den Andern
keine, oder nur die
vagste Bedeutung hatte. Es mochte
für ihn nur ein Scherz oder ein Paradox
sein. || gewesen sein.
36 |
Wenn
dieser Vorgang
dir beweist dann || Dich davon
überzeugt dann muß er sehr eindrucksvoll
sein. – Aber ist er es? – Nicht
besonders. Warum ist
er es nicht mehr?
Ich
glaube er wäre es nur dann || wäre nur dann
eindrucksvoll wenn man ihn von Grund auf
erklärte. Wenn man z.B. nicht
bloß p! + 1
hinschriebe, sondern es vorher erklärte &
an || mit Beispielen
illustrierte. Wenn
man also die Technik nicht als etwas Selbstverständliches
voraussetzte sondern sie
37
darstellte. |
Ein
Sprachspiel
Einer sagt dem Andern || A sagt dem B
38 das Resultat voraus.
Der
Andre zieht die Pfeile & ist
gespannt darauf, wie
sie ihn führen werden || folgt den Pfeilen mit Spannung,
gleichsam neugierig wie sie ihn führen werden &
er freut sich daran, wie sie ihn endlich zum
vorausgesagten Resultat führen || hinbringen || hin
führen. Er reagiert darauf etwa ähnlich || etwa darauf
ähnlich || etwa ähnlich darauf, wie man
auf einen Witz reagiert.
A mag das Resultat zuvor konstruiert, oder nur erraten haben. B weiß davon nichts & es interessiert ihn nicht. |
Wenn er die Regel auch kannte, so war er ihr doch noch nie
so gefolgt. Er tut jetzt etwas
Neues. Es gibt 39 aber auch eine
Neugierde & Überraschung wenn man den Weg schon gegangen
ist. So kann man eine Geschichte wieder & wieder
lesen, ja sie auswendig wissen & dennoch || doch
immer wieder von einer bestimmten Wendung überrascht
sein. |
Und wenn ich
annehme, daß A
das Resultat zuvor nicht konstruiert hat, ist seine Voraussage
dann nicht (offenbar) eine echte
Voraussage? Warum war es || das aber dann 41 keine echte
Voraussage “wenn Du der Regel folgen wirst, wirst Du dies
erzeugen”? Während das
gewiß eine echte Vorhersage ist:
“wenn Du nach bestem Wissen & Gewissen der Regel
folgen wirst, so wirst Du …”. Die Antwort
ist: der
erste Satz || das erste ist keine Voraussage weil
ich auch sagen konnte: “wenn Du der Regel
folgen wirst, so mußt Du dies erzeugen.”
Es ist dann keine Voraussage, wenn der Begriff des
Folgens nach der Regel so bestimmt ist, daß das Resultat
das Kriterium dafür ist, ob der Regel gefolgt wurde.
42 |
A sagt:
“wenn || “Wenn Du der Regel folgst, wirst Du das
erhalten”& zeichnet den resultierenden
Pfeil hin.
Oder || , oder er sagt einfach: “Du
wirst das erhalten”. Dabei zeichnet er den
resultierenden Pfeil hin. |
War
nun, was A sagte, in
diesem Spiele eine Voraussage? Nun zum Teufel,
in
gewissem Sinne: Ja! Wird das nicht besonders
klar, wenn wir annehmen, daß die Voraussage falsch
war? Eine Voraussage war es nur dann nicht, wenn
die Bedingung den Satz zum
Pleonasmus
43 machte.
A hätte sagen können: “Wenn Du mit jedem Deiner Schritte einverstanden sein wirst, dann ¤ || wirst Du dahin kommen”. |
Nimm an
daß, während
B das Polygon zieht,
sich die Pfeile des Büschels etwas
veränderten || während B das Polygon zieht, veränderten die Pfeile des
Büschels ein wenig ihre Richtung.
Er || B
zieht immer einen Pfeil parallel, so wie er in
diesem Augenblick gerade ist. Er ist nun ebenso
überrascht & gespannt wie in dem vorigen Spiel obwohl
hier das Ergebnis nicht das einer Rechnung ist. Er hat also
das erste 44 Spiel so wie das || so
aufgefaßt wie das zweite. |
“Wenn Du der Regel folgen wirst, wirst Du
dahin gelangen” ist darum keine Voraussage, weil dieser
Satz einfach sagt “Das Resultat dieser Rechnung ist
…” und das ist ein wahrer, oder falscher
math.
Satz. Die
Anspielung auf die Zukunft & auf Dich ist nur
Einkleidung. |
Muß
denn A überhaupt
einen klaren Begriff davon haben ob seine Voraussage
mathematisch oder anders gemeint ist?!
Er sagt einfach “Wenn Du der Regel folgst wird
… herauskommen” & freut
45 sich etwa an dem
Spiel. Wenn z.B. das
Vorausgesagte nicht herauskommt, untersucht er nicht
weiter. |
‒ ‒ ‒ Und diese
Reihe ist durch eine Regel definiert. Oder auch
durch die Abrichtung zum Vorgehen nach der Regel. Und der
unerbittliche Satz ist, daß nach dieser Regel diese Zahl
auf diese folgt. |
Und dieser
Satz ist kein Erfahrungssatz. Aber warum kein
Erfahrungssatz? Eine Regel ist doch etwas, wonach wir
vorgehen & ein Zahlzeichen aus einem
46 andern erzeugen.
Ist es also nicht eine Erfahrung, daß
jemand
diese Regel || diese Regel jemand zu dieser Zahl
führt? || von hier dorthin führt.
|
Und führt
sie || die Regel
+ 1 ihn einmal von 4 zu 5,
so vielleicht einmal || ein
andermal von 4 zu
8 || 7. Warum ist das
unmöglich? Nun, es || Es kommt darauf an || fragt sich, was wir zum Kriterium des Vorgehens nach der Regel nehmen. Ist es z.B. ein Gefühl der Befriedigung, das den Akt des Vorgehens folgt || nach der Regel begleitet? Oder eine Intuition (Eingebung) die mir sagt daß ich 47 richtig gegangen
bin? Oder sind es gewisse
praktische Folgen des Vorgehens, die bestimmen, ob ich
wirklich der Regel gefolgt bin? – Zu
diesen Fällen || Dann wäre es möglich,
daß 4 + 1 manchmal 5 manchmal etwas anderes
ergäbe. Es wäre denkbar,
d.h.:
Eine || eine experimentelle Untersuchung würde zeigen, ob
4 + 1 immer 5 ergibt. |
Soll es kein Erfahrungssatz sein, daß die Regel von 4 zu 5
führt, so muß dies, das Ergebnis, des Vorgehens
nach der Regel, zum Kriterium dafür genommen werden, daß
48 man nach der Regel
vorgegangen ist. |
Die
Wahrheit des Satzes, daß 4 + 1 5 ergibt, ist also, sozusagen,
überbestimmt. Sie ist wieder || wird
überbestimmt || Überbestimmt dadurch, daß
das Resultat
der Operation zum Kriterium dafür erklärt wurde || man das
Resultat der Operation zum Kriterium dafür
erklärte || man das Resultat der Operation zum Kriterium
dafür erklärt, daß
die || diese || diese
Operation ausgeführt
wurde. || ist.
|
Der Satz ruht also || nun
auf
einem Fuß mehr, als ein || der
Erfahrungssatz der ihm gleich lautet. || auf
einem Fuß zuviel um Erfahrungssatz sein zu
können || als daß er ein Erfahrungssatz sein
könnte || um Erfahrungssatz zu
sein.
Er wird zu einer
Bestimmung. Und wir können
|
Das setzt natürlich voraus
daß man das
Resultat 5 erhalten
hat.
4 + 1 = 5 ist daher nun selbst eine Regel nach welcher wir Vorgänge beurteilen. 50
Diese Regel ist das Ergebnis eines Vorgangs den wir als maßgebend zur Beurteilung anderer Vorgänge ansehen || annehmen. Dieser || Der die Regel begründende Vorgang ist der Beweis der Regel. |
Wie beschreibt man
den Vorgang des Lernens
einer Regel? – Wenn || Immer
wenn
A in die Hände klatscht
soll B es auch
tun. |
Erinnere
Dich daran, daß die Beschreibung eines Sprachspiels schon eine
Beschreibung ist. |
Ich kann
jemand zu einer gleichmäßigen
Tätigkeit abrichten. 51 Etwa dazu mit Bleistift auf Papier eine Linie
dieser Art zu ziehen:
– · · – · · – · · – · · – · · – · · – · ·
|
Wir reden & handeln.
Das ist in allem, was ich sage schon vorausgesetzt.
|
Wie kann ich aber
nun sozusagen
für alle Ewigkeit beschreiben was ich tun soll? Nun,
ich sage: “Er tut immer wieder dasselbe”
oder “Er fährt immer so fort”.
Aber wie kann || werde ich diese Ausdrücke
erklären? Doch wieder durch so ein Beispiel.
52 |
Ich sage ihm:
“So ist es
recht”. Nun, || &
dieser Ausdruck ist der Träger eines Tones einer
Gebärde. Ich lasse ihn gewähren. Oder
ich sage: “Nein!” &
halte ihn zurück. |
Heißt,
was ich sage || das, daß ‘einer Regel
folgen’ undefinierbar ist.
Nein. Ich kann es doch auf unzählige Weisen
definieren. Nur nützen
uns || mir
hier diese Definitionen
nichts. || Nur nützen mir, in diesen
Betrachtungen, die Definitionen nichts. |
‒ ‒ ‒ Nun frage ich mich, was
wünsche ich also,
53 daß er tun soll? Die Antwort ist:
“Er soll immer so weiter gehen, wie ich
es ihm gezeigt habe”. Und was meine ich eigentlich
damit: er solle immer so weitergehen? Die beste
Antwort die ich mir darauf geben kann ist ein Beispiel von der
Art, wie ich es gerade || wie das, welches ich gerade
gegeben habe. |
Dieses Beispiel
würde ich verwenden um ihm, aber auch mir selbst, zu sagen, was
ich unter gleichmäßig verstehe. |
Ich könnte ihn nun auch einen Befehl
lehren || verstehen lehren
54 von der Form
(– · ·) → oder
(– · · · –) →
(Der Leser errät, was ich meine.)
|
Nun, was
will ich, daß er tun soll. Die beste Antwort, die ich
mir selbst darauf geben kann, ist
die || besteht darin daß ich diese Befehle selber ein Stück
weit ausführe || ist diese Befehle ein Stück weit
auszuführen. Oder glaubst Du, ein
algebraischer Ausdruck dieser Regel
setzt || setze weniger
voraus? |
Und nun richte ich ihn dazu
ab, der Regel
– · – · · – · · ·
etc. zu folgen. Und wieder
weiß ich selbst nicht mehr
55 darüber was ich von ihm
will, als was das Beispiel
selbst ausdrückt || mir zeigt || mir das
Beispiel selbst zeigt. Ich kann freilich die
Regel in allerlei Form paraphrasieren, aber das macht sie nur dem
verständlicher, der schon diesen
Paraphrasen folgen kann. |
So habe ich also
Einem etwa das Zählen & Multiplizieren im
Dezimalsystem beigebracht. “365 × 428” ist ein Befehl & er befolgt ihn, indem er die Multiplikation ausführt. |
Ein weiteres Sprachspiel ist
56
dieses: Er wird
gefragt “wieviel ist
“365 ×
428”?” Und auf diese Frage kann er
zweierlei tun. Entweder die Multiplikation
ausführen, oder wenn er sie schon früher || früher
schon einmal ausgeführt hat,
einfach ihr Resultat || das Resultat
der ersten Ausführung ablesen. |
Dabei
muß der gleiche Ansatz immer das gleiche
Multiplikationsbild im Gefolge haben – also || bestehen wir darauf daß der gleiche Ansatz immer das gleiche
Multiplikationsbild im Gefolge hat, also auch das gleiche
Resultat. Erzeugt er verschiedene Multiplikationsbilder mit dem
gleichen Ansatz erkennen wir sie nicht an || weisen wir
sie zurück || Verschiedene
Multiplikationsbilder mit dem gleichen Ansatz erkennen wir nicht
an || weisen wir zurück. |
Es
wird hier nun die Situation
entstehen || eintreten, daß der
Rechnende 57 Rechenfehler macht;
& auch die daß er die Rechenfehler
verbessert || richtig stellt.
|
Der
Begriff || Die Anwendung des Begriffs ‘einer
Regel folgen’ setzt eine Gepflogenheit voraus.
Daher wäre es
unsinnig || Unsinn, zu sagen: einmal in
der Geschichte der
Menschheit || Welt sei
jemand einer Regel gefolgt, habe
ein Spiel gespielt || oder
einem Wegweiser, habe einen Satz ausgesprochen || eine
Rechnung ausgeführt & || oder
einen verstanden; usf. || .
(Habe ein Spiel gespielt,
habe einen Satz ausgesprochen || eine Rechnung
ausgeführt & || oder einen
verstanden; u.s.f.) |
Hier ist nichts schwerer, als sich nicht in
Pleonasmen zu verlieren || als
Pleonasmen zu vermeiden
& nur
58 zu sagen, was wirklich etwas
beschreibt. |
Denn hier ist
die Versuchung überwältigend, noch etwas zu sagen, wenn
schon alles beschrieben ist. |
Es ist von der
größten Wichtigkeit daß zwischen den Menschen beinahe nie
ein Streit darüber entsteht, ob die Farbe dieses
Gegenstandes dieselbe ist wie die Farbe jenes, die
Länge dieses Stabes dieselbe wie die Länge jenes
etc. Diese friedliche
Übereinstimmung ist die charakteristische Umgebung
des Gebrauchs des Wortes
59 “gleich”. |
Und analoges muß
man vom Vorgehen nach
einer Regel sagen. |
Es
bricht kein Streit darüber aus, ob der Regel gemäß
oder
nicht der Regel || oder ihr nicht
gemäß
multipliziert wurde. || vorgegangen wurde, oder
nicht. Es kommt darüber z.B. nicht zu Tätlichkeiten. |
Das ist das Gerüst ||
Das gehört zum || zu dem
Gerüst, unserer
60
Sprache von dem
aus || welchem unsere
Sprache
funktioniert || wirkt (z.B.
jemand etwas beschreibt || eine
Beschreibung gibt.) |
Es sagt nun
jemand, daß in der Kardinalzahlenreihe, die
der || die der Regel “ + 1”
gehorcht, welche Regel || deren Technik
uns so & so beigebracht wurde, 450 auf 449 folgt.
Das ist nun nicht der Erfahrungssatz, daß wir von 449 zu 450
kommen wenn es uns scheint || vorkommt wir hätten
die Operation + 1 auf 449 angewandt. Vielmehr ist
es die Bestimmung wir haben diese Operation nur dann angewandt wenn
das Resultat 450 ist.
61 |
Wir haben den || Es ist als hätten wir den
Erfahrungssatz (sozusagen) zur Regel
verhärtet. Und es ist nun keine
Behauptung || Hypothese auf die
wir || die wir durch die Erfahrung prüfen
sondern ein Paradigma das zur Darstellung der Erfahrung dient.
Mit diesem Paradigma spielen wir nun ein neues
Sprachspiel. || Und wir haben nun
keine || nicht eine
Hypothese, die durch die
Erfahrung geprüft wird, sondern ein Paradigma womit die Erfahrung
geprüft || verglichen &
beurteilt wird. Also eine neue Art von Urteil ein
neues Sprachspiel.
62 |
Ein
Urteil nämlich ist
“Er hat 25
× 25
berechnet || gerechnet sich
war dabei aufmerksam
& gewissenhaft & hat 615 erhalten” &
ein anderes “Er hat
25 × 25
gerechnet … , sich aber verrechnet & statt 625 615
herausgebracht”.
Aber kommen beide Urteile nicht auf das selbe hinaus? || zu demselben? |
Der
arithmetische Satz ist nicht der
Erfahrungssatz: “wenn ich das tue, so
erhalte ich das” – wo das Kriterium
dafür daß ich das tue nicht sein darf
63 was dabei
herauskommt. |
Könnten
wir uns nicht denken, daß es beim Multiplizieren
hauptsächlich darauf ankäme den Geist in bestimmter
Weise zu konzentrieren & daß
dann zwar bei dem gleichen Ansatz nicht immer das Gleiche
herauskommt aber für die bestimmten praktischen
Probleme die wir lösen wollen gerade diese Verschiedenheiten des
Resultats erwünscht vorteilhaft wären. |
Ist die Hauptsache
64 nicht die, daß
durch das || beim
Rechnen das
Hauptgewicht darauf gelegt wird ob richtig oder falsch gerechnet
wurde & abgezogen vom
psychischen Zustand etc. des
Rechnenden? |
Die Rechtfertigung des Satzes
25 × 25 =
625 ist natürlich, daß das Multiplizieren von
23 || 25 mit 25 625
ergibt. Aber 25
× 25 = 625 ist nicht diese Aussage, sondern die,
daß 25 ×
25 625 ergeben soll. || Die Rechtfertigung des Satzes 25 × 25 = 625 ist natürlich, daß, wer 65 so & so abgerichtet
wurde unter normalen Umständen bei der
Multiplikation
25 × 25
625 erhält. Der arithmetische Satz aber sagt
nicht dies aus. Er ist sozusagen ein zur Regel
verhärteter Erfahrungssatz. Er bestimmt
daß der Regel nur dann gefolgt wurde, wenn dies das Resultat des
Multiplizierens ist. Er ist also der
Kontrolle durch die Erfahrung entzogen dient aber nun als
Paradigma dazu die Erfahrung zu beurteilen.
66 |
Wollen
wir eine Rechnung praktisch
benutzen so überzeugen wir uns davon daß “richtig
gerechnet” wurde, daß das richtige Resultat
erhalten wurde. Und das richtige Resultat der
Multiplikation z.B. darf nur eins sein
& hängt nicht davon ab, was die Anwendung
der Rechnung ergeben wird. Wir beurteilen also die
Fakten mit Hilfe der Rechnung ganz anders als wir es täten wenn
wir das Resultat der Rechnung nicht als etwas
67 ein für allemal
bestimmtes ansahen. |
Nicht
Empirie, & doch Realismus || Realismus,
aber nicht Empirie in der Philosophie, das
ist das Schwerste. (Gegen
Ramsey) |
Du verstehst von der Regel selbst nicht mehr als Du
erklären kannst. |
“Ich habe einen bestimmten Begriff von der Regel.
Wenn man ihr in diesem Sinne folgt, so kann man von dieser Zahl nur
zu dieser kommen.” Das ist eine spontane
68 Entscheidung. |
Warum sage ich
aber “ich muß”, wenn es meine
Entscheidung ist? Ja kann ich mich denn nicht
entscheiden müssen. |
Heißt,
daß es eine spontane
Entscheidung ist, nicht nur: So handle ich; frage
nach keinem Grunde! |
Du sagst, Du mußt;
aber kannst nicht sagen, was Dich zwingt. |
Ich habe einen
bestimmten Begriff von der
Regel. Ich weiß was ich in jedem besonderen
69 Fall zu tun habe.
Ich weiß, d.h., ich zweifle
nicht; es ist mir offenbar; ich sage
“selbstverständlich”; ich kann keinen Grund
angeben || , es ist mir offenbar. Ich sage:
“selbstverständlich”. Ich kann
keinen Grund angeben. |
Wenn ich sage:
“ich entscheide mich spontan”, so
heißt das natürlich nicht: ich überlege,
welche Zahl hier wohl die beste wäre & entscheide
mich dann für … |
Wir sagen:
“Zuerst muß richtig gerechnet sein, dann wird sich zeigen was
die Naturbetrachtung ergibt.” Die
72 richtige Rechnung ist, das
Schema, wonach || mittels welcher die Phänomene
beurteilt werden.¤ || Wir
sagen: “Zuerst muß richtig gerechnet sein;
dann wird sich ein Urteil über die Naturtatsachen
fällen lassen”. |
Es hat einer die Regel des Zählens im
Dezimalsystem gelernt. Jetzt vergnügt er sich
damit Zahl auf Zahl der “natürlichen
Zahlenreihe” hinzuschreiben. Oder er befolgt den Befehl im Sprachspiel “schreibe den Nachfolger 73 der Zahl … in der
Reihe … hin”. – Wie kann ich dieses Sprachspiel
jemandem erklären? Nun, ich kann ein Beispiel
(oder Beispiele) beschreiben. – Um zu sehen, ob
er das Sprachspiel verstanden hat, kann ich ihn
Aufgaben || Beispiele rechnen lassen.
|
Wie, wenn Einer die
Multiplikationstafeln, Logarithmentafeln
etc. nachrechnete, weil
er ihnen nicht
traute. Kommt er zu einem andern Resultat so traut er
diesem & sagt, 74 er hätte seinen Geist
so auf die Regeln konzentriert, daß sein Resultat als das richtige
zu gelten habe. Weist man ihm einen Fehler nach, so sagt
er, er zweifle lieber an der Zuverlässigkeit seines Verstandes
& seiner Sinne jetzt, als damals wie er die Rechnung
zuerst gemacht hatte. |
Wir können die
Übereinstimmung in allen Fragen des Rechnens
für || als
gegeben annehmen.
Aber macht es nun einen Unterschied, ob wir den Rechensatz als
Erfahrungssatz oder
75 als Regel
aussprechen? |
Würden
wir denn die Regel
25² =
625 anerkennen wenn wir nicht Alle immer zu diesem
Resultat kämen? Nun, warum sollen
wir dann nicht den Erfahrungssatz überall
benutzen || statt der Regel benutzen können? – Ist die Antwort hierauf: weil das Gegenteil des
Erfahrungssatzes nicht dem Gegenteil der Regel
entspricht. |
Wenn ich
Dir ein Stück einer Reihe hinschreibe, daß Du dann
diese Gesetzmäßigkeit 76 in ihr
siehst, das kann man eine Erfahrungstatsache, eine
psychologische Tatsache, nennen. Aber, wenn Du
dies Gesetz in ihr erblickt hast, daß Du dann
so
fortfährst || die Reihe
so fortsetzt, das ist keine
Erfahrungstatsache mehr.
Aber wieso ist es keine Erfahrungstatsache: denn “dies in ihr erblicken” wär ja doch nicht das Gleiche wie, || : sie so fortsetzen! Nur so kann man sagen dies sei keine Erfahrungstatsache, daß man den Schritt auf dieser Stufe für den dem Regelausdruck entsprechenden erklärt. 77 |
Du sagst also:
“Nach der Regel die ich in dieser Folge sehe,
geht es so weiter.”
Nicht: erfahrungsgemäß!
Sondern, || : das ist eben der Sinn dieser
Regel. |
Ich
verstehe: Du sagst: “das ist nicht
erfahrungsgemäß” – ist es aber nicht doch
erfahrungsgemäß? |
“Nach dieser Regel geht es
so”, d.h., Du gibst
dieser Regel eine Extension. Warum kann ich ihr aber nicht heute die, 78 morgen jene Extension
geben? |
Nun ich kann es
tun. Ich könnte ihr z.B.
abwechselnd eine von zwei Interpretationen
geben. |
Habe ich einmal eine
Regel aufgefaßt || begriffen,
so bin ich nun in
meinem weiteren Fortschreiten gebunden || in
dem, was ich weiter tue, gebunden. Aber das heißt
natürlich nur, daß ich in meinem
Urteilen darüber gebunden bin || ich bin in meinem
Urteilen gebunden darüber, was der Regel
gemäß ist, & was nicht. |
Wenn ich nun
eine Regel in der mir gegebenen Folge
sehe; – kann das einfach darin
79 bestehen, daß ich,
z.B., einen algebraischen Ausdruck vor mir
sehe? Muß der nicht einer Sprache
angehören? |
Einer
schreibt eine Folge von Zahlen an. Endlich sage ich:
“Jetzt verstehe ich's: ich
muß immer ‒ ‒ ‒”. Und dies ist doch der
Ausdruck der Regel. Aber doch nur in einer
Sprache! |
Wann sage ich
denn, ich sehe die Regel – oder eine Regel – in dieser
Folge. Wenn ich z.B. zu mir selbst
über diese Folge in bestimmter Weise reden
80 kann. Aber nicht
auch einfach, wenn ich sie fortsetzen kann? Nein ich
erkläre mir selbst oder einem Andern allgemein wie sie
fortzusetzen ist. Aber könnte ich diese Erklärung
nicht bloß in Gesten geben, also nicht in einer || ohne eine eigentliche Sprache? |
Jemand fragt
mich: “was ist die Farbe dieser
Blume.” Ich antworte:
“rot”. – Bist Du absolut
sicher? Ja, absolut sicher! Aber konnte ich
mich nicht täuschen & die falsche Farbe
“rot” nennen? Nein. Die
Sicherheit mit der ich die Farbe
81 “rot”
benenne ist die Starrheit
des || meines Maßstabs,
ist die Starrheit von der ich
ausgehe. Sie ist in || bei
meiner Beschreibung
nicht in Zweifel zu ziehen. Dies charakterisiert
eben, was wir beschreiben nennen. (Ich kann natürlich auch hier ein Versprechen annehmen, aber nichts anderes.) |
Das Folgen nach der
Regel ist am Grunde unseres Sprachspiels. Es
charakterisiert das, was wir Beschreibung nennen. 82 |
Das
ist die Ähnlichkeit
meiner Betrachtung mit der Relativitätstheorie, daß
sie sozusagen eine Betrachtung über die Uhren ist mit denen wir
die Ereignisse vergleichen. |
Ist
25² =
625 eine Erfahrungstatsache? Du
möchtest sagen: “Nein”.
– Warum nicht? – “Weil es nach
den Regeln nicht anders sein kann.” – Und
warum das? – Weil das die Bedeutung der Regeln
ist. Weil das der Vorgang ist, auf dem wir alle
Urteile aufbauen.
83 |
Wenn wir
die Multiplikation
machen || ausführen, so
legen || schreiben wir ein
Gesetz nieder. || so geben wir ein Gesetz. Was
ist aber der Unterschied zwischen dem Gesetz & dem
Erfahrungssatz¤: daß wir dieses Gesetz
geben? |
Wenn man
mich die Regel gelehrt hat, das Ornament ¤ zu wiederholen & man
sagt mir nun “gehe so weiter!”: wie
weiß ich, was ich das nächste Mal zu tun
habe? – Nun ich tue es mit Sicherheit,
84 ich werde es auch zu
verteidigen wissen. || ‒ ‒ Nämlich
bis zu einem gewissen Punkt. Wenn das keine
Verteidigung sein soll, dann gibt es keine. |
“So
wie ich die Regel verstehe, folgt das.”
|
Einer Regel folgen ist eine
menschliche Tätigkeit. |
Ich gebe der Regel eine Extension. |
Könnte
ich sagen: “Sieh
da, wenn ich dem Befehl folge ziehe ich diese
Linie”.
Nun in gewissen
Fällen
85 werde ich das sagen.
Wenn ich z.B. eine Kurve nach einer Gleichung
konstruiert habe. |
“Sieh da! Wenn ich dem Befehl folge, tue ich
dies!” Das soll
natürlich nicht heißen:
wenn ich dem Befehl folge,
folge ich dem Befehl. Ich muß also für dieses
“dies” eine andere Identifizierung haben.
|
“Also so sieht
die Befolgung dieses Befehls aus!”
|
Kann ich sagen:
“Erfahrung 86 lehrt mich, || : wenn ich die Regel so auffasse,
daß ich dann das tun || so
fortsetzen muß.”?
Man kann es nicht sagen wenn ich das So-Auffassen & So-Fortsetzen als Eins betrachte || in Eins zusammenziehe. |
Einer Transformationsregel folgen ist nicht problematischer
als der Regel folgen: “schreibe immer wieder das
Gleiche”. Denn die Transformation ist eine Art der
Identität || Gleichheit. |
Man könnte doch fragen:
Wenn alle
Menschen, die 87 so erzogen sind
ohnehin so rechnen, oder sich doch wenigstens || zum mindestens auf diese Rechnung als
die richtige einigen; wozu braucht man das Gesetz?
|
“25² =
625” kann darum nicht der Erfahrungssatz
sein, daß die Menschen so rechnen, weil
25² ≠
625 dann
nicht der Satz wäre daß die
Menschen nicht dieses, sondern ein anderes Resultat erhalten; sondern || & auch wahr sein könnte
wenn die Menschen überhaupt nicht rechneten.
88 |
Die
Übereinstimmung der Menschen im Rechnen ist keine
Übereinstimmung der Meinungen oder
Überzeugungen. |
Könnte man sagen:
“beim || Beim
Rechnen kommen Dir die Regeln unerbittlich vor; Du fühlst,
Du kannst nur das tun & nichts andres, wenn Du der Regel
folgen willst”? |
“Wie ich die Regel sehe,
verlangt sie das.” || “Wie ich die Regel sehe, ist
das, was sie
verlangt.” Es
hängt nicht davon ab, ob ich so, oder so gestimmt 89 bin. |
Ich fühle daß
ich der Regel eine
Interpretation gegeben habe, ehe ich ihr gefolgt bin;
& daß diese Interpretation genug ist zu bestimmen
was ich im bestimmten Fall zu tun habe um ihr
zu folgen. Wenn ich die Regel so auffasse, wie ich sie aufgefaßt habe, so entspricht ihr nun diese Handlung. |
“Hast Du
die Regeln verstanden?” – Ja, ich hab sie
verstanden. – “Dann
wende sie jetzt auf die
90 Zahlen …
an!” – Wenn ich ihr folgen will, habe ich nun noch
eine Wahl? |
Angenommen er
befiehlt mir der Regel zu folgen
& ich fürchte mich ihm nicht zu gehorchen: bin ich
nun nicht gezwungen?
Aber das ist doch auch so, wenn er nur befiehlt: “bring mir diesen Stein”. Bin ich durch diese Worte weniger gezwungen? |
Wie weit kann man die Funktion der Sprache beschreiben?
Wer eine Sprache nicht beherrscht, den kann ich zu ihrer
Beherrschung abrichten.
91 Wer sie beherrscht, dem
kann ich die Art & Weise der Abrichtung in die
Erinnerung rufen, oder
erklären || beschreiben;
zu einem
besonderen Zweck; indem ich also schon die || eine Technik des Beschreibens || der
Sprache verwende. Wie weit kann man die Funktion der Regel beschreiben? Wer noch keine beherrscht den kann ich nur abrichten. Aber wie kann ich mir selbst das Wie der Regel erklären? Das Schwere ist hier nicht bis auf den Grund zu graben, sondern 92 den Grund, der vor uns
liegt, als Grund zu erkennen. |
Denn der Grund spiegelt uns immer wieder eine größere Tiefe
vor, & wenn wir diese zu erreichen suchen, finden wir
uns immer wieder auf dem alten Niveau. |
Unsere Krankheit
ist die, erklären zu wollen. |
“Wenn Du die Regel
verstehst || inne hast, ist Dir die Route
vorgezeichnet.” 93 |
Welche Öffentlichkeit
gehört wesentlich dazu, daß ein Spiel
existiere, daß ein Spiel erfunden werden kann? |
Welche Umgebung bedarf es,
daß Einer das Schachspiel (z.B.)
erfinden kann.
Freilich ich könnte heute ein Brettspiel erfinden das nie wirklich gespielt würde. Ich würde es einfach beschreiben. Aber das ist nur möglich weil es schon ähnliche Spiele gibt, d.h. weil solche Spiele gespielt werden. 94 |
Man könnte auch
fragen:
“Ist Regelmäßigkeit möglich ohne
Wiederholung?” |
Ich kann wohl heute
eine neue Regel geben, die nie angewendet
wird || wurde & doch verstanden
wird. Wäre das aber möglich, wenn
nie eine Regel tatsächlich angewandt worden
wäre? |
Und wenn man nun
sagt, “Genügt nicht die Anwendung in der
Phantasie?” – so ist die Antwort
Nein. – (Möglichkeit einer
privaten Sprache.) 95 |
Ein Spiel,
eine Sprache, eine Regel, ist eine
Institution. |
“Wie
oft aber muß eine Regel
wirklich angewandt worden sein daß man das Recht habe von
einer Regel zu sprechen?” – Wie oft muß ein Mensch
addiert, multipliziert, dividiert haben, daß man sagen
könne er beherrsche die Technik dieser
Rechnungsarten? Und damit meine ich nicht wie oft
muß er richtig gerechnet haben um Anderen zu
beweisen
96 er könne rechnen;
sondern: um es sich selbst zu beweisen. |
Aber
könnten wir uns nicht denken, daß
jemand ohne jede Abrichtung sich beim Anblick einer
Rechenaufgabe in dem Seelenzustand befindet, der
normalerweise nur das Resultat von Abrichtung & Übung
ist? So daß er also wüßte, er
könne rechnen, obwohl er nie gerechnet hat. (Man
könnte also scheint es sagen: die Abrichtung
wäre nur Geschichte, &
98 sowie auch für ihn
selbst: richtig rechnen.
|| Aber, daß er rechnen kann zeigt er
nicht nur den Andern, sondern auch sich selbst dadurch daß er
richtig rechnet. |
Was wir, in
einer komplizierten Umgebung “einer Regel
folgen” nennen, würden wir, wenn es isoliert
dastünde, gewiß nicht so nennen. |
Die Sprache, möchte ich sagen, bezieht sich auf eine
Lebensweise. |
Um
das Phänomen der
99 Sprache zu beschreiben,
muß man eine Praxis beschreiben, nicht eine einmalige
Handlung welcher Art immer
sie || einen einmaligen Vorgang welcher Art immer
er sei. |
Das ist
eine sehr schwierige Erkenntnis. |
Denken wir: ein
Gott erschaffe eine Welt
ganz wie die unsere in diesem Augenblick ist || mitten in der
Wüste ein Land mit Bäumen Häusern Straßen
Menschen. Die Menschen gingen ihren
verschiedenen Beschäftigungen nach & sprächen
genau so wie wir es tun. Einige von ihnen
z.B. treiben Mathematik.
Nach fünf
Minuten || Fünf
Minuten nachdem Gott
diese Welt erschaffen hat zerstört er sie
100 wieder. || Denken wir uns ein Gott erschaffe in
einem Augenblick in der Mitte der Wüste ein Land das ganz so wie England in diesem
gegenwärtigen Augenblick aussähe. Die Menschen
ganz wie die in England gehen ihren verschiedenen Beschäftigungen
nach. Kinder sitzen in der Schule. Einige Leute
treiben Mathematik. Fünf Minuten nachdem er sie
erschaffen hat zerstört Gott diese
kleine Welt. Sehen wir nun die Tätigkeit
irgend eines Menschen
während
dieser fünf || das zwei Minuten lang existiert
& das genaue Abbild eines Teiles von England ist mit
alldem was in zwei Minuten da vorgeht. Die Menschen ganz
wie die in England gehen ihren verschiedenen Beschäftigungen
nach. Kinder sitzen in der Schule. Einige Leute
treiben Mathematik. Sehen wir nun die Tätigkeit
irgend eines Menschen während
dieser zwei Minuten
an. Einer dieser Leute tut genau das was ein Mathematiker
in
101 England tut, der gerade eine Berechnung macht. – Sollen wir sagen, dieser zwei Minuten-Mensch
rechne? Könnten wir uns nicht
z.B. eine Vergangenheit & eine
Zukunft || Fortsetzung
zu diesen zwei Minuten denken, die
uns die Vorgänge ganz anders benennen ließe.
|
Angenommen diese Wesen sprächen
nicht Englisch sondern verständigten sich anscheinend in einer
Sprache die es auf der Erde nicht gibt || wir nicht
kennen. Welchen Grund hätten wir, zu
sagen, sie sprächen eine Sprache?
102 Und doch,
könnte man nicht, was sie tun, auch so
auffassen? |
Und angenommen,
sie täten etwas, was wir geneigt wären
“rechnen || “Rechnen” zu
nennen; etwa weil es äußerlich ähnlich
ausschaut. – Aber ist es rechnen; &
wissen es (etwa) die Leute, die es tun, & nur wir
nicht? |
Wie weiß ich daß
die Farbe die ich jetzt sehe “grün”
heißt? Nun, zur Bestätigung könnte ich
andere Leute fragen; aber wenn sie mit mir nicht 103 übereinstimmten
würde ich gänzlich verwirrt sein &
vielleicht sie oder mich für
verrückt halten. D.h. entweder
mich nicht mehr zu urteilen trauen, oder auf das was sie sagen nicht
mehr wie auf ein Urteil reagieren.
Wenn ich ertrinke & “Hilfe!” rufe, wie weiß ich was das Wort “Hilfe” bedeutet? Nun, so reagiere ich in dieser Situation. – Nun so weiß ich auch was “grün” heißt & auch wie ich die Regel in dem besondern Fall zu befolgen habe. 104 |
Ist es vorstellbar das das Kräftepolygon von
nicht so
sondern anders aussieht? Nun ist es vorstellbar daß die Parallele zu
a nicht wie a’ sondern anders gerichtet
aussieht? D.h.: ist es
möglich || vorstellbar,
daß
105 ich nicht a’ sondern einen andern
gerichteten Pfeil als Parallele mit a anschaue? Nun, ich
könnte mir z.B. denken daß ich den
parallelen Pfeil irgendwie
perspektivisch sehe & daher
↗ ↑ parallele
Pfeile nenne; & daß es mir nicht auffällt, daß ich
eine andere Anschauungsart gebraucht habe. So also
ist es vorstellbar daß ich ein anderes
Kräftepolygon den Pfeilen entsprechend
zeichne. 106 |
Was ist das für ein
Satz: “das Wort ‘OBEN’ hat vier
Buchstaben || Laute”?
Ist es ein Erfahrungssatz? |
Ehe wir die
Buchstaben gezählt
haben wissen wir es nicht. |
Wer die Buchstaben des Worts ‘OBEN’ zählt,
um zu erfahren wieviele Buchstaben || Laute die so
klingende Lautreihe hat tut ganz dasselbe wie der, welcher
zählt um zu erfahren wieviele Buchstaben das dort &
dort aufgeschriebene Wort
107 hat. Der Erstere
macht || tut also
etwas was auch ein Experiment
sein könnte. Und das könnte der Grund sein, den
Satz “‘OBEN’ habe 4 Buchstaben”, synthetisch a priori zu
nennen. |
Das Wort
“Plato” hat so viele
Laute wie der Drudenfuß Ecken. Ist das ein Satz der
Logik? – Ist es ein Erfahrungssatz? |
Ist Zählen
ein Experiment? Es kann eins sein.
|
Denke Dir
ein
Sprachspiel 108 in dem einer die Laute
von Wörtern zu zählen hat. Es könnte nun
sein, daß ein Wort scheinbar immer den gleichen Klang hätte
aber wenn wir seine Laute zählen so kommen wir
zu || zu || bei verschiedenen
Anlässen zu verschiedenen Zahlen. Es könnte
z.B. sein daß uns ein Wort in
verschiedenen Zusammenhängen gleich zu lauten schien
(gleichsam durch eine akustische Täuschung), aber
beim zählen der Laute ergäbe sich
eine || die Verschiedenheit.
In einem solchen
Falle werden wir etwa die 109 Laute eines Wortes bei
verschiedenen Anlässen immer wieder zählen & dies
wird etwa eine Art Experiment sein.
Anderseits kann es aber sein daß wir die Laute von Wörtern ein für allemal zählen eine Rechnung machen & das Resultat dieser Zählung verwenden. Der resultierende Satz wird im ersten Fall zeitlich, im zweiten unzeitlich sein. |
Wenn ich die
Laute des Wortes ‘Dädalus’ zähle so kann ich
Verschiedenes || Zweierlei als das
110 Ergebnis
betrachten:1) das || Das Wort, welches dort steht oder so aussieht oder jetzt ausgesprochen würde || wurde oder etc. hat 7 Laute. 2) Das Lautbild “Dädalus” hat 7 Laute. Der zweite Satz ist zeitlos. Die Verwendung der beiden Sätze muß verschieden sein. |
Das Zählen
ist in beiden Fällen
gleich || das
Gleiche. Nur, was wir damit
tun || erreichen, ist verschieden.
|
Die Zeitlosigkeit des zweiten
Satzes ist nicht etwa ein Ergebnis des 111 Zählens, sondern der
Entscheidung das Ergebnis des Zählens in
bestimmter Weise zu verwenden. |
Im Deutschen
hat das Wort “Dädalus”
(heute) 7
Laute. Das ist doch ein Erfahrungssatz. |
Denke es zählte jemand die Laute der Wörter || von
Wörtern um ein Sprachgesetz, etwa ein Gesetz der
Entwicklung der Sprache zu finden oder zu prüfen.
Er sagt:
“‘Dädalus’
hat 7 Laute”. Dies ist ein
Erfahrungssatz. 112 Er
hätte hinzusetzen können: “wie er heute
ausgesprochen wird”. Betrachte
hier die Identität des Wortes.
Das gleiche Wort kann hier einmal die, einmal jene Lautzahl
haben. |
Nun sage ich
einem || Einem:
“Zähl die Laute in diesen Wörtern &
schreib die Zahl zu jedem Wort!” |
“Ich möchte
sagen: Durch Abzählen der Laute des Worts kann man
einen Erfahrungssatz bekommen – aber auch eine
Regel.” 113 |
Zu sagen, “das || :
“Das Wort … hat …
Laute: || –
& das
ist zeitlos wahr || im zeitlosen Sinne” ist eine
Bestimmung über die Identität des Begriffs
‘das Wort … ’. Daher die
Zeitlosigkeit. |
Statt “Das
Wort … hat … Laute – im zeitlosen
Sinne” könnte man auch sagen: “Das
Wort … hat wesentlich …
Buchstaben || Laute”.
|
p❘p
∙ ❘ ∙ q❘q = p ∙ q p ∣ q ∙ ❘ ∙ p ∣ q = p ⌵ q x❘y ∙ ❘ ∙ z❘u = ≝ ❘ ❘ (x,y,z,u) 114 |
Die Definitionen
brauchen
gar nicht
Verkürzungen zu sein, sondern sie
könnten auf andere Weise neue
Zusammengehörigkeiten machen. Etwa durch
Klammern oder den Gebrauch verschiedener Farben
der Zeichen. |
Ich
kann z.B. einen Satz beweisen indem ich durch
Farben andeute, daß er die Form eines meiner Axiome
hat, aber durch eine gewisse Substitution
verlängert. |
“Ich
weiß, wie ich zu gehen habe” heißt: ich
115 zweifle nicht, wie ich zu
gehen habe. |
“Wie
kann man einer Regel folgen?” So
möchte ich fragen. |
Wie
kommt es aber, daß ich so fragen will, wo ich doch keinerlei
Schwierigkeiten darin finde einer Regel zu folgen. |
Wir mißverstehen hier offenbar die
Tatsachen die uns vor Augen liegen. |
Wie kann mir
das Wort 116 “Platte”
anzeigen, was ich zu tun habe, da ich doch jede Handlung mit jeder
Deutung in Einklang bringen kann? |
Wie kann ich
einer Regel folgen, da doch, was immer ich tue, als ein Folgen
ausgelegt || gedeutet werden kann?
|
Was muß
ich wissen, um dem
Befehl folgen zu können? Gibt es ein
Wissen, das die Regel nur so befolgbar
macht. Ich muß manchmal etwas wissen; ich
muß manchmal die Regel deuten ehe ich sie
anwende. 117 |
Wie konnte
denn der Regel im Unterricht eine Deutung gegeben werden die zur
so & so vielten || zu einer
beliebigen Stufe hinaufreicht?
Und wenn diese Stufe in der Erklärung nicht genannt wurde, wie können wir denn übereinstimmen darüber was auf dieser Stufe zu geschehen hat, da doch, was immer geschieht mit der Regel & den Beispielen in Einklang gebracht werden kann. Es ist also, sagst Du, über diese Stufen nichts 118 gesagt || bestimmt worden. |
Das Deuten
hat ein Ende. |
Es ist wahr
alles ließe sich irgendwie
rechtfertigen. Aber das Phänomen der Sprache
beruht auf der Übereinstimmung im Handeln || auf der Regelmäßigkeit, auf der
Übereinstimmung im Handeln.
Es ist || Hier ist es
von der größten
Wichtigkeit daß wir alle, oder die ungeheure Mehrzahl
über || in gewissen Dingen
übereinstimmen. Ich kann
z.B.
119 ganz sicher sein, daß
die Farbe dieses Gegenstandes von der überwiegenden
Mehrzahl || den aller
meisten Menschen die ihn sehen
‘grün’ genannt wird. |
Es
ließe sich denken || Es wäre denkbar
daß Menschen verschiedener Stämme Sprachen
besäßen, die alle den gleichen Wortschatz hätten,
aber die Bedeutungen der
Worte wären
verschieden. Das Wort das bei einem Stamm
grün bedeutet, bedeute in der andern gleich & in der
dritten Tisch
120 etc.
Ja wir könnten uns auch denken, daß die gleichen
Sätze, nur mit gänzlich anderem Sinn in
allen || von den Stämmen gebraucht würden.
Nun, ich würde in diesem Fall nicht sagen, daß sie die gleiche Sprache sprächen || redeten. |
Wir sagen, die Menschen um sich
miteinander zu verständigen müßten über die
Bedeutungen der Wörter miteinander übereinstimmen.
Aber das Kriterium für diese Übereinstimmung ist nicht
nur eine Übereinstimmung 121 in Bezug auf
Definitionen (z.B. hinweisende
Definitionen), sondern auch eine Übereinstimmung in
Urteilen. Es ist für die Möglichkeit
der Verständigung wesentlich daß wir in einer
großen Anzahl von Urteilen übereinstimmen.
|
Das Sprachspiel (2), wie kann
ich es jemandem oder mir selbst erklären?
Wenn immer A.
“Platte” ruft bringt B. diese Art
Gegenstand. – Ich könnte auch fragen wie kann
ich es verstehen? Nun, nur
122 sofern ich es
erklären kann. |
Aber es gibt hier
eine eigentümliche Versuchung die sich darin
ausdrückt, daß ich sagen möchte: Ich
kann es nicht verstehen, weil die Deutung der Erklärung im
Vagen bleibt. |
D.h. ich
kann Dir & mir selbst nur Beispiele der Anwendung
geben. |
Das Wort “Übereinstimmung”
& das Wort “Regel” sind mit einander
verwandt, sie sind
Vettern. Das
Phänomen
123 des Übereinstimmens
& des Handelns nach einer Regel hängen
zusammen. |
Es könnte doch einen Höhlenmensch geben der
für sich selbst regelmäßige Zeichenfolgen
hervorbrächte. Er unterhielte sich
z.B. damit an die Wand der Höhle
zu zeichnen – · – – · – – · – – oder – · – · · – · · · – · · · · –. Aber er folgt nicht dem allgemeinen Ausdruck einer Regel. Und wir sagen nicht er handle 124 regelmäßig weil wir
so einen Ausdruck
bilden können. |
Aber
wenn er nun gar Π entwickelte!
(Ich meine ohne einen allgemeinen Regelausdruck.) |
Nur
in einer Praxis || Nur in der Praxis einer Sprache
kann ein Wort Bedeutung haben. |
Gewiß, ich kann mir selbst eine Regel geben & ihr dann
folgen. Aber nun wäre es || ist es
nicht nur darum eine Regel || weil es analog dem ist was im Verkehr der
125 Menschen
‘Regel’ heißt? |
Wenn eine Drossel
in ihrem Gesang die gleiche Phrase stets einige Male
wiederholt, sagen wir sie gäbe sich vielleicht jedes mal eine
Regel der sie dann folgt? |
– · · Betrachten wir sehr einfache Regeln. Der Regelausdruck sei eine Figur, etwa die: ❘– –❘
& man folgt der Regel indem man diese Figur || eine gerade Reihe von Figuren dieser Art || solcher
Figuren hinzeichnet || zeichnet 126 (etwa als ein
Ornament).❘– –❘ ❘– –❘ ❘– –❘ ❘– –❘ ❘– –❘ |
Unter was für Umständen
würden wir sagen: durch das Hinschreiben
einer solchen Figur gebe jemand eine Regel? Und unter was
für Umständen: Einer folge dieser Regel
indem er jene Reihe zeichnet?
Das ist schwer || Es ist
schwer das zu
beschreiben. |
Wenn von
zwei Schimpansen der eine einmal die Figur
❘– –❘ in den Lehmboden ritzte
& ein anderer darauf die Reihe
❘– –❘ ❘– –❘
etc. so hätte der erste nicht
eine Regel gegeben & der
127 zweite ihr
gefolgt, was immer auch dabei im Verstand || in der Seele der
beiden vorginge.
Beobachtete man aber z.B. das Phänomen einer Art von Unterrichten || Unterricht; eines Vormachens & Nachmachens || Nachahmens; geglückter & nicht geglückter || mißglückter Versuche; von Belohnung & Strafe u. dergl.; & könnte || würde am Ende der so Abgerichtete Figuren, die er bis dahin nicht gesehen hatte, wie im ersten Beispiel aneinanderreihen, so würden wir nun || wohl sagen der eine Schimpanse 128 gebe dem
andern || schreibe Regeln &
dieser befolge sie || die der andre
befolge. |
Wie aber,
wenn sich schon
beim ersten Male der eine
Schimpanse
vorgenommen hätte diesen Vorgang zu wiederholen den
andern zu unterrichten?
etc.¤ Nur in
einer bestehenden Technik des Handelns, Sprechens,
Denkens, kann Einer sich etwas vornehmen.
(Dies ist ein grammatischer Satz.) || (Dieses ‘kann’ ist das
grammatische.) |
Es ist möglich daß ich heute ein
Spiel || Kartenspiel erfinde, das dann aber || dann || aber nie gespielt wird.
Aber es heißt nichts zu sagen in der 129
Geschichte der Menschheit sei nur einmal
ein Spiel gespielt || erfunden
worden & das hatte || habe niemand
gespielt. Nicht aber als
widerspräche das psychologischen Gesetzen || Das heißt
nichts nicht weil es || dies psychologischen
Gesetzen widerspricht.Die || ;
die Worte
“ein Spiel erfinden”, “ein Spiel
spielen” haben
nur in einer ganz bestimmten Umgebung
Sinn. |
So kann man auch nicht
sagen, ein einziges Mal in der Geschichte der Menschheit
sei jemand || Einer
einem Wegweiser gefolgt. Wohl
aber: ein einziges Mal etc.
sei ein Mensch || Einer parallel mit
130 einem Brett
gegangen. || etc.
sei Einer mit
einer Latte parallel gegangen. Und
jene erste Unmöglichkeit ist wieder keine
psychologische. |
Die Worte
“Sprache”, “Satz”,
“Befehl”, “Regel”, “Rechnung”,
“Experiment”, “einer Regel folgen” beziehen sich auf
eine Technik auf eine Gepflogenheit. |
Eine Vorstufe zum Handeln nach einer Regel wäre etwa die
Lust an einfachen Regelmäßigkeiten, wie das Klopfen einfacher
Rhythmen oder Zeichnen oder betrachten
131 einfacher
Ornamente. Man könnte jemand also abrichten dem
Befehl zu folgen: “zeichne etwas
regelmäßiges”, “klopfe
regelmäßig”. Und hier wieder muß man
sich eine bestimmte Technik
vorstellen. |
Du mußt Dich
fragen: Unter welchen besondern Umständen
sprechen || sagen wir es
habe sich jemand “bloß
verschrieben” oder “er hätte wohl
fortsetzen können, hat es aber absichtlich nicht
getan” oder “er
hätte die Figur die er gezeichnet
132 hat wiederholen wollen,
sei aber nicht dazu gekommen”. |
Der Begriff “regelmäßiges
Klopfen”, “regelmäßige Figur” wird
uns so beigebracht wie
“hell”,
“schmutzig” oder “bunt”.
|
Aber
werden wir nicht von der Regel geführt? Und wie kann
sie uns führen da ihr Ausdruck doch
beliebig || von
uns so und anders gedeutet
werden kann? D.h. da doch
verschiedene Regelmäßigkeiten ihm entsprechen.
Nun wir sind geneigt zu sagen der || ein
gewisser Ausdruck der Regel führe uns, wir
133 gebrauchen also eine Metapher || sind also geneigt diese
Metapher zu gebrauchen. |
Was ist nun der
Unterschied zwischen dem Vorgang nach einer Regel
(etwa einem algebraischen Ausdruck) Zahl auf Zahl der Reihe nach
abzuleiten & diesem Vorgang: Wenn wir jemandem ein
gewisses Zeichen etwa
zeigen so fällt ihm eine Ziffer
ein; schaut er auf die Ziffer &
das Zeichen so fällt ihm wieder eine Ziffer ein
u.s.f.. Und jedes
Mal wenn wir || dies Experiment
vornehmen
134 fällt ihm die gleiche
Reihe von Ziffern ein. Ist der Unterschied zwischen diesem Vorgang & dem Vorgehen nach der Regel der psychologische daß im zweiten Fall ein Einfallen stattfindet? Könnte ich nicht sagen: Wenn er der Regel “❘– –❘” folgte fiel ihm immer wieder “❘– –❘”ein? |
Nun in unserm Fall haben wir doch
Intuition, & man sagt ja daß Intuition am
Grunde des Handelns nach einer Regel ist.
Nehmen wir also an 135 jenes, sozusagen magische
Zeichen bewirke die Reihe 123 123 123 etc.;
ist das Zeichen dann nicht ein || der
Ausdruck einer Regel? Nein. Das Handeln nach einer Regel setzt das Erkennen einer Gleichmäßigkeit voraus & das Zeichen “123 123 123 etc.” war der natürliche Ausdruck einer Gleichmäßigkeit. |
Nun wird man vielleicht sagen ❘22❘ ❘22❘ ❘22❘
sei allerdings eine gleichmäßige Ziffernfolge aber doch nicht
❘2❘ ❘22❘ ❘222❘ ❘2222❘
136 Nun ich könnte das
eine andre Art der Gleichmäßigkeit nennen.
|
Wie aber wenn es einen Stamm
gäbe dessen Leute scheinbar für eine Art von
Regelmäßigkeit Verständnis hätten die ich
nicht begreife. Es gäbe nämlich bei diesen auch
ein Lernen einen Unterricht ganz analog dem im
§ …. Sieht man ihnen zu, so würde
man sagen, sie folgen Regeln, lernen Regeln folgen. Der
Unterricht bewirkt z.B. Übereinstimmung im
Handeln aller || der
Schüler &
Lehrer. Schauen wir aber eine ihrer Figurenreihen an so
sehen wir keinerlei 137
Regelmäßigkeit. |
Was sollten wir nun sagen?
Wir könnten sagen: “sie scheinen
einer Regel zu folgen die uns entgeht.”, aber auch
“Hier haben wir ein Phänomen des Benehmens
von Menschen das wir nicht verstehen”. |
Der Unterricht im Handeln nach der
Regel läßt sich beschreiben, ohne Verwendung des
Wortes
‘u.s.w.’.
Wohl aber wird || kann in dieser Beschreibung eine Geste ein Tonfall ein Zeichen 138 die der Lehrer beim
Unterricht in bestimmter Weise gebraucht & die
die Schüler nachahmen beschrieben werden. Es
kann auch die Wirkung dieser Ausdrücke beschrieben werden, wieder
ohne Zuhilfenahme des
Ausdruck ‘u.s.w.’,
also finit. Die Wirkung des
‘u.s.w.’ wird sein,
Übereinstimmung zu erzeugen über die Stufe
hinaus || den Unterricht hinaus.
Es wird also so bewirkt daß wir Alle oder fast
Alle gleich zählen & gleich rechnen. |
Man könnte
sich aber
139 auch den Unterricht ohne
das ‘u.s.w.’ denken.
Die Leute aber wenn sie aus der Schule kämen würden
dennoch alle gleich & über die Beispiele im Unterricht
hinaus, rechnen. |
Wie, wenn der Unterricht
aber eines Tages nicht mehr Übereinstimmung bewirkte?
|
Könnte es
Arithmetik ohne Übereinstimmung der
Rechnenden geben? |
Könnte
ein Mensch allein
rechnen? Könnte
Einer allein
einer Regel
140 folgen? |
Sind diese Fragen etwa ähnlich
der: “Kann einer allein Handel
treiben?” |
Es hat
nur dann Sinn zu sagen
“u.s.w.” wenn
“u.s.w.”
verstanden wird. D.h., wenn
der Andere eben so gut fortsetzen kann wie ich,
d.h., ebenso fortsetzt wie ich. |
Könnten
zwei Menschen miteinander
Handel treiben? 141 |
Wenn ich sage: “wenn Du
der Regel folgst muß das herauskommen” so heißt das
nicht: es muß, weil es immer herausgekommen ist;
sondern: daß es herauskommt ist eine meiner
Grundlagen. |
Was herauskommen muß ist
eine Grundlage || Urteilsgrundlage, die ich nicht
antaste. |
Bei welcher
Gelegenheit wird man sagen: “wenn Du der Regel
folgst muß das herauskommen”? 142
Es kann das eine mathematische Erklärung sein etwa auf einen Beweis hin, daß ein bestimmter Weg keine Abzweigung hat. Es kann auch sein daß man es jemand sagt um ihm das Wesen der Regel einzuprägen, um ihm etwa zu sagen: “Du machst ja hier kein Experiment”. |
“Ich weiß doch bei jedem Schritt absolut, was ich zu
tun habe; was die Regel von mir fordert.
Die Regel, wie ich sie auffasse.
Ich denke || überlege
nicht hin &
her. || I don't reason.
Das Bild der
143 Regel macht es klar, wie
das Bild der Reihe fortzusetzen ist.
Ich weiß doch bei jedem Schritt, was ich zu tun habe. Ich sehe es ganz klar vor mir. Es mag langweilig sein, aber es ist kein Zweifel, was ich zu tun habe.” Woher diese Sicherheit? Aber warum frage ich dies? Ist es nicht genug, daß diese Sicherheit existiert. Wozu brauche ich noch eine Quelle für sie || soll ich noch eine Quelle für sie suchen? (Und Ursachen für sie kann ich ja angeben.) 144 |
Wenn
jemand dem nicht zu gehorchen wir
uns fürchten uns befiehlt der Regel … , zu
folgen || die wir verstehen zu folgen, so werden wir ohne
jedes Bedenken Zahl auf Zahl hinschreiben. Und dies ist
eine typische Art, wie wir auf eine Regel reagieren. |
∣ “Ich habe jetzt
eingesehen: schlechte Augen sind ebenso gut als gute
Augen.” ∣ |
“Du weißt schon, wie das ist”; “Du
weißt schon, wie 145 es weiter
geht.” |
Ich kann mir
jetzt vorsetzen der Regel (– · –) →
zu folgen.
So: – · – – · – – · – – · – Aber es ist merkwürdig, daß ich die Bedeutung der Regel dabei nicht verliere. Denn wie halte ich sie fest? Aber – wie weiß ich daß ich sie festhalte, daß ich sie nicht verliere?! Es hat gar keinen Sinn zu sagen ich hielte sie fest, wenn es nicht ein äußeres Merkmal dafür gibt. (Wenn ich durch den Weltraum fiele könnte ich etwas halten aber es nicht stille halten.) 146 |
Die Sprache ist eben ein Phänomen des
menschlichen
Benehmens. || Lebens.
|
Der Eine macht eine gebietende
Handbewegung, als wollte er sagen
“geh!”. Der Andre mit dem Ausdruck
der Furcht schleicht sich fort. Könnte ich
dieses Phänomen || diesen Vorgang, auch wenn er nur einmal
geschähe, nicht “befehlen & gehorchen || “Befehlen und
Gehorchen”
nennen? |
Was soll das heißen:
“Könnte ich
den Vorgang … nennen”? Man könnte
natürlich gegen jene Benennung einwenden,
147 es wäre sehr wohl
denkbar daß bei andern Menschen als bei uns eine ganz
andere Gebärde dem “Geh fort!”
entspricht & daß etwa unsere Gebärde für
diesen Befehl bei ihnen die Bedeutung unseres Darreichens der Hand zum
Freundschaftszeichen hat. Und welche Deutung man
einer Gebärde zu geben hat hänge von
andern Handlungen ab die der Gebärde vorangehen &
folgen. |
Wie wir
das Wort “Befehlen” &
“Gehorchen”
verwenden sind Gebärden 148 so wie
Wörter in einem Netz mannigfaltiger Beziehungen
verschlungen. Konstruiere ich nun einen
vereinfachten Fall, so ist es nun nicht klar ob ich dies
Phänomen noch “befehlen” &
“gehorchen”
nennen soll. |
Wir kommen zu einem
fremden
Volksstamm dessen Sprache wir nicht
verstehen. Unter welchen Umständen werden
wir sagen sie hätten einen Häuptling?
Was wird uns veranlassen zu sagen dieser
149 sei der Häuptling auch
wenn er ärmlicher gekleidet ist als andere?
Ist unbedingt der der Häuptling dem die Andern
gehorchen? |
Was ist der Unterschied zwischen falsch schließen
& nicht schließen; zwischen falsch rechnen
& nicht rechnen || addieren &
nicht addieren. Überlege Dir das. |
Was Du sagst scheint darauf
hinauszukommen, daß die Logik zur Naturgeschichte des
Menschen gehört. 150 Und das ist
nicht vereinbar mit der Härte des logischen Muß.
|
Aber das
logische “muß” ist ein Bestandteil
der
Sätze der Logik || der logischen
Sätze & diese Sätze sind
nicht Sätze der menschlichen
Naturgeschichte.
Sagte ein Satz der Logik:
die Handlungen der Menschen
stimmten || stimmen in den
& den Lebensäußerungen Weisen miteinander
überein, || das Verhalten
aller Menschen stimme || die Menschen stimmen in der
& der Weise miteinander überein |
Die
Übereinstimmung der
Menschen die der Logik wesentlich ist ||
eine Voraussetzung der Logik || Voraussetzung des
Phänomens der Logik ist,
ist nicht eine Übereinstimmung in || der || in den
Meinungen.
geschweige denn von Meinungen über die
Fragen der Logik.
152 |
“Wie,
ich könnte keine Meinung haben, wenn nicht
andere Menschen so & so handelten
etc.? Das ist
lächerlich!” – Nun gut; Du hast
etwas || Etwas – aber
ist das eine Meinung? –
Also || also das, was wir “Meinung”
nennen? – “Du vergißt hier
wieder, daß es zweierlei Kriterien dafür gibt
daß Einer eine Meinung hat: nämlich eine Art
von Kriterien || Kriterien dafür, daß der
Andere eine Meinung
hat & eine
Art || Kriterienangabe || Kriterien
dafür,
daß ich selbst eine Meinung
habe.”
– Wie ich wohl diese || die
153
zweite Art gelernt habe; von Kriterien kenne || von Kriterien
kennen
gelernt habe?
Und || & wie ich mich wohl
vergewissere, daß
es immer die richtigen Kriterien
sind, nämlich die, die auch die Andern haben. Denn wie
weiß ich sonst daß sie & ich dasselbe
“Meinung” nennen? Oder kommt es
darauf nicht an. Und nur darauf, daß ich
immer das Gleiche
“Meinung”
nenne? Aber || Und was nenne ich
“das Gleiche”? – Immer
das ähnliche || gleiche? –
|
Private Sprache
154 |
Sage, ist eine Meinung haben ein Zustand ||
Bewußtseinszustand in dem ich eine gewisse Zeit lang
verharre, eben wie ein Zustand der Erregung, einer der
Mattigkeit etc. Oder ist es eine Tätigkeit
die Anfang & Ende hat vergleichend der, einen Satz
auszusprechen? Haben wir die Meinung es sei so, während wir denken es sei so? Oder sollen wir sagen “eine Meinung haben” habe || hätte zweierlei Bedeutungen sozusagen eine akute & eine chronische (disposition)? Wenn ich in einer Diskussion sage: “ich bin der 155 Meinung, daß dieser
Preis zu hoch ist” beschreibe ich da einen
Bewußtseinszustand
den ich
hatte || in dem ich mich befand, ehe ich den Satz
aussprach? Oder einen Bewußtseinsakt, der
stattfindet während ich rede. Und sage ich
“ich war immer (oder ‘längst’)
dieser Meinung” wie verhält es sich
da? Du schaust also, wenn Du über das Wesen der Meinung nachdenkst, nach einem Zustand aus ähnlich || analog dem der Kontemplation eines Bildes, oder 156 nach einer Tätigkeit
ähnlich || analog
der des Redens. Beides
mit Unrecht.
|
Ich
handele in
der Meinung. || Ich bin zu der
Meinung gelangt. Laß uns das Denken
betrachten. Wie || Und frage Dich
wie
lang braucht es einen Gedanken
zu denken. Man hört oft der Gedanke sei etwas
ungeheuer schnelles.
Dagegen könnte man
sagen: daß, wenn ich
spreche oder schreibe (nicht
gedankenlos nämlich) ich im allgemeinen nicht merke,
daß ich geschwinder denke als spreche. Also scheint es
kann man
157 auch ganz langsam
denken. Aber wenn man nun blitzschnell denkt wie ist
das? Geschieht da was sonst || manchmal im
Tempo des Schreibens oder Redens geschieht nur außerordentlich
beschleunigt. Ist es als ob man im Geiste
gleichsam in
ungeheurem Tempo mit sich redete?
Laß von dem Gedanken ab, das Denken” || “denken” werde zwar zur Bezeichnung von 158 etwas Geistigem
aber doch von etwas einem
materiellen || physikalischen
Zustand oder einer
Tätigkeit analogem gebraucht. Der Gebrauch des Wortes
“denken” ist von diesen
grundverschieden.
|
Fragen wir
was geschieht
da, als ich blitzschnell dachte. Nun damit
kann natürlich nur gemeint sein: was geschah da
für das Denken Relevantes? –
Vielleicht sah ich
ein Bild, || – nicht notwendiger
Weise in der
Phantasie; vielleicht
159 fiel mir ein Wort
ein. – Aber wenn ich nun etwas später den
Gedanken, den ich damals blitzartig hatte in Worten ausspreche,
mußte da nicht schon alles was ich später sagte in
irgend einem Sinn schon in jenem Bild, Wort etc.
gelegen sein? In irgend einem Sinn ja, aber in welchem Sinn? Und immer im gleichen Sinn? Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem blitzartigen Vorgang & dem was 160
ich später
sage || seine
Darstellung nenne
aber dieser Zusammenhang kann von der verschiedensten Art sein.
Denken an:
“jetzt weiß ich weiter”.
Aber war es mir nicht augenblicklich klar daß ich den Gedanken jetzt nur zu entfalten brauchte, daß er bereits ganz da war? Ja, es war mir klar daß ich etwas tun konnte. Aber wenn ich es nun doch nicht tun konnte?! Zu sagen: ich brauche es nur noch entfalten 161 ist eben nur ein
Bild (Mozart). |
Wenn dieses Buch
richtig geschrieben ist so muß es lauter Prüfungsfragen
enthalten. |
Nun wieder zu der
Frage: wie lang braucht es einen
Gedanken zu denken. So lange wie ihn
auszusprechen? So lange wie das Bild zu sehen das ihn
bereits ganz enthält. Nun, unsre Frage ist
irreführend gestellt. Wie das Wort
“denken”
162 gebraucht wird könnte man beides
sagen oder auch daß man von einer Dauer des Gedankens gar nicht
reden soll. |
Und nun
zurück zum
Meinen oder || dazu “eine Meinung
haben”. Ich kann ganz unabhängig davon was irgend
jemand tut oder sagt eine Meinung haben in dem Sinne in dem ich auch
unabhängig von alle dem sagen kann: “ich glaube in dieser Flasche ist Gift”. Aber 163 diese Lautreihe wird nur
dann ein Satz genannt wenn sie in einem Sprachsystem steht,
in einem System also des Sprechens und
Handelns. Und ebenso wird was immer
charakteristisches geschieht || geschehen mag wenn ich eine Meinung habe
nur dann das
Charakteristikum einer Meinung sein wenn es
in einem System steht. |
Das
Phänomen der Logik beruht auf der Übereinstimmung des Lebens
der Menschen nicht anders als das
164 Phänomen der Sprache
darauf beruht. |
So gibt es
also Sätze der menschlichen Naturgeschichte, die
den Sätzen || logischen Gesetzen
der Logik zugrunde
liegen? |
Ein Spiel kann
Einer wohl mit sich selbst spielen. Und
kann er es nicht auch in der Vorstellung mit sich selbst
(oder mit Andern) spielen? |
Wann aber
würden wir sagen er habe
z.B. Schach mit einem Andern in der Phantasie
gespielt?
165 Wie weiß er daß es Schach war?
Hatte er Schach in der Vorstellung gelernt? Nun, wir
könnten ihm ja ein wirkliches Schachspiel zeigen &
ihn fragen “war das, was Du Dir vorgestellt
hast?” Wenn
er ja sagt so hatte er also ein Vorstellungsbild einer
Schachpartie. Aber welcher Art war das Bild?
Was für eine Projektion des
Schachspiels war es? Darauf gibt es keine
Antwort & es ist auch keine
Frage denn die Vorstellung ist
eben kein Bild.
Vergleiche166 ich sie einem Bild so
wäre es eines von dem niemand, auch ich nicht wüßte wie
es
ausschaut. Denn auf die Frage,
was ich mir vorstelle
kann auch ich
nur für mich auf die für Andere
sichtbaren Gegenstände zeigen. Die Antwort
für mich besteht z.B. nicht darin, daß
ich mir auch noch einen zeigenden Finger vorstelle.
Denn der wäre ja nur eine unnötige Farce. Aber
das Konzentrieren meiner Aufmerksamkeit ist für mich
kein Zeigen. |
Immer wieder ist man
167 versucht gegen die
alltägliche Ausdrucksweise zu kämpfen.
Obwohl an ihr doch natürlich nichts Falsches ist
& man sie nur mit andern Ausdrucksweisen zusammenhalten
soll, um ihren Gebrauch klarer zu verstehen. |
Dagegen ist an
der gewöhnlichen
(alltäglichen) philosophischen
Ausdrucksweise Falsches. Da haben sich
falsche Bilder eingeschlichen.
Oder auch da
sind diese Bilder
falsch & || Und
kommen in kleinen unscheinbaren Wendungen
168 zum Ausdruck. |
Nicht
gedankenloses Reden ist nicht: reden während man
denkt. |
Das
Vorstellungsbild ist das Bild das meiner Vorstellung
entspricht. |
“Ich weiß
doch wenn ich Schmerzen habe”. Werde ich also
z.B. gefragt ob dies der Fall ist so habe ich
keinen Zweifel. Gewiß ich kann zweifeln, ob es der Zahn
ist der mich schmerzt, oder der Gaumen etc.,
aber das ist nicht der Zweifel den ich meine.
169 Wie aber wenn einer der seine Hand über eine Flamme hält & alle Anzeichen der Schmerzen zeigte, sagte oder schrie: “ich weiß nicht, habe ich Schmerzen oder nicht!” Wir würden wohl sagen er kann das Wort “Schmerz” nicht wie wir verwenden. Könnten wir uns nicht vorstellen, daß ein Mensch unfähig wäre ein Wort || Worte als Ausdruck des Schmerzes zu lernen? (Farbenblindheit) |
Und alles
das ließe || läßt sich
vielleicht viel besser erklären
170 wenn man von einer
andern Seite kommt, von einer Richtung die ich noch nicht
gesehen habe. |
Du kannst doch, als Reisender z.B. eine
Sprache beschreiben. Und wenn Du eine Sprache
beschreiben kannst, kannst Du darin nicht eine Logik
beschreiben? |
“Ein Hund ist einem Menschen viel ähnlicher als eine
Photographie.” |
“Aber Du wirst mir doch
nicht sagen, daß Du nicht weißt, was Du tust, wenn
171 Du im Innern zu Dir
selbst sprichst! – auch wenn Du es nicht beschreiben
kannst!” – Wissen ist ein
Können. |
Dem
Wegweiser folgen ist ein Gebrauch. |
Nicht darum ist die Linie eine
Regel, weil sie mir ‘eingibt’ wie ich gehen
soll. Ja, sie ist es nur dann wenn ich auf die Frage “warum bist Du so gegangen?” nicht sage die Linie hat's mir eingegeben sondern: “ich bin ihr einfach gefolgt”. 172 |
Und damit
er ihr folgen kann muß
eine Regel im Gebrauch sein.
|
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