I
 
    
    
    
    
    
    
   
 
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
   
 
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
     Kann man denn etwas Anderes als ˇ◇◇◇ einen Satz verstehen?
     Oderˇ aber: Ist es nicht erst ein Satz, wenn man es versteht. Also: Kann man Etwas anders, als als Satz verstehen?

   
S 7

     Man könnte // möchte // davon reden, “einen Satz zu erleben”.
     Lässt sich dieses Erlebnis niederschreiben?



 
   
[Zu: “das Wort hat nur im Satz Sinn”]

     Da ist es wichtig, dass es in einem gewissen Sinne keinen halben Satz gibt.
     Das heisst, vom halben Satz gilt, was vom Wort gilt, dass
er
es
nur im Zusammenhang|des Satzes Sinn // Bedeutung // hat.

 
    
         Prüfen: Überlegen:
     Das Verstehen fängt aber erst mit dem Satz an. (uUnd darum interessiert es uns nicht.). // Das Verstehen fängt|aber erst mit dem Satz an. //

    
     Wie es keine Metaphysik gibt, so gibt es keine Metalogik. Das Wort “Verstehen”, der Ausdruck “einen Satz verstehen”, ist|auch nicht metalogisch, sondern ein Ausdruck wie jeder andre der Sprache.

   
     ˇMan könnte sagen: Wir haben es also in unsern Betrachtungen mit dem Verstehen des Satzes nicht zu tun; denn wir selbst müssen ihn verstehen, damit er für uns ein Satz ist. Was soll uns das Verstehen bekümmern? Wir müssen ja den Satz verstehen, daß er für uns ein Satz ist!

2
 
   
     Es wäre ja auch seltsam, dass die Wissenschaft und die Mathematik die Sätze gebraucht, aber von ihrem Verstehen nicht/spricht.

 
    
     Man sieht in dem Verstehen das Eigentliche, im Zeichen das Nebensächliche. – Uebrigens, wozu dann das Zeichen überhaupt? – Nur um sich Andern verständlich zu machen? Aber wie ist
dies
das
möglich[.| ?] Aber wie geschieht dies? – Hier wird Wir sehen hier [ Man sieht hier da das Zeichen als eine Medizin betrachtet an // angesehen // , die im Andern die gleichen MagensSchmerzen Zustände hervorrufen soll, wie ich sie habe.

    
     Auf die Frage “was meinst du”, muss zur Antwort kommen: p; und nich[z|t] kommt zur Antwort: “ich meine p”, & nicht “ich meine das, was ich mit ‘p’ meine”.

  U  
S. 11 oder S 172

     Die gesamte Sprache kann nicht missverstanden
werden; sonst gäbe es …
werden. Denn sonst gäbe es
zu diesem Missverständnis wesentlich keine Erklärung // Aufk[k|l]ärung // .
     Das heisst eben, dDie (ganze) Sprache muss für sich selbst sprechen. ¥ [dazu 3/1] dazu 3/1

 
  U  
     Man kann es auch so sagen: wenn man sich immer in einem Sprachsystem ausdrückt und also, was ein Satz meint, nur durch Sätze dieses Systems erklärt, so fällt am Schluss ˇdie Meinung ganz aus der Sprache, also aus der Betrachtung, heraus und es bleibt die Sprache, das Einzige, was wir betrachten können. Was ein Satz meint, sagt eine Erklärung.

  U  
     Gesprochenes kann man nur durch die Sprache erklären, Gesprochenes erklärt man durch die Sprache; [,|d]arum kann man die Sprache (in diesem Sinne) nicht erklären.

  U  
     Ich will doch sagen: Die ganze Sprache kann man nicht interpretieren.
     Eine Interpretation ist immer nur eine im Gegensatz zu einer andern. Sie hängt sich an das Zeichen und reiht es in ein weiteres S[u|y]stem ein.

3
   
Zu S 2/3 etwa zu S. 94

     Alles was ich in der Sprache tun kann, ist etwas sagen: das eine sagen. (Das eine sagen im Raumeˇ der Möglichkeiten dessen, was ich hätte sagen können.) (Keine Metalogik.)



 
   
     Wenn Frege gegen die formale Auffassung der Arithmetik spricht, so sagt er gleichsam: diese kleinlichen Erklärungen, die Symbole betreffend, sind müssig, wenn wir diese verstehen. Und das Verstehen besteht quasi im Sehen // ist quasi das Se[e|h][h|e]n // eines Bildes, aus demdann alle Regeln folgen (wodurch sie verständlich werden). Frege sieht aber nicht, dass dieses Bild nur wieder ein Zeichen ist, oder ein Kalkül, der uns dem geschriebenen Kalkül erklärt.
     Aber das Verständnis gleicht überha[i|u]pt immer dem, welches Und, was wir Verstehen einer Sprache nennen, gleicht überhaupt dem Verständnis, welches wirˇ ◇◇◇ für einen Kalkül kriegen, wenn wir z.B. seine
Genesis
Entstehung
die Gründe seiner Entstehung, oderˇ seine praktische Anwendung, kennen lernen. Und
auch da lernen wir nur
natürlich lernen wir auch da wieder nur
einen uns übersichtlichern ˇSymbolismus statt des fremden kennen. (Verstehen heisst hierˇ etwa übersehen.)

   
Zu S 108 oder zum Kapitel: “Begleitet eine Kenntnis der gr. Regeln den Ausdr. d. Satzes wenn etc.”

     Wenn komplizierte ˇ
psychische
seelische
Vorgängeˇ hinter der Front der Symbole beim Verstehen des Wortes “und” eine Rolle spielen und das Verstehen etwas für uns wesentliches ist, wie kommt es, dass diese Vorgänge in der symbolischen Logik nie erwähnt werden? Wie kommt es, dass von ihnen in der Logik nie die Rede ist, noch sein braucht?



 
   
     (Im gewöhnlichen Leben,) wWenn ich jemandem einen Befehl gebe, so ist es mir gan ganz genug, ihm Zeichen zu geben. Und ich würde nie sagen: das sind ja nur Worte, und ich muss hinter die Worte dringen. Ebenso, wenn ich jemand etwas gefragt hätte und er gibt mir eine Antwort (also ein Zeichen), bin ich zufrieden – das war gerade, was ich erwartete – und wende nicht ein: das ist ja eine blosse Antwort. Es ist klar, dass nichts anderes erwartet werden konnte, und dass die Antwort den Gebrauch
des bestimmten Sprachspiels
der Sprache
einer Sprache voraussetzte.; Wie wie alles, was
wir sagen können.
zu sagen ist.
4
   
     Wenn man aber sagt “wie soll ich wissen, was er meint, ich sehe ja nur seine Zeichen”, so sage ich: “wie soll er wissen, was er meint, er hat ja auch nur seine Zeichen”.

 
   
     “Etwas habe ich aber doch gemeint, als ich das sagte!” – Gut, aber wie können wir, was es ist, herausbringen? Doch wohl nur|dadurch, dass er es uns sagt. Wenn wir nicht sein übriges Verhalten
als
zum
Kriterium nehmen sollen, dann also das, was er uns erklärt.
     Du meinst, was Du sagst.
5


 
    
   
     “Du hast mit der Hand eine Bewegung gemacht; hast Du etwas damit gemeint? – Ich dachte, Du meintest, ich solle zu Dir kommen”. Wie meinte er etwas? Hat er ˇalso etwas Anderes gemeint, als, was er
zeigte
ausdrückte
. Oder ist die Frage nur: hat er gemeint was er zeigte?


     Also er konnte etwas meinen, oder auch nichts meinen. Und wenn er etwas meinte, war es eben was er zeigte oder etwas Anderes?

     Die Frage ist, ob man fragen darf,Darf man hier fragen: “ …was hast Du gemeint”[.|?] – Auf diese Frage (aber) kommt ein Satz zur Antwort. Während, wenn man so nicht fragen darf, Darf man so nicht fragen, so ist das Meinen – sozusagen – amo[p|r]ph ist. Und “ich meine etwas mit dem Satz” ist dann von
ähnlicher Form
derselben Form,
wie: “dieser Satz ist nützlich”, oder “dieser Satz greift in mein Leben ein”.

   
     (Könnte [,|m]an
auch
aber
antworten: “ich habe etwas mit dieser Bewegung gemeint, was ich nur durch diese Bewegung ausdrücken kann”?)

 
    
     Wir unterscheiden doch Sprache, von dem, was nicht Sprache ist ˇ Schrift von dem, was keine Schrift ist. Wir sehen Stricheˇ etwa Folgen von Strichen auf einer Mauer, und und sagen, wir verstehen sie; undˇ wir sehen andere, undˇ wir sagen, sie bedeuten nichts (oder, uns nichts). Damit ist doch eineˇ sehr allgemeine Erfahrung charakterisiert, die wir nennen könnten: “etwas als Sprache verstehen” – ganz abgesehen
von dem
davon
, was wir aus
den Strichen (etc.)
dem gegebenen Gebilde
herauslesen. (Vergleiche: [D|d]ie Handlungen zweier Personen als Züge (Handlungen) eines Spiels verstehen.)

    
     Ich sehe eine deutsche Aufschrift und eine chinesische[.| :] Ist die chinesische etwa ungeeignet etwas mitzuteilen? ˇNeue Zeile – Ich sage, ich habe [c|C]hinesisch nicht gelernt. Aber das Lernen der Sprache [h|f]ällt fällt dies fällt als blosse Ursache, Geschichte, aus der
gegenwärtigen Situation
Gegenwart
heraus. Nur auf seine Wirkungen kommt es an, und die sind Phänomene, die eben nicht eintreten, wenn ich das Chinesische
6a
sehe [| // ] anschaue // . (Warum sie nicht eintreten, ist ganz gleichgültig.)

   
     Geben wir denn den Worten, die uns gesagt werden, willkürliche Interpretationen? Kommt nicht das Erlebnis des Verstehens ˇmit dem Erlebnis des Hörens der Zeichen, wenn wir die S[ö|p]rache der Andern verstehen’?

 
   
     Wenn mir jemand etwas sagt und ich verstehe es, so geschieht mir dies ebenso, wie, dass ich höre was er sagt. // wie, dass ich, was er sagt, höre. //
     Und hier ist Verstehen
die Phänomene welche
das Phänomen, welches sich einstellt,
wenn ich einen deutschen Satz höre, und welches dieses Hören vom Hören eines Satzes einer mir nicht
bekannten
geläufigen
fremden Sprache unterscheidet.

 
   
     Denken wir an eine Chiffre: Ein Satz sei
mir
uns
in der Chiffre gegeben und auch der Schlüssel, dann ist
mir
uns
natürlich, in gewisserm Beziehung Sinne einer Beziehung, [[a|A]|a]lles zum Verständnis der Chiffre gegeben. Und doch würde ich, gefragt “verstehst Du diesen Satz in der Chiffre”,
vielleicht
etwa
antworten: Nein, ich muss ihn erst entziffern; und erst, wenn ich ihn z.B. ins Deutsche übertragen hätte, würde ich sagen “jetzt verstehe ich ihn”.
     Wenn man hier die Frage stellte: “In welchem Augenblick der Uebertragung (aus der Chiffre ins Deutsche) verstehe ich den Satz”, so würde man einen Einblick in das Wesen dessen erhalten, was wir “verstehen” nennen. // in das Wesen des Verstehens erhalten. //

 
   
     Ich sage einen Satz “ich sehe einen schwarzen Kreis”; aber auf die Worte // Wörter // kommt es doch nicht an; sagen // setzen // wir also statt dieses Satzes “a b c d e”. Aber nun kann ich nicht ohne weiteres mit diesem Zeichen den oberen Sinn verbinden (es sei denn, dass ich es als ein Wort auffasse und dies als Abkürzung des oberen Satzes). Diese Schwierig-
6b
sehe [| // ] anschaue // . (Warum sie nicht eintreten, ist ganz gleichgültig.)

 
   
     Geben wir denn den Worten, die uns gesagt werden, willkürliche Interpretationen? Kommt nicht das Erlebnis des Verstehens ˇmit dem Erlebnis des Hörens der Zeichen, wenn wir ‘die S[ö|p]rache der Andern verstehen’?

 
    
     Wenn mir jemand etwas sagt und ich verstehe es, so geschieht mir dies ebenso, wie, dass ich höre was er sagt. // wie, dass ich, was er sagt, höre. //

     Und hier ist Verstehen das Phänomen, welches sich einstellt, wenn ich einen deutschen Satz höre, und welches dieses Hören vom Hören eines Satzes einer mir nicht
bekannten
geläufigen
Sprache unterscheidet.

    
     Denken wir an eine Chiffre: Ein Satz sei uns in der Chiffre gegeben und auch der Schlüssel, dann ist uns natürlich, in gewisser Beziehung, [a|A]lles zum Verständnis der Chiffre gegeben. Und doch würde ich, gefragt “verstehst Du diesen Satz in der Chiffre”, etwa antworten: Nein, ich muss ihn erst entziffern; und erst, wenn ich ihn z.B. ins Deutsche übertragen hätte, würde ich sagen “jetzt verstehe ich ihn”.
     Wenn man hier die Frage stellte: “In welchem Augenblick der Uebertragung (aus der Chiffre ins Deutsche) verstehe ich den Satz”, so würde man einen Einblick in das Wesen dessen erhalten, was wir “verstehen” nennen. // in das Wesen des Verstehens erhalten. //

    
     Ich sage einen Satz “ich sehe einen schwarzen Kreis”; aber auf die Worte // Wörter // kommt es doch nicht an; sagen // setzen // wir also statt dieses Satzes “a b c d e”. Aber nun kann ich nicht ohne weiteres mit diesem Zeichen den oberen Sinn verbinden (es sei denn, dass ich es als ein Wort auffasse und dies als Abkürzung des oberen Satzes). Diese Schwierig-
7
keit ist doch aber sonderbar. Ich könnte sie so ausdrücken: Ich bin nicht gewöhnt statt ‘ich’ ‘a’ zu sagen und statt ‘sehe’ ‘b’, und statt ‘einen’ ‘c’, etc.. Aber damit meine ich nicht, dass ich, wenn ich daran gewöhnt wäre, mit dem Worte ‘a’ sofort das Wort ‘ich’ assoziieren würde; sondern, dass ich nicht gewöhnt bin ‘a’ an der Stelle von ‘ich’ zu gebrauchen – in der Bedeutung von ‘ich’.

  / ✓  
  / ✓  
     Ich verstehe einen Befehl als Befehl, d.h., ich sehe ˇin ihm nicht nur diese Struktur von Lauten oder Strichen, sondern sie hat – sozusagen – einen Einfluss auf mich. Ich reagiere auf einen Befehl (auch ehe ich ihn befolge) anders, als etwa auf eine Mitteilung oder Frage. (Ich lese ihn in anderem Tonfall mit anderer Geste.)

¥
S 19/2 ⋎
   
   
     Ich sage: Das Verstehen bestehe darin, dass ich eine bestimmte Erfahrung habe. ‒ ‒
     Dass diese Erfahrung aber
ein verstehen ist
das Verstehen dessen ist – was ich verstehe
besteht darin, dass diese Erfahrung ein Teil meiner Sprache ist.


 
  / ✓  
      ˇBedenke auch: Man kann manchen Satz nur im Zusammenhang mit anderen verstehen. Wenn ich z[|.]B. irgendwo lese: In einer Erzählung steht:[n|N]achdem er das gesagt hatte, verliess er sie, wie am vorigen Tag,[.|,]. [F|f]ragt man mich, ob ich diesen Satz verstehe, so
ist
wäre
(es) nicht ganz leicht, dachrauf zu antworten. Es ist ein deutscher Satz und insofern
8
verstehe ich ihn. Ich wüsste, wie man diesen Satz etwa gebrauchen könnte, ich könnte selbst einen Zusammenhang für ihn erfinden. Und doch verstehe ich ihn nicht so, wie ich ihn verstünde, wenn ich das Buch ˇdie Erzählung bis zu dieser Stelle gelesen hätte. (Vergleiche Sprachspiele.)

    
     Was heisst es, ein gemaltes Bild zu verstehen? Auch da gibt es Verständnisstehen und Nichtverstehen.; Und auch
da
hier
kann “[V|v]erstehen” und “nicht verstehen” verschiedenerlei heissen. Wir können uns ein Bild denken, das Das Bild soll eine Anordnung stellt eine Anordnung von Gegenständen im dreidimensionalen Raum darstellen soll, aber wir sind ich bin für einen Teil des Bildesˇ bin ich unfähig, Körper im Raum darin körperlich zu sehen; sondern sehenˇ dort nur
Farbflecken auf der
die gemalte
Bildfläche. Wir können dann sagen, wir ich verstehen diese Teile des Bildes nicht. Es kann sein, dass die räumlichen Gegenstände, die dargestellt sind, uns bekannt, d.h. Formen sind, die wir aus der Anschauung von Körpern her kennen, [e|E]s können aber auch
Gegenstände
Formen
auch auf dem Bild dargestellt sein, die wir noch nie gesehen haben. Und da gibt es wieder den Fall, wo etwas ( z.B.) wie ein Vogel aussiehtschaut, nur nicht wie einer, dessen Art ich kenne; oder aber, wo ein räumliches Gebildeˇ ist dargestellt ist, dergleichen ich noch nie gesehen habe.
Vielleicht aber kenne ich alle Gegenstände, verstehe aber – in anderem Sinne – ihre Anordnung nicht.
Auch in diesen Fällen kann man von einem Nichtverstehen des Bildes reden, aber in einem anderen Sinne als im ersten Fall.


    
     Aber noch etwas: Angenommen, das Bild stelltelen Menschen dar, wäre aber klein, und die Menschen daraufˇ wären etwa einen Zoll Meter lang. Angenommen nun, es gäbe Menschen, die diese Länge hätten, so
könnten
würden
wir
diese
sie
in dem Bild erkennen und es würde uns nun einen ganz andern Eindruck machen,
als den gewöhnlichen. Und doch spielt in
obwohl doch die Illusion der dreidimensionalen Gegenstände ganz dieselbe wäre.
Und doch
besteht
ist
der tatsächliche // dieser tatsächl[o|i]che // Eindruck, wie er da ist, unabhängig davon, dass ich einmal Menschen in der gewöhnlichen Grösse, und nie Zwerge, gesehen habe Und doch spielt in den Eindruck den ichˇ beim Anblick des Bildes habe nicht d.h. es spielt in diesen Eindruck nicht … die Erinnerung hinein, wenn auch dies die Ursache
9
des Eindrucks ist.

    
     Dieses Sehen der gemalten Menschen als Menschen (im Gegensatz etwa zu Zwergen) ist ganz analog dem Sehen des Bildes // der Zeichnung // als dreidimensionales Gebilde. Wir können hier nicht sagen, wir sehen immer dasselbe und fassen es nachträglich, einmal als das Eineund , einmal als das Andre auf, sondern wir sehen jedes Mal etwas [a|A]nderes.

    
     Und so auch, wenn wir einen Satz mit Verständnis und ohne Verständnis lesen. (Erinnere Dich daran, wie es ist, wenn man einen Satz mit falscher Betonung liest, ihn daher nicht versteht, und nun auf einmal daraufkommt, wie er zu lesen ist.)

    
     (Beim (Lesen einer schleuderhaften Schrift.) kann man erkennen, was es heisst, etwas in das gegebene Bild hineinsehen.)

    
     Wenn man eine Uhr abliest, so sieht man einen Komple[l|x] von Strichen, Flecken etc., aber auf ganz bestimmte W[i|e]ise, wenn man ihn als Uhr und Zeiger
auffaßt.
auffassen will.


   
Zu “lernen der Sprache”

     Wir könnten uns den Marsbewohner denken, der auf der Erde erst nach und nach den Gesichtsausdruck der Menschen als solchen verstehen lernte und den drohenden erst nach gewissen Erfahrungen als solchen empfinden lernt. Er hätte bis dahin diese Gesichtsform
angesehen
angeschaut
, wie wir die [D|F]orm eines Steins betrachten.

 
   
Zu “lernen der Sprache”

     Kann ich so nicht sagen: er lernt erst die befehlende Geste in einer gewissen Satzform verstehen?

10
 
   
Zu: “lernen der Sprache”

     Chinesische Gesten verstehen wir so wenig, wie chinesische Sätze. [D.h. es gibt nicht nur für Sat Unverständnis für Sätze. Wie aber lernen wir die Sprache fremder Gesten?] Sie können uns durch Worte erklärt werden. Man kann uns sagen “das ist bei diesem Volk eine höhnische Gebärde”, etc.. Oder aber wir lernen die Gebärden verstehen wie wir als Kind die Gebärden & Mienen der Erwachsenen – ohne Erklärung – verstehen lernen. Und verstehen lernen heiß eben in diesem Sinne nicht erklären lernen & wir verstehen dann die Miene, können sie aber nicht durch einen andern Ausdruck erklären.]
11


 
    
  U  
     
Ich meine mit dem Wort “Verstehen” …
“Verstehen”, damit meine ich
ein Korrelat der Erklärung ˇ des Sinnes, nicht einer – etwa medizinischen – Beeinflussung.
     Mit dem Worte “Missverständnis” meine ich also wesentlich etwas, was sich durch Erklärung beseitigen lässt. Eine andere Nichtübereinstimmung nenne ich nicht “Missverständnis”.

¥
S 2/3 ⋎
 
  U  
     Verständnis ents[ö|p]richt der Erklärung; soweit es aber der Erklärung nicht entspricht, ist es unartikuliert und
interessiert uns darum nicht
geht uns deswegen nichts an
; oder es ist artikuliert und entspricht dem Satz selbst,
dessen Sinn wir wiedergeben wollen.
dessen Verständnis wir beschreiben wollten.


 
   
     Wissen, was der Satz besagt, kann nur heissen: die Frage beantworten können “was sagt er?”.

 
   
     Den Sinn eines Satzes verstehen // kennen // ,
soll heißen
kann nur heissen
: die Frage “was ist sein Sinn” beantworten können.

 
  U  
     Denn ist hier “Sinn haben”ˇ, quasi, intransitiv gebraucht, so dass man also nicht den Sinn eines Satzes von dem eines anderen Satzes unterscheiden kann, dann ist das Sinnhaben
ein Vorgang den Gebrauch des Satzes begleitender Vorgang, der
eine, den Gebrauch des Satzes begleitende, Angelegenheit, die
uns nicht interessiert.

 
  ∫ ¿  
     Das Triviale, was ich zu sagen habe, ist, dass auf den Satz “ich sage das nicht nur, ich meine etwas damit” und die Frage “was?”, ein weiterer Satz, in irgend welchen Zeichen, zur Antwort kommt.
12
 
  ? /  
     Aber man kann fragen: Ist denn das Verständnis nicht etwas anderes als der Ausdruck des Verständnisses? Ist es nicht so, dass der Ausdruck des Verständnisses eben ein unvollkommener Ausdruck ist? ˇ Zeile Das heisst doch wohl, ein Ausdruck, der etwas auslässt, was wesentlich ˇunausdrückbar ist. Denn sonst könnte ich ja eben einen bessern finden. Also wäre der Ausdruck ein voll[,|k]ommener Ausdruck. ‒ ‒ ‒

 
  /  
     Es ist eine
geläufige
häufige
Auffassung, eine sehr häufige Auffassung: … dass Einer ˇsein Verständnis gleichsam nur unvollkommen ˇ zeigen kann zeigen kann, ob erˇ einen Satz [ ein Zeichen (einen Befehl) ] verstanden hat.
     Dass er gleichsam nur immer aus der Ferne darauf deuten, auch sich ihm nähern, es aber nie mit der Hand berühren // ergreifen // kann. Und das Letzte immer ungesagt bleiben muss.


 
  ? /  
     Man willˇ etwa sagen: Er versteht es ˇ
, was Du ihm befohlen hast
den Befehl
zwar ganz, kann dies aber nicht ganz zeigen, da er sonst schon tun müsste, was ja erst die in Befolgung des Befehls geschehen
soll
darf
. So kann er also nicht zeigen, dass er es ganz versteht. D.h. also, er weiss immer mehr, als er zeigen kann.

 
   
     Man möchte sagen: er ist mit seinem Verständnis bei der Tatsache // bei bei der Ausführung // , aber die Erklärung kann nie die Ausführung enthalten.
     Aber das Verständnis enthält nicht die Ausführung, sondern ist nur das Symbol, das bei der Ausführung übersetzt wird.


 
  / ? /  
     Die Schwierigkeit ist, die Grammatik des Wortes “meinen” klar zu sehen. Der Weg dazu, die Gr. … klar zu sehen, führt … Aber der Weg dazu ist nur der, über die Antwort auf die Frage “welches führt über die Frage “ … ist das Kriterium dafür, dass wir etwas so meinen” und welcher Art ist der Ausdruck, den dieses “so” vertritt. Die Antwort auf|die Frage “wie ist das gemeint”
stellt
hält
die Verbindung zwischen zwei sprachlichen Ausdrücken // zwi-
13
schen zwei Sprachen // her. Also fragt auch die Frage nach dieser Verbindung. Der Gebrauch der Hauptwörter “Sinn”, “Bedeutung”, “Auffassung” und anderer Wörter verleitet uns zu glauben, dass dieser Sinn etc. dem Zeichen so gegenübersteht, wie das Wort, der Name, dem Ding, das sein Träger ist. So|dass man sagen könnte: “[d|D]er Pfeil Das Zeichen hat eine ganz bestimmte Bedeutung, ist in einer ganz bestimmten Weise gemeint, die ich nur faute de mieux wieder durch ein Zeichen ausdrücken muss”. Die Meinung, die Intention wäre [w|q]uasi seine Seele, die ich am liebsten direkt zeigen möchte, aber auf die ich leider nur indirekt durch ihren Körper hinweisen kann. –

     Wenn ichˇ um den Sinn eines Pfeils zu erklären sage: “ich meine diesen Pfeil so, dass man ihm durch eine Bewegung in der Richtung vom Schwanz zur Spitze folgt”, so gebe ich eine Definition (ich setze ein Zeichen für ein andres), während es scheint, als hätte ich sozusagen die Aussage // Angabe //
die der Pfeil meint
des Pfeils
ergänzt. Ich habe den Pfeil durch ein neues Zeichen ersetzt, das wir statt des Pfeiles gebrauchen können. – Gebrauchen können –. Während es scheint, als wäre der Pfeil selbst wesentlich
unvollkommen
unvollständig
, ergänzungsbedürftig, und als hätte ich ihm nu[r|n] die nötige Ergänzung gegeben. Wie man eine Beschreibung eines Gegenstandes als unvollkommen erkennt und vervollständigt // vervollständigen kann // . Als hätte der Pfeil die Beschreibung angefangen und wir sie durch den Satz vollendet. – Auch so: Wenn ich, wie oben, sage “ich meine diesen Pfeil so, dass …”, so macht es den Eindruck, als hätte ich jetzt erst das Eigentliche beschrieben, die Meinung; als wäre der Pfeil gleichsam nur das Musikinstrument, die Meinung aber die Musik, oder besser: der Pfeil, das Zeichen – das heisst in diesem Falle – die Ursache des inneren, seelischen, Vorgangs, und die Worte der Erklärung erst die Beschreibung dieses Vorgangs. Hier spukt die Auffassung des Satzes als eines Zeichens des Gedankens; und des Gedankens als eines Vorgangs in der Seele, oder im Kopf.

14
 
  ? /  
     Was die Erklärung des Pfeiles betrifft, so ist es klar, dass man sagen kann: “Dieser Pfeil bedeutet // sagt // nicht, dass du dorthin (mit der Hand zeigend) gehen sollst, sondern dahin.” – Und ich würde diese Erklärung natürlich verstehen. – und das diese Erklarung verstanden werden könnte.

 
   
      “Das2 müs[y|s]te man aber dazuschreiben”.
15


 
    
  ? /  
     

Das Verständnis eines Satzes kann nur die Bedingung dafür sein, dass wir ihn anwenden können. D.h., es kann nichts sein, als diese Bedingung // die Bedingung // und es muss die Bedingung der Anwendung sein.



  ∕∕  
     Wenn “einen Satz verstehen” heisst, in
bestimmter Weise
gewissem Sinn
nach ihm handeln, dann kann das Verstehen nicht die logische Bedingung dafür sein, dass wir nach ihm handeln.

  ? /  
⌊⌊ Was wir ‘verstehenˇ lernen’ nennenˇ Das Kriterium des Verstehens ist manchmal ein Vorgang des Übertragens, Übersetzens, Übersetzens des Zeichens in eine andere eine Handlung; wir übertragen den Satz
in andere Zeichen
in eine andere Sprache
, wir zeichnen nach der Beschreibung ein Bild oder stellen uns eins vor; etc.
⌋⌋

 
  /  
  ? /  
⌊⌊      Wir reden von dem Verständnis eines Satzes vielfach als der Bedingung dafür, daß wir ihn anwenden können ˇWir sagen “Wir können einen Befehl nicht befolgen wenn wir ihn nicht verstehen” oder “ehe wir ihn verstehen”. [das Wort “können”, “muß” verdächtig] ⌋⌋

 
  /  
   
⌊⌊      Wenn hier das Verstehen ein psychischer Vorgang ist unter dem ‘Verstehen’ gemeint ist ◇◇◇ & gesagt werden soll, daß dieser Vorgang erfahrungsgemäß
eintritt
eintreten muß
ehe ein Mensch einen Befehl befolgen kann, so interessiert uns diese Aussage nicht. – Sollte definiert werden[;| ,]ˇ den Befehl befolgen heiße man es nur, wenn jener psychische Vorgang eingetreten sei, so wäre diese Definition müßig.
     Soll aber ‘verstehen’ hier heißen: erklären können, – warum sollte das notwendig sein um den Befehl zu befolgen. Natürlich handelt es sich hier nicht um logische Notwendigkeit.
⌋⌋


 
  /  
     Man könnte es in gewissen Fällen geradezu als Kriterium des Verständnisses // Verstehens // ˇfestsetzen, dass man den Sinn des Satzes muss zeichnerisch darstellen können.

16
  /  
Zu S. 42

     Es ist sehr sonderbar: Das Verstehen einer Geste
werden
möchten
wir durch ihre // mit Hilfe ihrer // Uebersetzung in Worte erklären und das Verstehen von Worten durch eine Uebersetzung in Gesten. // Es ist sehr sonderbar: Wir sind versucht, das Verstehen einer Geste durch ihr entsprechende Worte zu erklären, und das Verstehen von Worten durch diesen entsprechende Gesten. // // … das Verstehen einer Ge[a|s]te als Fähigkeit zur erklären, sie in Worte zu übersetzen, … // Es ist sonderbar: eine Geste möchten wir durch Worte …

  /  
Zu S. 42

     Und wirklich werden wir Worte durch eine Geste und eine Geste durch Worte erklären.

   
     Wenn man mir sagt “bringe eine gelbe Blume” und ich stelle mir vor, wie ich eine gelbe Blume hole, so kann das zeigen, dass ich den Befehl verstanden habe. Aber ebenso, wenn ich ein Bild des Vorgangs male. – Warum? Wohl, weil das, was ich tue, mit Worten des Befehls beschrieben werden muss. Oder soll ich sagen, ich habe tatsächlich einen (dem ersten) verwandten Befehl ausgeführt.

 
  /  
     ⌊⌊ umgearb.⌋⌋ Nun ist die Frage: Muss ich wirklich in so einem Sinne das Zeichen verstehen, um etwa darnach handeln zu können? – Wenn jemand sagt: “gewiss! sonst wüsste ich ja nicht, was ich zu tun habe”, so würde ich antworten: “
Aber vom Wissen zum Tun ist ja doch wieder ein Sprung.
Aber es gibt ja keinen Uebergang vom Wissen zum Tun.
Und keine prinzipielle Rechtfertigung dessen, dass es das war, was dem Befehl entsprach”.

   
     Was heisst dann also der Satz: “Ich muss den Befehl verstehen, ehe ich nach ihm handeln kann[?|]? Denn dieser Satz // dies zu sagen, // hat natürlich einen Sinn. Aber gewiss // jedenfalls // wieder keinen metalogischen.

  /  
     ⌊⌊ überarb⌋⌋ Die Idee, die man von dem Verstehen hat, ist etwa, dass man dabei von
17
dem Zeichen näher an die verifizierende Tatsache kommt,ˇ von den Worten des Befehls näher zur Ausführung, etwa durch die Vorstellung. Und wenn man auch nicht wesentlich, d.h. logisch, näher kommt, so ist doch etwas an der Idee richtig, dass das Verstehen in dem Vorstellen der Tatsache besteht. Die Sprache der Vorstellung ist in dem gleichen Sinne wie die Gebärdensprache primitiv.

  ü /  
  /  
     [|A]uch wäre da die Frage möglich: Wie lange vor dem Befolgen musst Du denn den Befehl verstehen?

   
     (Es kann keine notwendige Zwischenstufe zwischen dem Auffassen eines Befehls und dem Befolgen geben.)

 
   
     Wenn das Verstehen eine notwendige Vorbereitung des Folgens war
, so hat es wohl dem Zeichen des Befehls etwas hinzugefügt. – Aber …
, so muss es dem Zeichen etwas hinzugefügt haben; aber
etwas, was ⌊⌊Wenn das Verstehen eine Vorbereitung des Befolgens war, so kann man
das Verstehen
es
so auffassen, daß es dem Zeichen (des Befehls) etwas hinzufügt; aber etwas was … Das Verstehen, wenn es eine Vorbereitung … , kann man so auffassen, …
⌋⌋

 
  ? /  
[Zu: Die Kluft zwischen Befehl & Ausführung nicht durch Ähnlichkeit überbrücken]

     Wenn gesagt würde, dass der, der den Befehl erhält, ˇ wenn er ihn versteht eben ausser den Worten Vorstellungen erhält, die der Ausführung des Befehls ähnlich sind, (während es die Worte nicht sind), so
will ich noch weiter gehen & annehmen,
gehe ich noch weiter und nehme an,
dass der Befehl dadurch gegeben wird, dass wir de[m|n] Andern veranlassen die Bewegungen, die er etwa in 5 Minuten ausführen soll, jetzt durch mechanische Beeinflussung [)|(]etwa indem wir seine Hand führen) auszuführen veranlassen; und näher kann ich doch wohl der Ausführung des Befehls i[k|m] ˇ seinem Ausdruck des Befehls nicht kommen. Dann haben wir die Aehnlichkeit der Vorstellung durch eine viel
18
grössere Aehnlichkeit ersetzt. Und der Weg vom
Zeichen
Symbol
zur
wirklichen Ausführung
Wirklichkeit
scheint hier // nun // sehr verkürzt zu sein. (Ebenso könnte ich, um zu beschreiben, in welcher Stellung ich mich bei der und der Gelegenheit befunden habe, diese Stellung einnehmen.) (Siehe: Erwarten, Wünschen, etc.)
     Es ist damit auch gezeigt, dass ,
wie
dass
das Vorkommen von Phantasiebildern, & Vorstellungen, für den Gedanken Phantasiebilder, Vorstellungen, für den Gedanken … ganz unwes[r|e]ntlich ist sind. // Es ist damit auch das Unwesentliche der Phantasiebilder für den Gedanken gezeigt. //

 
  /  
[siehe S. 89/4] Zu: “Deuten”

     Ich könnte auch sagen: Es scheint uns, als ob, wenn wir den Befehl ( z.B.
x
1 2 3
) verstehen, wir etwas hinzufügen, was ⌊⌊Es scheint uns, als ob wir das Verstehen dem Befehl durch das verstehen etwas hinzufügen, was …⌋⌋ die Lücke ˇzwischen Befehl & Ausführung füllt. Das heißt doch: was den Befehl in schattenhafter Weise ausführt. So dass wir dem, der sagt “aber Du verstehst ihn jaˇ, also ist er ja
vollständig
vollkommen
⌊⌊… “aber Du verstehst ihn ja, er ist also nicht unvollständig” ⌋⌋ antworten können: … Ja, aber nur, weil ⌊⌊… “Ja, aber ich verstehe ihn nur, weil …⌋⌋ ich noch etwas hinzufüge: die Deutung nämlich. (siehe: Erwartung etc.)

  /  
Zu: “Deuten”

     Nun müsste man allerdings darauf sagen: Aber was veranlasst
Dich gerade zu dieser
Dich denn zu gerade dieser
Deutung? Ist es der Befehl, dann war er ja schon eindeutig, da er nur diese Deutung befahl. Oder, hast Du die Deutung willkürlich hinzugefügt –, dann hast Du ja auch den Befehl nicht verstanden, sondern erst das, was Du aus ihm (auf eigene Faust) gemacht hast.

  /  
Zu: “Deuten”

     Eine ‘Interpretation’ ist doch wohl etwas, was in
Zeichen
Worten
gegeben wird. Es ist diese Interpretation im Gegensatz zu einer anderen (die anders lautet). – Wenn man also
sagen wollte
sagt
“jeder Satz bedarf noch einer Interpretation”, so hiesse das: kein Satz kann ohne einen Zusatz verstanden werden.

 
  /  
     
(Dieser Satz bleibt im §)
“Ich kann den Befehl nicht ausführen, weil ich nicht verstehe, was Du meinst. – Ja, jetzt verstehe ich Dich”.
     Was ging da vor, als ich plötzlich den Andern verstand?
⌊⌊
     Da gab es viele Möglichkeiten: Der Befehl konnte ˇ z.B. mit falscher Betonung gegeben worden sein, & es fiel mir plötzlich die richtige Betonung ein. Einem Dritten würde ich dann sagen: “jetzt verstehe ich ihn, er meint: …” & nun würde ich den Befehl in richtiger Betonung wiederholen. Und in der richtigen Betonung verstünde ich
ihn nun; d.h.,
nun den Befehl, das heißt:
ich müßte nun nicht noch einen abstrakten Sinn erfassen sondern es genügt mir vollkommen de[n|r] wohlbekannten deutschen Wortlaut zu haben. – Oder aber der Befehl
ist
wäre
mir in verständlichem Deutsch gegeben worden schiene mir aber ungereimt, da ich ihn in auf in irgend einer Weise mißversteheand; dann fiel mir eine Erklärung ein “ach, er meint …” & nun kann ich den Befehl ausführen. Oder es schwebten mir. …
¥
S. 20/4 ⋎⌋⌋ Ich konnte mich natürlich irren, und dass ich den Andern verstand, war eine Hypothese. Aber
19
es fiel mir etwa plötzlich eine Deutung ein, die mir einleuchtete. Aber war diese Deutung etwas anderes als ein
sprachlicher Ausdruck?
Satz der Sprache?
// als eine Erklärung? //

 
   
     Oder Ees konnten mir auch vor diesem Verstehen mehrere Deutungen vorschweben, für deren eine ich mich endlich entscheide. Aber das Vorschweben
der
von
Be[d|D]eutungen war das Vorschweben von Ausdrücken einer Sprache.
ch

 
  /  
⌊⌊ Wer zwischen zwei Arten
einen Befehl zu verstehen schwankt, der schwankt …
schwankt einen Befehl zu verstehen, schwankt
zwischen zwei Deutungen, zwischen zwei Erklärungen.

⌋⌋

 
  /  
→ S. 7/2

     Was heisst es: verstehen, dass etwas ein Befehl ist, wenn man auch den Befehl selbst noch nicht versteht? (“Er meint: ich soll etwas tun, aber was er wünscht, weiss ich nicht.”)
20
 
    
   
     Deuten wir denn etwas, wenn uns jemand einen Befehl gibt? Wir fassen auf, was wir hören oder sehen; oder; wir sehen, was wir sehen.

 
  /  
⌊⌊ Ein Zeichen deuten, ihm eine Deutung hinzufügen, ist ein Vorgang der wohl in
manchen
gewissen
Fällen geschieht aber durchaus nicht immer wenn ich ein Zeichen verstehe.
⌋⌋

 
  / ?  
     Es gibt Fälle, in denen wir einen erhaltenen Befehl deuten und [D|F]älle, in denen wir es nicht tun.
     Eine Deutung ist eine Ergänzung des gedeuteten Zeichens durch ein Zeichen.

 
  /  
     Wenn mich jemand fragt: “wieviel Uhr ist es”, so geht in mir dann keine Arbeit des Deutens vor. Sondern iIch reagiere unmittelbar auf das, was ich sehe und höre.

 
  /   
  /  
     Ich deute die Worte; wohl; aber deute ich auch die Mienen? Deute ich, etwa, einen Gesichtsausdruck als drohend? , oder freundlich? – Es kan[h|n] geschehen. Auch das kann übrigens geschehen.

 
  / ∕∕  
     Wenn ich nun sagte: Es ist nicht genug, dass ich das drohende Gesicht wahrnehme, sondern ich muss es erst deuten. – Es zückt jemand das Messer
21
und ich sage: “ich verstehe das als eine Drohung”.

 
  /  
[Zu: “Behauptung, Frage, etc.] § 47

     
Welchen Sinn hat es, jemandem zu befehlen, …
Kann man jemandem befehlen,
einen Satz zu verstehen?
     Hier muss man verschiedene Fälle unterscheiden.

 
  U ∕∕ U ∕∕ /  
(Denken wir an verschiedene Befehle, die wir nicht ausführen können:
ein Gewicht zu heben das uns zu schwer ist,
einen Arm zu heben der gelämt ist,
ein Haar aufzustellen,
sich eines Namens zu erinnern der uns entfallen ist,
einen Satz zu verstehen)/. Kann man sagen, daß man den Befehl, den gelämten Arm zu heben in gewissem Sinne nicht versteht? [Bewegen der Finger bei verschränkten Händen.] Den Befehl verstehen, heißt etwa darstellen können wie es wäre wenn er ausgeführt würde. Und nun kann ich mir wohl vorstellen oder zeichnen etc wie es wäre wenn sich die Bewegung des Arms vollzöge; aber, wenn er sich auf den Befehl hin höbe, so würden wir doch nicht sagen, wir haben ihn gehoben. Wir hätten also den Befehl nicht ausgeführt. Denken wir an die Befehle: “habe Schmerzen!” & “rufe Dir Schmerzen hervor!” Ferner: “[s|S]telle Dir einen roten Kreis vor!”

22


 
    
  /  
⌊⌊ Wissen wie ein Wort gebraucht wird = Es anwenden können. ⌋⌋

 
   
⌊⌊ Vergleiche:
“Ich sehne mich nach ihm”
“Ich erwarte ihn”
“Ich weiß daß er kommen wird”
oder auch:
1 “ich habe mich
von Morgen an
den ganzen Tag
nach ihm gesehnt”
2 “ich habe ihn
von Morgen an
den ganzen Tag
erwartet”
3 “ich wußte vom Morgen an daß er kommen werde”
4 “ich hatte vom Morgen an Zahnschmerzen“
Kann man sagen “ich wußte vom Morgen an ununterbrochen daß er kommen werde”?
Vergleiche № 4 mit jedem der anderen Sätze.
5 “Ich konnte von meinem 10ten Jahr an Schachspielen”.
6 “Ich konnte seit damals nicht mehr hoch springen”
⌋⌋


 
  ? /  
[Zu: “das [A|a]ugenblickliche Verstehen etc.”]

     Es ist merkwürdig, dass wir uns bei dem Gedanken, dass es jetzt 3 Uhr sein dürfte, die Zeigerstellung meist gar nicht genau oder überhaupt nicht vorstellen, sondern das Bild, gleichsam wie, in einem Werkzeugkasten der Sprache haben, aus dem wir wissen, das Werkzeug jederzeit hervorziehen // herausnehmen // zu können, wenn wir es brauchen. – Dieser Werkzeugkastenscheint mir die Grammatik mit ihren Regeln zu sein. ist er aber nicht die …? (Denken wir aber, welcher Art dieses Wissen ist.)

 
  ? /  
[Zu: “das augenbl. Verstehen etc.”]
Zu M.S. p. 21/1
     Es ist so, wie wenn ich mir im Werkzeugkasten der Sprache Werkzeuge zum künftigen Gebrauch herrichtete. Oder in Malkasten Farben (Ein Werkzeug ist ja auch das Abbild seines Zwecks.) [Dazu: Hypothese “ich sehe eine Kugel”.[)|]] Verwendung der Vorstellg. des Bildes einer Kugel.
 
  /  
     Was heisst es, zu sagen “ich sehe zwar kein Rot, aber wenn Du mir einen Farbkasten gibst, so kann ich es Dir darin zeigen”? Wie kann man wissen, dass man es zeigen kann, wenn …; dass man es also erkennen kann, wenn man es sieht? Ich

 
  /  
     
Betrachte nun den Satz:
Ich sage: Hier ist zwar nichts Rotes um mich, aber wenn hier etwas wäre, so
könnte ich es erkennen.

 
  ? /  
⌊⌊ “Ich könnte Dir die genaue Farbe der Tapete zeigen, wenn hier etwas wäre was diese Farbe hat”. – “Wie weißt Du, daß Du sie erkennen würdest?” – “Weil ich sie mir jetzt vorstellen kann vorstelle Weil ich sie jetzt vor mir sehe.”
Anderseits aber Anderseits: “[i|I]ch kann mir jederzeit ˇwenn ich will einen roten Kreis vorstellen[,|.] wenn ich will”. – “Wie weißt Du, daß Du
es
das
kannst?”
⌋⌋


 
  ? /  
a
b
c
d
!
!
!
!
e
f
g
h
Es ist etwa dies mein Wörterbuch und ich übersetze
mit ihm
darnach
den Satz b[e|d]ca in fhge. Nun habe ich im gewöhnlichen Sinne gezeigt, dass ich den Gebrauch des Wör-
23
terbuchs verstehe und kann sagen, dass ich auf gleiche Weise den Satz cdab übersetzen kann, wenn ich will. – Wenn also der Satz cdab ein Befehl ist, den entsprechenden Satz in der zweiten Sprache hinzuschreiben, so verstehe ich diesen Befehl, wie ich etwa den Befehl verstehe, !!!!!! Schritte zu gehen, wenn mir gezeigt wurde, wie die entsprechenden Befehle mit den Zahlen !, !!, !!!, ausgeführt werden.


 
   
     Aber natürlich kann das nicht anders sein, als wenn ich z.B. sage “ich will diesen Fleck rot anstreichen”, eine Vorstellung von der Farbe habe und nun “weiss“, wie diese Vorstellung in die Wirklichkeit zu übersetzen ist.

 
  ? /  
[Zu: Erwartung] S. 364

     Ja, das ganze Problem ist schon darin enthalten: Was heisst es, zu wissen, wie der Fleck aussähe, wenn er meiner Vorstellung entspräche? “Du weißt, wie er aussähe? – Nun wie sieht er aus?”



 
  ? /  
[Zu: Die Erwartung erwartet das was sie erfüllen wird] § 77

     Wenn ich die Vorstellung, die bei der Erwartung etc. im Spiel ist, durch ein wirklich gesehenes Bild ersetzen will, so scheint etwa folgendes zu geschehen: Ich sollte einen dicken schwarzen Strich ziehen und habe als Bild einen dünnen gezogen. Aber die Vorstellung geht noch weiter und sagt, sie weiss auch schon, dass der Strich dick sein soll. So ziehe ich einen dicken, aber etwas blasseren Strich; aber die Vorstellung sagt, sie weiss auch schon, dass er nicht grau sondern schwarz sein sollte. (Ziehe ich aber den dicken schwarzen Strich, so ist das kein Bild mehr.)



 
  ? /  
     Etwas wissen, ist von der Art dessen, ist damit zu vergleichen: einen Zettel in
meiner Tasche
der Lade meines Schreibtisches
zu haben, auf dem es aufgeschrieben steht // ist // .





 
   
[Zu S. 182]
Wie ist es, wenn ich jemandem den Befehl gebe “stelle Dir einen roten Fleck vor” & nun sage: den Befehl verstehen heiße, wissen wie es ist, wenn er ausgeführt ist; oder gar sich vorstellen können, wie es ist, wenn …”
24
 
    
    
   
      Augustinus, wenn er vom Lernen der Sprache redet, redet ausschliesslich davon, wie wir den Dingen Namen beilegen, oder die Namen der Dinge verstehen. Hier scheint also das Benennen Fundament und Um und Auf der Sprache zu sein.
     
Diese Betrachtungsweise der Sprache
Diese Auffassung des Fundaments der Sprache
ist ˇwohl die, welche
ist offenbar aequivalent mit der, die
die Erklärungsform “das ist …” als fundamental auffasst. – Von einem Unterschied der Worte redet Augustinus nicht, meint also mit “Namen offenbar Wörter, wie “Baum”, “Tisch”, “Brot”, und gewiss die Eigennamen der Personen; dann aber wohl auch “essen”, “gehen”, “hier”, “dort”; kurz, alle Wörter. Gewiss aber denkt er zunächst an Hauptwörter und an die übrigen als etwas, was sich finden wird. (Und Plato sagt, dass der Satz aus Haupt- und Zeitwörtern besteht.)
     Sie beschreiben eben das Spiel einfacher, als es ist.
     Dieses Spiel kommt aber wohl in der Wirklichkeit vor. – Nehmen wir etwa an, ich wollte aus Bausteinen, ein Haus aufführen, die mir ein Andrer zureichen soll, ein Haus aufführen, so könnten wir erst ein Uebereinkommen dadurch treffen, dass ich auf einen Stein zeigend sagte “das ist eine Säule”, auf einen andern zeigend “das heisst Würfel”, – “das heisst Platte” u.s.w.. Und nun bestünde die Anwendung im Ausrufen jener Wörter “Säule”, “Platte”, etc. in der Ordnung, wie ich die Bausteine brauche.
Und ganz
26
ähnlich ist ja das Uebereinkommen
a
b
c
d
!
!
!
!
und etwa eines, das mit Farben arbeiten würde.


 
   
     Augustinus beschreibt wirklich einen Kalkül; nur ist nicht alles, was wir Sprache nennen, dieser Kalkül.
     (Und das muss man in einer grossen Anzahl von Fällen sagen, wo es sic[(|h] fragt: ist diese Darstellung brauchbar oder unbrauchbar. Die Antwort ist dann: “ja, brauchbar; aber nur dafür, nicht für das ganze Gebiet, das Du darzustellen vorgabst”.)


 
   
      Es ist also so, wie wenn jemand als erklärteˇ jemand: “spielen besteht darin, dass man Dinge, gewissen Regeln gemäss, auf einer Fläche verschiebt …” und wir in ihm antworteten: Du denkst da gewiss an die Brettspiele, und auf sie ist Deine Beschreibung auch anwendbar. Aber das sind nicht die einzigen Spiele. Du kannst also Deine Erklärung richtigstellen, indem Du sie ausdrücklich auf diese Spiele einschränkst.

     Man könnte also sagen, Augustinus stelle das Lernen der Sprache zu einfach dar // stelle die Sache zu einfach dar // ; aber auch: er stelle eine einfachere Sache dar.
     (Wer das Schachspiel einfacher beschreibt – mit einfacheren Regeln – als es ist, beschreibt damit dennoch ein Spiel, aber ein anderes.)


 
   
      Ich w[i|o]llte ursprünglich sagen: Wie Augustinus das Lernen der Sprache beschreibt, das kann uns zeigen, woher sich diese Auffassungˇ der Bedeutung überhaupt eigentlich schreibt // … , von welcher welchem primitiven Anschauung Bild … // .
     Man könnte den Fall mit dem einer Schrift vergleichen, in der Buchstaben zum Bezeichnen von Lauten benützt würden, aber auch zur Bezeichnung der Stärke Betonung und als Interpunktionszeichen.
Fassen wir dann diese Schrift als eine Sprache zur Beschreibung des Lautbildes auf, so
27
könnte man sich denken, dass Einer diese Schrift so auffasste, als entspräche einfach jedem Buchstaben ein Laut und als hätten die Buchstaben nicht auch ganz andere Funktio[h|n]en. – Und so einer – zu einfachen – Beschreibung der Schrift gleicht Augustinus' Beschreibung der Sprache völlig.



 
   
[Vielleicht auch zu “Komplex & Tatsache”]
[ M.S. ˇ groß S 113]
     Man kann z.B. – für [a|A]ndere verständlich – ⌊⌊Hierher gehört auch: Man kann – für Andere verständlich –⌋⌋ von Kombinationen von Farben mit Formen sprechen (etwa der Farben rot und blau mit den Formen Q[i|u]adrat und Kreis) zusammengeschlossen, [◇◇◇] ebenso wie von Kombinationen verschiedener Formen oder Körper. Und hier haben wir die Wurzel
meines
des
irreleitenden Ausdrucks, die Tatsache sei ein Komplex von Gegenständen. Es wird also, dass ein Mensch krank ist, verglichen mit der Zusammenstellung zweier Dinge, wovon das eine der Mensch, ist das andere die Krankheit wäre. Hüten wir uns davor, // Hüten wir uns davor, … // zu ve[f|r]gessen, dass dasˇ nur Vergessen wir nicht, daß das nur … ein Gleichnis ist.
     Oder man muss sagen, es verhält sich hier mit dem Wort “Kombination”, oder “Komplex”, wie mit dem Wort “Zahl”, das auch in verschiedenen – mehr oder weniger logisch ähnlichen – Weisen (Bedeutungen) gebraucht wird.



 
   
     “Bedeutung” kommt von “deuten”.

 
   
     Was wir Bedeutung nennen, muss mit der primitiven Gebärdensprache (Zeigesprache) zusammenhängen.

 
   
      Wenn ich etwa die wirkliche Sitzordnung an einer Tafel nach einer Aufschreibung kollationiere, so hat es einen guten Sinn, beim Lesen jedes Namens auf einen bestimmten Menschen zu zeigen. Sollte ich aber etwa die Beschreibung eines Bildes mit dem Bild vergleichen und ausser dem Personen-
28
verzeichnis sagte die Beschreibung auch, dass eine gewisse Person eine andere küsst, so wüsste ich nicht, worauf ich als Korrelat des Wortes “küssen” zeigen sollte. Oder, wenn etwas stünde “A ist grösser als B”, worauf soll ich beim Wort “grösser” zeigen? – Ganz offenbar kann ich ja gar nicht auf etwas diesem Wort entsprechendes in dem Sinne zeigen, wie ich etwa auf die Person A im Bilde zeige.
     Es gibt freilich einen Akt “die Aufmerksamkeit auf die Grösse der Personen richten”, oder auf ihre Tätigkeit, und in diesem Sinne kann man au[v|c]h das Küssen und die Grössenverhältnisse kollationieren. Das zeigt, wie der allgemeine Begriff der Bedeutung entstehen konnte. Es geschieht da etwas Analoges, wie wenn man das Pigment an Stelle der Farbe tritt.
     Und der Gebrauch des Wortes “kollationieren” ist hier so schwankend, wie der Gebrauch des Wortes “Bedeutung”.


 
   
     Die Wörter haben offenbar ganz verschiedene Funktionen im Satz und diese Funktionen erscheinen uns ausgedrückt in den Regeln, die von den Wörtern gelten. Wie in einem Stellwerk mi

 
   
Die Bedeutg. des Wortes – & auf die Bedeutg. zeigen

 
   
     Wie in einem Stellwerk mit Handgriffen die verschiedensten Dinge ausgeführt werden, so mit den Wörtern der Sprache, die Handgriffen entsprechen. Ein Handgriff ist der einer Kurbel und diese kann kontinuierlich verstellt werden; einer gehört zu einem Schalter und kann nur entweder umgelegt oder aufgestellt werden; ein dritter gehört zu einem Schalter, der drei oder mehr Stellungen zulässt; ein vierter ist der Handgriff einer Pumpe und wirkt nur,
solange
wenn
er auf- und abbewegt wird; etc.: aber alle sind Handgriffe, werden mit der Hand angefasst.

¥
⋎ S. 42/1
 
  / /  
     Vergleich der verschiedenen Arten von Linien // der Linien mit verschiedenen Funktionen // auf der Landkarte mit den Wortarten im Satz. Der Unbe-
29
lehrte sieht eine Menge Linien und weiss nicht, dass sie sehr verschiedene Bedeutungen haben. Grenzen, Meridiane, Straßen, Schichtenlinien, Buchstaben.
     Denken wir uns den Plan [w|e]ines Weges gezeichnet und mit einem Strich durchstrichen, der anzeigen soll, dass dieser Plan nicht auszuführen ist // dass dieser Weg nicht zu gehen ist // . Ein solches Zeichen sei durch einen Strich durchstrichen um zu zeigen dass es falsch ist. Auf dem Plan sind viele Striche gezogen, aber der, der ihn durchstreicht, hat eine gänzlich andere Funktion a[a|l]s die anderen.

 
  ? /  
     Der Unterschied der Wortarten ist wie der Unterschied der Spielfiguren, oder, wie der noch grössere, einer Spielfigur und des Schachbrettes.

¥
S. 42/1 ⋎
30


 
    
   
      W[o|i]r können in der alten Ausdrucksweise sagen: das Wesentliche am Wort ist seine Bedeutung.

 
  / /  
      Wir sagen: das Wesentliche am Wort ist seine Bedeutung; wir können da[x|s] Wort durch ein anderes ersetzen, das die gleiche Bedeutung hat ⌊⌊Wir können in … sagen: [d|D]as Wesentliche ist die Bedeutg. des Wortes, nicht das Wort. Wir können also das Wort durch ein anderes ersetzen, das die gleiche Bedeutg. hat. …⌋⌋. Damit ist gleichsam ein Platz für das Wort fixiert und man kann ein Wort für das andere setzen, wenn man es an den gleichen Platz setzt.

 
  ? /  
⌊⌊ Kann man aber in diesem Sinne in einem Gedicht Worte durch andere ersetzen? Welche Art Unterschied macht es, wenn ich in einer Betrachtung der Gesetze des freien Falls das Wo “Schnelligkeit” statt “Geschwindigkeit” sage oder statt des Buchstaben v ˇ etwa einen Hebräischen gebrauche; anderseits aber, wenn ich ein Wort eines Gedichts durch das Zeichen A ersetze, wobei ich erkläre A solle die gleiche Bedeutung haben, wie des Wortes haben. Das wäre als wollte ich ein finsteres Gesicht machen & dazusagen daß es das gleiche bedeuten solle wie ein freundliches Lächeln. ⌋⌋

 
  /  
¥
⋎ S. 31/1

     Wenn ich micht entschlösse (in meinen Gedanken) statt “rot” ein neues Wort zu sagen, wie würde es sich zeigen, dass dieses an dem Platze des Wortes “rot” steht? Wodurch ist die Stelle // der Platz // eines Wortes bestimmt? Angenommen etwa, ich wollte auf einmal alle Wörter meiner Sprache durch|andere ersetzen, wie könnte ich wissen, welches Wort an der Stelle eines früheren steht[.| ?] , an welcher Stelle eines der neuen Worte steht? Sind esˇ etwa immer die Vorstellungen, die bleiben und den Platz des Wortes halten? So dass an einer Vorstellung quasi ein Haken ist, – und hänge ich an den ein Wort, so ist ihm
dadurch
damit
der Platz angewiesen?
     Oder: Wenn ich mir den Platz merke, was merke ich mir da?


 
  ? /  
     Man könnte z.B. ausmachen, im Deutschen statt “nicht” immer “
non
not
” zu setzen und dafür statt “rot” “nicht”. So dass das Wort “nicht” in der
31
Sprache bliebe und doch könnte man nun sagen, dass “
non
not
so gebraucht wird, wie früher “nicht”, und dass jetzt “nicht” anders gebraucht wird als früher.

 
  ? /  
     Der Ort eines Wortes in der Sprache // Grammatik // ist seine Bedeutung. Die Bedeutung könnte ich den Ort eines Wortes in der Grammatik nennen.



 
  ? /  
     Wäre es nicht ähnlich, wenn ich mich entschlösse, die Formen der Schachfiguren zu ändern, oder etwa eine Figur, die wir jetzt “Rössˇel” nennen würden, als Königsfigur zu nehmen? // … oder etwa die Figur eines Pferdchens als König zu nehmen? // Wie würde es sich nun zeigen, dass das hö[z|l]zerne Pferdchen Schachkönig ist? Kann ich hier nicht sehr gut von einem Wechsel der Bedeutung reden?



 
   
Wir verstehen unter “Bedeutung des Namens” nicht den Träger des Namens. Unter “Bedeutung
eines
des
Namens” wird nicht … verstanden.
⌊⌊Unter der Bedeutung eines Namens wird nicht sein Träger verstanden.⌋⌋

 
   
     Man kann sagen, dass die Worte “der Träger des Namens ‘N’” dieselbe Bedeutung haben wie der Name [|] N’ – also für einander eingesetzt werden können.

 
   
     Aber heisst es nicht dasselbe, zu sagen “zwei Namen haben einen Träger” und “zwei Namen haben ein- und dieselbe Bedeutung”? (Morgenstern, Abendstern, Venus.)

 
  /  
      Wenn mit dem Satz “‘A’ und ‘B’ haben denselben Träger” gemeint ist: “der Träger
des Namens
von
‘A’” bedeutet dasselbe wie “der Träger
des Namens
von
‘B’”, so ist alles in Ordnung, weil das dasselbe heisst wie A = B.
Ist aber mit dem Träger von ‘A’ etwa der Mensch gemeint, von dem es sich feststellen lässt,
32
dass er auf den Namen ‘A’ getauft ist; oder der Mensch, der das Täfelchen mit dem Namen ‘A’ um den Hals trägt; etc., so ist es gar nicht gesagt, dass ich mit ‘A’ diesen Menschen meine, und dass die Namen, die den gleichen Träger haben, dasselbe bedeuten.

 
   
     Aber zeigen wir nicht zur Erklärung der Bedeutung auf den Gegenstand, den der Name vertritt? Ja; aber dieser Gegenstand ist nicht ‘die Bedeutung’, obwohl sie durch das Zeigen auf diesen Gegenstand bestimmt wird.

 
   
     Aber es bestimmt hier schon das richtige Verstehen des Wortes ‘Träger’ in dem besondern Fall (Farbe, Gestalt, Ton, etc.) die Bedeutungˇ sozusagen bis auf eine letzte Bestimmung. D.h. der H erklärende Hinweis auf den Träger entscheidet nur noch eine Frage nach der Bedeutung von der Art: “Welcher dieser Leute ist Herr N?”, “Welche Farbe heißt ‘lila’?”, “Welcher Ton ist das hohe C?”.



 
   
⌊⌊ Man kann sagen: Die Bedeutung
eines
des
Wortes lehren, heißt seinen Gebrauch lehren & das kann man durch Hinweisen auf den Träger eines Namens tun, wenn dieser Gebrauch, sozusagen, schon bis auf eine letzte Bestimmung bekannt ist.
     Erinnere Dich daran, daß durch die selbe hinweisende Geste auf denselben Körper ˇdie Bedeutung von Worten verschiedener Art erklärt werden können kann. Z.B.: “das heißt ‘Holz’”, “das heißt ‘braun’”, “das heißt ein ‘Stab’”, “das heißt ein ‘Federstiel’”. ⌋⌋

 
   
⌊⌊      Denken wir aber
dagegen
wieder
an das Zeigen & Benennen von Gegenständen,
wie
durch das
man Kindern die Anfänge der Sprache lehrt. Hier kann man natürlich nicht sagen, diese Erklärung (wenn man das eine Erklärung nennen will) gebe noch eine letzte Bestimmung über den Gebrauch des Wortes, & das Kind kann auch noch nicht fragen “wie heißt das?”. (ˇD.h., [D|d]iese ‘Erklärung’ ist nicht die Antwort auf die Frage “wie heißt dieser Gegenstand”.) ⌋⌋

 
  ? /  
     Wenn ich sage “die Farbe dieses Gegenstands heisst ‘violett’”, so muss ich die Farbe mit den ersten Worten “die Farbe dieses Gegenstands” schon benannt haben, sie schon zur Taufe gehalten haben, damit
die Namengebung geschehen kann.
der Akt der Namengebung das sein kann, was er ist.
Denn ich könnte auch sagen “der Name dieser Farbe (der Farbe dieses Dings) ist von Dir zu bestimmen, und der den Namen gibt, müsste nun schon wissen, wem er ihn gibt (an welchen Platz der Sprache er ihn stellt[.|)].

 
  ? /  
     Ich könnte
so
also
erklären, die Farbe dieses Flecks heisst “rot”, die Form “Kreis”.3
     Und hier stehen die Wörter “Farbe” und “Form” für Anwendungsarten (grammatische Regeln) und sind // bezeichnen // in Wirklichkeit Wortarten, wie “Eigenschaftswort”, “Hauptwort”. Man könnte sehr wohl in der (
deutschen
gewöhnlichen
) Grammatik
die Bezeichnungen
neben diesen Wörtern die Wörter
“Farbwort”, “Formwort”, “Klangwort” einführen. (Aberˇ mit demselben Recht auch “Baumwort”, “Buchwort”?)
33
 
  ü ? /  
     Der Name, den ich einem Körper gebe, einer Fläche, einem Ort, einer Farbe, hat
in jedem dieser Fälle eine
jedes Mal
andere Grammatik. Der Name “A” in “A ist ge[bl|lb]” hat eine andere Grammatik, wenn
es
A
der Name eines Körpers
als
und
wenn es der Name der Fläche eines Körpers ist[;| ,] ob nun
der
ein
Satz “dieser Körper ist gelb” sagt, dass die Oberfläche des Körpers gelb ist, oder dass er durch und durch gelb ist. “Ich zeige auf A” hat verschiedene Grammatik, je nachdem A ein Körper, eine Fläche, eine Farbe ist etc.. ⌊⌊Und man zeigt in anderem Sinne auf den Körper A, auf die Länge A eines Körpers, & auf die Farbe A. Und man zeigt in anderem Sinne auf einen Körper, auf seine Länge, & auf seine Farbe.⌋⌋ ⌊⌊ D.h. es ist
etwa
z.B.
eine Definition möglich: auf eine Farbe zeigen heißt auf den Körper zeigen der sie hat.
⌋⌋ Und so hat auch das hinweisende Fürwort “dieser” andere Bedeutung (d.h. Grammatik), wenn es sich auf Hauptwörter verschiedener Grammatik bez[e|i][i|e]ht // … Hauptwörter mit verschiedener Grammatik bezieht. // [Worin soll der Unterschied dieser Grammatiken liegen?]

 
  ∫ ¿ ¿  
⌊⌊      Man kann sagen “dieser Körper ist durch & durch gelb” aber nicht, “seine Oberfläche ist durch & durch gelb”. ⌋⌋

 
   
⌊⌊      Auf eine Zahl deuten. ⌋⌋

 
  ∫ ¿ ¿  
⌊⌊ Und wer (mit der Hand) auf einen Körper zeigt, zeigt dadurch, aber eben darum in anderem Sinne, auf seine Farbe, seine Gestalt, den Ort an dem er sich befindet. Wie der, welcher jemand Klavier spielen hört, dadurch in anderem Sinne das Musikstück hört, welches gespielt wird & in noch anderem Sinne die Schönheit des Stückes. – Aber was heißt es “er hört in anderem Sinne”, “er zeigt in anderem Sinne”. Was ich meine wäre jedenfalls in einer Definition ausgedrückt die etwa sagte: auf eine Farbe zeigen heißt: auf einen Körper zeigen der die Farbe hat. Also etwa F(φ) = (∃x).φx[:|.]Fx Daß F von φ in anderm Sinne ausgesagt wird als von x heißt, daß ich statt Fx nicht wieder einen Ausdruck wie die rechte Seite setzen kann⌋⌋
34


 
    
    
⌊⌊ “Bedeutung, das was die Erklärung der B. erklärt” d.h.: Fragen wir nicht was ˇ die Bedeutung sei, sondern sehen wir
nach
uns an
was man die “Erklärung der B.” nennt.
⌋⌋




  ? /  
     Man sagt dem Kind: “nein, kein Stück Zucker mehr!” und nimmt es ihm weg. So lernt das Kind die Bedeutung des Wortes ‘kein’.
     Hätte man ˇihm mit denselben Worten ein Stück Zucker gereicht, so hätte es gelernt, das Wort anders zu verstehen. Es hat damit gelernt, das Wort gebrauchen, aber auch ein bestimmtes Gefühl mit ihm zu verbinden, es in bestimmter Weise zu erleben.

  ? /  
     Veranlassen wir es dadurch nicht, Worten einen Sinn beizulegen, ohne dass wir sie durch ein anderes Zeichen ersetzen, also ohne diesen Sinn au[c|f] andere Weise auszudrücken? Veranlassen wir es nicht gleichsam, für sich etwas zu tun, dem kein äusserer Ausdruck gegeben wird, oder wozu der äussere Ausdruck nur im Verhältnis einer Hindeutung steht? Die Bedeutung liesse sich nicht aussprechen, sondern nur auf sie von ferne hinweisen. Sie liesse sich gleichsam nur verursachen. Aber welchen Sinn hat es dann überhaupt, wenn wir von dieser Bedeutung reden? (Schlag und Schmerz)

 
    
⌊⌊ Was wollen wir unter ‘Bedeutung’ eines Worts verstehen? Ein charakteristisches Gefühl, das das Aussprechen (Hören) des Wortes begleitet? (Das und-Gefühl, wenn-Gefühl James's) Oder wollen wir das Wort ‘Bedeutung’ ganz anders gebrauchen; &, z.B, sagen zwei Worte haben die gleiche Bedeutung wenn dieselben gramm. Regeln von beiden gelten? Wir können es halten, wie wir wollen, aber wir müssen ˇ aber wissen daß dies zwei gänzlich verschiedene Gebrauchsweisen (Bedeutungen) des Wortes ‘Bedeutung’ sind. (Man kann vielleicht auch von einem spezifischen Gefühl reden welches der Schachspieler bei Zügen mit dem König empfindet.) ⌋⌋

  /  
     Gibt mir die Erklärung des Wortes die Bedeutung, oder verhilft sie mir nur zur Bedeutung? So dass also das Verständnis in der Erklärung nicht niedergelegt wäre, ⌊⌊Ist die Bedeutung das Gefühl, dann ist die Bedeutung in der B Erklärung nicht niedergelegt …⌋⌋ sondern durch sie nur äusserlich bewirkt, wie ⌊⌊aber durch sie etwa bewirkt wie …⌋⌋ die Krankheit durch eine Speise.

   
⌊⌊ In einem Sinn ist kann man die Erklärung der Bedeutung die Aufklärung Ausschließung von Mißverständnissen nennen. Sie sagt, das Wort hat diese Bedeutung, nicht jene. ⌋⌋

 
   
⌊⌊ Und “Erklärung der Bedeutung” nennen wir vielerlei. ⌋⌋

 
  ∕∕  
     Das Problem äussert sich auch in der Frage: Wie erweist sich ein Missverständnis? Denn das ist dasselbe wie das Problem: Wie zeigt es sich, dass
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ich richtig verstanden habe? Und das ist: Wie kann ich die Bedeutung erklären?
     Es fragt sich nun: Kann sich ein Missverständnis darin äussern, dass, was der Eine bejaht, der Andere verneint?


  ? /  
     Nein, denn dies ist eine Meinungsverschiedenheit und kann als solche aufrecht erhalten werden. Bis wir annehmen, der Andere habe Recht ….

  /  
[Zu S. 48]

     Wenn ich also, um das Wort “lila” zu erklären, auf einen Fleck zeigend sage “dieser Fleck ist lila”, kann diese Erklärung dann auf zwei Arten funktionieren? einerseits als Definition, die den Fleck als Zeichen gebraucht, anderseits als Erläuterung? Und wie das letztere? Ich müsste annehmen, dass der Andere die Wahrheit sagt und dasselbe sieht, was ich sehe. Der Fall, der wirklich vorkommt, ist etwa folgender: A erzählt dem B in meiner Gegenwart, dass ein bestimmter Gegenstand lila ist. Ich höre das, habe den Gegenstand auch gesehen und denke mir: “jetzt weiss ich doch, was ‘lila’ heisst”. Das heisst, ich habe aus jenen Sätzen // jener Beschreibung // eine Worterklärung gezogen.
     Ich könnte sagen: Wenn das, was A dem B erzählt, [wa|di]e Wahrheit ist, so muss das Wort “[L|l]ila” diese Bedeutung haben.
     Ich kann diese Bedeutung also auch quasi hypothetisch annehmen und sagen: wenn ich das Wort so verstehe, hat A Recht. Aber dem “so” entspricht eine Hinweisende Definition.

 
  /  
     Man sagt: “Ja, wenn das Wort das bedeutet, so ist der Satz wahr”.

 
  ? /  
     Nehmen wir an, die Erklärung der Bedeutung war nur eine Andeutung: konnte man nicht sagen: Ja, wenn diese Andeutung so verstanden wird, dann gibt das Wort in dieser Verbindung einen wahren Satz etc.. Aber dann muss nun nun dieses “so” ausgedrückt sein. Die Erklärung immer nur eine Andeutung.
36
 
    
     Die Erklärung eines Zeichens muss jede Meinungsverschiedenheit kann jede … beseitigen. in Bezug auf seine Bedeutung beseitigen können.
     Und ist dann noch eine Frage nach der Bedeutung zu entscheiden?


   
     Missverständnis nenne ich das, was durch eine Erklärung zu beseitigen ist. Die Erklärung der Bedeutung eines Wortes schliesst Missverständnisse aus.

 
  ? /  
⌊⌊ Wie kann Einer nach der Erklärung einer Wortbedeutung fragen? – Z.B. so: “Welche Farbe heißt ‘violett’?”; aber au, oder: “welches
heißt
ist
das 3 gestrichene C?”; aber auch so: “was heißt das Wort ‘ne pas’?”.
⌋⌋

 
  ? /  
⌊⌊ Auf die ersteˇ & zweite Frage wird man durch ein Zeigen antworten & die Frage hatte das auch vorausgesehen. Die dritte Frage könnte man durch eine Übersetzung ins Deutsche beantworten (oder auch durch Beispiele der Anwendung). – Wie aber, wenn ein mathematisch nicht vorgebildeter fragte “Was bedeutet das Wort ‘Integral’?”. Da müßte man wohl antworten: das kann ich Dir erst dann erklären // : das ist ein mathematischer Ausdruck, den ich Dir erst … // , wenn Du mehr Mathematik verstehen wirst. ⌋⌋

 
   
⌊⌊ Ich habe einmal als Kind nach der Bedeutung des Wortes “etwas” gefragt. [oder war es “vielleicht”?] Man antwortete mir: “das verstehst Du noch nicht”. Wie aber hätte man es erklären sollen?! Durch eine Definition? oder hätte man mir sagen sagen sollen, oder sollte man sagen, das Wort sei undefinierbar? Wie ich es später verstehen gelernt habe, weiß ich nicht; aber ich habe wohl Phrasen worin das Wort vorkommt anwenden gelernt. Und dieses Lernen hatte wohl am meißten Ähnlichkeit mit einem Abrichten [abgerichtet wWerden].⌋⌋

 
   
⌊⌊ Ich will wollte hier [auf dieser Seite]4 das Wesen des Mißverständnisses im Gegensatz zum Unverständnis der Sprache darstellen. ⌋⌋

 
   
     
Ein Missverständnis ist:
Das sind Missverständnisse
“Ist das eine Orange? ich dachte das sei eine”.
     
Wie is es mit diesem:
Kann man sagen:
“Ist das rot? ich dachte, das sei ein Sessel”?
     Aber [k|K]ann man sich nicht einbilden (wenn man etwa nicht deutsch versteht) “rot” heisse laut) (d.h. werde so gebraucht, wie tatsächlich das Wort “laut” gebraucht wird)[.| ?] Wie wäre aber die Aufklärung dieses Missverständnisses? Etwa so: “rot ist
diese
eine
Farbe, keine Tonstärke”? – Eine solche Erklärung könnte man natürlich geben, aber sie wäre nur dem verständlich, der sich bereits ganz in der Grammatik auskennt.

 
   
     Der Satz “ist das rot? ich dachte, das sei ein Sessel” hat nur Sinn, wenn das Wort “das” beide Male im gleichen Sinn gebraucht wird und dann muss ich entweder “rot” als Substantiv, oder “ein Sessel” als Adjektiv auffassen.

 
   
“Heißt ‘weak’ schwach? ich dachte, es heiße Woche.”

 
   
     Die Aufklärung
wird in einer Spr. gegeben, die …
kann nur verstanden werden, wenn sie in einer Sprache gegeben wird, die
unabhängig von dem Missverständnis besteht.

  ? /  
⌊⌊ Was für Konsequenzen will ich daraus ziehen?! Hängt damit zusammen daß die Erklärung an Stelle des Zeichens gebraucht werden kann. Der Satzt sollte sagen daß die Erklärung nur innerhalb der schon ihrem Wesen nach verstandenen Sprache geschieht. Die Erklärung entscheidet nur zwischen Möglichkeiten die der Fragende selbst voraussehen konnte. Nicht die Spracheˇ als solche wird für ihn aufgebaut, sondern nur diese Ausdrucksweise. Da die Aufklärung ja verstanden wird so konnte sie auch als Möglichkeit schon früher ins Auge gefaßt werden; es konnte auch nach ihr unmittelbar gefragt werden, so daß der Erklärende nur mehr “ja” oder “nein” zu antworten hatte. Und mit “ja” & “nein” konnte er nicht das Wesen der Sprache erklären.

⌋⌋

 
   
Zu S. 43

     Ist es denn nicht denkbar, dass ein grammatisches System in der Wirklichkeit zwei (oder mehr) Anwendungen hat?
     Ja, aber wenn wir das überhaupt sagen können, so müssen wir die beiden
37
Anwendungen auch durch eine Beschreibung unterscheiden können.

 
  ? /  
[Vagueheit des Wortes “Wortart.] Zu S. 43

     Zu sagen, ˇdass das Wort “rot” mit allen Vorschriften, die von ihm gelten, das bedeuten könnte, was tatsächlich das Wort “blau” bedeutet; dass al[z|s]o durch diese Regeln die Bedeutung nicht fixiert ist, hat nur einen Sinn, wenn ich die beiden Möglichkeiten der Bedeutung ausdrücken kann und dann sagen, welche die von mir bestimmte ist.
     (Diese letztere Aussage ist aber eben die Regel, die vorher zur Eindeutigkeit gefehlt hat.)
 
  ? /  
     Die Grammatik erklärt die Bedeutung der Wörter, soweit sie zu erklären ist. Und zu erklären ist sie soweit, als nach ihr gefragt werden kann; und nach ihr fragen kann man soweit, als sie zu erklären ist. Die Bedeutung ist das, was wir in der Erklärung der Bedeutung eines Wortes erklären.

 
  /  
   
     Mißverstandnis Unverständnis.
     Dies Erklärg der Bedeutgˇ immer nur eine Andeutg.
38


 
    
  ? /  
⌊⌊ Man möchte mit dem Gedächtnis & der Assoziation den Mechanismus des Bedeutens erklären.⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Aber wir fühlen, daß es uns nicht auf
eine
die
Erklärung eines Mechanismus ankommen kann. Denn diese Erklärung ist wieder eine Beschreibung von Phänomenen durch die // in der // Sprache. Sie sagt, etwa, : wenn das Wort ‘rot’ gehört wird, springt die Vorstellung rot hervor. (Eine Tafel durch den Druck auf eines Knopfes) Nun, wenn das eintritt, – was weiter? Wir wollen
eben
ˇja
die Erklärung eines Kalküls, nicht eines Mechanismus hören.
⌋⌋ ⌊⌊Und die Erklä⌋⌋rung des Mechanismen stellt sich außerhalb des Kalküls auf. Sie hat mit dem, was uns interessiert, nichts zu tun. Sie ist selbst eine Beschreibung in der Sprache & eine die in den Kalkül, der uns etwa erklärt werden soll, nicht eingreift. Während wir eine Erklärung brauchen, die ein Teil dieses Kalküls ist.
 
  /  
     Wenn ich sage, das Symbol ist das, was diesen Effekt hervorruft, so fragt es sich eben, wie ich von diesem Effekt reden kann, wenn er gar nicht da ist. Und wie ich weiss, dass es der ist, den ich gemeint habe, wenn er eintritt // kommt // .

 
  /  
⌊⌊       “Das was Die Worte Der Ausdruck … was diesen Effect hervorruft” ist sind … ist ja wieder ein Symbol. Und dieser Satz erklärt daher das Wesen des Symbols nicht.⌋⌋

 
  /  
     Es ist darum keine Erklärung, zu sagen: sehr einfach, wir vergleichen die Tatsache mit unserem Erinnerungsbild, – weil vergleichen eine bestimmte Vergleichsmethode voraussetzt, die nicht gegeben ist. die nur wieder beschrieben ist.

 
  /  
     Wie soll er wissen, welche Farbe er zu wählen hat, wenn er das Wort “rot” hört? – Sehr einfach: er soll die Farbe nehmen, deren Bild ihm beim Hören des Wortes einfällt. – Aber wie soll er wissen,
was das ist: “die Farbe, die …
was die “Farbe” ist, “deren Bild
ihm einfällt”? Braucht es dafür ein weiteres Kriterium? u.s.f..
     (Es gibtˇ übrigens auch ein Spiel: die Farbe wählen, die einem beim Wort “rot” einfällt.)

 
  /  
⌊⌊      Man kann aber auch sagen, daß dieser Satz (die Bedeutung des Zeichens ‘rot’ sei die Farbe, die ich mit dem Wort assoziiere)
die
zwa eine
Erklärung einer bestimmten Bedeutung, d.h. eine Definition, ist; aber nicht die Erklärung des Begriffs der Bedeutung “‘rot’ bedeutet die Farbe, die mir beim Hören des Wortes ‘rot’ einfällt” ist eine Definition.
⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Bezieht sich auf das, was Frege, & gelegentlich Ramsey, al vom Wiedererkennen als einer Bedingung des Symbolisierens sagte.
Wie ist denn das Kriterium dessen, daß ich die Farbe rot richtig wiedererkannt habe? Etwaˇ so etwas wie das Erlebnis der Freude beim Wiedererkennen? ⌋⌋

 
  /  
     (Die psychologischen – trivialen – Erörterungen über Erwartung, Assoziation, etc. lassen immer das eigentlich Merkwürdige aus und man merkt ihnen an, dass sie herumreden, ohne den springenden Punkt zu berühren.) ⌊⌊ Und umsomehr, als es nie notwendig ist die Wirkungsweise eines Wortes durch Assoziation & Gedächtnis zu erklären & weil man statt der Vorstellungsbilder immer wirkliche (gemalte) Bilder verwenden könnte. ⌋⌋

 
  /  
     Wenn ich Worte wählen kann, dass sie der Tatsache – in irgend einem Sin-
39
ne – passen, dann muss ich also schon vorher einen Begriff dieses Passens gehabt haben. Und nun fängt das Problem von Neuem an, denn, wie weiss ich, dass dieser Sachverhalt dem Begriff vom ‘Passen’ entspricht.

 
  /  
     Aber warum beschreibe ich dann die Tatsache gerade so? Was liess Dich diese Worte sagen?

 
   
     Und wenn ich nun sagen würde: “alles was geschieht, ist eben, dass ich auf diese Gegenstände sehe und dann diese Worte gebrauche,” so wäre die Antwort: “also besteht das Beschreiben in weiter nichts? und ist es immer eine Beschreibung, wenn Einer …?” Und darauf müsste ich sagen: “Nein. Nur kann ich den Vorgang nicht anders, oder doch nicht mit einer andern Multiplizität beschreiben, als, indem ich sage: ‘ich beschreibe, was ich sehe’; und darum ist keine Erklärung mehr möglich, weil mein Satz bereits die richtige Multiplizität hat.”

 
  /  
     Ich könnte auch so fragen: Warum verlangst Du Erklärungen? Wenn diese gegeben sein werden // würden // , wirst Du ja doch wieder vor einem Ende stehen. Sie nnen Dich nicht weiter führen, als Du jetzt bist. (‘Nähmaschine’)

 
   
     In welchem Sinne sagt man, man kennt die Bedeutung des Wortes A, noch ehe man den Befehl, in dem es vorkommt, befolgt hat? Und inwiefern kann man sagen, man hat die Bedeutung durch die Befolgung des Befehls kennengelernt? Können die beiden Bedeutungen miteinander in Widerspruch stehen?

 
   
     Ich wünscheˇ mir, einen Apfel zu be[j|k]ommen. In welchem Sinne kann ich sagen, dass ich noch vor der Erfüllung des Wunsches die Bedeutung des Wortes “Apfel” kenne? Wie äusser[s|t] sich denn die Kenntnis der Bedeutung? d.h., was versteht man denn unter ihr.
     Offenbar wird das Verständnis des Wortes durch eine Worterklärung gege-
40
ben, welche nicht die Erfüllung des Wunsches ist.

 
  ? /  
⌊⌊ Es ist eine Funktion des Wortes “rot” uns die Farbe in Erinnerung zu rufen & es könnte z.B. gefunden werden, daß sich dazu das Wort “rot” besser eignetˇ als ein anderes (daß seine Bedeutung etwa schwerer vergessenˇ oder verwechselt wird). als Aber wir hätten uns, wie gesagt, statt des Mechanismus der Assoziation ◇◇◇ einer Tabelle (oder dergl.) bedienen können; & nun müßte unser Kalkül eben mit dem assoziierten oder gemalten Bild [Muster] weiterschreiten. Die Zweckmäßigkeit eines Zeichens in jenem Sinne interessiert uns nicht. (Im Gegensatz dazu: Kratylos: “Bei weitem … erste beste”.⌋⌋

 
   
     Die Bedeutung ist eine Festsetzung, nicht Erfahrung. Und damit nicht Kausalität. Was das Zeichen suggeriert, findet man durch Erfahrung. Es ist die Erfahrung, die uns lehrt, welche Zeichen am seltensten missverstanden werden. Das Zeichen, soweit es suggeriert, also soweit es wirkt, interessiert uns nicht. Es interessiert uns nur als Zug in einem Spiel: Glied in einem System, das selbständig ist. // Glied in einem System; das seine Bedeutung in sich selbst hat. // Glied in einem System, das selbstbedeutend ist; das seine Bedeutung in sich selbst hat. //

 
  /  
     Unsere Weise von den Wörtern zu reden, können wir durch das beleuchten, was Sokrates im “Kratylos” sagt. Kratylos: “Bei weitem und ohne Frage ist es vorzüglicher, Sokrates, durch ein Aehnliches darzustellen, was jemand darstellen will, als durch das erste beste.” – Sokrates: “Wohl gesprochen, …”.

  ? / ? /  
[Zu § 14 S 58 oder § 89 S 414]

     Es wäre charakteristisch für eine bestimmte irrige Auffassung, wenn ein Philosoph glaubte, ˇEin Philosoph könnte glauben einen Satz Ich könnte mir denken, daß ein Philosoph glaubte, einen Satz …
in
mit
roter Farbe drucken lassen zu müssen, da ers erst so ganz das ausdrücke, was der Autor sagen will. (Hier hätten wir die magische Auffassung der Zeichen statt der logischen.) ⌊⌊          Aber wäre das wirklich so unsinnig, verwenden wir denn nicht wirklich Sperrdruck? – Ich wollte sagen: die Wirkung eines Satzes auf das Gemüt ist nicht sein Sinn. ⌋⌋
     (Das magische Zeichen würde wirken wie eine Droge, und für sie wäre die kausale Theorie richtig.)




  /  
     Die Untersuchung, ob die Bedeutung eines Zeichens seine Wirkung ist, ist eine grammatische Untersuchung.

  /  
     Ich glaube, auf die kausale Theorie der Bedeutung kann man einfach antworten, dass wir, wenn Einer einen Stoss erhält und umfällt, das Umfallen
41
nicht die Bedeutung des Stosses nennen nennen.

 
   
     Die Verwendung eines Plans einer Landkarte, daß wir uns in irgend einer Weise nach ihm ihr richten, ist eine Uebersetzung in unsere Handlungen. Eine Uebertragung in unsere Handlungen. ⌊⌊Daß wir ihr Bild in unsere Handlungen übertragen.⌋⌋ Es ist klar, dass da kausale Zusammenhänge gesehen werden, aber es/wäre komisch, die als das Wesen eines Planes auszugeben. // aber würde man sagen, sie sind es die den Plan zum Plan machen? // ⌊⌊Es ist klar daß hier kausale Zusammenhänge stattfinden; aber würden wir sagen …?⌋⌋

 
   
     Der Sinn der Sprache ist nicht durch
ihre Wirkung
ihren Zweck
bestimmt. Oder: Was man den Sinn, die Bedeutung, in der Sprache nennt, ist nicht ihre Zweck Wirkung. Damit meinte ich, ursprünglich daß, was wir Sinn eines Satzes nennen & durch eine sprachliche Erklärung erklärt wird, nichts mit dem zu tun hat, was diese Wirkung beabsichtigte Wirkung der Sprache hervorrufen hilft.

 
   
     Es ist wirklich “the meaning of meaning” was wir untersuchen: Nämlich // [o|O]der // die Grammatik des Wortes “Bedeutung”.
42



 
    
  /  
⌊⌊ als Zitat⌋⌋
Zu: S. 29

     Jeder, Beistrich der einen Satz liest und versteht, sieht die Worte // die verschiedenen Wortarten // in verschiedener Weise, obwohl sich ihr Bild und Klang ⌊⌊Jeder, der einen Satz einer ihm geläufigen Sprache liest, nimmt die Worte der verschiedenen Wortarten in anderer Weise auf obwohl sich ihr Bild & Klang …⌋⌋ der Art nach nicht unterscheidet. Wir vergessen ganz, dass ‘nicht’ und ‘Tisch’ und ‘grün’ als Laute oder Schriftbilder betrachtet sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden und sehen es nur klar in einer uns fremden Sprache. (James.) (Bedeutungskörper.)



 
   
⌊⌊ Anderseits sagt man: ich verstehe diese Geste, wie: ich verstehe dieses Thema, es sagt mir etwas & das heißt hier:ˇ ich erlebe es es greift in mich ein. Ich folge ihm mit bestimmtem Erlebnis. ⌋⌋

 
   
     Das “Nicht” macht eine abwehrende // verneinende // Geste.
     Nein, es ist eine abwehrende Geste.
     “Das Verstehen der Verneinung ist dasselbe, wie das Verstehen einer abwehrenden Geste.”

 
   
⌊⌊ Den Kopf schütteln


Verstehen des Wortes “nicht” im Sinne von “wissen wie es gebraucht wird” & dagegen das Verstehen einer Geste, der Eindruck den mir die Geste macht.
⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Wie lernt man eine Geste verstehen, die uns nicht durch Worte erklärt (definiert) wird? ⌋⌋
     Gefragt, was ich mit “und” im Satze “gib mir das Brot und die Butter” meine, würde ich mit einer Gebärde antworten, und diese Gebärde würde die Bedeutung // würde, was ich meine // illustrieren. Wie das grüne Täfelchen “grün” illustriert und wie die W-F-Notation “und”, “nicht”, etc. illustriert.

¥ S. 16/1,2 ⋎
 
   
⌊⌊ [Wo anders besser]⌋⌋
     Die Geste des Wortes “vielleicht” des Wortes “bitte” & “danke” als Erklärung der Bedeutung dieser Wörter.
43



 
    
   
     Zur Grammatik gehört nur das nicht, was die Wahrheit und Falschheit eines Satzes ausmacht. Nur darum kümmert sich die Grammatik nicht. Zu ihr gehören alle Bedingungen des Vergleichs des Satzes mit der Wirklichkeit // mit den Tatsachen // . Das heisst, alle Bedingungen des Verständnisses. (Alle Bedingungen des Sinnes.)

 
   
Die Anwendung der Sprache geht über diese hinaus, aber nicht die Deutung der Schrift- und oder Lautzeichen. Die Deutung vollzieht sich noch im Allgemeinen, als Vorbereitung auf jede Anwendung. ⌊⌊Die Deutung der Schrift & Lautzeichen durch hinweisende Erklärungen gehört nicht in die Anwendung ist nicht Anwendung … der Sprache sondern zu ihrer Grammatik ist ein Teil der Sprachlehre. Die Deutung vollzieht sich … Anwendung.⌋⌋ Sie geht in der Sprachlehre vor sich und nicht im Gebrauch der Sprache.

 
  ∫ /  
     Soweit sich die Bedeutung der Wörter in der in der eingetroffenen Tatsache (Handlung) ˇ Erwartg, in der Befolgung des Befehls zum Vorschein kommt, zeigt, kommt sie (schon) in der Beschreibung der Tatsache zum Vorschein. (Sie wird also ganz in der Sprachlehre bestimmt.)
     (In dem, was sich hat voraussehen lassen; worüber man schon vor dem Eintreffen der Tatsache reden konnte.)


 
  ? /  
⌊⌊ “Das nennt man einen Krautkopf” ist eine hinw. Def., & gehört zur Sprachlehre. “Gib mir diesen Krautkopf” ist ein Satz der Sprache, der die Wortsprache verläßt da er eine Gebärde & ein Objekt ˇverlangt worauf gezeigt wird. erlangt. ⌋⌋

 
   
     Ist nicht der Grund, warum wir Der Grund, warum wir … glauben, mit der hinweisende Erklärung
44
das Gebiet der Sprache, des Zeichensystems, zu verlassen, dass wir dieses Heraustreten aus den Schriftzeichen mit einer Anwendung der Sprache, etwaˇ mit einer Beschreibung dessen, was ich sehe // wir sehen // , verwechseln.

   
[Zu § 13]

     Man könnte fragen wollen: Ist es denn aber ein Zufall, dass ich zur Erklärung vomn Zeichen, also zur Ver[f|v]ollständigung des Zeichensystems aus demn Schrift- oder Lautzeichen heraustreten muss? Trete ich damit nicht eben in das Gebiet, in dem // worin // sich dann das zu Beschreibende // das Beschriebene // absp[e|i]elt? Aber dann ist // erscheint // es seltsam, Aber ist es nicht seltsam, … dass ichˇ dann überhaupt mit dem Schriftzeichen etwas anfangen kann.? – Man
sagt etwa, daß …
fasst es etwa so auf, dass
die Schriftzeichen bloss die Vertreter jener Dinge sind, auf die man zeigt. – Aber wie seltsam, dass so eine Vertretung möglich ist. Und es wäre nun das Wichtigste, zu verstehen, wie denn Schriftzeichen die andern Dinge vertreten können.
     Welche Eigenschaft müssen sie haben, die sie zu dieser [B|V]ertretung befähigt. Denn ich kann nicht sagen: statt Milch trinke ich Wasser und esse statt Brot Holz, indem ich das Wasser die Milch und Holz das Brot vertreten lasse. (Erinnert an Frege.)

 
   
     Ich kann nun freilich doch sagen, dass das Definiendum das Definiens vertr[e|i]tt; und hier steht dieses hinter jenem, wie die Wählerschaft hinter ihrem Vertreter. Und in diesem Sinne kann/man auch sagen, dass das in der hinweisenden Definition erklärte Zeichen den Hinweis vertreten kann, da man ja diesen wirklich in einer Gebärdensprache für jenes setzen könnte. Aber doch handelt es sich hier um eine Vertretung im Sinne einer Definition, denn die Gebärdensprache ˇist // bleibt // eine Sprache.
     Ich möchte sagen: Von einem Befehl in der Gebärdensprache zu seiner Befolgung ist es ebenso weit, wie von diesem Befehl in der Wortsprache.
     Denn auch die hinweisenden Erklärungen müssen ein für allemal gegeben werden.
45
werden.
      D.h., auch sie gehören zu dem Grundstock von Erklärungen, die den Kalkül vorbereiten, und nicht zu seiner Anwendung ad hoc.
46



 
    
  /  
     Der falsche Ton in der Frage, ob es nicht primäre Zeichen (hinweisende Gesten) geben müsse, während unsere Sprache auch ohne die andern, die Worte, aus[l|k]ommen könnte, liegt darin, dass man eine Erklärung der bestehenden Sprache zu erhalten erwartet, statt der
einfachen
blossen
Beschreibung.

 
   
     Nicht die Farbe Rot tritt an Stelle des Wortes “rot”, sondern die Gebärde, die auf einen roten Gegenstand hinweist, oder das rote Täfelchen.

   
⌊⌊ Man kann nun sagen: ein [R|r]otes Täfelchen ist das ein primäres Zeichen für rot, das ein Wortch “rot” ein sekundäres, weil ich ich es die Bedeutung des Wortes
“rot”
“rouge”
erklärt wenn ich auf einˇ rotes Täfelchen zeige etc. dagegen nicht, wenn ich sage “rot” heiße soviel wie “rouge”. Aber ist dies unter allen Umständen so? Muß immer ein roter Gegenstand oder ein rotes Vorstellungsbild gegenwärtig sein, wenn ich das Wort rot verstehen soll? Denke an den Befehl “stelle Dir einen roten Fleck auf blauem Grund vor”.
     Und wie ist es mit anderen Wortarten Bindewörtern Propositionen etc.?
⌋⌋

 
  ? /  
⌊⌊ Nur als Probe des Puzzlements⌋⌋
⌊⌊
     Ist es nicht (für mich) ein Kriterium
meines
des
Verständnisses des Wortes “perhaps” daß ich es ins Wort “vielleicht” übersetzen kann?

Und wenn ein Befehl lautet “stell' Dir einen roten Kreis vor”, muß ich da wirklich das Wort rot zuerst in ein Farbmuster übersetzen ehe ich den Befehl verstehe // befolgen kann // ?
⌋⌋
     Nun sage ich aber: “Es gilt mit Recht als ein Kriterium des Verstehens // Verständnisses // des Wortes “rot”, dass Einer einen roten Gegenstand auf Befehl aus anders gefärbten herausgreifen kann; dagegen ist das richtige Uebersetzen des Wortes “rot” ins Englische oder Französische kein Beweis des Verstehens. Darum ist das rote Täfelchen ein primäres Zeichen für “rot”, dagegen jedes Wort ein sekundäres // abgeleitetes // Zeichen.” ((Aber das zeigt nur, was ich mit dem “Verstehen des Wortes rot” meine. ⌊⌊Wenn [e|E]iner sagte: “es gilt mit Recht als ein Zeichen des Verständnisses … so
könnte
würde
ich antworten: das zeigt nur daß was Du hier mit “verstehen” meinst.
⌋⌋ Und was heisst “es gilt mit Recht …”? Heisst es: Wenn ein Mensch einen roten Gegenstand auf Befehl etc. etc., dann hat er erfahrungsgemäss
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auch das Wort ‘rot’ verstanden. Wie man sagen kann, gewisse Schmerzen gelten mit Recht als Symptom dieser und dieser Krankheit? So ist es natürlich nicht gemeint. Also soll es wohl heissen, dass die Fähigkeit, rote Gegenstände herauszugreifen, der spezifische Test Probe dessen ist, was wir Verständnis des Wortes ‘rot’ nennen. Dann bestimmt diese Angabe also, was wir
mit
unter
diesem Verständnis meinen. Aber dann fragt es sich noch: wenn wir das Uebersetzen ins Englische etc. als Kriterium ansähen, wäre es nicht auch das Kriterium von dem, was wir ein Verständnis des Wortes nennen? Es gibt nun den Fall, in welchem wir sagen: ich weiss nicht, was das Wort ‘rot’ // ‘rouge’ // bedeutet, ich weiss nur, dass es das Gleiche bedeutet, wie das Englische ‘red’. So ist es, wenn ich die beiden Wörter in einem Wörterbuch auf der gleichen Zeile gesehen habe, und dies ist die Verifikation des Satzes und sein Sinn. Wenn ich denn sage “ich weiss nicht, was das Wort ‘rot’ // ‘rouge’ // bedeutet”, so bezieht sich dieser Satz auf eine Möglichkeit der Erklärung die[w|s]er Bedeutung und ich könnte, wenn gefragt “wie stellst Du Dir denn vor, dass Du erfahren könntest, was das Wort bedeutet”, Beispiele solcher Erklärungen geben (die die Bedeutung des Wortes “Bedeutung” beleuchten würden). Diese Beispiele wären dann entweder der Art, dass statt des unverstandenen Worts ein verstandenes – etwa das deutsche – ge[w|s]etzt würde, oder, dass die Erklärung von der Art wäre “diese (hinweisend) Farbe heisst ‘violett’”. Im ersten Falle wäre es für mich ein Kriterium dafür, dass er das Wort ‘rouge’ versteht, : dass er sagt, es entspreche dem deutschen ‘rot’. “Ja”, wird man sagen, “aber nur, weil Du schon weisst, was das deutsche ‘rot’ bedeutet”. – Aber das bezieht sich ja ebenso auf die hinweisende Definition. Das Hinweisen auf das rote Täfelchen ist/auch nur darum // dann // ein Zeichen des Verständnisses, weil // wenn // vorausgesetzt wird, dass er die Bedeutung dieses Zeichens versteht // kennt // , was etwa soviel heisst, als dass er das Zeichen auf bestimmte Weise verwendet. – Es gibt also wohl // allerdings // den
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Fall, wo Einer sagt “ich weiss, dass dieses Wort dasselbe bedeutet, wie jenes, weiss aber nicht, was es bedeutet (sie bedeuten)”. Willst Du den ersten Teil dieses Satzes verstehen, so frage Dich: “wie konnte er es wissen?” – willst Du den zweiten Teil verstehen, so frage: “wie kann er erfahren, was das Wort bedeutet?” –

 
  /  
⌊⌊      Ist denn das ‘primäre Zeichen’ unmißverständlich // unmißdeutbar // ?⌋⌋

 
  /  
⌊⌊      Kann man sagen es müsse eigentlich nicht mehr verstanden werden?⌋⌋

 
   
⌊⌊ Denken wir auch an den Fall, wenn wir sagen: “Ja, wenn das Wort das bedeutet, (bedeuten soll), ist der Satz wahr.” ⌋⌋
 
  ? /  
      Welches ist denn das Kriterium unseres Verständnisses: das Aufzeigen des roten Täfelchens, wenn gefragt wurde “welches von diesen Täfelchen ist rot”, – oder, das Wiederholen der hinweisenden Definition “das ist ‘rot’”? ⌊⌊ Welches ist das Kriterium unseres Verständnisses: das richtige Gebrauchen des Wortes oder das Definieren? Das Auswählen eines roten Gegenstands aus anderen wenn es verlangt wird, oder das hinweisende Erklären des Wortes “rot”.
… : das Wort richtig gebrauchen, oder, seine Definition geben?
Das Auswählen eines … ,
Einen roten Gegenstand … auswählen …,
wenn es verlangt wird, oder, die hinweisende Erklärungˇ des Wortes ‘rot’ geben? ⌋⌋
     Die Lösung be[k|i]der Aufgaben betrachten wir als Zeichen des Verständnisses. Hören wir jemand das Wort ‘rot’ gebrauchen und zweifeln daran, dass er es versteht, so können wir ihn zur Prüfung fragen “welche Farbe
nennst Du
nennen wir
‘rot’”. Anderseits: “wenn wir jemandem die hinweisende Erklärung gegeben hätten “diese Farbe heisst ‘rot’” und nun sehen wollten, ob er
sie
diese Erklärung
richtig verstanden hat, so würden wir nicht von ihm verlangen, dass er sie wiederholt, sondern wir gäben ihm etwa die Aufgabe, aus einer Anzahl von Dingen die roten herauszusuchen. In jedem Fall ist das, was wir “Verständnis” nennen, eben dadurch // durch das // bestimmt, was wir als Probe des Verständnisses ansehen (durch die Aufgaben bestimmt, die wir zur Prüfung des Verständnisses stellen).))

 
  ? ? /  
¥
⋎ S. 35/2, 3

     ⌊⌊ Falsch, aber kein uninteressantes Denken.⌋⌋ Wie ist es, wenn ich eine Bezeichnungsweise festsetze; wenn ich z.B. für den eigenen Gebrauch gewissen Farbtönen Namen geben will. Ich werde das etwa mittels einer Tabelle tun (es kommt immer auf derlei hinaus). Und nun werde ich doch nicht den Namen zur falschen Farbe schreiben (zu der Farbe der ich ihn nicht geben will). Aber warum nicht? Warum soll nicht ‘rot’ gegenüber dem grünen Täfelchen stehen und ‘grün’ gegenüber dem roten, etc.? – Ja, aber dann müssen wir doch wenigstens wissen, dass ‘rot’ nicht das ge-
49
genüberliegende Täfelchen meint. – Aber was heisst es “das wissen”, ausser, dass wir uns etwa neben der geschriebenen Tabelle noch eine andere vorstellen, in der die Ordnung richtiggestellt ist. – “Ja aber dieses Täfelchen ist doch r[p|o]t, und nicht dieses!” – Gewiss; und das ändert sich ja auch nicht, wie immer ich die Täfelchen und Wörter setze; und es wäre natürlich falsch, auf das grüne Täfelchen zu zeigen und zu sagen “dieses ist rot”. Aber das ist auch keine Definition, sondern eine Aussage. – Gut, dann nimmt aber doch unter allen möglichen Anordnungen die gewöhnliche (in der das rote Täfelchen dem Wort ‘rot’ gegenübersteht) einen ganz besonderen Platz ein. – ((Da gibt es jedenfalls zwei verschiedene [D|F]älle: Es kann die Tabelle mit grün gegenüber ‘rot’ etc. so gebraucht werden, wie wir die Tabelle in der gewöhnlichen Anordnung gewöhnlich gebrauchen. Wir würden also etwa
den,
dem,
der sie gebraucht, von dem Wort ‘rot’ nicht auf das gegenüberliegende Täfelchen blicken sehen, sondern auf das rote, das schräg darunter steht (aber wir müssten auch diesen Blick nicht sehen) und finden, dass er dann statt des Wortes ‘rot’ in einen Ausdruck das rote Täfelchen einsetzt. Wir würden dann sagen, die Tabelle sei nur anders angeordnet (nach einem andern räumlichen Schema), aber sie verbinde die Zeichen, wie die gewohnte. – Es könnte aber auch sein, dass der, welcher die Tabelle benützt, von der einen Seite horizontal zur andern blickt und nun in irgend welchen Sätzen das Wort ‘rot’ durch ein grünes Täfelchen ersetzt; aber nicht etwa auf den Befehl “gib mir das rote Buch” ein grünes bringt, sondern ganz richtig das rote (d.h. das, welches auch wir ‘rot’ nennen). Dieser hat nun die Tabelle anders benützt, als der Erste, aber [c|d]och so, dassˇ das Wort ‘rot’ die gleiche Bedeutung für ihn hatte, wie für uns. (Zu einer Tabelle gehört übrigens wesentlich die Tätigkeit des
Aufsuchens
Nachschauens
in der Tabelle.) Es ist nun offenbar der zweite Fall,
der
welcher
uns interessiert und die Frage ist: kann ein grünes Täfelchen als Muster der roten Farbe dienen? Und da ist es klar, dass dies (in einem Sinn) nicht möglich
50
ist. Ich kann mir eine Abmachung denken, wonach Einer, dem ich eine grüne Tafel zeige und sage, male mir diese Farbe, mir ein Rot malt; wenn ich dasselbe sage und zeige ihm blau, so hat er gelb zu malen u.s.w., immer die komplementäre Farbe; und daher kann ich mir auch denken, dass Einer meinen Befehl auch ohne eine vorhergehende Abmachung so deutet. Ich kann mir ferner denken, dass die Abmachung gelautet hätte “auf den Befehl ‘male mir diese Farbe’, male immer eine gelblichere, als ich Dir zeige”; und wieder kann ich mir die Deutung auch ohne Verabredung denken. Aber kann man sagen, dass einer ein rotes Täfelchen genau kopiert, indem er einen bestimmten Ton von grün (oder ein anderes Rot alsd das des Täfelchens) malt und zwar so, wie er eine gezeichnete Figur, nach verschiedenen Projektionsmethoden, verschieden und genau kopieren kann? – Ist also hier der Vergleich zwischen Farben und Gestalten richtig, und kann ein grünes Täfelchen einerseits als der Name einer bestimmten Schattierung von rot stehen und anderseits als ein Muster dieses Tones? wie ein Kreis als der Name einer bestimmten Elipse verwendet werden kann, aber auch als ihr Muster. – Kann man also dort wie hier von verschiedenen Projektionsmethoden sprechen, oder gibt es für das Kopieren einer Farbe nur eine solche: das Malen der gleichen Farbe? Wir meinen diese Frage so, dass sie nicht dadurch verneint wird, dass uns die Möglichkeit gezeigt wird, mittels eines be[w|s]timmten Farbenkreises und der Festsetzung eines Winkels von einem Farbton auf irgend einen andern überzugehn. Das, glaube ich, zeigt nun, in wiefern das rote Täfelchen gegenüber dem Wort ‘rot’ in einem andern Fall ist, als das grüne. Uebrigens bezieht sich, was wir hier für die Farben gesagt haben, auch auf die Formen von Figuren, wenn das Kopieren ein Kopieren nach dem Augenmass und nicht eines mittels Messinstrumenten ist. – Denken wir uns nun aber doch einen Menschen, der vorgäbe “er könne die Schattierungen von Rot in Grün kopieren” und auch wirklich beim Anblick des roten Täfelchens mit allen (äusseren) Zeichen des genauen Kopierens einen grünen Ton mischte und so fort bei allen ihm gezeig-
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ten roten Tönen. Der wäre für uns auf derselben Stufe, wie Einer, der Diesem Dem gegenüber wären wir in der gleichen Lage, wie einem, der … der auf die gleiche Weise (auch durch genaues Hinhorchen) Farben nach Violintönen mischte. Wir würden in dem Fall sagen: “Ich weiss nicht, wie er es macht”; aber nicht in dem Sinne, als verstünden wir nicht die verborgenen Vorgänge in seinem Gehirn oder seinen Muskeln, sondern, wir verstehen nicht, was es heisst “dieser Farbton sei eine Kopie dieses Violintones”. Es sei denn, dass damit nur gemeint ist, dass ein bestimmter Mensch erfahrungsgemäss einen bestimmten Farbton mit einem bestimmten Klag a Klang assoziiert (ihn zu sehen behauptet, malt, etc.). ⌊⌊ Anderseits wäre ich vielleicht befriedigt, wenn man mir sagte, der Mann kopiere insofern, als er einen
tiefern Violinton
dunkleren Ton
dunkler male & die sieben Töne der Oktav in den “sieben Farben des Regenbogens”.
⌋⌋ Der Unterschied zwischen dieser Assoziation und dem Kopieren, auch wenn ich selbst beide Verfahren kenne, besteht darin // zeigt sich darin // , dass es für die assoziierte Gestalt keinen Sinn hat, von Projektionsmethoden zu reden, und dass ich von dem assoziierten Farbton sagen kann “jetzt fällt mir bei dieser Farbe (oder diesem Klang) diese Farbe ein, vor 5 Minuten war es eine andere”. etc.. Wir könnten auch niemandem sagen “Du hast nicht richtig assoziiert”, wohl aber “Du hast nicht richtig kopiert”. Und die Kopie einer Farbe – wie ich das Wort gebrauche – ist nur eine; und es hat keinen Sinn, (hier) von verschiedenen Projektionsmethoden zu reden.))

 
   
⌊⌊ Besser auslassen!⌋⌋
[Zu: Begriff der Mischfarbe] S. 473 § 100]

     Es ist die Frage: Wenn sich die Regel, das Muster stehe für die Komplementärfarbe, ihrem Wesen nach nur auf die Farben (oder Wörter) blau, rot, grün, gelb bezieht, ist sie dann nicht identisch mit der, welche das grüne Zeichen als Wort für “rot”, und umgekehrt, etc. festsetzt? Denn eine Regel // Allgemeinheit // , die ihrem logischen Wesen nach einem logischen Produkt äquivalent ist, ist nichts anderes, als dieses logische Produkt. (Denn man kann nicht sagen: hier ist das grüne Zeichen; nun hole mir ein Ding von der komplementären Farbe, welche immer das sein mag. D.h., “die komplementäre Farbe von rot” ist keine Beschreibung von grün; wie “das Produkt von 2 und 2” keine Beschreibung von 4.) Die Bestimmung, die Komplemen-
52
tärfarbe zu nehmen, als Bedeutung des Täfelchens zu nehmen, ist dann wie ein Querstrich in einer Tabelle; ein Querstrich in der Grammatik der Farben gezogen. Es ist klar, dass ich mit Hilfe einer solchen Regel eine Tabelle herstellen // konstruieren // kann, ohne noch aus der Grammatik herauszutreten, also
vor
von
jeder Anwendung der Sprache. Anders wäre es, wenn die Regel (R) hiesse: das Täfelchen bedeutet immer einen etwas dunkleren Farbton, als sein eigener // der seine // ist. Man muss nur wieder auf den verschiedenen Sinn der Farb- und der Gestaltprojektion achten (und bei der letzteren wieder auf den Unterschied der Abbildung nach visuellen Kriterien
und
von
der Uebertragung mit Messinstrumenten). Das kopieren nach der Regel R ist ‘kopieren’ in einem andern Sinne als dem, in welchem das Hervorbringen des gleichen Farbtons so genannt wird. Es handelt sich also nicht um zwei Projektionsmethoden, vergleichbar etwa der Parallel- und der Zentralprojektion, durch die ich eine geometrische Figur mit Zirkel und Lineal in eine andere projizieren kann. (Die Metrik der Farbtöne.)
     Wenn ich das berücksichtige, so kann ich also in dem veränderten Sinn des Wortes “Muster” (der dem veränderten Sinn des Worts “kopieren” entspricht), das hellere Täfelchen zum Muster des dunkleren Gegenstandes nehmen.



 
  ? /  
⌊⌊ Als Erwägung nicht uninteressant.⌋⌋
     Könnten wir nicht zur hinweisenden Erklärung von ‘rot’ ebensowohl auf ein grünes, wie auf ein rotes Täfelchen zeigen? denn, wenn diese Definition nur ein Zeichen statt des andern setzt, so sollte dies doch aufs gleiche hinauslaufen // keinen Unterschied machen // . – Wenn die Erklärung nur ein Wort für ein andres setzt, ist es auch gleichgültig // so macht esa auch keinen // . Bringt aber die Erklärung das Wort mit einem Muster in Zusammenhang, so ist es nun nicht unwesentlich, mit welchem Täfelchen das Zeichen verbunden wird (denke auch wieder daran, dass eine Farbe der andern nicht
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im gleichen Sinn zum Muster dienen kann, wie ihr selbst). “Aber dann gibt es also willkürliche Zeichen und solche, die nicht willkürlich sind!” – Aber denken wir nur an die Verständigung durch Landkarten, Zeichnungen, und Sätze anderseits: die Sätze sind so wenig willkürlich, wie die Zeichnungen,. Aber die Worte sind willkürlich. (Vergleiche die Abbildung / = o, – = x.) Wird denn aber ein Wort eigentlich als Wort gebraucht, wenn ich es nur in Verbindung mit einer Tabelle gebrauche, die den Uebergang zu Mustern macht? Ist es also nicht falsch, zu sagen, ein Satz sei ein Bild, wenn ich doch nur ein Bild nach ihm und der Tabelle zusammenstelle? Aber so ist also doch der Satz und die Tabelle zusammen ein Bild. Also zwar nicht adbcb allein, aber dieses Zeichen zusammen mit
a
b
c
d
!
!
!
!

     Aber es ist offenbar, dass auch adbcb ein Bild von ↑→ genannt werden kann. Ja aber, ist nicht doch das Zeichen adbcb ein willkürlicheres Bild von als dieses Zeichen von der Ausführung der Bewegung? Etwas ist auch an dieser Uebertragung willkürlich (die Projektionsmethode) und wie sollte ich bestimmen, was willkürlicher ist.
     Ich vergleiche also die Festsetzung der Wortbedeutung durch die hinweisende Definition, der Festsetzung einer Projektionsmethode zur Abbildung räumlicher Gebilde. Dies istˇ aber
allerdings
freilich
nicht mehr,
wie
als
ein Vergleich. Ein ganz guter Vergleich, aber er enthebt uns nicht der Untersuchung des Funktionierens der Worte, ﹖– getrennt von dem Fall der räumlichen Projektion –﹖. Wir können allerdings sagen – d.h. es entspr[o|i]cht ganz dem Sprachgebrauch –, dass wir uns durch Zeichen verständigen, ob wir Wörter oder Muster gebrauchen; aber das Muster ist kein Wort, und das Spiel, sich nach Worten zu richten, ein anderes als das, sich nach Mustern (zu) richten. (Wörters sind der Sprache nicht wesentlich.) Kann man aber vielleicht sagen, dass Muster ihr wesentlich wä-
54
ren? (Muster sind der Benützung // dem Gebrauch // von Mustern wesentlich, Worte, der Benützung // dem Gebrauch // von Worten.)

 
   
     ﹖– Vergiss hier auch nicht, dass die Wortsprache nur eine unter vielen möglichen Sprachen ist –﹖ und es Uebergänge von ihr in die andern gibt. Untersuche die Landkarte
auf das
darauf
hin, was in ihr dem Ausdruck der Wortsprache entspricht.

 
  /  
     ‘Primär’ müsste eigentlich heissen: unmissverständlich.

 
  /  
     Es klingt wie eine lächerliche Selbstverständlichkeit, wenn ich sage, dass der, welcher glaubt die Gebärden // Gesten // seien die primären Zeichen, die allen andern zu Grunde liegen, ausser Stande wäre, den gewöhnlichsten Satz durch Gebärden zu ersetzen.

   
     Regeln der Grammatik, die eine “Verbindung zwischen Sprache und Wirklichkeit” herstellen, und solche, die es nicht tun. Von der ersten Art etwa: “diese Farbe nenne ich ‘rot’”, – von der zweiten: “non-non-p = p”. Aber über diesen Unterschied besteht ein Irrtum: der Unterschied scheint prinzipieller Art zu sein; und die Sprache wesentlich etwas, dem eine Struktur gegeben, und
das
was
dann der Wirklichkeit aufgepasst wird.

   
     “Ich will nicht verlangen, dass in der erklärenden Tabelle das rote Täfelchen, horizontal gegenüber dem Wort ‘rot’ stehen soll, aber irgend ein Gesetz des Lesens der Tabelle muss es doch geben. Denn sonst verliert ja die Tabelle ihren Sinn”. Ist es aber gesetzlos, wenn die Tabelle so aufgefasst wird, wie die Pfeile andeuten? “Aber muss dann nicht eben das Schema der Pfeile vorher gegeben werden?” Nur, sofern auch das Schema



früher gegeben wird.
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  ? /  
     ““Wird da aber dann nicht wenigstens eine gewisse Regelmässigkeit im Gebrauch gefordert?! Würde es angehen, wenn wir einmal eine Tabelle nach diesem, einmal nach jenem Schema zu gebrauchen hätten? Wie soll man denn wissen, wie man diese Tabelle zu gebrauchen hat?”” – Ja, wie weiss man es denn heute? Die Zeichenerklärungen haben doch irgend einmal // irgendwo // ein Ende.

 
  ü ? /  
     Nun gebe ich aber natürlich zu, dass ich, ohne vorhergehende Abmachung einer Chiffre, ein Missverständnis hervorrufen würde, wenn ich, auf den Punkt A zeigend, sagte, dieser Punkt heisst [|]B’. Wie ich ja auch, wenn ich jemandem den Weg weisen will, mit dem Finger in der Richtung weise, in der er gehen soll, und nicht in der entgegengesetzten. Aber auch ﹖– diese Art des Zeigens –﹖ könnte richtig verstanden w[a|e]rden, und zwar ohne dass dieses Verständnis das gegebene Zeichen durch ein weiteres ergänzte. Es liegt in der menschlichen Natur, das Zeigen mit dem Finger so zu verstehen. Und so ist die menschliche Gebärdensprache primär in einem psychologischen Sinne.

 
  ? /  
     Ist das Zeigen mit dem Finger unserer Sprache wesentlich? Es ist gewiss ein merkwürdiger Zug unserer Sprache, dass wir Wörter hinweisend erklären: das ist ein Baum, das ist ein Pferd, das ist grün, etc.. (Ueberall auf der Erde // bei den Menschen // finden sich Brettspiele, die mit kleinen Klötzchen auf Feldern gespielt werden. Ueberall auf der Erde findet sich eine Schrift // eine Zeichensprache // , die aus geschriebenen Zeichen auf einer Fläche besteht.)

 
   
      Ich bestimme die Bedeutung eines Worts, indem ich es als Name eines Gegenstandes erkläre, und auch, indem ich es als gleichbedeutend mit einem andern Wort erkläre. Aber habe ich denn nicht gesagt, man könne ein Zeichen nur durch ein anderes Zeichen erklären? Und das ist gewiss so, sofern ja die
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hinweisende Erklärung “das(Pfeil) ist N” ein Zeichen ist. Aber ferner bildet hier auch der Träger von “N”, auf den gezeigt wird, einen Teil des Zeichens. Denn:
/dieser(Pfeil) hat es getan/ = /N hat es getan/.
Dann heisst aber ‘N’ der Name von diesem Menschen, nicht vom Zeichen “dieser(Pfeil)”, von dem ein Teil auch dieser Mensch ist. Und zwar spielt der Träger in dem Zeichen eine ganz besondere Rolle, verschieden von der eines andern Teiles eines Zeichens. (Eine Rolle, nicht ganz ungleich der des Musters.)


 
   
     Die hinweisende Erklärung eines Namens ist nicht nur äusserlich verschieden von einer Definition wie “1 + 1 = 2”, indem etwa das eine Zeichen
in
aus
einer Geste meiner Hand, statt in einem Laut- oder Schriftzeichen besteht, sondern sie unterscheidet sich von dieser logisch; wie die Definition, die das Wort dem Muster beigesellt, von der eines Wortes durch ein Wort. Es wird von ihr in andrer Weise Gebrauch gemacht.
     Wenn ich also einen Namen hinweisend definiere und einen zweiten durch ihn // den ersten // , so steht dieser zu jenem in anderem Verhältnis // ist dieser zu jenem in anderer Beziehung // , als zum Zeichen, das in der hinweisenden Definition gegeben würde. D.h., dieses letztere ist seinem Gebrauch nach wesentlich von dem Namen verschieden und daher die Verbaldefinition und die hinweisende Definition, ‘Definitionen’ im verschiedenen Sinne des Worts.

 
  ? /  
     Ich kann von primären und sekundären Zeichen sprechen – in einem bestimmten Spiel, einer bestimmten Sprache. – Im Musterkatalog kann ich die Muster die primären Zeichen und die Nummern die sekundären nennen. Was soll man aber in einem Fall, wie dem der gesprochenen und geschriebenen Buchstaben sagen? Welches sind hier die primären, welches die sekundären Zeichen?
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     Der Begriff vom sekundären Zeichen ist doch dieser: Sekundär ist ein Zeichen dann, wenn, um mich nach ihm zu richten, ich eine Tabelle brauche, die es mit einem andern (primären) Zeichen verbindet, über welches ich mich erst nach dem sekundären richten kann.
     ⌊⌊ “Primär, das Zeichen, welches allein genügt hätte wenn es nicht zu unbequem wäre es immer mitzuführen”.⌋⌋

     Die Tabelle garantiert mir die Gleichheit aller Uebergänge nicht, denn sie zwingt mich ja nicht, sie immerg gleich zu gebrauchen. Sie ist da wie ein Feld, durch das Wege führen, aber ich kann ja auch querfeldein gehen.
     Ich mache den Uebergang in der Tabelle bei jeder Anwendung von Neuem. Er ist nicht, quasi, ein für allemal in der Tabelle gemacht. (Die Tabelle verleitet mich höchstens, ihn zu machen.) ⌊⌊
     Wie ist es aber, wo keine Tabelle gebraucht wird wieˇ z.B. im Fall der gesprochenen & geschriebenen Buchstaben?
     Das [l|L]autes Lesen & anderseits Abschreiben eines geschriebenen Satzes. ⌋⌋

 
  /  
     Welcher Art ist denn meine Aussage über die Tabelle: dass sie mich nicht zwingt, sie so und so zu gebrauchen? Und: dass die Anwendung durch die Regel (oder die Tabelle) nicht anticipiert wird[.| ?] Wohl von derselben Art wie die Bemerkung, daß die Zeichenerklärungen doch einmal ein Ende haben. Und das ist ähnlich, wie wenn man sagt: “Was nützt Dir die Annahme eines Schöpfers, sie schiebt doch das Problem nur hinaus.” Diese Bemerkung hebt einen Aspekt meiner Erklärung hervor, den ich vielleicht früher nicht gesehen hatte. Man könnte auch sagen: “Sieh Deine
Theorie
Erklärung
doch so an! – bist Du jetzt noch immer von ihr befriedigt?”
58



 
    
  ? /  
⌊⌊ Wir fragen:
Wie gebrauchst Du das Wort, was machst Du damit, – das wird mich lehren, wie Du es verstehst.
⌋⌋

 
  ? /  
     Die Grammatik,ˇ – möchte ich könnte man sagen – das sind die Geschäftsbücher der Sprache; aus denen alles zu ersehen sein muss, was nicht vage Gefühle betrifft, sondern wesentliche Fakten. // Die Grammatik ist das Gesch[f|ä]ftsbuch der Sprache; woraus alles zu ersehen sein muss, was nicht Gefühle betrifft, sondern Tatsachen. // ⌊⌊… aus denen alles über
unsere
die
Transaktionen zu ersehen sein muß
⌋⌋

 
   
      ⌊⌊ Man könnte in gewissem Sinne sagen, daß es uns auf Nuancen nicht ankommt. ⌋⌋

 
  ? /  
Ich will also eigentlich sagen: es gibt nicht Grammatik und Interpretation der Zeichen. Sondern, soweit von einer Interpretation, also von einer
Deutung
Erklärung
der Zeichen, die Rede sein kann, soweit muss sie die Grammatik selbst besorgen.
     Denn ich brauchte nur zu fragen: Soll die Interpretation durch Sätze erfolgen? Und in welchem Verhältnis sollen diese Sätze zu der Sprache stehen, die sie schaffen?
Ist besonders wichtig Gilt besonders für
sogenannte
die
‘Deutungen’ mathematischer Theoreme


 
  ∫ ¿  
[Zu den Bemerkungen über die Mengenlehre]

     Wenn ich sage, dass ein Satz, der Mengenlehre etwa, in Ordnung ist, aber eine neue Interpretation erhalten muss, so heisst das nur, dass dieser Teil der Mengenlehre bleibt in sich unangetastet, muss aber in eine andere grammatische Umgebung gerückt werden.
59





 
    
    
  ? /  
      Was ist ein Satz? Wovon unterscheide ich denn einen Satz? Oder, wovon will ich ihn denn unterscheiden? Von Satzteilen in seinem grammatischen System (wie die Gleichung vom Gleichheitszeichen), oder von alle[n|m], was wir nicht Satz nennen, also diesem Sessel, meiner Uhr, etc. etc.? Denn, dass es Schrift- oder Lautbilder gibt, die Sätzen besonders ähnlich sind, braucht uns eigentlich nicht zu kümmern.

 
   
     Oder wir müssen sagen: Vom Satzbegriff // Satz // kann nur in einem // innerhalb eines // grammatischen Systems gesprochen werden. // … kann nur in der Erklärung eines grammatischen Systems die Rede sein. //

 
  ? /  
     Es geht mit dem Wort “Satz” wie mit dem Wort “Gegenstand” und andern: Nur auf eine beschränkte Sphäre angewandt sind sie zulässig und dort sind sie natürlich. Soll die Sphäre ausgedehnt werden, damit der Begriff ein philosophischer wird, so verflüchtigt sich die Bedeutung der Worte und es sind leere Schatten. Wir müssen sie dort aufgeben und wieder in den Grenzen benützen.

 
   
     Nun möchte man aber sagen: “Satz ist alles, womit ich etwas meine”. Und
61
gefragt “was heisst das, ‘etwas’ meinen”,
würde
müsste
ich Beispiele anführen. Nun haben diese Beispiele zwar ihren Bereich, auf den sie ausgedehnt werden können, aber weiter führen sie mich doch nicht. Wie ich ja in der Logik nicht ins Blaue verallgemeinern kann. Hier handelt es sich aber nicht um Typen, sondern darum, dass die Verallgemeinerung selbst etwas bestimmtes ist; nämlich ein Zeichen mit vorausbestimmten grammatischen Regeln. D.h., dass die Unbestimmtheit der Allgemeinheit keine logische Unbestimmtheit ist. So als hätten wir nun nicht nur Freiheit im logischen Raum, sondern auch Freiheit, diesen Raum zu erweitern, oder zu verändern.
     Also nicht nur Bewegungsfreiheit, sondern eine Unbestimmtheit der Geometrie.

  / ∫  
     Ueber sich selbst führt uns kein Zeichen hinaus; und auch kein Argument.

  ? /  
     (Wenn wir sagen, Satz ist jedes Zeichen, womit wir etwas meinen, so könnte man fragen: was meinen wir und wann meinen wir es? Während wir das Zeichen geben? u.s.w., u.s.w..)

 
  ? / ¿  
     Wenn ich frage “was ist die allgemeine Form des Satzes”, so kann die Gegenfrage lauten: “haben wir denn einen allgemeinen Begriff vom Satz, den wir
nur
nun
exakt fassen wollen?” – So wie: Haben wir einen allgemeinen Begriff von der Wirklichkeit?



  ? /  
     Die Frage kann auch lauten: Was geschieht, wenn ein neuer Satz in die Sprache aufgenommen wird: Was ist das Kriterium dafür, dass er ein Satz ist? oder, wenn das Aufnehmen in die Sprache ihn zum Satz stempelt, worin besteht diese Aufnahme? Oder: was ist Sprache?
  ? /  
      Da scheint es nun offenbar, dass man das Zeichengeben von anderen Tätigkeiten unterscheidet. Ein Mensch schläft, isst,
62
trinkt, gibt Zeichen (bedient sich einer Sprache).

 
  ? /  
     Was ist ein Satz? Wodurch ist dieser Begriff bestimmt? – Wie wird dieses Wort (“Satz”) in der nicht-philosophischen Sprache gebraucht? Satz, im Gegensatz wozu?

 
    
     Ich kenne einen Satz, wenn ich ihn sehe.

  /  
     Diese Frage ist fundamental: Wie, wenn wir eine neue Erfahrung machen, etwa einen neuen Geschmack oder einen neuen Hautreiz kennen lernen: woher weiss ich, dass, was diese Erfahrung beschreibt, beschreiben wird, ein Satz ist sein wird? Oder, warum soll ich das einen Satz nennen?
Nun,
Wohl
mit demselben Recht, womit // mit
dem
welchem
// ich
vom Beschreiben oder von
von
einer neuen Erfahrung gesprochen habe. Denn Erfahrung und Satz sind äquivalent. Aber warum habe ich das Wort Erfahrung gebraucht, im Gegensatz wozu?
     Wie kann ich überhaupt von einem neuen “Geschmackeiner möglichen neuen Sinneserfahrg. reden? Ich kann ihn mir ja nicht vorstellen! – ˇAntwort: Wie wird so ein Ausdruck gebraucht?

  / ?  
     Habe ich denn, was geschehen ist, schon bis zu einem Grade damit charakterisiert, dass ich sagte, es sei eine Erfahrung? Doch offenbar gar nicht. Aber es scheint doch, als hätte ich es schon getan, als hätte ich davon schon etwas ausgesagt: “dass es eine Erfahrung ist”. In diesem falschen Schein liegt unser ganzes Problem. Denn, was vom Prädikat “Erfahrung” gilt, gilt vom Prädikat “Satz”.

   
     Das Wort “Satz” und das Wort “Erfahrung” haben schon eine bestimmte Grammatik.

 
   
     Das heisst, ihre Grammatik muss im Vorhinein bestimmt sein und hängt nicht von irgend einem künftigen Ereignis ab.

 
   
     Hier ist auch der Unsinn in der “experimentellen Theorie der Bedeutung”
63
ausgesprochen. Denn die Bedeutung ist in der Grammatik festgelegt.

 
   
     Wie verhält sich die Grammatik des Wortes “Satz” zur Grammatik der Sätze?

 
   
     “Satz” ist offenbar die Ueberschrift der Grammatik der Sätze. In einem Sinne aber auch die Ueberschrift der Grammatik überhaupt, also äquivalent den Worten “Grammatik” und “Sprache”.

 
  /  
     Das ist auch, was damit gemeint ist, dass es in der Welt zwar Ueberraschungen gibt, aber nicht in der Grammatik. ¥

  ? /  
     Es scheint unsere Frage noch zu erschweren, dass auch die Worte “Welt” und “Wirklichkeit” Aequivalente des Wortes “Satz” sind.

 
   
     Aber es ist doch lächerlich, die Welt, oder/die Wirklichkeit, abgrenzen zu wollen. Wem soll man sie denn entgegenstellen. Und so ist es mit der Bedeutung des Wortes “Tatsache”.
     Aber man gebraucht ja diese Wörter auch nicht als Begriffswörter.


 
  /  
     Etwas ist ein Satz nur in einer Sprache. [Zu S. 93]



  ? /  
⌊⌊ F.u.i. ⌋⌋
     Wenn ich nun sage: aber die Sprache kann sich doch ausdehnen, so ist die Antwort: Gewiss, aber wenn dieses Wort “ausdehnen” hier einen Sinn hat, so muss ich jetzt schon wissen, was ich damit meine, muss angeben können, wie ich mir so eine Ausdehnung vorstelle. Und was ich jetzt nicht denken kann, das kann ich jetzt auch nicht ausdrücken, und auch nicht andeuten. ⌊⌊ Bezieht sich auf die Kontroverse über die Möglichkeit einer neuen Sinneswahrnehmung & über ungelöste Probleme in der Mathematik ⌋⌋

 
  ? /  
     Und das Wort “jetzt” bedeutet hier: “in
dieser Grammatik”
diesem Kalkül”
, oder: “wenn die Worte mit diesen grammatischen Regeln gebraucht werden”.
64
 
  / /  
[Zu S. 79]

     Hier haben wir dieses bohrende Problem: wie es möglich ist, an die Existenz von Dingen auch nur zu denken, w[d|e]nn wir immer nur Vorstellungen – ihre Abbilder – sehen. // : wie es denn möglich ist, auch nur auf den Gedanken zu kommen! // Wie konnte ich nur auf den Ged. kommen” heißt hier: “was bedeutet denn der Gedanke, inwiefern ist er denn ein Ged. da ihm doch nichts entspricht? ⌊⌊
     Als wäre der Gedanke ein Zauber. Was meinen wir denn mit der Existenz von Dingen, d.h. welche Anwendung hat denn dieser Begriff. Ein Gedanke ist ja bloß ein Ausdruck & hinter dem kann kein Zauber stecken // sein // . Was dieser Ausdruck leistet muß sich an seiner Anwendung zeigen.
⌋⌋

  /  
[Zu S. 79]

     Hierher gehört die alte Frage: “wie bin ich dann aber überhaupt zu diesem Begriff gekommen” (etwa zu dem der ausser mir liegenden Gegenstände). (Es ist ein Glück, [d|e]ine solche Frage aus der Entfernung als alte Gedankenbewegung betrachten zu können; ohne in ihr verstrickt zu sein.) Zu dieser Frage ist ganz richtig der Nachsatz zu denken: “ich konnte doch nicht mein eigenes Denken transcendieren”, “ich konnte doch nicht sinnvoll das transcendieren, was für mich Sinn hat”. Es ist das Gefühl, dass ich nicht auf Schleichwegen (hinterrücks) dahin kommen kann, etwas zu denken, was zu denken mir eigentlich verwehrt ist. Dass es hier keine Schleichwege gibt, auf denen ich weiter kommen könnte, als auf dem direkten Weg. Es gibt in der Grammatik nicht direktes & indirektes Wissen.5

    
     Wir haben es natürlich wieder mit einer falschen Analogie zu tun: Es hat guten Sinn zu sagen “ich weiss, dass er in diesem Zimmer ist, weil ich ihn höre, wenn ich auch nicht hineingehen und ihn sehen kann”.

   
     “Satz” ist so allgemein wie z.B. auch “Ereignis”. Wie kann man “ein Ereignis” von dem abgrenzen, was kein Ereignis ist?
     Ebenso allgemein ist aber auch “Experiment”, das vielleicht auf den ersten Blick spezieller zu sein scheint.


 
  /  
     “Da geschah ein Ereignis …”: das heisst nicht “ein Ereignis” im Gegensatz zu etwas Anderem.

 
   
     Rechtmässiger Gebrauch des Wortes ‘Sprache’: Es bedeutet entweder die Erfahrungstatsache, dass Menschen reden (auf gleicher Stufe mit der, dass
65
Hunde bellen), oder es bedeutet: festgesetztes System der Verständigung // festgesetztes System von Wörtern und grammatischen Regeln // in den Ausdrücken “die englische Sprache”, “deutsche Sprache”, “Sprache der Neger” etc.. ‘Sprache’ als logischer Begriff könnte nur mit ‘Satz’ äquivalent, und dann
die
eine
Ueberschrift eines Teiles der Grammatik sein.


 
  ? /  
     Könnten wir etwas ‘Sprache’ nennen, was nicht wirklich angewandt würde? Könnte man von Sprache reden, wenn nie eine gesprochen worden wäre? (Ist denn Sprache ein Begriff, wie ‘Centaur’ // vergleichbar mit dem Begriff ‘Centaur’ // , der besteht, auch wenn es nie ein solches Wesen gegeben hat?)
     (Vergleiche damit ein Spiel, das nie gespielt wurde, eine Regel, nach der nie gehandelt wurde.)

 
  ? /  
     Was tut der, der eine neue Sprache konstruiert (erfindet)? nach welchem Prinzip geht er vor? Denn dieses Prinzip ist der Begriff ‘Sprache’.

   
     Eine Sprache erfinden, heisst, eine Sprache konstruieren. Ihre Regeln aufstellen. Ihre Grammatik verfassen.

 
  ? /  
     
Verändert
Erweitert
jede erfundene Sprache den Begriff der Sprache?

  ? /  
⌊⌊ Überlege, welches Verhältnis sie zum früheren Begriff hat. Denke einerseits an an das Verhältnis der komplexen Zahlen zumˇ älteren Zahlbegriff; anderseits an das Verhältnis einer neu aufgeschriebenen Multiplikation von Kardinalzahlen die zum ersten Mal hingeschrieben wird zumˇ allgemeinen Begriff
der
dieser
Multiplikation von Kardinalzahlen. // anderseits an den Fall, wenn zum ersten Mal gewisse (etwa sehr große) Kardinalzahlen angeschrieben & miteinander multipliziert werden & an das Verhältnis dieser neuen Multiplikation zu dem allgemeinen Begriff … //
⌋⌋

 
    
     Was für das Wort “Sprache” gilt, muss auch für den Ausdruck “System von Regeln” gelten. Also auch für das Wort “Kalkül”.

   
     Wie bin ich denn zum Begriff ‘Sprache’ gekommen? Doch nur durch die Sprachen, die ich gelernt habe.
     Aber die haben mich in gewissem Sinne über sich hinausgeführt, denn ich wäre jetzt im Stande, eine neue Sprache zu konstruieren, z.B. Wörter zu
66
erfinden. Also gehört diese Methode der Konstruktion noch zum Begriff der Sprache. Aber nur, wenn ich ihn so festlege. Immer wieder hat mein “u.s.w.” eine Grenze.

   
     Der Begriff: sich einander etwas mitteilen. Wenn ich z.B. sage: ‘Sprache’ werde ich jedes System von Zeichen nennen, das Menschen untereinander vereinbaren, um sich miteinander zu verständigen, so könnte man hier schon fragen: Und was schliesst Du unter dem Begriff ‘Zeichen’ ein?

 
   
     Was nenne ich “Handlung”, was “Sinneswahrnehmung”?

 
  /  
     Die Worte “Welt”, “Erfahrung”, “Sprache”, “Satz”, “Kalkül”, “Mathematik” können alle nur für triviale Abgrenzungen stehen, wie “essen”, “ruhen”, etc..

 
  ? /  
     Denn, wenn auch ein solches Wort der Titel unserer Grammatik wäre – etwa das Wort “Grammatik” – so hätte doch dieser Titel nur dieses Buch von andern Büchern zu unterscheiden.

 
   
     Allgemeine Ausführungen über die Welt und die Sprache gibt es nicht.

 
   
     Aber warum zerbreche ich mir über den Begriff ‘Sprache’ den Kopf, statt Sprache zu gebrauchen?!
     Dieses Kopfzerbrechen ist nur dann berechtigt, wenn wir einen allgemeinen Begriff haben.


 
    
     Ich finde bei Plato auf eine Frage wie “was ist Erkenntnis” nicht die vorläufige Antwort: Sehen wir einmal nach, wie dieses Wort gebraucht wird. Sokrates weist es immer zurück, von Erkenntnissen statt von der Erkenntnis zu reden.
67
  ? /  
     Aber wenn so der allgemeine Begriff der Sprache sozusagen zerfliesst, zerfliesst da nicht auch die Philosophie? Nein, denn ihre Aufgabe ist es nicht, eine
ideale
neue
Sprache zu schaffen, sondern die zu reinigen, die vorhanden ist. ⌊⌊… denn ihre Aufgabe ist es nicht etwas Neues an Stelle der unserer Sprache zu setzen sondern
bestimmte
einzelne
Mißverständnisse in unserer Sprache
zu beseitigen
aufzuklären
.
⌋⌋

  ? /  
     Der, welcher darauf aufmerksam macht, dass ein Wort in zwei verschiedenen Bedeutungen gebraucht wurde, oder dass bei dem Gebrauch
eines
dieses
Ausdrucks uns dieses Bild vorschwebt, und der überhaupt die Regeln feststellt (tabuliert), nach welchen Worte gebraucht werden, hat gar keine Pflicht, eine Erklärung (Definition) des Wortes “Regel” (oder “Wort”, “Sprache”, “Satz”, etc.) zu geben. // … , hat garnicht die Pflicht übernommen, … //

¥
  ? /  
/     Die Philosophie hat esˇ auch in demselben Sinn mit Kalkülen zu tun, wie sie es mit Gedanken zu tun hat (oder mit Sätzen und Sprachen). Hätte sie's aber wesentlich mit dem Begriff des Kalküls zu tun, also mit dem Begriff des Kalküls vor allen Kalkülen, so gäbe es eine Metaphilosophie. Und die gibt es nicht. (Man könnte alles, was wir zu sagen haben, so darstellen, dass das als ein leitender Gedanke erschiene.) /

  ? /  
     So ist es mir erlaubt, das Wort ‘Regel’ zu verwenden, ohne notwendig erst die Regeln über dieses Wort zu tabulieren. Und diese Regeln sind nicht Ueber-Regeln.



   
     Das Wort “Regel” muss in der Erklärung eines Spiels nicht gebraucht werden (natürlich auch kein äquivalentes).

 
  ? /  
     Wie gebrauchen wir denn auch das Wort ‘Regel’, (wenn wir etwa von Spielen reden)? Im Gegensatz wozu? Wir sagen z.B. “das folgt aus dieser Regel”, aber dann könnten wir ja/die Regel des Spiels zitieren, und so das Wort
68
⌊⌊Wohl auszulassen! schon anders und vielleicht besser gesagt.⌋⌋ “Regel” ersetzen. Oder wir sprechen von “allen Regeln des Spiels” und müssen sie dann entweder aufgezählt haben (und dann liegt (wieder) der erste Fall vor), oder wir sprechen von den Regeln, als einer Gruppe, die auf bestimmte Art aus
bestimmten
gegebenen
Grundregeln
Grundpositionen
erzeugt werden und dann steht das Wort “Regel” für den Ausdruck dieser
Grundregeln
Grundpositionen
und Operationen. Oder wir sagen “Das ist eine Regel, das nicht”, wenn etwa das Zweite nur ein einzelnes Wort ist, oder eine Konfiguration der Spielsteine. (Oder: “nein, das ist nach der neuen Abmachung auch eine Regel”.) Wenn wir etwa das Regelverzeichnis des Spiels aufzuschreiben hätten, so könnte so etwas gesagt werden und dann hiesse es: Das gehört hinein, das nicht. Aber nicht vermöge einer bestimmten Eigenschaft (nämlich der, eine Regel zu sein), wie wenn man etwa lauter Aep[v|f]el in eine Kisten packen möchte und sagt “nein, das gehört nicht hinein, das ist eine Birne”. ˇ[Zeile] Ja aber wir nennen doch manches “Spiel”, manches nicht, und manches “Regel”, und manches nicht! Aber auf die Abgrenzung alles dessen, was wir Spiel nennen, gegen alles andere, kommt es ja nie an. Die Spiele sind für uns die Spiele, von denen wir gehört haben, die wir aufzählen können, und etwa noch einige nach Analogie anderer neu gebildete; und wenn jemand etwa ein Buch über die Spiele schriebe, so brauchte er eigentlich das Wort “Spiel” auch im Titel nicht, sondern als Titel könnte eine Aufzählung der Namen der einzelnen Spiele stehen. Und gefragt: Was ist denn aber das Gemeinsame aller dieser Dinge,
dessentwegen
weshalb
Du sie zusammenfasst? könnte er sagen: ich weiss es nicht in einem Satz anzugeben, aber Du siehst ja viele Analogien. Im übrigen ist diese // scheint mir diese // Frage müssig, da ich auch wieder, nach Analogien fortfahrend, durch unmerkbare Stufen, zu Gebilden kommen kann, die niemand mehr im gewöhnlichen Leben “Spiel” nennen wollte. Ich nenne daher “Spiel” das, was auf dieser Liste steht, wie auch, was diesen Spielen bis zu einem gewissen (von mir nicht näher bestimmten) Grade ähnlich ist.
69
Im übrigen behalte ich mir vor, in jedem neuen Fall zu entscheiden, ob ich etwas zu den Spielen rechnen will oder nicht.

  /  
Es ist, wie wenn man für gewisse Spiele einen Strich mitten durchs Spielfeld zieht um die Parteien zu scheiden, das Feld aber weiter im übrigen nicht begrenzt, da es nicht nötig ist.

 
   
⌊⌊ Wenn Frege sagt, mit unscharfen Begriffen wisse die Logik nichts anzufangen so ist das insofern
die
eine
Wahrheit // wahr // , als gerade die Schärfe der Begriffe zur Methode der Logik gehört. Das ist es was der Ausdruck, die Logik sei normativ, bezeichnen kann. ⌋⌋

 
  ? /  
     
Und so verhält es sich mit dem Begriff ‘Regel’.
Ebenso verhält es sich nun auch mit dem Begriff der Regel.
Nur in ganz besonderen // speziellen // Fällen d.h.: nicht immer, wenn wir das Wort ‘Regel’ gebrauchen handelt es sich uns darum, die Regeln von etwas abzugrenzen, was nicht Regel ist, und in allen diesen Fällen ist es leicht, ein unterscheidendes Kriterium zu geben. Das heisst, wir brauchen das Wort “Regel” im Gegensatz zu “Wort” “Konfiguration der Steine” und einigem Andern, und diese Grenzen
können leicht klar gezogen werden.
sind klar gezogen.
Dagegen
ziehen wir dort nicht Grenzen, wo …
ist es müssig, Grenzen dort zu ziehen, wo
wir sie nicht brauchen. Verhält es sich hier nicht ebenso, wie mit dem Begriff ‘Pflanze’? Wir gebrauchen dieses das Wort “Pflanze” in bestimmtem Sinne, aber, im Falle einzelliger Lebew[a|e]sen war die Frage eine Zeit lang schwebend, ob man sie Tiere oder Pflanzen nennen solle, und es liessen sich auch beliebig viel andere Grenzfälle konstruieren, für die die Entscheidung, ob etwas noch unter den Begriff Pflanze falle, erst zu treffen wäre. I[x|s]t aber darum die Bedeutung des Wortes “Pflanze” in allen anderen Fällen verschwommen, sodass man sagen könnte, wir gebrauchen das Wort, ohne es zu verstehen? Ja, würde uns eine Definition, die den Begriff nach verschiedenen Seiten begrenzte, die Bedeutung des Wortes in allen Sätzen klarer machen, sodass wira auch alle Sätze, in denen es vorkommt, besser verstehen würden? Offenbar nein.

 
   
⌊⌊ Wenn wir sagen “der Boden war ganz mit Pflanzen bedeckt” so meinen wir gewöhnlich nicht Bakterien (D.h. wir würden diese Deutung wenn sie vorgeschlagen würde, ablehnen)
Wir würden, müßten wir bestimmte Grenzen ziehen, in den verschiedenen Fällen wenn wir das Wort im gewöhnlichen Leben gebrauchen verschiedene Grenzen ziehen. Und manchmal mußten wir auch Grenzen andeuten.
⌋⌋

 
   
⌊⌊      “Ein großes Stück Kuchen”, “ein großer Kirchturm”, “ein großer Hund” ⌋⌋

 
   
⌊⌊      Die Logik zieht ihrem Wesen nach Grenzen aber in der Sprache die wir sprechen sind solche Grenzen nicht gezogen. Das heißt aber nicht daß nun die Logik die Sprache falsch darstellt, oder eine ideale Sprache. Sie portraitiert die Farbige verschwommene Wirklichkeit als Federzeichnung das ist ihre Aufgabe. ⌋⌋

 
    
     (Sokrates stellt die Frage, was Erkenntnis sei und ist nicht mit der Aufzählung von Erkenntnissen zufrieden. Wir aber kümmern uns nicht viel um diesen allgemeinen Begriff und sind froh, wenn wir Schuhmacherei, Geometrie etc. verstehen.)

  /  
     Wir glauben nicht, dass nur der ein Spiel ˇ wirklich versteht, der eine Definition des Begriffs ‘Spiel’ geben kann.
70
 
  ? /  
     (Ich mache es mir in der Philosophie immer leichter und leichter. Aber die Schwierigkeit ist, es sich leichter zu machen und doch exakt zu bleiben.)
  /  
     Der Gebrauch des Wortsˇ “Spiel” “Satz” “Sprache” etc. hat die Verschwommenheit des normalen Gebrauchs aller Begriffswörter unserer Sprache. Zu glauben sie wären darum unbrauchbar oder doch nicht ideal ihrem Zweck entsprechend wäre, als wollte man sagen “… der Lichtschein meiner Lampe ist unbrauchbar, weil man nicht weiß, wo es er anfängt & wo es er aufhört”.
      Will ich zur Aufklärung & ˇzur Vermeidung von Mißverständnissen im Gebiet eines (solchen) verschwommenen
Sprachgebrauchs
Begriffs
scharfe
klare
Grenzen ziehen, so werden sich die scharf umgrenzten Bezirke zu dem wirklichen Sprachgebrauch verhalten wie die scharfen Konturen in einer Federzeichnung zu den allmählichen Farbübergängen im Gesicht in der Wirklichkeit die sie darstellt. … zu allmählichen Ubergängen von Farbflecken in der Wirklichkeit die die Zeichnung darstellt. // die dargestellt ist //
71


 
    
  /  
     Ich glaube nicht, dass die Logik in einem andern Sinne von Sätzen reden kann, als wir für gewöhnlich tun, wenn wir sagen “hier steht ein Satz aufgeschrieben” oder “nein, das sieht nur aus wie ein Satz, ist aber keiner”, etc. etc.

  /  
     Die Frage “was ist ein Wort” ist ganz analog der “was ist eine Schachfigur”.

  ? /  
     Wir redenˇ natürlich von dem räumlichen und zeitlichen Phänomen der Sprache. Nicht von einem unräumlichen und unzeitlichen Unding. Aber wir reden von ihr so, wie von den Figuren des Schachspiels,
von ihrem Gebrauch im Spiel, nicht von ihren …
indem wir Regeln für sie tabulieren, nicht ihre physikalischen Eigenschaften beschreiben
. ⌊⌊ Gehört eigentlich zu: ‘Verstehen kein Akt während des Redens etc. ⌋⌋

  /  
     Wir können in der Philosophie auch keine grössere Allgemeinheit erreichen, als in dem, was wir in Leben und Wissenschaft sagen // aussprechen // . (D.h., auch hier lassen wir alles, wie es ist.)

  /  
     So ist eine aufsehenerregende Definition der Zahl keine // nicht die // Sache der Philosophie.
72
 
   
     Die Philosophie hat es mit den bestehenden Sprachen zu tun und nicht vorzugeben, dass sie von einer abstrakten Sprache handeln müsse.

 
  /  
⌊⌊ Wir fühlen beim
Studium des
Nachdenken über das Problem
der Sprache & der Bedeutung leicht die Versuchung anzunehmen, Wir können leicht dahin kommen zu denken Wir können leicht in der Untersuchung der Spr. & der Bed. dahin kommen zu denken … wir dürften eigentlich nicht von Wörtern & Sätzen im ganz hausbackenen Sinn reden sondern von Wörtern etc. in einem sublimierten Sinn, abstrakteren Sinn. So als wäre ein bestimmter Satz nicht eigentlich was irgend ein Mensch ausspricht sondern ein Idealwesen (die Klasse aller gleichbedeutenden Sätze oder dergleichen.) Aber ist auch der Schachkönig von dem die Schachregeln handeln ein solches Idealding ein abstraktes Wesen. ⌋⌋

 
  /  
     Wenn ich nämlich über die Sprache – Wort, Satz, etc. – rede, muss ich die Sprache des Alltags reden, – Aber gibt es denn eine andere?

  /  
     Ist diese Sprache etwa zu grob, materiell, für das, was wir sagen wollen? Und kann es eine andere geben? Und wie merkwürdig, dass wir dann mit der unseren dennoch // überhaupt // etwas anfangen können.

  /  
     Dass ich beim Erklären der Sprache (in unserem Sinne) schon die volle Sprache (nicht etwa eine vorbereitende, vorläufige) anwenden muss, zeigt schon, dass ich nur Aeusserliches über die Sprache sagen // vorbringen // kann.

  /  
     Ja, aber wie können uns diese Ausführungen dann befriedigen? – Nun, Deine Fragen waren ja auch schon in dieser Sprache abgefasst; mussten in dieser Sprache ausgedrückt werden, wenn etwas zu fragen war!

  /  
     Und Deine Skrupel sind Missverständnisse.

  /  
     Deine Fragen beziehen sich auf Wörter, so muss ich von Wörtern reden.

  /  
     Man sagt: Es kommt nicht auf das // auf's // Wort an, sondern auf seine Bedeutung, und denkt dabei immer an die Bedeutung, als ob sie nun eine Sache von der Art des Worts wäre, allerdings vom Wort verschieden. Hier ist das Wort, hier die Bedeutung. (Das Geld, und die Kuh, die man dafür kaufen kann. Anderseits aber: das Geld, und sein Nutzen.)

73.
  /  
     Ueber die Spracheˇ des Alltags sind nicht mehr
Bedenken
Skrupeln
berechtigt, Über unsere Sprache sind nicht mehr Bedenken gerechtfertigt, … als ein Schachspieler über das Schachspiel hat, nämlich keine. ((Hier ist nicht gemeint “über den Begriff der Sprache”. Sondern es heisst eher: “sprich ruhig darauf los, wie ein Schachspieler spielt, es kann Dir nichts passieren, Deine Skrupel sind ja nur Missverständnisse, ‘philosophische’ Sätze.”))
74


    
   
     Was ist ein Satz? – Vor allem gibt es in unseren Sprachen einen Satzklang. (Daher Unsinngedichte wie die Lewis Caroll's) Daher reden wir von Unsinng Und was wir oft Unsinn nennen ist nicht eine Beliebige

 
  ü /  
     Bei der Frage nach der allgemeinen Satzform bedenken wir, dass die gewöhnliche Sprache zwar einen bestimmten Satzrythmus hat, aber nicht alles, was diesen Rythmus hat, ein Satz ist.
      D.h. wie ein Satz klingt und keiner ist. – Daher die Idee vom sinnvollen und unsinnigen ‘Satz’.

  a ? /  
     Anderseits ist dieser Rythmus aber natürlich nicht wesentlich. Der Ausdruck “Zucker Tisch” klingt nicht wie ein Satz, kann aber doch sehr wohl den Satz “auf dem Tisch liegt Zucker” ersetzen. Und zwar nicht etwa so, dass wir uns etwas Fehlendes hinzudenken müssten, sondern, es kommt wieder nur auf das System an, dem der Ausdruck “Zucker Tisch” angehört.

  /  
     Es fragt sich also, ob wir ausser diesem irreführenden Satzklang noch einen allgemeinen Begriff vom Satz haben. (Ich rede jetzt von dem, was durch [|] & ’, ‘ V ’, ‘C’, zusammengehalten wird.)

   
/     Denken wir uns, wir läsen die Sätze eines Buches verkehrt, die Worte in umgekehrter Reihenfolge; könnten wir nicht dennoch den Satz verstehen? Und klänge er jetzt nicht ganz unsatzmässig? /
75
  /  
Zu § 18 S 76 § 19 S. 79

     Hat es einen Sinn, zu sagen: “Ich habe so viele Schuhe, als eine Wurzel der Gleichung x³ + 2x ‒ 3 = 0 Einheiten hat” ⌊⌊… als eine Lösung der Gleichung … ergibt”⌋⌋? Hier könnte es scheinen als hätten wir eine Notation, der wir es eventuell nicht ansehen können, ob sie Sinn hat oder nicht. ⌊⌊… deren Grammatik allein nicht bestimmt ob ob ein Satz Sinn hat oder nicht // was ein sinnvoller Satz ist & was nicht // .⌋⌋

⌊⌊ Daß es also von vornherein nicht bestimmt wäre ⌋⌋
     Wenn der Ausdruck “die Wurzel der Gleichung F(x) = 0” eine Beschreibung im Russell'schen Sinne wäre, so hätte der Satz “ich habe n Aepfel und n + 2 = 6” einen andern Sinn, als der: “ich habe 4 Aepfel”.
     Wir haben in dem ersten Satz ein ausserordentlich lehrreiches Beispiel dafür, wie [s|e]ine Notation auf den ersten Blick einwandfrei erscheinen kann, nämlich so, als verstünden wir sie; und dass wir in Wirklichkeit einen unsinnigen Satz nach Analogie eines sinnvollen gebildet haben und nur glauben, die Regeln des ersteren zu übersehen. So ist “ich habe n Schuhe und n² = 4” ein sinnvoller Satz; aber nicht “ich habe n Schuhe und n² = 2”.



   
⌊⌊ Dies gibt ein herrliches Beispiel dafür, was es heißt, einen Satz verstehen (meinen). ⌋⌋

 
   
⌊⌊ Inwiefern ist das Verstehen – das augenblickliche Verstehen – des Satzes ein Kriterium dafür, daß der Satz Sinn hat?
76
⌋⌋

 
    
18
Was als Satz gelten soll, ist in der Grammatik bestimmt.






¥ ⋎ S. 75/1
¥ ⋎Anfang des § 40 S. 171 & 170 v.
¥ ⋎ S. 114/3
   
     Die Erklärung
:
,
die man erhält, wenn man nach dem Wesen des Satzes fragt: Satz sei alles, was wahr oder falsch sein könne – ist nicht so ganz unrichtig. Es ist die Form der Wahrheitsfunktion (in welcher Form der Zeichengebung immer ausgedrückt), die das logische Wesen des Satzes ausmacht.

   
⌊⌊ Die Erklärung: Satz sei alles, was wahr oder falsch sein könne “Satz ist alles … kann” bestimmt den Begriff des Satzes in einem bestimmten Sprachsystem als das was in diesem System als Argument Argument einer Wahrheitsfunktion auftritt ist.

Und wenn wir von dem sprechen, was der Satzform als solcher wesentlich ist so
sind es manchmal
meinen wir oft
die Wahrheitsfunktionen. Wenn ich sagte die allgemeine Form des Satzes sei “es verhält sich so & so” so war eben das gemeint.
⌋⌋

 
   
     ‘p’ ist wahr = p. Man gebraucht das Wort “wahr” in Zusammenhängen wie “was er sagt ist wahr”, das aber sagt dasselbe wie “er sagt ‘p’, und p ist der Fall”.

  ? /  
     “Wahr” und “falsch” sind tatsächlich nur Wörter einer bestimmten Notation der Wahrheitsfunktion.

  a ? /  
     Wenn man sagt, Satz sei alles, was wahr oder falsch sein könne, so heisst das dasselbe wie: Satz ist alles, was sich verneinen lässt.

   
     Wenn wir von dem sprechen, was der Satzform als solcher wesentlich ist, so meinen wir die Wahrheitsfunktionenfunktion.

77
   
     Man kann natürlich auch nicht/sagen, ‘Satz’ sei dasjenige, wovon man ‘wahr’ und ‘falsch’ aussagen könne, in dem Sinn, als könnte man versuchen, zu welchen Symbolen die Wörter ‘wahr’ und ‘falsch’ passten und danach entscheiden, ob etwas ein Satz ist. Denn das würde nur dann etwas bestimmen, wenn diese Worte in einer bestimmten Weise gemeint [i|s]ind, das aber können sie nur im Zusammenhang sein. // … wenn diese Worte in einer bestimmten Weise gemeint sind, d.h. bereits eine bestimmte Grammatik haben. // Und eben im Zusammenhang mit einem Satz. Alles, was man machen kann, ist hier, wie in allen diesen Fällen, das grammatische Spiel bestimmen, seine Regeln angeben und es dabei bewenden lassen.

  ? /  
     Was ein Satz ist, wird durch die Grammatik bestimmt. D.h., innerhalb der Grammatik.
     (Dahin zielte auch meine “allgemeine Satzform”.)

   
[Zu: “Was ist ein Erfahrungssatz”]

     Man kann nicht sagen “dieser Struktur fehlt noch etwas, um ein Satz zu sein”. Sondern es fehlt ihr etwas, um in dieser Sprache ein Satz zu sein. Wie man sagen kann // Man kann sagen // : dem Zeichenausdruck “2 + 2 4” fehlt etwas, um eine Gleichung zu sein.

 
   
     Den Russen, welche statt “er ist gut” sagen “er gut” geht nichts verloren, und sie denken sich auch kein Verbum dazu.

 
  ? ∫  
[Zu: “Was ist ein Erfahrungssatz”]

     Den kompletten Satz zu charakterisieren ist so unmöglich, wie die komplette Tatsache.

 
  /  
     Kann man den Begriff des “Satzes” festlegen? oder die allgemeine Form des Gesetzes? – Warum nicht! Wie man ja auch den Begriff ‘Zahl’ festlegen könnte, etwa durch das Zeichen “/0, x, x + 1/”. Es steht mir ja frei, nur das Zahl
78
zu nennen; und so steht es mir auch [c|f]rei, eine analoge Vorschrift zur Bildung von Sätzen oder Gesetzen zu geben und das Wort “Satz” oder “Gesetz” ˇ [Ramsey] als ein Aequivalent dieser Vorschrift zu gebrauchen. Wehrt man sich dagegen und sagt, es sei doch klar, dass damit nur gewisse Gesetze von andern abgegrenzt worden seien, so antworte ich: Ja, Du kannst freilich nicht eine Grenze ziehen, wenn Du von vornherein entschlossen bist, keine anzuerkennen! – Sollen die “Sätze” den unendlichen logischen Raum erfüllen, so kann von keiner allgemeinen Satzform die Rede sein. Es fragt sich dann natürlich: Wie gebrauchst Du nun das Wort “Satz”? im Gegensatz wozu? Etwa im Gegensatz zu “Wort”, “Satzteil”, “Buchteil”, Erzählung”, etc..

  /  
     (Ein Satz, der von allen Sätzen oder allen Funktionen handelt. Was stellt man sich darunter vor? // Was meint man damit? // Es wäre wohl ein Satz der Denkt man an einen Satz der Logik.? Denken wir nun daran, wie der Satz non2n p = p bewiesen wird.)
⌊⌊ 0˙a11 a12 a13
0˙a21 a22 a23
0˙a31 a32 a33
‒ ‒ ‒
‒ ‒ ‒


⌋⌋

  ? /  
     Wenn ich “es verhält sich so und so” als allgemeine Satzform gelten lasse, dann muss ich 2 + 2 = 4 unter die Sätze rechnen, denn es ist grammatisch richtig, zu sagen: “es verhält sich so, dass 2 + 2 gleich 4 ist”. Es braucht weitere Regeln, um die Sätze der Arithmetik auszuschliessen.

  ? /  
[Zu: “Was ist ein Erfahrungssatz”]

     Falsche Ideen über das Funktionieren der Sprache: Broad, der sagte, etwas werde eintreffen, sei kein Satz. Was spricht man dieser Aussage damit ab? Etwas anderes, als, dass sie Gegenwärtiges oder Vergangenes beschreibt? – Die Magie mit Wörtern. Ein solcher Satz, wie der Broads, kommt mir so vor, wie ein Versuch, eine chemische Aenderung magisch zu bewirken; indem man den Substanzen, quasi, zu verstehen gibt, was sie tun sollen (wenn man etwa Eisen in Gold überführen wollte, indem man ein Stück Eisen mit der rechten und zugleich ein Stück Gold mit der linken Hand fasste).
79


 
    
  ü /  
     Man könnte sagen: “Wie mach ich's denn, um ein Wort immer
sinnvoll
richtig
anzuwenden, schau ich immer in der Grammatik nach? Nein, dass ich etwas meine – was ich meine, hindert mich Unsinn zu sagen. Aber was meine ich denn? Ich sage: ich rede vom Teilen eines Apfels, aber nicht vom Teilen der Farbe Rot, weil ich beim “Teilen eines Apfels” mir etwas denken kann, etwas vorstellen, etwas wollen kann; beim Ausdruck “Teilen einer Farbe” nicht.
Oder ist es so …
Und ist es etwa so
dass man bei diesem Wort nur noch keine Wirkung auf andere Menschen beobachtet hat?! Richtiger wäre es zu sagen daß ich mir bei den Worten “Teilen eines A.” etwas denke, vorstelle, will; beim Ausdruck Teilen der Farbe rot nicht.

   
     Wie mach ich's denn, etwas mit ihm meinen? Ich stelle mir wohl etwasˇ bei meinen Worten vor, will etwas
mit ihnen
damit
, treibe etwas
mit ihnen
damit
, kurz verwende sie in einem Sprachspiel.
     Ich brauche das Wort zu einem Zweck & darum nicht unsinnig.


 
  /  
⌊⌊ Was machen wir nun wenn wir der Wortgruppe “ich teile rot” einen Sinn geben? Ja wir könnten doch ganz verschiedenes aus ihr machen: Einen Satz der Arithmetik, einen Ausruf, einen Erfahrungssatz, etc. einen unbewiesenen Satz der Mathematik. Ich habe also eine beliebige Auswahl. Und wie ist die begrenzt? Das ist schwer zu sagen: durch allerlei Arten von Nützlichkeit & auch durch die Formelle Ähnlichkeit der Gebilde mit gewissen primitiven Satzformen & alle diese Grenzen sind verschwimmend. ⌋⌋

 
   
⌊⌊ “Rot kann man nicht teilen” heißt also: Erinnere Dich daran daß Du in dem Spiel zu welchem dieser Satz seiner Form nach zu gehören scheint nichts
anzufangen weißt
anfangen kannst
.
⌋⌋

 
  ? ü /  
⌊⌊ Der Satz “ich teile rot” kann doch einen Sinn haben ich doch … geben (z.B. kann er dasselbe sagen wie ich teile etwas Rotes) Was, wenn ich fragte; welches Wort welcher Fehler macht den Satz zum Unsinn? Warum soll es gerade das Wort “Rot” sein? Da sieht man daß wir bei diesem Satz auch in seiner unsinnigen Gestalt an ein ganz bestimmtesˇ gramm. System sinnvoller Sätze denken. Daher sagen wir auch “rot kann man nicht teilen” geben also eine Antwort; während man auf eine Wortzusammenstellung wie “ist hat gut” nichts antworten würde. ⌋⌋ ⌊⌊ Denkt man nun aber an ein bestimmtes vorhandenes System Sp Sprachspiel & seine Anwendung dann sagt der Satz daß “ich teile rot” unsinnig ist vor allem, daß er nicht zu dem bestimmten Spiel gehört zu dem er seiner Erscheinung nach⌋⌋ zu gehören scheint.

 
  ? /  
     “Woher weiss ich, dass
man
ich
Rot nicht teilen kann?” – Die Frage selbst heisst nichts. Ich möchte sagen:
Man
Ich
muss mit der Unterscheidung von Sinn und Unsinn anfangen. Vor ihr ist nichts möglich. Ich kann sie nicht begründen.

 
  /  
     Welcher Art nun sind die Regeln, welche sagen, dass die und die Zusammenstellungen von Wörtern keinen Sinn haben? Sind sie von der Art derjenigen Vorschriften welche etwa sagen, dass es keine Spielstellung im Schach ist, wenn zwei Figuren auf dem gleichen Feld stehen, oder wenn eine Figur
80
auf der Grenze zwischen zwei Feldern steht, etc.? Diese Sätze sind
ahnlich gewissen
wieder wie gewisse
Handlungen, ﹖– wie wenn man etwa ein Schachbrett Wenn man z.B. ein Schachbrett –﹖ aus einem grösseren Stück ˇ eines karierten Papiers herausschneidetschnitte. Sie ziehen eine Grenze. – Was heisst es denn, zu sagen: “diese Wortzusammenstellung heisst nichts”. Von einem Namen kann man sagen “diesen Namen habe ich niemandem gegeben” und das Namengeben ist eine bestimmte Handlung (ˇwie das umhängen eines Täfelchens).
     Denken wir an
eine
die
Darstellung einer Reise auf der Erde durch eine Linie
die in den Proj. der zwei H. gezogen ist. Wir können nun sagen:
in der Projektion der zwei Halbkugeln und dass wir sagen:
ein Linienstück, das auf der Zeichenebene die Grenzkreise
dieser
der
Projektionen verlässt, ist in dieser Darstellung sinnlos.
D.h.:
Man könnte auch sagen:
nichts ist darüber ausgemacht worden.

  ? /  
[Zu: “und auf gleiche Weise …”]

     Gesichtsraum und Retina. Es ist, wie wenn man eine Kugel orthogonal auf eine Ebene projiziert, etwa in der Art, wie die beiden Halbkugeln der Erde in einem Atlas dargestellt werden, und nun könnte einer glauben, dass, was auf der Ebene ausserhalb der beiden Kugelprojektionen vor sich geht, immerhin noch einer möglichen Ausdehnung dessen entspricht, was sich auf der Kugel befindet. Hier wird eben ein kompletter Raum auf einen Teil eines andern Raumes projiziert; und analog ist es mit den Grenzen der Sprache im Wörterbuch. // in der Grammatik. // Für S. 124 M.S

 
   
⌊⌊
⌋⌋
81



 
    
20
Der Sinn des Satzes, keine Seele.







¥ ⋎ S. 75/1
siehe §25 S. 93
4
   
     Die Methode des Messens, z.B. des räumlichen Messens, verhält sich zu einer bestimmten Messung genau so, wie der Sinn eines Satzes zu seiner Wahr- oder Falschheit.

2
   
⌊⌊      Der Sinn einer Längenangabe wird durch die Beschreibung der Meßmethode erklärt; die Wahrheit der Längenangabe ⌋⌋
 
  ? /  
     Der Sinn
des
eines
Satzes ist nicht pneumatisch, sondern ist das, was auf die Frage nach der Erklärung des Sinnes zur Antwort kommt. Und – oder – der eine Sinn unterscheidet sich vom andern, wie die Erklärung des einen von der Erklärung des andern. ⌊⌊ Also auch: der Sinn des6 einen Satzes unterscheidet sich vom Sinn des andern wie der eine Satz vom andern. ⌋⌋

3
  ? /  
     Welche Rolle der Satz im Kalkül spielt, das ist sein Sinn.

1
    
     Der Sinn steht (also) nicht hinter ihm (wie der psychische Vorgang der Vorstellung etc.).

  /  
     Was heisst es denn: “entdecken, dass ein Satz keinen Sinn hat”?
     Und was heisst das: “wenn ich etwas damit meine, muss es doch Sinn haben”? Worin besteht dieses Meinen?
     “Wenn ich etwas damit meine …” – wenn ich was damit meine?! ¥ [dazu S. 75/1]

82
  ü /  
     Was heisst es: “Wenn ich mir etwas dabei vorstellen kann, muss es doch Sinn haben”?
     Wenn ich mir was dabei vorstellen kann? Das, was ich
sagte?
sage?
– Das heisst nichts. // Dann heisst dieser Satz nichts. // – Und ‘Etwas’? Das würde heissen: Wenn ich die Worte auf diese Weise benützen kann, dann haben sie Sinn. Oder eigentlich: wenn ich sie zum Kalkulieren benütze, dann haben sie Sinn.
     Die Antwort wäre: wenn der Sinn ist daß ich mir etwas vorstelle. Aber es heißt wohl auch: wenn ich mir ein Bild danach machen kann so garantiert das mir andere Anwendungen.


   
  ? /  
     Ja, man könnte unsere Frage in einer sehr elementaren Form stellen: Warum eine Sprache nicht mit bloss einem Wort möglich ist // auskommen könnte // , da es ja doch vorkommt, dass ein Wort (in einer Sprache) mehrere Bedeutungen hat. (Warum also nicht alle?)

83


 
    
21
Aehnlichkeit von Satz und Bild.







¥ ⋎§ 43 S. 189/1 & S 188 v
¥⋎ S. 289/1,2, ¥ S. 217/1
   
     In welchem Sinne kann ich sagen, der Satz sei ein Bild? Wenn ich darüber denke, möchte ich sagen: er muss ein Bild sein, damit er mir zeigen kann, was ich tun soll, damit ich mich nach ihm richten kann. Aber, dann willst Du // also // bloss sagen, dass Du Dich nach dem Satz richtest in demselben Sinne, in dem Du Dich nach einem Bild richtest. ⌊⌊ Das Bild ist eine Beschreibung. ⌋⌋

 
   
     Ist jedes Bild ein Satz? Und was heisst es, etwa zu sagen, dass jedes als ein Satz gebraucht werden kann?

 
   
     Ich kann die Beschreibung des Gartens in ein gemaltes Bild, das Bild in eine Beschreibung übersetzen.

 
  /  
⌊⌊ vielleich unnütz⌋⌋
     Zu sagen, dass der Satz ein Bild ist, hebt gewisse Züge in der Grammatik des Wortes “Satz” hervor.

   
     Das Denken ist ganz dem Zeichen von Bildern zu vergleichen.
     Man kann aber auch sagen: Das Denken ist (wesentlich) mit keinem Vorgang zu vergleichen und was wie ein Vergleichsobjekt scheint, ist in
84
Wirklichkeit ein Beispiel.

    
     Wenn ich den Satz mit einem Masstab verglichen habe, so habe ich, strenggenommen, nur einen Satz, der mit Hilfe eines Masstabes die Länge eines Gegenstands // eine Länge // aussagt
aussagt
beschreibt
, als Beispiel für alle Sätze herangezogen. // als Beispiel eines Satzes herangezogen. //
ch

   
     Wenn man die Sätze als Vorschriften auffasst, um Modelle zu bilden, wird ihre Bildhaftigkeit noch deutlicher.

 
   
     Die Sprache muss von der Mannigfaltigkeit eines Stellwerks sein, das die Handlungen veranlasst, die ihren Sätzen entsprechen.

 
   
     Die Uebereinstimmung von Satz und Wirklichkeit ist der Uebereinstimmung zwischen Bild und Abgebildetem nur so weit ähnlich, wie der Uebereinstimmung zwischen einem Erinnerungsbild und dem gegenwärtigen Gegenstand.

 
   
     Der Satz ist der Tatsache so ähnlich wie das Zeichen ‘5’ dem Zeichen ‘3 + 2’. Und das gemalte Bild der Tatsache, wie ‘!!!!!’ dem Zeichen ‘!! + !!!’.

 
   
      Z.B. a, b, c, d bedeuten Bewegungen und zwar a = , b = , c = , d = . Also heisst z.B. bccbda der Linienzug










. Nun, ist der Satz “bccb
da
ad
” nicht ähnlich jenem Linienzug? Offenbar ja, in gewisser Weise. (Ist es nicht genau die Aehnlichkeit einer Photographie und des photographierten Gegenstandes?)
85


 
    
  ? / ∫  
     Wie ist es mit den Sätzen, die in Dichtungen vorkommen. Hier kann doch gewiss von einer Verifikation nicht geredet werden und doch haben diese Sätze Sinn. Sie verhalten sich zu den Sätzen, für die es (eine) Verifikation gibt, wie ein Genrebild zu einem Portrait. Und dieses Gleichnis dürfte wirklich die Sache vollständig darstellen.

@
   
⌊⌊ Die Beschreibung eines wirklichen Gegenstandes verhält sich zu der Beschreibung in einer Dichtung wie ein Portrait zu einem Genrebild.⌋⌋

 
   
     Wenn ich ein Bild anschaue, so sagt es mir etwas, auch wenn ich keinen Augenblick glaube (mir einbilde), die Menschen seien wirklich oder es habe wirkliche Menschen gegeben, von denen dies ein verkleinertes Bild sei. Es sagt mir etwas” kann aber hier nur heissen, es bringt eine bestimmte Einstellung in mir hervor.”
     Denn wie, wenn ich fragte: “was sagt es mir denn?

   
     Meine Stellung gegen das Bild ist auch keine hypothetische, so dass ich mir etwa sagte “wenn es solche Menschen gäbe, dann …”

 
  /  
     Wenn ich ein Genrebild ansehe, so halte ich die gemalten Menschen darin nicht für wirkliche Menschen, andererseits ist ihre Aehnlichkeit mit Menschen für das Verständnis des Bildes wesentlich.
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  /  
     Wenn man es für selbstverständlich hält, dass sich der Mensch an seiner Phantasie vergnügt, so bedenke man, dass diese Phantasie nicht wie ein gemaltes Bild oder ein plastisches Modell ist, sondern ein kompliziertes Gebilde aus heterogenen Bestandteilen: Wörtern und Bildern. Man wird dann das Operieren mit Schrift- und Lautzeichen nicht mehr in Gegensatz stellen zu dem Operieren mit “Vorstellungsbildern” der Ereignisse.

  ? /  
     Die Illustration in einem Buch ist dem Buch nichts fremdes, sondern gesellt sich hinzu wie ein verwandter Behelf einem andern, – wie etwa eine Reibahle dem Bohrer.
     (Wenn einen die Hässlichkeit eines Menschen abstösst, so kann sie im Bild, im gemalten, gleichfalls abstossen, aber auch in der Beschreibung, in den Worten.)

⋎ S. 390
87


    
  /  
     “Meine Erwartung ist so gemacht, dass, was immer kommt, mit ihr übereinstimmen muss, oder nicht.”

  /  
     Der Satz ist als Richter hingestellt und wir fühlen uns vor ihm verantwortlich.

  ? /  
     Ich sage, die Hand über demn Tisch haltend, “ich wollte, dieser Tisch wäre so hoch”. Nun ist das Merkwürdige: die Hand über dem Tisch an und für sich drückt gar nichts aus. D.h., sie ist eine Hand über einem Tisch, aber kein Symbol (wie der Pfeil, der etwa die Gehrichtung anzeigen soll, an sich nichts ausdrückt).

 
  / ?  
     “Die Hand zeigt dahin”. Aber in wiefern zeigt sie dahin? einfach, weil sie sich in einer Richtung verjüngt? (Zeigt ein Nagel in die Wand?) D.h., ist es dasselbe zu sagen “sie zeigt etc.”
und
oder
“sie verjüngts sich in dieser Richtung”?
88
 
   
     Man kann eine Lehne auf das Mass eines Körpers einstellen, vorbereiten. Dann liegt in dieser Einstellung zwar das eingestellte Mass, aber in keiner Weise, dass ein bestimmter Körper es hat. Ja vor allem liegt darin keine Annahme darüber, ob der Körper dieses Mass hat, oder nicht hat.

 
    
     Ich sagte, der Satz wäre wie ein Masstab an die Wirklichkeit angelegt:
Und
Aber
der Masstab ist, wie alle richtigen Gleichnisse des Satzes, ein besonderer Fall eines Satzes. Und auch er bestimmt nichts, solange man nicht mit ihm misst. Aber Messen ist Vergleichen (und muss heissen, Uebersetzen).


  /  
     Man möchte sagen: Lege den Masstab an einen Körper an; er sagt nicht, dass der Körper so lang ist. Vielmehr ist er an sich gleichsam ˇich möchte sagen tot und leistet nichts von dem, was der Gedanke leistet. Es ist, als hätten wir uns eingebildet, das Wesentliche am lebenden Menschen sei die äussere Gestalt, und hätten nun einen Holzblock von/dieser Gestalt hergestellt und sähen mit Enttäuschung den toten Klotz, der auch keine Aehnlichkeit mit dem Leben hat.

   
     Man könnte sagen, “die Erwartung ist kein Bild, sie bedient sich nur eines Bildes. Ich erwarte etwa, dass meine Uhr jetzt auf 7 zeigen wird und drücke dies durch ein Bild der Zeigerstellung aus. Dieses Bild kann ich nun mit der wirklichen Stellung vergleichen; die Erwartung aber nicht.

 
  /  
     Mein Gedanke ist immer: wenn einer die Erwartung sehen könnte, dass er sehen // erkennen // müsste, was erwartet wurde.
      Aber so ist es ja auch: wer den Ausdruck der Erwartung sieht, sieht was erwartet wird. Und wie könnte man es auf andere Weise, in anderem Sinne sehen?!

  ? /  
      Gut, ich sage: wenn ich meine Uhr herausziehe, wird sie mir jetzt entweder dieses Bild der Zeigerstellung bieten, oder nicht. Aber wie
89
kann ich es ausdrücken, dass ich mich für eine dieser Annahmen entscheide?
      Jeder Gedanke ist der Ausdruck eines Gedankens.

 
   
     Ich könnte mein Problem so darstellen: Wenn ich untersuchen wollte, ob die Krönung Napoleons so und so stattgefunden hat, so könnte ich mich dabei, als einer Urkunde, des Bildes bedienen, statt einer Beschreibung. Und es frägt sich nun, ist die ganze Vergleichung der Urkunde mit der Wirklichkeit von der Art, wie der Vergleich der Wirklichkeit mit dem Bild, oder gibt es dabei noch etwas Andres, von andrer Art?

 
   
     Aber womit soll man die Wirklichkeit vergleichen, (:) als mit dem Satz? Und was soll man andres tun, (:) als sie mit ihm zu vergleichen?

 
   
     Wenn man das Beispiel von dem, durch Gebärden mitgeteilten Befehl betrachtet, möchte man einerseits immer sagen: Ja, dieses Beispiel ist eben unvollkommen, die Gebärdensprache zu roh, darum kann sie den beabsichtigten Sinn nicht vollständig ausdrücken” – aber tatsächlich ist sie so gut wie jede denkbare andere, und erfüllt ihren Zweck so vollständig, wie es überhaupt denkbar ist.
     (Es ist eine der wichtigsten Einsichten, dass es keine Verbesserung der Logik gibt.)


 
   
⌊⌊ Der Befehl die Zahlen 1 bis 4 zu quadrieren. ⌋⌋

 
  /  
    
      Angedeutet aber ist etwas nur insofern, als ein System nicht ausdrücklich, oder unvollkommen festgelegt ist. Wir möchten sagen, es sei uns unvollkommen angedeutet oder, das Zeichen suggeriere nur undeutlich, was
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wir zu tun hätten. Es sei etwa in dem Sinn undeutlich, wie eine Tafel mit der Aufschrift “Links Gehen” deutlicher wird, wenn zugleich ein Pfeil die Richtung zeigt. // Es sei etwa undeutlich in dem Sinn, in welchem wir der Deutlichkeit halber Zeichen ausführlicher geben. //
   
⌊⌊
→ ↣
⌋⌋

 
  ? /  
     Aber für uns ist der Befehl deutlich, der unzweideutig ist; und einen deutlicheren gibt es nicht.

   
     Eindeutig aber kann er nur werden, dadurch, dass in dem System von Befehlen eine Unterscheidung gemacht wird, die, wenn sie fehlt, eben die Zweideutigkeit hervorruft. (Wenn also das System die richtige Mannigfaltigkeit erhält.)

 
   
     Was, in der Logik, nicht nötig ist, hilft auch nicht. // … ist auch nicht von Nutzen. //
     Was nicht nötig ist, ist überflüssig.


  ? /  
     Die Unbeholfenheit, mit der das Zeichen wie ein Stummer durch allerlei suggestive Gebärden sich verständlich zu machen sucht,ˇ – sie verschwindet, wenn wir erkennen, dass das Wesentliche am Zeichen das System ist, dem es zugehört und sein übriger Inhalt wegfällt.
     Man möchte sagen nur der Gedanke kann es ganz sagen, d[er|as] [G|Z]eichen nicht.


91


    
   
     “Der Satz sagt etwas” darauf ist die Erganzung entweder die Frage “Was?” & ein andrer Satz – oder es hieß man könnte dafür setzen “der Satz sagt” “sagt etwas” istˇ gar keine Variable, heißt nicht: sagt dies, oder jenes.
 
   
     Der Wunsch scheint schon zu wissen was ihn erfüllen wird oder würde, der Satz der Gedanke was ihn wahr⋰macht auch wenn es gar nicht da ist! Woher dieses Bestimmen, dessen, was noch nicht da ist? – dieses
Verfügen
despotische Verlangen
?
     Und woher diese [S|s]eltsame Sinnestauschung? Wir sagen der Satz sagt etwas, der Wunsch wunscht der Befehl befiehlt etwas. Aber wie
benützen
verwenden
wir denn diese Aussagen, wann benützen wir sie in welchem weitern Zusammenhang? Was ist es, was ein Satz sagt, was setzen wir statt dem ‘etwas’ ein? Dieser Satz sagt: daß … & nun folgt ein weiterer
Ausdruck
Satz
.


 
   
⌊⌊      Wir sagen auch: Der Befehl befielt dies, & tun es; aber auch, “der Befehl befiehlt dies: Du ich sollst das & das tun. Wir übersetzen ihn einmal in einen andern Satz, einmal in eine Demonstration, oder & einmal in die Tat.

Ja er befielt ja schon – möchte ich sagen – daß ich das tun soll! Aber was ist denn das das? Ich werde von der Form: “Er befielt das” hypnotisiert.
⌋⌋

 
   
⌊⌊      “Der Befehl befielt seine Befolgung”. Ja also kennt er seine Befolgung schon ehe sie da istch! – Aber der Satz ist ja nur ein Grammatischer über die Worte “Befehl” & “Befolgung”. Er sagt: Wenn ein Befehl lautet “Tue das & das” dann nennt man “das & das tun”
das Befolgen
die Befolgung
d[es|ie]ses Befehls. Jener Satz ist von der Art grammatikalischer Sätze wie: Der Hund hat
‘Beine’
einen ‘Schwanz’ der Fuchs eine ‘Rute’
.
⌋⌋

 
  /  
     Jedes Symbol scheint als solches etwas offen zu lassen.

  / /  
     Der Plan ist als Plan etwas Unbefriedigtes. (Wie der Wunsch, die Erwartung, die Vermutung u.s.f..) ⌊⌊ Und hier meine ich
:
,
die Erwartung ist unbefriedigt weil sie die Erwartung von etwas ist; der Glaube, die Meinung unbefriedigt weil sie die Meinung ist daß etwas der Fall ist, etwas Wirkliches, etwas außerhalb dem Vorgang der Meinung. ⌋⌋
     Ich möchte manchmal mein Gefühl dem Plan gegenüber als eine Innervation bezeichnen. Aber auch die Innervation an sich ist nicht unbefriedigt, ergänzungsbedürftig.

  ? /  
     In wiefern kann man den Wunsch als solchen, die Erwartung ‘unbefriedigt’ nennen? Was ist das Urbild // Vorbild // der Unbefriedigung? Ist es der leere Hohlraum (in den etwas hineinpasst)? Und würde man von einem leeren Raum sagen, er sei unbefriedigt? Wäre das nicht auch eine Metapher? Ist es nicht ein gewisses Gefühl, das wir Unbefriedigung nennen? Etwa der Hunger. Aber der Hunger enthält nicht das Bild seiner Befriedigung.

  ? /  
     Die Hohlform ist nur unbefriedigt in dem System, in dem auch die entsprechende Vollform vorkommt. // … in dem auch die Vollform vorkommt. //
92
  /  
     Ich meine man kann das Wort “unbefriedigt” nicht schlechtweg von einer Tatsache gebrauchen. Es kann aber in einem System eine Tatsache beschreiben helfen. Ich könnte z.B. festsetzen, dass ich den Hohlzylinder ‘den unbefriedigten Zylinder’ nennen werden, den entsprechenden Vollzylinder, seine Befriedigung.

  ? /  
     Aber man kann nicht sagen, dass der Wunsch ‘p möge der Fall sein’, durch die Tatsache p befriedigt wird, es sei denn als Zeichenregel:
/der Wunsch p möge der Fall sein/ =
/der Wunsch, der durch die Tatsache p befriedigt wird/.

   
¥⋎ S. 17/5, 18/1,2, dazu erstes M.S. S. 139/3 = ¥ S. 89/4 & ¥ S. 90/4
 
   
     ⌊⌊ Man könnte auch so sagen: Dieser Befehl befiehlt dies (& tut es). – Aber hat er dies nicht schon früher befohlen? (Er hat dochˇ früher nichts anderes befohlen!) Also hat er diese Tat befohlen ehe es sie noch gab. Inwiefern hat er aber früher dies befohlen? – We Ist denn Befehlen eine Tätigkeit, die er auch früher ausübte? Und wie hat er sie ausgeübt? Er Der Befehl befielt das & das enthält ja die Zeit gar nicht sowenig wie 2 + 2 ist 4. Ich habe auch früher dies gemeint enthält wohl die Zeit. Aber was ist denn hier das Kriterium dafür daß ich dies meinte. Heißt es ich habe schon früher den Dieb gehangen ehe ich ihn noch hatte.
Wie kann man meinen was noch nicht geschehen ist. Worin bestand aber dies meinen damals. Was nennen wir also jetzt diesˇ was wir jetzt tun gemeint zu haben? Worin besteht die Identität: dasselbe jetzt tun, was ich früher meinte. Worin besteht es: dasselbe dieselbe Speise jetzt kochen, was zubereiten die ich später esse Ja ich meine ja jetzt schon das was ich später
ausführe
tue
. Ja manchmalch meine ich jetzt dasselbe; manchmal etwas anderes
!
:
In welchem Falle sagen wir das eine, in welchem Fälle das andere? In welchem Falle sage ich daß ich etwas anderes getan habe als ich meinte – & in welchem das selbe.
⌋⌋ ⌊⌊Und wenn der Befehl nicht befolgt wird: wo ist dann der Schatten
seiner
der
Befolgung den Du zu sehen meintest, weil Dir die Form ⌋⌋ vorschwebte: Er befielt das & das. Wie macht man es denn:
das & das
etwas
zu befehlen? Man sagt: man befielt: den Befehl und auch man befielt: die Handlung (die Befolgung
Man möchte sagen: ich befehle mehr als die Worte & weniger als die Handlung. Wir identifizieren den Satz “daß …” mit der Handlung.
Er hat das getan was ich ihm befohlen habe – Warum soll man hier nicht von einer sagen es [h|s]ei eine Identitätch der Handlungch & der Worte?! Wozu soll ich mich einen Schatten zwischen die beiden stellen? Wir haben ja eine Projektions-methode.
Nur ist es eine andere Identität: Ich habe das getan was er getan hat & ich habe getan das was er befohlen hat.
93


 
    ✓ ∕∕
  ? /  
     Einen Satz verstehen heisst, eine Sprache verstehen.

   
     Jeder Satz einer Sprache hat nur Sinn im Gegensatz zu anderen Wortzusammenstellungen derselben Sprache.

  ? /  
     Wenn ein Satz nicht eine mögliche Verbindung unter anderen wäre, so hätte er keine Funktion.
      D.h.: Wenn ein Satz eine Beschreibung nicht das Ergebnis einer Entscheidung wäre, hätte er sie nichts zu sagen.
 
   
⌊⌊ Sprache die nur aus einem Signal besteht das immer gegeben wird, wenn eine bestimmte Handlung vollführt werden soll.
     Abrichten.
⌋⌋

 
    
     Denken ist Pläne machen.
     Wenn Du Pläne machst, so machst Du ein[n|e]n Plan zum Unterschied von // im Gegensatz zu // andern Plänen.


    
      im Gegensatz zu ist ein anderes Zeichen als im Gegensatz zu

94
   
     “Geh so      nicht so     ” hat nur Sinn, wenn es die Richtung ist, die dem Pfeil hier wesentlich ist, und nicht, etwa nur die Länge.

 
   
     Man muss wissen, worauf im Zeichen man zu sehen hat. Etwa: auf welcher Ziffer der Zeiger steht, nicht darauf, wie lange er ist.

 
  ? /  
     “Geh' in der Richtung, in der der Zeiger zeigt”.
     “Geh' so viele Meter in der Sekunde, als der Pfeil cm lang ist”.
     “Mach' so viele Schritte, als ich Pfeile zeichne”.
     “Zeichne diesen Pfeil nach”.
Für jeden dieser Befehle kann der Gleiche Pfeil stehen. ‒ ‒ ‒

   
     “Ich muss auf die Länge achten”. “ich muss auf die Richtung achten”, das heisst schon: auf die Länge im Gegensatz zu anderen, etc..

 
   
     Wie soll ich mich nach der Uhr richten? Wie kann ich mich nach diesem Bild richten? (Wie nach jedem andern.)

 
   
     Es zeigt mir jemand zum ersten Mal eine Uhr und will, dass ich mich nach ihr richte. Ich frage nun: worauf soll ich bei diesem Ding achten. Und er sagt: auf die Stellung der Zeiger.

 
   
     Natürlich, das Zeichen eines Systems bezeichnet es nur im Gegensatz zu anderen Systemen und setzt selbst ein System voraus. (Interne Relation, die nur besteht, wenn ihre Glieder da sind.)

¥ ⋎ S. 3/1
95


 
    
  /  
     Was heisst es, wenn man sagt: “ich kann mir das Gegenteil davon nicht vorstellen”, oder “wie wäre es denn, wenn's anders wäre”; z.B. wenn jemand gesagt hat, dass meine Vorstellungen privat seien, oder dass nur ich selbst wissen kann, ob ich Schmerzen empfinde, und dergleichen.

  / ü  
     Wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie es anders wäre, so kann ich mir auch nicht vorstellen, wie es so sein kann.
     “Ich kann mir nicht vorstellen” heisst nämlich hier nicht, was es im Satz “ich kann mir keinen Totenkopf vorstellen” heisst. Ich will damit nicht auf eine mangelnde Vorstellungskraft deuten.

  ? /  
     ˇUeberlege: “Ich habe tatsächlich nie gesehen, dass ein schwarzer Fleck nach und nach immer heller wird, bis er weiss ist, und dann immer [t|r]ötlicher, bis er rot ist; aber ich weiss, dass es möglich ist, weil ich es mir vorstellen kann. D.h., ich operiere mit meinen Vorstellungen im Raume der Farben und tue mit ihnen, was mit den Farben möglich wäre.” ((Siehe “Logische Möglichkeit”.))

96
  /  
     Es scheint, als könnte man so etwas sagen wie: Die Wortsprache lässt unsinnige
Wortzusammenstellungen
Ausdrücke
zu, die Sprache der Vorstellung aber nicht unsinnige Vorstellungen. (Natürlich kann das, so wie es da steht, nichts heissen.)


  /  
⌊⌊ Aber so ist es nicht Also die Sprache der Zeichnung auch nicht unsinnige Zeichnungen; – aber so ist es nicht, denn eine Zeichnung kann in dem selben Sinne unsinnig sein wie ein Satz. Denken wir uns eine Zeichnung nach der Körper modelliert werden sollen // Denken wir uns nach dann hätte z.B. die Zeichnung eines Würfels Sinn aber nicht die eines Sechsecks mit seinen Diagonalen. Und denken wir an das sinnlose Stück in der Zeichnung einer Reiseroute Beispiel vom Einzeichnen einer Reiseroute in die beiden Erdprojektionen ⌋⌋

 
  /  
     Was heisst es denn “entdecken, dass ein Satz keinen Sinn hat”? Oder fragen wir so: Wie kann man denn die Unsinnigkeit eines Satzes (etwa): “dieser Körper ist ausgedehnt”) dadurch bekräftigen, dass man sagt: “Ich kann mir nicht vorstellen, wie es anders wäre”?
     Denn, kann ich etwa versuchen, es mir vorzustellen? Heisst es nicht: Zu sagen, dass ich es mir vorstelle, ist sinnlos? Wie hilft mir dann also diese Umformung von einem Unsinn in einen andern? – Und warum sagt man gerade: “ich kann mir nicht vorstellen, wie es anders wäre”? und nicht – was doch auf dasselbe hinauskommt – “ich kann mir nicht vorstellen, wie das wäre”?
     Man erkennt scheinbar in dem unsinnigen Satz etwas, wie eine Tautologie, zum Unterschied von einer Kontradiktion. Aber das ist ja auch falsch. – Man sagt gleichsam: “Ja, es // er // ist ausgedehnt, aber wie könnte es denn anders sein? also, wozu es sagen?”
     Es ist dieselbe Tendenz, die uns auf den Satz “dieser Stab hat eine bestimmte Länge” nicht antworten lässt “Unsinn!”, sondern “Freilich!”.
     Was ist aber der Grund (zu) dieser E Tendenz? Sie könnte auch so beschrieben werden: wenn wir die beiden Sätze “dieser Stab hat eine Länge” und seine Verneinung “dieser Stab hat keine Länge” hören, so sind wir parteiisch und neigen dem ersten Satz zu (statt beide für Unsinn zu erklären).
     Der Grund hievon ist aber eine Verwechslung: Wir sehen den ersten Satz verifiziert (und den zweiten falsifiziert) dadurch, “dass der Stab 4 m hat”. Und man wird sagen: “und 4 m ist doch eine Länge” und vergisst, dass man hier einen Satz der Grammatik hat.

  /  
     Warum sieht man es als Beweis dafür an, dass ein Satz Sinn hat, : dass ich
97
mir, was er sagt, vorstellen kann? Ich könnte sagen: Weil ich diese Vorstellung mit einem dem ersten verwandten Satz beschreiben müsste.

   
     Könnte ich durch eine Zeichnung darstellen, wie es ist, wenn es sich so verhält, wenn es keinen Sinn hätte, zu sagen “es verhält sich so”?
     Zu sagen, “ich kann aufzeichnen wie es ist, wenn es sich so verhält” ist hier eine grammatische Bestimmung über den betrachteten Satz (denn ich will ja nicht sagen, ich könne es zeichnen, etwa weil ich zeichnen gelernt habe u.s.w.). Wie wenn ich sagte: “ist das kein Spiel, da ich doch darin gewinnen und verlieren kann?” – Nun, wenn das Dein Kriterium eines Spieles ist, dann ist es ein Spiel.


 
  / ü  
     “Ich weiss, dass es möglich ist, weil …” Diese Ausdrucksform ist von Fällen hergenommen, wie: “Ich weiss, dass es möglich ist, die Tür mit diesem Schlüssel aufzusperren, weil ich es schon einmal getan habe”. Vermute ich also in dem Sinn, dass dieser Farbenübergang möglich sein wird, weil ich mir ihn vorstellen kann?! Muss es nicht vielmehr heissen: der Satz “der Farbenübergang ist möglich” heisst dasselbe wie der: “ich kann ihn mir vorstellen”, oder: der erste Satz folgt aus dem zweiten? – Wie ist es damit: “Das ABC lässt sich laut hersagen, weil ich es mir im Geiste vorsagen kann”?
     “Ich kann mir vorstellen, wie es wäre”, oder – was wieder ebenso gut ist – : “ich kann es aufzeichnen, wie es wäre, wenn p der Fall ist” gibt eine Anwendung des Satzes. Es sagt etwas über den Kalkül, in welchem wir p verwenden.
98


    
    
     Wenn man sagt, die Substanz ist unzerstörbar, so meint man, es ist sinnlos, in irgend einem Zusammenhang – bejahend oder verneinend – von dem “Zerstören einer Substanz” zu reden.

  /  
⌊⌊ Man kann auch einen zeigen daß ein Satz metaphysisch gemeint ist indem man fragt: Ist das nun eine Erfahrungstatsache? Kannst Du Dir denken (vorstellen) daß es anders wäre. Willst Du sagen Substanz sei noch nie zerstört worden oder es sei undenkbar daß sie zerstört werde
     Undenkbar
⌋⌋

 
  ? /  
⌊⌊ Seltsam daß man sollte sagen können das & das sei undenkbar! Auch wenn wir im Denken wesentlich eine Begleitung des Ausdrucks sehen so ist sind müssen also doch die Worte ‘das & das’ in diesem Satz unbegleitet sein. Was soll er also für einen Sinn haben? Es sei denn daß er aussagen soll diese Worte seien sinnlos. Aber dann ist nicht quasi ihr Sinn sinnlos sondern sie werden aus unserer Sprache ausgeschaltet wie irgend ein beliebiges Geräusch & der Grund ihrer ausdrücklichen Ausschließung kann nur darin liegen daß wir aus irgend einem Grunde versucht sind das Gebilde mit einem Satz unserer Sprache zu verwechseln.⌋⌋

 
  /  
     Ich versuche etwas, kann es aber nicht. – Was heisst es aber: “etwas nicht versuchen können”?
     “Wir können auch nicht einmal versuchen, uns ein rundes Viereck vorzustellen”.

   
     Logische Möglichkeit und Sinn. Kann man fragen: “wie müssen die grammatischen Regeln für die Wörter beschaffen sein, damit sie einem Satz Sinn geben”?

   
     Der Gebrauch des Satzes, das ist sein Sinn.

 
   
     Ich sage z.B. “auf diesem Tisch steht jetzt keine Vase, aber es könnte eine da stehn; dagegen ist es sinnlos // unsinnig // zu sagen, der Raum könnte vier Dimensionen haben.” Aber wenn der Satz dadurch sinnvoll wird, dass er mit den grammatischen Regeln im Einklang ist, nun, so machen wir
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eben die Regel, die den Satz, unser Raum habe vier Dimensionen, erlaubt. Wohl, aber damit ist nun die Grammatik dieses Ausdrucks noch nicht festgelegt. Nun müssen erst noch weitere Bestimmungen darüber gemacht // [v|g]etroffen // werden, wie ein solcher Satz zu gebrauchen ist, wie er etwa verifiziert wird.

  ? /  
     Wenn man auch den Satz als Bild des beschriebenen Sachverhalts auffasst und sagt, der Satz zeige eben wie es ist, wenn er wahr wäre, er zeige also die Möglichkeit des behaupteten Sachverhalts, so kann der Satz doch bestenfalls tun, was ein gemaltes oder modelliertes Bild tut, und er kann also jedenfalls nicht das hinstellen // erzeugen // , was nun eben [Frege] nicht der Fall ist. Also hängt es ganz von unserer Grammatik ab, was möglich genannt wird und was nicht, nämlich eben, was sie zulässt. Aber das ist doch willkürlich! – Gewiss, aber nicht mit jedem Gebilde kann ich etwas anfangen; d.h.: nicht jedes Spiel ist nützlich und wenn ich versucht bin, etwas ganz
Unnützes
Nutzloses
einen Satz zu nennen,
als Satz zuzulassen,
so geschieht es, weil ich mich durch eine Analogie dazu verleiten lasse und nicht sehe, dass mir für meinen Satz noch die wesentlichen Regeln der Anwendung fehlen. ⌊⌊Gewiß, aber nicht jeder Kalkül der dem, mit gewissen unserer Erfahrungssätzen, analog ist, ist irgendwie ist irgendwie von Nutzen Nicht jedes Gebilde das in soso einem Kalkül jenen Erfahrungssätzen entspricht werden wir Satz nennen wollen



Gewiß aber unsere [S|E]rfahrungssätze z.B. die, welche sich durch ein gemaltes Bild ersetzen ließen weil sie eine sichtbare Verteilung von Körpern beschreiben haben eher eine bestimmte Anwendung einen bestimmten Nutzen. Aber nicht
⌋⌋ So ist es z.B., wenn man von einer unendlichen Baumreihe redet und sich fragt, wie es denn zu verifizieren sei, dass eine Baumreihe unendlich ist, und was etwa die Beziehung dieser Verifikation zu der des Satzes “die Baumreihe hat 100 Bäume” ist.

¥ ⋎145/3
100
ch


    
  /  
     Kann ein logisches Produkt in einem Satz verborgen sein? Und wenn, wie erfährt man das, und was für Methoden haben wir, das im Satz Verborgene ans
Licht
Tageslicht
zu ziehen? Haben wir noch keine sicheren Methoden, (es zu finden,) dann können wir auch nicht davon reden, dass etwas verborgen ist, oder verborgen sein könnte. Und haben wir eine Methode des Suchens, so kann das logische Produkt
, z.B.,
,
im Satz nur so verborgen sein, wie es etwa die Teilbarkeit durch 3 in der Zahl 753 ist, solange ich das Kriterium n[i|o]ch nicht angewandt habe, oder aber auch die √7 solange ich sie noch nicht ausgerechnet habe der Quotient 753 : 3 ist solange die Division noch nicht ausgeführt ist. Denn, das verborgene logische Produkt finden, ist eine mathematische Aufgabe.
      Die Frage ob ein log. Produkt in einem Satz versteckt sei ist ein mathematisches Problem.

 
  /  
     Also ist Elementarsatz ein solcher, der sich in dem Kalkül, wie ich
ihn
es
heute
jetzt
benütze, nicht als Wahrheitsfunktion anderer Sätze darstellt.

 
   
     Die Idee, Elementarsätze zu konstruieren (wie dies z.B. Carnap versucht hat), beruht auf einer falschen Auffassung der logischen Analyse. Sie betrachtet das Das Problem dieser Analyse als das,ˇ besteht nicht darin ist nicht: es sei eine Theorie der Elementarsätze zu findench. Als seien Prinzipien der Mechanik zu finden. Sie lehtn lehnt sich an das an, was, in der
101
Mechanik z.B., geschieht, wenn eine Anzahl von Grundgesetzen gefunden wird, aus denen das ganze System von Sätzen hervorgeht.

 
  /  
     Meine eigene Auffassungˇ in der log. phil. Abhandlg. war falsch: Teils,ˇ 1.) weil ich mir über den Sinn der Worte “in einem Satz iste ein logisches Produkt versteckt” (und ähnlicher) nicht klar war, zweitens, 2.) weil auch ich dachte, die logische Analyse müsse verborgene Dinge an den Tag bringen (wie es die chemische und physikalische tut).

 
  ü /  
     Man kann den Satz “dieser Ort ist jetzt rot” (oder “dieser Kreis ist jetzt rot”, etc.) einen Elemen[f|t]arsatz nennen, wenn man damit sagen will, dass er weder eine Wahrheitsfunktion anderer Sätze ist, noch als solche definiert (ist). (Ich sehe hier von Verbindungen der Art p & (q . V . non-q) und analogen ab.)
     Aus “a ist jetzt rot” folgt aber “a ist jetzt nicht grün” und die Elementarsätze in diesem Sinn sind also nicht von einander unabhängig, wie die Elementarsätze in meinem seinerzeit beschriebenen Kalkül, von dem ich annahm, der ganze Gebrauch der Sätze müsse sich auf ihn ◇◇◇ zurückführen lassen; – verleitet durch einen falschen Begriff von diesem “zurückführen” // von dieser Zurückführung // .
102



 
   
Siehe Sinn & Grammatik
 
    
  ü /  
Man scheint etwas über den Zustand der Schmerzlosigkeit zu sagen wenn man sagt daß er die Möglichkeit des Schmerzes enhalten muß. Man redet aber nur vom System der Bilder das wir verwenden.

¥ ⋎ S. 388, ¥389
   
                Derˇ Über den schmerzlosen Zustandˇ sinnvoll reden setzt die Fähigkeit voraus, Schmerzen zu fühlen und das kann keine

physiologische
Disposition
Fähigkeit

sein, – denn wie wüsste man sonst, wozu es die Fähigkeit ist – sondern eine logische Möglichkeit. – Ich beschreibe meinen gegenwärtigen Zustand durch die Anspielung auf Etwas, was nicht der Fall ist. * ⌊⌊* Diese Ans Das zu sagen ist irreführend, denn es
klingt
ist
, als sei es eine Anspielung auf einen nicht Existierenden, während es eine Anspielung auf einen Abwesenden ist. Aber auch das ist irreführend.
⌋⌋ Wenn diese Hinweisung zu der Beschreibung nötig ist (und nicht bloss eine Verzierung), so muss in meinem gegenwärtigen Zustand e[g|t]was liegen, was diese Erwähnung (Hinweisung) nötig macht. Ich vergleiche diesen Zustand mit einem anderen, also muss er mit ihm vergleichbar sein. Er muss auch im Schmerzraum liegen, wenn auch an einer andern Stelle. – Sonst würde mein Satz etwa heissen, mein gegenwärtiger Zustand hat mit einem schmerzhaften nichts zu tun; etwa, wie ich sagen würde, die Farbe dieser Rose hat mit der Eroberung Galliens durch Cäsar nichts zu tun. D.h. es ist kein Zusammenhang vorhanden. Aber ich meine gerade, dass zwischen meinem jetzigen Zustand und einem schmerzhaften ein Zusammenhang besteht.” Ich meine nur, was ich sage.
     In wiefern ist aber Schmerzlosigkeit ein Zustand. Was nenne ich einen “Zustand”? ⌊⌊ Vielleicht lehrreich. Sonst U.⌋⌋
103


 
  / /  
      Wenn ich sage, ich habe heute Nacht nicht geträumt, so muss ich doch wissen, wo nach dem Traum zu suchen wäre (d.h., der Satz “ich habe geträumt” darf, auf die Situation angewendet, nur falsch, aber nicht unsinnig sein.
     Ich drücke die gegenwärtige Situation durch eine Stellung – die negative – der Signalscheibe “Träume – keine Träume” aus. Ich muss sie aber trotz ihrer negativen Stellung von andern Signalscheiben unterscheiden können. Ich muss wissen, dass ich diese Signalscheibe in der Hand habe.

     Man könnte nun fragen: Heisst das, dass Du doch etwas gesprüt gespürt hast, sozusagen die Andeutung eines Traums, die Dir die Stelle zum Bewusstsein bringt, an der ein Traum gestanden wäre?
Oder, wenn ich sage “ich habe keine Schmerzen im Arm”, heisst das, dass ich eine Art schattenhaftes Gefühl habe, welches die Stelle andeutet, in die der Schmerz eintreten würde? Aber muß ich nicht wissen wie es wäre wenn ich Schm. hatte? Doch offenbar, nein.
     In wiefern enthält der gegenwärtige, schmerzlose Zustand die Möglichkeit der Schmerzen?
     Wenn einer sagt: “Damit das Wort Schmerzen Bedeutung habe, ist es notwendig, dass man Schmerzen als solche erkennt, wenn sie auftreten”, so kann man antworten: “Es ist nicht notwendiger, als dass man das Fehlen von Schmerzen erkennt”.
      “Schmerzen” heisst sozusagen der ganze Masstab und nicht einer seiner Teilstriche. Dass er auf einem bestimmten Teilstrich steht, ist durch einen Satz auszudrücken.
     Man kommt nicht davon weg, daß die Benützung des Satzes darin besteht daß man sich bei jedem Wort etwas vorstellen muß // vorstellt //


  ∫ ¿  
     “Was wäre das für eine Frage: Könnte denn Alles nicht der Fall sein, und nichts der – Fall – sein’? Könnte man sich einen Zustand einer Welt denken, in dem mit Wahrheit nur negative Sätze zu sagen wären? Ist das nicht offenbar alles Unsinn? Gibt es denn wesentlich negative und positive Zustände?” Nun, es kommt darauf an, was man ‘Zustände’ nennt. Die Anwendg. des Satzes ist nicht die, die eine solche Vorstellung fordert. Immer wieder möchte man sich den Sinn eines Satzes, also seine Anwendung Verwendung (seinen Nutzen) in
einem
dem
Geisteszustand des redenden konzentriert denken.
Man denkt nicht, daß man mit ihm rechnet, operiert, ihn mit der Zeit durch dies oder jenes Bild ersetzt. Sondern sein Sinn, d.i aber sein Zweck, soll in einer Art Bild liegen die // soll in einem Zustand liegen // …
104
 
   
Wie weiß Einer daß er nicht taub ist wenn er kein Geräusch hört & daß er nicht innerlich taub ist, wenn er sich keins vorstellen kann.

 
  ∫ ✓  
     Ist absolute Stille zu verwechseln mit innerer Taubheit, ich meine der Unbekanntheit mit dem Begriff des Tones? Wenn das der Fall wäre, so könnte man den Mangel des Gehörssinnes nicht von dem Mangel eines andern Sinnes unterscheiden.
     Ist das aber nicht genau dieselbe Frage wie: Ist der Mann, der jetzt nichts Rotes um sich sieht, in derselben Lage, wie der, der unfähig ist, rot zu sehen?
     Man kann natürlich sagen: Der Eine kann sich rot doch vorstellen, aber das vorgestellte Rot ist ja nicht dasselbe, wie das gesehene.

     Nun, worin äussert sich denn die Fähigkeit, rot zu sehen und worin die Bekanntschaft mit dem Begriff des Tons?
⌊⌊gut darüber nachzudenken.⌋⌋
Man wird sagen: Er muß wissen was “Ton” heißt. Aber was heißt es das zu wissen? – Ich sage “ich weiß was “rot” heißt” – Jemand fragt: “Bist Du sicher?” – Was würde ich da tun um mich davon zu überzeugen?

 
   
     Wenn ich nur etwas Schwarzes sehe und sage, es ist nicht rot, wie weiss ich, dass ich nicht Unsinn rede, d.h. dass es rot sein kann kann, dass es Rot gibt? Wenn nicht rot eben ein anderer Teilstrich auf dem Masstab ist, auf dem auch schwarze einer ist. Was ist der Unterschied zwischen “das ist nicht rot” und “das ist nicht abracadabra”? Ich muss offenbar wissen,d dass “schwarz”, welches den tatsächlichen Zustand beschreibt (oder beschreiben hilft) das ist, an dessen Stelle in der Beschreibung “rot” steht. ⌊⌊ vielleicht lehrreich⌋⌋

 
  /  
     Das Gefühl ist, als müsste ◇◇◇ non-p, um p zu verneinen, es erst in gewissem Sinne wahr machen. Man fragt “was ist nicht der Fall”. Dieses muss dargestellt werden, kann aber doch nicht so dargestellt werden, dass p wirklich wahr gemacht wird.

   
     “Das Grau muss bereits im Raum von dunkler und heller vorgestellt sein, wenn ich davon reden will, dass es dunkler [u|o]der heller werden kann. D.h.: es kann zum Verständnis des Satzes gehören, daß man etwas helleres
&
oder
dunkleres vor sich sieht &
man sagt dann etwa
etwa sagt
: “dieses Grau kann so oder auch so werden”.
⌊⌊ vielleicht lehrreich⌋⌋
     Man könnte also vielleicht auch sagen: Der Masstab muss schon angelegt
105
sein, ich kann ihn nicht – willkürlich – anlegen, ich kann nur einen Teilstrich darauf hervorheben.
      Das kommt auf Folgendes hinaus: Wenn es um mich her vollkommen still ist, so kann ich an diese Stille den Gehörsraum nicht willkürlich anbringen[,| (]aufbauen), oder nicht anbringen. D.h., es ist für mich entweder still im Gegensatz zu einem Laut, oder das Wort ‘still’ hat keine Bedeutung für mich. D.h. ich kann nicht wählen zwischen innerem Gehör und innerer Taubheit.
     Und ebenso kann ich, wenn ich [g|G]rau sehe, nicht zwischen normalem innerem Sehen, partieller oder vollkommener Farbenblindheit wählen.”


  ? /  
     “Kann ich mir Schmerzen in der Spitze meines Nagels denken, oder in meinen Ha[z|a]ren? Sind diese Schmerzen nicht ebensoˇwohl, und ebenso wenig vorstellbar, wie die an irgend einer Stelle des Körpers, wo ich gerade keine Schmerzen habe und mich an keine erinnere?” (Siehe: Sinn & Grammatik)

   
⌊⌊ v.l.⌋⌋       Sehen wir die Sache vom Standpunkt des gesunden Menschenverstandes an. Wir sind versucht zu sagen; “ich habe jetzt in der Hand keine Schmerzen” heisst nur etwas, wenn ich weiss, wie es ist, wenn man Schmerzen in der Hand hat. Was heisst es, das zu wissen? Was ist unser Kriterium dafür, dass man es weiss? Nun, ich würde sagen: “ich habe schon öfters Schmerzen gehabt”, “ich habe öfters Schmerzen an dieser Stelle gehabt”, oder “ich habe zwar nicht an dieser Stelle Schmerzen gehabt, aber an andern Stellen meines Körpers”. Es könnte gefragt werden: worin besteht die Erinnerung an Deine vergangenen Schmerzen? fühlst Du sie in einer Art schattenhafter Weise wieder? Aber sei diese Erfahrung (des Sich-Erinnerns) wie immer, sie ist eine bestimmte Erfahrung und ich nenne sie die Erinnerung “an Schmerzen, die ich gehabt habe” und dies zeigt eben, wie ich das Wort “Schmerzen” und den Aus-
106
druck der Vergangenheit gebrauche.


 
  / ?  
     Die Verneinung enthält eine Art Allgemeinheit durch das Gebiet von Möglichkeiten, die sie offen lässt.
     Aber freilich muss auch die Bejahung sie enthalten und nur einen andern Gebrauch von ihr machen.


 
  ∫ ¿   
  /  
     Ist die Verneinung identisch einer Disjunktion der ausgeschlossenen Fälle? ˇSie ist es in manchen Fällen & in manchen ist sie es nicht. “Die Kom Permutation von ABC die ich sah war nicht ACB.”
107



 
    
   
Verneinen, eine ‘geistige Tatigkeit’. Verneine etwas & beobachte was Du tust. Du schüttelst etwa innerlich den Kopf. Nun und was
nützt
hilft
das? weiter? Ist das nützlicher als ein “~” vor einem Satz schreiben?

 
  /  
     “Wie kann das Wort ‘nicht’ verneinen?” Ja, haben wir denn abgesehen von der Verneinung // ausser der Verneinung // durch ein Ze[z|i]chen, noch einen Begriff von der Verneinung?
     Doch es fällt uns dabei etwas ein, wie: Hindernis, abwehrende Geste, Ausschluss. Aber das alles (ist) doch immer in einem Zeichen verkörpert.

 
  /  
     Was ist der Unterschied zwischen: Wünschen, dass etwas geschieht und Wünschen, dass dasselbe nicht geschieht?
     Wollte man es bildlich darstellen, man würde mit dem Bild der Handlung etwas vornehmen: es durchstreichen, in bestimmter Weise
einzäunen
einrahmen
, und dergleichen. Aber das erscheint uns als eine rohe Methode des Ausdrucks; aber ich glaube, dass jede wesentlich ebenso sein muss; in der Wortsprache setze ich das Zeichen “nicht” in den Satz.
Das scheint uns wie ein
Wie gesagt, das scheint ein
ungeschickter Behelf und man meint etwa, im Denken geschieht es schon anders. Ich glaube aAber, im Denken, Erwarten, Wünschen, geschieht es ganz ebenso. Sonst würde ja auch die Diskrepanz zwischen dem Denken und dem Sprechen der Sprache – in dem wir der wir
doch
ja doch
denken – unerträglich sein.
108
 
  /  
     Noch einmal, der Ausdruck der Verneinung, den wir gebrauchen, wenn wir uns irgendeiner
Schrift
Sprache
bedienen, erscheint uns primitiv; als gäbe es einen richtigeren, der mir nur in den rohen Verhältnissen dieser
Ausdrucksform
Sprache
nicht zur Verfügung steht.

 
  / ∫  
     Dieses Primitive der Ausdrucksform, das uns bei der Verneinung aufgefallen ist, haben wir
auch anderwärts
schon früher
begegnet; wenn man nämlich etwa einem Menschen begreiflich machen will, dass er einen gewissen Weg gehen soll, so kann man ihm den Weg aufzeichen, und hierin mit beliebig weitgehender Genauigkeit verfahren. Die Andeutung jedoch, die ihm verständlich machen soll, dass er den Weg gehen soll, ist wieder von der primitiven Art, die man gerne verbessern möchte.

 
  /  
     “Was hil[c|f]t es, dass als Negationszeichen nur ein Haken vor dem Satz p steht, ich muss ja doch die ganze Negation denken”.

 
  /  
     “Das Zeichen ‘
nicht
non
’ deutet an, Du sollst das, was ˇ darauf folgt, negativ auf[c|f]assen,..

     Es deutet an, heisst aber, dass das ˇdieses Zeichen der Verneinung nicht der letzte sprachliche Ausdruck ist[.|;] Ddass das nicht das Bild des Gedankens ist. Dass mehr in der Negation ist, als das.

 
  /  
     
Man
Ich
möchte sagen: die ˇdas Zeichen der Verneinung ist nurr eine Veranlassung um etwas viel
Komplizierteres
Komplexeres
ˇ // sehr Kompliziertes // zu tun; aber was? si Lässt sich die Frage nicht beantworten (und das eine Symbol der Negation durch ein anderes zu ersetzen, ist keine Antwort), so ist sie unsinnig, und dann ist es auch jener erste Satz.
     Es ist, als veranlasste uns das Zeichen der Negation zu etwas; aber
wozu?
was,
das wird scheinbar nicht gesagt. Es ist, als brauchte es nur angedeutet werden; als wüssten wir es schon. ﹖– Als wäre eine Erklärung jetzt unnötig, da wir die Sache ohnehin schon kennen. –﹖
¥ ⋎ S 3/2
109
 
  ? /  
     Gäbe es eine explizitere Ausdrucksweise der Negation, so müsste sie sich doch in/die andere abbilden lassen und könnte darum nicht von anderer Multiplizität sein.

 
  ? /  
     Nun wäre aber die Frage: wie zeigt sich das uns bekannte Spezifische der Negation in den Regeln, die vom Negationszeichen gelten // handeln // . Dass z.B. ein gezeichneter Plan eines Weges ein Bild des Weges ist, verstehen wir ohne weiteres; wo sich der gezeichnete Strich nach links biegt, biegt sich auch der Weg nach links, etc. etc.. Dass aber das Zeichen “nicht” den Plan ausschliesst, sehen wir nicht. Eher noch, wenn wir etwas ausgeschlossenes mit einem Strich umfahren, gleichsam abzäumen. Aber so könnte man ja das “non” als eine Tafel auffassen “Verbotener Weg”.
     Denken wir aber daran, wie jemandem wirklich die Bedeutung so einer Tafel gelehrt würde. Man würde ihn etwa zurückhalten, den Weg zu gehen.


 
  ∫ ¿  
     ⌊⌊ überlegen⌋⌋ “Ich sage doch diese Worte nicht bloss, sondern ich meine auch etwas mit ihnen”. Wenn ich z.B. sage “Du darfst nicht herein[i|k]ommen”, so ist es der natürliche Akt, zur Begleitung dieser Worte, mich vor die Tür zu stellen und sie zuzuhalten. Aber es wäre nicht so offenbar naturgemäss, wenn ich sie ihm bei diesen Worten öffnen würde. Diese Worte haben, wie sie hier verstanden werden, offenbar etwas mit jenem Akt zu tun.
     Der Akt ist sozusagen eine Illustration zu ihnen – müsste als Sprache aufgefasst werden können. Andrerseits ist er aber auch der Akt, den ich abgesehen von jedem Symbolismus aus meiner Natur
tue.
tun will.


 
   
     Wie ist es aber mit diesem Gedanken: Wenn “non-p” ein Bild sein soll, wäre, was es bedeutet, nicht am besten dadurch darzustellen, dass das im Zeichen nicht der Fall ist, wasˇ, wenn es der Fall wäre, darstellen würde, dass p der Fall ist. Es ist aber klar, dass so ein Symbolismus nicht funktioniert.       Es ist dafür keine Erklärung, zu sagen (was ich einmal sagte), ein sol-
110
cher negativer Symbolismus ginge schon, ⌊⌊      Wäre es da nicht am natürlichsten, wenn es das Gegenteil von p durch das Gegenteil des Zeichens von “p” darstellte. Man würde dann, daß zwei Menschen nicht miteinander kämpfen dadurch
abbilden
darstellen
daß man sie abbildete wie sie nicht miteinder kämpfe[n|nd]. abbildete. darst Ich sagte einmal, ein solcher negativer Symbolismus wäre schon möglich …⌋⌋ er sei nur darum nicht zu gebrauchen, weil man aus ihm nicht erfahren könne, was verneint sei. Dann ist er eben kein Symbolismus der Negation, wenn er uns nicht das Nötige mitteilt. [u|U]nd dann fehlt es ihm am Wesentlichen.
     Es hat ja seinen Grund, warum in gewissen Fällen der negative Symbolismus funktioniert und z.B. keine Antwort auch eine Antwort ist. In diesen Fällen ist eben der Sinn des Schweigens eindeutig bestimmt.

 
  /  
      Würde man es ein Porträt nennen? Es wird eine andere Art Porträt entworfen, durch ein Bild, was zeigen soll, wie es sich nicht verhält, als durch eines, was zeigt wie es sich verhält.

 
  ?  
     Die Farbangabe, dass etwas nicht rot ist, ist von anderer Art als die, dass etwas rot (oder blau) ist. D.h. sie ist nicht in dem gleichen Sinn eine Farbangabe.

 
  /  
     
Aber es
Dagegen
kann die Negation eines Satzes eine Angabe gleicher Art sein, wie der negierte Satz.

 
   
     “Ich brauche im negativen Satz das intakte Bild des positiven Satzes.”

 
  ∫ ¿  
     “Ich kann ein Bild davon zeichnen, wie Zwei miteinander fechten; aber doch nicht davon, wie Zwei miteinander nicht fechten (d.h. nicht ein Bild, das bloss dies darstellt).
     ‘Sie fechten nicht miteinander’ heisst nicht, dass davon nicht die Rede ist, sondern, es ist eben davon die Rede und wird (nur) ausgeschlossen”.

 
  ? /  
     Die Idee der Negation ist nur in einer Zeichenerklärung verkörpert und soweit wir eine solche Idee besitzen, besitzen wir sie nur in der Form so
111
einer Er[l|k]lärung. Denn wenn man fragen kann “was meinst Du damit // mit diesem Zeichen // ”, so ist die Antwort nur eine Zeichenerklärung (irgendeiner Art).

     Den Begriff der Negation // Verneinung // besitzen wir nur in einem Symbolismus. Und darum kann man nicht sagen: “auf die und die Art kann man die Negation nicht darstellen, weil diese Art nicht eindeutig wäre” – als handelte es sich um die Beschreibung eines Gegenstandes, die nicht eindeutig gegeben worden wäre. Wenn der Symbolismus nicht erkennen lässt, was verneint wurde, so verneint er nicht; wie ein Schachbrett ohne Felder kein schlechtes, d.h. unpraktisches Schachbrett ist, sondern keins. Und wenn ich glaubte, auf // mit // einem Brett ohne Felder Schach spielen zu können, so habe ich das Spiel einfach missverstanden und werde etwa jetzt
auf das Missverständnis
darauf
aufmerksam gemacht.
     Ein Symbolismus, der die Negation “nicht darstellen kann”, ist kein Symbolismus der Negation.

 
  /  
     Ich glaube, ein Teil der Schwierigkeit rührt vom Gebrauch der Wörter “ja” und “nein” her (auch “wahr” und “falsch”). Diese beiden lassen es so erscheinen, als wäre ein Satz und sein Gegenteil im Verhältnis zweier Pole zueinander oder zweier entgegengesetzter Richtungen. Während schon, dass non-non-p = p ist, eine doppelte Bejahung aber keine Verneinung ist, zeigen kann, dass dieses Bild falsch ist.

 
  / ü  
     Wenn gefragt würde: ist die Negation // Verneinung // in der Mathematik, etwa in non(2 + 2 = 5), die gleiche, wie die nicht-mathematischer Sätze? so müsste erst bestimmt werden, was als Charakteristikum der // dieser // Verneinung als solcher aufzufassen ist. Die Bedeutung eines Zeichens liegt ja in den Regeln, nach denen es verwendet wird // in den Regeln, die seinen Gebrauch vorschreiben // . Welche dieser Regeln machen das Zeichen “non”
112
zur Verneinung? Denn es ist klar, dass gewisse Regeln, die sich auf “non” beziehen, für beide Fälle die gleichen sind; z.B. non-non-p = p. Man könnte ja auch fragen: ist die Verneinung eines Satzes “ich sehe einen roten Fleck” die gleiche, wie die von “die Erde bewegt sich in einer Elipse um die Sonne”; und die Antwort müsste auch sein: Wie hast Du “Verneinung” definiert, durch welche Klasse von Regeln? – daraus wird sich ergeben, ob wir in beiden Fällen “die gleiche Verneinung” haben. Wenn die Logik allgemein von der Verneinung redet, oder einen Kalkül mit ihr treibt, so ist die Bedeutung des Verneinungszeichens nicht weiter festgelegt, als die Regeln ◇◇◇ seines Kalküls. Wir dürfen hier nicht vergessen, dass ein Wort seine Bedeutung nicht als etwas, ihm ein für allemal verliehenes, mit sich herumträgt, sodass wir sicher sind, wenn wir nach dieser Flasche greifen, auch die bestimmte Flüssigkeit, etwa Spiritus, zu erwischen. // … auch die bestimmte Flüssigkeit, z.B. Spiritus, in der Hand zu halten. //
⋎ Siehe S. 106 letzter Satz
113



 
    
   
     Landsch Tritt die Zeit in ein Landschaftsbild ein? oder in ein Stilleben?
     Literatur die aus Landschaftsschilderungen besteht.


 
   
     Die Grammatik, wenn sie in der Form eines Buches [a|u]ns vorläge, bestünde nicht aus einer Reihe bloss nebengeordneter Artikel, sondern würde eine andere Struktur zeigen. Und in dieser müsste man – wenn ich Recht habe – auch den Unterschied zwischen Phänomenologischem und Nicht-Phänomenologischem sehen. Es wäre da etwa ein Kapitel von den Farben, worin der Gebrauch der Farbwörter geregelt wäre; aber dem vergleichbar wäre nicht, was über die Wörter “nicht”, “oder”, etc. (die “logischen Konstanten”) in der Grammatik gesagt würde.
     Es würde z.B. aus den Regeln hervorgehen, dass diese letzteren Wörter in jedem Satz anzuwenden seien (nicht aber die Farbwörter). Und dieses “jedem” hätte nicht den Charakter einer erfahrungsmässigen Allgemeinheit; sondern der inappellablen Allgemeinheit einer obersten Spielregel. Es scheint mir ähnlich, wie das Schachspiel wohl ohne gewisse Figuren zu spielen (oder doch fortzusetzen) ist, aber nie ohne das Schachbrett. [Das ist nicht wahr, man könnte ganz gut mit einem Teil des Brettes auskommen.]

 
  ?  
     Wie offenbart sich die Zeitlichkeit der Tatsachen, wie drückt sie sich aus, als dadurch, dass gewisse
Wendungen
Ausdrücke
in unsern Sätzen vorkommen
114
müssen. D.h.: Wie drückt sich die Zeitlichkeit der Tatsachen aus, als grammatisch?
“Zeitlichkeit” damit ist nicht gemeint daß ich um 5 h komme sondern daß ich irgendwann komme d.h. daß mein Satz die Struktur hat, die er hat.

 
  /  
⌊⌊      Woher – möchte ich fragen –
die Allgemeinheit der Zeitlichkeit
die ganz allgemeine Zeitlichkeit
der
Erfahrungssätze
Sätze
?
⌋⌋

 
   
⌊⌊      Konnte man auch so fragen: “
Wie
Woher
kommt es daß man alle Erfahrungstatsachen mit dem was eine Uhr zeigt in Verbindung bringen kann?”?
⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Lehrreich⌋⌋
     Negation und Disjunktion, möchten wir sagen, hat mit dem Wesen des Satzes zu tun, die Zeit aber nicht, sondern mit seinem Inhalt.
     Wie aber kann es sich in der Grammatik zeigen, dass Etwas mit dem Wesen des Satzes zusammenhängt und etwas anderes nicht, wenn sie beide gleich allgemein sind?
     Oder sollte ich sagen, die geringere Allgemeinheit wäre auf seiten der Zeit, da die mathematischen Sätze negiert und disjungiert werden können, aber nicht zeitlich sind? Ein Zusammenhang ist wohl da, wenn auch diese Form, die Sache darzustellen, irreführend ist.
      Das zeigt eben was ich unter “Satz” oder dem “Wesen des Satzes” verstehe.

 
   
     Wie unterscheidet die Grammatik zwischen Satzform und Inhalt? Denn dies soll ja ein grammatikalischer Unterschied sein. Wie sollte man ihn beschreiben können, wenn ihn die Grammatik nicht ezeigt?

 
  ? /  
[Zu § 18]

     Was hat es mit dem Schema “Es verhält sich so und so” für eine Bewandtnis? Man könnte sagen, das “Es verhält sich” ist
der Angriff für die Wahrheitsf..
die Handhabe für den Angriff der Wahrheitsfunktionen.

     “Es verhält sich” ist also nur ein Ausdruck aus einer Notation der Wahrheitsfu[t|n]ktionen. Ein Ausdruck, der uns zeigt, welcher Teil der Grammatik hier in Funktion tritt.



   
     ﹖– Jene Zweifache Art der Allgemeinheit wäre so seltsam –﹖, wie wenn von zwei Regeln eines Spiels, die beide gleich ausnahmslos gelten, die eine als die fundamentalere angesprochen würde. Als könnte man also fragen // darüber reden // , ob der König oder das Schachbrett für das Schachspiel essentieller wäre. Welches von beiden das Wesentlichere, welches das Zufälligere wäre.
115
 
   
     Zum mindesten scheint eine Frage berechtigt: Wenn ich die Grammatik aufgeschrieben hätte und die verschiedenen Kapitel, über die Farbwörter, etc. etc. der Reihe nach da sün stünden, wie Regeln über alle die Figuren des Schachspiels, wie wüsste ich dann, dass dies nun alle Kapitel sind? Und wenn sich nun in allen vorhandenen Kapiteln eine gemeinsame Eigentümlichkeit findet, so haben wir es hier scheinbar mit einer logischen Allgemeinheit, aber keiner wesentlichen, d.h. voraussehbaren Allgemeinheit, zu tun. Man kann aber doch nicht sagen, dass die Tatsache, dass das Schachspiel mit 16 Figuren gespielt wird, ihm weniger wesentlich ist, als, dass es auf dem Schachbrett gespielt wird.

 
  /  
     Da Zeit und Wahrheitsfunktionen so verschieden schmecken und da sie ihr Wesen allein und ganz in der Grammatik offenbaren, so muss die Grammatik den verschiedenen Geschmack erklären.
     Das eine schmeckt nach Inhalt, das andere nach Darstellungsform.
     Sie schmecken so verschieden, wie der Plan und der Strich durch den Plan.

 
  ? /  
     Es kommt mir so vor, als wäre die Gegenwart, wie sie in dem Satz “der Himmel ist blau” steht (wenn dieser Satz nicht-hypothetisch gemeint ist), keine Form der Zeit. Als ob also die Gegenwart in diesem Sinne unzeitlich wäre.

 
  /  
     Es ist merkwürdig, dass die Zeit, von der ich hier rede, nicht die im physikalischen Sinne ist. Es handelt sich hier nicht um eine Zeitmessung. Und es ist verdächtig, dass etwas, was mit einer solchen Messung nichts zu tun hat, in den Sätzen eine ähnliche Rolle spielen soll, wie die physikalische Zeit in den Hypothesen der Physik.

116
 
  ? /  
⌊⌊ überlege⌋⌋
     Diskutiere:
     Der Unterschied zwischen der Logik des Inhalts und der Logik der Satzform überhaupt. Das eine erscheint gleichsam bunt, das andere matt. Das eine scheint von dem zu handeln, was das Bild darstellt, das andere, wie der Rahmen des Bildes ein Charakteristi[u|k]um der Bildform zu sein.

 
  ? /  
⌊⌊ uberlegen⌋⌋
     Dass alle Sätze die Zeit in irgend einer Weise enthalten, scheint uns zufällig, im Vergleich damit, dass auf alle Sätze die Wahrheitsfunktionen anwendbar sind.
     Das scheint mit ihrem Wesen als Sätzen zusammenzuhängen, das andere mit dem Wesen der vorgefundenen Realität.

 
   
   Ein Satz kann in sehr verschiedenem Sinne die Zeit enthalten.
      Ich habe Zahnschmerzen!
     Du tust mir weh!
     Es ist herrliches Wetter draußen.
     Der Inn fließt in die Donau.
     Wasser gefriert bei 0˚.
   Ich verschreibe mich oft.
   Vor einiger Zeit …
   Ich hoffe er wird kommen.
   Um 5 Uhr …
   Diese Stahlsorte ist sehr gut.
   Unsere Erde war einmal ein Gasball
117




 
    
   
     Eine Hypothese könnte man offenbar durch Bilder erklären. Ich meine, man könnte z.B. die Hypothese “hier liegt ein Buch” durch Bilder erklären, die das Buch im Grundriss, Aufriss und verschiedenen Schnitten zeigen.

 
  ? /  
     Eine solche Darstellung gibt ein Gesetz. Wie die Gleichung einer Kurve ein Gesetz gibt, nach der die Ord[n|i]natenabschnitte aufzufinden sind, wenn man in verschiedenen Abszissen schneidet.
     Die fallweisen Verifikationen entsprechen dann solchen wirklich ausgeführten Schnitten.
     Wenn unsere Erfahru[g|n]gen die Punkte auf einer Geraden ergeben, so ist der Satz, dass diese Erfahrungen die verschiedenen Ansichten einer Geraden sind, eine Hypothese.
     Die Hypothese ist eine Art der Darstellung dieser Realität, denn eine neue Erfahrung kann mit ihr übereinstimmen oder nicht-übereinstimmen, bezw. eine Aenderung der Hypothese nötig machen.

 
  ? /  
     Drücken wir z.B. den Satz, dass eine Kugel sich in einer bestimmten Entfernung von unseren Augen befindet, mit Hilfe eines Koordinatensystems
118
und der Kugelgleichung aus, so hat diese Beschreibung eine grössere Mannigfaltigkeit, als die einer Verifikation durch das Auge. Jene Mannigfaltigkeit entspricht nicht einer Verifikation, sondern einem Gesetz, welchem Verifikationen gehorchen.

 
  ∫ ¿  
     Eine Hypothese ist ein Gesetz zur Bildung von Sätzen.
     Man könnte auch sagen: Eine Hypothese ist ein Gesetz zur Bildung von Erwartungen.
     Ein Satz ist sozusagen ein Schnitt durch eine Hypothese in einem bestimmten Ort.

 
  ∫ ¿  
     Nach meinem Prinzip müssen die beiden Annahmen ihrem Sinne nach identisch sein, wenn alle mögliche Erfahrung, die die eine bestätigt, auch die andere bestätigt. Wenn also keine Entscheidung zwischen durch die Erfahrung denkbar ist.

 
  /  
     Darstellung einer Linie als Gerade mit Abweichungen. Die Gleichung der Linie enthält einen Parameter, dessen Verlauf die Abweichungen von der Geraden ausdrückt. Es ist nicht wes[r|e]ntlich, dass diese Abweichungen “gering” seien. Sie können so gross sein, dass die Linie einer Geraden nicht ähnlich sieht. Die “Gerade mit Abweichungen” ist nur eine Form der Beschreibung. Sie erleichtert es mir, einen bestimmten Teil der Beschreibung auszuschalten, zu vernachlässigen, wenn ich will. (Die Form “Regel mit Ausnahmen”.)

 
  ? /  
     Was hei[w|s]st es, sicher zu sein, dass man Zahnschmerzen haben wird. (Kann man nicht sicher sein, dann erlaubt es die Grammatik nicht, das Wort “sicher” in dieser Verbindung zu gebrauchen.)
     Grammatik des Wortes “sicher sein”.

119
 
  ü /  
     Man sagt: “Wenn ich sage, dass ich einen Sessel dort sehe, so sage ich mehr, als ich sicher weiss”. Und nun heisst es meistens: “Aber eines weiss ich doch sicher”. Wenn man aber nun sagen will, was das ist, so kommt man in eine gewisse Verlegenheit.
     “Ich sehe etwas Braunes, – das ist sicher”; damit will man eigentlich sagen, dass die braune Farbe gesehen, und nicht vielleicht auch
bloss
nur
vermutet ist (wie etwa in dem Fall, wo ich
sie
es
aus gewissen anderen Anzeichen vermute). // … und nicht vielleicht auch bloss aus anderen Anzeichen vermutet ist. // Und man sagt ja auch einfach: “Etwas Braunes sehe ich”.

 
  ∫ ¿  
     Wenn mir gesagt wird: “Sieh in dieses Fernrohr und zeichne mir auf, was Du siehst”, so ist, was ich zeichne, der Ausdruck eines Satzes, nicht einer Hypothese.

 
  ∫ ¿ /  
     Wenn ich sage “hier steht ein Sessel”, so ist damit – wie man sagt – “mehr” gemeint, als die Beschreibung dessen, was ich wahrnehme. Und das kann nur heissen, dass dieser Satz nicht wahr sein muss, auch wenn die Be[w|s]chreibung des Gesehenen stimmt. Unter welchen [u|U]mständen werde ich nun sagen, dass jener Satz nicht wahr war? Offenbar: wenn gewisse andere Sätze nicht wahr sind, die in dem ersten mit beinhaltet waren. Aber es ist nicht so, als ob nun der erste ein logisches Produkt gewesen wäre.

 
  ? /  
     Das beste Gleichnis für jede Hypothese, und selbst ein Beispiel, ist ein Körper mit seinen nach einer bestimmten Regel konstruierten Ansichten aus den verschiedenen Punkten des Raumes.

 
  /  
     Der Vorgang einer Erkenntnis in einer wissenschaftlichen Untersuchung (in der Experimentalphysik etwa) ist freilich nicht der einer Erkenntnis im Leben ausserhalb dem des // Laboratoriums; aber er ist ein ähnli-
120
cher und kann, neben den andern gestellt // gehalten // , diesen beleuchten.

 
  ∫ ¿  
     Es ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Sätzen wie “das ist ein Löwe”, “die Sonne ist grösser als die Erde”, die alle ein “dieses”, “jetzt”, “hier” enthalten und also an die Realität unmittelbar anknüpfen, und Sätzen wie “Menschen haben zwei Hände” etc. Denn, wenn zu[a|f]ällig keine Menschen in meiner Umgebung wären, wie wollte ich diesen Satz kontrollieren?

 
  /  
     Es werden immer Fassetten der Hypothese verifiziert.

 
  ∫ ¿  
     Ist es nun nicht etwa so, dass das, was die Hypothese erklärt, selbst nur wieder durch eine Hypothese ausdrückbar ist. Das heisst natürlich: gibt es überhaupt primäre Sätze; die also endgültig verifizierbar sind, und nicht die Fassetten einer Hypothese sind? (Das ist etwa, als würde man fragen “gibt es Flächen, die nicht Oberflächen von Körpern sind?”)

 
  /  
     Es kann jedenfalls kein Unterschied sein zwischen einer Hypothese, als Ausdruck einer unmittelbaren Erfahrung gebraucht, und einem Satz im engeren Sinne.

 
  ? /  
     Es ist ein Unterschied zwischen einem Satz wie “hier liegt eine Kugel vor mir” und “es schaut so aus, als läge eine Kugel vor mir”. – Das zeigt sich auch so: man kann sagen “es scheint eine Kugel vor mir zu liegen”, aber es ist sinnloss zu sagen: “es schaut so aus, als schiene eine Kugel hier zu liegen”. Wie man auch sagen kann “hier liegt wahrscheinlich eine Kugel”, aber nicht “wahrscheinlich scheint hier eine Kugel zu liegen”. Man würde in so einem Falle sagen: “ob es scheint, musst Du doch wissen”.
121


 
  ∫ ¿  
     In dem, was den Satz mit der gegebenen Tatsache verbindet, ist nichts Hypothetisches.

 
   
     Es ist doch klar, dass eine Hypothese von der Wirklichkeit – ich meine von der unmittelbaren Erfahrung – einmal mit ja, einmal mit nein beantwortet wird; (wobei freilich das “ja” und “nein” hier nur Bestätigung und Fehlen der Bestätigung ausdrückt) und dass man dieser Bejahung und Verneinung Ausdruck verleihen kann.

 
  ? ∫  
     Die Hypothese wird, mit der Fassette an die Realität angelegt, zum Satz.

 
   
     Ob der Körper, den ich sehe, eine Kugel ist, kann zweifelhaft sein, aber, dass er von hier etwa eine [M|K]ugel zu sein scheint, kann nicht zweifelhaft sein. – Der Mechanismus der Hypothese würde nicht funktionieren, wenn der Schein noch zweifelhaft wäre; wenn also auch nicht eine Fassette der Hypothese unzweifelhaft verifiziert würde. Wenn es hier Zweifel gäbe, was könnte den Zweifel heben? Wenn auch diese Verbindung locker wäre, so gäbe es auch nicht Bestätigung einer Hypothese, die Hypothese hinge dann gänzlich in der Luft und wäre zwecklos (und damit sinnlos).

 
  ? /  
     Wenn ich sagte “ich sah einen Sessel”; so widerspricht dem (in einem Sinne) nicht der Satz “es war keiner da”. Denn den ersten Satz würde ich auch in der Beschreibung eines Traums verwenden und niemand würde mir dann mit den Worten des zweiten widersprechen. Aber die Beschreibung des Traums mit jenen Worten wirft ein Licht auf den Sinn der Worte “ich sah”.
     In dem Satz “es war ja keiner da” kann das “da” übrigens verschiedene Bedeutung haben.
122
haben.



 
  ? /  
     Ich stimme mit den Anschauungen m neuerer Physiker überein, wenn sie sagen, dass die Zeichen in ihren Gleichungen keine “Bedeutungen” mehr haben, und dass die Physik zu keinen solchen Bedeutungen gelangen könne, sondern bei den Zeichen stehen bleiben müsse: sie sehen nämlich nicht, dass diese Zeichen insofern Bedeutung haben – und nur insofern – als ihnen, auf welchen Umwegen immer, das beobachtete Phänomen entspricht, oder nicht/entspricht.

 
  /  
     Denken wir uns, dass das Schachspiel nicht als Brettspiel erfunden worden wäre, sondern als Spiel, das mit Ziffern und Buchstaben auf Papier zu spielen ist und so, dass sich niemand dabei ein Qu[d|a]drat mit 64 Feldern etc. vorgestellt hätte. Nun aber hätte jemand die Entdeckung gemacht, dass dieses Spiel ganz einem entspricht, das man auf einem Brett in der und der Weise spielen könnte. Diese Erfindung wäre eine grosse Erleichterung des Spiels gewesen (Leute, denen es früher zu schwer gewesen wäre, könnten es nun spielen). Aber es ist klar, dass diese neue Illustration der Spielregeln nur ein neuer, leichter übersehbarer, Symbolismus wäre, der übrigens mit dem Geschriebenen auf gleicher Stufe stünde. Vergleiche nun damit das Gerede darüber, dass die Physik heute nicht mehr mit mechanischen Modellen, sondern “nur mit Symbolen” arbeitet.


123




 
    
  ? /  
     Die Wahrscheinlichkeit einer Hypothese hat ihr Mass darin, wieviel Evidenz nötig ist, um es vorteilhaft zu machen, sie umzustossen.
     Nur in diesem Sinne kann man sagen, dass wiederholte gleichförmige Erfahrung in der Vergangenheit das Andauern dieser Gleichförmigkeit in der Zukunft wahrscheinlich macht.
     Wenn ich nun in diesem Sinne sage: Ich nehme an, dass morgen die Sonne wieder aufgehen wird, weil das Gegenteil zu unwahrscheinlich ist, so meine ich hier mit “wahrscheinlich” oder “unwahrscheinlich” etwas ganz Anderes, als mit diesen Worten im Satz “es ist gleich wahrscheinlich, dass ich Kopf oder [D|A]dler werfe” gemeint ist. Die beiden Bedeutungen des Wortes “wahrscheinlich” stehen zwar in einem gewissen Zusammenhang, aber sie sind nicht identisch.

 
  ? /  
     Man gibt die Hypothese nur um einen immer höheren Preis auf.

 
  ? /  
     Die Induktion ist ein Vorgang nach einem ökonomischen Prinzip.

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  ∫ ¿  
     Die Frage der Einfachheit der Darstellung durch eine bestimmte angenommene Hypothese hängt, glaube ich, unmittelbar mit der Frage der Wahrscheinlichkeit zusammen.

 
  /  
     Man kann einen Teil einer Hypothese vergleichen mit der Bewegung eines Teils eines Getriebes, einer Bewegung, die man festlegen kann, ohne dadurch die bezweckte Bewegung zu präjudizieren. Wohl aber hat man dann das übrige Getriebe auf eine bestimmte Art einzurichten, dass es die gewünschte Bewegung hervorbringt. Ich denke an ein Differentialgetriebe. – Habe ich die Entscheidung getroffen, dass von einem gewissen Teil meiner Hypothese nicht abgewichen werden soll, was immer die zu beschreibende Erfahrung sei, so habe ich eine Darstellungsweise festgelegt und jener Teil der Hypothese ist nun ein Postulat. Ein Postulat muss von solcher Art sein, dass keine denkbare Erfahrung es widerlegen kann, wann es auch äusserst unbequem sein mag, an dem Postulat festzuhalten. In dem Masse, wie man hier von einer grösseren oder geringeren Bequemlichkeit reden kann, gibt es eine grössere oder geringere Wahrscheinlichkeit des Postulats.

 
  ? /  
     Von einem Mass dieser Wahrscheinlichkeit zu reden, ist nun ◇◇◇ vor der Hand sinnlos. Es verhält sich hier ähnlich, wie im Falle, etwa, zweier Zahlenarten, wo wir mit einem gewissen Recht sagen können, die eine sei der andern ähnlicher (stehe ihr näher) als einer dritten, ein zahlenmässiges Mass der Aehnlichkeit aber nicht existiert. Man könnte sich natürlich auch in solchen Fällen ein Mass konstruiert denken, indem man etwa die Postulate
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oder Axiome zählt, die beide Systeme gemein haben, etc. etc..

 
  /  
     Ich gebe jemandem die Information undd nur diese: Du wirst um die und die Zeit auf der Strecke A B einen Lichtpunkt erscheinen sehen. Hat nun die Frage einen Sinn, “ist es wahrscheinlicher,
dass dieser Punkt im In[v|t]erval A C erscheint,
als in C B”? Ich glaube, offenbar nein. – Ich kann freilich bestimmen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Ereignis in C B eintritt, sich zu der, dass es in A C eintritt, verhalten soll, wie CB/AC, aber das ist eine Bestimmung, zu der ich empirische Gründe haben kann, aber a priori ist darüber nichts zu sagen. Die beobachtete Verteilung von Ereignissen kann nicht zu dieser Annahme führen. Die Wahrscheinlichkeit, wo unendlich viele Möglichkeiten in Betracht kommen, muss natürlich als Limes betrachtet werden. Teile ich nämlich die Strecke A B in beliebig viele, beliebig ungleiche Teile und betrachte die Wahrscheinlichkeiten, dass das Ereignis in irgend einem dieser Teile stattfindet, als untereinander gleich, so haben wir sofort den einfachen Fall des Würfels vor uns. Und nun kann ich ein Gesetz – willkürlich – aufstellen, wonach Teile gleicher Wahrscheinlichkeit gebildet werden sollen. Z.B., das Gesetz, dass gleiche Länge der Teile gleiche Wahrscheinlichkeit bedingt,. Aber auch jedes andere Gesetz ist gleichermassen erlaubt.
     Könnte ich nicht auch im Fall des Würfels etwa 5 Flächen zusammennehmen als eine Möglichkeit und sie der sechsten als der zweiten Möglichkeit gegenüberstellen? Und was, ausser der Erfahrung, kann mich hindern, diese b[d|e]iden Möglichkeiten als gleich wahrscheinlich zu betrachten?
     Denken wir uns etwa einen roten Ball geworfen, der nur eine ganz kleine grüne Calotte hat. Ist es in diesem Fall nicht viel wahrscheinlicher, dass er auf dem roten Teil auffällt, als auf dem grünen? – Wie würde man aber diesen Satz begründen? Wohl dadurch, dass der Ball, wenn man ihn wirft, viel öfter auf die rote, als auf die grüne Fläche auffällt. Aber das hat nichts
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mit der Logik zu tun. – Man könnte die rote und grüne Fläche und die Ereignisse, die auf ihnen stattfinden, immer auf solche Art auf eine Fläche projizieren, dass die Projektion der grünen Fläche gleich oder grösser wäre als die der roten; so, dass die Ereignisse, in dieser Projektion betrachtet, ein ganz anderes Wahrscheinlichkeitsverhältnis zu haben scheinen, als auf der ursprünglichen Fläche. Wenn ich z.B. die Ereignisse in einem geeigneten gekrümmten Spiegel sich abbilden lasse und mir nun denke, was ich für das wahrscheinlichere Ereignis gehalten hätte, wenn ich nur das Bild im Spiegel sehe.
     Dasjenige, was der Spiegel nicht verändern kann, ist die Anzahl bestimmt umrissener Möglichkeiten. Wenn ich also auf meinem Ball n Farbenflecke habe, so zeigt der Spiegel auch n, und habe ich bestimmt, dass diese als gleich wahrscheinlich gelten sollen, so kann ich diese Bestimmung auch für das Spiegelbild aufrecht erhalten.
     Um mich noch deutlicher zu machen: Wenn ich das Experiment im Hohlspiegel ausführe, d.h. die Beobachtungen im Hohlspiegel mache, so wird es vielleicht scheinen, als fiele der Ball öfter auf die kleine Fläche, als auf die viel grössere und es ist klar, dass keinem der Experimente – im Hohlspiegel und ausserhalb – ein Vorzug gebührt.


 
  /  
     Wir können unser altes Prinzip auf die Sätze, die eine Wahrscheinlichkeit ausdrücken, anwenden und sagen, dass wir ihren Sinn erkennen werden, wenn wir bedenken, was sie verifiziert.
     Wenn ich sage “das wird wahrscheinlich eintreffen”, wird dieser Satz durch das Eintreffen ver[f|i]fiziert, oder durch das Nichteintreffen falsifiziert? Ich glaube, offenbar nein. Dann sagt er ◇◇◇ auch nichts darüber aus. Denn, wenn ein Strei[e|t] darüber entstünde, ob es wahrscheinlich ist oder
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nicht, so würden immer nur Argumente aus der Vergangenheit herangezogen werden. Und auch dann nur, wenn es bereits bekannt wäre, was eingetroffen ist.

 
  ∫ ¿  
     Die Kausalität beruht auf einer beobachteten Gleichförmigkeit. Nun ist zwar nicht gesagt, dass eine bisher beobachtete Gleichförmigkeit immer so weiter gehen wird, aber, dass die Ereignisse bisher gleichförmig waren, muss feststehen; das kann nicht wieder das unsichere Resultat einer empirischen Reihe sein, die selbst ◇◇◇ auch wieder nicht gegeben ist, sondern von einer ebenso unsicheren abhängt, u.s.f. ad inf.

 
  ∫ ¿  
     Wenn Leute sagen, der Satz “es ist wahrscheinlich, dass p eintreffen wird” sage etwas über das Ereignis p, so vergessen sie, dass es auch wahrscheinlich bleibt, wenn das Ereignis p nicht eintrifft.

 
  ∫ ¿  
     Wir sagen mit dem Satz “p wird wahrscheinlich eintreffen” zwar etwas über die Zukunft, ˇaber nicht etwas “über das Ereignis p”, wie die grammatische Form der Aussage uns glauben macht.

 
  ∫ ¿  
     Wenn ich nach dem Grund einer Behauptung frage, so ist die Antwort auf diese Frage nicht für den Gefragten und eben diese Handlung (die Behauptung), sondern allgemein gültig.

 
  / /  
     Wenn ich sage: “das Wetter deutet auf Regen”, sage ich etwas über das zukünftige Wetter? Nein, sondern über das gegenwärtige, mit Hilfe eines Gesetzes, welches das Wetter zu einer Zeit mit dem Wetter zu einer späteren // in einer früheren // Zeit in Verbindung bringt. Dieses Gesetz muss bereits vorhanden sein, und mit seiner Hilfe fassen wir gewisse Aussagen über
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     unsere Erfahrung zusammen. –
       Aber dasselbe könnte man dann auch für historische Aussagen behaupten. Aber es war ja auch vorschnell, zu sagen, der Satz “das Wetter deutet auf Regen” sage nichts über das zukünftige Wetter. Das kommt darauf an, was man darunter versteht “etwas über etwas auszusagen”. Der Satz sagt eben seinen Wortlaut!
     Der Satz “p wird wahrscheinlich eintreten” sagt // Er sagt // nur etwas über die Zukunft in einem Sinn, in welchem seine Wahr- und Falschheit gänzlich unabhängig ist von dem, was in der Zukunft geschehen wird.

 
  ? /  
     Wenn wir sagen, “das Gewehr zielt jetzta auf den Punkt P”, so sagen wir nichts darüber, wohin der Schuss treffen wird. Der Punkt auf den es zielt, ist ein geometrisches Hilfsmittel zur Angabe seiner Richtung. Dass wir gerade dieses Mittel verwenden, hängt allerdings mit gewissen Erfahrungen // Beobachtungen // zusammen (Wurfparabel, etc.), aber diese treten jetzt nicht in die Beschreibung der Richtung ein.

 
  ? /  
     Die Gallstone'sche Photographie, das Bild einer Wahrscheinlichkeit. Das Gesetz der Wahrscheinlichkeit, das Naturgesetz, was man sieht, wenn man blinzelt.

 
  /  
     Was heisst es: “die Punkte, die das Experiment liefert, liegen durchschnittlich auf einer Geraden”? oder: “wenn ich mit einem guten Würfel würfle, so werfe ich durchschnittlich alle 6 Würfe eine 1”? Ist dieser Satz mit jeder Erfahrung, die ich etwa mache, vereinbar? Wenn er das ist, so sagt er nichts. Habe ich (vorher) angegeben, mit welcher Erfahrung er nicht mehr vereinbar ist, welches die Grenze ist, bis zu der die Ausnahmen von der Regel gehen dürfen, ohne die Regel umzustossen? Nein. Hätte ich aber
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nicht eine solche Grenze aufstellen können? Gewiss. – Denken wir uns, die Grenze wäre so gezogen: wenn unter 6 aufeinander folgenden Würfen 4 gleiche auftreten, ist der Würfel schlecht. Nun fragt man aber: “Wenn das aber nur selten genug geschieht, ist er dann nicht doch gut!?” – Darauf lautet die Antwort: Wenn ich das Auftreten von 4 gleichen Würfen unter 6 aufeinander folgenden für eine bestimmte Zahl von Würfen erlaube, so ziehe ich damit eine andere Grenze, als die erste war. Wenn ich aber sage “jede Anzahl gleicher aufeinander folgender Würfe ist erlaubt, wenn sie nur selten genug auftritt, dann habe ich damit die Güte des Würfels im strengen Sinne als unabhängig von den Wurfresultaten erklärt. Es sei denn, dass ich unter der Güte des Würfels nicht eine Eigenschaft des Würfels, sondern eine Eigenschaft einer bestimmten Partie im Würfelspiel verstehe. Denn dann kann ich allerdings sagen: Ich nenne den Würfel in einer Partie gu[,|t], wenn unter den N Würfen der Partie nicht mehr als log N gleiche aufeinander folgende vorkommen. Hiermit wäre aber eben kein Test zur Ueberprüfung von Würfeln gegeben, sondern ein Kriterium zur Beurteilung einer Partie des Spiels.

 
  /  
     Man sagt, wenn der Würfel gla ganz gleichmässig und sich selbst überlassen ist, dann muss die Verteilung der Ziffern 1, 2, 3, 4, 5, 6 unter den Wurfresultaten gleichförmig sein, weil kein Grund vorhanden ist, weshalb die eine Ziffer öfter vorkommen sollte als die andere.

 
  /  
     Stellen wir nun aber die Wurfresultate statt durch die Ziffern 1 bis 6 durch die Worte der Funktion (x ‒ 3)² für die Argumente 1 bis 6 dar, also durch die Ziffern 0, 1, 4, 9. Ist ein Grund vorhanden, warum eine dieser Ziffern öfter in den neuen Wurfresultaten fungieren soll, als eine andere? Dies lehrt uns, dass das Gesetz a priori der Wahrscheinlichkeit eine Form von Gesetzen ist, wie die der Minimumgesetze der Mechanik etc..
130


 
  /  
Hätte man durch Versuche herausgefunden, dass die Verteilung der Würfe 1 bis 6 mit einem regelmässigen Würfel so ausfällt, dass die Verteilung der Werte (x–3)² eine gleichmässige wird, so hätte man nun diese Gleichmässigkeit als die Gleichmässigkeit a priori erklärt.
     So machen wir es auch in der kinetischen Gastheorie: wir stellen die Verteilung der Molekülbewegungen in der Form irgend einer gleichförmigen Verteilung dar; was aber gleichförmig verteilt ist – so wie an andrer Stelle was zu einem Minimum wird – wählen wir so, dass unsere Theorie mit der Erfahrung übereinstimmt.

 
  /  
     “Die Moleküle bewegen sich bloss nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit”, das soll heissen: die Physik tritt ab, und die Moleküle bewegen sich jetzt quasi bloss nach Gesetzen der Logik. Diese Meinung ist verwandt der, dass das Trägheitsgesetz ein Satz a priori ist; und auch hier redet man davon, [d|w]as ein Körper tut, wenn er sich selbst überlassen ist. Was ist das Kriterium dafür, dass er sich selbst überlassen ist? Ist es am Ende das, dass er sich gleichförmig in einer Geraden bewegt? Oder ist es ein anderes. Wenn das letztere, dann ist es eine Sache der Erfahrung, ob das Trägheitsgesetz stimmt; im ersten Fall aber war es gar kein Gesetz, sondern eine Definition. Und Analoges gilt von einem Satz: “wenn die Teilchen sich selbst überlassen sind, dann ist die Verteilung ihrer Bewegungen die und die”. Welches ist das Kriterium dafür, dass sie sich selbst überlassen sind? etc..

 
  /  
/     Wenn die Messung ergibt, dass der Würfel genau und homogen ist, – ich nehme an, dass die Ziffern auf seinen Flächen die Wurfresultate nicht beeinflussen – und die werfende Hand bewegt sich regellos – folgt daraus die durchschnittlich gleichmässige Verteilung der Würfe 1 bis 6? Woraus sollte man die schliessen? Ueber die [N|B]ewegung beim Werfen hat man keine Annahme
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gemacht und die Prämisse der // Annahme der // Genauigkeit des Würfels ist doch von ganz anderer Art // Multiplizität // , als eine durchschnittlich gleichförmige Verteilung von Resultaten. Die Prämisse ist gleichsam einfärbig, die Konklusion gesprenkelt. Warum hat man gesagt, der Esel werde zwischen den beiden gleichen Heubündeln verhungern, und nicht, er werde durchschnittlich so oft von dem einen, wie von dem andern fressen // er werde von beiden durchschnittlich gleich oft fressen // ? /

 
  /  
     Zu sagen, die Punkte, die dieses Experiment [.|l]iefert, liegen durchschnittlich auf dieser Linie, z.B. einer Geraden, sagt etwas Aehnliches wie: “aus dieser Entfernung gesehen, scheinen sie in einer Geraden zu liegen”.
     Ich kann von einer Linie // Strecke // sagen, der allgemeine Eindruck ist der einer Geraden; aber nicht: “die
Strecke
Linie
schaut gerade aus, denn sie kann das Stück einer Linie sein, die mir als
Ganze
Ganzes
den Eindruck der Geraden macht”. (Berge auf der Erde und auf dem Mond. Erde eine Kugel.)

 
  /  
     Das Experiment des Würfelns dauert eine gewisse Zeit, und unsere Erwartungen über die zukünftigen Ergebnisse des Würfelns können sich nur auf Tendenzen gründen, die wir in den Ergebnissen des Experiments wahrnehmen. D.h., das Experiment kann nur die Erwartung begründen, dass es so weitergehen wird, wie (es) das Experiment gezeigt hat. Aber wir können nicht erwarten, dass das Experiment, wenn fortgesetzt, nun Ergebnisse liefern wird, die mehr als die des wirklich ausgeführten Experiments mit einer vorgefassten Meinung über seinen Verlauf übereinstimmen. Wenn ich also z.B. Kopf und Adler werfe und in den Ergebnissen des Experiments keine Tendenz der Kopf- und Adler-Zahlen finde, sich weiter ◇◇◇ einander zu nähern, so gibt das Experiment mir keinen Grund zur Annahme, dass seine Fortsetzung eine solche Annäherung zeigen wird. Ja die Erwartung dieser Annäherung muss sich selbst auf einen bestimmten Zeitpunkt beziehen, denn man kann nicht sagen, man erwarte, dass ein Ereignis einmal – in der unendlichen
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Zukunft – eintreten werde.

 
  /  
     Alle “begründete Erwartung” ist Erwartung, dass eine bis jetzt beobachtete Regel weiterhin // weiter // gelten wird.
     (Die Regel aber muss beobachtet worden sein und kann nicht selbst wieder bloss erwartet werden.)

 
  /  
     Die Logik der Wahrscheinlichkeit hat es mit dem Zustand der Erwartung nur soweit zu tun, wie die Logik überhaupt, mit dem Denken.

 
   
Von der Lichtquelle Q wird ein Lichtstrahl ausgesandt, der die Scheibe AB trifft, dort einen Lichtpunkt erzeugt und dann die Scheibe AC trifft. Wir haben nun keinen Grund zur Annahme, der Lichtpunkt auf AB werde rechts von der Mitte M liegen, noch zur entgegengesetzten; aber auch keinen Grund anzunehmen, der Lichtpunkt auf AC werde auf der und nicht auf jener Seite von der Mitte m liegen. // Wir haben nun keinen Grund, anzunehmen, dass der Lichtpunkt auf AB eher auf der einen Seite der Mitte M, als auf der andern liegen wird; aber auch keinen Grund, anzunehmen, der Lichtpunkt auf AC werde auf der einen und nicht auf der andern Seite der Mitte m liegen. Das gibt also widersprechende Wahrscheinlichkeiten. Wenn ich nun eine Annahme über den Grad der Wahrscheinlichkeiten mache, dass der eine Lichtpunkt im Stück AM liegt, – wie wird diese Annahme verifiziert. Wir
meinen
denken
doch
, durch einen Häufigkeitsversuch. Angenommen nun, dieser bestätigt die Auffassung, dass die Wahrscheinlichkeiten für das Stück AM und BM gleich sind (also für Am und Cm verschieden), so ist sie damit als die richtige erkannt und erweist sich also als eine physikalische Hypothese. Die geometrische Konstruktion zeigt nur, dass die Gleichheit der Strecken AM und BM kein Grund zur Annahme gleicher Wahrscheinlichkeit war.
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  ? /  
     Wenn ich annehme, die Messung ergebe, dass der Würfel genau und homogen ist, und die Ziffern auf seinen Flächen die Wurfresultate nicht beeinflussen, und die Hand, die ihn wirft, bewegt sich ohne bestimmte Regel; folgt daraus die // eine // durchschnittlich gleichförmige Verteilung der Würfe 1 bis 6 unter den Wurfergebnissen? – Woraus sollte sie hervorgehen? Dass der Würfel genau und homogen ist, kann doch keine durchschnittlich gleichförmige Verteilung von Resultaten begründen. (Die Voraussetzung ist sozusagen homogen, die Folgerung wäre gesprenkelt.) Und über die Bewegung beim Werfen haben wir ja keine Annahme gemacht. (Mit der Gleichheit der beiden Heubündel hat man zwar begründet, dass der Esel in ihrer Mitte verhungern (werde); aber nicht, dass er ungefähr gleich oft von jedem fressen werde.) – Mit unseren Annahmen ist es auch vollkommen vereinbar, dass mit dem Würfel 100 Einser nacheinander geworfen werden, wenn Reibung, Handbewegung, Luftwiderstand so zusammentreffen. Die Erfahrung, dass das nie geschieht, ist eine, die diese Faktoren betrifft // ist eine diese Faktoren betreffende // . Und die Vermutung der gleichmässigen Verteilung der Wurfergebnisse ist eine Vermutung über das Arbeiten dieser Faktoren // Einflüsse // .
     Wenn man sagt, ein gleicharmiger Hebel, auf den symmetrische Kräfte wirken, müsse in Ruhe bleiben, weil keine Ursache vorhanden ist, weshalb er sich eher auf die eine als auf die andre Seite neigen sollte, so heisst das nur, dass, wenn wir gleiche Hebelarme und symmetrische Kräfte konstatiert haben und nun der Hebel sich nach der einen Seite neigt, wir dies aus den uns bekannten – oder von uns angenommenen Voraussetzungen nicht erklären können. (Die Form, die wir “Erklärung” nennen, muss auch asymmetrisch sein; wie die Operation, ﹖– die aus “a + b” “2a “2a + 3b” macht –﹖.) Wohl aber können wir die andauernde Ruhe des Hebels aus unsern Voraussetzungen erklären. – Aber auch eine schwingende Bewegung, die durchschnittlich gleich oft von der Mitte // Mittellage // nach rechts und nach links gerichtet ist? Die schwin-
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gende Bewegung nicht, denn in der ist ja wieder Asymmetrie. Nur die Symmetrie in dieser Asymmetrie. Hätte sich der Hebel gleichför[,|m]ig nach rechts gedreht, so könnte man analog sagen: Mit der Symmetrie der Be[g|d]ingungen kann ich die Gleichförmigkeit der Bewegung, aber nicht ihre Richtung erklären.
     Eine Ungleichförmigkeit der Verteilung der Wurfresultate ist mit der Symmetrie des Würfels nicht zu erklären. Und nur insofern erklärt diese Symmetrie die Gleichförmigkeit der Verteilung. – Denn man kann natürlich sagen: Wenn die Ziffern auf den Würfelflächen keine Wirkung haben, dann kann ihre Verschiedenheit nicht eine Ungleichförmigkeit der Verteilung erklären; und gleiche Umstände können selbstverständlich nicht Verschiedenheiten erklären; soweit also könnte man auf eine Gleichförmigkeit schliessen. Aber woher dann überhaupt verschiedene Wurfresultate? Gewiss, was diese // Was diese // erklärt, muss nun auch ihre durchschnittliche Gleichförmigkeit erklären. Die Regelmässigkeit des Würfels stört nur eben diese Gleichförmigkeit nicht.

 
  /  
     Angenommen, Einer der täglich im Spiel würfelt, würde etwa eine Woche lang nichts als Einser werfen, und zwar mit Würfeln, die nach allen anderen Arten // Methoden // der Untersuchung [P| // ] Prüfung // sich als gut erweisen, und wenn ein Andrer sie wirft, auch die gewöhnlichen Resultate geben // liefern // . Hat er nun Grund, hier ein Naturgesetz anzunehmen, dem gemäss er immer Einser wirft // werfen muss // ; hat er Grund zu glauben, dass das nun so weiter gehen wird, – oder (vielmehr) Grund anzunehmen, dass diese Regelmässigkeit nicht lange mehr andauern kann // wird // ? Hat er also Grund das Spiel aufzugeben, da es sich gezeigt hat, dass er nur Einser werfen kann; oder weiterzuspielen, da es jetzt nur um so wahrscheinlicher ist, dass er beim nächsten Wurf eine höhere Zahl werfen wird? – In Wirklichkeit wird er sich weigern, die Regelmässigkeit als ein Naturgesetz anzuerkennen; zum mindesten wird sie lang andauern müssen, ehe er diese Auffassung in Betracht
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zieht. Aber warum? – “Ich glaube, weil so viel frühere Erfahrung seines Lebens gegen ein solches Gesetz spricht, die alle sozusagen – erst überwunden werden muss, ehe wir eine ganz neue Betrachtungsweise annehmen.

 
  /  
     Wenn wir aus der relativen Häufigkeit eines Ereignisses auf seine relative Häufigkeit in der Zukunft Schlüsse ziehen, so können wir das natürlich nur nach der bisher tatsächlich beobachteten Häufigkeit tun. Und/nicht nach einer, die wir aus der beobachteten durch irgend einen Prozess der Wahrscheinlichkeitsrechnung erhalten haben. Denn die berechnete Wahrscheinlichkeit stimmt mit jeder beliebigen tatsächlich beobachteten Häufigkeit überein, da sie die Zeit offen lässt.

 
  /  
     Wenn sich der Spieler, oder die Versicherungsgesellschaft, nach der Wahrscheinlichkeit richten, so richten sie sich nicht nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung, denn nach dieser allein kann man sich nicht richten, da, was immer geschieht, mit ihr in Uebereinstimmung zu bringen ist; sondern die Versicherungsgesellschaft richtet sich nach einer tatsächlich beobachteten Häufigkeit. Und zwar ist das natürlich eine absolute Häufigkeit.
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  ? /  
     “Er kam ungefähr von dort (Pfeil)”. “Ungefähr da ist der hellste Punkt des Horizontes”. “Mach' das Brett ungefähr 2 m lang”.
     Muss ich, um das sagen zu können, Grenzen wissen, die den Spielraum dieser Länge bestimmen? Offenbar nicht. Genügt es nicht z.B. zu sagen: “der Spielraum ± 1 cm ist ohneweiteres erlaubt; ± 2 cm wäre schon zu viel”? – Es ist doch dem Sinn meines Satzes auch wesentlich, dass ich nicht imstande bin, den Spielraum “genaue” Grenzen zu geben. Kommt das ˇnicht offenbar daher, dass der Raum, in dem ich hier arbeite, eine andere Metrik is hat, als der Euklidische?
     Wenn man nämlich den Spielraum genau durch Versuch feststellen wollte, indem man die Länge ändert // und sich den Grenzen des Spielraums nähert // und immer fragt, ob diese Länge noch angehe oder schon nicht mehr, so käme man nach einigen Einschränkungen zu Widersprüchen, indem einmal ein Punkt noch als innerhalb der Grenzen liegend bezeichnet würde, ein andermal ein weiter innerhalb gelegener als schon unzulässig erklärt würde; beides etwa mit der Bemerkung, die
Antworten
Angaben
seien nicht mehr (ganz) sicher.
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  ? /  
     Die Unsicherheit ist von der Art, wie die, der Angabe des höchsten Punktes einer Kurve. Wir sind eben nicht im ek euklidischen Raum und es gibt hier nicht im euklidischen Sinne einen höchsten Punkt. Die Antwort wird heissen: “der höchste Punkt ist ungefähr da”, und die Grammatik des Wortes “ungefähr” – in diesem Zusammenhang – gehört dann zur Geometrie unseres Raumes.

 
  ? / ¿  
     Ist es denn nicht so, wie man etwa beim Fleischhauer nur auf Deka genau abwiegt, obwohln das anderseits willkürlich ist, und nur bestimmt durch die herkömmlichen Messinggewichte. Es genügt hier zu wissen: mehr als P1 wiegt es nicht undw weniger als P2 auch nicht. Man könnte sagen: die Gewichtsangabe besteht hier prinzipiell nicht aus einer Zahlangabe, sondern aus der Angabe eines Intervalls, und die Intervalle bilden eine diskontinuierliche Reihe.

 
  ? /  
     Man könnte doch sagen: “halte Dich jedenfalls innerhalb ± 1 cm” damit eine willkürliche Grenze setzend. – Würde nun gesagt: “gut, aber dies ist doch nicht die wirkliche Grenze des zulässigen Spielraums: welche ist es also?” so wäre etwa die Antwort “ich weiss keine, ich weiss nur, dass ± 2 cm schon zu viel wäre”.

 
  /  
Denken wir uns folgendes psychologisches Experiment: Wir zeigen dem Subjekt zwei Linien G1, G2, durch welche quer die Gerade A gezogen ist. Das Stü[f|c]k dieser Geraden, welches zwischen G1 und G2 liegt, werde ich die Strecke a nennen. Wir z[ei|ie]hen nun in beliebiger Entfernung von a und parallel dazu b und fragen, ob er die Strecke b grösser sieht als a, oder die beiden Längen nicht mehr unterscheidet. Er antwortet, b erscheine grösser als a. Darauf nähern wir
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uns a, indem wir die Distanz von a zu b mit unsern Messinstrumenten halbieren und ziehen c. “Siehst Du c grösser als a?” – “Ja”. Wir halbieren die Distanz c–a und ziehen d. “Siehst Du d grösser als a?” – “Ja”. Wir halbieren a–d. “Siehst Du e grösser als a?” – “Nein”. Wir halbieren daher e–d. “Siehst Du f grösser als e?” – “Ja”. Wir halbieren also e–f und ziehen h. Wir könnten uns so auch von der linken Seite der Strecke a nähern, und dann sagen, dass einer gesehenen Länge a im euklidischen Raum nicht eine Länge, sondern ein Intervall von Längen entspricht, und in ähnlicher Weise einer gesehenen Lage eines Strichs (etwa des Zeigers eines Instruments) ein Intervall von Lagen im euklidischen Raum: aber dieses Intervall hat nicht scharfe Grenzen. Das heisst: es ist nicht von Punkten begrenzt, sondern von konvergierenden Intervallen, die nicht gegen einen Punkt konvergieren. (Wie die Reihe der Dualbrüche, die wir durch Werfen von Kopf und Adler erzeugen.) Das Charakteristische zweier Intervalle, die so nicht durch Punkte sondern unscharf begrenzt sind, ist, dass auf die Frage, ob sie einander übergreifen oder getrennt voneinander liegen, in gewissen Fällen die Antwort lautet: “unentschieden”. Und dass die Frage, ob sie einander berühren, einen En[f|d]punkt miteinander gemein haben, immer sinnlos ist, da sie ja keine Endpunkte haben. Man könnte aber sagen: sie haben vorläufige Endpunkte. In dem Sinne, in welchem die Entwicklung von II ein vorläufiges Ende hat. An dieser Eigenschaft des ‘unscharfen’ Intervalls ist natürlich nichts geheimnisvolles, sondern das etwas Paradoxe k[k|l]ärt sich durch die doppelte Verwendung des Wortes “Intervall” auf.
     Es ist dies der gleiche Fall, wie der der doppelten Verwendung des Wortes “Schach”, wenn es einmal die Gesamtheit der jetzt geltenden Schachregeln bedeutet, ein andermal: das Spiel, welches N.N. in Persien erfunden hat und welches sich so und so entwickelt hat. In einem Fall ist es unsinnig, von einer Aenderung // Entwicklung // der Schachregeln zu reden, im andern Fall nicht. Wir können “Länge einer gemessenen Strecke” entweder das nennen, was bei einer bestimmten Messung, die ich heute um 5 Uhr durch-
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führe, herauskommt, – dann gibt es für diese Lä[m|n]genangabe kein “ ± etc.” [,|] oder etwas, dem sich Messungen nähern etc.: in den zwei Fällen wird das Wort “Länge” mit ganz verschiedener Grammatik gebraucht. Und ebenso das Wort “Intervall”, wenn ich einmal etwas Fertiges, einmal etwas sich Entwikkelndes ein Intervall nenne.
I) die Intervalle liegen getrennt
II) sie liegen getrennt und berühren sich vorläufig
III) sie lie unentschieden
IV) unentschieden
V) unentschieden
VI) sie übergreifen
VII) sie übergreifen
Wir können uns aber nicht wundern, dass nun ein Intervall so seltsame Eigenschaften haben soll: da wir eben das Wort “Intervall” jetzt in einem nicht gewöhnlichen Sinn gebrauchen. Und wir können nicht sagen, wir haben neue Eigenschaften gewisser Intervalle entdeckt. Sowenig wie wir neue Eigenschaften des Schachkönigs entdecken würden, wenn wir die Regeln des Spiels änderten, aber die Bezeichnung “Schach” und “König” beibehielten. (Vergl. dagegen Brouwer, über das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten.)
     Jener Versuch ergibt also wesentlich, was wir ein “unscharfes” Intervall genannt haben; dagegen wären natürlich andere Experimente möglich // denkbar // , die statt dessen ein scharfes Intervall ergeben. Denken wir etwa, wir bewegten ein Lineal von der Anfangsstellung b, und parallel zu dieser, gegen a hin, bis in unserm Subjekt irgend eine bestimmte Reaktion einträte: dann könnten wir den Punkt, an dem die Reaktion beginnt, die Grenze unseres Streifens nennen. – So könnten wir natürlich auch ein Wägungsresultat “das Gewicht eines Körpers” nennen und es gäbe dann in diesem Sinn eine absolut genaue Wägung, d.i. eine, deren Resultat nicht die Form “G ± g” hat. Wir ha-
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ben damit unsere Ausdrucksweise geändert, und müssen nun sagen, dass das Gewicht des Körpers schwankt und zwar nach einem uns unbekannten Gesetz. (Die Unterscheidung Der Unterschied [t|z]wischen “absolut genauer” Wägung und “wesentlich ungenauer” Wägung ist eine grammatische ein grammatischer und bezieht sich auf zwei verschiedene Bedeutungen des Ausdrucks “Ergebnis der Wägung”.)

 
  /  
     Die Unbestimmtheit des Wortes “Haufen”. Ich könnte definieren: ein Körper von gewisser Form und Konsistenz etc. sei ein Haufe, wenn sein Volumen K m³ beträgt, oder mehr; was darunter liegt, will ich ein Häufchen nennen. Dann gibt es kein grösstes Häufchen; das heisst: dann ist es sinnlos, von dem “grössten Häufchen” zu reden. Umgekehrt könnte ich bestimmen: Haufe solle alles das sein, was grösser als K m³ ist, und dann hätte der Ausdruck “der kleinste Haufe” keine Bedeutung. Ist aber diese Unterscheidung nicht müssig? Gewiss, – wenn wir unter dem Volumen ein Messungsresultat im gewöhnlichen Sinne verstehen; denn dieses Resultat hat die Form “V ± v”. // Gewiss, – wenn wir unter dem Resultat der Messung des Volumens einen Ausdruck von der Form “V ± v” verstehen. // Sonst aber könnte die // wäre diese // Unterscheidung so unbrauchbar sein, wie // Unterscheidung nicht müssiger sein als // die, zwischen einem Schock Aepfel und 61 Aepfeln.

 
  /  
     Zu dem Problem vom “Sandhaufen”: Man kö[h|n]nte sich hier, wie in ähnlichen Fällen, einen offiziellen // offiziell festgesetzten // Begriff denken // … denken, dass es einen offiziellen Begriff, wie den einer Schrittlänge gäbe, // etwa: Haufe ist alles, was über einen ha[k|l]ben m³ gross ist. Dieser wäre aber dennoch nicht unser gewöhnlich gebrauchter Begriff. Für diesen liegt keine Abgrenzung vor (und bestimmen wir eine, so ändern wir den Begriff); sondern es liegen nur Fälle vor, welche wir zum dem Umfang des Begriffs // zu den Haufen // rechnen und solche, die wir nicht mehr zu dem Umfang des Begriffs rechnen.

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  /  
     “Mach' mir hier einen Haufen Sand”. – “Gut, das nennt er gewiss noch einen Haufen”. Ich konnte dem Befehl Folge leisten, also war er in Ordnung. Wie aber ist es mit diesem Befehl: “Mach' mir den kleinsten Haufen, den Du noch so nennst”? Ich würde sagen: das ist Unsinn; ich kann nur eine vorläufige obere und untere Grenze bestimmen.
1




 
    
    
  ? / ?  
¥ dazu S. 2/3

     Kann ich sagen, Man könnte sagen: mich unsU interessiert nur der Inhalt des Satzes [ d.h. nur das was der Satz ˇselber sagt.]?; Und der Inhalt des Satzes ist in ihm.[kein Absatz]7

 
   
     Seinen Inhalt hat der Satz als Glied des Kalküls.

 
  a ? /  
     Ist also “einen Satz verstehen” von der gleichen Art, wie “einen Kalkül beherrschen”? Also wie: multiplizieren können? Das glaube ich. siehe S. 148/4 S. 190
 
   
     Die Bedeutung eines Worts verstehen, heisst, seinen Gebrauch kennen, verstehen.

 
  /  
     “Ich kann das Wort ‘gelb’ anwenden” – ist das auf einer anderen Stufe als “ich kann Schach spielen”, oder “ich kann den König im Schachspiel verwenden”?

  /  
     Die Frage, die unmittelbar mit unserer in Beziehung steht, ist die nach dem Sinn der Aussage “ich kann Schach spielen”?
     “Ich weiss, wie ein Bauer [d|z]iehen darf”.
     “Ich weiss, wie das Wort ‘Kugel’ gebraucht werden darf”.
3
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⌊⌊ ⌋⌋
 
  /  
⌊⌊ An den Anfang des §6 (p. 22)

Wenn ich auf die Frage: “kannst Du dieses Gewicht heben”, antworte “ja”, ist damit ein Zustand beschrieben nicht-hypothetisch beschrieben, ahnlich also, wie wenn man mich gefragt hätte “hast Du Kopfschmerzen?”?



     Man kann das Wort können so verstehen daß die Ausführung als Kriterium der Fähigkeit gilt aber auch so daß dies nicht der Fall ist.
     Fragt man mich kannst Du diese Kugel heben & ich sage ja dann versuche ich, sie zu heben, aber es gelingt mir nicht, so gibt es einen Fall in welchem ich sagen werde “ich hatte mich geirrt, ich konnte sie nicht heben” aber auch den “jetzt kann ich sie nicht heben, weil ich schon müde bin, als ich aber sagte ich könne sie heben, da k[ö|o]nnte ich es”. Ebenso “als ich sagte ich könne Schach spielen konnte ich's, aber durch diesen Schreck habe ich es vergessen”, etc. Gefragt “wie weißt Du daß Du es damals konntest würde man etwa sagen: “ich habe es immer gekonnt”, ich hatte gerade zuvor eine Partie gespielt”, “mein Gedächtnis ist doch nicht so schlecht”, “ich hatte mir gerade die Regeln hergesagt” und Ähnliches.
     In keinem Fall ist die Fähigkeit ein bewußter Zustand wie Zahnschmerzen.


     Was gilt alles als Kriterium dafür daß man ein Recht hat zu sagen man könne es.
⌋⌋

 
  ?  
     Wenn ich sage “ich kann dieses Gewicht heben”, so kann man antworten: “das wird sich zeigen, wenn Du es versuchst”; und geht e[w|s] dann nicht, so kann man sagen “siehst Du, Du konntest es nicht”; und ich kann darauf nicht antworten “doch, ich konnte es, als ich es sagte, nur als es zum Aufheben kam, konnte ich es nicht”. Ob man es kann, wird die Erfahrung zeigen. Anders ist es, wenn ich sage “ich verstehe diesen Befehl”; dies ist, oder scheint ein Erlebnis zu sein. “Ich muss wissen, ob ich ihn (jetzt) verstehe” – aber nicht: Ich muss wissen, ob ich das Gewicht jetzt heben kann. – Wie ist es nun in dieser Hinsicht mit dem Satz “ich kann Schach spielen”? Ist das etwas, was sich zeigen wird, oder kann man sagen “als ich es behauptete, konnte ich Schach spielen, nur jetzt kann ich es nicht”.
     Ist nicht das, was mich rechtfertigt, nur, dass ich mich erinnere, früher Schach gespielt zu haben? Und etwa, dass ich, aufgefordert zur Probe die Regeln im Geiste durchfliegen kann?

 
   
     Ist es nicht auch so beim Gebrauch des Wortes “Kugel”? Ich gebrauche das Wort instinktiv. Aufgefordert aber, Rechenschaft darüber zu geben, ob ich es verstehe, rufe ich mir, gleichsam zur Probe, gewisse Vorstellungen hervor.
     (Es kann nicht darauf ankommen, ob die Sprache instinktiv oder halbinstinktiv gebraucht wird. Wir sind hier im Sumpf der graduellen Unterschiede, nicht auf dem festen Grund der Logik.) (Ist es nicht das Schachspiel, wenn es automatisch gespielt wird?)

 
    
  ? /  
     Man ist in der Philosophie immer in der Gefahr, eine Mythologie des Symbolismus zu geben, oder der Psychologie. Statt einfach zu sagen, was jeder weiss und zugeben muss.

  ? /  
     Wenn ich gefragt würde “kannst Du das Alphabet hersagen”, so würde ich antworten: ja. – “Bist Du sicher” – “Ja”. Wenn ich nun aber im Hersagen steckenbliebe und nicht weiter wüsste, so gibt es doch einen Fall, in welchem ich sagen würde “ja, als ich sagte, ich könne es hersagen, da konnte ich es”, und zwar dann, wenn ich es mir dama[.|l]s “im Geiste” hergesagt hätte. Ich würde dies auch als Beweis angeben. Das heisst aber, dass das Hersagen im Geiste die Fähigkeit zum wirklichen Hersagen – so wie wir hier das Wort Fähigkeit verstehen – enthält.


    
Zu S. 99

     Etwas tun können hat ja eben jenen schattenhaften Charakter, das heisst, es erscheint
als
wie
ein Schatten des
tatsächlichen
wirklichen
Tuns, gerade wie der Sinn des Satzes als Schatten seiner Verifikation // als Schatten einer Tatsache // erscheint; oder das Verständnis des Befehles als Schatten seiner Ausführung. Der Befehl “wirft, gleichsam, seinen Schatten schon voraus”, oder, im Befehl wirft die Tat ihren Schatten voraus”. – Dieser Schatten aber, was immer er sein mag, ist, was er ist, und nicht das Ereignis. Er ist in sich selbst abgeschlossen und weist nicht weiter als er selbst reicht.
  ? /  
     Das ist doch der gleiche Fall wie: “Kannst Du Deinen Arm heben?” In welchem Falle würde ich dies verneinen müssen, oder bezweifeln? Solche
5
146
Fälle sind leicht zu denken.
     Als Die Bestätigung dessen, dass wir den Arm heben können, sehen wir etwas ein in einem Zucken mit den Muskeln an, oder eine kleine einer kleinen Bewegung des Arms. Oder die geforderte Bewegung selbst, jetzt ausgeführt, als Kriterium dafür, dass ich sie gleich darauf ausführen kann.
6
147



    
   
     Wann kann das Gefäß … enthalten?

 
  /  
     Das schwierigste Problem scheint der Gegensatz, das Verhältnis zu sein zwischen dem Operieren mit der Sprache in der Zeit // im Lauf der Zeit // und dem momentanen Erfassen des Satzes.

  /  
     Aber wann erfassen oder verstehen wir den Satz?! Nachdem wir ihn ausgesprochen haben? – Und wenn
:
,
während wir ihn aussprechen
, –
;
ist das Verstehen ein artikulierter Vorgang, wie das Bilden des Satzes, oder ein unartikulierter? Und wenn ein artikulierter: muss er nicht projektiv mit dem andern verbunden sein? Denn sonst wäre seine Artikulation von der ersten unabhängig.

  /  
     “Er sagt das, und meint es”: Vergleiche das einerseits mit: “er sagt das, und schreibt es nieder”; anderseits mit: “er schreibt das und unterschreibt es”.

  /  
     Man könnte fragen: Wie lange braucht
man
es
, um einen Satz zu verstehen. Und wenn man ihn eine Stunde lang versteht, beginnt man da immer wieder vom frischen?
7
148
   
     Ist das Verstehen nicht das Erfassen des Satzes, so kann es auch nach diesem (und warum nicht auch vorher) vor sich gehen.

  /  
     Ist das Verstehen eines Satzes dem Verstehen eines Schachzuges, als solchen ˇals Schachzuges, nicht analog? Wer das Schachspiel gar nicht kennt und sieht jemand einen Zug machen, der wird ihn nicht verstehen, d.h. nicht als Zug eines Spieles verstehen. Und es ist etwas anderes, dem Spiel Zug mit Verständnis zu folgen, als es ihn bloss zu sehen.

  /  
     Was ist es aber dann,
was
das
uns immer das Gefühl gibt, dass das Verstehen eines Satzes das Verstehen von etwas ausserhalb ihm Liegendem ist und zwar nicht von der Welt ausserhalb des Zeichens, wie sie eben ist, sondern von der Welt, wie das Zeichen sie – gleichsam – wünscht.


  /  
     Man würde etwa (so) sagen: Ich sage ja nicht nur “zeichne einen Kreis”, sondern ich wünsche doch, dass der Andre etwas tut. (Gewiss!) Und dieses Tun ist doch etwas anderes als das Sagen, und ist eben das Ausserhalb, worauf ich weise // worauf der Satz weist // . Und, was der andre tut, ist doch außerhalb dessen was ich sage.

  ∕∕  
  /  
     Das Können und Verstehen wird von der Sprache scheinbar als Zustand dargestellt, wie der Zahnschmerz, und das ist die falsche Analogie, unter der ich laboriere.

  /  
     Wie, wenn man fragte: Wann kannst Du Schach spielen? Immer? oder während Du
einen Zug machst?
es sagst?
aber während des ganzen Satzes? – Und wie seltsam ⌊⌊Während Du spielst? & während jedes Zuges? – Und wie seltsam …⌋⌋, dass Schachspielen-Können so kurze Zeit braucht // dauert // und eine Schachpartie so viel länger!

  ? /  
     Wenn nun “das Wort ‘gelb’ verstehen” heisst, es anwenden können, so
ist
besteht
die gleiche Frage: Wann kannst Du es anwenden. Redest Du von einer Dispo[w|s]ition? Ist es eine Vermutung?

  /  
     Augustinus: “Wann messe ich einen Zeitraum? Aehnlich meiner Frage: Wann kann ich Schach spielen.
9
150



    
  ? /  
⌊⌊ Vielleicht lehrreich⌋⌋
[Zu: “Lernen der Sprache” “Wie wirkt das einmalige …”]

     Es ist eine sehr merkwürdige Tatsache, dass ich mich bei dem Gebrauch der Sprache nicht erinnere, wie ich sie gelernt habe. Ich sage “hier sehe ich eine schwarze Kugel”. Ich wei[w|s]s nicht, wie ich “schwarz” und “Kugel” gelernt habe. Meine Anwendung der Wörter ist unabhängig von diesem Erlernen. Es ist so, als hätte ich die Wörter selbst geprägt. Und hier werden wir wieder zu der Frage geführt: Wenn die Grammatik, die von den Wörtern handelt, für ihre Bedeutung wesentlich ist, muss ich die grammatischen Regeln, die von einem Wort handeln, alle im Kopf haben, wenn es für mich etwas bedeuten soll? Oder ist es hier, wie im Mechanismus: Das Rad, das stillsteht, oder auch sich dreht, das Rad in einer Lage, weiss, gleichsam, nicht, welche Bewegung ihm noch erlaubt ist, der Kolben weiss nicht, welches Gesetz seiner Bewegung vorgeschrieben ist; und doch wirkt das Rad und der Kolben nur durch jene Gebundenheit // jenes Gebundenseins // .
     Soll ich also sagen: Die grammatischen Regeln wirken in der Zeit? (Wie jene Führung.)
 
   
⌊⌊      Unterscheidung zwischen Regel & Erfahrungssatz. Wenn ein Satz der Grammatik ein Naturgesetz der Anwendung des Wortes wäre, so gäbe es grammatische Hypothesen; & wie ein Wort gebraucht werden kann zeigt sich dadurch, wie es gebraucht wird.⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Wie seltsam: es es scheint als ob zwar eine physische (mechanische) Führung versagen, unvorhergesehenes zulassen, könnte, aber eine Regel nicht! Sie wäre sozusagen die einzig verläßliche Führung. Aber worin besteht es, daß eine Führung eine Bewegung nicht zuläßt, & worin, daß eine Regel sie nicht zuläßt? – Wie weiß man das eine, & wie das andere?⌋⌋
 
  /  
     Also: Das Wort “Kugel” wirkt nur
durch die Art
in der Art
seiner Anwendung. Und es
10
151
wäre die seltsame Frage denkbar: “wie kann ich denn dann gleich wissen, was ich mit ‘Kugel’ meine ⌊⌊Wenn aber ‘die Bedeutung eines Wortes verstehen’ heißt seine grammatische Anwendung kennen (die Möglichkeit seiner gr. Anw.), dann kann man fragen: Wie kann ich denn gleich wissen was ich mit ‘Kugel’ meine …⌋⌋ , ich kann doch nicht die ganze Art der Anwendung ˇ des Wortes auf einmal im Kopfe haben?”

  /  
     Und ist es nicht ähnlich mit dem Schachspiel: in irgend einem Sinne kann man sagen, ich wisse die Regeln des Schachspiels (habe sie im Kopf),
wenn
während
ich spiele. Aber ist dieses “sie im Kopf haben” nicht wirklich nur eine Hypothese. Habe ich sie nicht nur insofern im Kopf, als si ich sie in jedem besondern Falle anwende? – Gewiss, dies wWissen ist nur das hypothetische Reservoir, woraus das wirklich gesehene Wasser fliesst.

  /  
     Das Verständnis der Sprache – quasi des Spiels – scheint wie ein Hintergrund, auf dem der einzelne Satz erst Bedeutung gewinnt.

   
     Die allgemeine Regel erst enthüllt den [D|F]reiheitsgrad, die Beweglichkeit des Mechanismus. Das Bild des Mechanismus in einer seiner Stellungen enthält hievon nichts.

 
  ? /  
     Soll ich nun sagen, der Freiheitsgrad des Mechanismus kann sich nur mit der Zeit enthüllen? Aber wie kann ich dann je wissen, dass er gewisse Bewegungen nicht machen kann (und dass er gewisse Bewegungen machen kann, die er gerade noch nicht gemacht hat).

 
   
     Das Verständnis als eine Disposition der Seele, oder des Gehirns, geht uns nichts an.

 
   
⌊⌊      Das Bild des Mechanismus kann wohl ein Zeichen des Freiheitsgrades sein. D.h. als Ausdruck dafür gebraucht werden, welche Bewegungen
etwas
erer
ausführen soll (meiner Meinung nach ausführen wird, ausgeführt hat, etc.). Wenn ich aber sage das Bild kann ein Zeichen des Freiheitsgrades sein, – was heißt das? Was macht ein Bild zum Zeichen des Freiheitsgrades? Doch nicht daß man ihm etwas anderes; quasi einen existierenden Freiheitsgrad zuordnet. Außer indem man zur Erklärung des Zeichens auf einen Mechanismus zeigt & diesen gewisse Bewegungen ausführen läßt. Aber dann liegt darin keine pr Prophezeihung über das Verhalten dieses Mechanismus. Es s Seine vorgeführten Bewegungen waren vielmehr nur ein Zeichen, womit wir ein anderes erklärten.
11
152
⌋⌋


 
    
   
‘Gedanke ist einennennen wir etwas Vorgang der den Satz begleitet’ aber auch den Satz selbst im System der Sprache.

¥ ⋎ S. 144/4
 
  ? /  
     Kann ich nicht sagen: ich meine die Verneinung, welche verdoppelt eine Bejahung gibt?

 
  ? /  
     Wäre das nicht, als würde man sagen: Ich meine die Gerade, deren zwei sich in einem Punkt schneiden.

 
  /  
     Das heisst: Wenn Du von Rot gesprochen hast, hast Du dann das gemeint, wovon man sagen kann, es sei hell, aber nicht,ˇ es sei grün, auch wenn Du an diese Regel nicht gedacht,
noch
oder
von ihr Gebrauch gemacht hast? – Hast Du das ‘nonnon.neg’ verwendet, wofür non-non-non-p = non-p ist? auch wenn Du diese Regel nicht verwendet hast? Ist es etwa eine Hypothese, dass es das non war? Kann es zweifelhaft sein, ob es dasselbe war, und durch die Erfahrung bestätigt werden.


  /  
     Was heisst die Frage: Ist das dasselbe ‘non’, für welches die Regel non-non-non-p = non-p gilt?

 
  /  
     “Meinst Du das ‘nonnon.neg’ so, dass ich aus non-p non-non-non-p schliessen kann?”
12
153
 
  ∫ ¿  
     Das Schachspiel ist gewiss durch seine Regeln (sein Regelverzeichnis) charakterisiert. Und wir sagen, daß Einer, der eine Partie Schach spielt und jetzt einen Zug macht, etwas anderes tut, als der, der nicht Schach spielen kann (d.h. das Spiel nicht kennt) und nun eine Figur in die Hand nimmt und sie zufällig der Regel gemäss bewegt. Anderseits ist es klar, dass der Unterschied nicht darin bestehthen muß, dass der Erste in irgend einer Form die Regeln des Schachspiels vor sich hersagt oder überdenkt. – Wenn ich nun sage: “dass er Schach spielen kann, (wirklich Schach spielt, die Absicht hat, Schach zu spielen) besteht darin, dass er die Regeln kennt”, ist diese Kenntnis der Regeln in jedem Zuge in irgendeiner Form enthalten?
     Was heisst das: “er tut etwas anderes”? Hierin liegt schon die Verwendung eines
irreführenden
falschen
Bildes. Worin besteht der Unterschied? Man denkt da wieder an Gehirnvorgänge.


 
   
     Wenn das Schachspiel durch seine Regeln definiert ist, so gehören diese Regeln zur Grammatik des Wortes “Schach”. ⌊⌊ Das Schachspiel ist gewiß durch seine Regeln (sein Regelverzeichnis) charakterisiert. Wenn ich Schachˇ nur durch seine Regeln definiere, so gehören diese Regeln zur Grammatik des Wortes “Schach”. ⌋⌋

  /  
[Zu S. 354)
      Worin besteht es die Absicht zu haben eine Partie Sch. zu spielen Kann man eine Intention haben, ohne sie auszudrücken? Kann man die Absicht haben, Schach zu spielen (in dem Sinne, in welchem man apodiktisch sagt “ich hatte die Absicht Schach zu spielen; ich muss es doch wissen”), ohne einen Ausdruck dieser Absicht? – Könnte man da nicht fragen: Woher weisst Du, dass das, was Du hattest, diese Absicht war? D.h. wie unterscheidet sich diese Absicht von der Dame zu spielen.
     Ist die Absicht Schach zu spielen etwa wie die Vorliebe für das Spiel, oder für seine Person
?
.
Wo man auch fragen könnte: Hast Du diese Vorliebe die ganze Zeit oder etc., und die Antwort ist, dass “eine Vorliebe haben” gewisse Handlungen, Gedanken und Gefühle einschliesst und andere ausschliesst.
13
154

     Das Sch. ist doch durch seine Regeln definiert.




 
  /  
     Muss ich nicht sagen: “Ich weiss, dass ich die Absicht hatte, denn ich habe mir gedacht ‘jetzt komme ich endlich zum Schachspielen’” oder etc. etc..

 
  ? /  
[Zu: S. 354

     Es würde sich mit der Absicht in diesem Sinne auch vollkommen vertragen, wenn ich beim ersten Zug darauf käme, dass ich alle Schachregeln vergessen habe, und zwar so, dass ich nicht etwa sagen könnte “ja, als ich den Vorsatz hatte // fasste // , da hatte // habe // ich sie noch gewusst”.



 
  ? ∫  
     Es wäre wichtig, den Fehler allgemein auszudrücken, den ich in allen diesen Betrachtungen zu machen neige // geneigt bin // . Die falsche Analogie, aus der er entspringt.8

 
   
     Ich glaube, jener Fehler liegt in der Idee, dass die Bedeutung eines Wortes eine Vorstellung ist, die das Wort begleitet.
     Und diese Conception hat wieder mit der des Bewusst-Seins zu tun. // Und diese Conception steht wieder … in Verbindung. // Dessen, was ich immmer “das Primäre” nannte.


 
  /  
Zu S. 223

     Es stört uns quasi, dass der Gedanke eines Satzes in [m|k]einem Moment ganz vorhanden ist. Hier sehen wir, dass wir den Gedanken mit einem Ding vergleichen, welches wir erzeugen, und das wir nie als Ganzes besitzen; sondern, kaum entsteht ein Teil, so verschwindet ein andrer. Das hat gewissermassen etwas unbefriedigendes, weil wir – wieder durch eine Erklärung // ein Gleichnis // verführt – uns etwas Anderes erwarten.



 
  ∫ ∫  
[Zu: S. 354

     Der Spieler, der die Intention hatte, Schach zu spielen, hatte sie schon dadurch, dass er zu sich etwa die Worte sagte “jetzt wollen wir Schach spielen”. Und etwa durch gewisse Gefühle die die Worte begleiteten.
14
155
spielen”.
      Ich will sagen, dass das Wort “Schach” eben auch (nur) ein Stein in einem
Spiel
Kalkül
istˇ das wir ˇ fortlaufend spielen. Wird der Kalkül beschrieben, so müssen wir die Regeln tabulieren // tabuliert vor uns haben // , wird er aber angewandt, so wird jetzt gemäss der einen, dann gemäss der andern Regel vorgegangen, dabei kann uns ihr Ausdruck vorschweben, oder auch nicht.

 
  /  
     Muss denn dem, der das Wort “Schach” gebraucht, eine Definition des Wortes vorschweben? Gewiss nicht. – Gefragt, was er unter “Schach” versteht, wird er erst eine geben. Diese Definition ist selber ein bestimmter Schritt
im Kalkulieren
in/seinem Kalkül
. [ … ist (selber) eine Handlung im Kalkül, den wir betreiben. ]

  /  
     Wenn ich ihn aber nun fragte: Wie Du das Wort ausgesprochen hast, was hast Du damit gemeint? – Wenn er mir darauf antwortet: “ich habe das Spiel gemeint, das wir so oft gespielt haben etc.. etc.”, so weiss ich, dass ihm diese Erklärung in keiner Weise beim Gebrauch des Wortes vorgeschwebt hatte, und dass seine Antwort meine Frage nicht in dem Sinn beantwortet, dass sie mir sagt, was, quasi, “in ihm vorging // vorgegangen ist // ”, als er dieses Wort sagte.

  /  
⌊⌊      Statt “ich habe das Spiel gemeint, welches …” hätte ich auch sagen können: ich setze jetzt statt des Wortes Schach daß das ich
vorhin
früher
gebraucht habe den Ausdruck: “das Spiel, was wir so oft …”.
⌋⌋
 
   
     Denn die Frage ist eben, ob unter der “Bedeutung, in der man ein Wort gebraucht” ein Vorgang verstanden werden soll, den wir beim Sprechen oder Hören des Wortes erleben.

  /  
      Die Quelle des Fehlers scheint die Idee vom Gedanken zu sein, der ist der Begriff vom Gedanken, der ⌊⌊Die Quelle der Verwirrung ist vielleicht der Begriff …⌋⌋ den Satz begleitet. (Oder der seinem Ausdruck vorangeht.) Dem Wortausdruck kann natürlich ein andrer Ausdruck vorangehen, aber für uns kommt der [u|U]nterschied // Artunterschied // dieser beiden Ausdrükke – oder Gedanken – nicht in Betracht. Und es kann der Gedanke unmittel-
15
156
bar in seiner Wortform gedacht werden.

¥
  /  
     Man könnte sagen: auf die Aussage “dieser Satz hat Sinn” kann man nicht wesentlich fragen “welchen?” So wie man jach auch auf den Satz “diese Worte sind ein Satz” nicht fragen kann “welcher?”9

  /  
     (“Er hat diese Worte gesagt, sich aber dabei gar nichts gedacht.” – “Doch, ich habe mirch etwas dabei gedacht”. – “Und zwar was denn?” – “Nun, das, was ich gesagt habe”.)



   
     “Dieses Wort hat doch eine ganz bestimmte Bedeutung”. Wie ist sie denn (ganz) bestimmt?

 
  /  
Zu S. 224

     ”Ich habe etwas bestimmtes damit gemeint, als ich sagte …”. – “Wann hast Du es gemeint und wie lange hat es gebraucht. Und hHast Du bei jedem Wort etwas anderes gemeint, oder während des ganzen Satzes dasselbe?”10

 
  /  
Zu S. 224
(Uebrigens komisch, dass, seltsam: wenn man bei jedem – sagen wir, deutschen – Wort etwas meint, ˇ daß eine Zusammenstellung
dieser
solcher
Wörter Unsinn sein kann!)

 
  /  
     “Ich meine aber doch mit diesen Worten etwas”. Gewiss: im Gegensatz z.B. etwa zu dem Falle, wo ich nichts meine, wo ich etwa Silben ihres komischen Klangs wegen aneinander reihe.
     Ich will eigentlich sagen, dass ‘ich meine etwas mit den Worten’ nur heisst: ich unterscheide doch diesen Fall von dem des sinnlossen Plapperns etc.. Und das ist zugegeben. Aber es ist damit noch keine besondere Theorie des Meinens gegeben.

   
     Und so geht es in allen solchen Fällen. Wenn etwa jemand sagt: “aber ich meine doch wirklich, dass der Andere Zahnschmerzen hat; nicht, dass er
16
157
sich bloss so benimmt”. Immer muss man antworten: “Gewiss” und zugeben, dass auch wir diese Unterscheidung machen müssen. // dass diese Unterscheidung besteht. //


 
   
      “Jetzt

     “Jetzt sehe ich's erst, er zeigt immer auf die Leute, die dort vorübergehen”. Er hat ein System verstanden: wie Einer, dem ich die Ziffern 1, 4, 9, 16 zeige und der sagt “ich versteh' jetzt das System, ich kann jetzt selbst weiterschreiben”. Aber was ist diesem Menschen geschehen, als er das System plötzlich verstand?


 
  /  
     Es handelt sich beim Verstehenˇ, meinen, nicht um einen Akt des momentanen, sozusagench nicht diskursiven, Erfassens der Grammatik. Als könnte man sie gleichsam auf einmal herunterschlucken.

  ? /  
     Das also, was der
tut
macht
, der auf einmal
das Zeichen, das ihm der Andere gegebenˇ hat, versteht
die Bewegung des Andern deutet
(ich sage nicht “richtig deutet”), ist ein Schritt in einem Kalkül. Er tut ungefähr was er sagt, wenn er
seiner Deutung
seinem Verständnis
Ausdruck gibt. – Und das ist ja immer unser Prinzip –. Und wenn ich sage “was er macht, ist der Schritt eines Kalküls”, so heisst das, dass ich diesen Kalkül schon kenne; in dem Sinne, in dem ich die deutsche Sprache kenne, oder das Ei[i|n]maleins.
     Welche ich ja auch nicht so in mir habe, als
wären
wäre
die ganze deutsche Grammatik und die Einmaleins-Sätze zusammengeschoben auf Eetwas, was man auf einmal, als Ganzes, erfassen kann. // was ich nun auf einmal, als Ganzes, besitze. //

   
     Gewiss, der Vorgang des “jetzt versteh' ich …!” ist ein ganz spezi-
17
158
fischer, aber es ist eben auch ein ganz spezifischer Vorgang, wenn wir auf einen bekannten Kalkül stossen, wenn wir “weiter wissen”.
     Aber dieses Weiter-Wissen ist eben auch diskursiv (nicht intuitiv).




 
  /  
Zu S. 223

     Intuitives Denken, das wäre so, wie eine Schachpartie auf die Form eines dauernden, gleichbleibenden Zustandes gebracht. (ebenso undenkbar).

18
159


 
    
  /  
     Und doch ist noch etwas unklar // nicht klar // , was sich z.B. in der dreifachen Verwendung des Wortes ‘ist’ zeigt. Denn, was heisst es, wenn ich sage, dass im Satz ‘die Rose ist rot’ das ist eine andere Bedeutung hat, als in ‘zweimal zwei ist vier’? Wenn man sagt, es heisse, dass verschiedene Regeln von diesen beiden Wörtern gelten, so muss man zunächst sagen, dass wir hier nur ein Wort haben. Zu sagen aber: von diesem gelten in einem Fall die Regeln, im anderen jene, ist Unsinn.
     Und das hängt wieder mit der Frage zusammen, wie wir uns denn aller Regeln bewusst sind, wenn wir ein Wort in einer bestimmten Bedeutung gebrauchen, und doch die Regeln die Bedeutung ausmachen?

/ ✓
  /  
     Wenn ich nun aber das Wort “ist” betrachte: Wie kann ich hier zwei verschiedene Anwendungsarten unterscheiden, wenn ich nur auf die grammatischen Regeln sehe // achte // ? Denn diese erlauben ja eben die Verwendung des Wortes im Zusammenhang “die Rose ist rot” und “zweimal zwei ist vier”. An diesen Regeln sehe ich nicht, dass es sich um zwei verschiedene Wörter
19
160
handelt // dass wir hier zwei verschiedene Wörter haben // . – Ich ersehe es aber z.B. wenn ich versuche, in beiden Sätzen statt “ist” “ist gleich” zu setzen // einzusetzen // (oder auch den Ausdruck “hat die Eigenschaft”). Aber nur wieder, weil ich für den Ausdruck “ist gleich” die Regel kenne, dass er in “die Rose … rot” nicht eingesetzt werden darf // nicht stehen darf // .

   
     Wenn ich mich weigere ein Wort, z.B. das Wort ‘ist gleich’ in zwei Zusammenhängen zu gebrauchen, so ist der Grund das, was wir mit den Worten beschreiben “das Wort habe in den beiden Fällen verschiedene Bedeutung”. // das Wort werde in diesen Fällen in verschiedenem Sinn gebraucht. //

¥
 
  /  
Ib      Kann ich nun aber das, was die grammatischen Regeln von einem Worte sagen, auch anders beschreiben, nämlich durch die Beschreibung des Vorgangs, der beim Verstehen des Wortes stattfindet?11

 
  /  
Ic      Wenn also die Grammatik – z.B. – die Geometrie der Verneinung ist, kann ich sie durch eine Beschreibung dessen ersetzen, was bei der Verwendung sozusagen hinter dem Wort ‘nicht’ steht?

 
   
     Aber so eine Beschreibung wäre doch – wie gesagt – ein Ersatz des Wortes // für das Wort // ‘nicht’, etwa wie
p
W
F

F
W
und könnte die Grammatik nicht ersetzen. (﹖)

 
  ? /  
Ia      In meiner Darstellung schienen doch die grammatischen Regeln die Auseinanderlegung dessen, was ich im Gebrauch des Wortes auf einmal erlebe.
Sind die grammatischen Regeln die Auseinanderlegung dessen, was … erlebe?
⌊⌊ Es können die grammatischen Regeln als die Auseinanderlegung dessen erscheinen …⌋⌋
Sozusagen (nur) Folgen, Aeusserungen, der Eigenschaften, die ich beim Ver-
20
161
stehen auf einmal
erlebe?
erlebe.
Das muss natürliche ein Unsinn sein.



 
  ? /  
Id      Man
möchte
würde ja geradezu
sagen: die eine Verneinung hat die Eigenschaft, dass sie verdoppelt eine Bejahung ergibt zu ergeben. (Etwa wie: Eisen hat die Eigenschaft, mit Schwefelsäure Eisensulfat zu geben.) Während die Regel die Verneinung nicht näher beschreibt, sondern konstituiert.



 
   
     Dass wir dieses Wort dieser Regel gemäss gebrauchen, das dafür einsetzen etc., damit dokumentieren wir, wie wir es meinen.

 
   
     “Wie ich einen Körper durch seine verschiedenen Ansichten geben kann und er mit diesen äquivalent ist, so offenbart sich die Natur der Negation in den verschiedenen, grammatisch erlaubten Anwendungen des Negationszeichens.”

¥
 
  /  
Ib      ”Die doppelte Negation gibt eine Bejahung”, das klingt so wie: Kohle und Sauerstoff gibt Kohlensäure. Aber in Wirklichkeit gibt die doppelte Negation nichts, sondern ist etwas.

 
  /  
Ia      ”Wer die Negation versteht, der weiss, dass die doppelte Negation …”



 
  /  
Ic      Es täuscht uns da etwas eine physikalische Tatsache vor.
     So, als sähen wir ein Ergebnis des logischen Prozesses. Während das Ergebnis nur das des physikalischen Prozesses ist.

¥
¥
 
   
If      Das Wort ‘nicht’ in der grammatischen Regel hat keine Bedeutung, sonst könnte das nicht von ihm ausgesagt werden.

 
  ? /  
Ie      Die Negation hat keine andere Eigenschaft, als etwa die, in gewissen
21
162
Sätzen, die Wahrheit zu ergeben.
     Und ebenso hat ein Kreis die Eigenschaft, da oder dort zu stehen, diese Farbe zu haben, von einer Geraden tatsächlich geschnitten zu werden; aber nicht, was ihm die Geometrie zuzuschreiben scheint. (Nämlich diese Eigenschaften haben zu können.)



 
  /  
     Was heisst es: “Dieses Papier ist nicht schwarz und ‘nicht’ ist hier in dem Sinne // ist hier so // gebraucht, dass eine dreifache Verneinung eine Verneinung ergibt”? Wie hat sich denn das im Gebrauch geäussert?
     Oder: “Dieses Papier ist nicht schwarz und zwei von diesen Verneinungen geben eine Bejahung”. Kann ich das sagen?
     Oder: “Dieses Buch ist rot und die Rose ist rot und die beiden Wörter ‘rot’ haben die gleiche Bedeutung”. (Dieser Satz ist von gleicher Art wie die beiden oberen.) Was ist denn das für ein Satz? ein grammatischer? Sagt er etwas über das Buch und die Rose?
     Ist der Zusatz zum Verständnis des ersten Satzes nicht nötig, so ist er Unsinn, und wenn nötig, dann war das erste noch kein Satz; und dasselbe gilt in den oberen Fällen.

@
  /  
     “Dass 3 Verneinungen wieder eine Verneinung ergeben, muss doch schon in der einen Verneinung, die ich jetzt gebrauche, liegen”. Aber deute ich hier nicht schon wieder? (D.h. bin ich nicht im Begriffe,
einen Mythus
eine Mythologie
zu erfinden?)

I
    
     Heisst es etwas, zu sagen, dass drei solche Verneinungen eine Verneinu[g|n]g ergeben. (Das erinnert immer an “drei solche Pferde können diesen Wagen fortbewegen”.) Aber, wie gesagt, in jenem logischen Satz ist gar nicht von der Verneinung die Rede (von der Verneinung handeln nur Sätze wie: es regnet nicht) sondern nur vom Wort ‘nicht’, und es ist eine Regel über die Ersetzung eines Zeichens durch ein anderes.
22
163
/
  /  
     Aber können wir die Berechtigung dieser Regel nicht einsehen, wenn wir die Verneinung verstehen? Ist sie nicht eine Folge aus dem Wesen der Verneinung? Sie ist nicht eine Folge, aber ein Ausdruck dieses Wesens.

 
  /  
     Was wir sehen, wenn wir einsehen, dass eine doppelte Verneinung etc. … muss von der Art dessen sein, was wir im Zeichen
p
W
F

F
W

W
F
wahrnehmen. (﹖)

 
  /  
     Die Geometrie spricht aber so wenig von Würfeln, wie die Logik von der Verneinung.

     (Man möchte hier vielleicht einwenden, dass die Geometrie vom Begriff des Würfels und die Logik vom Begriff der Negation handelt. Aber diese Begriffe gibt es nicht.)


 
  /  
     Man kann einen Würfel
, aber nicht die Würfelform
– ich meine das Wesentliche des Würfels – nicht
beschreiben. Aber kann ich denn nicht beschreiben, wie man z.B. eine Kiste macht? und ist damit darin nicht eine Beschreib[j|u]ng des eines Würfels der Würfelform gegeben? enthalten? Das Wesentliche am Würfel ist damit nicht beschrieben, das steckt vielmehr in der Möglichkeit dieser Beschreibung, d.h. darin, dass sie eine Beschreibung ist; nicht darin, dass sie zutrifft.

   
     Nun kann ich doch aber sagen: “Ich sehe die Figur 3-dimensional”. Aber dieser Satz entspricht der Beschreibung einer Kiste. Er beschreibt einen bestimmten Würfel, nicht die Würfelform. Freilich kann ich das Wort “Würfelform” definieren. D.h. Zeichen geben, durch die es ersetzt werden
darf.
kann.


 
   
Zu S. 91

     Man kann eine geometrische Figur nicht be[w|s]chreiben. Auch die Gleichung beschreibt sie nicht, ﹖– sondern vertritt sie durch die Regeln, die von ihr gelten –﹖.
23
164




 
   
Zu S. 91

     Und haben wir hier nicht das Wort “Figur” so angewendet // angewandt // , wie in unseren Betrachtungen so oft das Wort “Gedanke” oder “Symbol”? Die Art der Anwendung dieses Wortes, von welcher ich sagte, es bedeute dann kein Phänomen, sondern sei quasi ein unvollständiges Zeichen // Symbol // und entspreche eher einer Funktion.


 
  ∕∕  
     Man kann auch nicht sagen, die Würfelform habe die Eigenschaft, lauter gleiche Seiten zu besitzen. Wohl aber hat ein Holzklotz diese Eigenschaft. (Noch hat “die Eins die Eigenschaft, zu sich selbst addiert, zwei zu ergeben”.)

  ∫ /  
     Ich sagte doch: Es schien, als wären die grammatischen Regeln die ‘Folgen in der Zeit’ dessen, was wir in einem Augenblick wahrnehmen, wenn wir eine Verneinung verstehen.
     Und als gebe es also zwei Darstellungen des Wesens der Verneinung: Den Akt (etwa den seelischen Akt) der Verneinung selbst, und seine Spiegelung in dem System der Grammatik.


  / ∫ /  
     Man ist versucht zu sagen // könnte sagen // : die Gestalt eines Würfels wird doch sowohl durch die Grammatik des Wortes “Würfel[|], als auch durch einen Würfel, dargestellt.

 
   
     In “non-p & (non-non-p = p)” kann der zweite Teil nur eine Spielregel sein.

 
  ∕∕  
      Wenn Du weißt was ich mit einer halben Drehung meine so wirst Du verstehen daß zwei halbe Drehungen einander aufheben. Es hat den Anschein, als könnte man aus der Bedeutung der Negation schliessen, dass non-non-p, p heisst.

  /  
     Als würden aus der Natur der Negation die Regeln über das Negationszeichen folgen.
24
folgen.

     So dass, in gewissem Sinne, die Negation zuerst vorhanden
ist
wäre
und dann die Regeln der Grammatik.

  /  
     Es ist also, als hätte das Wesen der Negation einen zweifachen Ausdruck in der Sprache: Dasjenige, was ich sehe, wenn ich die Negation verstehe, und die Folgen dieses Wesens in der Grammatik.

   
     Zu sagen, dass eine Vierteldrehung ein Quadrat mit sich selbst zur Deckung bringt, heisst doch offenbar nichts andres als: Das Quadrat ist um zwei zueinander senkrechte Achsen symmetrisch, und das wieder, dass es Sinn hat, von zwei senkrechten Achsen zu reden, ob sie vorhanden sind oder nicht. Dies ist ein Satz der Grammatik.

 
  ∫ /  
     Die Schwierigkeit ist wieder, dass
es so scheinen kann,
es scheint,
als wäre in einem Satz, der
, z.B.,
etwa
das Wort
‘Kugel’
‘Quadrat’
enthält, schon der Schatten
anderer Sätze, die mit diesem Wort gebildet sind, enthalten.
eines andern Satzes mit diesem Worte enthalten.
– Nämlich eben die Möglichkeit jenen anderen Satz ◇ Sätze zu bilden, die ja, wie ich sagte, im Sinn des Wortes ‘Quadrat’ liegt.
     Und doch kann man eben nur sagen, der andere Satz ist nicht mit diesem ausgesprochen, auch
nicht in einer schattenhaften Weise.
nicht schattenhaft.
(Und wird vielleicht nie ausgesprochen werden.) Siehe: S 144/2


 
   
      Statt der Betrachtung der Negation, könnte ich auch die eines Pfeiles setzen und z.B. sagen: wenn ich ihn zweimal um 180o drehe, zeigt er wieder, wohin er jetzt zeigt: welcher Satz dem non-non-p = p entspricht. Wie ist es nun hier mit der Darstellung des Wesens dieses Pfeils durch die Sprache? Jener Satz muss doch unmittelbar von diesem Wesen abgeleitet // abgelesen // sein und es also darstellen.
25
darstellen.
      Oder nehmen wir den Fall eines Quadrats und eines Rechtecks und die Sätze, dass das Quadrat durch eine Vierteldrehung mit sich selbst zur Deckung gebracht werden kann; das Rechteck aber erst durch eine halbe Drehung.

 
  ? / ?  
     Es frägt sich: Was ist das für ein Satz “das Wort ‘ist’ in ‘die Rose ist rot’ ist dasselbe, wie in ‘das Bu[h|c]h ist rot’, aber nicht dasselbe, wie in ‘zweimal zwei ist vier’? Man kann nicht antworten, es heisse, verschiedene Regeln gelten von den beiden Wörtern, denn damit geht man im Zirkel. Wohl aber heisst es, das Wort ist in seinen verschiedenen Verbindungen durch zwei Zeichen ersetzbar, die nicht für einander einzusetzen sind. Ersetze ich dagegen das Wort in den beiden ersten Sätzen durch zwei verschiedene Wörter, so darf ich sie für einander einsetze[h|n].

 
  ∫ /  
     Nun könnte ich wieder fragen: sind diese Regeln // ist diese Regel // nur eine Folge des Ersten: dass im einen Fall die beiden Wörter ‘ist’ die gleiche Bedeutung haben, im andern Fall nicht? Oder ist es so, dass diese Regel eben der sprachliche Ausdruck dafür ist, dass die Wörter das Gleiche bedeuten?

 
  /  
     Ich will es damit vergleichen ˇIch möchte die Metapher gebrauchen, dass das Wort ‘ist’ einen andern WortBedeutungskörper hinter sich hat wenn es einmal = einma ε bedeutet // einmal für “ = ” einmal für “ε” steht”. Dass es beide Male die gleiche
Vorderfläche
Fläche
ist, die einem andern Körper angehört, wie wenn ich ein Dreieck im Vordergrund sehe, das das eine Mal die Endfläche eines Prismas, das andre Mal eine[w|s] Tetraeders ist.

¥ S. 145/1
 
   
     Oder denken wir unsd diesen Fall: Wir hätten
vollkommen
ganz
durchsichtige
Glaswürfel, deren eine Seite // Seitenfläche // rot gefärbt wäre. Wenn wir sie aneinander reihen, so w[r|i]rd werden im Raum nur (eine) ganz bestimmte Anordnungen roter Quadrate entstehen können, bedingt durch die Würfelform der Körper. Ich könnte nun die Regel, nach der
26
hier rote Qud Quadrate angeordnet sein können, auch ohne Erwähnung der Würfel
geben
angeben
, aber in ihr wäre doch bereits das Wesen der Würfelform präjudiziert. Freilich nicht, dass wir es gläserne Würfel haben sind wohl aber die Geometrie des Würfels.

 
  ∕∕  
     Wenn wir nun aber einen solchen Würfel sehen, sind damit wirklich schon alle Gesetze der möglichen Zusammenstellung ge[b|g]eben?! Also die ganze Geometrie[.| ?]
     Kann ich die Geometrie des Würfels von einem Würfel ablesen?

 
  ∕∕  
     Der Würfel ist dann eine Notation der Regel.
     Und hätten wir eine solche Regel gefunden, so könnten wir sie wirklich nicht besser notieren, als durch die Zeichnung eines Würfels (und dass es hier eine Zeichnung tut, ist wieder ungemein wichtig // bedeutsam // ).

 
  /  
     Und nun ist die Frage:
wie
in wiefern
kann der Würfel Wie aber kann der Würfel …, oder die Zeichnung (denn die beiden kommen hier auf dasselbe hinaus // auf eine hinaus // ) als Notation der geometrischen Regeln dienen?12

 
  ? /  
     Doch auch nur,
sofern er als Satz einem System von Sätzen angehört.
sofern er einem System angehört
: nämli[h|c]h der Würfel mit der einen roten Endfläche wird etwas anderes notieren, als eine Pyramide mit quadratischer roter Basis, etc.. D.h., es wird dasjenige Merkmal der Regeln notieren, worin sich z.B. der Würfel von der Pyramide unterscheidet.

 
  /  
     Jedes Zeichen der Negation ist gleichwertig jedem andern, denn “
p
W
F

F
W
” ist ebenso ein Komplex von Strichen, wie das Wort “nicht”, und zur Negation wird es nur durch die Art, wie es ‘wirkt
d.h. wie es im Spiel gebraucht wird.
.
Hier aber ist nicht die Wirkung im Sinne der Psychologie (das Wort ‘Wirkung’ also nicht kausal) gemeint, sondern die Form seiner Wirkung.
27
 
  /  
     Ich möchte sagen: Nur dynamisch wirkt das Zeichen, nicht statisch. Der Gedanke ist dynamisch.

 
  /  
     Dass die Tautologie und Kontradiktion nichts sagen, geht nicht etwa aus dem W-F-Schema hervor, sondern muss festgesetzt werden. Und die Schemata machen nur die Form der allgemeinen Festsetzung einfach. // … machen nur die Festsetzung der Form
einfach.
leicht.
//


¥ ⋎ S. 22/1, 2
  ? / /  
[Zu S. 93]
⌊⌊ überprüfen⌋⌋
     Du sagst, das Hinweisen auf einen roten Gegenstand ist das primäre Zeichen für ‘rot’. Aber das Hinweisen auf einen roten Gegenstand ist nicht mehr, als die bestimmte Handbewegung gegen einen roten Gegenstand, und ist
außer in einem System
vorläufig
gar kein Zeichen. Wenn Du sagst, Du meinst: das Hinweisen auf den roten Gegenstand als Zeichen verstanden – so sage ich: das Verständnis, auf das es uns ankommt, ist kein Vorgang, der das Hindeuten begleitet (etwa ein Vorgang im Gehirn) und wenn Du doch so einen Vorgang meinst, so ist dieser an sich wieder kein Zeichen. ((Die Idee ist hier immer wieder, dass die Meinung, die Interpretation, ein Vorgang sei, der das Hinweisen begleitet und ihm sozusagen die Seele gibt (ohne welche es tot wäre).
Das scheint besonders dort so, wo ein Zeichen die ganze Grammatik zusammenzufassen scheint, dass wir sie aus ihm ableiten könnten.,
daß
und es scheint, dass
sie in ihm enthalten wäre, wie eine ⌊⌊      Der Würfel scheint seine ganze Gr. zusammenzufassen, // Es scheint, als ob der Würfel seine ganze Grammatik zusammenfaßte, // daß wir sie aus ihm ableiten könnten, daß sie in ihm enthalten wäre, wie die …⌋⌋ Perlenschnur in einer Schachtel und wir sie nur herausziehen müssten. ⌊⌊ Es scheint hier als ob das Zeichen die ganze Gr. zusammenfaßte, daß wir … könnten, & sie in ihm … wäre, die wir nur herausziehen müßten.
Es scheint hier … zusammenfaßte, daß sie in ihm enthalten wäre … und wir sie nur …
⌋⌋ (Aber dieses Bild ist es eben,
welches
was
uns irreführt.) Als wäre also das Verständnis ein momentanes Erfassen von etwas, wovon später nur die Konsequenzen gezogen werden; und zwar so, dass diese Konsequenzen bereits in einem ideellen Sinn existieren, ehe sie gezogen wurden.
Als ob also der Würfel – z.B. – schon die ganze Geometrie des Würfels enthielte und ich sie nun nur noch auszubreiten
hätte
habe
. Aber welcher Würfel? Der Gesichtswürfel, oder ein Eisenwürfel? Oder gibt es einen
idealen geometrischen
ideellen
Würfel? – Offenbar schwebt uns der Vorgang vor, wenn wir aus einer Zeichnung, Vorstellung (oder einem Modell) Sätze der Geo-
28
metrie abzuleiten. Aber welche Rolle spielt dabei das Modell? Doch wohl die des Zeichens[:|.] Des Zeichens, welches eine bestimmte Verwendungsart hat und nur durch dieses bezeichnet. Es ist allerdings interessant und merkwürdig, wie dieses Zeichen verwendet wird, wie wir, etwa, die Zeichnung des Würfels wieder und wieder bringen mit immer anderˇen Zutaten. Einmal sind die Diagonalen gezogen, einmal Würfel aneinander gereiht, etc. etc.. Und es ist dieses Zeichen (mit der Identität
des
eines
Zeichens
), welches wir für jenen Würfel nehmen, in dem die geometrischen Gesetze bereits liegen. (Sie liegen in ihm so wenig, wie im Schachkönig die Dispositionen, in gewisser Weise benützt zu werden.) ˇ¥ [dazu S. 145/1] Die geometrischen Gesetze konstituieren den Begriff des Würfels (sie geben eine Konstitution, eine Verfassung). Was ich seinerzeit über den “Wortkörper” geschrieben habe, ist der klare Ausdruck des besprochenen Irrtums.))
170






 
    
    
  /  
[Zu § 18 S. 76]

     Wenn ich erkläre “‘non-p’ ist wahr, wenn ‘p’ nicht wahr ist”, so setzt das voraus, dass ich verstehe, was es heisst, ‘p’ sei nicht wahr. Dann habe ich aber nichts getan als zu definieren:
non-p = ‘p’ ist falsch.

     Es kommt nämlich wesentlich darauf an, dass es nicht möglich ist, das Zeichen “p” auf der rechten Seite der Definition auszulassen, bezw. durch ein anderes zu ersetzen (es sei denn wieder durch eine // mit Hilfe einer // Definition). Solange das nicht möglich ist, kann und muss man auch die rechte Seite als Funktion auffassen von p, nämlich: ‘( )’ ist falsch.

     Das hängt auch damit zusammen, dass ja der Tintenstrich nicht falsch ist. Wie er schwarz oder krumm ist.


  /  
⌊⌊ Ist es denn richtig zu schreiben ““p” ist falsch”? Muß es nicht heißen “p ist falsch”? ⌋⌋


   
⌊⌊⌊⌊ Überprüfe
⌋⌋
Sagt denn “‘p’ ist wahr” etwas über das Zeichen ‘p’ aus? Man sagt: “ja, es sagt daß ‘p’ mit der Wirklichkeit übereinstimmt”. Denken wir uns statt eines gewohnl Satzes der Wortsprache ein nach einer exakten Projektionsmethode gezeichnetes Bild der betreffenden Wirklichkeit. Hier muß es sich gewiß am deutlichsten zeigen, was “‘p’ ist wahr” von dem Bild ‘p’ aussagt. Man kann also den Satz “‘p’ ist wahr” mit dem vergleichen: “Dieser Gegenstand hat zweimal die Länge dieses MaߡMeterstabes” & “p” dem Satz: “dieser Gegenstand ist 1 m lang”. Aber der Vergleich ist falsch denn “dieser Meterstab” ist eine Beschreibung während weil “Meterstab” eine Begriffsbestimmung ist. Dagegen tritt in “‘p’ ist wahr” der Maßstab unmittelbar in den Satz ein. ⌋⌋ ⌊⌊‘p’ representiert⌋⌋ hier einfach die Länge & nicht den [m|M]eterstab Stab. Denn p die projizierte Figur ist ja auch gar nicht wahr außer nach einer bestimmten Projektionsmethode die den MeterMaßstab zu einem rein-geometrischen Anhängsel der gemessenen Strecke macht.

 
   
     Wenn ich also auch dem Schriftzug “p” den Namen A gebe und daher schreibe: “non-p = A ist falsch”, so hat das nur einen Sinn, d.h. die rechte Seite kann nur verstanden werden, wenn A für uns als Satzzeichen steht. Dann aber ist nichts gewonnen: zum mindesten keine Erklärung
172
des Mechanismus der Negation.

   
     Und dasselbe muss der Fall sein, wenn man erklärt, “(x).fx” sei wahr, wenn f( ) für alle Substitutionen wahr ist. ⌊⌊ Jeder dieser beiden Sätze folgt aus dem anderen, drum sind sie identisch. ⌋⌋ Man muss auch dazu schon den logischen Mechanismus der Verallgemeinerung verstehen. Es ist (auch) nicht so, dass man erst ahnungslos ist, und die Verallgemeinerung nun durch die Erklärung erst zum Funktionieren gebracht wird. Wie wenn man in eine Maschine ein Rad einsetzt und sie dann // nun // erst funktioniert (oder, die Maschine erst in zwei getrennten Teilen da ist und sie nun erst durch das Zusammensetzen als diese Maschine funktionieren).



   
     Die Erklärung einer Sprache (der Zeichen einer Sprache) führt uns nur von einer Sprache in eine andere.

¥⋎ S. 2/3 ¥& S 3/1
    
     Wie schaut die Erklärung eines Zeichens aus? Das müsste doch eine für die Sprache ausserordentlich wichtige Form sein, sei dieser Behelf nun ein Satz oder nicht.

  ? /  
     Denken wir uns eine Sprache, in der ich “A ist grösser als B” nicht nur so ausdrücke: “ist grösser als”, sondern in der ich auch statt des Wortes “grösser” eine Geste mache, die die Bedeutung des Wortes zeigt. – Wie könnte ich nun so eine Sprache erklären? (Wie könnte ich die Zeichen so einer Sprache erklären?) Und würde ich nun noch das frühere Bedürfnis nach einer Erklärung fühlen?
     Eine Erklärung für die Bedeutung eines Zeichens tritt an Stelle des erklärten Zeichens.
173


  ? /  
     Auch das Kind lernt in diesem Sinne // durch Erklärungen // nur eine Sprache vermittels einer anderen. Die Wortsprache durch die Gebärdensprache.

 
  ? /  
     Die Gebärdensprache ist eine Sprache und wir haben sie nicht – im gewöhnlichen Sinne – gelernt. Das heisst: sie wurde uns nicht geflissentlich gelehrt. – Und jedenfalls nicht durch Zeichenerklärungen.

   
[Zu S. 201]

     Man kann sich das Lernen einer Sprache in anderm Sinne aber analog dem Fingerhutsuchen vorstellen, wo die gewünschte Bewegung durch “heiss, heiss”, “kalt, kalt” herbeigeführt wird. Man könnte sich denken, dass der Lehrende statt dieser Worte auf irgendeine Weise (etwa durch Mienen) angenehme und unangenehme Empfindungen hervorruft, und der Lernende nun dazu gebracht wird, die Bewegung auf den Befehl hin auszuführen, die regelmässig von der angenehmen Empfindung begleitet wird (oder zu ihr führt). Abrichten




 
   
     Verbindung von Wort und Sache durch die Erklärung // das Lehren der Sprache // hergestellt. Was ist das für eine Verbindung, welche Art? Was für Arten von Verbindungen gibt es?
     Eine elektrische, mechanische, psychische Verbindung kann funktionieren oder nicht funktionieren: Anwendung auf die Verbindung, die die Worterklärung herstellt.


   
     Die Zuordnung von Gegenstand und Name ist keine andere, als die durch die Worte “das ist …” oder eine Tabelle erzeugte etc.. Sie ist ein Teil des Symbolismus. Es ist daher unrichtig, die Beziehung von // zwischen // Name und Gegenstand sei eine psychologische.

   
     Das Wort ‘Teekanne’ hat doch Bedeutung; gewiss, im Gegensatz zum Worte
174
‘Abracadabra’, nämlich in der deutschen Sprache. Aber wir könnten ihm natürlich auch eine Bedeutung geben; das wäre ein Akt ganz analog dem, wenn ich ein Täfelchen mit der Aufschrift ‘Teekanne’ an eine Teekanne hänge. Aber was habe ich hier anders als eine Teekanne mit einer Tafel, auf der Striche zu sehen sind? Also wieder nichts logisch Interessantes. Die Festsetzung der Bedeutung eines Wortes kann nie (wesentlich) anderer Art sein.
175



 
    
  ? /  
     [B|V]ielleicht ist die eigentliche Schwierigkeit die: dass ich das Wort “rot” erkläre, indem ich auf etwas Rotes zeige und sage “das ist rot”, während doch dieses Rote später meinem Blick entschwindet. Und nun s[d|c]heinbar etwas Anderes an seine Stelle tritt (die Erinnerung oder [d|w]ie man es heissen mag).

  /  
     “Also so wird dieses Wort gebraucht!” Aber wie bewahre ich denn dieses So in der Erinnerung?

  ? /  
     
Die Weise des Lernens der Sprache …
Das Lernen der Sprache
ist ⌊⌊Die (Art &) Weise, wie wir die Sprache
lernen
lernten
, ist …
⌋⌋ in ihrer Benützung // ihrem Gebrauch // nicht en enthalten. (Wie die Ursache eben nicht in ihrer Wirkung.)

   
     Ich kann die Regel selbst festsetzen und mich
die
eine
Sprache lehren. Ich gehe spazieren und sage mir: Wo immer ich einen Baum treffe, soll mir das das Zeichen sein, bei der nächsten Kreuzung links zu gehen, und nun richte ich mich nach den Bäumen in dieser Weise (fasse ihre Stellung als einen Befehl auf).
176
 
   
     Wie kann ich mir vornehmen, einer Regel zu folgen?
     Nicht nur soweit, als ich die Regel ausdrücken kann?


 
  ? /  
     Welche Wirkung hatte nun die hinweisende Erklärung? Hatte sie sozusagen nur eine automatische Wirkung? Das heisst aber, wird sie nun immer wieder benötigt, oder hatte sie eine ursächliche Wirkung, wie etwa eine Impfung, die uns ein für allemal, oder doch bis auf weiteres, geändert hat.

  ? /  
     Ich sage “wähle alle blauen Kugeln aus”; er aber weiss nicht, was “blau” heisst. Nun zeige ich und sage “das ist blau”. Nun versteht er mich und kann meinem Befehl folgen.

 
  ? /  
     Ich setze ihn in Stand, dem Befehl zu folgen. Was geschieht nun aber, wenn er in Zukunft diesen Befehl hört? Ist es nötig, dass er sich jener Erklärung, d.h. des einmaligen Ereignisses jener Erklärung erinnert? Ist es nötig, dass das Vorstellungsbild die des blauen Gegenstands oder eines blauen Gegenstands vor seine Seele tritt? Alles das scheint nicht nötig zu sein, obwohl es möglicherweise geschieht. Und doch scheint das Wort “blau” jetzt einen anderen Aspect für ihn zu haben, als da es ihm noch nicht erklärt war. Es gewinnt gleichsam Tiefe.

 
  ? /  
     In wiefern hilft die hinweisende Erklärung “das ist ‘rot’” zum Verständnis des Wortes.
     (Sie ‘hilft’ gar nicht, sondern ist eben eine der symbolischen Regeln für den Gebrauch des Wortes ‘rot’.)




 
  ? ✓  
     Eine Erklärung kann nicht in die Ferne wirken. Ich meine: sie wirkt nur,
177
wo sie angewandt wird. Wenn sie ausserdem noch eine “Wirkung” hat, dann nicht die als Erklärung.

 
  ? /  
     Ist es so, dass eine Erklärung, eine Tabelle ˇ z.B., zuerst so gebraucht
wird
werden kann
, dass man sie “nachschlägt”; dass man sie dann gleichsam im Kopf nachschlägt, d.h., sie sich vor das innere Auge ruft (oder dergleichen); und dass man endlich ohne diese Tabelle arbeitet, also so, als wäre sie nie da gewesen. In diesem letzten Fall spielt man alsoˇ offenbar ein anderes Spiel.
Die Tabelle
Denn es ist nun nicht so, dass jene Tabelle ja doch im Hintergrund steht und man immer auf sie zurückgreifen kann; sie
ist aus unserm Spiel ausgeschieden und wenn ich auf sie zurückgreife, so tue ich, was der Erblindete tut, der etwa auf den Tastsinn zurückgreift. Eine Erklärung ist das Anlegen // die Konstruktion // Anfertigung // das Anfertigen einer Tabelle und
die Erklärung
sie
wird Geschichte, wenn ich die Tabelle nicht mehr benütze. Eine Erklärung fertigt eine Tabelle an und sie wird zur Geschichte, wenn …

  /  
     Ich muss unterscheiden zwischen den Fällen: wenn ich mich einmal nach einer Tabelle richte, und ein andermal in Uebereinstimmung mit der Tabelle (der Regel, welche die Tabelle ausdrückt) handle, ohne die Tabelle zu benützen. – Die Regel, deren Erlernung uns veranlasste, jetzt so und so zu handeln, ist als Ursache unserer Handlungsweise Geschichte. als ihre Gesch Vorgeschichte und (für uns) ohne Interesse. ⌊⌊… ohne Interesse für uns.⌋⌋ Sofern sie aber eine allgemeine Beschreibung unserer Handlungsweise ist, ist sie eine Hypothese. Es ist [d|D]ie Hypothese, dass diese zwei Leute, die am // über dem // Schachbrett sitzen, so und so handeln werden (wobei auch ein Verstoss gegen die Spielregeln unter die Hypothese fällt, denn diese sagt dann etwas darüber aus, wie sich die Beiden benehmen werden, wenn sie auf
den
diesen
Verstoss aufmerk[d|s]am werden)
. Die Spieler können aber die Regel auch benützen, indem sie in jedem besonderen Fall nachschlagen, was zu tun ist; hier tritt die Regel in die Spielhandlungˇen selbst
178
ein und verhält sich zu ihr ihnen nicht, wie eine Hypothese zu ihrer Bestätigung. “Hier gibt es aber eine Schwierigkeit. Denn der Spieler, welcher ohne Benützung des Regelverzeichnisses spielt, ja, der nie eins gesehen hätte, könnte dennoch, wenn es verlangt würde, ein Regelverzeichnis anlegen und zwarˇ meine ich nicht – behaviouristisch – indem er durch wiederholte Beobachtung feststellte, wie er in diesem und in jenem Fall gehandelt hat // handelt // , sondern, indem er, vor einem Zug stehend, sagt: ‘in diesem Fall zieht man so’”. – Aber, wenn
dies
das
so ist, so zeigt es doch nur, dass er unter gewissen Umständen eine Regel aussprechen wird, nicht, dass er von ihr beim Zug (expliciten) Gebrauch gemacht hat. Dass er ein Regelverzeichnis anlegen würde // wird // , wenn man es verlangte verlangt, ist eine Hypothese und wenn man eine Disposition, ein Vermögen, ein Regelverzeichnis anzulegen annimmt, so ist es eine psychische Disposition auf gleicher Stufe mit einer physiologischen. Wenn gesagt wird, diese Disposition charakterisiert den Vorgang des Spiels, so charakterisiert sie ihn als einen psychischen oder physiologischen, was er tatsächlich ist. (Im Staudium des Symbolismus gibt es keinen Vordergrund und Hintergrund, nicht ein sichtbares // greifbares // Zeichen und ein es begleitendes unsichtbares // ungreifbares // Vermögen, oder Verständnis.)

  ? /  
Zu § 13 S. 46

     Wie wirkt nun die hinweisende Erklärung? Sie lehrt den Gebrauch eines Zeichens; und das Merkwürdige ist nur, dass sie ihn auch für die Fälle zu lehren scheint, in denen ein Zurückgehen auf das hinweisende Zeichen nicht möglich ist. Aber geschieht das nicht, indem wir, quasi, die in der hinweisenden Definition gelernten Regeln in bestimmter Weise transformieren?
⌊⌊ Ich gebrauche eine mache von einer Zeichenerklärung Gebrauch für Transformationen, deren Paradigma
sie ist.
sie mir gibt.
⌋⌋
(Wenn z.B. der Mann, der mir vorgestellt wurde, abwesend ist und ich nun trotzdem seinen Namen gebrauche, dessen Gebrauch mir durch die Vorstellung – hinweisende Erklärung – erklärt wurde.) Wenn ich ihn nun brauche, in wiefern mache ich da von der hinweisenden Erklärung Gebrauch? Offenbar nicht in der Weise, in wel-
179
cher ich in der Anwesenheit des Menschen von ihr Gebrauch machen konnte.
Es gibt ein Spiel, worin ich immer statt des Namens das hinweisende Zeichen geben kann, und eins, in welchem das nicht mehr möglich ist. (Und wir müssen nur daran festhalten, dass die Erklärung, als fortwirkende Ursache unseres Gebrauchs von Zeichen, uns nicht interessiert, sondern nur, sofern wir von ihr in unserm Kalkül Gebrauch machen können.) Eine Schwierigkeit // Es macht eine Schwieri[k|g]keit // in der Erklärung des Gebrauchs der hinweisenden Definition macht es dass wir Definition, dass wir verschiedene Kriterien der Identität anwenden (also das Wort
“identisch”
Identität
in verschiedener Weise gebrauchen), je nachdem, ob ein Ding sich vor unsern Augen bewegt, oder unserm Blick entschwindet und vielleicht wieder erscheint. Das ist wichtig, denn für den zweiten Fall gibt uns die hinweisende Definition eigentlich nur ein Muster Muster und tut nur, was auch der Hinweis auf ein Bild tut.
Denn die gegebene hinw. Erkl. nützt nichts, wenn …
Das drückt sich darin aus, dass die gegebene hinweisende Erklärung nichts nützt, wenn
wir vergessen haben, wie der Mensch, auf den gezeigt wurde, aussah.



 
  ? / /  
     Es ist möglich, dass Einer die Bedeutung des Wortes “blau” vergisst. Was hat er da vergessen?: Wie äussert sich das?

     Da gibt es verschiedene Fälle
.
:
Er zeigt etwa auf verschieden gefärbte Täfelchen und sagt: “ich weiss nicht mehr, welche von diesen man ‘blau’ nennt”. Oder aber, er weiss überhaupt nicht mehr, was das Wort // es // bedeutet, und nur, dass es ein deutsches Wort ist // ein Wort der deutschen Sprache ist // .
     Wenn wir ihn nun fragen: “weisst Du, was das Wort ‘blau’ bedeutet”, und er sagt “ja”; da konnte er verschiedene Kriterien anwenden, um sich “zu überzeugen”, dass er die Bedeutung wisse. (Denken wir wieder an die entsprechenden Kriterien dafür, dass er das Alphabet hersagen kann.) Vielleicht rief er sich ein blaues Vorstellungsbild vor die Seele, vielleicht sah er nach einem blauen Gegenstand im Zimmer, vielleicht fiel ihm das englische Wort “blue” ein, oder er dachte an einen “blauen Fleck”, den er sich geholt
180
hatte, etc., etc..

     Wenn nun gefragt würde: wie kann er sich denn zur Probe seines Verständnisses ein blaues Vorstellungsbild vor die Seele rufen, denn, wie kann ihm das Wort ‘blau’ zeigen, welche Farbe aus dem Farbenkasten seiner Vorstellung er zu wählen hat, – so ist zu sagen, dass es sich ebenso so zeigt, es sich
da
so
eben zeigt,
dass das Bild vom Wählen, etwa, eines blaues Gegenstands mittels eines blauen Mustertäfelchens hier unpassend // ungeeignet // ist. Und der Vorgang eher mit dem zu vergleichen ist, wenn beim Drücken eines Knopfes, auf dem das Wort “blau” geschrieben steht, automatisch ein blaues Täfelchen vorspringt, oder, wenn der Mechanismus versagt, nicht vorspringt.
     Man könnte nun sagen: Der, welcher die Bedeutung des Wortes “blau” vergessen hat und aufgefordert wurde, einen blauen Gegenstand aus anderen auszuwählen, fühlt beim Ansehen dieser Gegenstände, dass die Verbindung zwischen dem Wort “blau” und jenen Farben nicht mehr besteht (unterbrochen ist). Und die Verbindung wird wieder hergestellt, wenn wir ihm die Erklärung des Wortes wiederholen. Aber wir konnten die Verbindung auf mannigfache Weise wieder herstellen: Wir konnten ihm einen blauen Gegenstand zeigen und die hinweisende Definition geben, oder ihm sagen “erinnere Dich an Deinen ‘blauen Fleck’”, oder wir konnten ihm das Wort “blue” zuflüstern, etc. etc.. Und wenn ich sagte, wir konnten die Verbindung auf diese verschiedenen Arten herstellen, so liegt nun der Gedanke nahe, dass ich ein bestimmtes Phänomen, welches ich die Verbindung zwischen Wort und Farbe, oder das Verständnis des Wortes nenne, auf alle diese verschiedenen Arten hervorgerufen habe; wie ich etwa sage, dass ich die Enden zweier Drähte durch Drahtstücke verschiedener Länge und Materialien leitend miteinander verbinden kann. Aber von so einem Phänomen, etwa dem Entstehen eines blauen Vorstellungsbildes, muss keine Rede sein und das Verständnis wird sich dann dadurch zeigen, dass er etwa die blaue Kugel
181
aus den andern tatsächlich auswählt, oder sagt, er könne es nun tun, wolle es aber nicht; etc., etc. etc.. Wir können dann immer ein Spiel festsetzen, welches eine Möglichkeit so eines Vorgangs darstellt, und müssen nicht vergessen, dass in Wirklichkeit hundert verschiedene und ihre Kreuzungen mit den Worten “die Bedeutung vergessen”, “sich an die Bedeutung erinnern”, “die Bedeutung kennen” beschrieben werden.
   
Siehe auch Notizbuch
182





 
    
  /  
     Man könnte eine wesentliche Frage auch so stellen: Wenn ich jemandem sage “male diesen Kreis rot”, wie entnimmt er aus dem Wort rot, welche Farbe er zu nehmen hat?

  /  
     Heisst es etwas, zu sagen, dass das Wort ‘rot’, um ein brauchbares Zeichen zu sein, ein Supplement – etwa im Gedächtnis – braucht?
      D.h., inwiefern ist es allein nicht Zeichen?

  /  
     Wenn ich eine Erfahrung mit den Worten beschreibe “vor mir steht ein blauer Kessel”, ist die Rechtfertigung dieser Worte, ausser der Erfahrung die in den Worten beschrieben wird, noch eine andere, etwa die Erinnerung, dass ich das Wort ‘blau’ immer für diese Farbe verwendet habe, etc.?

  ? /  
     Wenn ich jemandem sage “wenn ich läute, komm' zu mir”, so wird er zuerst, wenn er läuten hört, sich diesen Befehl (das Läuten) in Worte über-








183
setzen und erst den übersetzten befolgen. Nach einiger Zeit aber wird er das Läuten ohne Intervention anderer Zeichen in die Handlung übersetzen.
     Und so, wenn ich sage “zeige auf einen roten Fleck”, befolgt er diesen Befehl, ohne daß ihm dabei zuerst das Phantasiebild eines roten Flecks als Zeichen für ‘rot’ erscheint.


 
   
⌊⌊ Der Witz muß sein, daß die Erinnerung (wie das Wissen) dem verglichen wird was irgendwo aufgeschrieben steht ⌋⌋

 
  /  
     Wenn er läutet, som komme ich zu ihm, ohne mir erst ein Bild meiner Bewegungen vorzustellen, wonach ich (dann) handle.

 
  /  
     Muß er sich daran erinnern, wie er den Befehl gestern befolgt hat?
     
Ich kann auch den ausdrückl. Befehl geben:
Ich kann gewiss sagen:
“Tu jetzt, was Du, Deiner Erinnerung nach,
heute vor einem Jahr
gestern um diese Zeit
getan hast”. Und wenn er sich daran erinnert, kann er seiner Erinnerung folgen. Erinnert er sich aber nicht, so hat der Befehl keinen Sinn für ihn.
      ⌊⌊ Und wie weiß er dann, was die Worte dieses Befehls (Tu was Du Deiner Erinnerung nach …) von ihm wollen – wenn wir annehmen es sei immer ein Erinnerungsbild das den Worten ihre Bedeutung gibt.⌋⌋ [D.h. die Erinnerung wirkt automatisch.]

   
⌊⌊ Dies bezieht sich auf den Fall vom Läuten damit jemand kommt & die Weise wie er die Bedeutung dieses Zeichens lernt.
     Ich glaube die Frage war: Muß er, wenn er sich das Läuten nicht in Worte in eine Erklärung übersetzt, sich nicht nach der Erinnerung an die letzte Befolgung des Befehls richten?
⌋⌋

 
  /  
[Lösung]13

     
Dieser Bef. ist also ähnlich
Wäre dieser Befehl also
wie der: “Tu, was auf dem Zettel in dieser Lade aufgeschrieben steht”. Wenn in der Lade kein Zettel ist, so ist das kein Befehl. (Oder denken wir uns, dass auf dem Zettel eine
sinnlose
unsinnige
Wortverbindung steht[.| o]der etwa: “Kaufe n Pflaumen & n² + 2n + 2 = 0”.)

  ? /  
     Wenn ich jemandem sage “male das Grün Deiner Zimmertür nach dem Gedächtnis”, so bestimmt das, was er zu tun hat, nicht eindeutiger, als der Befehl “male das Grün, was Du auf dieser Tafel siehst”. Denn er wird auch im zweiten Fall für gewöhnlich nicht nach der Projectionsmethode fragen.

  ? /  
     Wenn es bei der Bedeutung des Wortes “rot” auf das Bild ankommt, das mein Gedächtnis beim Klang dieses Wortes automatisch reproduziert, so muss ich mich auf diese Reproduktion gerade so verlassen, als wäre ich entschlossen, die Bedeutung durch Nachschlagen in einem Buche zu bestimmen, wobei ich mich diesem Buche, dem Täfelchen, das ich darin fände, quasi auf Gnade und Ungnade ergeben würde.
184


  ? /  
     Ich bin dem Gedächtnis ausgeliefert.

 
    
     Freilich kann man sagen: das rote Täfelchen ist in Wirklichkeit auch nicht massgebend, weil das Gedächtnis immer als Kontrolle des Täfelchens verwendet wird.

  /  
     Die Frage aber ist: Ist im Falle einer relativen Veränderung der Farbe des Täfelchens zu meinem Gedächtnis (ein gewagter Ausdruck) in irgend einem Sinne unbedingt der Deutung der Vorzug zu geben, das Täfelchen habe sich geändert und ich müsse mich also nach dem Gedächtnis richten? Offenbar nein. Uebrigens besagt die ‘Deutung’, das Täfelchen und nicht das Gedächtnisbild habe sich verändert, nichts als eine Worterklärung der Wörter “verändern” und “gleichbleiben”.

  /  
     Könnte ich behaupten, dass mein Gedächtnis immer etwas nachdunkle?
     Jedenfalls könnte ich sagen: “wähle die Farbe, die Du im Gedächtnis hast” und auch “wähle eine etwas dunklere Farbe, als die Du im Gedächtnis hast”. Von einem Nachdunkeln kann man natürlich nur im Vergleich zu Etwas // etwas andrem // sprechen und es genügt nicht, zu sagen “nun, mit der Farbe, wie sie wirklich war”, weil hier die besondere Art der Verifikation, d.h., die (besondere) Grammatik der Worte “wie sie war” noch nicht festgelegt ist, diese Worte (al[w|s]o) noch mehrdeutig sind.

  /  
     Mit einem Draht nach einem Kurzschluss suchen: er ist gefunden, wenn es läutet. Aber suche ich dabei auch nach etwas, was der Idee des Klingelns gleich ist?

  /  
      Der Befehl sei: “Stelle Dir einen roten Kreis vor”. Und ich tue es. Wie
185
konnte ich den Worten auf diese Weise folgen?
      Das ist doch ein Zeichen // Beweis // dafür, dass wir den Worten auch ohne Vorstellungen gehorchen können.

  / ∕∕  
            Wie kann ich es rechtfertigen, dass ich mir auf diese Worte hin diese Vorstellung mache?

[Zu § 77 S. 357[)|]]

     Hat mir jemand die Vorstellung der blauen Farbe gezeigt und gesagt, dass sie das ist?


     Was heißt denn hier “diese Vorstellung”? Kann ich denn auf sie zeigen? Dies hängtˇ unmittelbar mit dem Problem zusammen ‘ob ˇ & woher ich denn wissen kann ob & was der [a|A]ndre fühlt, sieht etc.’

   
     Es ist also richtig: “Ich erinnere mich daran”, an das, was ich hier vor mir sehe. Das Bild ist dann in einem gewissen Sinne ◇◇◇ gegenwärtig und vergangen.

  ? /  
     Der14 Vorgang des Vergleiches eines Bildes mit der Wirklichkeit ist also der Erinnerung nicht wesentlich.

    
     Es ist instruktiv zu denken, dass, wenn wir mit einem gelben Täfelchen die Blume suchen, uns jedenfalls nicht die Relation der Farbengleichheit in einem weiteren Bild gegenwärtig ist. Sondern wir sind mit dem einen ganz zufrieden.

    
     (So wie wir nicht für einen Augenblick daran dächten, ein Kind die Gebärdensprache zu lehren.)

  /  
     Ich kann die Bedeutung der Zeichen durch die Tabelle




Kirche
Haus
Stadt
erklären; aber diese Tabelle wieder erklären, indem ich sie so schreibe und sie einer anderen entgegenstelle:
186

     Aber konnte denn auch die erste Erklärung wegbleiben? Gewiss, wenn die Zeichen , , , uns (etwa) ursprünglich ebenso beigebracht worden wären, wie die Wörter “Kirche”, “Haus”, “Stadt”. Aber diese mussten uns doch erklärt werden! – Soweit sie uns überhaupt ‘erklärt’ wurden, geschah es durch eine Gebärdensprache, die uns nicht erklärt wurde. | – Aber wäre denn diese Gebärdensprache einer Erklärung fähig gewesen? – Gewiss; z.B. durch eine Wortsprache.

 
  /  
     Denken wir an das laute Lesen nach der Schrift (oder das Schreiben nach dem Gehör). Wir könnten uns natürlich eine Art Tabelle denken, nach der wir uns dabei richten könnten. Aber wir richten uns nach keiner. Kein Akt des Gedächtnisses, nichts, vermittelt zwischen dem geschriebenen Zeichen und dem Laut.

   
     (Das Wort ‘rot’ ist ein Stein in einem Kalkül und das rote Täfelchen ist auch einer.)

 
  / ∫ ¿ / /  
     Es ist ein anderes Spiel, mit einem Täfelchen herumgehen, es an die Gegenstände anzulegen und so die Farbengleichheit zu prüfen; und anderseits: ohne ein solches Muster nach Wörtern in einer Wortsprache handeln.
     Man denkt nun: Ja, das erste Spiel verstehe ich; das ist ja ganz einfach: Der erste Schritt ist der, von einem geschriebenen Wort auf das gleiche geschriebene Wort des Musters; der zweite ist der Uebergang von dem Wort auf dem Mustertäfelchen zu der Farbe auf dem gleichen Täfelchen; und der dritte, das Vergleichen von Farben. Jeden Schritt die[w|s]es Kalküls gehen wir also auf einer Brücke. (Wir sind geführt, der Schritt ist vorgezeichnet.)
     Aber wir sind doch hier nur insofern ˇso geführt, als wir unsˇ so führen lassen. Auf diese Weise ka kann ich alles, und muss ich nichts eine Führung nennen. – Und am Schluss tu ich, was ich tue und das ist Alles.
187
Alles. Man möchte Gründe & Gründe & Gründe angeben. In dem Gefühl: wo ein Grund ist, ist alles in Ordnung. // solange ein Grund das ist, ist alles
richtig
in Ordnung
. Man wir möchten nicht aufhören zu erklären; & nicht einfach beschreiben. Wie kann denn das interessant sein, wasˇ eben geschieht, wir wollen doch nur uns interessiert doch nur immer die Rechtfertigung das Warum. Das ist doch nicht Mathematik zu sagen was ◇◇◇ die Menschen tun.
     Aber ein Unterschied bleibt doch: Wenn ich gefragt werde “warum nennst Du gerade diese Farbe ‘rot’, so würde ich tatsächlich antworten: weil sie auf dem gleichen Täfelchen mit dem Wort ‘rot’ steht. Würde ich aber in dem gleichen Täfelchen mit zweiten Spiel gefragt “warum nennst Du diese Farbe ‘rot’”, so gäbe es darauf keine Antwort und die Frage hätte keinen Sinn. – Aber im ersten Spiel hat die Frage keinen Sinn: “warum nennst Du die Farbe ‘rot’, die auf dem gleichen Täfelchen mit dem Wort ‘rot’ steht”. So handle ich eben (und man kann dafür wohl eine Ursache angeben, aber keinen Grund). Das Gedächtnis ist jedenfalls nicht immer die letzte Instanz.

     Bedenke vor allem: Wie weiss man, dass das Täfelchen rot bleibt? Braucht man dazu wieder ein Bild? Und wie ist es mit dem? etc.. Woran erkennt er das Vorbild als Vorbild?

  ? /  
     “Eine Hauserreihe ist eigentlich unendlich, denn man könnte immer noch weitere Haüser bauen.”
     (Ein Grund lässt sich nur innerhalb eines Spiels angeben.)

   
     Die Kette der Gründe kommt zu einem Ende

und zwar dem Ende in diesem Spiel
.


   
⌊⌊      Und, wenn man sich
daran erinnert
in die Erinnerung ruft
, “daß die Tabelle uns nicht zwingt”, sie so & so zu benützen, noch, sie immer auf die gleiche Weise zu benützen, so wird es
jedem
ganz
klar, daß unser Gebrauch des Wortes “Siel” “Regel” & des Wortes “Spiel” ein schwankender ist. (Nach den Rändern zu verschwimmt.)
⌋⌋

 
  ? /  
     Man kann sagen: Die Regeln des Spiels sind die, die gelehrt werden, wenn das Spiel gelehrt wird. – Nun wird z.B. dem Menschen, der lesen lernt, tatsächlich gelehrt: das ist ein a, das ist ein e, etc.; also, könnte man sagen, gehören diese Regeln, gehört diese Tabelle mit zum Spiel. – Aber erstens: lehrt man denn auch den Gebrauch dieser Tabelle? und könnte man ihn, anderseits, nicht lehren? Und zweitens kan[h|n] doch das Spiel wirklich auf zwei verschiedene Arten gespielt werden.
     Man kann nun fragen: ist es denn aber auch noch ein Spiel, wenn Einer die Buchstaben abbc sieht und irgend etwas macht? Und wo hört das Spiel auf, und wo fängt es an?
     Die Antwort ist natürlich: Spiel ist es, wenn es nach einer Regel vor
188
sich geht. Aber was ist noch eine Regel und was keine mehr?
     Eine Regel kann ich nicht anders geben, als durch ihren Ausdruck; denn auch Beispiele, wenn sie Beispiele sein sollen, sind ein Ausdruck für die Regel, wie jeder andre.
     Wenn ich also sage: Spiel nenne ich es nur, wenn es einer Regel gemäss geschieht und die Regel ist eine Tabelle, so kann ich nicht die Verwendungsart // die Art des Gebrauches // dieser Tabelle garantieren, denn ich kann sie nur durch eine weitere Tabelle festlegen, oder durch Beispiele. Diese Beispiele tragen nicht weiter, als sie selbst gehen // reichen // und die zwei[f|t]e Tabelle ist im gleichen Fall wie die erste.
     Ich könnte auch sagen: was ist das Schachspiel andres (oder was ist vom Schachspiel andres vorhanden[,|)], als Regelverzeichnisse (gesprochen, geschrieben, etc.) und die Beschreibung einer Anzahl von Schachpartien?
     Es steht mir (danach) natürlich frei, ‘Spielregel’ nur ein Ding von bestimmt festgelegter Form zu nennen.
189





    
  / ?  
[Zu15 § 21 S. 76 83]

     Uebereinstimmung von Gedanke und Wirklichkeit. Wie alles Metaphysische ist die (prästabilierte) Harmonie zwischen Gedanken und Wirklichkeit in der Grammatik der Sprache aufzufinden.

   
⌊⌊      Jedes Bild müsse etwas mit der Welt des Dargestellten gemeinsam haben um ein Bild von etwas in dieser Welt sein dastellen zu können. Was aber nur heißt:
Das Bild habe sozusagen die Projektionsmethode mit dem Dargestellten gemeinsam. Wie könnte etwas ein Befehl sein wenn ich mich nicht danach richten konnte. Und wie könnte ich mich nach ihm richten, wenn ihm nicht die Form
einer
meiner
Handlung eigen wäre. Es kann mich nun reizen den Begriff “gem h” so weit auszudehnen, daß man dies sagen kann.
⌋⌋

 
  /  
⌊⌊       [Zu § 21 S. 83] Was macht uns glauben daß so etwas wie eine Übereinstimmung von der des Gedankens mit der Wirklichkeit besteht? – Die Ub Statt Übereinstimmung könnte manˇ hier ruhig
setzen
sagen
: “Bildhaftigkeit”. Ist aber die Bildhaftigkeit eine Übereinstimmung? In der ‘
Log. phil. Abh.
Abhandlung
habe
hätte
ich so etwas gesagt wie: sie
sei
ist
eine Übereinstimmung der Form. Das ist aber
eine Irreführung
irreführend
.
     ⌊⌊ überlege⌋⌋
Alles kann ein Bild von allem sein: Wenn wir den Begriff des Bildes entsprechend ausdehnen. Und sonst müssen wir eben sagen, was wir noch ein Bild von etwas nennenˇ wollen &ˇ damit auch was wir noch die Übereinstimmung der Bildhaftigkeit, die Übereinstimmung der Formen nennen wollen.
     Denn was ich sagte kommt ja eigentlich darauf hinaus: zu sagen daß jede Projektion, nach welcher Methode immer, etwas habe müsse etwas mit dem Projizierten gemeinsam habench muß. Aber das sagt nur, daß ich hier den Begriff des ‘gemeinsam habens’ ausdehne & ihn dem allgemeinen Begriff des Projizierens äquivalent mache. Ich mache also nur auf eine Möglichkeit der Verallgemeinerung aufmerksam (was freilich sehr wichtig sein kann). Es schwebt mir also drängt sich also eine bestimmte mogliche Verallgemeinerung vor eine Form der Darstellungch, ein Aspekt       Es drängt sich mir also eine bestimmte Art Form der Verallg. auf, eine Form der Darstellung, einˇ bestimmter Aspekt.⌋⌋

 
   
      Es ist wohl auch
unrichtig
Unsinn
zu sagen, die Uebereinstimmung (und Nichtübereinstimmung) zwischen Satz und Welt // Realität // sei willkürlich durch eine Zuordnung/geschaffen. Denn, wie ist die Zuordnung auszudrücken? Sie besteht darin, dass der Satz “p” sagt, es sei gerade das der Fall. Aber wie ist dieses “gerade das” ausgedrückt // gegeben // ? Wenn durch einen andern Satz, so gewinnen wir nichts dabei; wenn aber durch die Realität, dann muss diese schon in bestimmter Weise – artikuliert – aufgefasst sein. Das heisst: man kann nicht auf einen Satz und auf eine Realität deuten und sagen: “das entspricht dem”. Sondern, dem Satz entspricht nur wieder das schon Artikulierte.
D.h., es gibt keine hinweisende
190
Erklärung für Sätze.

  ? /  
     Um
im Chinesischen
in einer Sprache
einen Satz bilden zu können, dazu genügt es nicht, die Lautreihe zu lernen und zu wissen, dass sie, etwa in der Fibel neben einem bestimmten Bild steht. Denn das befähigt mich nicht, die Tatsache
auf Chinesisch
in jener Sprache
zu porträtieren.
     Ja, wenn es mir im Deutschen so geschähe, dass ich die ganze Sprache
verlernte
vergässe
, mir aber bei einer bestimmten Gelegenheit doch die Lautverbindungˇ des Satzes einfiele, die man in diesem Falle
zu gebrauchen pflegt
gebraucht
, so würde ich diese Lautverbindung in diesem Falle
damit
nun
nicht verstehen. Denk aber etwa an den Satz: “Komm!”

  ? /  
     Wenn man jemanden fragt “wie weisst Du, dass
die Worte dieser Beschreibg
diese Beschreibung
wiedergibt, was Du siehst”, so könnte er etwa antworten “ich meine das mit diesen Worten”. Aber was ist dieses “das”, wenn es nicht (selbst) wieder artikuliert, also schon Sprache ist? Also ist “ich meine das” gar keine Antwort. Die Antwort ist eine Erklärung der Bedeutung der Worte.


   
     Wenn ich die Beschreibung nach Regeln bilde, (sie mit der Wirklichkeit kollationiere) was auch möglich ist, dann übersetze ich sie als eine Sprache aus einer anderen. Und das kann ich natürlich mit Grammatik und Wörterbuch tun und so rechtfertigen. – Aber dann ist die Uebertragung von Artikuliertem in Artikuliertes. Und wenn ich sie durch Berufung auf die Grammatik und das Wörterbuch rechtfertige, so tue ich nichts, als eine Beziehung zwischen Wirklichkeit und Beschreibung (eine projektive Beziehung) festzustellen, von der Intention aber, meiner Beschreibung ist hiebei keine Rede. (D.h., ich kann eben nur die Aehnlichkeit des
Portraits
Bildes
prüfen, nichts weiter.)

¥ ⋎ S. 143/1,2,3
191







    
  ? /  
     Kann man sagen: “die Grammatik ist die richtige, die die gewünschte Wirkung hat”?
Wir
möchten
würden
dann sagen: die Wirkung interessiert uns nicht (wir erlauben uns irgend eine zu erdichten), sondern uns interessiert nur die Form der Wirkung. D.h. was wir als Wirkung von eEtwas auffassen können.

 
  ? /  
     Oder auch: Wir erlauben uns irgend welche Erfahrungstatsachen zu erdichten & die Grenze ist für uns nur dort gezogen wo das aufhört was wirˇ noch Erdichtung nennen, wo der Uns Sinn aufhört.

 
  ∫ ¿ /  
⌊⌊ Ich muß nun so etwas sagen, wie: Was ein Zeichen sein kann, kann auch eine Ursache sein; aber nicht immer umgekehrt. Eine Ursache muß die Multiplizität eines Zeichens haben. (Ein Zeichen, die Multiplizität einer möglichen Ursache.) (Vergleiche Gesetz der Symmetrie, Gleichgewicht des symmetrischen Hebels.) ⌋⌋

 
  ? /  
⌊⌊ Kann ich eine grammatische Regel durch ihren Zweck rechtfertigen?


     Ich kann sagen, ich gebrauche zwei verschiedene Wörter hier um eine Verwechslung zu vermeiden.
     Aber sind die grammatischen Regeln so durch ihren Zweck gerechtfertigt wie die Regeln über den Bau einer Dampfmaschine durch die beabsichtigte Wirkungsweise der Dampfmaschine? Sind sie die Regeln nach denen ein Mechanismus konstruiert sein muß um die & die Bewegungen & … hervorzubringen?
⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Wie wäre es, wenn man eine Man kann eine … bestimmte Zeichengebung damit rechtfertigte Wie wäre es, wenn man eine Man kann eine … bestimmte Zeichengebung damit rechtfertigte, daß ein Anderer danach die & die gewisse Handlungen ausführen soll?
     Man würde die Wirkung der verschiedenen Zeichen auf ihn beschreiben. Man würde vielleicht sagen, daß dieses Zeichen die gewünschte Wirkung hat jenes ein anderes nicht. Man würde also etwa sagen dieser Pfeil das Zeichen → bewirkt daß er nach rechts geht dieses ← daß er nach links geht. Gäbe man Erklärungen der Bedeutung, so würde man sagen: dieses das Zeichen → bedeutet “geh nach links”, etc. Es ist klar daß es so eine kausale Rechtfertigung
unserer
der
Zeichen gibt & auch, daß sie uns nicht interessiert..
⌋⌋

 
   
     Könnte ich nicht die Sprache als soziale Einrichtung betrachten, die gewissen Regeln unterliegt, weil sie sonst nicht wirksam wäre // wirken würde // . Aber hier liegt es: dieses Letztere // Letzte // kann ich nicht sagen: eine Rechtfertigung der Regeln kann ich, auch so, nicht geben. Ich könnte sie nur als ein Spiel, das die Menschen spielen, beschreiben.

 
  ? /  
     Aber wie ist es: Ich gehe diesen Weg, um dorthin zu kommen; ich drehe den Hahn auf, um Wasser zu erhalten, ich winke, damit jemand zu mir kommt und endlich teile ich ihm meinen Wunsch mit, damit er ihn erfüllt! ((D.h.: War also die Mitteilung meines Wunsches nicht nur das Ziehen eines Hebels und der Sinn meiner Mitteilung. Iihr Zweck aber nicht ihre Wirkung.?))

 
   
      Aber was geht vor sich, wenn ich den Hahn aufdrehe, damit Wasser herausfliesst? Was geschieht, ist, dass ich den Hahn aufdrehe, und dass dann Wasser herauskommt, oder nicht. Was geschieht, ist also, dass ich den Hahn aufdrehe. –
192
aufdrehe.
     Was auf das Wort “damit” folgt, die Absicht, ist darin nicht enthalten. Ist sie vorhanden, so muss [d|s]ie ausgedrückt sein und sie kann nur dann bereits durch das Aufdrehen des Hahnes ausgedrückt sein, wenn das Teil einer Sprache ist.


 
  ? /  
⌊⌊      Die Rechtfertigung würde etwa lauten: wenn ich das sagen will, muß ich solche // diese // Regeln geben muß ich nach solchen Regeln vorgehen. Aber was ich sagen will (ich meine der Ausdruck für das “das”) ist ja erst durch die Regeln bestimmt.⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Die grammatischen Regeln sind nicht diejenigen (natürlichen erfahrungsmäßigen) Regeln nach denen die Sprache gebaut sein muß um ihren Zweck zu erfüllen. Um diese Wirkung zu haben.
     Vielmehr sind sie die Beschreibung davon wie die Sprache es macht, – was immer sie macht.

      D.h. die Grammatik beschreibt nicht die Wirkungsweise der Sprache sondern nur das Spiel der Sprache die Sprachhandlungen.
⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Eine Sprache erfinden um mit ihr etwas [b|B]estimmtes A auszudrücken: aber dieses etwas muß schon vorher ausgedrückt sein, ehe wenn ich sagen kann, daß ich es ausdrücken will.⌋⌋

 
  ? /  
⌊⌊ Man könnte z.B. Einem ein Bild zeigen, damit er tut, was auf dem Bild dargestellt ist. Hätte man durch Erfahrung gefunden daß dieser Behelf ihn zu gewissen Handlungen bringen kann, so könnte man nun eine Sprache, wie einen Mechanismus konstruieren um ihn damit zu lenken.⌋⌋

 
   
     Wenn man sagte: Sprache ist alles, womit man sich verständigen kann, so muss // müsste // man fragen: Aber worin besteht ,es, ‘sich verständigen’?
     Ich könnte als Antwort darauf einen realen oder fiktiven Fall einer Verständigung von Menschen oder andern Lebewesen beschreiben. In dieser Beschreibung werden dann fingierte kausale Verbindungen eine Rolle spielen. Aber wenn der Begriff Sprache durch solche bestimmt ist, so interessiert er uns nicht. Und abgesehen von jenen empirischen Regelmässigkeiten der Ereignisse, haben wir dann nur noch einen willkürlichen // beliebigen // Kalkül. – Aber worin besteht denn das Wesentliche eines Kalküls?


 
  ? /  
     ‘Sprache’ und ‘Lebewesen’. Der Begriff des Lebewesens hat die gleiche Unbestimmtheit wie der der Sprache // … ist so unbestimmt wie … //

   
     “Ein Zeichen ist doch immer für ein lebendes Wesen da, also muss das etwas dem Zeichen Wesentliches sein”. Gewiss: auch ein Sessel ist immer nur für einen Menschen da, a[v|b]er er lässt sich beschreiben, ohne dass wir von seinem Zweck reden. Das Zeichen hat nur einen Zweck in der menschlichen Gesellschaft, aber dieser Zweck kümmert uns gar nicht.
     Ja am Schluss sagen wir überhaupt keine Eigenschaften von den Zeichen aus – denn diese interessieren uns nicht – sondern nur die (allgemeinen) Regeln ihres Gebrauchs. Wer das Schachspiel beschreibt, gibt weder Eigenschaften der Schachfiguren an, noch redet er vom Nutzen und Gebrauch des Schachspiels.
193
  ? /  
⌊⌊ überlege⌋⌋
     Denken wir uns den Standpunkt eines Forschers: er findet, dass in der Sprache der Erde ein Zeichen benützt wird, das nach diesen und diesen Regeln (etwa nach denen der Negation) gebraucht wird, und fragt sicht: Wozu können sie das brauchen? Die Antwort wäre aber: Wenn immer ein Zeichen mit diesen Regeln zu gebrauchen ist.


 
  /  
⌊⌊ Es wäre ja auch möglich daß man fände, daß nur die deutsche Sprache dazu geeignet wäre von Menschen verstanden zu werden. Und wenn es sich um Menschen handelt die nur Deutsch gelernt haben, so ist das ja wirklich so. Man würde dann sagen: nur mit diesem Zeichensystem kann man Menschen beeinflussen.
     Wäre dann das aber die einzig richtige Grammatik?
⌋⌋


 
   
⌊⌊ Die Grammatik ist die Beschreibung der Sprache.
     Aber sie teilt nicht mit, ob jemand die Sprache versteht, wer sie versteht, oder obˇ etwa ein Befehl dieser Sprache befolgt wird.⌋⌋

 
   
⌊⌊      Die Sprache ist Teil eines Mechanismus (oder man zu mindest kann
sie so aufgefaßt werden
man sie so auffassen
). Mit ihrer Hilfe beeinflußen wir die Handlungen anderer Menschen & werden wir beeinflußt.
     Als Teil des Mechanismus, kann man sagen, hat die Sprache einen Zweck. Aber die Grammatik kümmert sich nicht um den Zweck der Sprache & ob sie ihn erfüllt. Sowenig wie die Arithmetik um die Anwendung der Addition.
⌋⌋

 
   
⌊⌊      Sind die Regeln des Schachspiels willkürlich? Denken wir uns den Fall, es stellte sich heraus, daß nur das Schachspiel mit seinen gegenwärtigen Regeln die Menschen zerstreute & befriedigte. Dann wären doch diese Regeln, wenn der Zweck des Spiels erfüllt werden soll, nicht willkürlich. Wenn man aber von diesem Zweck absähe, wären könnte man sie willkürlich nennen. ⌋⌋

 
  ? /  
     Eine Sprache erfinden, heisst nicht auf Grund von Naturgesetzen (oder im Einklang mit ihnen // in Uebereinstimmung mit ihnen // ) eine Vorrichtung zu einem bestimmten Zweck erfinden. Wie es etwa die Erfindung des Benzinmotors oder der Nähmaschine ist. Auch die Erfindung eines Spiels ist nicht in diesem Sinne eine Erfindung, aber vergleichbar der Erfindung einer Sprache.

@
  /  
     Ich brauche nicht zu sagen, dass ich nur die Grammatik des Wortes “Sprache” weiter beschreibe, indem ich sie mit der Grammatik des Wortes “Erfindung” in Verbindung bringe.

@
   
     Ist alles, was ich sagen darf // kann // damit gesagt: Man kann nicht von den grammatischen Regeln sagen, sie seien eine Einrichtung dazu, dass die Sprache ihren Zweck erfüllen könne. Wie man etwa sagt: wenn die Dampfmaschine keine Steuerung hätte, so könnte der Kolben nicht hin und her gehen, wie er soll. Als könne man sich eine Sprache auch ohne Grammatik denken.

 
   
      Die grammatischen Regeln sind, wie sie nun einmal da sind, Regeln des Gebrauchs der Wörter. Uebertreten wir sie, so können wir deswegen die Wörter dennoch mit Sinn gebrauchen. Wozu wären dann die grammatischen Regeln da? Um den Gebrauch der Sprache im Ganzen gleichförmig zu machen? (etwa aus ästhetischen Gründen?) Um den Gebrauch der Sprache als gesellschaftli-
194
che Einrichtung zu ermöglichen? also wie eine Verkehrsordnung, damit keine Kollision geschieht // entsteht // ? (Aber was macht es uns // geht es uns an // , wenn eine entsteht?) Die Kollision, die nicht geschehen // entstehen // darf, darf nicht entstehen können! D.h., ohne Grammatik ist es nicht eine schlechte Sprache, sondern keine Sprache.

 
  /  
     Anderseits muss man doch sagen, die Grammatik einer Sprache als allgemein anerkannte Institution ist eine Verkehrsordnung. Denn, dass man das Wort “Tisch” immer in dieser Weise gebraucht, ist nicht der Sprache als solcher wesentlich, sondern quasi nur eine praktische Einrichtung.

 
   
     Wie unterscheiden sich die Sprachregeln von denen des Anstandes? Wenn man kein Ziel angeben kann, das nicht erreicht würde, wenn diese Regeln anders wären.

 
  ? /  
⌊⌊      Denken wir uns anuns
einen Baukasten
eine Art Baukasten
zur Errichtung
zur Herstellung
von Mechanismen.
Es gäbe da
Er enthält
Zahnräder, Hebel, Stäbe, Kolben, Lager, etc. Man könnte nun Regeln geben, wie diese Bestandteile aneinander gefügt werden dürfen, ganz abgesehen davon, welchem Zweck der zusammengestellte Mechanismus haben soll.⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Es ist klar, daß es einer Verwechslung entspringt, z.B., zu sagen: die Grammatik müsse von vier primären Farbenˇ Wörtern reden, weil es vier primäre Farben gäbe. Als wäre der Fall vergleichbar dem: die Astronomie muß von vier Jupitermonden sprechen, weil es vier Jupitermonde gibt.⌋⌋

 
   
⌊⌊ Man kann also sagen, die Grammatik läßt sich nicht mit der Wirklichkeit rechtfertigen. Aber es ist ein andrer Satz, daß sie sich nicht als Teil eines psychologischen Mechanismus rechtfertigen läßt.⌋⌋

 
   
⌊⌊ Ja es wäre – wie ich oben gesagt habe – ˇeben
der
ein
Fall denkbar daß sie sich durch die psychologische Erfahrung rechtfertigen ließe, wenn sich z.B. die deutsche Sprache als die einzige erwiese die ein Mensch lernen kann. Aber diese Rechtfertigung interessiert uns nicht.
⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ So könnte es sein daß ein Mensch das Zeigen einer Richtung (etwa der, in welcher er gehen soll) nur verstünde, wenn es mit der Hand oder einem Pfeil in der gewöhnlichen Weise geschähe, aber nicht wenn man mit dem
Ellbogen
Fuß
in dieser Richtung wiese. Und verstehen heißt hier ˇauf das Zeichen reagieren wie ein Verstehender. // auf das Zeichen in bestimmter Weise reagieren // . ⌋⌋

 
  ? /  
     Der Zweck der Grammatik ist nur der Zweck der Sprache.
     Der Zweck der Grammatik ist der Zweck der Sprache.


 
  ? /  
     Woher die Bedeutung der Sprache?
Nicht: Ohne …
Kann man denn sagen: Ohne
Sprache könnten wir uns nicht miteinander verständigen. Nein, das ist ja nicht so, wie: ohne Telephon könnten wir nicht von Amerika nach Europa reden. (Es sei denn, dass wir unter “Telephon” jede Vorrichtung verstehen, welche etc etc..) Ohne Sprache könnten wir nicht Gedanken austauschen. Ja, was heißt das Gedanken austauschen? Und übrigens was heißt denn Gedanken lesen?

 
  /  
     Wir können aber sagen: Ohne Sprache könnten wir die Menschen nicht beeinflussen. Oder, nicht trösten. Oder: nicht ohne eine Sprache Häuser und Maschinen bauen.

     Ohne Sprache könnten wir die Menschen nicht bewegen unseren Willen zu tun.
195
 
  /  
⌊⌊ Denken wir daran wie ein Mensch durch die Sprache die Tätigkeiten einer Schar von Arbeitern lenkt – beim Bau einer Pyramide etwa. Und ; und wie Worte & Menschen durch Maschinen zu ersetzen wären. Aber es ist auch eine Maschine denkbar die auf in die man Befehle hineinspricht & die auf dieses System von Einwirkungen durch Befolgung der Befehle reagiert. – Welches Und nun kann man fragen: Welches Interesse hat nun dieser Mechanismus für die Philosophie?⌋⌋

 
  /  
     Es ist auch richtig // sinnvoll // zu sagen, ohne den Gebrauch des Mundes oder der Hände können sich Menschen nicht verständigen.

   
     Die Worte, die Einer bei gewisser Gelegenheit sagt, sind insofern nicht willkürlich, als gerade diese in der Sprache, die er sprechen will (oder muss) das meinen, was er sagen will; d.h., als gerade für sie diese grammatischen Regeln gelten. Was er aber meint, d.h. das grammatische Spiel, das er spielt, ist insofern nicht willkürlich, als er etwa seinen Zweck nur so glaubt erreichen zu können.

 
  a ? /  
⌊⌊ Die Sprache mit den Bärten von Schlüsseln zu vergleichen. Ebenso kann ich sie aber auch mit der Perforation der Pianolarolle vergleichen. ⌋⌋

 
   
     Man kann sagen, daß die gramm. R. den Bau der Spr. beschreiben, ihre Möglichkeiten beschreiben.

 
  /  
     Wie wäre es wenn ein Mensch die Sprache erfände wie man eine Maschine erfindet? Könnte er denn nicht das Abrichten von Tieren oder Menschen erfinden, ˇ entdecken daß sie auf gewisse Signale reagieren & dies dazu benützen sie gewisse Arbeiten verrichten zu lassen?
     Wenn ich aber eine Notation erfinde so ist das eine Erfindung in einem andern Sinn des Wortes.


 
   
     Uns interessiert die Sprache als Phänomen, nicht als die Maschine, die einen bestimmten Zweck erfüllt.

 
   
Sprache ist für uns: die deutsche Sprache, die englische Sprache, etc., etc. & ähnliche Systeme.

 
   
     Warum interessiert uns aber das Phänomen der Sprache? Gewisser Mißverständnisse halber. – Aber was sind Mißverständnisse?
     Worin besteht das Sich-nicht-auskennen? Es findet scheinbar ja auch seinen Ausdruck in der Sprache.

 
   
⌊⌊ Könnte sich die Philosophie auch für andere Mechanismen als den der Sprache interessieren? Denken wir es würde uns beunruhigen, daß Handgriffe, deren Verrichtungen ganz verschieden, sind gleich geformt sind. Wäre es nicht auch eine philosophische Tat die gleichen Handgriffe durch verschiedene zu ersetzen. Denken wir an die Handgriffe beim Automobil: das Vollan, eine Pumpe, einen Hahn, die Bremse, etc. Könnte es nicht einen Menschen
beunruhigen
stutzig machen
daß man aus einem Rohr Flüssigkeitˇ stetig erhalten kann indem man eine einzige Bewegung macht (einen Hahn aufdreht) & aus einem andern nur, indem man einen Handgriff solange bewegt als man Flüssigkeit erhalten will (Pumpe)?⌋⌋
196




 
    
    
     Das ist insofern nicht richtig, als für die Sprache keine Regeln niedergelegt sein müssen, sowenig wie für's Spiel. Aber man kann die Sprache (& das Spiel) vom Standpunkt eines Vorgangs nach Regeln betrachten.

  ? /  
⌊⌊      Grammatik besteht aus Vereinbarungen; anderseits kann die Sprache teil eines Mechanismus sein. Wie tritt nun das, was einer Vereinbarung entspricht in einen Mechanismus, z.B. das Pianola, ein? Nun eine Vereinbarung ist doch z.B. eine Tabelle & eine Tabelle könnte ganz gut auch Teil eines Mechanismus von der Art des Pianola sein.⌋⌋

 
  ? /  
⌊⌊      Warum interessiere ich mich denn so sehr für die Sprache? Kann man einen Grund dafür angeben, oder ist es eben eine Tatsache deren Ursachen mich einfach nicht interessieren?
     Und könnten Bilder nicht als Befehle gebra verwendet werden? Und warum sollte ich mich nicht für Bilder interessieren, wenn sie im menschlichen Leben eine überragende Rolle spielen würden?
⌋⌋

 
  ∫ ¿  
⌊⌊ Und könnten philosophische Probleme, Beunruhigungen, auch in
gezeichneten
gemalten
Bildern entstehen? So etwas ließe sich schon ausdenken.
⌋⌋
 
   
     Wie, wenn eine Sprache aus lauter einfachen und unabhängigen Signalen bestünde?! Denken wir uns diesen Fall: Es handle sich etwa um die Beschreibung einer Fläche, auf der in schwarz und weiss [i|s]ich allerlei Figuren zeigen können. Wäre es nun möglich, alle möglichen Figuren durch unabhängige Symbole zu bezeichnen // kennzeichnen // ? (Ich nehme dabei an, dass ich nur über, sagen wir 10000 Figuren reden will.) Wenn ich Recht habe, so muss die ganze Geometrie in den Regeln über die Verwendung dieser 10000 Signale wiederkehren. (Und zwar ebenso, wie die Arithmetik, wenn wir statt 10 unabhängiger Zahlzeichen eine Billion verwendeten.)

 
   
     Um eine Abhängigkeit auszudrücken, bedarf es einer Abhängigkeit.

 
    
     Denken wir uns ein Tagebuch mit Signalen geführt. Etwa die Seite in Abschnitte für jede Stunde eingeteilt und nun heisst ‘A’ ich schlafe, ‘B’ ich stehe auf, ‘C’ ich schreibe, etc..
197
   
     Muss denn nicht die Regel der Sprache – dass also dieses Zeichen das bedeutet – irgendwo niedergelegt sein?
     Freilich auch: Mehr als die Regel niederlegen, kann ich nicht.
     Ist die Regel niedergelegt, so ist es eben eine andere Sprache, als wenn sie nicht niedergelegt ist.


 
  ✓ /  
⌊⌊      “Contrat sociale” auch hier ist in Wirklichkeit kein Vertrag geschlossen worden; aber die Situation ist ähnlich mehr oder weniger ähnlich, analog, der in welcher wir wären, wenn …. Und sie ist mit großem Nutzen vom Ge unter dem Gesichtspunkt eines solchen Vertrages zu betrachten. ⌋⌋

 
   
     Und warum soll ich, dass ‘A’ in dieser Zeile steht, nicht ein Bidl Bild dessen nennen, dass ich dann schlafen gehe? Freilich, dass es die Multiplizität dessen wiedergeben soll die in jenen Worten liegt, kann ich nicht verlangen.
     Der Akt des Schlafengehens war ja auch nicht dadurch bestimmt.
     Denken wir, ich zeichne einen Sitzplan , ist ein Kreuzchen das Bild eines Menschen oder nicht? –


 
  /  
     Wie kann ich denn kontrollieren, dass es immer dasselbe ist, was ich ‘A’ nenne. Es sei denn, dass ich etwa ein Erinnerungsbild zuziehe. Das aber dann zum Zeichen gehört.

 
  ∫ ¿  
     Wenn z.B. Einer fragte: wie weisst Du, dass Du jetzt dasselbe tust, wie vor einer Stunde, und ich antwortete: ich habe mir's ja aufgeschrieben, hier steht ja ein ‘A’!

  ∫ ¿  
     Wenn ich mich in dieser Sprache ausdrücke, so werde ich also mit ‘B’ immer dasselbe meinen. Es kann einen // keinen // Sinn haben, zu sagen, dass ich beide Male dasselbe tue, wenn ich den Befehl ‘B’ befolge (oder dasselbe getan habe, als ich tat, was ◇◇◇ ich durch ‘B’ bezeichnete).

              B = B




  ? /  
      D.h. die Sprache funktioniert als Sprache nur durch die Regeln, nach
198
denen wir uns in ihrem Gebrauch richten. (Wie das Spiel nur durch Regeln als Spiel funktioniert.)

  ∫ /  
     Und zwar, ob ich zu mir oder Andern rede. Denn auch mir teile ich nichts mit, wenn ich Lautgruppen ad hoc mit irgend welchen Fakten associiere.

   
⌊⌊ Ich könnte auch sagen, daß, wenn die Zeichen ad hoc erfunden sind, eben ein System eine Regel erfunden werden muß.⌋⌋

 
  ∫ /  
     Ich muss,ˇ auch wenn ich zu mir rede, schon auf einem bestehenden // gegebenen // Sprachklavier spielen.

   
⌊⌊ Man kann sagen: die Grammatik erklärt die Bedeutungen der Zeichen & dadurch macht sie die Sprache bildhaft.
     Man würde nicht sagen, daß ich aus den Signalen im Tagebuch die Ereignisse eines Tages ableiten kann d.h. z.B. Bilder nach den Aufzeichnungen entwerfen kann, wenn zu den Signalen nicht noch eine Erklärung tritt.
     Es handelt sich um den Begriff des Ableitens. Man spricht vom Ableiten wo eine allgemeine Regel, also ein Ausdruck einer solchen Regel, gegeben ist.
⌋⌋
 
   
⌊⌊ Wir werden würden nämlich nicht sagen aus a b b c ließe sich die Figur ableiten wohl aber aus a b b c & der Tabelle
a
b
c
d





     Die Erklärung der Bedeutung bestimme wie ein Wort beim portraitieren eines Sachverhalts zu verwenden ist.
     Man kann sagen: die Grammatik bestimmt die Bedeutung der Wörter & bestimmt ihnen damit den Platz den sie beim Portraitieren eines Sachverhaltes einnehmen dürfen. Denn wonach richte ich mich wenn ich hier ‘rot’ & nicht “gelb” verwende, hier “aber” & nicht “oder”? Doch wohl nach der Bedeutg der Wörter nach dem wasˇ in Übereinkommen über sie in der Grammatik festgehalten ist, denn warum sollte ich sonst das eine Wort dem andern vorziehen.⌋⌋

 
  ∫ ∫ ? /  
     ‘Ich verstehe diese Worte’ (die ich etwa zu mir selbst sage), ‘ich meine etwas damit’, ‘sie haben einen Sinn’ muss immer dasselbe heissen wie: ‘sie sind nicht ad hoc erfundene Laute, sondern Zeichen aus einem vorbereiteten System [Zeichen, über die eine Konvention besteht]’. Aber da könnte man fragen: Tut es jedes System? Ist es nicht eben das System unserer Sprache was ich meine? Ich spiele ein Spiel mit ihnen ˇ[ d.h. ein schon bestehendes Spiel.].

 
   
     Etwa, wie die Teilstriche auf einem Masstab nur solche sind, wenn sie ein System bilden.

 
  ? ∫ ∫ /  
     Denn, wenn wir einen Befehl befolgen, so deuten wir die Worte nicht willkürlich.
      D.h. wieder, wir müssen die Unterscheidung anerkennen zwischen dem ‘Befolgen eines Befehls’ und einem ‘willkürlichen Zuordnen einer Handlung’.

  ∫ ¿ /  
     Das Aussprechen eines Satzes wäre kein Porträtieren, wenn ich meine Worte nicht aus einem System wählte, so dass man sagen kann, ich wähle sie im Gegensatz zu anderen.
     Aber die Worte, wenn sie nicht in einem grammatischen System stehen, sind ja alle gleichwertig und also wäre es dann ˇganz gleichgültig, welche ich wählte, ja, – man könnte sagen – als Worte würden sie sich (dann) voneinander gar
199
nicht unterscheiden.
     Man muss die Worte wählen, wie // in demselben Sinne wie // man die Striche und Farben wählt, mit denen man einen Körper abbildet.

   
     Warum wir ein Wort – und nicht ein anderes – an dieser Stelle gebrauchen, erfahren wir, wenn wir jemand fragen: warum gebrauchst Du hier das Wort A. Die Antwort wird sein: das und das heisst A. Und das ist eine Regel der Grammatik, die die Position des Wortes in der Sprache bestimmt. (Und Und (zum Zeichen, dass es sich hier wi[l|r]klich um Grammatik handelt) wenn A das Wort “und” gewesen wäre, so könnte man weiter nichts tun, als die Regeln für “und” angeben.

 
   
     Sage ich jemandem “bringe eine rote Blume” und er bringt eine, und nun frage ich “warum hast D[i|u] mir eine von dieser Farbe gebracht?” – und er: “diese Farbe nenne ich // heisst doch // rot”: so ist dies Letzte ein Satz der Grammatik. Er rechtfertigt eine Anwendung des Worts.

 
   
⌊⌊ Zusammenhang der Grammatik mit der Bildhaftigkeit
einer
der
Sprache.
⌋⌋

   
     Fehlt dieser Satz // diese Regel // , so ist die Grammatik des Worts (seine Bedeutung) eine andere.

 
  ∕∕ ∫  
     Wenn man einen Satz braucht, so muss er schon irgendwie funktionieren. Das heisst, man gebraucht ihn nicht, um einer Tatsache einen Lärm beizuordnen.

    
⌊⌊      Wir vergleichen den tatsachlichen Vorgang mit dem in welchem die Rechtfertigung ausgeführt ist.⌋⌋

    
⌊⌊      Wir ergänzen das tatsächlich Ausgeführte zu einem bestimmten Kalkül, um es dadurch zu beleuchten. Ähnlich wie die Grammatik einen eliptischen Satz zu einem vollstandigen ergänzt, d.h. ein gewisses Gebilde als eliptischen Satz auffaßt.⌋⌋

    
     Es wäre doch nicht, einen Tatbestand porträtieren, wenn ich etwa beliebige Striche auf das Papier kritzelte und sagte “es gibt gewiss eine Projektionsmethode, die diesen Tatbestand in diese Zeichnung projiziert”.
200
  ? ∫ ∫ /  
     Ja auch hier (beim Porträtieren // Abbilden // ) fühle ich mich schon beim ersten Strich verpflichtet – d.h. er ist nicht willkürlich. Jedenfalls aber fängt das Bild erst dort an, wo die Verpflichtung anfängt.

 
  v ✓ /  
⌊⌊ Wenn ich die Achsel zucke, könnte man da sagen: ich meine etwas damit? Gewiß, man es könnte mich doch jemand fragen: “hast Du mit der Achsel nurˇ zufällig gezuckt weil oder hast Du es als Achselzucken gemeint? Und worin unterscheiden sich diese Fälle // Und was ist der wesentliche Unterschied zwischen diesen Fällen; worin besteht es, diese Bewegung als Achselzucken zu meinen? Ist es ein besonderes Gefühl was das ◇◇◇ die Bewegung begleitet? Ist es nicht vielmehr die ganze Umgebung in der die sie liegt? Was sozusagen aus ihr folgt, was ich zu ihrer Erklärung sagen würde, oder was ich zu ihrer Ergänzung sage oder denke. Würden wir etwa von der Bedeutung der Meinung des Achselzuckens reden wenn es isoliert von aller andern Ausdrucksweise aufträte // geschähe // ? Sagen wir daß der Hund etwas mit dem Wedeln des Schweifs meint? Wir werden auch da vielleicht auch da von einer Meinung reden, wenn wir den Fall des Wedeln aus Freude von dem aus einer andern Ursache unterscheiden wollen & doch ist das natürlich ein anderer Fall als der, in welchem wir das Kriterium der Meinung der Ausdruck einer Sprache ist.⌋⌋

 
  v ✓ /  
⌊⌊ Wir würden kaum fragen, ob das Krokodil etwas damit meint wenn es mit offenem Rachen auf
einen Menschen
uns
zukommt. Und wir wurden erklären, das Krokodil könne nicht denken & darum sei eigentlich hier von einem Meinen keine Rede.
⌋⌋

 
  ? /  
     “Meinen” ist so vieldeutig wie “ein Zeichen geben” // wie “Zeichen” // oder das Wort “ausdrucken”.

 
  ∫ / ? /  
     Wie unterscheidet sich eine Geste von irgend einer andern Bewegung? Dadurch daß sie etwas ausdrückt? –

 
  ? v ✓ ∕∕  
     Denken wir es würde uns [e|E]iner vorschlagen: “Meine einmal mit dem Wort ‘ der Lautreihe “ber” die Negation,
statt mit dem Wort ‘nicht’.”
‘nicht’”.
Wie mache ich das? Besteht es darin daß ich in mir ein bestimmtes Gefühl hervorrufe wenn ich das Wort ‘ber’ ausspreche?


 
  v  
     
Man könnte sagen
Es ist zu bedenken
, daß das Wort je nach der Wortart in einem andern Sinne “bedeutet”.


 
  ? /  
     Wenn das Achselzucken ein Zeichen ist, – kann man es durch ein beliebiges anderes ersetzen? & wie kann man das andere an die Stelle des ersten setzen?

 
  v /  
Ist das Gähnen unbedingt ein Zeichen der Langenweile & nichtˇ meist nur ein Anzeichen von ihr? Und wie wird etwas zum Zeichen, sagen wir, des Zweifels? Wenn ich etwa von heute an immer wenn ich im Zweifel wäre statt meinen Kopf zu schütteln mit der Hand wackeln würde (erfahrungsgemäß), würde dann die Handbewegung dadurch zum Zeichen des Zweifels? Und kann man das Gähnen auch meinen?

 
   
     Kann man sagen der Unterschied zwischen dem Gähnen & dem ⌊⌊ Achselzucken ist Unwillkürlichkeit & Willkürlichkeit?⌋⌋

 
  ∫ ¿  
⌊⌊ Oder könnte man eine Gebärde für die es Sinn hat zu sagen, ich trachtete sie nicht zu machen aber mein Körper hat gegen meine Anstrengung sie gemacht, könnte man diese Gebärde auch meinen wenn sie in diesem Sinne gegen den Willen geschieht? ⌋⌋

 
   
⌊⌊ Wenn ich mich kratze, nenne ich das ein Zeichen das es mich juckt? Gewiß, ich kann es als Zeichen dafür gebrauchen, aber auch nicht.⌋⌋

 
   
⌊⌊ Ich kannˇ in einem Gespräch ein trauriges Gesicht machen als Zeichen der Trauer aber es kann auch nur ein Anzeichen sein. Worin besteht es nun in diesem Falle das Gesicht als Zeichen der Trauer zu verziehen? Ich würde sagen: “ich habe es absichtlich getan & ihm auch ⌋⌋

 
  / ✓  
⌊⌊ Kann ich Ich kann mir kaumˇ alle die Gesten die bei mir uns im Zusammenhang mit der Sprache stehn, mir auch ohne diesen Zusammenhang denken // richtig vorstellen // ? Würde ich sie außer diesem Zusammenhang auch Zeichen nennen? ⌋⌋

 
  ? v ✓ /  
⌊⌊      Man sagt:
der Hahn ruft die Hühner durch sein Krähen herbei
die Henne lockt ihre Jungen durch Glucken
, – aber liegt dem nicht schon die Vorstellung unserer Sprache zugrunde? Wird nämlich der Aspekt nicht ganz verändert indem man sich vorstellt durch irgend eine ◇◇◇ physikalische Einwirkung ziehe das Glucken die Kücklein zur Henne?
⌋⌋

 
  v ✓ /  
⌊⌊ Wenn aber im Fall der menschlichen Sprache gezeigt würde,
Lernen der Sprache als ein Abrichten

daß das Wort “komm zu mir” auf die Menschen eine Anziehung im physikalischen Sinne bewirkt, würde damit die Sprache den Charakter der Sprache verlieren?
⌋⌋

 
  v ✓ /  
⌊⌊ Ich will doch immer wieder sagen
der Apparat unserer Sprache, unserer …
unsere Sprache, unsere
Wortsprache, ist vor allem das was wir Sprache nennen, & dann anderes nach seiner [a|A]nalogie oder Vergleichbarkeit mit ihr.
⌋⌋

 
   
⌊⌊ Wir benützen das Wort “Sprache”, “meinen”, etc. nach sehr verschiedenen Kriterien⌋⌋

 
   
⌊⌊ Und das Achselzucken ist natürlich gar nicht ⌋⌋ wesentlich verschieden von einem Wort, ja einem Satz, etwa: “Ich weiß nicht!” oder “Weiß Gott!”. Diese Worte können gewiß so unwillkürlich ausgesprochen werden wie eine Geste gemacht werden kann.

 
   
Die Zeichen
wollte
will
ich sagen, haben ihre Bedeutung nicht durch etwas was sie begleitet // … nicht durch das was sie begleitet, noch durch das, was sie hervorruft, … // ; sondern durch ein System dem sie zugehören wovon aber beim Aussprechen des Worts nichts andres als dieses Wort vorhanden sein braucht
 
    
   
[siehe Notizbuch]
¥ ⋎ S. 173/3
Lernen der Sprache
durch Abrichten.


 
   
     Ich halte meine Wange, und jemand fragt, warum ich es tue und ich antworte: “Zahnschmerzen”. Das heisst offenbar dasselbe, wie “ich habe Zahnschmerzen”, aber weder stelle ich mir die fehlenden Worte im Geiste vor, noch gehen sie mir im Sinn irgendwie ab. Daher ist es auch möglich, dass ich die Worte den Satz “ich habe Zahnschmerzen” in dem Sinne aussprache, als sagte ich nur das letzte Wort oder, als wären die drei nur wäre der ganze Satz nur … ei[h|n] Wort.
     (Eliptischer Satz. Was tut die Grammatik, wenn sie sagt: “‘Hut und Stock!’ heisst eigentlich ‘gib mir meinen Hut und meinen Stock!’”)

 
   
     Ein einfaches Sprachspiel ist z.B. dieses: Man spricht zueinem Kind (es kann aber auch ein Erwachsener sein), indem man das elektrische Licht in einem Raum andreht: “Licht”, dann, indem man es abdreht: “Finster”; und tut das etwa mehrere Male mit Betonung und variierenden Zeitlängen. Dann geht man etwa in das Nebenzimmer, dreht von dort aus das Licht im ersten an und bringt das Kind dazu, dass es mitteilt, ob es licht oder finster ist. // dasse es mitteilt: “Licht”, oder “Finster”.
     Soll ich da nun “Licht” und “Finster” ‘Sätze’ nennen? Nun, wie ich will. – Und wie ist es mit der ‘Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit’?
202
 
   
     Wenn ich bestimmte einfache
Sprachspiele
Spiele
beschreibe, so geschieht es nicht, um mit ihnen nach und nach die wirklichen Vorgänge derˇ ausgebildeten Sprache – oder des Denkens – aufzubauen, (Nicod Russell) was nur zu Ungeriechtigkeiten führt, – sondern ich stelle die Spiele als solche hin, und lasse sie ihre aufklärende Wirkung auf die besonderen Probleme ausstrahlen.

 
   
     Man könnte
aber
eben
sagen: “die Worte ‘Licht’, ‘Finster’ sind hiera als Sätze gemeint und sind nicht einfach Wörter”. Das he[k|i]sst, sie sind hier nicht so gebraucht, wie wir sie in der gewöhnlichen Sprache gebrauchen (obwohl wir tatsächlich auch oft so sprechen). Aberˇ Neue Zeile [w|W]enn ich plötzlich ohne sichtbaren Anlass das Wort “Licht” isoliert ausspreche, so wird man allerdings sagen: “was heisst/das? das ist doch kein Satz” oder: “Du sagst ‘Licht’, nun was soll's damit?” Das Aussprechen des Wortes “Licht” ist in diesem Fall sozusagen noch ﹖– kein (kompletter) Zug des Spiels
, auf das wir gefaßt sind.
, das, wie wir annehmen, der Andre spielt.
–﹖ Ebenso aber auch der Satz “er darf nicht kommen”.

 
   
     Wie unterscheidet sich
aber
nun
“Licht”, wenn es den Wunsch nach Licht ausdrüc[j|k]t, von “Licht”, wenn es konstatiert, dass es im Zimmer licht ist? Dass wir es in jedem Fall anders meinen? Und worin besteht das? In bestimmten Vorgängen, die das Aussprechen begleicheten, oder in einem bestimmten Benehmen, das ihm vorangeht, eventuell es begleitet, und ihm folgt? Wir können es einmal in anderm Ton aussprechen als das andere mal, oder mit anderer Empfindung (Meinung im andern Sinn) Oder es kommt bloß in einem anderen Spielzusammenhang vor. Denken wir uns die Frage: Wie unterscheidet sich ein Zug im Damespiel von der gleichen Bewegung in Fuchs & Jäger? (Vielleicht antwortet er das eine mal auf die Frage was meinst Du‒ ‒ ‒

 
   
     Wenn ein Mann im Ertrinken “Hilfe!” schreit, – konstatiert er die Tatsache, dass er Hilfe bedarf? dass er ohne Hilfe ertrinken wird? – Dagegen gibt es den Fall, in dem man, quasi, sich beobachtend, sagt “ich hätte (oder: habe) jetzt den Wunsch nach …”.

 
   
     Ich sage das Wort “Licht!”, – der Andere fragt mich: “was meinst Du?” –
203
und ich sage // antworte // : “Ich meinte, Du sollst Licht machen”. – Wie war das, als ich es meinte? Sprach ich den “[j|k]ompletten Satz” in der Vorstellung unhörbar aus, oder den entsprechenden in einer andern Sprache? (Ja, das kann vorkommen oder auch nicht.) Die Fälle, die man alle mit dem Ausdruck “ich meinte” zusammenfasst, sind sehr mannigfach.

 
   
     Nun kann man ruhig annehmen: ‘ich meinte, Du solltest Licht machen’ heisst, dass mir dabei ein Phantasiebild von Dir in dieser Tätigkeit vorgeschwebt hat, und ebensogut: der Satz heisst, dass mir dabei die Worte des vollständigen Satzes in der ◇◇◇ Phantasie gegenwärtig waren, oder, dass eins von diesen beiden der Fall war; – ◇◇◇ nur muss ich wissen, dass ich damit eine Festsetzung über die Worte “ich meinte” getroffen habe und eine engere als die ist, welche dem tatsächlichen allgemeinen Gebrauch des Ausdruckse entspricht.

 
   
     Wenn das Meinen für uns irgend eine Bedeutung, Wichtigkeit, haben soll, so muss dem System der Sätze ein System der Meinungen zugeordnet sein, was immer für Vorgänge die Meinungen sein
mögen
sollen
.


   
⌊⌊Modepuppen⌋⌋


 
   
⌊⌊ Aber reden wir doch nicht vom Meinen als einem unbestimmten & uns
nicht genau bekannten
unbekannten
Vorgang sondern vom (tatsächlichen), ‘praktischen’, Gebrauch des Wortes von den Handlungen, die wir mit ihnen ausführen.
     Reden wir vom Meinen nur wenn es ein teil des Sprachkalküls ist (etwa der Teil der aus Bildern unserer Vorstellungsbildern besteht)
Und
&
dann brauchen wir eigentlich das Wort Meinen nicht denn das suggests immer daß es sich um Vorgänge handelt die der Sprache nicht angehören sondern ihr gegenüberstehen & daß es Vorgänge von wesentlich anderer Natur als der sprachlichen sind.
⌋⌋

 
   
     Inwiefern stimmt nun das Wort “Licht” im obigen Symbolismus oder Zeichenspiel mit einer Wirklichkeit überein, – oder nicht überein?
     Wie gebrauchen wir überhaupt das Wort “übereinstimmen”? – Wir sagen “die beiden Uhren stimmen überein”, wenn sie die gleiche Zeit zeigen, “die beiden Masstäbe stimmen überein”, wenn gewisse Teilstriche zusammenfallen, “die beiden Farben stimmen überein”, wenn etwa ihre Zusammenstellung uns angenehm ist
oder manchmal wenn wir sagen wollen die beiden Dinge haben dieselbe Farbe.
.
Wir sagen “die beiden Längen stimmen überein”, wenn sie gleich sind, aber auch, wenn sie in einem von uns gewünschten Verhältnis stehen. Und, dass sie “übereinstimmen” heisst dann nichts andres, als dass sie in diesem Verhältnis – etwa 1:2 – stehen. ⌊⌊passen

Der Plan stimmt mit der Wirklichkeit überein.
Was er spielt stimmt mit den Noten überein.
⌋⌋
So muss also in jedem Fall erst
204
festgesetzt werden, was unter “Uebersti “Uebereinstimmung” zu verstehen ist. – So ist es nun auch mit der Uebereinstimmung einer Längenangabe mit einer der Länge eines Gegenstandes. Wenn ich sage: “dieser Stab ist 2 m lang”, so kann ich z.B. erklären // eine Erklärung geben // , wie man nach diesem Satz mit einem Masstab die Länge des Stabes kontrolliert, wie man etwa nach diesem Satz einen
2 m langen Stab
Messtreifen für den Stab
erzeugt. Und ich sage nun, der Satz stimmt mit der Wirklichkeit überein, wenn der auf diese Weise konstruierte Messstreifen mit dem Stab übereinstimmt. Diese Konstruktion eines Messtreifens illustriert übrigens, was ich in der “Abhandlung” damit meinte, dass der Satz bis an die Wirklichkeit herankommt. – Man könnte das auch so klar machen: Wenn ich die Wirklichkeit daraufhin prüfen will, ob sie mit einem Satz übereinstimmt, so kann ich das auch so machen, dass ich sie nun beschreibe und sehe, ob der gleiche Satz herauskommt. Oder: ich kann die Wirklichkeit nach grammatischen Regeln in die Sprache des Satzes übersetzen und nun im Land der Sprache ﹖– den Vergleich durchführen –﹖.
     Als ich nun dem Andern erklärte: “Licht” (indem ich Licht machte), “Finster” (indem ich auslöschte), hätte ich auch sagen können und mit genau derselben Bedeutung: “das ist // heisst // ‘Licht’” (wobei ich Licht mache) und “das ist // heisst // ‘Finster’” etc., und
warum hätte ich nicht sagen sollen …
auch ebensogut
: “das stimmt mit ‘Licht’ überein”, “das stimmt mit ‘Finster’ überein”.

   
     Es kommt eben wieder auf die Grammatik des Wortes “Uebereinstimmung” an, auf seinen Gebrauch. Und hier liegt die Verwechslung mit ‘Aehnlichkeit’ nahe, in dem Sinn, in dem zwei Personen einander ähnlich sind, wenn ich sie leicht miteinander verwechseln kann.
     Ich kann auch wirklich nach der Aussage über die Gestalt eines Körpers eine Hohlform konstruieren, in die nun der Körper passt, oder nicht passt, je nachdem die Beschreibung richtig oder falsch war, und die konstruierte Hohlform gehört dann in dieser Auffassung noch zur Sprache (die bis an die Wirklichkeit herankommt).
205

     Aber auch die Hohlform macht kein finsteres Gesicht, wenn der Körper nicht in sie passt.

 
   
     Wenn das Wort “Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit” gebraucht wird // werden darf // , dann nicht als metalogischer Ausdruck, sondern als Teil eines Kalküls, als Teil der gewöhnlichen Sprache. ⌊⌊
nur
sondern nur als eine Münze im praktischen Geldverkehr

sondern als (einen) Teil der gewöhnlichen, praktischen, Sprache.
⌋⌋ Man kann etwas sagen: Im Sprachspiel “Licht! – Finster!” kommt der Ausdruck “Uebereinstimmung mit der Wirklichkeit” nicht vor.

 
   
     In dem Sprachspiel “Licht – Finster” kommt keine Frage vor. – Aber wir könnten es auch mit Fragen spielen.

 
   
Das Sprachspiel eine Geschichte erfinden anderseits ein wirkliches Erlebnis erzählen. So lernt der Maler portraitieren, aber auch ein Bild aus der Phantasie entwerfen, oder ein Ornament erfinden, etc..
206




 
    
   
     Das Frege'sche Behauptungszeichen ist am Platze, wenn es nichts weiter bezeichnen soll, als den Anfang des Satzes. Man könnte sagen “den Anfang der Behauptung”, im Gegensatz zu den Sätzen, die in der Behauptung vorkommen können. Das Behauptungszeichen dient dann demselben Zweck, wie der Schlusspunkt des vorhergehenden Satzes.
     “Ich denke p” hat dann mit “!-p” eben nur das Zeichen “p” gemein // gemeinsam // .


 
   
     Was zum Wesen des Satzes gehört, kann die Sprache schon darum nicht ausdrücken, weil es für jeden Satz das Gleiche wäre; und ein Zeichen, das in jedem Satz vorkommen muss, logisch eine blosse Spielerei wäre. Die Zeichen des Satzes sind ja nicht Talismane oder magische Zeichen, die auf den Betrachter einen bestimmten Eindruck hervorrufen sollen.
     Gäbe es philosophische Zeichen im Satz, so müsste ihre Wirkung // Funktion // eine solche unmittelbare sein.


 
   
     Man hat natürlich das Recht, ein Behauptungszeichen zu verwenden, wenn man es im Gegensatz etwa zu einem Fragezeichen gebraucht. Irreleitend
207
ist es nur, wenn man meint, dass die Behauptung nun aus zwei Akten bestehe, dem Erwägen und dem Behaupten (Beilegen des Wahrheitswertes, oder dergl.) und dass wir diese Akte nach dem geschriebenen Satz ausführen, ungefähr wie wir nach Noten
singen
Klavier spielen
.
     Mit dem Klavierspielen nach Noten ist nun allerdings das laute oder auch leise, Lesen nach dem geschriebenen oder gedruckten Satz zu vergleichen und ganz analog; aber n[k|i]chts, was wir ‘denken’ nennen aber nicht das Denken des Satzes. ⌊⌊aber nicht etwas, was wir ein Denken oder Meinen des Satzes nennen würden. aber nicht Akte des Denkens oder Meinens aber nicht eine
Reihe seelischer Akte
psychologische Tätigkeit
des Denkens oder Meinens des Satzes
⌋⌋ Ist also z.B. ein Behauptungszeichen im geschriebenen Satz, so wird wieder ein Behauptungszeichen im gelesenen sein (etwa die Betonung, oder der Stimmfall). ⌊⌊A aber nicht Akte des Denkens oder Meinens
Aber nicht das Denken; insofern da wir nicht
aber nicht eine psychologische Tatigkeit Reihe seelischer Akte des Denkens oder Meinens des Satzes

Aber die Zeichen des Satzes sind nicht Signale nach welchen denen wir psychische Operationen vornehmen ausführen – u.a. auch das Behaupten.

Aber die Zeichen des Satzes sind nicht Signale zu psychischen Tätigkeiten des Meinens.
⌋⌋ ⌊⌊ Daher ist auch das Zeichen in der Fregeschen Schreibweise ganz überflüssig.⌋⌋ ⌊⌊Es wird (ja) vor alle Sätze gesetzt kann⌋⌋ also in allen weggelassen werden. Dort wo er einmal einen Satz ohne dieses Zeichen hinschreibt tut er es mit einer gewissen Unsicherheit die zeigt daß er eigentlich nicht darauf gefaßt war es je wegzulassen also wirklichen Gebrauch im Kalkül davon zu machen.

 
   
⌊⌊ Freges ansicht daß in der Behauptung eine Annahme steckt
läuft
kommt
darauf läuft hinaus zu sagen daß jede Behauptung in der Form geschrieben werden könne
      Ich behaupte daß …
⌋⌋

 
   
     Eine Sprache (ich meine eine Sprechart) ist denkbar, in der es keine Behauptungssätze gibt, sondern nur Fragen und die Bejahung und Verneinung.

 
   
      Behauptung, Annahme, Frage. Man kann auf dem Schachbrett einen Zug in einer Schachpartie machen, – aber auch während eines Gespräches über ein Schachproblem zur Illustration, oder wenn man jemand das Spiel lehrt, – etc.. Man sagt dann auch etwa: “angenommen, ich zöge so, …”. So ein Zug hat Aehnlichkeit mit dem, was man in der Sprache ‘Annahme’ nennt. Ich sage nun etwa “im Nebenzimmer ist ein Dieb”, – der Andre fragt mich “woher weisst Du das?” und ich antworte: “ic “oh ich wollte nicht sagen, dass wirklich ein Dieb im Nebenzimmer ist, ich habe es nur in Erwägung gezogen”. – Möchte man da nicht fragen: Was hast Du erwogen? wie Du Dich benehmen würdest, wenn ein Dieb da wäre, oder, was für ein Geräusch es machen würde, oder, was er Dir wohl stehlen würde?
     Freges Anschauung könnte man so wiedergeben: dass die Annahme (so wie er das Wort gebraucht) das ist, was die Behauptung, dass p der Fall ist, mit der Frage, ob p der Fall ist, gemeinsam hat.
Oder auch, dass
208
die Annahme dasselbe ist wie die Frage. Man könnte auch eine Behauptung immer als eine Frage mit einer Bejahung darstellen. Statt “Es regnet”: “Regnet es ˇAnnahme? Ja ˇBehauptungszeichen!” Ich behaupte daß es regnet

 
   
     Wenn es so etwas gäbe, wie eine Annahme im Sinne Freges, müsste dann nicht die Annahme, dass p der Fall ist gleich der sein, dass non-p der Fall ist?

 
   
     In dem Sinn, in welchem die Frage “ist p der Fall?” die gleiche ist wie “ist p nicht der Fall?”.

 
   
     Es gibt wirkliche Annahmen, die wir eben durch Sätze von der Form “angenommen p wäre (oder: ist) der Fall” ausdrücken. Aber solche Sätze nennen wir nicht vollständig und sie scheinen sehr ähnlich den Sätzen der Form // erinnern uns an Sätze der Form // “wenn p der Fall ist, …”.

 
   
     Ist nun aber eine solche Annahme ein Teil einer Behauptung? Ist das nicht, als sagte man, die Frage, ob p der Fall ist, sei ein Teil der Behauptung, dass p der Fall ist?

 
   
     Ist es aber nicht auffällig, dass wir es in unsern gewöhnlich philosophisch-grammatischen Problemen nie damit zu tun haben, ob sie sich auf Behauptungen oder Fragen beziehen? (Etwa in dem Problem vom Idealismus und Realismus.)

 
   
     Und welcher Art ist ein Satz, wenn sich Einer eine mögliche Situation, etwa ihrer Seltsamkeit wegen, notiert? Oder: die Erzählung eines Witzes?

 
   
     Sprachspiel: eine Geschichte erfinden. Oder: eine Geschichte erfinden
209
und zeichnen. – etc..

 
   
     Es ist uns, als könnten wir sagen[;| ,] der fragende Tonfall sei dem Sinn der Frage angemessen.

 
   
     Wir könnten uns auch eine Sprache denken, die nur aus Befehlen besteht. So eine Sprache verhält sich zu der unseren, wie eine primitive Arithmetik zu unserer. Und wie jene Arithmetik nicht wesentlich unvollständig ist, so ist es auch die primitivere Form der Sprache nicht.

¥
S. 21/1
Bemerkung gehört nicht hierher.

 
   
     Denken wir an dieˇ große Mannigfaltigkeit der Sprachspiele:
⌊⌊       Eine Mitteilung machen wie “Licht”, “Finster”, . einen       Einen Befehl geben “mach Licht!” “Licht aus”.       Auf Fragen Licht? Finster? mit ja & nein antworten.       Einen Befehl ausführen.      Fragen & die Antwort
auf ihre Richtigkeit prüfen
kontrollieren
.      Negative & positive Befehle ausführen. Disjunktion.       Eine Vermutung aussprechen (Aufschlagen von Karten) & sie verifizieren.       Die Form eines Satzes vereinfachen (~~~p = ~p). Schließen.      Eine Rechnung machen Ein angewandtes Rechenexempel lösen.      Eine Zeichnung herstellen & sie beschreiben.      Einen Hergang erzählen.      Eine Erzählung erfinden      Eine Hypothese aufstellen & prüfen      Eine Tabelle anlegen      Grüßen ⌋⌋

   
⌊⌊ Es hilft hier immer sich den Fall des Kindes vorzustellen welches d sprechen lernt oder auch den Fall eines
Volkes
Volkesstammes
dasˇ nur eine primitive Sprache besitzt.
     Aber auch der Erwachsene lernt neue
Formen der Sprache
Sprachspiele
wenn er die Form des Beweises kennen lernt oder lernt Tabellen oder anzulegen oder abzulesen oder graphische Darstellungen zu machen & zu verwenden.
⌋⌋

 
   
     Geschicklichkeits- & Hasardspiele sie sind viel fundamentaler verschieden als ihre Bezeichnung erkennen läßt.

 
   
     Richtig & falsch spielen
     Richtig & falsch vermuten wobei man richtig spielt.


 
   
     Der Tonfall der Frage angelernt & instinktiv. Und was macht es aus, ob er angelernt ist oder nicht; da wir, wenn wir ihn einmal gebrauchen, doch nicht auf das Lernen zurückgreifen. Später ist er jedenfalls instinktiv, was immer sein Ursprung ist.

 
   
Man sagt: Die Affen sprechen nicht weil ihnen die geistigen Fähigkeiten dazu fehlen. Das heißt: sie denken nicht, darum sprechen sie nicht. Aber sie sprechen eben nicht & das ist alles. Befehlen, fragen,
erzählen
beschreiben
, plauschen, sind so natürliche Handlungen wie gehen, trinken, spielen.


 
    
   
⌊⌊ Wie gesagt, das Benennen ist etwas Ähnliches wie einem Ding Mineral eine Etiquette Ding eine Namenstafel umhängen. Man kann es eine Vorbereitung zum weiteren Gebrauch
eines
des
Worts nennen. Aber worauf ist es eine Vorbereitung?!
⌋⌋

 
   
⌊⌊ “Wir benennen die Dinge & können nun über sie reden: uns in der Rede auf sie beziehen”: als ob mit dem Akt des Benennens schon das was wir weiter tun gegeben sei. Als ob es nur Eines gabe was heißt: von Dingen reden. Während wir das Verschiedenartigste mit unseren Sätzen tun. ⌋⌋

 
   
⌊⌊ Denken wir nur an die Verschiedene Ausrufe mit ihren ganz verschiedenen Funktionen:
Wasser!
Trinken!
(Ich will trinken) Weg! (Geh weg) Au! – Hilfe! – Schön! – Nicht! –
⌋⌋

 
   
⌊⌊ Bist Du nun noch geneigt diese Wörter “Namen” zu nennen?⌋⌋

 
   
⌊⌊ Es sagte mir einmal jemand: “Wie wäre es, wenn die Menschen ihre Schmerzen nicht äußerten (nicht stöhnten, etc.), – dann könnte man einem Kind nicht das Wort “Zahnschmerz” beibringen!” – Denken wir uns nun, es würde Einer sagen: “Ich nehme an, das Kind sei ein Genie & erfinde selbst einen Namen für den Schmerz, obwohl ihm keiner gelehrt wurde. – Aber nun könnte er sich freilich mit diesem Wort nicht verständlich machen!” Also versteht es ihn, kannˇ aber seine Bedeutung niemandem erklären? Aber was heißt es denn, daß er “seinen Schmerzen benannt hat”? Was ist die Verbindung des Wortes daß er ausspricht mit dem Schmerz? Und was für eine Funktion hat dieses Wort? Wie hat er das gemacht den Schmerz zu benennen?? Und was immer er getan hat, was hat es für einen Zweck? – Wenn man sagt “er hat dem Schmerz einen Namen gegeben” so vergißt man daߡ sozusagen schon alles mögliche in der Sprache vorbereitet sein muß damit das bloße benennen einen Sinn hat. Und wenn wir davon reden daß er dem Schmerz einen Namen gibt die Grammatik des Wortes “Schmerz” hier das Vorbereitete es zeigt den Posten an an dem das neue Wort gestellt wird.⌋⌋
210





 
    
    
   
      Die Idee ist: [d|D]enken, Glauben, etc. als Tätigkeiten in denen der Satz vorkommt, ˇ etwa wie die Karten in den Operationen des Musterwebstuhls.

     Das Unverständnis der Grammatik des Wortes “Denken” & psychologisches Unverständnis angesehen als nicht Verstehen eines komplizierten mechanischen Vorgangs.


 
    
     Man ist (durch
unsere Grammatik irregeführt)
die irreführende Grammatik)
versucht, zu fragen: wie denkt man den Satz p, wie erwartet man, dass das und das eintreffen wird (wie macht man das). Und in dieser falschen Frage liegt wohl die ganze Schwierigkeit in nuce enthalten.

    
     “Wie arbeitet der Gedanke, wie bedient er sich seines Ausdrucks?” – das ist // klingt // analog der Frage ⌊⌊… dies scheint analog der Frage …⌋⌋ dies möchte man fragen analog: “wie arbeitet der Musterwebstuhl, wie bedient er sich der Karten?”

    
      Das Gefühl ist, dass mit dem Satz “ich glaube, dass p der Fall ist” der Vorgang des Glaubens nicht beschrieben sei (dass vom Webstuhl nur die Karten gegeben seien und alles übrige bloss angedeutet ist). Dass man die Beschreibung “ich glaube p” durch die Beschreibung eines Mechanismus ersetzen könnte, worin dann p, d.h. jetzt die Wortfolge “p”, wie die Karten im Webstuhl nur als ein Bestandteil vorkommen würde. Aber hier ist der Irrtum: Was immer diese Beschreibung enthielte, wäre für uns wertlos,
212
ausser eben der Satz p mit seiner Grammatik. Sie ist quasi der eigentliche Mechanismus, in welchem // dem // er eingebettet liegt. ⌊⌊ Das Gefühl ist, daß
in
mit
dem Satz “ … ” etwas Wesentliches, derˇ eigentliche Vorgang des Glaubens, nur angedeutet sei; daß sich diese Andeutung durch eineˇ eigentliche Beschreibung
dieses
des
Mechanismus müsse ersetzen lassen. Eine Beschreibung worin p wie die Karten in der Beschreibung des Musterwebstuhls vorkäme. Und daß nun diese Beschreibung erst der komplette Ausdruck des Glaubens wäre.
     Vergleichen wir nun das Glauben mit dem Aussprechen eines Satzes. Es gehen da auch sehr komplizierte Vorgänge in unseren Sprechmuskeln, Nerven etc., etc., vor sich. Diese begleiten den ausgesprochenen Satz & er bleibt das Einzige was uns interessiert. Und ist zwar als Bestandteil eines Kalküls, nicht eines Mechanismus. ⌋⌋

    
   
[Gehört nicht hierher, sondern zur Betrachtg. der Zeit oder zu Solipsismus.]

     Dass ‘alles fliesst’, scheint uns am Ausdruck der Wahrheit zu hindern, denn es ist, als ob wir sie nicht auffassen könnten, da sie uns entgleitet.

 
   
Aber es hindert uns eben nicht am Ausdruck. – Was es heisst, etwas Entfliehendes in der Beschreibung festhalten zu wollen, wissen wir. Das geschieht etwa, wenn wir das Eine vergessen, während wir das Andere beschreiben wollen. Aber darum handelt es sich doch hier nicht. Und so ist der Ausdruck // das Wort // “entfliehen” anzuwenden.

 
    
    
      Aber auch hier irren wir uns. Denn es geschieht dabei auch nichts, was uns durch die Geschwindigkeit entgeht.

    
      Warum können wir uns keine Maschine mit einem Gedächtnis denken? Es w[r|u]rde oft gesagt, dass das Gedächtnis darin besteht, dass Ereignisse Spuren
213
hinterlassen, in denen nun gewisse Vorgänge vor sich gehen müssten. Wie wenn Wasser sich ein Bett macht und das folgende Wasser in diesem Bett fliessen muss; der eine Vorgang fährt für den nächsten das Gleise aus. // der eine Vorgang fährt das Gleise aus, das den andern führt. Geschieht dies nun aber in einer Maschine, wie es wirklich geschieht, so sagt niemand, die Maschine habe Gedächtnis, oder habe sich den einen Vorgang gemerkt.

    
     Nun ist das aber ganz so, wie wenn man sagt, eine Maschine kann nicht denken, oder kann keine Schmerzen haben. ⌊⌊Könnte eine Maschine denken? ‒ ‒ ‒ Könnte sie Schmerzen haben? In dem Sinne in welchem der tierische Körper Schmerzen hat. – ja Wann Wenn ich diesen eine Maschine nennen will.⌋⌋ ⌊⌊ Aber im Satz “ich habe Schmerzen” bezeichnet ‘ich’ keinen Körper also nicht auch keine Maschine.⌋⌋ Und hier kommt es darauf an, was man darunter versteht “Schmerzen zu haben”. ⌊⌊Hier kommt es drauf an, wie der Ausdruck “Schmerzen haben” angewandt wird.⌋⌋
Es ist klar, dass ich mir eine Maschine denken kann, die sich genau so benimmt (in allen Details), wie ein Mensch der Schmerzen hat. Oder vielmehr: ich kann den Andern eine Maschine nennen, die Schmerzen hat, d.h.: den andern Körper. Und ebenso, natürlich, meinen Körper. Dagegen hat das Phänomen der Schmerzen, wie es auftritt, wenn ‘ich Schmerzen habe’, mit meinem Körper, d.h. mit demn Erfahrungen, die ich als Existenz meines Körpers zusammenfasse, gar nichts zu tun. (Ich kann Zahnschmerzen haben ohne Zähne.) Und hier hat nun die Maschine gar keinen Platz. – Es ist klar, die Maschine kann nur einen physikalischen Körper ersetzen. Und in dem Sinne, wie man von einem solchen sagen kann, er “habe” Schmerzen, kann man es auch von einer Maschine sagen. Oder wieder, die Körper, von denen wir sagen, sie hätten Schmerzen, können wir mit Maschinen vergleichen, und auch Maschinen nennen.

   
     Und ganz ebenso verhält es sich mit dem Denken und dem Gedächtnis.

 
    
    
    
     Wir fragen: Was ist ein Gedanke, welcher Art muss etwas sein, um die Funktion des Gedankens verrichten zu können? Und diese Frage ist ganz analog der: Was ist, oder, wie funktioniert, eine Nähmaschine. “Wie macht sie das?” Aber die Antwort könnte sein: Schau den Stich an; alles, was der Nähmaschine wesentlich [nicht sperren] ist, ist in ihm zu sehen; alles andre kann so, oder anders sein.

    
     Wir fragen, wie muss der Gedanke beschaffen sein, um seine Bestimmung // Funktion // zu erfüllen; aber was ist denn seine Bestimmung // Funktion // ? Wenn sie nicht in ihm selbst liegt (d.h. wenn sie nicht ist, (das) zu sein, was er ist), liegt sie in seiner Wirkung; aber die interessiert uns nicht.

    
     Wir sind nicht im Bereiche der Erklärungen und jede Erklärung klingt uns trivial.
216
   
     Aber dieser Verzicht auf die Erklärung macht es so schwer zu sagen, was der Gedanke uns eigentlich bedeutet.

 
    
     Man kann etwa sagen: Er rechnet auf Grund von Gegebenem und endet in einer Handlung.

    
     Willst Du sehen wie der Gedanke verwendet wird: Die Berechnung der Wandstärke eines Kessels und, der entsprechenden, Verfertigung ist ein sicheres Beispiel des Denkens. // … muss ein Beispiel des Denkens sein. //
// die Berechnung der Wandstärke eines Kessels und die dieser entsprechenden Verfer[i|t]igung … //

   
     Der Schritt, der von der Berechnung auf dem Papier zur Handlung führt, ist noch ein Schritt der Rechnung.

 
   
     Wir sagen, wir werden das Denken untersuchen von dem Standpunkt aus, dass es auch von einer Maschine ausgeführt werden könnte.
     Aber hier befinden wir uns in einer falschen Betrachtungsweise. Wir sehen das Denken für // als // einen Vorgang wie das Schreiben an, oder das Weben das Erzeugen eines Stoffes, etc.. Und dann lässt sich natürlich sagen, dass dieser Vorgang der Erzeugung sich im Wesentlichen auch maschinell muss denken lassen.
217




 
  v   
  v  
      Aber ist nicht der Satz dieses Wunderding ‒ ‒ der sagt, was er meint?
Denn so ein Wunderding, scheint es, brauchen wir.
     Und die Vorstellung scheint
dies
es
zu sein,: [d|D]enn wir können uns nicht fragen, ob, z.B. unsere Vorstellung von diesem Menschen wirklich die Vorstellung von diesem Menschen sei
& nicht vielleicht von
oder von
einem Andern der ihm nur ähnlich sieht.


 
  v  
[Zu § 21]

     Sokrates zu Theaitetos: “Und wer vorstellt, sollte nicht etwas vorstellen?” Th.: “Notwendig”. Sok.: “Und wer etwas vorstellt, nichts Wirkliches?” Th.: “So scheint es”.



 
   
Und wer malt sollte nicht etwas malen – & wer etwas malt, nichts wirkliches? – Ja, wasch meinst Du: das Bild was er malt oder den Gegenstand etwa den Menschen den es darstellt.

 
  v  
     “Ist die Vorstellung nur die Vorstellung, oder ist sie Vorstellung von Etwas in der Wirklichkeit?”
     Und von dieser Frage aus könnte man // Und von dieser Frage aus könnte man … // auch die Beziehung der Vorstellung zum gemalten Bild erfassen. // denn ich kann nicht zweifeln wenn ich mir Napoleon vorstelle, ob es wirklich Napoleon ist den ich mir vorstelle oder nicht nur jemand der ihm ähnlich sieht!

 
   
      Die Frage könnte aber nicht heissen: “Ist die Vorstellung immer Vorstellung von etwas, was inn der Wirklichkeit existiert” – denn das ist sie offenbar nicht immer –; sondern, es müsste heissen: bezieht sich die Vorstellung immer, wahr oder falsch, auf Wirklichkeit. – Denn das kann man von einem gemalten Bild nicht sagen. – Aber worin besteht dieses ‘sich auf die Wirklichkeit beziehen?’ Es ist doch wohl die Beziehung des
218
Porträts zu seinem Gegenstand.

 
   
     Aber warum sollte man dann nicht sagen, dass eine Vorstellung Vorstellung eines Traumes sei?

 
   
     Wenn mit heute geträumt hat, dass N mich besuche und N besucht mich nun wirklich, so war darum jene Traumphantasie keine Erwartung, und die Tatsache, dass N mich besuchte, keine Erfüllung der // einer // Erwartung.

 
  ?  
     
Wie kommt es daß es diese Situation nicht gibt: …
Diese Situation ist nicht denkbar:
Ich habe irgend ein Vorstellungsbild vor mir und sage: “jetzt weiss ich nicht, ist das eine Erwartung oder eine Erinnerung, oder nur ein Bild ohne jede Beziehung zur Wirklichkeit”.

     Denn ich erwarte ebenso wirklich, wie ich warte.
219




 
    
   
⌊⌊ Wenn man an den Gedanken als etwas spezifisch menschliches organisches denkt, möchte man fragen:
könnte es eine … geben?
kann man sich eine Gedankenprothese denken?
⌋⌋

 
   
     Der Gedanke’, das ist nichts organisches, läßt sich mit nichts organischem vergleichen; // sollte nicht mit etwas organischem verglichen werden; das sich dann etwa durch etwas [t|T]otes Anorganisches wie durch eine Prothese ersetzen
ließe
läßt
.


 
    
     Eine Gedankenprothese ist darum nicht möglich, weil der Gedanke für uns nichts spezifisch Menschliches ist.
     Wir könnten die Rechenmaschine als eine Prothese statt der 10 Finger ansehen, aber die Rechnung ist nichts spezifisch Menschliches und für sie gibt es keinen Ersatz // keine Prothese // .
220





    
   
     Das Denken: ein Vorgang im Gehirn & Nervensystem; im Geist; auf dem im Mund & Kehlkopf; auf dem Papier.

 
    
    
    
     “Das Denken geht im Kopf vor sich” heisst eigentlich nichts anderes, als, unser Kopf hat etwas mit dem Denken zu tun. Man sagt freilich auch: “ich denke mit der Feder auf dem Papier” und diese Ortsangabe ist mindestens so gut, wie die erste.

   
     Wenn wir fragen “wo geht das Denken vor sich”, so ist dahinter immer die Vorstellung eines maschinellen Prozesses, der in einem abgeschlossenen Raum vor sich geht, sehr ähnlich, wie
die Vorgänge
der Vorgang
in der Rechenmaschine.


 
    
      Schon die Bezeichnung ‘Tätigkeit’ für's Denken ist in einer Weise irreführend. Wir sagen: das Reden ist eine Tätigkeit unseres Mundes. Denn wir
221
sehen dabei unseren Mund sich bewegen und fühlen es, etc. In
diesem
demselben
Sinne kann man nicht sagen, das Denken sei eine Tätigkeit unseres Gehirns.
     Und kann man sagen, das Denken sei eine Tätigkeit des Mundes oder des Kehlkopfs oder der Hände (etwa, wenn wir schreibend denken)?
     Zu sagen, Denken sei eben eine Tätigkeit des Geistes, wie Sprechen des Mundes, ist eine Travestie (der Wahrheit).
     Wir gebrauchen eben ein Bild, wenn wir von der Tätigkeit des Geistes reden.


   
     Das Denken ist nicht mit der Tätigkeit eines Mechanismus zu vergleichen, die wir von aussen sehen // der wir von aussen zuschauen // , deren Inneres aber wir sehen müssten // müssen // um sie zu verstehen.
      // Das Denken ist nicht die Tätigkeit eines Mechanismus, der wir von aussen zusehen, deren Inneres aber erforscht werden muss. //
      // Das Denken ist nicht mit der Tätigkeit eines Mechanismus zu vergleichen, den wir von aussen sehen, in dessen Inneres wir aber erst dringen müssen. //


 
   
     Die Wendung “dass etwas in unserem Geist vor sich geht”, soll, glaube ich, andeuten, dass es im physikalischen Raum nicht lokalisierbar ist. Von Magenschmerzen sagt man nicht, dass sie in unserem Geist vor sich gehen, obwohl der physikalische Magen ja nicht der unmittelbare Ort der Schmerzen ist, in dem Sinn, in welchem d er der Ort der Verdauung ist.
222





 
    
   
     Der Schrei als Ausdruck des Schmerzes, der Satz als Ausdr. des Gedankens.

 
   
     Das Denken ein Vorgang in einem ätherischen Mechanismus.

 
   
⌊⌊      Denken nennen wir einen bestimmten Gebrauch von Symbolen. ⌋⌋

 
   
⌊⌊ Der Gedanke ist nicht eine Art von Stimmung die die durch
seinen
den
Ausdruck wie durch eine Droge hervorgerufen wird. Und die Verständigung ˇdie Vermittlung des Gedankens mittels durch die Sprache ist nicht der Vorgang daß ich durch ein Gift im Andern die gleichen Schmerzen hervorrufe wie ich sie habe.
     
Was für einen
Welchen
Vorgang könnte man “Gedankenlesen” nennen.
⌋⌋

 
   
     Der Gedanke ist wesentlich das, was durch den Satz ausgedrückt ist, wobei ‘ausgedrückt’ nicht heisst ‘hervorgerufen’. Ein Schnupfen wird durch ein kaltes Bad hervorgerufen, aber nicht durch ein kaltes Bad ausgedrückt.

 
    
     Man hat nicht den Gedanken, und daneben die Sprache. – Es ist also nicht so, dass man für den Andern die Zeichen, für sich selbst aber einen stummen Gedanken hat. Gleichsam einen gasförmigen oder ätherischen Gedanken, im Gegensatz zu sichtbaren, hörbaren Symbolen.

   
     Man könnte so sagen, am Gedanken ist nichts wesentlich privat. – Es kann jeder in ihn Einsicht nehmen.

 
   
     Man hat nicht den Zeichenausdruck und daneben, für sich selbst, den (gleichsam dunkeln) Gedanken. Dann wäre es doch auch zu merkwürdig, dass man den Gedanken durch die Worte sollte wiedergeben können.
223
 
   
      D.h.: wenn der Gedanke nicht schon artikuliert wäre, wie könnte der Ausdruck durch die Sprache ihn artikulieren. Der artikulierte Gedanke aber ist in allem Wesentlichen ein Satz.

 
   
     Wie sich der Gedanke zur Rede verhält, Um einzusehen, wie Gedanke & Rede sich zueinander verhalten kann man am besten verstehen, wenn man bedenkt, ob bedenke man, ob etwa das Verständnis (der Gedanke) einer Rechnung (etwa z.B. einer Multiplikation ˇ z.B.) als gesonderter Prozess neben dem Rechnungsvorgang einherläuft.

 
   
     Wenn man das Verstehen, Wissen, etc., als Zustand auffasst, dann nur hypothetisch im Sinne einer psychischen Disposition, welche auf derselben Stufe steht, wie eine physiologische Disposition.

¥ S. 154/5¥ S. 158/1
 
    
     “Dachtest Du denn, als Du den Satz sagtest, daran, dass Napoleon …” – “ich dachte nur, was ich sagte”.

   
     Plato nennt die Hoffnung eine Rede. (Philebos)

 
   
     Der Gedanke ist kein geheimer – und verschwommener – Prozess von dem wir nur Andeutungen in der Sprache sehen, als wäre die Negation ein Stoss und der Gedanke darauf wie ein unbestimmter Schmerz, von diesem Stoss hervorgerufen, aber gänzlich von ihm verschieden.

 
    
     Gedankenlesen kann nur darin bestehen, dass wir Zeichen interpretieren, also einfach lesen (nur vielleicht andere Zeichen). Oder aber es besteht darin, dass Einem, wenn man des Anderen Hand hält (oder in andrer Art mit ihm in Kontakt steht) Gedanken kommen, die durch nachträgliche Fragen als die Gedanken auch des Anderen erkannt werden. Aber da handelt es sich überhaupt um kein Lesen, sondern es wäre nur die Hypothese
224
erlaubt, dass zwei Leute unter gewissen Umständen das Gleiche dächten.

   
     Ist das Denken ein augenblicklicher Vorgang oder etwa ein andauernder Zustand, wovon die Worte, der Satz, nur eine ungeschickte Wiedergabe sind (sodass man etwa sagen könnte, wie von dem Eindruck einer Landschaft: Worte können das gar nicht wiedergeben)? Der Gedanke braucht solange wie sein Ausdruck. Weil der Ausdruck der Gedanke ist.

 
    
     Ich habe einmal gelesen, dass ˇ (einmal) diesen Ausspruch eines französischer Politikers gesagt hat gelesen, die französische Sprache sei dadurch ausgezeichnet, dass in ihr die Wörter in der Ordnung folgen, wie man wirklich denkt.

    
     Niemand würde fragen, ob die Multiplikation zweier Zahlen (etwa nach der gewöhnlichen Art durchgeführt) gleichläuft mit dem Gedanken
Denkvorgang
Gedankenprozess
. Weil jeder die Multiplikation als ein Man betrachtet eben die Mult. als ein … Instrument ansieht betrachtet. Während man den
Satz
Gedanken
nicht als ein Instrument ansieht.

    
     Die Idee, dass eine Sprache eine Wortfolge haben kann, die der Reihenfolge des Denkens entspricht, im Gegensatz zu
anderen Sprachen
einer anderen Sprache
, rührt von der Auffassung her, dass das Denken vom Ausdruck der Gedanken getrennt vorgeht. Also ein wesentlich anderer Vorgang ist. Nach dieser Auffassung könnte man nun freilich sagen: Die wesentlichen Eigenschaften des Negationszeichens offenbaren sich freilich erst nach und nach im Gebrauch, aber ich denke die Negation auf einmal. Das Zeichen “nicht” ist ja nur ein Hinweis auf den Gedanken “nicht”. Es stösst mich nur, dass ich das Rechte denke. (Es ist nur Signal.)

¥ ⋎ S. 156/4,5✓
   
     Willkürlichkeit des sprachlichen Ausdrucks: Könnte man sagen: das Kind muss das Sprechen einer bestimmten Sprache zwar lernen, aber nicht
225
das Denken, d.h. es würde von selber denken, auch ohne irgend eine Sprache zu lernen? ((D.h. Willkürlichkeit, wie sie gewöhnlich aufgefasst wird. Sozusagen: “auf den Gedanken kommt es an, nicht auf die Worte.))
     Ich meine aber, wenn es denkt, so macht es sich eben Bilder und diese Ich sind in einem gewissen Sinne willkürlich, insofern nämlich, als andere Bilder denselben Dienst geleistet hätten. Und andererseits ist ja die Sprache auch natürlich entstanden, d.h., es muss wohl einen ersten Menschen gegeben haben, der einen bestimmten Gedanken zum ersten Mal in gesprochenen Worten ausgedrückt hat. Und übrigens ist das Ganze gleichgültig, weil in gesprochenen Worten ausgedrückt jedes Kind, das die Sprache lernt, sie nur in dieser Weise lernt, dass es anfängt in ihr zu denken. Plötzlich anfängt; ich meine: Es gibt kein Vorstadium, in welchem das Kind die Sprache zwar schon gebraucht, sozusagen
zum Zweck der
zur
Verständigung gebraucht, aber noch nicht in ihr denkt.

 
   
⌊⌊ Lernt das Kind nur sprechen, & nicht auch denken? Lernt es den Sinn des Multiplizierens vor, oder nach, dem Multiplizieren?
Oft
könnte
müßte
man auf die Frage “was meinst Du, wenn Du sagst …?” nur Antworten: ich meine nur was ich sage.
⌋⌋

 
   
⌊⌊       Ich weiß bin nicht ganz sicher, aber ziemlich sicher daß er kommen wird.” nicht ganz sicher Ich meine, was ich sage. ⌋⌋

 
   
     Ist es quasi eine Verunreinigung des Sinnes, dass wir ihn in einer bestimmten Sprache, mit ihren Zufälligkeiten, ausdrücken und nicht gleichsam körperlos und rein? Nein, denn es ist wesentlich, dass ich die Idee der Uebersetzung von einer Sprache in die andere verstehe.

 
   
     Spiele ich eigentlich doch nicht das Schachspiel selbst, da die Figuren ﹖– ja auch
andere Formen haben könnten?
anders sein könnten?!


 
   
     Da der Sinn eines Satzes ganz in der Sprache fixiert ist, und es auf den Sinn ankommt, so ist jede Sprache gleich gut. Der Sinn aber ist, was Sätze, die in einander übersetzbar sind, gemein haben.

 
   
⌊⌊      Beweise die das Dez. Syst. verwenden. ⌋⌋
226




 
    
   
Sage Dir
immer wieder:
:
daß [d|D]enken etwas ˇganz hausbackenes sein muß. Daß es sich nicht Es handelt sich nicht darum handelt, ein geheimnisvolles Wesen zu studieren. daß Daß Du verführt bist, – wenn Du
denkst
meinst
, daß es
da
hier
ein seltsamer Vorgang
ist
vorliegt
.
; daß es eine Verführung ist
, wenn wir denken,
, zu meinen,
daß hier etwas Geheimnisvolles vorliegt. daß uns hier ein geheimnisvoller Vorgang vorliegt. daß es eine Verführung ist,
was
die
Dich das Denken als einen geheimn. Vorg. sehen läßt.
– – – daß Du verführt bist
wenn
sowie
Du das Denken als seltsamen Vorgang (an)sieht. – – – daß Du verführt bist, wenn Dir das Denken als ein seltsamer Vorgang erscheint.

 
   
     Der Gedanke, soweit man überhaupt von ihm reden kann, muss etwas ganz hausbackenes sein. (Man pflegt sich ihn als etwas Aetherisches, noch Unerforschtes, zu denken; als handle es sich um Etwas, dessen Aussenseite bloss wir kennen, dessen Wesen aber noch unerforscht ist, etwa wie
unser Gehirn.)
das unseres Gehirns.)


 
   
     Der Gedanke hat aber nur eine Aussenseite und kein Innen. Und ihn analysieren heisst nicht in ihn dringen.

 
   
     Man kann wieder nur die Grammatik des Wortes “erwarten” // “denken” // explicit machen. (Und so des Wortes “erwarten” // “denken” // , etc..)
227




 
    
   
     Wozu denkt der Mensch? Weil Denken sich bewährt hat?
     Denkt man, weil man denkt, es sei vorteilhaft zu denken?
     Erzieht er seine Kinder weil es sich sich das bewährt hat?


 
   
     Wozu denkt der Mensch? wozu ist es nütze? Wozu berechnet er Dampfkessel und überlässt ˇ[die|ihre] Dimensionen Wandstärke es nicht dem Zufall[,|?] wie stark er ihre Wand Wände macht // wie stark die Wand des Kessels wird // ? Es ist doch nur Erfahrungstatsache, dass Kessel, die so berechnet wurden, nicht so oft explodieren // explodierten // . Aber so, wie er alle[r|s] eher täte, als die Hand ins Feuer stecken, das ihn früher gebrannt hat, so wird er alles eher tun, als den Kessel nicht berechnen. Da Wenn uns aber Ursachen nicht interessieren, so können werden wir nur sagen: die Menschen denken tatsächlich

:
sie gehen (z.B.) auf diese Weise vor, wenn sie einen Dampfkessel bauen. Und dieses Vorgehen hat sich bewahrt. Kann nun ein so erzeugter Kessel nicht explodieren?
Doch!
Oh ja.
Oh freilich. – Warum
denn
sollte er
nicht?


 
   
Denkt der Mensch also, weil [d|D]enken sich bewährt hat? Weil er denkt, es sei vorteilhaft zu denken? In gewissen speziellen Fällen wird man das sagen können.       In gewissen, speziellen, Fällen aber wird man ˇ aber sagen können: Heute berechnet man dies, weil & überläßt es nichtˇ mehr dem Gefühl (oder dem Zufall) weil es sich das bewährt hat. Man kann auch sagen es hat sich bewährt diese Berechnungen immer genau kontrollieren zu lassen. ⌊⌊ Und doch kann man sagen, das Denken habe sich bewährt. Es seien jetzt weniger Kesselexplosionen als früher seit man die Dimensionen etwa nicht mehr nach dem Gefühl bestimmt sondern auf die & die Weise berechnet. Oder, seit man jede Rechnung unabhängig von zwei Leuten ausführen läßt.

Manchmal, also, denkt man weil es sich bewährt hat.
⌋⌋



 
   
     Sich etwas überlegen. Ich überlege, ob ich jetzt ins Kino gehen soll. Ich mache mir ein Bild der Zeiteinteilung des Abends. Aber wozu tue ich das?? Ich mache ja kein “Gedankenexperiment”!

 
   
§ Wie wäre herauszubringen: warum er denkt?

 
   
     Wir verstehen alle, was es heisst, in einem Kalender nachschlagen, an welchem Tag der Woche wir frei sind. Das Bild, das wir sehen, ist etwa
228
|M|D|M|D|F|S|S16 und wir sagen nun, wir seien nur Freitag frei, und handeln demgemäss. Mit welcher Berechtigung handeln wir nach dem Bild Fahrplan?

 
   
     Wir erwarten etwas und handeln der Erwartung gemäss. Muss die Erwartung eintreffen?
– –
Nein.
Warum aber handeln wir nach der Erwartung? Weil wir dazu getrieben werden, wie dazu, einem Automobil auszuweichen, uns niederzusetzen, wenn wir müde sind und aufzuspringen, wenn wir uns auf de einen Dorn gesetzt haben.

 
   
←      Die Natur des Glaubens an die Gleichförmigkeit des Geschehens wird vielleicht am klarsten im Falle, in dem wir Furcht vor dem [e|E]rwarteten Ereignis em[f|p]finden. Nichts könnte mich dazu bewegen, meine Hand in die Flamme zu stecken, obwohl ich mich doch nur in der Vergangenheit verbrannt habe.

 
    
    
    
   
     Ich kalkuliere so, weil ich nicht anders kalkulieren kann. (Ich glaube das, weil ich nicht anders glauben kann.)
229
 
   
     Es lässt sich kein // Man kann keinen // Grund angeben, Was sollte ich für einen Grund angeben, Was sollte ich als Grund angeben dafür, weswegen weswegen man denken soll.       Es sei denn ein einen Grund von der Art dessen, weswegen man essen soll.

 
   
     
Es ist eines: einen Gedanken aus andern begründen, – ein anderes: das Denken begründen
Man kann einen Gedanken aus anderen begründen, aber nicht das Denken
. Das, glaube ich, ist es, was unsere Untersuchung rein beschreibend macht.

 
  v  
     Es lässt sich kein rationaler Grund angeben, weshalb wir denken sollten // müssten // . Ich weiß nicht, warum ich denken sollte. Aber ich denke.

 
   
      Fahrplan
     Ich nehme an, dass dieses Haus nicht in einer halben Stunde zusammenstürzen wird. Wann nehme ich das an? Die ganze Zeit? und was ist dieses Annehmen für eine Tätigkeit? Heisst, das annehmen, nicht (wieder) zweierlei? Einmal bezeichnet es eine hypothetische psychologische Disposition; einmal den Akt des Denkens, Ausdrückens, jenes Satzes // des Satzes “das Haus wird nicht einstürzen” // . Im ersten Sinne ist das Kriterium dafür, dass ich jene Annahme mache // das annehme // das, was ich sonst sage, fühle und tue; im andern Sinn, dass ich einen Satz sage, der wieder ein Glied einer Rechnung // Kalkulation // ist. Nun sagt man: Du musst aber doch einen Grund haben, das anzunehmen, sonst ist die Annahme ungestützt und wertlos (erinnere Dich daran, dass wir zwar auf der Erde stehen, die Erde aber nicht wieder auf irgend etwas; und Kinder glauben, sie müsse fallen, wenn sie nicht gestützt ist). Nun, ich habe auch Gründe zu meiner Annahme. Sie lauten etwa: dass das Haus schon jahrelang gestanden hat, aber nicht so lang, dass es schon baufällig sein könnte, etc. etc.. Was ein Grund wofür ist (Was als Grund wofür gilt), kann von vornherein angegeben werden und beschreibt // bestimmt // einen Kalkül, in welchem // dem // eben das eine ein Grund des andern ist. Soll aber nun ein Grund für diesen ganzen Kalkül gegeben werden, so sehen wir, dass er fehlt. Fragt man aber,
230
ob der Kalkül also eine willkürliche Annahme ist, so ist die Antwort, dass er so wenig ist, wie die Furcht vor dem Feuer oder einem wütenden Menschen, der sich uns nähert. Ist es [w|W]illkürlich, daß wir das als Grund von dem betrachten? Ist es [w|W]illkürlich, daß wir auf die Erzählungdes A dieser Hund habe ihn gebissen, diesem Hund nicht in die Nähe gehen wollen?
     Wenn man nun sagt: gewiss sind doch die Regeln der Grammatik, nach denen wir vorgehen und operieren, nicht willkürlich; so müsste man zur Antwort fragen: Gut also, warum denkt denn ein Mensch wie er denkt? warum geht er denn durch diese Denkhandlungen? (gefragt ist hier natürlich nach den Gründen Gründen, nicht Ursachen). Nun, da lassen sich Gründe in dem Kalkül angeben; und ganz zum Schluss ist man dann versucht zu sagen: “es ist eben sehr wahrscheinlich, dass sich das Ding jetzt so verhalten wird, wie es sich immer verhalten hat” // … dass das Ding jetzt das gleiche Verhalten zeigen wird, das es immer gezeigt hat” // , – oder dergleichen. Eine Redensart, die den Anfang des Raisonnements verhüllt und hier // an diesem Anfang // eine ähnliche Rolle spielt, wie der Schöpfer am Beginn // Anfang // der Welt, der // welcher // zwar in Wirklichkeit nichts erklärt, aber ein einen den Menschen acceptabler acceptablen Anfang ist. macht.
     Das, was so schwer einzusehen ist, ist,ˇ eigentlich, ⌊⌊ Das was so schwer einzusehen ist, lautet
etwa
eigentlich
:
⌋⌋ dass, solange wir ein Wahr-Falsch-Spiel spielen // dass, solange wir im Bereich der Wahr-Falsch-Spiele bleiben // , eine Aenderung der Gramm. uns nur von einem solchen Spiel zu einem andern führen kann, aber nicht ⌊⌊ Das, was so schwer einzusehen ist: Solange wir im Bereich der W.F. Spiele bleiben, kann uns eine Änderung der Grammatik nur von einem solchen Spiel zu einem andern führen, aber nicht …⌋⌋ von etwas Wahrem zu etwas Falschem. Und wenn wir anderseits aus dem Bereich dieser Spiele heraustreten, so nennen wir es eben nicht mehr Grammatik, und zu einem Widerspruch mit der Wirklichkeit kommen wir wieder nicht.

 
   
     Denken wir uns die Tätigkeit in einem Haus, in einer Werkstätte. Da wird gehobelt, gesägt, gestrichen, etc. etc.; und ausserdem gibt es da eine Tätigkeit, die man ‘rRechnen’ nennt, und die sich scheinbar von allen den andern unterscheidet // von allen diesen unterscheidet // , besonders, was den // ihren // Grund anbelangt. Wir machen da etwa ein Bild, die Tätigkeit
231
des Rechnens (Zeichnens, etc.) verbindet Teile der andern Tätigkeit. Er setzt aus, rechnet etwas, dann misst er und arbeitet mit dem Hobel weiter. Er setzt auch manchmal aus, um das Hobelmesser zu schleifen; aber ist diese Tätigkeit analog der andern des Kalkulierens? – “Aber Du glaubst doch auch, dass mehr Kessel explodieren würden // mehr Kesselexplosionen wären // , wenn die Kessel nicht berechnet würden”. Ja, ich
bin überzeugt davon
glaube es
; – aber was will das sagen? Folgt daraus, dass weniger sein werden? Und was ist denn die Grundlage dieses Glaubens?
     Wenn man nun nach dem Grund einer einzelnen Denkhandlung (Kalkülhandlung) fragt, so erhält man als Antwort die Auseinandersetzung eines Systems dem die Handlung angehört.

 
   
“Ist also also daß es sich in der Vergangenheit bewährt hat kein guter Grund zu anzunehmen daß es in Zukunft so sein wird? – Das ist was wir einen guten Grund nennen.?
232





 
    
    
   
     Angenommen, wir lassen die Uebersetzung in die Gebärdensprache fort; zeigt es sich dann in der Anwendung (ich meine, in den grammatischen Regeln der Anwendung), dass diese Uebersetzung möglich ist?

 
   
     Und kann es sich nur zeigen, dass dsie möglich ist, oder auch, dass sie notwendig ist?
     Wenn sie notwendig ist, so heisst das, dass die Sprache vermittels des roten Täfelchens in irgend einem Sinn notwendig ist; und nicht gleichberechtigt der Wortsprache.


 
   
     Aber wie könnte das sein? denn dann wären ja die hinweisenden Erklärungen überflüssig: das heisst aber schon, implicite in den andern enthalten. Wie kann denn eine Regel eines Spiels überflüssig sein, wenn es eben das Spiel sein soll, was auch durch diese Regel charakterisiert wird.
234
 
   
     Der // Mein // Fehler besteht hier immer wieder darin, dass ich vergesse dass erst alle Regeln das Spiel, die Sprache, charakterisieren, und dass diese Regeln nicht einer Wirklichkeit verantwortlich sind, so dass sie von ihr kontrolliert würden, und so dass man von einer Regel bezweifeln könnte, dass sie notwendig, oder richtig, wäre. ([C|V]ergleiche das Problem der Widerspruchsfreiheit der Nicht-euklidischen Geometrie.)

 
    
     Die Grammatik ist keiner Wirklichkeit verantwortlich.

    
     (Die Grammatik ist kei der Wirklichkeit nicht Rechenschaft schuldig.)

    
    
      Denn eigentlich können ja Regeln nicht kollidieren, ausser sie widersprechen einander. Denn im Uebrigen bestimmen sie ja eine Bedeutung, und sind nicht einer verantwortlich, so dass sie ihr widersprechen könnten. ((Dazu eine Bemerkung, dass die hinweisende Erklärung eine der Regeln ist, die von einem Wort gelten.))

   
     Eine Sprache ist, was sie ist, und eine andere Sprache ist nicht diese Sprache. Ich gebrauche also die Nummern des Musterkataloges anders, als die Wörter “rot”, “[B|b]lau”, etc..

 
  /  
    
  /  
     Wenn man fragt “warum gibst Du Eier in diesen Teig”, so ist die Antwort etwa “weil der Kuchen dann besser schmeckt”. Also, man hört // erfährt // eine Wirkung und sie wird als Grund gegeben.
     Wenn ich dem Holzblock eine bestimmte Form geben will, so ist der Hieb der richtige, der diese Form erzeugt. – Ich nenne aber nicht das Argument das richtige, das die erwünschten Folgen hat. Vielmehr nenne ich die Rechnung falsch, obwohl // auch wenn // die Handlungen, die dem Resultat entspringen, zum gewünschten Ende geführt haben. (ˇVergl den Witz “Ich mach den Haupttreffer, und er will mich belehren!” ⌊⌊ Ein Jude A erzählt einem andern dem B er habe in der Lotterie den Haupttreffer
gewonnen
gemacht
;
:
er habe auf der Straße eine Kiste liegen gesehen & darauf der seien die Zahlen 5 & 7. gestanden, [e|E]r habeˇ nun habe gerechnet;, 5 × 7 ist 64, – & habechˇ & die Nummer 64 gesetzt. Der [a|A]ndre B: Aberch 5 × 7 ist doch nicht 64! Der Erste A: Ich mach den Haupttreffer & er will mich belehren. ⌋⌋ Das zeigt, dass die Rechtfertigungen in den beiden Fällenˇ von verschiedener sind[,|.]ˇ Art ist. und also “Rechtfertigung” verschiedenes in beiden bedeutet. In einem Fall kann man sagen: “Wart' nur, Du wirst schon sehen, dass das Richtige (d.h. hier: Gewünschte) herauskommt”; im andern ist dies keine Rechtfertigung.

     Wenn man nun von der Wirklich Willkürlichkeit der grammatischen Regeln spricht, so kann das nur bedeuten, dass es die Rechtfertigung, die in der Grammatik als solcheˇr liegt, nicht für die Grammatik gibt. Und wenn man das Rechnen und // aber // nicht das Kochen dem Spiel vergleicht, ﹖– so ist es
aus eben
eben aus
diesem Grunde –﹖. Das ist aber auch der Grund, warum man das Kochen keinen Kalkül nennen würde. Wie ist es aber mit dem Aufräumen eines Zimmers, oder dem Ordnen eines Bücherschrankes, – oder dem Stricken eines bestimmten Musters? Diese Dinge kommen dem Spiel in irgendeiner Weise nä-
236
her. Ich glaube, der Grund, warum man das Kochen kein Spiel zu nennen versucht ist, ist der: es gibt natürlich auch für das Kochen Regeln, aber “Kochen” bezeichnet nicht wesentlich eine Tätigkeit nach diesen Regeln, sondern eine Tätigkeit, die ein bestimmtes Resultat hat. Es ist z.B. etwa eine Regel, dass man Eier 3 Minuten lang kocht, um weiche Eier zu erhalten; wird aber durch irgend welche Umstände das gleiche Ergebnis durch 5 Minuten langes Kochen erreicht, so sagt man nun nicht “das heisst dann nicht ‘weiche Eier kochen’”. Dagegen heisst “Schachspielen” nicht die Tätigkeit, die ein bestimmtes Ergebnis hat, sondern dieses Wort bedeutet eine Täti[v|g]keit, die nachch gewissen den & den ↘ ausgeführt wirdch entspricht. Die Regeln der Kochkunst hängen mit der Grammatik des Wortes “kochen” anders zusammen, als die Regeln des Schachspiels mit der Grammatik des Wortes “Schach spielen” und als die Regeln des Multiplizierens mit der Grammatik des Wortes “multiplizieren”.
  v ✓  
⌊⌊

In diesem Sinn würde man es eine willkürliche Regel nennen, die Ingredientien beim Kochen nach Pfund zu wägen, aber nicht Eier 3 Minuten lang kochen zu lassen.


     “Die Maßeinheit ist willkürlich” (wenn dies nicht heißen soll: “wähle in diesem Falle die Einheit ganz wie Du willst”) sagt nichts anderes, als daß die Angabe der Maßeinheit keine Längenangabe ist (obwohl sie so klingt). Und zu sagen, die Regeln der Grammatik sind willkürlich, sagt bloß: Verwechsle eine Regel nicht mit einem über den Gebrauch des Wortes A nicht mit einem Satz, in dem vom Wort A Gebrauch gemacht wird G Denke nicht daß die Regel in über”A” sei in ähnliche[m|r] Sinne Weise einer Realität verantwortlich ist, wie der Erfahrungssatz der “A” enthält. von A handelt.

⌋⌋
     Die Regeln der Grammatik sind so (d.h. in demselben Sinne) willkürlich, ˇ & in demselben Sinne nicht willkürlich wie die Wahl einer Masseinheit.
Man drückt dies auch so aus: diese Regeln seien ‘praktisch’ oder ‘unpraktisch’ ‘brauchbar’ oder ‘unbrauchbar’ aber nicht ‘wahr’ oder ‘falsch’
Aber das kann doch nur heissen, dass sie von der Länge des Zumessenden unabhängig ist. Und dass nicht die Wahl der einen Einheit ‘wahr’, der andern ‘falsch’ ist, wie die Angabe der Länge wahr oder falsch ist. Was natürlich nur eine Bemerkung über die Grammatik des Wortes “Längeneinheit” ist.
⌊⌊


     Die grammatischen Regeln sind zu vergleichen Regeln über das Messen Vorgehn beim Messen der von Zeiträumen
von
der Zeit,
von Entfernungenˇ Temperaturen, Kräften etc. etc. Oder auch: diese methodologischen Regeln sindˇ selbst Beispiele grammatischer Regeln.

Grammatische Regeln wird man mit Vorteil Übereinkommen vergleichen.


     Diese Regeln des Vorgehens sind willkürlich
kann nur heißen
heißt
: Wenn Dein Zweck nur der ist, so kannst Du ihn auf alle diese Weisen erreichen.

“Wenn Du mit diesem Zeichen die Negation ausdrücken willst, so mußt Du
von ihm
davon
die
die & die
Regeln gelten lassen.” – Was für
eine Art
ein
Satz ist das?
⌋⌋


     Man ist versucht, die Regeln der Grammatik durch Sätze zu rechtfertigen von der Art: “Aber es gibt doch wirklich 4 primäre Farben”; und gegen die Möglichkeit die[w|s]er Rechtfertigung, die nach dem Modell der Rechtfertigung eines Satzes durch (den) Hinweis auf seine Verifikation gebaut ist, richtet sich das Wort, dass die Regeln der Grammatik willkürlich sind.
     Kann man aber nicht doch in irgend einem Sinne sagen, dass die Grammatik der Farbwörter die Welt, wie sie tatsächlich ist, charakterisiert? Man möchte sagen: kann ich nicht wirklich vergebens nach einer fünften primären Farbe suchen? (Und wenn man suchen kann, denn ist ein Finden denkbar.) Nimmt man nicht die primären Farben zusammen, weil sie eine Aehnlichkeit
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haben, oder zum mindesten die Farben, im Gegensatz z.B. von // zu den // Formen oder Tönen, weil sie eine Aehnlichkeit haben? Oder habe ich, wenn ich diese Einteilung der Welt als die richtige hinstelle, schon eine vorgefasste Id[d|e]e als Paradigma der im Kopf? Von der ich dann etwa nur sagen kann: “ja, das ist die Weise // Art // , wie wir die Dinge betrachten”, oder “wir wollen eben ein solches Bild (von der Wirklichkeit) machen”. Wenn ich nämlich sage: “die primären Farben haben doch eine bestimmte Aehnlichkeit mitch einander” – woher nehme ich den Begriff dieser Aehnlichkeit? D.h.: habe ich hier eine Funktion “x ähnlich mit y”, in die ich die Farben als Argumente einsetzen kann? Ist nicht so, wie der Begriff “primäre Farbe” nichts andres ist, als “blau oder ro[r|t] oder grün oder gelb”, – auch der Begriff jener Aehnlichkeit nur durch die vier Farben gegeben? Ja, sind sie nicht die gleichen! – Ja, könnte man denn auch rot, grün und kreisförmig zusammenfassen?” – Warum nicht?!
     Die Wichtigkeit
eines Spiels
in einem Spiel
liegt darin, dass wir dieses Spiel spielen. Dass wir diese Handlungen ausführen. Es verliert seine Wichtigkeit nicht dadurch, dass es selbst nicht wieder eine Handlung in einem andern (übergeordneten) Spiel ist.
     Warum nenne ich die Regeln des Kochens nicht willkürlich; und warum bin ich versucht, die Regeln der Grammatik willkürlich zu nennen? Weil das Kochen durch seinen Zweck definiert ist, dagegen der die Regeln des Gebrauchs der Sprache das Sprechen nicht. Darum ist der Gebrauch der Sprache in einem gewissen Sinne autonom, in dem das Kochen und Waschen es nicht ist. Denn, wer sich beim Kochen nach andern als den richtigen Regeln richtet, kocht schlecht; aber wer sich nach andern Regeln als denen des Schach richtet, spielt ein ein anderes Spiel und wer sich nach andern grammatischen Regeln richtet, als den und den, spricht darum nichts Falsches, sondern von etwas Anderem.

   
     Könnte ich den Zweck der grammatischen Konventionen dadurch beschreiben,
238
dass ich sagte, ich müsste sie machen, weil etwa die Farben gewisse Eigenschaften haben, so wären damit diese Konventionen überflüssig, denn dann könnte ich eben das sagen, was die Konvention gerade ausschliessen. Umgekehrt, wenn die Konventionen nötig waren, also gewisse Kombinationen der Wörter als unsinnig ausgeschlossen werden mussten, dann kann ich eben darum nicht eine Eigenschaft der Farben angeben, die die Konventionen nötig machte, denn dann wäre es denkbar, dass die Farben diese Eigenschaft nicht hätten und das könnte nur entgegen den Konventionen ausgedrückt werden.

 
   
⌊⌊      Angenommen man wollte eine Grammatische Konvention damit rechtfertigen, daß – z.B. – die Farben die & die Eigenschaften haben & daher gewisse Regeln für den Gebrauch der Farbwörter gelten // gelten müßten // Dann wäre es nach dieser Grammatik auch denkbar, ˇnämlich sagbar, daß die Farben
jene
diese
Eigenschaften nicht hätten & es müßte sich nach ihr alles sagen lassen, was dann der Fall wäre., wenn ⌋⌋

 
  v  
⌊⌊      ‘Die grammatischen Regeln sind willkürlich’ heißt … ⌋⌋
 
    
     Ich ◇◇◇ nenne
Vorschriften
die Regel
der Darstellung keine Konvention, die sich durch Sätze rechtfertigen lässt, Sätze, welche das Dargestellte beschreiben und zeigen, dass die Darstellung adäquat ist. Die Konventionen der Grammatik lassen sich nicht durch eine Beschreibung des Dargestellten rechtfertigen. Jede solche Beschreibung setzt schon die Regeln der Grammatik voraus. D.h., was in der zu rechtfertigenden Grammatik als Unsinn gilt, kann ◇◇◇ in der Grammatik der rechtfertigenden Sätze auch nicht als Sinn gelten, u.u.
ch

    
     Wer etwas dagegen hat, dass man sagt, die Regeln der Grammatik seien Spielregeln, hat in dem Sinne Recht, dass das, was das Spiel zum Spiel macht die Konkurrenz von Spielern, der Zweck der Unterhaltung und Erholung, in der Grammatik abwesend ist, etc.. Aber niemand wird leugnen, dass das Studium des Wesens der Spielregeln für das Studium der grammatischen Regeln nützlich sein muss, da
eine Analogie
(irgend) eine Aehnlichkeit
offenbar
zweifellos
besteht. Es ist überhaupt besser, ohne ein gefasstes Urteil oder Vorurteil über die Analogie zwischen Grammatik und Spiel, und nur getrieben von dem sicheren Instinkt, dass hier eine Verwandtschaft vorliegt, die Spielregeln zu betrachten. Und hier wieder soll man einfach berichten, was man sieht und nicht fürchten, dass man ei damit eine wichtige Anschauung untergräbt, oder auch, seine Zeit
239
mit etwas Ueberflüssigem verliert.
     Man sieht dann vor allem, wie der Begriff des Spiels und damit der Spielregel ein an den Rändern verschwimmender ist.
     Ferner sieht man etwa Folgendes, wenn man die Regeln z.B. des Schachspiels betrachtet: Es gibt hier Sätze, die die Züge der einzelnen Figuren beschreiben; allgemeiner ausgedrückt, Regeln über Spielhandlungen. Dann aber gibt es doch die Sätze, die die Grundstellung beschreiben und solche, die das Schachbrett beschreiben.

  v  
      Dieser Kalkülˇ die Zahlentheorie etwa zeigt nicht, welche ˇ wunderbare Eigenschaften Gott den Zahlen gegeben hat; sondern, welche Eigenschaften er uns & den Dingen gegeben hat, daß dieser Kalkül nützlich, interessant, &, mit unsern Schreibmaterialien,ˇ leicht ausführbar ist.
240




 
    
   
     Die Regel ist eine Anwendung der Satzform; sie grenzt sie geht nach verschiedenen Seiten in Befehl, Rat, Vorschlag, Erklärung eines Spiels, Erfahrungssatz u.a. über.

 
   
     Eine Regel verglichen mit einem Weg. Sagt ein Weg man solle auf ihm (& nicht auf dem Rasen) gehen? Sagt erˇ aus die Menschen gingen meistens so?

 
    
Was ist eine Regel? Ist sie
Regel und Erfahrungssatz. Ist eine Regel
ein Erfahrungssatz –
(z.B.)
etwa
über den Gebrauch der Sprache? Ist eine Regel des Schachspiels ein Satz darüber, wie die Menschen seit dem Ereignis der Erfindung des Schachspiels es gespielt haben; d.h. etwa mit so geformten Figuren gezogen haben? Denn, wenn davon die Rede ist, dass die Menschen das Schachspiel so gespielt haben, so muss das Schachspiel so definiert sein, dass es Sinn hat, davon auszusagen, es sei anders gespielt worden. Sonst nämlich gehören die Regeln zur Definition des Schachspiels. Dass jemand der Regel … gemäss spielt, das ist eine Erfahrungstatsache; oder: “A spielt der Regel … gemäss”, “die meisten Menschen spielen der Regel … gemäss”, “niemand spielt der Regel … gemäss” sind Erfahrungssätze. Die Regel ist kein Erfahrungssatz, sondern nur der Teil eines solchen Satzes.
     Ist eine Regel ein Befehl? oder eine Bitte? Ist eine Bitte & was ist eine Bitte? Schau wie der Satz wirklich im Verkehr gebraucht wird.
     Die Regel ist die Festsetzung der Masseinheit // Die Regel setzt die Masseinheit fest // , und der Erfahrungssatz sagt, wie la[h|n]g ein Gegenstand ist. (Und hier sieht man, wie logische Gleichnisse funktionieren, denn die Festsetzung der Masseinheit ist wirklich eine grammatische Re-
241
gel und die Angabe einer Länge in dieser Masseinheit ein Satz, der von der Regel Gebrauch macht.)

    
   
     Ferner muss sichˇ Ferner bezieht sich die Regel auf die ihre Anwendung in der Beschreibung (◇◇◇ der Wirklichkeit) beziehen. Denn, was hat es für einen Sinn von einem Stab zu sagen “das ist das Urmeter”, wenn sich diese Aussage nicht auf Messungen mit dem Metermass bezieht. Insofern könnten wir uns die Regel jedem Satz beigefügt denken.
     Die Regel ist eine Art vorgezeichneter Route; ein vorgezeichneter Weg.


 
  v   
   
     Wenn eine Regel ein Satz ist, dann wohl einer, der von den Wörtern der Sprache handelt. Aber was sagt so ein Satz von den Wörtern aus? Dass sie in dem und dem Zusammenhang gebraucht werden? Aber von wem und wann? Oder, dass jemand wünscht, dass sie so gebraucht werden? Und wer? – Vielmehr ist die Regel von allen
solchen
diesen
Aussagen ein Teil.


 
   
      Die Regel “links gehen!” oder einfach ein Pfeil. Wie, wenn ich mir in meinem Zimmer einen Pfeil an die Wand malte – wäre der auch der Ausdruck
242
eines Gesetzes, wie es der Pfeil auf einem Bahnhof wohl sein könnte? Um ihn zu einem Gesetz zu machen, gehört doch // wohl // noch der übrige Apparat, dessen ﹖– einer Teil der Pfeil nur ist –﹖.
     (Sraffa) Ein Ingenieur baut eine Brücke; er schlägt dazu in mehreren Handbüchern nach; in technischen Handbüchern und in juridischen. Aus dem einen erfährt er, dass die Brücke zusammenbrechen würde, wenn er diesen Teil schwächer machen würde als etc. etc.; aus den andern, dass er eingesperrt würde, wenn er sie so und so bauen wollte // würde // . – Stehn nun die beiden Bücher nicht auf gleicher Stufe? – Das kommt drauf an, was für eine Rolle sie in seinem Leben spielen. Das juridische Handbuch kann ja für ihn einfach ein Buch über die Naturgeschichte der ihn umgebenden Menschen sein. Vielleicht muss er auch ein Buch über das Leben der Biber nach schlagen, um zu erfahren, wie er die Brücke streichen muss, dass die Biber sie nicht annagen. – Gibt es aber nicht noch eine andere Weise, die Gesetze zu betrachten? Fühlen wir nicht sogar deutlich, dass wir sie nicht so betrachten? – Ist dies nicht die gleiche Frage, wie: – Ist ein Vertrag nur die Feststellung, dass es für die Parteien nützlich ist, so und so zu handeln? Fühlen wir uns nicht in manchen Fällen (wenn auch nicht in/allen) auf andre Weise “durch den Vertrag gebunden”? Kann man nun sagen: “Wer sich durch einen Vertrag oder ein Gesetz gebunden fühlt, stellt sich irrtümlicherweise das Gesetz als einen Menschen (oder Gott) vor, der ihn mit physischer Gewalt zwingt”? – Nein; denn, wenn er handelt, als ob ihn jemand zwänge, so ist doch seine Handlung jedenfalls Wirklichkeit und auch die Vorstellungsbilder, die er etwa dabei hat, sind nicht Irrtümer; und er braucht sich in nichts irren und kann doch handeln wie er handelt und sich auch vorstellen, was er sich etwa vorstellt.
Die Worte “der Vertrag bindet mich” sind zwar eine bildliche Darstellung und daher mit der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes “binden” ein falscher Satz: aber, richtig aufgefasst, sind sie wahr (oder können es sein) und unterscheiden einen Fall von dem,
243
in welchem der Vertrag mir bloss sagt, was zu tun mir nützlich ist. Und wenn man etwas gegen die Worte einwendet “der Vertrag (oder das Gesetz) bindet mich”, so kann man nichts sagen gegen die Worte: “ich fühle mich durch den Vertrag gebunden”.

 
    
      Die Regel – wie ich sie verstehe – ist wie ein Weg in einem Garten. Oder wie die vorgezeichneten Felder auf einem // dem // Schachbrett, oder die Linien einer Tabelle. Von diesen Linien etc. wird man nicht sagen, dass sie uns etwas mitteilen (obwohl sie ein Teil einer Mitteilung sein können, ja auch selbst Mitteilungen). Ich lege in einer Abmachung mit jemandem eine Regel fest. In dieser Abmachung teile ich ihm etwa die Regel (einer künftigen Darstellung) mit. Ich sage ihm etwa: “der Plan, den ich Dir von meinem Haus zeichne, ist im Masstab 1:10”. Das ist eigentlich ein Teil der Beschreibung des Hauses. Und wenn ich schreibe non-p & (non-non-p = p) so ist das wirklich ähnlich, wie wenn ich dem Plan den Masstab beifüge.
      ⌊⌊ Kann man “non” nicht in der gegenwärtigen selben Bedeutung gebrauchen ob man nun definiert ~~p = p oder ~~p = ~p? Denn warum sollen wir nicht wie in vielen Wortsprachen eine doppelte Negation als Negation verwenden? Man könnte dann etwa unterscheiden zwischen ~(~p) = p & ~~p = ~p aber eine Schreibweise ~(~p) braucht es gar nichtˇ in unserer Sprache zu geben & die Schreibweise ~~p = ~p multipliziert zwar unnötig Zeichen der Negation aber mehr kann man ihr nicht zum Vorwurf machen. Wie ist mir aber dann die Bedeutung des Zeichens “nicht” der Verneinung // Verneinungszeichens // gegeben? Durch das Kopfschütteln, die abwehrende Bewegung? (Aber diese bestimmen keinen Kalkül.) Oder durch eine Reihe besonderer Erklärungen wie etwa der “der Fleck befindet sich nicht innerhalb dieser Figur heißt …”? ⌋⌋

     Ich könnte auch so sagen: Ich will nur das mitteilen, was der Satz der Sprache mitteilt; und die Regel ist nichts als ein Hilfsmittel dineser Mitteilung (so wie ich sie, die Regel, verstehe). Schon deshalb kann darf // kann // die Regel nicht selbst eine Mitteilung sein; denn sonst würde der Sinn des Satzes irgendwie zugleich den Sinn der Mitteilung über den Sprachgebrauch beinhalten.
     Wir müssen uns vergegenwärtigen, wie wir in der Philosophie, d.h. beim Klären grammatischer Fragen, wirklich von Regeln reden; – damit wir auf der Erde bleiben und nicht nebelhafte Konstruktionen machen // bauen // . Ich gebe z.B. Regeln wie: (Ex). fx: V :fa: V :fb = (Ex). fx oder non-non-p = p, oder ich sage, dass es sinnlos ist von einem “rötlichen Grün” zu reden, oder von “schwärzlichen Schwarz”, oder ich sage, dass “a = “a = a” sinnlos ist, oder beschreibe eine Notation die dieses Gebilde und “(Ex).x = x” vermeidet, oder sage, es habe keinen Sinn zu sagen, etwas
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“scheine rot zu scheinen”, oder es habe Sinn zu sagen, dass im Gesichtsraum eine krumme Linie aus geraden Stücken zusammengesetzt sei, oder es ◇◇◇ habe den gleichen Sinn, zu sagen “der Stein falle, weil er von der Erde angezogen werde” und “der Stein müsse fallen, weil er von der Erde etc.”.
     Ich biete dem Verwirrten eine Regel an und er nimmt sie an. Ich könnte auch sagen: ich biete ihm eine Notation an.
     Wie schaut nun so eine Notation aus? Nun, in/den meisten Fällen werde ich Sätze der alten Notation (etwa der Wortsprache) in die entsprechenden Sätze der neuen Schreibweise übersetzen; etwa indem ich schreibe:
alt:
(Ex,y). f(x,y) …
(Ex,y). f(x,y). & .x ≠ y …
neu:
(Ex,y). f(x,y) : V : (Ex). f(x,x)
(Ex,y). f(x,y)
etc..


  v  
     Die Regel entspricht aber in gewissem Sinne dem, was man eine “Annahme” genannt hat. Sie ist quasi ein Satzradikal (chemisch gesprochen). Und es ist charakteristisch für die Art unserer Untersuchung, dass wir uns nicht für die Sätze interessiereˇn, die mit diesem Radikal gebildet werden (können). Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Regel; nicht, dass ich sie jemandem anbiete, nicht, dass jemand sie benützt, etc.. Sie könnte, glaube ich, vergl[ei|ic]hen werden dem Plan eines Hauses, ich meine einer Zeichnung, die als Plan eines Hauses gebraucht werden kann, der aber kein existierendes Haus entspricht und von der auch nicht gesagt wird, dass ihr einmal eines entsprechen soll, etc..

 
    
     Die Beschreibung einer neuen, etwa übersichtlicheren, Notation (denn auf die Uebersichtlichkeit kommt es uns an) ist dann von der gleichen Art, wie die Beschreibung einer jener Sprachen, die die Kinder erfinden
245
oder von einander lernen, worin z.B. jeder Vokal der gewöhnlichen Sprache // Wörter // verdoppelt und zwischen die Teile der Verdoppelung ein b gestellt wird. Hier sind wir ganz nah an's Spiel herangekommen. So eine Beschreibung oder ein Regelverzeichnis kann man als Definiens des Namens der Sprache oder des Spiels auffassen. Denken wir auch an die Beschreibung des Zeichnens, Konstruierens, irgend einer Figur, etwa eines Sternes (welches auch in Spielen eine Rolle spielt). Sie lautet etwa so: “Man zieht eine Gerade von einem Punkt A nach einem Punkt B, etc. etc.”. Diese Beschreibung könnte ich offenbar auch // einfach // durch eine Vorlage, d.h. Zeichnung, ersetzen.
     Das, was hier irrezuführen scheint, ist ein Doppelsinn des Wortes “Beschreibung”, wenn man einmal von der Beschreibung eines wirklichen Hauses oder Baumes etc. spricht, ein andermal // einmal // von der Beschreibung einer Gestalt, Konstruktion, etc., einer Notation, eines Spiels. Worunter aber eben nicht ein Satz gemeint ist der sagt, dass ein solches Spiel irgendwo wirklich gespielt, oder eine solche Notation wirklich verwendet wird; vielmehr steht die Beschreibung statt der hier gebrauchten Wörter “ein solches Spiel” und “eine solche Notation”.
     Die Beschreibung einer Notation fängt (man) charakteristisch(erweise) oft mit den Worten an: “Wir können auch so schreiben: …”. Man könnte fragen: “was ist das für eine Mitteilung ‘wir können …’?? etc.. Man schreibt auch etwa: “übersichtlicher wird unsere Darstellung, wennw wir statt … schreiben: … ; und die Regeln geben …”; und hier stehen die Regeln in einem Satz.

    
     Denken wir uns etwa ein Bild, einen Boxer in bestimmter Kampfstellung darstellend. Dieses Bild kann nun dazu gebraucht werden um jemandem mitzuteilen, wie er stehen, sich halten soll; oder, wie er sich nicht halten soll; oder, wie ein bestimmter Mann dort und dort gestanden hat // ist // ;
246
etc. etc.. Man könnte dieses Bild ein Satzradikal nennen.

   
     ‘Regel’ ist in demselben Sinne ein Begriff mit verschwommenen Rändern, wie ‘Blatt’ oder ‘Stiel’ oder ‘Tisch’, etc..

 
   
     Wenn man eine Notation beschreibt, sagt man etwa: “ich will // werde // in diesem Buch statt ‘p oder q’ ‘p V q’ schreiben”, und das ist natürlich ein kompletter Satz. Das aber, was ich ‘Regel’ nennen will, und etwa “p oder q . = . p V q” geschrieben wird, ist keiner. – Was ich ‘Regel’ nenne, soll nichts von einer bestimmten (oder auch unbestimmten) Zeit oder einem Ort der Anwendung enthalten, sich auf keine bestimmten (oder unbestimmten) Personen beziehen; sondern nur Instrument der Darstellung sein.
     Wir sagen nun: “wir gebrauchen die Wörter ‘rot’ und ‘grün’ in solcher Weise, dass es als sinnlos gilt (kontradiktorisch ist) zu sagen, am selben Ort sei zu gleicher Zeit rot und grün”. Und dies ist natürlich ein Satz. Erfahrungssatz über unsere tatsächliche Sprache.


 
   
⌊⌊ Eine Regel, könnte man sagen, ist kein Befehl, sondernˇ quasi ein Vorschlag.
Man könnte sich die Regeln eines Spiels auch in der Form gegeben denken: “Willst Du nicht folgendes Spiel spielen: …”
⌋⌋

 
   
     Die Stellung der Spielregeln zu den Sätzen. Eine Regel verhält sich zu einem Erfahrungssatz ähnlich, wie die Zeichnung, die die charakteristischen Merkmale eines Wohnhausplanes hat, zu der Beschreibung, welche sich einer solchen Zeichnung bedient, und welche sagt, dass so ein Haus dort und dort existiere // stehe // .
     Der Respekt, den man vor den Regelnˇ[| (] z.B. denen des Schachspiels)etwa (z.B.) – hat, ich meine, daß man sie annimmt ohne sich über sie zu wundern sich nicht über sie …, // , – des Schach z.B. // daß hat, – daß man wir sie annehmen, uns nicht über sie wundern – entspringt // kommt // daher, ˇ hat, warum wir ihre Autorität – sozusagen – nicht in Frage ziehen, kommt daher, dass die Spiele, die diese von den … Regeln // ihnen // charakterisieren beschreiben werden, uns in vielerlei Bezei Beziehung Weise Hinsicht gemäss sind. Denken wir uns aber, ich erfände // beschriebe // ein Spiel, das ich es soll … heißen, ich will es etwa “Abracadabra” nenne nennen,
indem ich dafür die Regel gebe
und gebe dafür die Regel
: “Man lege einen Feldstein in eine viereckige Kiste, nagle die Kiste zu und werfe mit einem andern Stein nach ihr” – gewiss hat dieses Gebilde auch das Recht, eine Regel genannt zu werden.
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Man wird nur fragen: “was soll das alles? wozu sollen wir das machen?” Aber auf solche Fragen geben ja auch die Schachregeln keine Antwort. Aber in dem Fall
jener
der eben gegeben
Regel fällt das Wort “man lege … und werfe” auf, // fällt das Wort auf “man lege … und werfe”, // nämlich
der Imperativ
die imperative Form
; man möchte fragen: warum soll ich … legen etc., oder in welchem Fall? Was muss mein Zweck sein, damit ich das tun soll? Das heisst, der Imperativ scheint uns hier unsinnig. Aber er ist es ebensowenig, wie in einer gewöhnlichen Spielregel. Nur sieht man hier // in diesem Fall // klar, dass man es nicht mit einem
Befehl
kompletten Satz
zu tun hat. Höchstens mit der Definition von “Abracadabra; nämlich: “Abracadabra” spie spielen” heisst, einen Feldstein in eine Kiste legen, etc..


 
  v  
      Kaufe Dir in einer Spilwarenhandlung ein Spiel ◇◇◇ Du erhalst eine Schachtel darin die Implemente des Spiels & ein Regelverzeichnis. Was sind die Regelnˇ dieses Verzeichnisses für Sätze? Wird Dir vom Erzeuger des Spiels befohlen soˇ & so zu handeln?, [O|o]derˇ wird es Dir angeraten? Oder wird Dir mitgeteilt daß die & die Menschen, oder alle Menschen, so gehandel[t|n] haben? Nun, sieh doch ˇ nur nach wie das Regelverzeichnis gebraucht wird! Die meisten Leute die das Spiel kaufen lesen ⌊⌊die Regeln & spielen nach ihnen. –⌋⌋

 
   
⌊⌊ “Wenn der Satz von den Spielfiguren handelt so ist er also ein Erfahrungssatz!” – So ist also auch dies ein Erfahrungssatz: “Alle Wohlgerüche Arabiens …”?⌋⌋

 
   
⌊⌊ Dieser Satz kann die Rolle eines Erfahrungssatzes spielen & die Sätze des Regelverzeichnisses könnten die Rolle von Befehlen, von Ratschlägen oder von Erfahrungssätzen spielen, (sie) tun es aber nicht.
248
⌋⌋



 
    
   
     Was heisst es, zu wissen, was eine Pflanze ist?
     Was heisst es, es zu wissen und es nicht sagen zu können?
     “Du weisst es und kannst hellenisch reden, also musst Du es doch sagen können.”
     Müssigkeit einer Definition, etwa der, des Begriffs ‘Pflanze’. Aber ist die Definition kein Erfordernis der Exaktheit? “Der Boden war ganz mit Pflanzen bedeckt”; : damit meinen wir nicht Bacillen. Ja, wir denken dabei vielleicht an grüne Pflanzen einer bestimmten Grössenordnung. Wer uns sagen würde, wir wissen nicht, was wir reden, ehe wir keine Definition der Pflanze gegeben haben, würden wir mit Recht für verrückt halten. Ja, wir könnten auch mit einer solchen Definition uns in den gewöhnlichen Fällen nicht besser verständigen. Ja, es scheint sogar, in gewissem Sinne schle[f|c]hter, weil gerade das Undefinierte in diesem Fall zu unserer Sprache zu gehören scheint.

 
   
Denken wir Eine Richtige Erklärung könnte in so einem Falle durch ein gemaltes Bild gegeben werden
und den Worten
zusammen mit den Worten
“so ähnlich hat der Boden ausgesehen”.
Denken wir uns aber nun wir
wir wollten
es wollte jemand
die Erklarung exakt machen indem
wir sagen: “der Boden hat genau so ausgesehen”. Nun Also genau diese Gräser & Blätter in diesen Lagen waren dort? Das ist es offenbar nicht was ich meinte. Welche exakte Erklärung immer mir Einer gäbe, ich könnte keine anerkennen.
249


 
   
⌊⌊ Ist eine scharfe Photographie immer & für alle Zwecke immer besser als eine unscharfe verschwommene? Was, wenn
man
Einer
sagen würde: “eine unscharfes Bild ist eigentlich gar kein Bild”?!
⌋⌋

 
    
     Denken wir uns in dem Satz einer Erzählung “der Boden war ganz mit Gräsern und Kräutern bedeckt” die Wörter “Gräser” und “Kräuter” durch Definitionen ersetzt. Es ist klar, dass diese Definitionen lange und komplizierte Ausdrücke sein müssen // werden // ; und nun ist die Frage, ob wir denn wirklich mit dem Satz das gemeint haben, was jetzt in dem ungleich viel komplizierteren steht. Wir würden – glaube ich – sagen, dass wirn an alles das gar nicht gedacht hätten.

   
     Kann man nun aber auf eine solche Sprache die Idee des Kalküls anwenden? Und ist das nicht so, als wollte man in einem Bild, worin alle Farbflecken ineinander verlaufen, von Farbgrenzen reden? Oder liegt die Sache so: Denken wir uns ein Spiel, etwa das Tennis, in dessen Regeln nichts über die Höhe gesagt ist, die ein Ball im Flug nicht übersteigen darf. Und nun sagte Einer: Das Spiel ist ja gar nicht geregelt, denn, wenn Einer den Ball so hoch wirft, dass er nicht wieder auf die Erde zurückfällt, oder so weit, dass er um die Erde herumfliegt, so wissen wir nicht, ob dieser Ball als ‘out’ oder ‘in’ gelten soll. Man würde ihm – glaube ich – antworten, wenn ein solcher Fall einträte, so werde man Regeln für ihn geben, jetzt sei es nicht nötig.

 
   
     So können doch grammatische Regeln über den Gebrauch des Wortes “Pflanze” gegeben werden und wir können also auf Fragen von der Art “folgt aus diesem Sachverhalt, dass dort eine Pflanze steht” Bescheid geben. Auf andere solche Fragen aber sind wir nicht gerüstet und können antworten: Ein solcher Fall ist noch nie vorgekommen und es wäre für uns müssig, für ihn vorzusorgen. (Wenn es etwa gelänge, ein Lebewesen halb maschinell und halb auf organischem Weg zu erzeugen, und nun gefragt würde: ist das nun noch ein Tier (oder eine Pflanze).)

250
 
   
     Wenn etwa beim Preisschiessen für gewisse Grenzfälle keine Bestimmung getroffen wäre, ob dieser Schuss noch als Treffer ins Schwarze gelten soll (oder nicht). Nehmen wir nun aber an, ein solcher Schuss komme bei unserem Preisschiessen gar nicht vor; könnte man dann dennoch sagen, die ganze Preisverteilung gelte nichts, weil für diesen Fall nicht vorgesehen // vorgesorgt // war?

 
   
     Ich mache mich doch anheischig, das Regelverzeichnis unserer Sprache aufzustellen: Was soll ich nun in einem Fall, wie dem des Begriffes ‘Pflanze’, tun?
     Soll ich sagen, dass für diesen und diesen Fall keine Regel aufgestellt ist? Gewiss, wenn es sich so verhält. Soll ich aber solche sagen, es gibt kein Regelverzeichnis unserer Sprache und das ganze Unternehmen, eines aufzustellen, ist Unsinn? – Aber es ist ja klar, dass es nicht unsinnig ist, denn wir stellen ja mit Erfolg Regeln auf, und wir müssen uns nur enthalten, Dogmen aufzustellen.
(Was ist das Wesen eines Dogmas? Besteht es nicht darin, naturnotwendige Sätze über alle möglichen Regeln zu behaupten?) // Ist es nicht die Behauptung eines naturnotwendigen Satzes über alle möglichen Regeln? //

 
   
⌊⌊      Ich mache mich nicht anheischig ein Regelverzeichnis aufzustellen das alle unsere Sprachhandlungen regelt; sowenig ein Jurist es versucht für sämtliche Handlungen der Menschen Gesetze zu geben. ⌋⌋


 
   
⌊⌊ Was ist eine exakte Definition im Gegensatz zu einer unexakten? Nun etwa; eine Def. in der nicht das Wort “ungefähr”, “beiläufig” & ähnliche vorkommen. ⌋⌋

 
    
     “Ich weiss, was eine Pflanze ist, kann es aber nicht sagen”. Hat dieses Wissen die Multiplizität eines Satzes, der nur nicht ausgesprochen wurde? So dass, wenn der Satz ausgesprochen würde, ich ihn als den Ausdruck meines Wissens anerkennen würde? – Ist es nicht vielmehr waˇhr, dass jede exakte Definition als Ausdruck unseres Verstehens abgelehnt werden müsste? D.h., würden wir nicht von so einer sagen müssen, sie bestimme zwar einen, dem unseren verwandten, Begriff, aber nicht diesen selbst? Und die Verwandtschaft sei etwa die, zweier Bilder, deren eines aus unscharf begrenzten Farbflecken, das andere aus ähnlich geformten und verteilten, aber scharf
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begrenzten, bestünde. Die Verwandtschaft wäre dann ebenso unleugbar, wie die Verschiedenheit.
   
     Die Frage ist nun: kannst Du bei dem ersten Bild auch von Flecken reden? Gewiss, nur in einem anderen, aber verwandten, Sinn.

 
   
     Das heisst: die unscharfen Grenzen gehören zu meinem Begriff der Pflanze, so wie er jetzt ist, d.h. so, wie ich dieses Wort jetzt gebrauche, und es charakterisiert diesen Begriff, dass ich z.B. sage: ich habe darüber keine Bestimmung getroffen, ob dieses Ding eine Pflanze heissen soll oder nicht.

 
    
     Es verhält sich doch mit dem Begriff [/|]Pflanzex ‘Pflanze’ ähnlich, wie mit dem der Eiförmigkeit, wie wir sie im gewöhnlichen Leben meinen. Die Grenzen dieses Begriffs sind nicht schwarf bestimmt und wir würden z.B. ein Osterei von dieser Form nicht als solches gelten lassen und doch nicht sagen können, bei welchem Verhältnis der Länge und Breite etwas anfängt, ein Osterei zu sein. Ja, wenn Einer nun ein solches Verhältnis angäbe, was es auch sei, so könnten wir es nicht als die richtige Begrenzung unseres Begriffs anerkennen. Sondern wir müssten entweder sagen: nein, das nenne ich kein Osterei, es ist zu schlank, oder zu dick etc., oder: ja, das ist auch ein Osterei, aber der Grenzfall ist es nicht gerade. Diesen gibt es eben nicht in unserm Kalkül und wer einen Grenzfall einführt, führt einen andern Kalkül ein.

    
     Wenn man sagt “N. existiert nicht”, so kann das verschiedenerlei bedeuten. Es kann heissen, dass ein Mann, der, als er lebte, diesen Namen trug, nicht, oder nicht zun einer gewissen Zeit, in einem gewissen Land existiert hat; aber auch, dass spätere Geschichtsschreiber den Charakter, den wir so
252
(etwa “Moses”) nennen, erfunden haben, dass die und die Ereignisse nie stattgefunden haben und ihr Held also nie gelebt hat. D.h. also: kein Mensch hat Moses geheissen und diese Taten vollbracht; oder: das Ding, das Dir als Herr N vorgestellt wurde, war eine Puppe; etc.. Denken wir uns, es sagte uns Einer, er habe Moses auf der Strasse gesehen. Wir würden ihn dann fragen: “wie meinst Du das: Du hast ihn gesehen? Wie wusstest Du denn, dass er es war?” und nun könnte der Andre sagen: “er hat es mir gesagt”, oder “er sah so aus, wie ich mir Moses vorstelle”, oder “er hatte diese und diese Merkmale”, etc.. Ich will doch wohl das sagen, was Russell dadurch ausdrückt, dass der Name Moses durch verschiedene Beschreibungen definiert sein kann (“der Mann, welcher ‘Moses’ hiess und zu dieser Zeit an diesem Ort lebte”, oder “der Mann – wie immer er damals genannt wurde – welcher die Israeliten durch die Wüste führte”, oder “der Mann, der als kleines Kind von der Königstochter aus dem Nil gefischt wurde”, etc. etc.). Und je nachdem wir die eine oder andere Definition annehmen, bekommt ⌊⌊ “Moses hat nicht existiert”; – das kann heißen: Es hat nicht einen Menschen gegeben der alle die Taten die von Moses berichtet werden getan hat. Es hat keinen Mann mit Namen ‘Moses’ gegeben der die Israeliten
durch die Wüste
aus Ägypten
geführt hat. Es hat so einen Mann gegeben aber er hat nicht “Moses” geheißen.       Russell würde sagen daß wir den Namen Moses durch verschiedene Beschreibungen definieren können. [Beispiele] Jenachdem wir die eine oder andere Def annehmen erhält … ⌋⌋ der Satz “Moses hat existiert” einen andern Sinn und ebenso jeder andere Satz, der von Moses handelt. Man würde // könnte // auch immer, wenn uns jemand sagte “N existiert nicht” fragen: “was meinst Du? willst Du sagen, dass … , oder dass … etc.?” – Wenn ich nun sage: “N ist gestorben” so hat kann es mit “N” gewöhnlich etwa folgende Bewandtnis haben: Ich glaube, dass ein Mensch N gelebt hat: den ich 1.) dort und dort gesehen habe, der 2.) so und so ausschaut, 3.) das und das getan hat und 4.) in der bürgerlichen Welt den Namen “N” führt. Gefragt, was ich unter “N” verstehe, würde ich alle diese Dinge, oder einige von ihnen, und bei verschiedenen Gelegenheiten verschiedene, aufzählen. Meine Definition von “N” wäre also: der Mann, von dem alles das stimmt. Wenn aber nun einiges davon sich als falsch erwiese, – wäre der Satz “N” “N ist gest[r|o]rben” nun als falsch anzusehen? auch, wenn nur etwas vielleicht ganz Nebensächliches, was ich von dem Menschen glaubte, nicht stimmen würde; –
wo aber
und wo
fängt das
Nebensachliche
Hauptsächliche
an?
Das kommt nun darauf
253
hinaus, dass wir den Namen “N” in gewissem Sinne ohne feste Bedeutung gebrauchen, oder: dass wir bereit sind, die Spielregeln nach Bedarf zu verändern (make the rules as we go along). Das erinnert an das, was ich früher einmal über die Benützung der Begriffswörter, z.B. des Wortes “Blatt” oder “Pflanze”, geschrieben habe. – Und hier erinnere ich mich daran, dass Ramsey einmal betont hat, die Logik sei eine “normative Wissenschaft”. Wenn man damit meint, sie stelle ein Ideal auf, dem sich die Wirklichkeit nur nähere, so muss gesagt werden, dass dann dieses “Ideal” uns nur als ein Instrument der annähernden Beschreibung der Wirklichkeit interessiert.
⌊⌊ “Die Logik ist eine normative Wissenschaft” heißt eigentlich sollte doch wohl heißen sie stelle Ideale auf nach denen wir nachstreben sollen. Aber so ist es ja nicht. Die Logik stellt exakte Kalküle auf ⌋⌋
Es ist allerdings möglich, einen Kalkül genau zu beschreiben und zwar zu dem Zweck, um dadurch eine Gruppe anderer Kalküle beiläufig zu charakterisieren. Wollte z.B. jemand wissen, was ein Brettspiel ist, so könnte ich ihm zur Erklärung das Damespiel genau beschreiben und dann sagen: siehst Du, so ungefähr funktioniert jedes Brettspiel. – War es nun nicht ein Fehler von mir (denn so scheint es mir jetzt) anzunehmen, dass der, der die Sprache gebraucht, immer ein bestimmtes Spiel spiele? Denn, war das nicht der Sinn meiner Bemerkung, dass alles an einem Satz – wie beiläufig immer er ausgedrückt sein mag – ‘in Ordnung ist’? Aber wollte ich nicht sagen: alles müsse in Ordnung sein, wenn Einer einen Satz sage und ihn anwende? Aber daran ist doch weder etwas in Ordnung noch in Unordnung, – in Ordnung wäre es, wenn man sagen könnte: auch dieser Mann spielt ein Spiel nach einem bestimmten, festen Regelverzeichnis. Und setzt das nicht wieder voraus, dass dieses

   
     Denn ich habe zur Feststellung der Regel, nach der er handelt, zwei Wege angeben. Der eine, der hypothetische, bestand in der Beobachtung seiner Handlungen und die Regel war dann von der Art eines naturwissenschaftlichen Satzes. Der andere war, ihn zu fragen, nach w[w|e]lcher Regel er vorgehe. Wie
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aber, wenn der erste Weg ﹖– kein klares Resultat er[i|g]ibt –﹖ und die Frage keine Regel zu Tage fördert, wie es im Fall “N ist gestorben” geschieht. Denn, wenn wir den, der das sagte, fragen “was ist N?” so wird er zwar ‘N’ durch eine Beschreibung erklären, wird aber bereit sein, diese Beschreibung zu widerrufen und abzuändern, wenn wir ihm den einen oder andern Satz widerlegen // entziehen // . Wie soll ich also die Regel bestimmen // auffassen // , nach der er spielt? er weiss sie selbst nicht. Ich könnte eine Regel nur nach dem bestimmen, was er auf die Frage “wer ist N” in diesem Fall gerade antwortet.

 
   
⌊⌊ Unsre Untersuchung trachte nicht die
exacte
eigentliche
Bedeutung der Wörter zu finden; so wohl aber geben wir den Wörtern im Verlauf unsrer Untersuchung oft exacte Bedeutungen.
⌋⌋

 
    
     Steckt uns da nicht die Analogie der Sprache mit dem Spiel ein Licht auf? Wir können uns doch sehr wohl denken, dass sich Menschen auf einer Wiese damit unterhielten, mit einem Ball zu spielen; und zwar so, dass sie verschiedene bestehende Spiele der Reihe nach anfingen, nicht zu Ende spielten und etwa daz[i|w]ischen sogar planlos den Ball würfen, auffingen, fallen liessen etc.. Nun sagte Einer: die ganze Zeit hindurch spielen die Leute ein Ballspiel und richten sich daher bei jedem Wurf nach gewissen // bestimmten // Regeln. – Aber – wird man einwenden – der den Satz “N ist gestorben” gesagt hat, hat doch nicht planlos Worte aneinander gereiht (und darin besteht es ja, dass er ‘etwas mit seinen Worten gemeint hat’). – Aber man kann wohl sagen: er sagt den Satz planlos, was sich eben in der beschriebenen Unsicherheit zeigt. Freilich ist der Satz von irgendwo hergenommen und wenn man will, so spielt er nun auch ein Spiel mit sehr primitiven Regeln; denn es bleibt ja wahr, dass ich auf die Frage “wer ist N” eine Antwort bekam, oder eine Reihe von Antworten, die nicht gänzlich regellos waren. – Wir können sagen: Untersuchen wir die Sprache auf ihre Regeln hin. Hat sie dort und da keine Regeln, so ist das das Resultat unsrer Untersuchung.

¥
⋎ S. 250✓
255
   
     Wenn aber der Träger dem Namen abhanden kommen, oder nie existiert haben kann, som musste man beim Gebrauch des Namens von vornherein damit rechnen. Das musste in seiner Bedeutung liegen. ((Es sei denn, dass wir diese Bedeutung geändert haben, oder, dass das Wort keine bestimmte Bedeutung hatte; denn welches ist die Bedeutung, wenn er sie nicht angeben kann? Nun, wir werden sein tatsächliches Verhalten durch ein “Schwanken zwischen mehreren Bedeutungen” beschreiben können. Es ist wohl wesentlich, dass ich ihn fragen kann: was hast Du eigentlich gemeint. Und als Antwort wird er mir vieles sagen, und sich
vielleicht
etwa
an mich wenden, dass ich ihm das Regelverzeichnis einrichte, das seinem Zweck entspricht. Es wird sich dann in unserem Gespräch oft die Redeweise finden “Du wolltest also eigentlich sagen …” (und diese kann wieder ganz missverstanden werden – sie ist keine Beschreibung des damaligen Geisteszustands des Sprechenden; als ob das “was er sagen wollte” irgendwo in seinem Geist ausgedrückt gewesen wäre).ˇ Absatz ⌊⌊
     [Siehe Notizbuch: was geschieht, wenn man sagt ich kann nicht gut ausdrücken was ich denke]
⌋⌋
Hier
Aber hier
ist eine Gefahr: Es scheint nämlich dann
oft
(leicht)
als
erreichten wir endlich etwas,
?
was wir mit unserer gewöhnlichen Sprache gar nicht mehr ausdrücken können. Das ist aber das sicherste Zeichen (dafür), dass wir fehl gegangen sind; aus unserm Spiel herausgetreten sind. – Was versteht man unter “allen Regeln des Tennisspiels”? Alle Regeln, die in einem bestimmten Buche stehen, oder alle die der Spieler im Kopf hat, oder alle die je ausgesprochen wurden, oder gar: alle die sich angeben lassen?! – Daher wollen wir lieber nicht so vague von ‘allen Regeln’ reden, sondern nur von bestimmten Regeln, oder allen Regeln eines Verzeichnisses, etc.. Und das gleiche gilt von den Regeln über die Verwendung eines Wortes. Wenn Einer mich, z.B., etwas fragt, so will ich, wenn ich ihm antworte, wissen, ob diese Antwort in seinem Spiel als Antwort auf seine Frage gilt; ob in seinem Spiel dieser Satz aus jenem folgt // aus dem, was er gesagt hat, folgt // .
     Für uns ist es genügend, dass es eine Frage gibt: “wie meinst Du das?”
256
und dass als Antwort auf diese Frage das zuerst gegebene Zeichen durch ein neues ersetzt wird. – Der Einwand dagegen ist, dass mir eine Erklärung ja nichtsˇ zum Verständnis hilft, wenn sie nicht die letzte ist, und dass sie
nie
nicht
die letzte ist. Ich kann zwar erklären: unter ‘Moses’ verstehe ich den Mann, wenn es einen solchen gegeben hat, der die Israeliten aus Aegypten geführt hat, wie immer er damals genannt worden sein mag und was immer er sonst getan oder nicht getan haben mag –, aber ähnliche Fragen ergeben sich nun in Bezug auf die Wörter dieses Satzes // dieser Erklärung // (was nennst Du “Aegypten”? wen, “die Israeliten”? etc.). Ja, diese Fragen kommen auch nicht zu einem Ende, wenn wir etwa bei Worten // Wörtern // wie ‘rot’, ‘dunkel’, ‘süss’, angelangt wären. Unrichtig war es nur, zu sagen, fsdd mit dass mir deshalb eine dieser Erklärungen nichts hilft. Im Gegenteil, sie ist es gerade, was ich brauche, ja alles, was ich brauchen, und auch geben kann. Als ich nach einer Erklärung fragte, war es gerade das was ich brauchte Und wenn ich auf eine solche Erklärung hin sage “jetzt weiss // versteh' // ich, was Du meinst”, so kann man nicht einwenden, das können ich ja doch nie verstehen; sondern seine Erklärung hat mir eben das gegeben, was ich [v|V]erständnis nenne; sie hat die Schwierigkeit beseitigt, die ich hattech. Was uns quälte, ist, glaube ich, ganz in dem Pseudoproblem ausgedrückt: Das Schachspiel ist doch durch die Gesamtheit der Schachregeln konstituiert, – was macht dann das Rücken einer Figur im Spiel zu einem Schachzug, da doch dabei in keiner Weise alle Regeln des Schachspiels beteiligt sind.)) ch

 
   
⌊⌊ Unsere Aufgabe ist es nicht eine Sprache zu konstruieren der sämtliche

Es ist nicht unsere Aufgabe unsere Spracheˇ wesentlich zu verbessern, exakter zu machen, oder etwa (gar) zu versuchen an ihre Stelle eine ‘ideal exakte’ zu setzen.
Wir haben
Ich habe
von einer solchen gar keinen Begriff. Damit meine ich nicht, daß wir für unsere Zwecke nicht auf
exa
preciseren
Ausdruck dringen.
      Wer die eine Verkehrsregelung an Stellen starken Verkehrs verbessern oder strenger gestalten will ⌋⌋

 
   
⌊⌊      Die Verkehrsregelung in den Straßen erlaubt & verbietet gewisse Handlungen Verkehrshandlungen. Aber sie versucht nicht sämtliche
Bewegungen
Handlungen
der gehenden & fahrenden Fußgänger & Fahrzeuge durch
Vorschriften zu regeln
Regeln zu leiten
. Und es wäre unsinnig von einer idealen Verkehrsordnung zu reden die das täte wir wüßten nicht
wie wir uns dieses Ideal zu denken hätten
was wir unter diesem Ideal vorstellen sollten
. Wünscht einer die Verkehrsordnung in irgendwelchen Punkten strenger zu gestalten so bedeutet das nicht daß er sich so einem Ideal zu nähern wünscht.
⌋⌋

 
   
⌊⌊      Was wir Regeln nennen bilden wir nach Analogie von bestehenden Regeln.⌋⌋

 
   
⌊⌊      Wir wissen alle was es heißt daß der daß eine ˇ TaschenUhr auf die genaue Stunde zu stellen gestellt wird, oder gerichtet wird da[ß|mi]t sie genau geht. Wie aber wenn man fragte: ist diese Genauigkeit eine ideale Genauigkeit
oder
&
wie weit nähert sie sich ihr?
⌋⌋

 
   
⌊⌊ Wir können freilich von Zeitmessen reden bei denen es eine andere & im gewissen Sinne größere Genauigkeit gibt. Bei denen die Worte die Uhr auf die genaue Stunde stellen eine andere Bedeutung haben. Wo die Uhr ablesen ein anderer Prozess ist etc. Wenn ich nun jemandem sage Du solltest pünktlicher zum Mittagessen kommen Du weißt daß es genau um 2 h anfängt ist die Genauigkeit von der hier die Rede ist eine unvollkommene im Vergleich zu jener andern. Und gibt es ein Ideal der Genauigkeit. ⌋⌋

 
   
     Was bedeutet “undefinierbar”? Dieses Wort ist offenbar irreführend, denn es erweck[g|t] den Anschein, als könnten wir hier etwas versuchen, was sich dann als unausführbar erwiese. Als wäre also das Undefinierbare etwas, was sich nicht weiter definieren liesse, wie sich ein zu grosses Gewicht nicht heben lässt. Wir könnten sagen: “Wie denn ‘undefinierbar’?! Könnten wir
257
denn versuchen, es zu definieren?”

   
      Ist “rot” undefinierbar. Undefinierbar darunter stellt man sich etwas vor wie unanalysierbar, zwar so als wäre der betreffende Gegenstand unanalysierbar (wie ein chem. Element). Dann wäre die Logik aber doch eine Art sehr allgemeiner Naturwissenschaft. Aber die Unmöglichkeit der Analyse ist eine logische entspricht uns der von uns einer von uns festgesetzten
Form der Darstellung
Darstellungsform
.


    
     Nun könnte man freilich sagen: die Definition ist ja etwas Willkürliches, d.h., wie ich ein Wort definiere, so ist es definiert. Aber darauf kann geantwortet werden: Es kommt darauf an, es so zu definieren, wie wir das Wort meinen. Also so, dass wir zur Definition des Wortes “Tisch”, z.B., sagen: ja, das ist es, was ich mit dem Wort meine. – Ja hat Dich nun aber die Definition dahin gebracht, das mit dem Wort zu meinen oder willst Du sagen, dass Du das schon immer gemeint hast? Und wenn das Letztere, so hast Du also immer das gemeint, was die Definition sagt (im Gegensatz zu etwas Anderem, was sie auch sagen könnte). D.h.: die Definition ist auch eine Beschreibung dessen, was Du schon früher gemeint hast. Du warst also auch früher schon im Besitz einer Uebersetzung dieser Definition; sie hat sozusagen nur laut gesagt, was Du schon im Stillen wusstest. Sie hat also auch wesentlich nichts zergliedert. (Vergleiche: Begriff der 3 Teilung des Winkels vor & nach der Betrachtung die die Unmöglichkeit der 3 Teilung zeigt.)

   
⌊⌊ Gibt es ein komplettes Regelverzeichnis für die Verwendung eines Wortes?
Gibt es ein komplettes Regelverzeichnis für die Verwendung einer Figur im Schachspiel?
⌋⌋

 
   
     Denken wir uns Jemand, der die // alle // Formen in diesem Zimmer beschreibt, indem er sie mit ebenflächigen geometrischen Formen vergleicht. Gibt es in diesem Zimmer nur solche Formen? Nein. – Muss der, der die Formen unter dem Gesichtspunkt der ebenflächigen Körper beschreibt, behaupten, es gäbe nur solche Formen im Zimmer? Auch nicht. Kann man sagen, dass das einseitig ist, weil er alle Formen durchgängig nach diesem Schema auffasst? Und sollte es ihn in // an // dieser Auffassung irre machen, wenn er bemerkt, dass auch runde Körper vorhanden sind? Nein. Es wäre auch irreführend, den ebenflächigen Körper ein “Ideal” zu nennen, dem sich die Wirklichkeit nur mehr oder weniger nähert. Aber die Geometrie der ebenflächigen Körper könnte man mit Bezug auf diese Darstellungsweise // Darstellung // eine normative Wissenschaft nennen. (Eine, die das Darstellungsmittel darstellt; gleichsam eine, die die Messgläser eicht.)

 
   
⌊⌊ Man kann fragen: Wenn wir nicht nach eine einer idealen Exactheit streben anstrebenˇ im Gegensatz zu der alltäglichen, wozu arbeiten hantieren wir mit an der Grammatik unserer Sprache überhaupt herum. Und die Antwort ist: Unsere Aufgabe ist gewisse Beunruhigungen zu beseitigen und wir suchen nach dem erlösenden Wort wir suchen uns von philos. Beunruhigungen zu beseitigen befreien & das tun wir indem wir Unterscheidungen welche die Grammatik der gewöhnlichen Sprache verschleiert, hervorheben. Sozusagen Regeln die mit verblaßter Tinte geschrieben sind, stark nachziehen und anderes mehr. Dadurch kann es allerdings den Anschein haben als reformierten wir die Sprache. ⌋⌋
258
 
   
     Ich habe ein Bild mit verschwommenen Farben und komplizierten Uebergängen. Ich stelle ein einfaches mit klargeschiedenen Farben, aber mit dem ersten verwandtes, daneben. Ich sage nicht, dass das erste eigentlich das zweite andere sei; aber ich lade den Andern ein, das einfache anzusehen, und verspreche mir davon, dass gewisse Beunruhigungen für ihn verschwinden werden.



 
   
⌊⌊ Wer etwa … einführte könnte im Interesse der Chemie die Sprache verbessern …⌋⌋

 
   
⌊⌊ So eine Reform fürˇ gewisse praktische Zwecke ist wohl denkbar die Verbesserung unserer Terminologie zur Vermeidung von Mißverständnissen. (Wenn zwei Mitglieder einer Familie ‘Paul’ heißen, so ist es manchmal zweckmäßig den einen von ihnen bei einem andern Namen zu nennen.) Aber das sind nicht die Fälle mit denen wir es zu tun haben. Die Konfusionen
die uns beschäftigen
mit denen wir es zu tun haben
entstehen, gleichsam, wenn die Sprache [Ferien|feiert], nicht wenn sie arbeitet. (Man könnte sagen: wenn sie leer läuft.)
⌋⌋

 
   
     Behandle die deutlichen Fälle in der Philosophie, nicht die undeutlichen Diese werden sich lösen, wenn jene gelöst sind.
     Die Tendenz mit der Untersuchung eines Satzes da anzufangen, wo seine Anwendung ganz nebelhaft und unsicher ist (der Satz der Identität ist ein gutes Beispiel), anstatt diese Fälle vorläufig beiseitge zu lassen und den Satz dort anzugehen, wo wir mit gesundem Menschenverstand über ihn reden können, diese Tendenz ist für die aussichtslose Methode der meisten Menschen, die philosop[j|h]ieren, bezeichnend.


 
   
     Ich betrachte die Sprache und Grammatik unter dem Gesichtspunkt des Kalküls // unter der Form des Kalküls // als Kalkül // , d.h. des Operierens nach festgelegten Regeln. // d.h. als Vorgang nach festgesetzten Regeln. //

 
   
⌊⌊ Wir wollen nicht das Regelsystem in unerhörter Weise verfeinern oder
vervollständigen
komplettieren

     Wir wollen Verwirrungen & Beunruhigungen beseitigen die aus der Unübersichtlichkeit des Regelsystems herrühren. // die aus der Schwierigkeit herrühren, das Regel[s|S] zu übersehen.
⌋⌋

 
   
⌊⌊ Es ist als wäre dieses Regelsystem in einem Buch niedergelegt; wir zögen aber dieses Buch in praktischen Fällen beinahe nie zu Rate. Hie & da aber wären wir
versucht
verleitet
darin zu lesen. Dann aber verwirrt es uns gänzlich; denn vieles darin ist so vergilbt daß wir es kaum lesen können anderes steht klarch da, ist aber ohne die nötige Qualification falsch & irreführend.
⌋⌋

 
   
     Untersuchen wir die // unsere // Sprache auf ihre Regeln hin.

 
   
     Gibt es so etwas, wie eine komplette Grammatik, z.B., des Wortes ‘nicht’?



 
    
     Es ist von der grössten Bedeutung, dass wir uns zu einem Kalkül der Lo-
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gik immer ein Beispiel denken, auf welches der Kalkül wirklich angewandt wird, und nicht Beispiele, von denen wir sagen, sie seien eigentlich nicht die I idealen, diese aber hätten wir noch nicht. Das ist das Zeichen einer ganz falschen Auffassung. Kann ich den Kalkül überhaupt verwenden, dann ist das // dies // auch die ideale Verwendung und die Verwendung, um die es sich handelt. Man geniert sich nämlich einerseits, das Beispiels als das eigentliche anzuerkennen, weil man in ihm noch eine Komplikation erkennt, auf die der Kalkül sich nicht bezieht ⌊⌊… weil man in ihm eine Komplication sieht für die der Kalkül nicht aufkommt⌋⌋; anderseits ist es doch das Urbild . [a|A]ber es ist das Urbild … des Kalküls und er davon hergenommen, und auf eine geträumte Anwendung kann man nicht warten. Man muss sich also eingestehen, welches das eigentliche Urbild des Kalküls ist. & dies ist kein Fehler
, keine
oder
Unvollkommenheit des Kalküls. Der Fehler liegt darin seine Anwendung in nebelhafter Ferne zu versprechen.


    
     Das ist aber kein Eingeständnis – als habe man damit einen Fehler gemacht // begangen // , den Kalkül von daher genommen zu haben, sondern der Fehler liegt darin, ihn jetzt in nebelhafter Weise anzuwenden, oder eine Anwendung zu versprechen. // … oder eine Anwendung in nebuloser Ferne zu versprechen. //

    
     (So könnte Spengler besser verstanden werden, wenn er sagte: ich vergleiche verschiedene Kulturperioden dem Leben von Familien; innerhalb der Familie gibt es eine Familienähnlichkeit, während es auch zwischen den Mitgliedern verschiedener Familien eine Aehnlichkeit gibt; die Familienähnlichkeit unterscheidet sich von der andern Aehnlichkeit so und so etc.. Ich meine: das Vergleichsobjekt, der Gegenstand, von welchem diese Betrachtungsweise abgezogen ist, muss uns angegeben werden, damit nicht in die Diskussion immer Ungerechtigkeiten einfliessen. Denn da wird dann alles, was für das Urbild der Betrachtung
gilt
stimmt
, auch von dem Objekt, worauf wir die Betrachtung anwenden,
ausgesagt
behauptet
⌊⌊Denn nun wird alles was das vom Object der Betrachtung behauptet was für das Urbild stimmt⌋⌋: und behauptet “es müsse immer …” ⌊⌊ Schenkersche Betrachtungsweise der Musik ⌋⌋
     Das kommt nun daher, dass man den Merkmalen des Urbil[s|d]s einen Halt in
260
der Betrachtung geben will. Da man aber Urbild und Objekt vermischt, dem Objekt dogmatisch beilegen muss, was nur das Urbild charakterisieren muss // soll // . Anderseits glaubt man, die Betrachtung ermangle ja der // habe nicht die // Allgemeinheit, die man ihr geben will, wenn sie nur für den einen ˇ besondern Fall wirklich stimmt. Aber das Urbild soll ja eben als solches hingestellt werden; ˇ so dass es die ganze Betrachtung charakterisiert, ihre Form bestimmt. Es steht also an der Spitze und ist dadurch,ˇ ˇausgezeichnet aber nicht dadurch, dass alles, was nur von ihm gilt, von allen Objekten der Betrachtung ausgesagt wird.
[dieser
Absatz
Satz
vom Typisten falsch kopiert]


   
     
Der Syllogismus
Die Aristotelische Logik
ist ein
Kalkül, der
Spiel, das
sich auf Sätze anwenden lässt. ⌊⌊Der Sylogismus ist ein Kalkül der auf Sätze angewandt werden kann. (Wie das Einmaleins auf Pflaumen.)⌋⌋
[Gehört an eine andere Stelle]

 
   
⌊⌊ Der Syllogismus wartet nicht auf eineˇ zukünftige exacte Anwendung

ˇFragen wir uns Was ist die praktische Anwendung des Syllogismus. ⌋⌋

 
   
     Wie seltsam, wenn sich die Logik mit einer “idealen” Sprache befasste, und nicht mit unserer, denn woher sollten wir diese ideale Sprache nehmen? Und was sollte diese ideale Sprache ausdrücken? Doch wohl das, was wir jetzt in unserer gewöhnlichen Sprache ausdrücken; dann muss die Logik also diese untersuchen. Oder etwas anderes: aber wie soll ich dann überhaupt wissen, was das ist. – Die logische Analyse ist die Analyse von etwas, was wir haben, nicht von etwas, was wir nicht haben. Sie ist also die Analyse der Sätze wie sie sind. (Es wäre seltsam, wenn die menschliche Gesellschaft bis jetzt gesprochen hätte, ohne einen richtigen Satz zusammenzubringen.)

 
   
     Nicht das ist wahr, dass, was ich sage // wir sagen // , nur für eine “ideale Sprache” gilt (oder Geltung hätte); wohl aber kann man sagen, dass wir eine ideale Sprache konstruieren, in die aber dann alles übersetzbar ist, was in den anderen // in unidealen // Sprachen gesagt werden kann.

 
    
     Wenn Einer von einer idealen Sprache redet, so müsste man fragen: in
262
⌊⌊⌋⌋ welcher Beziehung ‘ideal’?

    
     (Es gibt keine Logik für den luftleeren Raum. Insofern es keine Hypothese in der Logik gibt.)
263




    
   
     Es gibt nicht zwei Wortarten, die ich grammatisch (ganz) gleich behandeln kann, die aber doch zwei Wortarten sind. Sondern die Regeln, die von ihnen handeln, machen die Wortarten aus: dieselben Regeln, dieselbe Wortart. Das hängt damit zusammen, dass, wenn sich ein Zei[f|c]hen ganz so benimmt wie ein anderes, die beiden dasselbe Zeichen sind.

 
   
     Verschiedenen/Arten von Schachfiguren wie Läufer, Rössel etc. entsprechen verschiedene Wortarten.

 
   
     Ich komme hier auf jene Methode der Zeichenerklärung, über die sich Frege som lustig gemacht hat. Man könnte nämlich die Wörter “Rössel”, “Läufer”, etc. dadurch erklären, dass man die Regeln angibt, die von diesen Figuren handeln.

 
   
      Genau dasselbe gilt in jeder Geometrie von den Ausdrücken “Punkt” und “Gerade” etc. Was ein Punkt ist und was eine Gerade, sieht man nur daran, welche Plätze das eine und das andere in dem System von Regeln einnimmt. Denken wir uns etwa ein System von Buchstaben von solcher Art, dass alle
264
erlaubten Zeichen Gruppen von 3 Buchstaben sind, und zwar derart, dass ein Buchstabe, der an einer Aussenstelle stehen darf, nicht in der Mittelstelle stehen darf und umgekehrt. Diese Regel würde zwischen zwei “Wortarten” unterscheiden und wir könnten das dadurch zum Ausdruck bringen, dass wir für die Aussenglieder grosse, für die Innenglieder kleine Buchstaben verwenden. – Andrerseits aber hat die Unterscheidung zweier Wortarten keinerlei Sinn, wenn sie nicht auf die obige Art syntaktisch unterschieden sind, d.h. wenn sie nicht auch ohne die verschiedene Art der Bezeichnung, bloss durch die von ihnen geltenden Regeln, als verschieden zu erkennen wären. (Zwei Rössel könnten einander in keiner Hinsicht ähnlich sehen und wären, wenn man die für sie geltenden Spielregeln kennt, doch als solche gekennzeichnet.) Damit hängt es unmittelbar zusammen, dass das Einführen neuer Gattungsnahmen in die Philosophie der Logik uns um kein Haar weiterbringt, solange nicht die syntaktischen Regeln gegeben sind, die den Unterschied machen.

 
   
     Das Wort “ein gewisser” und seine Grammatik. Ein Beispiel, wie man Worte häuft, um eine Bedeutung zu sichern, statt auf die Spielregeln zu achten. (Als wollte man dem Schachkönig ein wirkliches Gesicht anmalen, um ihm die richtige Wirkung zu sichern.)
265





 
    
    
      Was ist ein Sessel?
     Wie sieht der Sessel aus?
     Sind das etwa voneinander unabhängige Fragen?

     Die einzige Funktion des Satzes scheint es, auf dem Gedankenklavier zu spielen;
die Musik die er …
was er
darauf hervorruft, hervorbringt, das Gedankengebilde, das ist der Gegenstand unsrer Untersuchung.
Die
Seine
Anwendung,
die
seine
Tauschkraft des Satzes im Verkehr, mag uns
wohl
zwar
manchmal einen Wink geben, aber das ist nicht der Sinn des Satzes.


   
Untersuche seine Nützlichkeit!

 
   
⌊⌊ Die Frage “wie kann man das wissen” fragt (in einer Bedeutung) nach einem logischen Zusammenhang, wenn sie nach einer logischen Möglichkeit fragt. ⌋⌋

 
   
⌊⌊ Wie weiß man wenn es regnet. Wir sehen & fühlen etwa den Regen. Die Bedeutung des Wortes “Regen” wurde uns durch
solche
diese
Erfahrungen erklärt. “Was ist Regen” & “wie sieht Regen aus” sind logisch verwandte Fragen. Die Erfahrung habe ◇◇◇nun gelehrt daß ein gewisses Phänomen etwa das ein plötzliches Fallen des Barometers eintritt wenn es regnet. Denn kann ich nun aus dem Fällen des Barometers entnehmen daß es regnet. Ich nenne es ein Symptom dafür daß es regnet. Ob ein Phänomen ein Symptom des Regens ist lehrt die Erfahrung was ein als Kriterium dafür ist gilt das es regnet ist Sache der Abmachung (Definition). ⌋⌋

 
    
     Die Angabe // Beschreibung // der Verifikation eines Satzes ist ein Beitrag zu seiner Grammatik.

    
     Man kann nicht die Möglichkeit der Evidenz mit der Sprache überschreiten. ⌊⌊ D.h. eigentlich: die Möglichkeit der Evidenz für einen Satz ist eine Angelegenheit der Grammatik. ⌋⌋

    
     /Die Frage nach der Verifikation ist nur eine
besondere
andere
Form der Frage “wie meinst Du das?”./ “Was tut man mit diesem Satz?”.

   
     Wie sich die Sprache von der Beschreibung der Verifikation entfernt. wie sie abstrakt wird! Man muss wieder entdecken, dass man die Zeit mit der Uhr misst. – Und erkennt dabei nicht einmal, dass man eine grammatische Entdeckung gemacht hat.

 
   
      Wie ein Satz verifiziert wird, das sagt er. Vergleiche die Allgemeinheit in der Arithmetik mit der Allgemeinheit von nicht arithmetischen
266
Sätzen. Sie wird anders verifiziert und ist darum eine Andere. Die Verifikation ist
nicht ein blosses
nicht bloss ein
Anzeigˇchen der Wahrheit, sondern sie bestimmt den Sinn des Satzes. (Einstein: wie eine Grösse gemessen wird, das ist sie.)

 
   
⌊⌊ Man ist vielleicht geneigt zu
denken
glauben
:
es regnet
der Sessel steht da
oder nicht; wie ich das weiß ist eine andere Sache: Wie mich die Kunde davon erreicht hat. Aber fragen wir also so? Was nenne ich denn also eine Kunde daß ein Sessel dort steht? (Oder habe ichˇ auch von dieser Kunde nur Kunde?) Und was macht kennzeichnet denn diese Kunde zur als Kunde von etwas? Leitet uns da nicht unser sprachlicher Ausdruck irre? ⌋⌋ ⌊⌊Ist das eben nicht ein irreleitendes Bild: ⌋⌋ ⌊⌊“mein Auge gibt mir Kunde davon daß dort ein Sessel steht”? ⌋⌋

 
   
⌊⌊ “Der Sessel existiert unabhängig davon ob ihn jemand
wahrnimmt
sieht
” Ist das ein ein Erfahrungssatz oder ein Satz eine verschleierte Festsetzung der Grammatik? Sag Soll es sagen die Erfahrung habe gelehrt daß ein Sessel nicht verschwindet wenn man sich von ihm wegwendet?
⌋⌋

 
   
⌊⌊ Folgt nun daraus, daß ich einen Mann dorten sehe, daß einer sich dort befindet?⌋⌋

 
   
⌊⌊ Wir
müssen
können
hier nun stark schematisierte Fälle betrachten da die wirklichen zu mannigfach sind.
⌋⌋

 
   
⌊⌊ Ob unsere Sinne uns belügen, davon rede ich nicht, sondern nur davon, daß wir ihre Sprache verstehen.

⌋⌋
 
   
⌊⌊ Die Frage nach der Verification ist eine Frage nach der Methode. ⌋⌋

 
  ∫ ✓  
     Welches ist die ‘wirkliche Lage’ des Körpers, den ich unter Wasser sehe, was, die ‘wirkliche Farbe’ des Tisches. Welches nennst Du “die wirkliche Lage” Du selbst kannstˇ es entscheiden. Hier macht eben die Frage nach der Verifikation den Sinn der Worte // dieser Ausdrücke // klar.

 
   
     Eigentlich [j|h]at ja schon Russell durch seine “theory of descriptions” gezeigt, dass man sich nicht eine Kenntnis der Dinge von hinten herum erschleichen kann, und dass es nur scheinen kann, als wüssten wir von den Dingen mehr, als sie uns auf geradem Weg geoffenbart haben. Aber er hat durch die Idee der “indirect knowledge” wieder alles verschleiert.

 
  /  
     Es ist gut sich zu sagen: Aus derselben Quelle fließt nur Eines. [Gehört in einen größeren Zusammenhang wohl zur Mathematik]

 
   
     Welche Sätze aus ihm folgen und aus welchen Sätzen er folgt, das ma[h|c]ht seinen Sinn aus. Daher auch die Frage nach seiner Verifikation eine Frage nach seinem Sinn ist.

 
   
     
Betrachten wir den Satz:
Wende das auf einen Satz an, wie etwa
“es wird niemals Menschen mit 2 Köpfen geben”. Dieser Satz scheint irgendwie ins Unendliche, Unverifizierbare zu reichen und sein Sinn von jeder Verifikation unabhängig zu sein. Aber wenn wir seinen Sinn erforschen wollen, so meldet sich ganz richtig die Frage: Können wir die Wahrheit eines solchen Satzes je wissen, und wie können wir sie wissen; und welche Gründe können wir haben, was der Satz sagt anzunehmen oder abzulehnen? Nun wird man vielleicht sa-
267
gen: es ist ja nach dem Sinn gefragt worden; und nicht danach, ob und wie man ihn wissen kann. Aber die Antwort auf die Frage “wie kann man diesen Satz wissen?” ist nicht eine psychologische, sondern ˇ sie sagt,
mit welchen andern Sätzen er in bestimmtem Zusammenhang des Kalküls steht
aus welchem andern Satz er folgt
, gehört also zur Grammatik des erstern. ⌊⌊sondern sie stellt gibt macht erklärt einen den Zusammenhang des eines Kalküls mit andern Sätzen her.
sondern sie erklärt seinen Zusammenhang mit andern Sätzen des Kalküls // Zusammenhang im Kalkül mit andern Sätzen.
sondern sie stellt seinen Zusammenhang mit andern Sätzen des Kalküls her.
sondern sie lehrt Zusammenhänge im Kalkül.
⌋⌋ Und die Gründe, die möglich sind den Satz anzunehmen., sind nicht persönliche Angelegenheiten, sondern Teile des Kalküls, zu dem der Satz gehört. ˇ [Neue Zeile] Wenn ich frage: wie kann ich den Satz “jemand ist im Nebenzimmer” verifizieren, oder wie kann ich herausfinden, dass jemand im Nebenzimmer ist, so ist etwa eine Antwort: “indem ich ins Nebenzimmer gehe und
nachsehe
ihn sehe
”. Wenn nun gefragt wird “wie kann ich ins Nebenzimmer kommen, wenn die Türe versperrt ist”, so ist dieses “kann” ein anderes als das erste: Die erste Frage nach der Möglichkeit (der logischen) hatte eine Erklärung über den Satzkalkül zur Antwort, dass nämlich dieser Satz aus jenem folgt; die zweite Frage war eine nach der physikalischen Möglichkeit und hatte einen Erfahrungssatz zur Antwort: dass man, etwa, die Mauer nicht durchbrechen könne, weil sie zu stark sei, dagegen die Tür mit einem Sperrhaken öffnen könne. Beide Fragen nun sind in gewissem Sinn, aber nicht im gleichen, Fragen nach derˇ Möglichkeiten Verifikation. Und, indem man die erste Art mit der zweiten verwechselt, glaubt man, die Frage nach der Verifikation sei für den Sinn ohne Belang. Die Gründe für die Annahme eines Satzes sind nicht zu verwechseln mit den Ursachen der Annahme. Jene gehören zum Kalkül des Satzes.

 
   
⌊⌊      So kann ja auch der Satz der Komet … bewege sich in einer Parabel nicht verifiziert werden. Aber können wir ihn nicht verwenden? Denke darüber nach, was wir mit so einem Satz machen[?|.] Wie er unsere Beobachtungen leitet. ⌋⌋

 
   
     Die Ursachen, warum wir einen Satz glauben, wären bei der // für die // Frage, was es denn ist, was wir glauben, allerdings irrelevant, aber nicht so die Gründe, die ja mit dem Satz grammatisch verwandt sind und uns sagen, wer er ist.

 
   
⌊⌊ Wenn Du
erfahren
wissen
willst, was wie ein Mensch seinen Tag verbringt; frage nach seinem Beruf[?|.] Hat jeder Mensch einen Beruf? Ist es klar was alles ‘Beruf’ zu nennen ist?

268
⌋⌋
 
   
     Und der Sinn des Satzes ist ja nicht etwas, was wirˇ wie die Struktur der Materie erforschen undˇ was vielleicht zum Teil unerforschlich ist. So dass wir später erst noch einmal daraufkommen könnten, dass dieser Satz von andern Wesen als wir sind, auf eine andere Art gewusst werden kann. So dass er dieser Satz mit diesem Sinn bliebe, dieser Sinn aber [R|E]igenschaften hätte, die wir jetzt nicht ahnen. Der Satz, oder sein Sinn, ist nicht das pneumatische Wesen, was sein Eigenleben hat und nun Abenteuer besteht, von denen wir nichts zu wissen brauchen. Wir hätten ihm quasi Geist von unserm Geist eingehaucht – seinen Sinn – aber nun hat er sein Eigenleben – wie unser Kind – und wir können ihm ihn (nur) erforschen und mehr oder weniger verstehen. Mathematik

 
   
     Der Instinkt
leitet
führt
Einen richtig, der zur Frage führt: Wie kann man so etwas wissen; was für einen Grund können wir haben, das anzunehmen; aus welchen Erfahrungen würden wir so einen Satz ableiten; etc..

 
   
     Der Sinn ist keine Seele des Satzes. Er muss, soweit wir an ihm interessiert sind, sich gänzlich ausmessen lassen, sich ganz in Zeichen offenbaren // erschliessen // .

 
   
⌊⌊        Die Lagrangeschen Gleichungen, die Keplerschen Gesetze, ein Satz aus der Naturgeschichte, oder der Satz “dort geht Herr N.N”, ˇ sie haben alle verschiedene Art der Verwendung, wenn auch Verwandschaft zwischen ihnen besteht. Es sind eben alles Instrumente zu verschiedenartigenˇ (wenn auch bis zu einem gewissen Grade verwandten) Zwecken.
⌋⌋

 
   
⌊⌊ Und hier kann man ermessen welche unheilvolle Wirkung die Preokupation mit dem “Sinn” des Satzes, dem “Gedanken”, den er ausdrückt, gehabt hat. Denn so werden den Satz begleitenden Empfindungen & Bilder charakteristische Vorstellungen die mit sich mit dem Satz den Worten des Satzes verbunden sind verbinden für wichtig das
maßgebende
Wichtige
angesehen, auch dort, wo sie es garch nicht sindˇ & alles auf die Technik [seiner| einer] Verwendung ankommt. ‒ ‒ Und man kann sagen der Satz habe einen andern Sinn wenn er ein anderes Bild macht. Und wenn ich mir erlauben darf Freges ˇGrundGedanken in seiner Theorie vom Sinn & ˇ der Bedeutung der Sätze zu erraten so würde ich nun fortfahren: die Bedeutung des Satzes, im Sinne Freges, sei seine
Anwendung
Verwendung
.
⌋⌋
 
   
     Wenn man nun fragt: hat es Sinn zu sagen “es wird nie das und das geben? – Nun, welche Evidenz gibt es dafür; und was folgt daraus? – Denn, wenn es keine Evidenz dafür gibt – nicht, dass wir noch nicht im Stande waren sie zu krigen sondern, dass // wenn // keine im Kalkül vorgesehen wurde, – dann ist damit der Charakter dieses Satzes bestimmt. Wie das Wesen einer Zahlenart dadurch, dass kein Vergleich zwischen ihr und gewissen Rationalzahlen möglich ist.

 
   
     Uebrigens: Eine Zahl, die heute auf bewusste Weise mittels des Fermat'schen Satzes definiert ist, wird dadurch nicht geändert, dass der Beweis
18
269
dieses Satzes, oder des Gegenteils, gefunden wird. Denn der Kalkül dieser Zahl weiss von dieser Lösung des Problems nichts (und wird auch dann nichts von ihr wissen).

 
   





 
   
     “Ich werde nie einen Menschen mit 2 Köpfen sehen”; man glaubt durch diesen Satz irgendwie in die Unendlichkeit zu reichen. Quasi, zum mindesten eine Eisenbahn dorthin gelegt zu haben, wenn wir auch noch nicht die ganze Strecke bereist haben.
     Es liegt da die Idee zu Grunde, dass z.B. das Wort “nie” die Unendlichkeit bereits // schon // mitbringe, da das eben seine Bedeutung ist.
     Es kommt darauf an: Was kann ich mit so einem Satz tun anfangen fange ich mit
diesem
so einem
Satz an
: denn, auf die Frage “was
sagt
bedeutet
er?” kommt ja wieder ein Satz zur Antwort, und der führt mich solange nicht weiter, als ich aus der Erklärung nichts über die Züge erfahre, die ich mit den Figuren machen darf. (Als ich, sozusagen, nur immer wieder die gleiche
Spielstellung
Konfiguration
vor mir sehe und keine anderen, die ich aus ihr bilden kann.) So höre ich z.B., dass keine Erfahrung diesen Satz beweisen kann und das beruhigt mich über seine unendliche Bedeutung.

 
   
     Aus keiner Evidenz folgt, dass dieser Satz wahr ist. Ja, aber ich kann doch glauben, dass er wahr ist ˇwas er sagt // dchass das der Fall ist, was er sagt // ⌊⌊aber ich kann doch glauben daß es
so ist wie …
sich so verhält wie
er sagt
⌋⌋! Aber
welcher Art ist
was heisst das
: “glauben, dass
es sich so verhält
das der Fall ist
was er sagt”? Reicht etwa dieser Glaube ◇◇◇ in die Unendlichkeit; fliegt er der Verifikation voran? – Was heisst es, das diesen Satz glauben?: Diesen Satz Ihn mit bestimmten Gefühlen sagen?
sich so & so verhalten, so & so zu handeln
ist es ein bestimmtes Benehmen
? denn etwas andres kann es doch nicht sein. – Und dann interessiert es uns nur insofern, als es Das alles interessiert uns alles nur insofern es … ein Kalkulieren mit dem Satz ist. ⌊⌊ Alles das interessiert uns nur insofern Diese Vorgänge ˇUnd diese Handlungen interessieren uns nur, sofern sie zeigen was wir mit dem Satz anfangen wie wir ihn im Kalkül gebrauchen.⌋⌋

 
   
     Um den Sinn einer Frage zu verstehen, bedenken wir: Wie sieht denn die Antwort auf diese Frage aus.
270
aus.
     Auf die Frage “ist A mein Ahne” kann ich mir nur die Antwort denken “A findet sich in meiner Ahnengalerie” oder “A findet sich nicht in meiner Ahnengalerie” (wo ich unter Ahnengalerie die Gesamtheit aller Arten von Nachrichten über meine Vorfahren verstehe). Dann konnte aber auch die Frage nur dasselbe heissen wie: “Findet sich A in meiner Ahnengalerie”. (Eine Ahnengalerie hat ein Ende: das ist ein Satz der Syntax) Wenn mir ein Gott offenbarte, A sei mein Ahne, aber nicht, der wievielte, so könnte auch diese Offenbarung für mich nur den Sinn haben, ich werde A unter meinen Ahnen finden, wenn ich nur lang genug suche; da ich aber die Zahl N von Ahnen durchsuchen werde, so muss die Offenbarung bedeuten, A sei unter jenen N Ahnen.
271





 
    
    
    
⌊⌊Die Verwechslung von Grund & Ursache. ⌋⌋

¥ ⋎ S. 281/4


    
      Wenn ich, den Regeln folgend, statt “” “a” schreibe, so ist es, als wäre hier eine Kausalität im Spiel, die nicht hypothetisch, sondern unmittelbar erlebt, wäre. (Natürlich ist nichts dergleichen der Fall.) [Zu: Grund, Ursache, Motiv.]

   
⌊⌊      Der Gegenstand meines Ha[ß|ss]es ist nicht die Ursache meines Ha[ß|ss]es. ⌋⌋

 
   
     Wenn ich mich aber nun ärgere, weil jemand zur Türe hereinkommt, kann ich mich hier im Nexus irren, oder erlebe ich ihn wie den Aerger?
     In einem gewissen Sinne kann ich mich irren, denn ich kann mir sagen “Ich weiss nicht, warum mich sein Kommen heute so ärgert”. Das heisst, über die Ursache meines Aergers lässt sich streiten. – Anderseits nicht darüber, dass der Gedanke an sein Kommen – wie man sagt – unlustbetont ist.
     Wie aber in dem Fall: Ich sehe den Menschen und der Ha[ss|ß] gegen ihn steigt bei seinem Anblick in mir gegen ihn auf. – Könnte man fragen: wie weiss ich, dass ich ihn hasse, dass er die Ursache meines Hasses ist. Und wie weiss ich, dass sein Anblick diesen Hass neu erweckt? Auf die erste Frage: – ‘ich hasse ihn’ heisst nicht ‘ich hasse und er ist
273
die Ursache meines Hasses’. Sondern er, beziehungsweise sein Gesichtsbild – etc. – kommt in meinem Hass vor, ist ein Bestandteil meines Hasses. (Auch hier tut's die Vertretung nicht, denn was garantiert mir dafür, dass das Vertretene existiert.) Im zweiten Fall kommt eben unmittelbar die Erscheinung des Menschen in meinem Hass vor, oder, wenn nicht, dann ist seine Erscheinung wirklich nur die hypothetische Ursache meines Gefühls und ich kann mich darin irren, dass sie es ist, die das Gefühl hervorruft.

 
   
     “Ganz ebenso muss es sich auch mit dem Handeln nach einem Zeichenausdruck verhalten. Der Zeichenausdruck muss in diesem Vorgang involviert sein, während er nicht involviert ist, wenn er bloss die Ursache meines Handelns ist.”

 
   
     Wenn der Satz “ich hasse ihn” so aufgefasst wird: ich hasse und er ist die Ursache; dann ist die Frage möglich “bist Du sicher, dass Du ihn hasst, ist es nicht vielleicht ein Anderer oder etwas Anderes” und das ist offenbarer Unsinn.
274




 
    
   
     Denken wir uns den einfachen Fall, dass jemand eine Strecke absichtlich im Masstab 1:1 kopiert. Ist dann in dem Vorgang des Kopierens schon das Verständnis
der allgemeinen Regel
des Nachzeichnens irgendeiner Strecke im Masstab 1:1
enthalten? D.h. ist die Weise, in der mein Bleistift von der Strecke geführt wird, eben dieses allgemeine Gesetz? Mein Stift wurde von mir quasi ganz voraussetzungslos gehalten und nur von der Länge der Vorlage [f|g]eführt // beeinflusst // .
     Ich würde dann sagen: Wäre die Vorlage länger gewesen, so wäre ich mit meinem Bleistift noch weitergefahren und wenn kürzer, weniger weit. Aber war, gleichsam, der Geist, der sich hierin ausspricht, schon im Nachziehen des einen Strichs enthalten?

 
   
     Ich kann mir vornehmen: Ich gehe solange, bis ich ihn finde (ich will etwa jemand auf einer Strasse treffen). Und nun gehe ich die Strasse entlang und treffe ihn an einem bestimmten Punkt und bleibe stehen. War in
275
dem Vorgang des Gehens, oder irgend einem andern gleichzeitigen, die Befolgung der allgemeinen Regel, die ich mir vorgesetzt hatte, enthalten? Oder war der Vorgang nur in Uebereinstimmung mit dieser Regel, aber auch mit anderen entgegengesetzten Regeln?

 
   
Ich gebe jemandem den Befehl von A eine Linie parallel zu a zu ziehen. Er versucht (beabsichtigt) es zu tun, aber mit dem Er[o|f]olg, dass die Linie parallel zu b wird. War nun der Vorgang des Kopierens derselbe, als hätte er beabsichtigt, parallel zu b zu ziehen und seine Absicht ausgeführt? Ich glaube offenbar, nein. Er hat sich von der Linie a führen lassen.

 
   
     Wer liest, macht das, was er abliest abhängig von dem, was da steht. Aber die Abhängigkeit kann nur durch eine Regel ausgedrückt werden.

 
   
     Was hätte übrigens eine // die // allgemeine Regel überhaupt auszudrücken, wenn
nicht das
das nicht
?


 
   
     Die Frage ist nun: wenn ich (nun) auf diese Weise eine Vorlage nachgezeichnet habe, ist es dann möglich, den Vorgang des Nachzeichnens, wie er war, auch nach einer anderen allgemeinen Regel richtig zu beschreiben? Oder kann ich so eine Beschreibung zurückweisen // ablehnen // mit den Worten: “nein, ich habe mich wirklich nur von dieser (allgemeinen) Regel leiten lassen (und nicht von jener anderen, die
hier
in diesem Falle
allerdings auch dasselbe Resultat ergeben hätte)”.

 
   
     Wenn ich absichtlich eine gewisse Form nachzieh nachzeichne, so hat der Vorgang des Kopierens mit der Wirklichkeit an einer bestimmten Stelle diese Form gemein. Sie ist eine Fassette des Vorgangs des Kopierens. Eine
276
Fassette, die an dem kopierten Gegenstand anliegt und sich dort mit ihm deckt.

 
   
     Man könnte dann sagen: Wenn auch mein Bleistift die Vorlage nicht trifft, die Absicht trifft sie immer.

 
   
     Es ist nur die Absicht, die an das Modell heranreicht. Und das ist dadurch ausgedrückt, dass der Ausdruck der Absicht die Beschreibung des Modells und den Ausdruck der Projektionsregel enthält. Was ich tatsächlich spiele, ist gleichgültig; die Erfahrung wird es lehren und die Beschreibung des Gespielten muss nichts mit der Beschreibung des Notenbildes gemein haben. Wenn ich dagegen meine Absicht beschreiben will, so muss es heissen, dass ich dieses Notenbild auf die Weise in Tönen abzubilden beabsichtige. Und nur das kann der Ausdruck dafür sein, dass die Absicht an die Vorlage heranreicht und eine allgemeine Regel enthält.

 
   
     Wenn ich einen Apparat machte, der nach Noten spielen könnte, der also auf das Notenbild in der Weise reagierte, dass er die entsprechenden Tasten einer Klaviatur drückte, und wenn dieser Apparat bis jetzt immer klaglos funktioniert hätte, so wäre doch weder er, noch sein Funktionieren der Ausdruck einer allgemeinen Regel. Ferner, dieses Funktionieren ist, wie immer er funktioniert, an sich weder richtig noch falsch; d.h. weder der Notenvorlage entsprechend, noch ihr nichtentsprechend. Kein Mechanismus, welcher Art immer, kann eine solche Regel etablieren. Man kann nur sagen: der Mechanismus arbeitet bis jetzt dieser Regel gemäss (was natürlich heisst, dass er auch anderen Regeln gemäss arbeitet). Das Funktionieren des Apparates bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde gewisse Regeln zu // von // seiner Beschreibung ausschliessen, aber nie eine Regel eindeutig bestimmen.
277


 
   
     Wir können wohl eine Maschine zur Illustration der Koordination zweier Vorgänge, der Abbildung des einen in dem andern, verwenden, aber nur die Maschine wie sie funktionieren soll, also die Maschine in ganz bestimmter Weise als Ausdruck aufgefasst, also als Teil der Sprache.

 
   
     Nur in diesem Sinne bildet z.B. das Pianola die Loch-Schrift auf dem Streifen in die Tonfolge ab. Oder der Musterwebstuhl die Sprache der gelochten Karten in das Muster des gewebten Stoffes.

 
   
     ⌊⌊ In dem Ausdruck der Absicht muß ich die Vorlage beschreiben; in der Beschreibung des Abbildes nicht. (Und das ist der Kern des ganzen Problems, & seine Lösung.) ⌋⌋

 
   
     Das Wort “psychischer Vorgang”, “mental process”, ist an vieler Verwirrung schuld. Wenn wir sagen, der Gedanke, die Intention sind psychische Vorgänge, so stellen wir uns darunter etwas ähnliches oder analoges vor, wie unter dem Wort chemischer Vorgang, oder physiologischer Vorgang. – Und soweit das richtig ist, haben wir mit dem Gedanken und der Intention nichts zu tun.

 
   
Zu § 63
⌊⌊ Diese Bemerkung gehört nicht zu der, daß die Rechtfertigungen der Abbildung irgendwo aufhören etc. ⌋⌋
     “Wenn man kopiert, d.h. überhaupt abbildet, sich von einer Vorlage leiten lässt, so ist das Charakteristische daran, dass nur die Vorlage mir bewusst wird, dagegen nicht die Projektionsart ˇ (Nach Noten spielen). Ich bin mir bewusst, dass mich die Vorlage einmal so, einmal so lenkt, aber das Wie dieser Uebertragung nehme ich sozusagen hin; ich bemerke es weiter nicht. Und zwar, weil ich es nicht mit einem Anderen vergleiche. Ich befolge die Projektionsregel, aber ich drücke sie nicht aus und sie fällt sozusagen aus der Betrachtung heraus, weil sie mit nichts verglichen wird. Wenn ich sie beschreibe, so setzt das voraus, dass ich sie mit anderen Regeln vergleiche.” ⌊⌊ Was ist das Kriterium der Absicht? Kommt diese Frage in die Betrachtung dieser Seite hinein? ⌋⌋

 
   
Zu § 63

     “Ja, in gewissem Sinne ist alles, was beim Nachbilden der Vorlage ge-
278
schieht, dass diese Vorlage an uns vorüberzieht und wir sie besser oder weniger gut treffen. D.h. es ist das Ende der Kopiermaschine, das unserer Vorlage entlangläuft, was wir beobachten; die ganze übrige Maschine nehmen wir als gegeben hin. Wir merken sozusagen nur, was sich ändert, nicht, was gleichbleibt. Der Abbildungsweise haben wir durch eine Einstellung (die gleichbleibt) (ein für allemal) Rechnung getragen. – Und was wir spüren, ist nur das Modell.”

 
   
Zu § 63

     “Darum, wenn wir falsch nach Noten singen oder spielen – so verschieden diese Abbildung der Art nach von ihrem Vorbild ist – füh[r|l]len nennen wir es als einen Verstoss gegen das Modell die Vorlage das Vorbild.”
279





 
    
   
     Ich kann 5² mittels x² rechtfertigen, wenn ich dabei x² einem x³ oder einem anderen Zeichen des Systems entgegenstelle.

 
   
     Die Schwierigkeit ist offenbar, dass nicht zu rechtfertigen versuchen, was keine Rechtfertigung verträgt // zulässt // .

 
    
     Wenn man fragt: “warum schreibst Du 5²?” und ich antworte “es steht doch da, ich soll quadrieren”, so ist das eine Rechtfertigung – und eine volle –. ﹖– Eine Rechtfertigung verlangen, in dem Sinne, in dem dies keine ist, ist sinnlos. –﹖

   
     Ich hätte jemandem alle möglichen Erklärungen alle mögliche Erklärung dafür ge[f|g]eben, was der Befehl “quadriere diese Zahlen” heisst. (Und diese Erklärungen sind doch sämtlich Zeichen.) Er quadriere darauf, und nun frage ich ihn “warum tust Du das auf diese Erklärung hin?” Dann hätte es keinen Sinn mir zu antworten: “Du hast mir doch gesagt: (es folgt die Wiederholung der Erklärungen)”. Eine andre Art der Antwort
280
ist aber auf diese Frage auch nicht möglich und die Frage heisst eben nichts. Sie müsste sinnvoll lauten: “Warum tust Du das und nicht jenes auf diese Erklärungen hin (ich habe Dir doch gesagt …)”.

 
   
     Wenn man nun fragen würde: Wie lange vor der Anwendung der Regel muss die Disposition “x²” gedauert haben? Eine Sekunde, oder zwei? Diese Frage klingt natürlich, und mit Recht, wie eine Persiflage. Wir fühlen, dass es darauf gar nicht ankommen kann. Aber diese Art der Frage taucht immer wieder auf.

 
    
     Wenn man nach einer Regel einen Tatbestand abbildet, so ist dieser dabei die Vorlage. Ich brauche keine weitere Vorlage, die mir zeigt, wie die Abbildung vor sich zu gehen hat, wie also die erste Vorlage zu benützen ist, denn sonst brauchte ich auch eine Vorlage, um mir die Anwendung der zweiten zu zeigen, u.s.f. ad infinitum. D.h. eine weitere Vorlage nützt mich nichts, ich muss ja doch einmal ohne Vorlage handeln.

    
     Wenn ich ˇmich mit der Bewegung des Punktes P von A nach B nach dem Pfeil richte, so ist, was hier geschieht // so ist das // nur dadurch beschrieben, dass ich das System von Pfeilen beschreibe, dem dieser angehört. – Ich könnte nun wohl sagen: Ist das genug? muss ich nicht auch die Regel angeben, nach der die Uebersetzung geschieht, z.B. hier, dass ich mich parallel zum Pfeil bewegen soll? Aber diese Uebersetzungsregel kann // könnte // ich mir in Gestalt etwa des Zeichens “!!” (im Gegensatz etwa zu “!/” dem Pfeile zugesetzt denken; aber dann würde das Zeichen “!!” auf keiner andern Stufe stehen wie “” und ich könnte doch jetzt nur das System beschreiben, dem dieses Zeichen angehört, wenn ich nicht ad
281
infinitum, also erfolglos, weitere Zeichen zu den obigen setzen will.

   
⌊⌊ Jedes Abbilden,(Ableiten einer H (Handeln nach ( nicht bloß in Übereinstimmung mit)
einer Regel
gewissen Zeichen
) Ableiten einer Handlung aus einem Befehl, Rechtfertigen einer Handlung mit einem Befehl ist von der Art des schriftlichen Ableitens eines Resultats aus einer Angabe dem Hinweis auf eine Tabelle // auf die Stellung von Zeichen in einer Tabelle // .
⌋⌋

 
    
     Wir stossen hier immer auf die peinliche Frage, ob denn nicht das Anschreiben des ‘5²’ (z.B.) mehr oder weniger (oder ganz) automatisch erfolgt sein könne, und fühlen, dass das der Fall sein mag und dass es uns gar nichts angeht. ﹖– Dass wir hier auf ganz irrelevantem Boden sind, wo wir nicht hingehören. –﹖

    
     “Ich schreibe ‘5²’, weil hier ‘x²’ steht”. Was aber, wenn ich sagte: “Ich schreibe ‘+’, weil hier ‘A’ steht”? Man würde fragen: Schreibst Du denn überall ‘+’ wo ‘A’ steht? D.h., man würde nach einer allgemeinen Regel fragen. Und [w|d]as ‘weil’ im letzten Satz hätte sonst keinen Sinn.

    
     



5

25
Warum schreibst Du 25? – Weil dort ‘y²’ steht. – Ja, ist das das Signal für 25? – Nein, aber ich habe ‘25’ geschrieben, weil dort ‘y²’ steht. – Woher weisst Du denn, dass Du es deswegen geschrieben hast? Hier hätte man das “weil” als Einleitung einer Angabe der Ursache aufgefaßt statt des Grundes.

    
      Zu S. 272       Was heisst es aber: Ich geh' zur Tür, weil der Befehl gelautet hat “geh' zur Tür”?
     Und wie vergleicht sich dieser Satz mit: ich geh' zur Tür, obwohl der Befehl gelautet hat “geh' zur Tür”. Oder: Ich geh' zur Tür, aber nicht weil der Befehl lautete “geh' …”, sondern …. Oder: Ich geh' nicht zur Tür, weil der Befehl gelautet hat “geh' z.T.”.



    
     Das Phänomen der Rechtfertigung.

3
Ich rechtfertige das Resultat 3² durch x². So schaut jede Rechtfertigung aus.
282
   
     In gewissem Sinn bringt uns das nicht weiter. Aber es kann uns ja auch nicht weiter, d.h., zu einem Fundament // zu dem Metalogischen // , bringen.
283





 
    
    
     Kein psychischer Vorgang kann besser symbolisieren, als Zeichen, die auf dem Papier stehen.
     Der psychische Vorgang kann auch nicht mehr leisten, als die Schriftzeichen auf dem Papier.
     Denn immer wieder ist man in der Versuchung, einen symbolischen Vorgang durch einen besonderen psychischen Vorgang erklären zu wollen, als ob die Psyche in dieser Sache viel mehr tun könnte, als das Zeichen.

    
     Es missleitet uns da die falsche Analogie mit einem Mechanismus, der mit anderen Mitteln arbeitet, und daher besondere Bewegungen // eine besondere Bewegung // erklären kann. Wie wenn wir sagen: diese Bewegung kann nicht durch den Eingriff von Zahnrädern allein erklärt werden.
284
   
      Hierher gehört irgendwie: dass es nicht selbstverständlich ist, dass sich das Zeichen durch seine Erklärung ersetzen lässt. Sondern eine merkwürdige, wichtige Einsicht in das Wesen dieser (Art von) Erklärung. (Im Gegensatzˇ zu einer kausalen Erklärung.) ⌊⌊ Hierher gehört, daß es eine wichtige Einsicht in das Wesen der Zeichenerklärung ist, im Gegensatz zur Kausalerklärung ist, … die sie in Gegensatz bringt zur Kausalerklärung …, daß sich das Zeichen durch seine Erklärung ersetzen läßt. ⌋⌋

 
    
     Die Beschreibung des Psychischen müsste sich ja doch wieder als Symbol verwenden lassen.

    
     Das Behaviouristische an meiner Auffassung // an unserer Behandlung // besteht nur darin, dass ich // wir // keinen Unterschied zwischen ‘aussen’ und ‘innen’ machen mache. Weil mich die Psychologie nichts angeht.

    
     Kann man etwas in einem wesentlich anderen Sinne “offen lassen”, als man eine Klammer leer lässt?

    
     Es kann nie essentiell für uns ˇunsere Betrachtung sein, dass ein ˇ symbolisierendes Phänomen in der Seele sich abspielt und nicht auf dem Papier, für den Andern sichtbar.

    
     Man kann sagen, dass, ob ich lese, oder nur Laute hervorbringe, während ein Text vor meinen Augen ist, sich nicht durch die Beobachtung von aussen entscheiden lässt. Aber das Lesen kann nicht wesentlich eine innere Angelegenheit sein. Das Ableiten der Uebersetzung vom Zeichen, wenn es überhaupt ein Vorgang ist, muss auch ein sichtbarer Vorgang sein können. Man muss also z.B. auch den Vorgang dafür nehmen // ansehen // können, der sich auf dem Papier abspielt, wenn die Glieder der Reihe, 1,4,9,16 (als Uebersetzung von 1,2,3,4) durch die Gleichungen 1 × 1 = 1, 2 × 2 = 4, 3 × 3 = 9, etc. ausgerechnet erscheinen.
285
erscheinen.
1
×
1
1
2
×
2
4
3
×
3
9
4
×
4
16
Man könnte dann vom Standpunkt des Behaviourism sagen: Wenn ein Mensch das hinschreibt, dann hat er die untere Reihe durch Rechnung gewonnen, schreibt er aber bloss die untere Rechnung an, dann nicht.
     Schriebe er aber nun:
1
×
1
1
2
×
2
5
3
×
3
9
4
×
4
20
so würden wir sagen, er hat falsch gerechnet, weil 2 × 2 nicht 5 ist, etc..

   
     Man könnte natürlich ebensogut schreiben
x

1
1
2
4
3
9
4
16
und diese Darstellung ist ganz gleichwertig mit der ersten, oder überhaupt jeder andern, wenn eine Regel festgesetzt ist, die sie von einer anderen Darstellung unterscheidet.

 
    
     Das Gefühl, welches man bei jeder solchen Darstellung hat, dass sie roh (unbeholfen) ist, leitet irre, denn wir sind versucht, nach einer “besseren” Darstellung zu suchen. Die gibt es aber gar nicht. Eine ist so gut wie die andere, solange die Multiplizität die richtige ist; d.h., solange jedem Unterschied im Dargestellten ein Unterschied in der Darstellung entspricht.

    
     Und nun kann aber auch der Gedanke als psychischer Prozess nicht mehr tun, als dieses “rohe” Zeichen.

    
     Man kann nicht fragen: Welcher Art sind die gie geistigen Vorgänge, dass sie wahr und falsch sein können, was die aussergeistigen nicht können. Denn, wenn es die “geistigen” können, so müssen's auch die anderen
286
können; und umgekehrt.
     Denn, können es die seelischen // geistigen // Vorgänge, so muss es auch ihre Beschreibung können. Denn in ihrer Beschreibung muss es sich zeigen, wie es möglich ist.

    
     Wenn man sagt, der Gedanke sei eine seelische Tätigkeit, oder eine Tätigkeit des Geistes, so denkt man an den Geist als an ein trübes, gasförmiges Wesen, in dem manches geschehen kann, dass ausserhalb dieser Sphäre nicht geschehen kann. Und von dem man manches erwarten
muss
kann
, das sonst nicht möglich ist.
     Es handelt // Als handle // gleichsam die Lehre vom Gedanken vom organischen Teil, im Gegensatz zum anorganischen des Zeichens.
     Es ist // wäre // gleichsam der Gedanke der organische Teil des Symbols, das Zeichen der anorganische. Und jener organische Teil kann Dinge leisten, die der anorganische nicht könnte.
     Als geschähe hinter dem Ausdruck noch etwas Wesentliches, was sich nicht ausdrücken lässt // nicht durch den Ausdruck ersetzen lässt // – auf das // worauf // sich etwa nur hinweisen lässt – was in dieser Wolke (dem Geist) geschieht und den Gedanken erst zum Gedanken macht. Wir denken hier an einen Vorgang analog dem Vorgang der Verdauung und die Idee ist, dass im Inneren des Körpers andere chemische Veränderungen vor sich gehen, als wir sie aussen produzieren können, dass der organische Teil der Verdauung einen anderen Chemismus hat, als, was wir aussen mit den Nahrungsmitteln w vornehmen könnten.

    
     Das heisst, das Abbilden kann sich von einem andern Vorgang auch nur so unterscheiden, wie eben ein Vorgang vom andern und das heisst, dass dieser Unterschied nicht logische Bedeutung haben kann // kein metalogischer Vorgang ist // .

   
⌊⌊ Abbilden ist kein metalogischer Begriff.
287
     
⌋⌋
 
   
So wie ich früher einmal gesagt habe: Die Intention kann auch nur ein Phänomen wie jedes andere sein, wenn ich überhaupt von ihr reden darf.

 
    
     Das Wählen der Striche beim Abbilden einer Vorlage ist also allerdings ein anderer Vorgang, als etwa das blosse Zeichnen dieser Striche, wenn ich mich “nicht nach der Vorlage richte”, aber der Unterschied ist ein äusserer, beschreibbarer, wie der Unterschied zwischen den Zeichengruppen
2,
4
4,
16
6,
36
8,
64
und
x

2,
4
4,
16
6,
36
8,
64
und steht mit diesem Unterschied auf gleicher Stufe // auf einer Stufe // .

    
Und so steht es also auch mit dem Wählen der Worte, wenn ich etwas mit Worten beschreibe: dieser Vorgang unterscheidet sich von dem, des willkürlichen Zuordnens von Worten, aber eben nur (äusserlich), wie sich die beiden Zeichen im vorigen Satze unterscheiden.

    
     “Wenn man einen Hund gelehrt hätte, den Zeichenverbindungen von a,b,c,d zu folgen (wobei a = , b = , c = , d = ), so mag er das me[f|c]hanisch tun, aber, wenn ich nun wissen will, welches Zeichen ich ihm geben muss, um ihn einen bestimmten Linienzug laufen zu lassen, so muss ich das Zeichen von dem Linienzug nach der Regel ableiten.”
288




    
   
⌊⌊ Die Vorstellung von ihm ist ein ungemaltes Portrait. ⌋⌋

 
    
     “Das sol soll er sein” (dieses Bild stellt ihn vor) darin liegt das ganze Problem der Darstellung.

   
⌊⌊      Kann man sagen: “mein Erinnerungsbild stellt ihn vor”? oder: “ich habe ein Vorstellun Kann manˇ nicht statt “ich stelle mir ihn vor” sagen: ich habe ein Vorstellungsbild, welches ihn
darstellt
vorstellt
”?
⌋⌋

 
   
⌊⌊ Worin besteht es, daß ich mir ihn vorstelle? Daß mein Vorstellungsbild ihm ähnlich ist? Und wie wenn es einem andern Menschen zufälligerweise noch ähnlicher wäre, – stellte ich mir dann den andern vor?
     Nun, die Vorstellung als Bild
ist ihm nur
kann ihm nur ähnlich oder unähnlich sein
.
⌋⌋

 
    
     Wenn ich sage “der Sinn eines Satzes ist dadurch bestimmt, wie er zu verifizieren ist”, was muss ich dann von dem Sinn des Satzes sagen: dass dieser Satz die Uebersetzung // dieses Bild das Porträt // jenes Gegenstandes sein soll? Wie ist das denn zu verifizieren?

   
     Was heisst es: Ich kann mir vorstellen, dass der Fleck A sich an den Ort B bewegt? Die seltsame Täuschung, der man unterliegt, dass im Satze die Gegenstände das tun, was der Satz sagt, muss sich aufhellen.

 
   
     Es ist, als ob im Befehl bereits ein Schatten der Ausführung läge. Aber ein Schatten eben dieser Ausführung. Du gehst im Befehl
289
dort und dort hin. – Sonst wäre es aber eben ein anderer Befehl. ⌊⌊ Gewiß
die
diese
Identität ist die die der Differenz entspricht zweier verschiedener Befehle entspricht.
⌋⌋

 
   
[Zu § 21 S. 83]

     “Der Satz ist ein Bild”. Ein Bild wovon? Kann man sagen: “von der Tatsache, die ihn wahr macht, wenn er wahr ist und von der Tatsache, die ihn falsch macht, wenn er falsch ist. Im ersten Fall ist er ein korrektes Bild, im zweiten ein unkorrektes”? ((Wenn ich bei einem gemalten Bild frage: “wovon ist das ein Bild”; was ist die Art der Antwort?))
⌊⌊ Die Antwort kann offenbar verschiedener Art sein: Sie ist anders für ein Porträtˇ als Porträt & anders für ein Genrebild.
⌋⌋


 
   
[Zu § 21 S. 83]

     Wenn man mit Bild meint: die richtige, oder falsche Darstellung der Realität, dann muss man wissen, welcher Realität, oder; welches Teils der Realität. Ich kann dieses Zimmer richtig oder falsch darstellen, aber um heraus zu finden, ob richtig oder nicht, muss ich wissen, dass dieses Zimmer gemeint ist.


 
    
     Was hei[w|s]st es: Sich eine Vorstellung machen, die der Wirklichkeit nicht entspricht?

    
     Man vergleiche das Vorstellen mit dem Malen eines Bildes. Er malt also ein Bild des Menschen, wie dieser in Wirklichkeit nicht ist.
     Sehr einfach. Aber warum nennen wir es das Bild dieses Menschen? Denn, wenn es das nicht ist, ist es (ja) nicht falsch. – Wir nennen es so, weil er selbst es drübergeschrieben hat.
     Also hat er nichts weiter getan, als jenes Bild zu malen, und jenen Namen drüberzuschreiben. Und das tat er wohl auch in der Vorstellung.

    
     Es muss uns klar sein, dass der Zusammenhang unseres Gedankens mit Napoleon nur durch diesen selbst und durch kein Bild (Vorstellung, etc.) und sei es noch so ähnlich, gemacht werden kann. Anderseits aber ist Napoleon für uns in seiner S Abwesenheit nicht weniger enthalten, als
290
in seiner Anwesenheit.

    
     “Der Plan besteht darin, dass ich mich das und das tun sehe”. Aber wie weiss ich, dass ich es bin. – Nun, ich bin es ja nicht, was ich sehe, sondern etwa ein Bild. Warum aber nenne ich es mein Bild? Nicht etwa, weil es mir ähnlich sieht.
     “Woher weiss ich, dass ich es bin”: Das ist ein gutes Beispiel einer falsch angebrachten Frage. Die Frage hat nämlich Sinn, wenn es etwa heisst: Woher weiss ich, dass ich es bin, den ich da im Spiegel sehe. Und die Antwort gibt dann Merkmale, nach denen ich zu erkennen bin. –

    
     Die Frage “woher weiss ich, dass ich das bin” oder richtiger “… dass das mich vertritt” ist Unsinn, denn, dass es mich vertritt, ist meine (eigene) Bestimmung. Ja, ich könnte ebensogut fragen: “woher weiss ich, dass das Wort ‘ich’ mich vertritt”, denn meine Figur im Bild war nur ein anderes Wort ‘ich’.

    
     Wohl aber könnte man fragen “was ˇhat denn der Name ‘a’ mit diesem Menschen zu tun”. Und die Antwort wäre: Nun, das ist a // er heisst a // .

    
     “Diese Figur des Bildes bin ich” ist ein Uebereinkommen.

    
     Ja, aber worin kommen wir überein? Welche Beziehung zwischen Zeichen und mir stellen wir her? Nun, nur die, die etwa durch das Zeigen mit der Hand oder das Umhängen eines Täfelchens besteht. Denn diese Relation ist nur durch das System ◇◇◇ bedeutungsvoll, dem sie angehört.

    
     Wenn man sagt: Ich stelle mir die Sonne vor, wie sie über den Himmel zieht; so ist doch nicht die Vorstellung damit beschrieben, dass “die Son-
291
ne über den Himmel zieht”! Nun könnte ich einerseits fragen: ist nicht, was Du vor Dir siehst, eine gelbe Scheibe in Bewegung? aber doch nicht gerade die Sonne. – Andrerseits, wenn ich sage “ich stelle mir die Sonne in dieser Bewegung vor”, so ist das nicht dasselbe, wie wenn ich (etwa kinematographisch) ein solches Bild zu sehen bekäme.
     Ja, es hätte Sinn, von diesem Bild zu fragen: “stellt das die Sonne vor?”

    
     Das Porträt ist nur ein dem N ähnliches Bild (oder auch das nicht), es hat aber nichts in sich (wenn auch noch so ähnlich), was es zum Bildnis dieses Menschen, d.h. zum beabsichtigten Bildnis machen würde. (Ja, das Bild, was dem Einen täuschend ähnlich ist, kann in Wirklichkeit das schlechte Porträt eines Anderen sein.)

    
     Nun kann man doch fragen: “Wie zeigt sich denn das, dass er das Bild als Porträt des N meint?” – “Nun, indem er's sagt” – “Aber wie zeigt es sich denn, dass er das mit dem meint, was er sagt?” – “Gar nicht!” ((Worauf bezieht sich denn dieses “das”. Man kann fragen: Wie zeigt sich, dass er meint, was er sagt. Antwort z.B. an seinem Gesicht.))

    
     “
Ich dachte
Ich war der Meinung
, Napoleon sei 1805 gekrönt worden”. – “Warst Du die ganze Zeit ununterbrochen dieser Meinung?”

    
     “Was hat aber
Dein Gedanke
Deine Meinung
mit Napoleon zu tun? Welcher Zusammenhang // Welche Verbindung // besteht zwischen Deinerm Meinung Gedanken und Napoleon?
     Es kann, z.B., der sein, dass das Wort “Napoleon” in dem Ausdruck meiner Meinung vorkommt, plus dem Zusammenhang, den dieses Wort mit seinem Träger hat. Also etwa, dass er sich so unterschrieben hat, so angeredet wurde, etc. etc.
292

     “Aber mit dem Wort ‘Napoleon’ bezeichnest Du doch, während Du es aussprichst, eben diesen Menschen”. – “Wie geht denn, Deiner Meinung nach, dieser Akt des Bezeichnens vor sich? Momentan? oder braucht er Zeit?” – “Ja aber, wenn man Dich fragt ‘hast Du jetzt (eben) den Mann gemeint, der die Schlacht bei Austerlitz gewonnen hat?’ wirst Du doch sagen ‘ja’. Also hast Du diesen Mann gemeint, als Du den Satz, in dem sein Name vorkommt, aussprachst!” – Wohl, aber nur etwa in dem Sinne, in welchem ich damals auch wusste, dass 2 + 2 = 4 ist // sei // . Nämlich nicht so, als ob zu dieser Zeit ein besonderer Vorgang stattgefunden hätte, den wir dieses ‘Meinen’ nennen könnten; auch wenn vielleicht gewisse Bilder das Aussprechen begleitet haben, die für diese Meinung charakteristisch sind und bei andrer Bedeutung des Wortes ‘Napoleon’ vielleicht andre gewesen wären. Vielmehr ist die Antwort “ja, ich habe den Sieger von Austerlitz gemeint” ein weiterer Schritt im Kalkül. Täuschend ist an ihmr die vergangene Form, die eine Beschreibung dessen zu geben scheint, was “in mir” während des Aussprechens des Satzes vorgegangen war. In Wirklichkeit knüpft das Präteritum nur an den früher ausgesprochenen Satz an.

    
     “Aber ich habe ihn gemeint”. Sonderbarer Vorgang, dieses Meinen! Kann man ˇhier in Europa jemanden meinen, auch wenn er in Amerika und man in Europa ist? Und // Oder // gar, wenn er schon tot ist?

    
Meine ganzen Ueberlegungen gehen immer dahin, zu zeigen, dass es nichts nützt, sich das Denken als ein Haluzinieren vorzustellen. D.h., dass es überflüssig ist, die Schwierigkeit aber bestehen bleibt. Denn auch die Haluzination, kein Bild, kann die Kluft zwischen dem Bild und der Wirklichkeit überbrücken, und das eine nicht eher als das andere.

293





    
    
   
p & q = p heisst “q folgt aus p”.


 
   
     (Ex).fx V fa = (Ex).fx, (Ex).fx & fa = fa Wie weiss ich das? (denn das Obere habe ich sozusagen bewiesen). Man möchte etwa sagen: “ich verstehe ‘(Ex).fx’ eben”. (Ein herrliches Beispiel dessen, was ‘verstehen’ heisst.)
     Ich könnte aber ebensogut fragen “wie weiss ich, dass (Ex).fx aus fa folgt” und antworten: “weil ich ‘(Ex).fx’ verstehe”. Wie weiss ich aber wirklich, dass es folgt? – Weil ich so kalkuliere.

 
   
     Wie weiss ich, dass (Ex).fx aus fa folgt? Sehe ich quasi hinter das Zeichen “(Ex).fx”, und sehe den Sinn, der hinter ihm steht und daraus // aus ihm // , dass er aus fa folgt? ist das das Verstehen?
     Nein, jene Gleichung drückt einen Teil des Verstehens // Verständnisses // aus (das so ausgebreitet vor mir liegt).
295
liegt).
     Denke an die // Vergleich[d|e] die // Auffassung des Verstehens, das ursprünglich mit einem Schlag erfassbar // ein Erfassen mit einem Schlag // , erst so ausgebreitet werden kann.
     Wenn ich sage “ich weiss, dass (Ex).fx folgt, weil ich es verstehe”, so hiesse das, dass ich, es verstehend, etwas Anderes sehe, als das gegebene Zeichen, gleichsam eine Definition des Zeichens, aus der das Folgen hervorgeht.

 
   
     Wird nicht vielmehr die Abhängigkeit durch die Gleichung hergestellt und festgesetzt? Denn eine verborgene Abhängigkeit gibt es eben nicht.


 
   
(Ex).fx
W
W
F
F
fa
W
F
W
F

     Aber, meinte ich, muss also nicht (Ex).fx eine Wahrheitsfunktion von fa sein, damit das möglich ist? Damit diese Abhängigkeit möglich ist?

 
   
     Ja sagt denn eben (Ex).fx V fa = (Ex).fx nicht, dass fa schon in (Ex).fx enthalten ist? Zeigt es nicht die Abhängigkeit des fa vom (Ex).fx? Nein, ausser, wenn (Ex).fx als logische Summe definiert ist (mit einem Summanden fa). – Ist das der Fall, so ist (Ex).fx (nichts als) eine Abkürzung.

 
   
     Einen verborgenen Zusammenhang gibt es in der Logik nicht.

 
   
     Hinter die Regeln kann man nicht dringen, weil es kein Dahinter gibt.

 
   
     fE & fa = fa Kann man sagen: das ist nur möglich, wenn fE aus fa folgt; oder muss man sagen: das bestimmt, dass fE aus fa folgt? // folgen
296
soll. //

 
   
     Wenn das erste, so muss es vermöge der Struktur folgen, etwa indem fE durch eine Definition so bestimmt ist, dass es die entsprechende Struktur hat. Aber kann denn wirklich das folgen, gleichsam aus der sichtbaren Struktur der Zeichen hervorgehen, wie ein physikalisches Verhalten aus einer physikalischen Eigenschaft, und braucht etwa nicht vielmehr immer solche Bestimmungen, wie die Gleichung fE & fa = fa? Ist es etwa den p V q anzusehen, dass es aus p folgt, oder auch nur den Regeln, welche Russell für die Wahrheitsfunktionen gibt?

 
   
     Und warum sollte auch die Regel fE & fa = fa aus einer andern Regel hervorgehen und nicht die primäre Regel sein?

 
   
     Denn was soll es heissen “fE muss doch fa in irgendeiner Weise enthalten”? Es enthält es eben nicht, insofern wir mit fE arbeiten können, ohne fa zu erwähnen. Wohl, aber, insofern eben die Regel fE & fa = fa gilt.

 
   
     Die Meinung // Idee // ist nämlich, dass fE & fa = fa nur vermöge einer Definition von fE gelten kann.

 
   
     Und zwar – glaube ich – darum, weil es sonst den falschen Anschein hat, als würde nachträglich noch eine Bestimmung über fE getroffen, nachdem es schon in die Sprache eingeführt sei. Es wird aber tatsächlich keine Bestimmung einer künftigen Erfahrung überlassen.

 
   
     Und die Definition des fE aus ‘allen Einzelfällen’ ist ja ebenso unmöglich, wie die Aufzählung aller Regeln von der Form fE & fx = fx.
297

     Ja, die Einzelgleichungen fE & fx = fx sind eben gerade ein Ausdruck dieser Unmöglichkeit.

 
   
     Wenn man gefragt wird: ist es aber nun auch sicher, dass ein anderer Kalkül als dieser nicht gebraucht wird, so muss man sagen: Wenn das heisst “gebrauchen wir nicht in unserer tatsächlichen // wirklichen // Sprache noch andere Kalküle”, so kann ich nur antworten “ich weiss (jetzt) keine anderen (so, wie wenn jemand fragte “sind das alle Kalkülle der (gegenwärtigen) Mathematik”, ich sagen könnte “ich erinnere mich keiner anderen, aber ich kann etwa noch genauer nachlesen). Die Frage kann aber nicht heissen “kann kein anderer Kalkül gebraucht werden?” Denn wie sollte ich diese Frage beantworten? // Denn wie sollte die Antwort auf diese Frage gefunden werden? //
     Ein Kalkül ist ja da, indem man ihn beschreibt.

 
   
     Kann man sagen: ‘Kalkül’ ist kein mathematischer Begriff?

 
   
     Wenn ich sagte: “ob p aus q folgt, muss aus p und q allein zu ersehen sein // hervorgehen // ”; so müsste es heissen: dass p aus q folgt, ist eine Bestimmung, die den Sinn von p und q bestimmt; nicht etwas, das, von dem Sinn dieser beiden ausgesagt, wahr ist. Daher kann man (sehr) wohl die Schlussregeln ˇangeben, gibt damit aber Regeln für die Benützung der Schriftzeichen an, die deren Sinn erst bestimmen; was nichts andres heisst, als dass die[w|s]e Regeln willkürlich festzusetzen sind; d.h. nicht von der Wirklichkeit abzulesen, wie eine Beschreibung. Denn, wenn ich sage, die Regeln sind willkürlich, so meine ich, sie sind nicht von der Wirklichkeit determiert, determiniert, wie die Beschreibung dieser Wirklichkeit. Und das heisst: Es ist Unsinn, von ihnen zu sagen, sie stimmen mit der Wirklichkeit überein; die Regeln über die Worter “blau”, “rot”, etwa, stimm-
298
ten mit den Tatsachen, die diese Farben betreffen, überein, etc..

 
   
     Die Gleichung p & q = p zeigt eigentlich den Zusammenhang des Folgens und der Wahrheitsfunktionen.
299




 
    
   
     Bedenke, dass aus dem allgemeinen Satz eine logische Summe von, sagen wir, hundert Summanden folgen könnte, an die wir doch bestimmt nicht gedacht haben, als wir den allgemeinen Satz aussprachen. Können wir nicht dennoch sagen, dass sie aus ihm folgt?

 
   
     “Was aus einem Gedanken folgt, muss in ihm mitgedacht werden. Denn an einem Gedanken ist nichts, was wir nicht wissen, während wir ihn denken. Er ist keine Maschine, deren Untersuchung Ungeahntes zu Tage fördern kann, oder eine Maschine, die etwas leisten kann, was man ihr zuerst nicht ansieht. D.h. er wirkt eben logisch überhaupt nicht als Maschine. Als Gedanke liegt in ihm nicht mehr, als hineingelegt würde. Als Maschine, d.h. kausal, wäre ihm alles zuzutrauen; logisch ergibt er nur, was wir mit ihm gemeint haben.”
     Wenn ich sage, das Viereck ist ganz weiss, so denke ich nicht an zehn kleinere, in ihm enthaltene Rechtecke, die weiss sind; und an “alle” in ihm enthaltene Rechtecke oder Flecken, kann ich nicht denken. Ebenso denke ich im Satz “er ist im Zimmer” nicht an hundert mögliche Stellun-
300
gen, die er einnehmen kann, und gewiss nicht an alle.

 
   
     “Wo immer Du die Scheibe triffst, hast Du gewonnen. – Du hast sie rechts oben getroffen, also …”

 
   
     Auf den ersten Blick scheint es zwei Arten der Deduktion zu geben: in der einen ist in der Prämisse von dem // allem // die Rede, wovon die Konklusion handelt, in der andern nicht. Von der ersten Art ist der Schluss von p & q auf q. Von der anderen der Schluss: der ganze Stab ist weiss, also ist auch das mittlere Drittel weiss. In dieser Konklusion wird von Grenzen gesprochen, von denen im ersten Satz nicht die Rede war. (Das ist verdächtig.) Oder wenn ich sage: “wo immer in diesem Kreise Du die Scheibe triffst, wirdst Du den Preis gewinnen” und dann “Du hast sie hier getroffen, also …”, so war dieser Ort im ersten Satz nicht vorausgesehen. Die Scheibe mit dem Einschuss hat zu der Scheibe, wie ich sie früher gesehen habe, eine bestimmte interne Beziehung und darin besteht es, dass das Loch hier unter die vorausgesehene allgemeine Möglichkeit fällt. Aber es selbst war nicht vorausgesehen und ˇes kam in dem ersten Bild nicht vor. Oder musste doch nicht darin vorkommen. Denn selbst angenommen, ich hätte dabei an tausend bestimmte Möglichkeiten gedacht, so hätte es zum mindesten geschehen können, dass die ausgelassen wurde, die später eintraf. Und wäre das Voraussehen dieser Möglichkeit wesentlich gewesen, so hätte die Prämisse durch das Uebersehen dieser einen Möglichkeit den unrechten Sinn bekommen und die Konklusion würde nun nicht aus ihr folgen.
     Anderseits wird dem Satz “wohin immer Du in diesem Kreis triffst …” nichts hinzugefügt, wenn man sagt: “wohin immer Du in diesem Kreis triffst, und wenn Du insbesondere den schwarzen Punkt triffst …”. Aber, war der schwarze Punkt schon da, als man den ersten Satz aussprach,
301
so war er natürlich mitgemeint; war er aber nicht da, so hat sich durch ihn eben der Sinn des Satzes geändert.

 
   
     Was soll es aber dann heissen, zu sagen: wenn ein Satz aus dem andern folgt, so muss der erste im zweiten mitgedacht sein, da es doch nicht nötig ist, im Satz “ich bin 170 cm hoch” auch nur einen einzigen aus der aus ihm folgenden negativen Längenangaben mitzudenken.

 
   
     “Das Kreuz liegt so auf der Geraden:

|––x––––––|
” – “Es liegt also zwischen den Strichen …”
     “Es hat hier 16
1
2
o”. – “Es hat also jedenfalls mehr als 15o.”
     Wenn man sich übrigens wundert, dass dieser Satz aus jenem folgt, obwohl man doch bei jenem gar nicht an ihn dachte, // dass ein Satz aus dem andern folgt, obwohl man doch bei diesem gar nicht an jenen dachte, // so denke man nur daran, dass p V q aus p folgt, und ich denke doch gewiss nicht alle Sätze p V x wenn ich p denke.

 
   
     Die ganze Idee, dass man bei dem Satz, aus dem ein anderer folgt, diesen denken muss, beruht auf einer falschen, und psychologisierenden, Auffassung. Wir haben uns ja nur um das zu kümmern, was in den Zeichen und (ihren) Regeln liegt.

 
   
     Wenn das Kriterium dafür, dass p aus q folgt, darin besteht, dass man “beim Denken von q p mitdenkt”, so denkt man wohl beim Denken des Satzes “in dieser Kiste sind 10⁵ Sandkörner” die 10⁵ Sätze: “in dieser Kiste ist ein Sandkorn”, “…2 Sandkörner”, etc., etc.? Was ist denn hier das Kriterium des Mitdenkens!
     Und wie ist es mit einem Satz: “ein Fleck (F) liegt zwischen den Grenzen AA? Folgt aus ihm nicht, dass
302
F auch zwischen BB und CC liegt, u.s.w.? Folgen hier aus einem [D|S]atz unendlich viele? und ist er also unendlich vielsagend? – Aus dem Satz “ein Fleck liegt zwischen den Grenzen AA” folgt jeder Satz von der Art “ein Fleck liegt zwischen den Grenzen BB”, den ich hinschreibe – und so viele, als ich hinschreibe. Wie aus p soviele Sätze der Form p V x folgen, als ich hinschreibe (oder ausspreche, etc.). (Der Induktionsbeweis beweist soviele Sätze von der Form … als ich hinschreibe.)
303





 
    
   
     Ist es unmöglich, dass aus einem Satz unendlich viele Sätze folgen, – in dem Sinne nämlich, dass nach einer Regel immer neue Sätze aus dem einen gebildet werden könnten, aad infinitum?

 
   
     Angenommen, die ersten tausend Sätze dieser Reihe schrieben wir in Konjunktion an. Musste der Sinn dieses Produktes dem Sinne des ursprünglichen Satzes nicht näherkommen, als das Produkt der ersten hundert Sätze? Müsste man nicht eine immer bessere Annäherung an den ersten Satz bekommen, je mehr man das Produkt ausdehnte und würde das nicht zeigen, dass aus dem Satz nicht unendlich viele andere folgen können, da ich schon nicht mehr im Stande bin, das Produkt aus 10¹⁰ Gliedern zu verstehen und doch den Satz verstanden habe, dem das Produkt aus 10¹⁰⁰ Gliedern noch näher kommt als das von 10¹⁰ Gliedern?

 
   
     Man denkt sich wohl, der allgemeine Satz ist eine abgekürzte Ausdrucksweise des Produkts. Aber was ist am Produkt abzukürzen, es enthält ja nichts Ueberflüssiges.

304
 
   
     Wenn man ein Beispiel braucht dafür, dass unendlich viele Sätze aus einem folgen, so wäre vielleicht das Einfachste das, dass aus “a ist rot” die Negation aller Sätze folgt, die a eine andere Farbe zuschreiben. Diese Negatien negativen Sätze werden gewiss in dem einen nicht mitgedacht. Man könnte natürlich sagen: wir unterscheiden doch nicht unendlich viele Farbtöne; aber die Frage ist: hat die Anzahl der Farbtöne, die wir unterscheiden, überhaupt etwas mit der Komplikation jenes ersten Satzes zu tun; ist er mehr oder weniger komplex, je nachdem wir mehr oder weniger Farbtöne unterscheiden?
     Müsste man nun nicht so sagen: Ein Satz folgt erst aus ihm, wenn er da ist. Erst wenn wir zehn Sätze gebildet haben, die aus dem ersten folgen, folgen zehn Sätze aus ihm.

 
   
     Ich möchte sagen, ein Satz folgt erst dann aus dem anderen, wenn er mit ihm konfrontiert wird. Jenes “u.s.w. ad infinitum” bezieht sich nur auf die Möglichkeit der Bildung von Sätzen, die aus dem ersten folgen, ergibt aber keine Zahl solcher Sätze.
     Könnte ich also einfach sagen: Unendlich viele Sätze folgen darum nicht aus einem Satz, weil es unmöglich ist, unendlich viele Sätze hinzuschreiben (d.h. ein Unsinn ist, das zu sagen).

 
   
      Wie verhält es sich nun mit dem Satz: “die Fläche ist von A bis B weiss”? Aus ihm folgt doch, dass sie auch von A' bis B' weiss ist. Es braucht sich da nicht um gesehenes Weiss zu handeln; und der Schluss von dem ersten Satz auf den zweiten wird jedenfalls immer wieder ausgeführt. Es sagt mir Einer “ich habe die Fläche von A bis B damit bestrichen” und ich sage darauf “also ist sie jedenfalls von A' bis B' gestrichen”.
     Man müsste a priori sagen können, dass F(A'B') aus F(AB) folgen würde.

3o05
 
   
     Sind die Striche A' und B' vorhanden, dann folgt allerdings jener zweite Satz aus dem ersten (﹖– dann ist die Zusammengesetztheit schon in dem ersten Satz offenbar vorhanden –﹖) dann folgen aber aus dem ersten Satz nur so viele Sätze, als seiner Zusammengesetztheit entspricht (also nie unendlich viele).

 
   
     “Das Ganze ist weiss, folglich ist auch ein Teil, der durch eine solche Grenzlinie charakterisiert ist, weiss.” “Das Ganze war weiss, also war auch jener Teil davon weiss, auch wenn ich ihn damals nicht begrenzt darin wahrgenommen habe.”

 
   
“Eine ungeteilt gesehene Fläche hat keine Teile“.
     Denken wir uns aber einen Masstab an die Fläche angelegt, sodass wir etwa zuerst das Bild , dann das Bild und dann vor uns hätte[,|n], dann folgt daraus, dass das erste Band durchaus weiss ist durchaus nicht, dass im zweiten und dritten alles mit Ausnahme der Teilstriche weiss ist.

 
   
     “Wo immer, innerhalb dieses Kreises Du die Scheibe triffst, hast Du gewonnen”.
     “Ich denke, Du wirst die Scheibe irgendwo innerhalb dieses Kreises treffen”.
     Was den ersten Satz betrifft, könnte man fragen: woher weisst Du das? Hast Du alle möglichen Orte ausprobiert? Und die Antwort müsste dann lauten: das ist ja kein Satz, sondern eine allgemeine Festsetzung.

 
   
     Der Schluss lautet auch nicht so: “wo immer auf der Scheibe der Schuss hintrifft, hast Du gewonnen. Du hast auf der Scheibe dahin getroffen,
306
also hast Du den Preis gewonnen”. Denn wo ist dieses da? wie ist es ausser dem Schuss bezeichnet, etwa durch einen Kreis? Und war der auch schon früher auf der Scheibe? Wenn nicht, so hat die Scheibe sich ja verändert, wäre ˇer aber schon dort gewesen, dann wäre er als eine Möglichkeit des Treffens vorgesehen worden. Es muss vielmehr heissen: “Du hast die Scheibe getroffen, also …”.

 
   
     Der Ort auf der Scheibe muss nicht notwendig durch ein Zeichen, einen Kreis, auf der Scheibe angegeben sein. Denn es gibt jedenfalls die Beschreibung “näher dem Mittelpunkt”, “näher dem Rand”, “rechts oben“ etc.. Wie immer die Scheibe getroffen wird, stets muss so eine Beschreibung möglich sein. (Aber von diesen Beschreibungen gibt es auch nicht “unendlich viele”.)

 
   
     Hat es nun einen Sinn zu sagen: “aber wenn man die Scheibe trifft, muss man sie irgendwo treffen”? Oder auch: “wo immer er die Fläche trifft, wird es keine Ueberraschung sein, so dass man etwa sagen würde ‘das habe ich mir nicht erwartet, ich habe gar nicht gewusst, dass es diesen Ort gibt’”. Das heisst aber doch, es kann keine geometrische Ueberraschung sein.

 
   
     Was für eine Art Satz ist: “Auf diesem Streifen sind alle Schattierungen von Grau zwischen Schwarz und Weiss zu sehen”? Hier scheint es auf den ersten Blick, dass von unendlich vielen Schattierungen die Rede ist.
     Ja, wir haben hier scheinbar das Paradox, dass wir zwar nur endlich viele Schattierungen von einander unterscheiden können und der Unterschied zwischen ihnen natürlich nicht ein unendlich kleiner ist, und wir dennoch einen kontinuierlichen Uebergang sehen.
307
 
   
     Man kann ein bestimmtes Grau ebensowenig als eines der unendlichen vielen Grau zwischen Schwarz und Weiss auffassen, wie man eine Tangente t als eines der unendlich vielen Uebergangsstation von t' nach t'' auffassen kann. Wenn ich etwa ein Lineal von t' nach t'' am Kreis abrollen sehe, so sehe ich – wenn es sich kontinuierlich bewegt – keine einzige der Zwischenlagen in dem Sinne, in welchem ich t sehe, wenn die Tangente ruht; oder aber ich sehe nur eine endliche Anzahl von Zwischenlagen. Wenn ich aber in so einem Fall scheinbar von einem allgemeinen Satz auf einen Spezialfall schliesse, so ist die Quelle dieses allgemeinen Satzes nie die Erfahrung und der Satz wirklich kein Satz.
     Wenn ich als z.B. sage: “Ich habe das Lineal sich von t' nach t'' bewegen sehen, also muss ich es auch in t gesehen haben”, so haben wir hier keinen richtigen logischen Schluss. Wenn ich nämlich damit sagen will, das Lineal muss mit in der Lage t erschienen sein – wenn ich also von der Lage im Gesichtsraum rede, so folgt das aus dem Vordersetz durchaus nicht. Rede ich aber vom physischen Lineal, so ist es natürlich möglich, dass das Lineal die Lage t übersprungen hat und das Phänomen im Gesichtsraum dennoch kontinuierlich war.
308




 
    
   
     Es ist nur wesentlich, dass wir (hier) nicht sagen können, wir sind durch Erfahrung daraufgekommen, dass es auch noch diesen Fall der Grammatik gibt. Denn den müssten wir in dieser Aussage statement beschreiben und diese Beschreibung, obwohl ich ihre Wahrheit erst jetzt einsehe, hätte ich doch schon vor dieser Erfahrung verstehen können.

 
   
     Es ist die alte Frage: inwiefern kann man jetzt von einer Erfahrung sprechen, die man jetzt nicht hat.
     Was ich nicht voraussehen kann, kann ich nicht voraussehen. Und wovon ich jetzt sprechen kann, kann ich jetzt sprechen, unabhängig von dem, wovon ich jetzt nicht sprechen kann.
     Die Logik ist eben immer komplex.

 
   
     “Wie kann ich wissen, was alles folgen wird?” – Was ich dann wissen kann, kann ich auch jetzt wissen.

 
   
     Aber gibt es denn auch allgemeine Regeln der Grammatik, oder nicht nur Regeln über allgemeine Zeichen[.| ?]
309
Zeichen?
     Was wäre etwa eine allgemeine und eine besondere Regel im Schachspiel [&|(]oder einem andern)? Jede Regel ist ja allgemein.
     Doch ist eine andere Art der Allgemeinheit in der Regel, dass p V q aus p folgt, als in der, dass jeder Satz der Form p, non-non-p, … aus p & q folgt. Ist aber nicht die Allgemeinheit der Regel für den Rössselspr[i|u]ng eine andere als die, einer Regel für den Anfang einer Partie?

 
   
     Ist das Wort “Regel” überhaupt vieldeutig? Und sollen wir also nicht von Regeln im Allgemeinen reden, wie auch nicht von Sprachen im Allgemeinen? Sondern nur von Regeln in besonderen Fällen.

 
   
     “Wenn aus F1(a) (a hat die Farbe F1) folgt non-F2 (a), so musste in der Grammatik des ersten Satzes auch schon die Möglichkeit des zweiten vorausgesehen sein (wie könnten wir auch sonst F1 und F2 Farben nennen).”
     “Wenn der zweite Satz dem ersten, sozusagen, unerwartet gekommen wäre, so könnte er nie aus ihm folgen”.
     “Der erste Satz muss den anderen als seine Folge anerkennen. Oder vielmehr es muss dann beide eine Grammatik vereinigen und diese muss dieselbe sein, wie vor dem Schluss”.
     (Es ist sehr schwer, hier keine Märchen von den Vorgängen im Symbolismus zu erzählen, wie an anderer Stelle keine Märchen über die psychologischen Vorgänge. Denn alles ist ja einfach und allbekannt (und nichts neues zu erfinden). Das ist ja eigentlich das Unerhörte an der Logik, dass ihre ausserordentliche Schwierigkeit darauf beruht, dass nichts zu konstruieren, sondern alles schon da und bekannt ist.)

 
   
     “Welchen Satz p nicht als seine Folge erkennt, der ist nicht seine Folge”.
310
 
   
     Aus der Grammatik des Satzes – und aus ihr allein, muss es hervorgehen, ob ein Satz aus ihm folgt. Keine Einsicht in einen neuen Sinn kann das ergeben; – sondern nur die Einsicht in den alten Sinn. – Es ist nicht möglich, einen neuen Satz zu bilden, der aus jenem folgt, den man nicht hätte bilden können (wenn auch ohne zu wissen, ob er wahr oder falsch ist) als jener gebildet wurde. Entdeckte man einen neuen Sinn und folge dieser aus jenem // dem // ersten Satz, so hätte dieser Satz dann nicht seinen Sinn geändert.
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     Ich möchte sagen: das allgemeine Bild ❘ ⚬ ❘ hat eine andre Metrik als das besondere.

 
   
     Im allgemeinen Zeichen “❘ ⚬ ❘” spielen die Distanzen so wenig eine Rolle wie im Zeichen “aRb”.

 
   
     Wie man die Zeichnung ❘ ⚬ ❘ als eine Darstellung des “allgemeinen Falls” ansehen kann. Quasi nicht im Massraum, sondern so, dass die Distanzen des Kreises von den Geraden garnichts ausmachen. Man sieht dann das Bild d als Fall eines anderen Systems, wie wenn man es als Darstellung einer besonderen Lage des Kreises zwischen den Geraden sieht. Oder richtiger: Es ist dann Bestandteils eines andren Kalküls. Von der Variablen gelten eben andre Regeln, als von ihrem besonderen Wert.

 
   
     ”Woher // Wie // weisst Du, dass er im Zimmer ist?” – “Weil ich ihn
313
hineingesteckt habe und er nirgends heraus kann.” – So ist also Dein Wissen der allgemeinen Tatsache, dass er irgendwo im Zimmer ist, auch von der Multiplizität dieses Grundes.

 
   
     Nehmen wir die besonderen Fälle des allgemeinen Sachverhalts, dass das Kreuz sich zwischen den Grenzstrichen befindet:

|–x–––––––|

|––x––––––|

|––––––x––|
Jeder dieser Fälle z.B. hat eine // seine // besondere Individualität. Tritt diese Individualität irgendwie in den Sinn des allgemeinen Satzes ein? Offenbar nicht.

 
   
     Es scheint uns aber das ‘zwischen den Strecken, oder Wänden, Liegen’ etwas Einfaches, wovon die verschiedenen Lagen (ob die Gesichtserscheinungen, oder die durch Messen festgestellten Lagen) ganz unabhängig sind.
      D.h., wenn wir von den einzelnen (gesehenen) Lagen reden, so scheinen wir von etwas ganz Anderem zu reden, als von dem, wovon im allgemeinen Satz die Rede ist.

 
   
     Es ist ein anderer Kalkül, zu dem unsere Allgemeinheitsbezeichnung gehört und ein anderer, in dem es jene Disjunktion gibt. Wenn wir sagen, das Kreuz liegt zwischen diesen Strichen, so haben wir keine Disjunktion bereit, die den Platz des // dieses // allgemeinen Satzes nehmen könnte.

 
   
     Wenn man die allgemeinen Sätze von der Art “der Kreis befindet sich im [W|Q]uadrat” betrachtet, so kommt es einem immer wieder so vor, als sei die Angabe der Lage im Quadrat nicht eine nähere Bestimmung zur Angabe, der Kreis liege im Quadrat (wenigstens nicht, soweit der Gesichtsformraum in Betracht kommt), als sei vielmehr das “im Quadrat” eine komplette Bestimmung, die an sich nicht mehr näher zu
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beschreiben sei. So wie eine Angabe der Farbe die Angabe der Härte eines Materials nicht näher bestimmt. – So ist nun das Verhältnis der Angaben über den Kreis natürlich nicht, und doch hat das Gefühl einen Grund.

 
   
     In den grammatischen Regeln für die Termini des allgemeinen Satzes muss es liegen, welche Mannigfaltigkeit er für mögliche Spezialfälle vorsieht // voraussieht // . Was in den Regeln nicht liegt, ist nicht vorhergesehen.

 
   
Alle diese Verteilungen könnten verschiedene Zerrbilder desselben Sachverhalts sein. (Man denke sich die beiden weissen Streifen und den schwarzen Streifen in der Mitte dehnbar.)

 
   
     Ist denn in (x).fx von a die Rede, da fa aus (x).fx folgt? In dem Sinne des allgemeinen Satzes, dessen Verifikation in einer Aufzählung besteht, ja.

 
   
     Wenn ich sage “in dem Quadrat ist ein schwarzer Kreis” so ist es mir immer, als habe ich hier wieder etwas Einfaches vor mir. Als müsse ich nicht an verschiedene mögliche Stellungen // Lagen // oder Grössen des Kreises denken. Und doch kann man sagen: wenn ein Kreis in dem Quadrat ist, so muss er irgendwo und von irgend einer Grösse sein. Nun kann aber doch auf keinen Fall davon die Rede sein, dass ich mir alle möglichen Lagen und Grössen zum voraus denke. – In dem ersten Satz scheine ich sie vielmehr, sozusagen, durch ein Sieb zu fassen, sodass “Kreis innerhalb des Quadrats” einem Eindruck zu entsprechen scheint, für den das Wo etc. überhaupt noch nicht in Betracht kommt, als sei es (gegen allen Anschein) etwas, was mit jenem ersten Sachverhalt nur physikalisch,
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nicht logisch verbunden sei.
     Der Ausdruck “Sieb” kommt daher: wenn ich etwa eine Landschaft ansehe, durch ein Glas, das nur die Unterschiede von Dunkelheit und Helligkeit durchlässt, nicht aber die Farbunterschiede, so kann man so ein Glas ein Sieb nennen. Denkt man sich nun das Quadrat durch ein Glas betrachtet, das nur den Unterschied “Kreis im Quadrat, oder nicht im Quadrat” durchliesse, nicht aber einen Unterschied der Lage oder Grösse des Kreises, so könnten wir auch hier von einem Sieb sprechen.

 
   
     Ich möchte sagen, in dem Satz “ein Kreis liegt im Quadrat” ist von der besonderen Lage überhaupt nicht die Rede. Ich sehe dann in dem Bild nicht die Lage, ich sehe von ihr ab. So als wären etwa die Abstände von den Quadratseiten dehnbar und als gälten ihre Längen nicht.
     Ja, kann denn nicht der Fleck sich wirklich im Viereck bewegen? Ist das nicht nur ein spezieller Fall von dem, im Viereck zu sein? Dann wäre es also doch nicht so, dass der Fleck an einer bestimmten Stelle im Viereck liegen muss, wenn er überhaupt darin ist.

 
   
     Ich will sagen, dass es eine Beziehung des Flecks zum Rand zu geben scheint, die unabhängig von dem Abstand ist. – Gleichsam als bediente ich mich einer Geometrie, in der es keinen Abstand gibt, wohl aber ein Innen und Aussen. So gesehen, sind allerdings auch die Bilder und gleich.

 
   
     Der Satz “der Fleck ist im Quadrat” hält gleichsam selbst den Fleck bloss im Quadrat, das heisst, er beschränkt die Freiheit des Flecks nur auf diese Weise und gibt ihm in dem Quadrat volle Freiheit. Der Satz bildet dann einen Rahmen, der die Freiheit des Flecks beschränkt und ihn innerhalb frei lässt, das heisst, mit seiner Lage nichts zu
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schaffen hat. – Dazu muss aber der Satz (gleichsam eine Kiste, in der der Fleck eingesperrt ist) die logische Natur dieses Rahmens haben und das hat er, denn ich könnte jemandem den Satz erklären und dann jene Möglichkeiten auseinandersetzen und zwar unabhängig davon, ob ein solcher Satz wahr ist oder nicht, also unabhängig von einer Tatsache.

 
   
     “Wo immer der Fleck im Viereck ist …” heisst “wenn er // “solange er // im Viereck ist …” und hier ist nur die Freiheit (Ungebundenheit) im Viereck gemeint, aber keine Menge von Lagen.

 
   
     Es besteht freilich eine logische Aehnlichkeit (formelle Analogie) zwischen dieser Freiheit und der Gesamtheit von Möglichkeiten, daher gebraucht man oft in beiden Fällen dieselben Wörter (“alle”, “jeder”, etc.).

 
   
     “Alle Helligkeitsgrade unter diesem tun meinen Augen weh”. Prüfe die Art der Allgemeinheit.

 
   
     “Alle Punkte dieser Fläche sind weiss”. Wie verifizierst Du das? – dann werde ich wissen, was es heisst.
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     Wenn ich sage, der Fleck liegt im Quadrat, so weiss ich – und muss wissen – dass es verschiedene mögliche Lagen für ihn gibt. Aber auch, dass ich nicht eine bestimmte Zahl aller solcher Lagen nennen könnte. Ich weiss von vornherein nicht, wieviele Lagen “ich unterscheiden könnte”. – Und ein Versuch darüber lehrt mich auch nicht das, was ich hier wissen will.
     Das Dunkel, welches über den Möglichkeiten der Lage etc. herrscht, ist die gegenwärtige logische Situation. So wie trübe Beleuchtung auch eine bestimmte Beleuchtung ist.

 
   
     Es ist da immer so, als könnte man eine logische Form nicht ganz übersehen, da man nicht weiss, wieviel, oder welche mögliche Lagen es für den Fleck im Viereck gibt. Anderseits weiss man es doch, denn man ist von keiner überrascht, wenn sie auftritt.

 
   
     Es ist natürlich nicht “Stellung des Kreises in diesem Quadrat” ein Begriff, und die besondere Stellung ein Gegenstand, der unter ihn fällt.
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So dass Gegenstände gefunden würden, von denen man sich überzeugt, dass sie (auch) Stellungen des Kreises im Quadrat sind, von denen man aber früher nichts gewusst hat.

 
   
     Die Mittelstellung des Kreises und andere ausgezeichnete Stellungen sind übrigens ganz analog den primären Farben in der Farbenskala. (Dieses Gleichnis könnte man mit Vorteil fortsetzen.)

 
   
     Der Raum ist sozusagen eine Möglichkeit. Er besteht nicht aus mehreren Möglichkeiten.

 
   
     Wenn ich also höre, das Buch liegt – irgendwo – auf dem Tisch, und finde es nun in einer bestimmten Stellung, so kann ich nicht überrascht sein und sagen “ah, ich habe nicht gewusst, dass es diese Stellung gibt” und dochn hatte ich diese besondere Stellung nicht vorhergesehen, d.h., als besonderee Möglichkeit vorher ins Auge gefasst. Was mich überrascht, ist eine physische Möglichkeit, nicht eine logische!

 
   
     Was ist aber der Unterschied zwischen dem Fall “das Buch liegt irgendwo auf dem Tisch” und dem “das Ereignis wird irgendeinmal in Zukunft eintreten”? Offenbar der, dass wir im einen Fall eine sichere Methode kennen zu verifizieren, ob das Buch auf dem Tisch liegt, im anderen Fall eine analoge Methode nicht existiert. Wenn etwa ein bestimmtes Ereignis bei einer der unendlich vielen Bisektionen einer Strecke eintreten sollte, oder besser: wenn es eintreten sollte, wenn wir die Strecke in einem Punkt (ohne nähere Bestimmung) schneiden und an diesem Punkt eine Minute verweilen, so ist diese Angabe ebenso sinnlos, wie die über die unendliche Zukunft.

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     Angenommen, ich gäbe eine Disjunktion von so vielen Stellungen an, dass es mir unmöglich wäre, eine Stellung von allen angegebenen als verschieden zu erkennen sehen; wäre nun die Dis[k|j]unktion der allgemeine Satz (Ex).fx? Wäre es nicht sozusagen Pedantrie, die Disjunktion noch immer nicht als den allgemeinen Satz anzuerkennen? Oder besteht ein wesentlicher Unterschied, und ist die Disjunktion vielleicht dem allgemeinen Satz gar nicht ähnlich?

 
   
     Das, was uns auffällt, ist, dass der eine Satz so kompliziert, der andere so einfach ist. Oder ist der einfache nur eine kurze Schreibweise des komplizierteren?

 
   
     Was ist denn das Kriterium dafür (für den allgemeinen Satz), dass der Kreis im Quadrat ist? Entweder überhaupt nichts, was mit einer Mehrheit von Lagen (bezw. Grössen) zu tun hat, oder aber etwas, was mit einer endlichen Anzahl solcher Lagen zu tun hat.

 
   
     Wenn man sagt, der Fleck A ist irgendwo zwischen den Grenzen B und C, ist es denn nicht offenbar möglich, eine Anzahl von Stellungen des A zwischen B und C zu beschreiben oder abzubilden, sodass ich die Succession aller dieser Stellungen als kontinuierlichen Uebergang sehe? Und ist dann nicht die Disjunktion aller dieser N Stellungen eben der Satz, dass sich A irgendwo zwischen B und C befindet?
     Aber wie verhält es sich mit diesen N Bildern? Es ist klar, dass ein Bild und das unmittelbar folgende visuell nicht unterscheidbar sein dürfen, sonst ist der Uebergang visuell diskontinuierlich.
     Die Stellungen, deren Succession ich als kontinuierlichen Uebergang sehe, sind Stellungen nicht im Gesichtsraum.
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Gesichtsraum.


 
   
     Wie ist der Umfang des Begriffs “Dazwischenliegen” bestimmt? Denn es soll doch im Vorhinein festgelegt werden, welche Möglichkeiten zu diesem Begriff gehören. Es kann, wie ich sage, keine Ueberraschung sein, dass ich auch das “dazwischenliegen” nenne. Oder: wie können die Regeln für das Wort “dazwischenliegen” angegeben werden, da ich doch nicht die Fälle des Dazwischenliegens aufzählen kann? Natürlich muss gerade das für die Bedeutung dieses Worts charakteristisch sein.

 
   
     Wir würden das Wort ja auch nicht durch Hinweisen auf alle besonderen Fälle jemandem zu erklären suchen, sondern // aber wohl, // indem wir auf einen solchen Fall (oder einige) zeigten und in irgendeiner Weise andeuteten, dass es auf den besonderen Fall nicht ankomme.

 
   
     Das Aufzählen von Lagen ist nicht nur nicht nötig, sondern es kann hier wesentlich von so einem Aufzählen keine Rede sein.

 
   
     Zu sagen “der Kreis liegt entweder zwischen den beiden Geraden oder hier“ (wo dieses // das // ‘hier’ ein Ort zwischen den Geraden ist) heisst offenbar nur: “der Kreis liegt zwischen den beiden Geraden”, und der Zusatz “oder hier” erscheint // ist // überflüssig. Man wird sagen: in dem ‘irgendwo’ ist das ‘hier’ schon mitinbegriffen. Das ist aber merkwürdig, weil es nicht (darin) genannt ist.

 
   
     Eine bestimmte Schwierigkeit besteht darin, dass // wenn // die Worte // Zeichen // das nicht zu sagen scheinen, was der Gedanke erfasst, oder: wenn die Worte das nicht sagen, was der Gedanke zu erfassen scheint.
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     So, wenn wir sagen “dieser Satz gilt von allen Zahlen” und glauben in dem Gedanken alle Zahlen wie die Aepfel in einer Kisste gefasst // aufgefasst // zu haben.

 
   
     Nun könnte man aber fragen: Wie kann ich (nun) im Voraus wissen, aus welchen Sätzen dieser allgemeine Satz folgt? Wenn ich diese Sätze nicht angeben kann.

 
   
     Kann man aber sagen: “man kann nicht sagen, aus welchen Sätzen dieser Satz folgt”? Das klingt so wie: man weiss es nicht. Aber so ist es natürlich nicht. Und ich kann ja Sätze sagen, und im Vorhinein sagen, aus denen er folgt. – “Nur nicht alle”. – Aber das heisst ja eben nichts.

 
   
     Es ist eben nur der allgemeine Satz und besondere Sätze (nicht die besonderen Sätze). Aber der allgemeine Satz zählt besondere Sätze nicht auf. Aber was charakterisiert ihn denn ˇdann als allgemein, und was zeigt, dass er nicht einfach diejenigen // die // besonderen Sätze umschliesst, von denen wir in diesem bestimmten Falle sprechen?

 
   
     Er kann nicht durch seine Spezialfälle charakterisiert werden; denn wieviele man auch aufzählt, so könnte er immer mit dem Produkt der angeführten Fälle // Spezialfälle // verwechselt werden. Seine Allgemeinheit liegt also in einer Eigenschaft (grammatischen Eigenschaft) der Variablen.
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     Die eigentliche Schwierigkeit liegt nämlich im Begriff des ‘(En) ’ und allgemein des ‘(Ex)’. Ursprünglich stammt diese Notation vom Ausdruck unsrer Wortsprache her: “es gibt ein … von der und der Eigenschaft”. Und was hier an Stelle der Punkte steht, ist etwa “Buch meiner Bibliothek”, oder “Ding (Körper) in diesem Zimmer”, “Wort in diesem Brief”, u.s.w.. Man denkt dabei an Gegenstände, die man der Reihe nach durchgehen kann. Durch einen, so oft verwendeten // angewandten // , Prozess der Sublimierung wurde diese Form dann zu der: “es gibt einen Gegenstand, für welchen …”, und hier dachte man sich ursprünglich auch die Gegenstände der Welt ganz analog den ‘Gegenständen’ im Zimmer (nämlich den Tischen, Stühlen, Büchern, etc.). Obwohl es ganz klar ist, dass die Grammatik dieses “(Ex). etc.” in vielen Fällen eine ganz andere ist, als im primitiven und als Urbild dienenden Fall. Besonders krass wird die Diskrepanz zwischen dem ursprünglichen Bild und dem, worauf die Notation nun angewendet werden soll // angewendet wird // , wenn ein Satz “in diesem Viereck sind nur zwei Kreise” wiedergegeben wird durch die // in der // Form “es gibt keinen Gegenstand, der die Eigenschaft hat, ein
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Kreis in diesem Viereck, aber weder der Kreis a noch der Kreis b zu sein”, oder “es gibt nicht drei Gegenstände, die die Eigenschaft haben, ein Kreis in diesem Viereck zu sein”. Der Satz “es gibt nur zwei Dinge, die Kreise in diesem Viereck sind” (analog gebildet dem Satz “es gibt nur zwei Menschen, die diesen Berg erstiegen haben”) klingt verrückt; und mit Recht. D.h., es ist nichts damit gewonnen, das wir den Satz “in diesem Viereck sind zwei Kreise” in jene Form pressen; vielmehr hilft uns das nur zu übersehen, dass wir die Grammatik dieses Satzes nicht klargestellt haben. Zugleich aber gibt hier die Russell'sche Notation einen Schein von Exaktheit, der Manchen glauben macht, die Probleme seien dadurch gelöst, dass man den Satz auf die Russell'sche Form gebracht hat. (Es ist das ebenso gefährlich, wie der Gebrauch des Wortes “wahrscheinlich”, ohne weitere Untersuchung darüber, wie das Wort in diesem speziellen Fall gebraucht wird. Auch das Wort “wahrscheinlich” ist, aus leicht verständlichen Gründen, mit einer Idee der Exaktheit verbunden.)
     In allen den Fällen: “Einer der vier Füsse dieses Tisches hält nicht”, “es gibt Engländer mit schwarzen Haaren”, “auf dieser Wand ist ein Fleck”, “die beiden Töpfe haben das gleiche Gewicht”, “auf beiden Seiten stehen gleichviel Wörter” – wird in der Russell'schen Notation das “(E … ) …” gebraucht; und jedesmal mit anderer Grammatik. Damit will ich also sagen, dass mit einer Uebersetzung so eines Satzes aus der Wortsprache in die Russell[_|']sche Notation nicht viel gewonnen ist.

 
   
     Unzulänglichkeit der Frege'schen und Russell'schen Allgemeinheitsbezeichnung.
     Es hat Sinn, zu sagen “schreib' eine beliebige Kardinalzahl hin”, ist aber Unsinn zu sagen: “schreib' alle Kardinalzahlen hin”. “In dem Viereck befindet sich ein Kreis” ((Ex).fx) hat Sinn, aber nicht non.neg(Ex).non fx:
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“in dem Viereck befinden sich alle Kreise”. “Auf einem andersfarbigen Hintergrund befindet sich ein roter Kreis” hat Sinn, aber nicht “es gibt keine von rot verschiedene Farbe eines Hintergrundes, auf der sich kein roter Kreis befindet”.
     “In diesem Viereck ist ein schwarzer Kreis”: Wenn dieser Satz die Form “(Ex).x ist ein schwarzer Kreis im Viereck” hat, was // welcher Art // ist so ein Ding x, welches // das // die Eigenschaft hat, ein schwarzer Kreis zu sein (und also auch die haben kann, kein schwarzer Kreis zu sein)? Ist es etwa ein Ort im Quadrat? dann aber gibt es keinen Satz “(x).x ist ein schwarzer …”. Anderseits könnte jener Satz bedeuten “es gibt einen Fleck im Quadrat, der ein schwarzer Kreis ist”. Wie verifiziert man diesen Satz? Nun, man geht die verschiedenen Flecken im Quadrat durch und untersucht sie daraufhin, ob sie ganz schwarz und kreisförmig sind. Welcher Art ist aber der Satz: “Es ist kein Fleck in dem Quadrat”? Denn, wenn das ‘x’ in ‘(Ex)’ im vorigen Fall ‘Fleck im Quadrat’ hiess, dann kann es zwar einen Satz “(Ex).fx” geben, aber keinen “(Ex)” oder “non.neg(Ex)”. Oder, ich könnte wieder fragen: Was ist das für ein Ding, das die Eigenschaft hat (oder nicht hat) ein Fleck im Quadrat zu sein?
     Und wenn man sagen kann “ein Fleck ist in dem Quadrat”, hat es dann // damit // auch schon Sinn, zu sagen “alle Flecken sind in dem Quadrat”? Welche alle?

 
   
     Die gewöhnliche Sprache sagt “in diesem Viereck ist ein roter Kreis”, die Russell'sche Notation sagt “es gibt einen Gegenstand, der ein roter Kreis in diesem Viereck ist”. Diese Ausdrucksform ist offenbar nach dem Modell gebildet: “es gibt eine Substanz, die im Dunkeln leuchtet”, “es gibt einen Kreis in diesem Viereck, der rot ist”. – Vielleicht ist schon der Ausdruck “es gibt” irreführend. “Es gibt” heisst eigentlich soviel wie “es findet sich”, oder “es gibt unter diesen Kreisen einen …”.
     Wenn man also in grösstmöglicher Annäherung an die Russell'sche Aus-
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drucksweise sagt “es gibt einen Ort in diesem Viereck, wo ein roter Kreis ist”, so heisst das eigentlich, unter diesen Orten gibt es einen, an welchem etc..

 
   
     (Der schwierigste Standpunkt in der Logik ist der des gesunden Menschenverstandes. Denn er verlangt zur Rechtfertigung seiner Meinung die volle Wahrheit und hilft uns nicht, durch die geringste Konzession, oder Konstruktion.)

 
   
     Der richtige Ausdruck dieser Art Allgemeinheit ist also der, der gewöhnlichen Sprache “in dem Viereck ist ein Kreis”, welcher die Lage des Kreises einfach offen lässt (unentschieden lässt). (“Unentschieden” ist ein richtiger Ausdruck, weil die Entscheidung einfach fehlt.)
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     Meine Auffassung des allgemeinen Satzes war, dass (Ex).fx eine logische Summe ist und dass nur ihre Summanden hier nicht aufgezählt seien, sich aber aufzählen liessen (und zwar aus dem Wörterbuch und der Grammatik der Sprache).
     Denn liessen sie sich nicht aufzählen, so handelt es sich ja doch nicht um ˇeine // um keine // logische Summe // , so haben wir ja doch keine logische Summe // . (Vielleicht ein Gesetz, logische Summen zu bilden.)

 
   
     Die Erklärung von (Ex).fx als einer logischen Summe und (x).fx als logischem Produkt kann natürlich nicht aufrecht erhalten werden. Sie ging mit einer falschen Auffassung der logischen Analyse zusammen, indem ich etwa dachte, das logische Produkt für ein bestimmtes (x).fx werde sich schon einmal finden. – Es ist natürlich richtig, dass (Ex).fx irgendwie als logische Summe funktioniert und (x).fx als Produkt; ja in einer Verwendungsart der Worte “alle” und “einige” ist meine alte Erklärung richtig, nämlich – z.B. – in dem Falle “alle primären Farben finden sich in diesem Bild” oder “alle Töne der C-Dur Tonleiter kommen in
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diesem Thema vor”. In Fällen aber wie “alle Menschen sterben, ehe sie 200 Jahre alt werden” stimmt meine Erklärung nicht. Dass nun aber (Ex).fx als logische Summe funktioniert, ist darin ausgedrückt, dass es aus fa und aus fa. V .fb folgt, also in den Regeln:
                     (Ex).fx . & . fa = fa und
                    (Ex).fx : & : fa. V .fb = fa. V .fb.
     Aus diesen Regeln ergeben sich dann die Grundgesetze Russells
                     fx .C. (Ez).fz und
                    fx. V .fy :C: (Ez).fz als Tautologien.

 
   
     Für (Ex).fx, etc. brauchen wir auch die Regeln:
            (Ex). fx V Fx = (Ex).fx . V . (Ex).Fx,
(Ex,y). fx & Fy . V . (Ex).fx . & . Fx = (Ex).fx . & . (Ex).Fx.
Jede solche Regel ist ein Ausdruck der Analogie zwischen (Ex).fx und einer logischen Summe.

 
   
     Man könnte übrigens wirklich eine Notation für (Ex).fx einführen, in der man es durch ein Zeichen “fr V fs V ft V …” ersetzt und dürfte dann damit rechnen, wie mit einer logischen Summe; es müssten aber die Regeln vorgesehen sein, nach denen ich diese Notation immer in die von “(Ex).fx” zurücknehmen kann und die also das Zeichen “fa V fb V fc V …” von dem einer logischen Summe unterscheiden. Der Zweck dieser Notation wäre nur der, in gewissen Fällen leichter mit (Ex).fx rechnen zu können.

 
   
     Wenn ich Recht habe, so gibt es keinen Begriff “reine Farbe”; der Satz “A hat eine reine Farbe” heisst einfach “A ist rot, oder gelb, oder blau, oder grün”. “Dieser Hut gehört entweder A oder B oder C” ist nicht derselbe Satz wie “dieser Hut gehört einem Menschen in diesem Zimmer”, selbst wenn tatsächlich nur A,B,C im Zimmer sind, denn das muss erst dazugesagt werden. – Auf dieser Fläche sind zwei reine Farben, heisst: Auf dieser
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Fläche sind rot und gelb, oder rot und blau, oder rot und grün, oder etc.
     Wenn ich nun nicht sagen kann “es gibt 4 reine Farben”, so sind die reinen Farben und die Zahl 4 doch irgendwie miteinander verbunden und das muss sich auch irgendwie ausdrücken. – Z.B. wenn ich sage “auf dieser Fläche sehe ich 4 Farben: gelb, blau, rot, grün.



 
   
     Die Allgemeinheitsbezeichnung unserer gewöhnlichen Sprache fasst die logische Form noch viel oberflächlicher, als ich früher geglaubt habe. Sie ist eben in dieser Beziehung mit der Subjekt-Prädikat Form vergleichbar.

 
   
     Die Allgemeinheit ist so vieldeutig, wie die Subjekt-Prädikat Form.

 
   
     Es gibt so viel verschiedene Allgemeinheiten, als es verschiedene Zahlarten gibt. // Es gibt so viel verschiedene ‘alle’, als es verschiedene ‘Eins’ gibt. //

 
   
     Darum nützt es nichts, zur Klärung das Wort “alle” zu gebrauchen, wenn man seine Grammatik in diesem Falle noch nicht kennt.
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     Denken wir uns die Erklärung des Begriffs der Pflanze. Wir zeigen jemand mehrere Gegenstände und sagen, das sind Pflanzen. Dann zeigt auch er auf einen weiteren Gegenstand und sagt “ist auch das eine Pflanze” und wir antworten “ja, das auch”, u.s.w.. Ich hätte nun einmal gesagt, er habe nun in dem Gezeigten den Begriff ‘Pflanze’ – das gewisse Gemeinsame – gesehen und er sähe // sehe // die Beispiele der Erklärung anders, wenn er in ihnen eben diesen Begriff sieht als, wenn er sie etwa als Repräsentanten dieser bestimmten Form // Gestalt // und Farbe allein auffasse. (So wie ich auch sagte, er sähe in der Variablen, wenn er sie als solche versteht, etwas, was er im Zeichen für den besonderen Fall nicht sieht.) Aber der Gedanke des ‘darin Sehens’ ist von dem Fall hergenommen, wo ich z.B. die Figur !!!! verschieden ‘phrasiert’ sehe. Aber dann sehe ich eben in einem andern Sinn wirklich verschiedene Figuren und, was diese gemein haben, ist ausser ihrer Aehnlichkeit die Verursachung durch das gleiche physikalische Bild.
     Aber diese Erklärung ist doch nicht ohneweiteres auf den Fall des Verstehens der Variablen oder der Beispiele für den Begriff ‘Pflanze’
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anzuwenden. Denn angenommen, wir hätten wirklich etwas anderes in ihnen gesehen, als in Pflanzen, die nur um ihrer selbst willen gezeigt wurden, so ist die Frage, kann denn dieses, oder irgendein anderes, Bild uns zu der Anwendung als Variablen berechtigen? Ich hätte Einem also die Pflanzen zur Erklärung zeigen können und ihm dazu einen Trank gegeben, durch den es verursacht wird, dass er die Beispiele in der bestimmten Weise sieht. (Wie es möglich wäre, dass ein Alkoholisierter eine Gruppe !!!! immer als !!! ! sieht.) Und damit wäre die Erklärung des Begriffs in eindeutiger Weise gegeben und wer sie verstanden hat, hätte von den vorgezeigten Specimina und den begleitenden Gesten dieses Bild empfangen. So ist es aber doch nicht. – Es ist nämlich wohl möglich, dass der, welcher z.B. das Zeichen !!!!!! als Zahlzeichen für die 6 sieht, es anders sieht (etwas andres darin sieht) als der, welcher es nur als Zeichen für “einige” auffasst, weil er seine Aufmerksamkeit nicht auf das Gleiche richten wird; aber es kommt dann auf das System von Regeln an, die von diesen Zeichen gelten und das Verstehen wird wesentlich kein Sehen des Zeichens in gewisser Weise sein.

 
   
     Es wäre also möglich, zu sagen ‘jetzt sehe ich das nicht mehr als Rose, sondern nur noch als Pflanze’!
     Oder: “Jetzt sehe ich es nur als diese Rose”.
     “Ich sehe den Fleck nur noch im Quadrat, aber nicht mehr in einer bestimmten Lage”.

 
   
     Der seelische Vorgang des Verstehens interessiert uns eben gar nicht. (So wenig, wie der einer Intuition.)

 
   
     “Es ist doch gar kein Zweifel, dass der, welcher die Beispiele als
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beliebige Fälle zur Veranschaulichung des Begriffs versteht, etwas andres versteht, als der, welcher sie als bestimmt begrenzte Aufzählung auffasst”. Sehr richtig, aber was versteht der erste also, was der zweite nicht versteht? Nun, er sieht eben nur Beispiele in den vorgezeigten Dingen, die nur gewisse Züge aufzeigen // aufweisen // sollen, aber er meint nicht, dass ich ihm im Uebrigen diese Dinge um ihrer selbst ◇◇◇ willen zeige. –

 
   
     Ich möchte die eine Aufzählung // Klasse // ‘logisch begrenzt’, die andere ‘logisch nicht begrenzt’ nennen.

 
   
     Ja, aber ist es denn so, dass er nun tatsächlich nur diese Züge an den Dingen sieht? Etwa am Blatt nur das, was allen Blättern gemeinsam ist? Das wäre so, als sähe er alles übrige “in blanco”. Also gleichsam ein unausgefülltes Formular, in dem die wesentlichen Züge vorgedruckt sind. (Aber die Funktion “f( …)” ist ja so ein Formular.)

 
   
     Aber was ist denn das für ein Prozess, wenn mir Einer mehrere verschiedene Dinge als Beispiele eines Begriffes // für einen Begriff // zeigt, um mich darauf zu führen, dass Gemeinsame in ihnen zu sehen; und wenn ich es nun suche und wirklich sehe? // es suche und nun wirklich sehe? // Er kann mich auch auf das Gemeinsame aufmerksam machen. – Bringt er aber dadurch hervor, dass ich den Gegenstand anders sehe? Vielleicht auch, denn ich kann jedenfalls besonders auf einen seiner Teile schauen, während ich sonst etwa alle gleichmässig deutlich gesehen hätte. Aber dieses Sehen ist nicht das Verstehen des Begriffs. Denn wir sehen nicht etwas mit einer leeren Argumentstelle.

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     Man könnte auch fragen: Sieht der, welcher das Zeichen “!!! …” als Zeichen des Zahlbegriffs (im Gegensatz zu “!!!”, welches 3 bezeichnen soll) auffasst, jene erste Gruppe von Strichen anders, als die Zweite? Aber auch wenn er sie anders – gleichsam, vielleicht, verschwommener – sieht, sieht er da etwa das Wesentliche des Zahlbegriffs? Hiesse das nicht, dass er dann “!!! …” und “!!!! …” tatsächlich nicht voneinander müsste unterscheiden können? (Wenn ich ihm (nämlich) etwa den Trank eingegeben hätte, der ihn den Begriff sehen macht // lässt // .)

 
   
     Denn wenn ich sage: Er bewirkt dadurch, dass er uns mehrere Beispiele zeigt, dass wir das Gemeinsame in ihnen sehen und von dem Uebrigen absehen, so heisst das eigentlich, dass das Ueübrige in den Hintergrund tritt, also gleichsam blasser wird (und warum soll es dann nicht ganz verschwinden) und “das Gemeinsame”, etwa die Eiförmigkeit, allein im Vordergrund bleibt.
     Aber so ist es nicht. Uebrigens wären die mehreren Beispiele nur ein technisches Hilfsmittel, und wenn ich einmal das Gewünschte gesehen hätte, so könnte ich's auch in einem Beispiel sehen. (Wie ja auch ‘(Ex).fx’ nur ein Beispiel enthält.)

 
   
     Es sind also die Regeln, die von dem Beispiel gelten, die es zum Beispiel machen. –

 
   
     Nun genügt aber doch heute jedenfalls das blosse Begriffswort ohne eine Illustration, um sich mit mir zu verständigen // sich mir verständlich zu machen // (und die Geschichte des Verständnisses interessiert uns ja nicht) z.B., wenn mir Einer sagt “forme ein Ei”; und ich will doch nicht sagen, dass ich etwa dabei den Begriff des Ei's vor meinem inneren Auge sehe, wenn ich diesen Befehl (und das Wort “Ei” verstehe.
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verstehe.
     Wenn wir eine Anwendung des Begriffes ‘Ei’ oder ‘Pflanze’ machen, so schwebt uns gewiss nicht vorerst ein allgemeines Bild vor, oder bei dem Hören des Wortes “Pflanze” das Bild des bestimmten Gegenstandes, den ich dann als eine Pflanze bezeichne. Sondern ich mache die Anwendung sozusagen spontan. Dennoch gibt es eine Anwendung, von der ich sagen würde: nein, das habe ich unter ‘Pflanze’ nicht gemeint; oder anderseits “ja, das habe ich auch gemeint”. Aber heisst das, dass mir diese Bilder vorgeschwebt haben // vorschwebten // und ich sie in meinem Geist ausdrücklich abgewiesen und zugelassen habe? – Und doch hat es diesen Anschein, wenn ich sage: “ja, das und das und das habe ich alles gemeint, aber das nicht”. Man könnte aber fragen: Ja, hast Du denn alle diese Fälle vorausgesehen? und die Antwort würde dann lauten “ja”, oder “nein, aber ich dachte mir, es sollte etwas zwischen dieser und dieser Form sein”, oder dergleichen. Meistens aber habe ich in diesem Moment gar keine Grenzen gezogen und diese ergeben sich nur auf einem Umweg durch eine Ueberlegung. Ich sage z.B. “bring' mir noch eine ungefähr so grosse Blume” und er bringt eine und ich sage: Ja, so eine habe ich gemeint. So erinnere ich mich vielleicht an ein Bild, was mir vorschwebte, aber aus diesem geht nicht hervor, dass auch die herbeigebrachte Blume noch zulässig ist. Sondern hier wende ich eben jenes Bild an. Und diese Anwendung war nicht anticipiert worden.

 
   
     Was uns interessiert ist nur die exakte Beziehung des Beispiels zum Folgen // zu dem Danachhandeln // .

 
   
     Es wird aus dem Beispiel heraus wieder kalkuliert.

 
   
     Beispiele sind ordentliche Zeichen, nicht Abfall, nicht Beeinflussung.
334
 
   
     Denn uns interessiert nur die Geometrie des Mechanismus. (Das heisst doch, die Grammatik seiner Beschreibung.)



 
   
     Wie äussert es sich aber in unsern Regeln, dass die behandelten Fälle fx keine wesentlich abgeschlossene Klasse sind? – Doch wohl nur durch die Allgemeinheit der allgemeinen Regel. – Dass sie nicht die Bedeutung für den Kalkül haben, wie eine abgeschlossene Gruppe von Grundzeichen (etwa den Namen der 6 Grundfarben). Wie anders, als durch die Regeln, die von ihnen ausgesagt sind. – Wenn ich etwa in einem Spiel die Erlaubnis habe, eine gewisse Art von Steinen in beliebiger Anzahl zu borgen, andere aber in festgesetzter Anzahl vorhanden sind, oder das Spiel zwar zeitlich unbegrenzt, aber räumlich begrenzt ist, haben wir ja wohl denselben Fall. Und der Unterschied zwischen den einen und den anderen Figuren des Spiels muss eben durch die Spielregeln festgesetzt sein. Es heisst dann etwa von der einen: Du kannst soviele Steine dieser Art nehmen, als Du willst. – Und nach einem anderen exakteren // bindenderen // Ausdruck der // dieser // Regel darf ich nicht suchen.

 
   
     Das heisst, dass der Ausdruck für die Unbegrenztheit der behandelten Einzelfälle (eben) ein allgemeiner Ausdruck sein wird und kein andrer sein kann, kein Ausdruck, indem die anderen nicht behandelten Einzelfälle in schattenhafter Weise vorkämen.

 
   
     Es ist ja klar, dass ich keine logische Summe als Definition des Satzes “das Kreuz liegt zwischen den Strichen” anerkenne. Und damit ist doch alles gesagt.

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     Eines möchte ich immer sagen, um den Unterschied der Fälle zu erklären, die als Beispiele für einen Begriff beigebracht werden, von denen, die in der Grammatik eine bestimmte abgeschlossene Gruppe bilden. Wird nämlich zuerst erklärt “a,b,c,d sind Bücher. – Nun bringe mir ein Buch” und er bringt eines, das von allen gezeigten verschieden ist, so kann dennoch gesagt werden, er habe ganz richtig nach der aufgestellten Regel gehandelt. Hätte es aber geheissen “a,b,c,d sind meine Bücher. – Bringe mir eines von meinen Büchern”, so wäre es falsch gewesen, überhaupt ein fünf[r|t]es // weiteres // zu bringen und die Antwort hätte gelautet: Ich habe Dir doch gesagt, dass a,b,c,d meine Bücher sind. Im ersten Fall handelt der der Regel nicht zuwider, der einen anderen Gegenstand bringt, als die in der Regel genannten, im zweiten Fall würde er dadurch der Regel zuwider handeln. Wenn Du aber auch nur a,b,c,d im Befehl nanntest, aber die Handlung f(e) als Befolgung des Befehls ansahst, heisst das nicht, dass Du mit F(a,b,c,d …) doch F(a,b,c,d,e) meintest? Oder, wie unterscheiden sich diese Befehle, wenn sie doch von dem Selben befolgt werden? – Ja, aber es hätte ja auch f(g) mit dem Befehl übereingestimmt und nicht nur f(e). – Gut, dann meintest Du eben mit dem ersten Befehl: F(a,b,c,d,e,g). u.s.f. Was immer Du mir bringst, ichn hätte es doch in einer Disjunktion einschliessen können. Wenn wir also eine Disjunktion aller von uns tatsächlich gebrauchten Fälle konstruieren, wie würde sich die syntaktisch von dem allgemeinen Satz unterscheiden? Denn wir dürfen nun nicht sagen, : dadurch, dass der allgemeine Satz auch noch durch r (das nicht in der Disjunktion steht) wahr gemacht wird. Denn dadurch unterscheidet sich der allgemeine Satz nicht von einer Disjunktion, die r enthält. (Und also ist auch jede andere ähnliche Antwort unmöglich.) Wohl aber wird es einen Sinn haben, zu sagen: F(a,b,c,d,e) ist die Disjunktion aller tatsächlich von uns gebrauchten Fälle, aber auch andere Fälle (es wird natürlich keiner erwähnt) machen den allgemeinen Satz “F(a,b,c,d, …)”
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wahr. Während man hierin natürlich nicht den allgemeinen Satz für F(a,b,c, F(a,b,c,d,e) einsetzen kann.

 
   
     Es ist übrigens hier gerade wichtig, dass die Paranthese im vorigen Satz “und also ist auch jede andere ähnliche Antwort unmöglich” ein Unsinn // unsinnig // ist, weil man zwar verschiedene besondere Fälle als Beispiele einer Allgemeinheit geben // angeben // kann, aber nicht verschiedene Variable, da die Variablen r,s,t sich ihrer Bedeutung nach nicht unterscheiden.

 
   
     Man könnte dann freilich nicht sagen, wir befolgen F(E) anders, wenn wir f(d) tun, als eine Disjunktion, worin // in welcher // f(d) vorkommt, denn F(E) = F(E) V f(d). Wem der Be[t|f]ehl gegeben wird “hole mir irgend eine Pflanze, oder diese” (von welcher ihm ein Bild mitgegeben wird), der wird dieses Bild ruhig beiseite legen und sich sagen “da es irgend eine tut, so geht mich dieses Bild nichts an”. Dagegen werden wir das Bild nicht einfach beiseite legen dürfen, wenn es uns mit fünf anderen gegeben wurde und der Befehl lautete, eine von diesen sechs Pflanzen zu bringen. (Es kommt also darauf an, in welcher Disjunktion sich der besondere Befehl befindet.) Und nach dem Befehl “f(a) V f(b) V f(c)” wird man sich anders richten, als nach dem Befehl “f(E)” ( = f(E) V f(c)), auch wenn man jedes Mal f(c) tut. – Das Bild f(c) geht in f(E) unter. (Und es hilft uns ja nichts in einem Kahn zu sitzen, wenn wir b mitsamt ihm unter Wasser sind und sinken.) Man möchte (uns) sagen: Wenn Du auf den Befehl “f(E)” f(c) tust, so hätte Dir ja auch f(c) ausdrücklich erlaubt sein können, und wie hätte sich dann der allgemeine Befehl von einer Disjunktion unterschieden? – Aber auf diese Erlaubnis hättest Du Dich eben, in der Disjunktion mit dem allgemeinen Satz, gar nicht
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stützen können.
     Ist es also so, dass der Befehl “bringe mir eine Blume” nie durch den Befehl ersetzt werden kann von der Form “bringe mir a oder b oder c”, sondern immer lauten muss “bringe mir a oder b oder c, oder eine andere Blume”?
     Aber warum tut der allgemeine Satz so unbestimmt, wenn ich ja doch jeden Fall, der wirklich eintritt, auch im Voraus hätte beschreiben können?

 
   
     Aber auch das scheint mir noch nicht den wichtigsten Punkt dieser Sache zu treffen. Weil es, wie [u|i]ch glaube, nicht eigentlich auf die Unendlichkeit der Möglichkeiten ankommt, sondern auf eine Art von Unbestimmtheit. Ja, gefragt, wie[i|v]iele Möglichkeiten es denn für einen Kreis im Gesichtraumfeld gäbe, innerhalb eines bestimmten Vierecks zu liegen, könnte ich weder eine endliche Zahl nennen, noch sagen, es gäbe unendlich viele (wie in der euklidischen Ebene). Sondern wir kommen hier zwar nie zu einen Ende, aber die Reihe ist nicht endlos im Sinne von /1, x, x + 1/.
     Sondern, kein Ende, zu dem wir kommen, ist wesentlich das Ende. Das heisst, ich könnte immer sagen: ich seh' nicht ein, warum das alle Möglichkeiten sein sollen. – Und das heisst doch wohl, dass es sinnlos ist, von “allen Möglichkeiten” zu sprechen. Der Begriff ‘Pflanze’ und ‘Ei’ wird also von der Aufzählung gar nicht angetastet.

 
   
     Wenn wir auch sagen, wir hätten die besondere Befolgung fa immer als möglich voraussehen können, so haben wir dies doch in Wirklichkeit nie getan. – Aber selbst, wenn ich die Möglichkeit fa vorhersehe und ausdrücklich in meinen Befehl aufnehme, so verliert sie sich neben dem allgemeinen Satz und zwar, weil ich eben aus dem allgemeinen Satz ersehe, dass dieser besondere Fall erlaubt ist, und nicht einfach daraus, dass er im Befehl als erlaubt ◇◇◇ festgesetzt ist. Denn, steht der allgemeine Satz da,
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so nützt mir das Hinzusetzen des besonderen Falles nichts mehr (d.h. eso macht den Befehl nicht expliciter). Denn nur aus dem allgemeinen Satz leite ich ja die Rechtfertigung her, diesen besonderen Fall neben ihn zu setzen. Man könnte nämlich glauben, und darauf geht ja meine ganze Argumentation aus, dass durch das Hinzusetzen des besonderen Falles die – gleichsam verschwommene – Allgemeinheit des Satzes aufgehoben wird. Man könnte sagen // ; dass man sagen könnte // “jetzt brauchen wir sie nicht mehr, wir haben ja hier den bestimmten Fall”. Ja, aber wenn ich doch zugebe, dass ich den besonderen Fall darum hierhersetze, weil er mit dem allgemeinen Satz übereinstimmt! Oder, dass ich doch anerkenne, dass fa ein besonderer Fall von fE ist! Denn nun kann ich nicht sagen: das beweis[s|t] // heisst // eben, dass fE eine Disjunktion ist, deren ein Glied fa ist. Denn wenn dies so ist, so muss sich diese Disjunktion angeben lassen. fE muss dann als eine Disjunktion definiert sein. Eine solche Definition wäre auch ohne weiteres zu geben, sie entspräche aber nicht dem Gebrauch von fE, den wir meinen. Nicht so, dass die Disjunktion immer noch etwas übrig lässt; sondern, dass sie das Wesentliche der Allgemeinheit gar nicht berührt, ja, wenn man sie dieser beifügt, ihrer Rechtfertigung erst von dem allgemeinen Satz nimmt // bezieht // .

 
   
     Ich befehle zuerst fE; er befolgt den Befehl und tut fa. Nun denke ich, ich hätte ihm ja gleich den Befehl “fE V fa” geben können. (Denn, dass fa den Befehl fE befolgt, wusste ich ja früher und es kam ja auf dasselbe hinaus, ihm fE V fa zu befehlen.) Und dann hätte er sich also bei der Befolgung nach der // einer // Disjunktion “tue Eines oder fa” gerichtet. Und ist es, wenn er den Befehl durch fa befolgt, nicht gleichgültig, was in Disjunktion mit fa steht? Wenn er auf jeden Fall fa tut, so ist ja doch der Befehl befolgt, was immer die Alternative ist.
     Ich möchte auch sagen: In der Grammatik ist nichts nachträglich, keine
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Bestimmung nach einer andern, sondern alles ist zugleich da.
     Insofern kann ich also (auch) nicht sagen, ich habe zuerst den Befehl fE gegeben und bin dann erst draufgekommen, dass fa ein Fall von fE ist; jedenfalls aber war und blieb mein Befehl fE, und fa setze ich dazu wissend // in der Erkenntnis // , dass fa mit fE übereinstimmt. Und diese Bestimmung, dass fa mit fE übereinstimmt, setzt doch eben den Sinn des Satzes fE voraus, wenn er überhaupt selbständig festgehalten wird, und nicht erklärt wird, er sei durch eine Disjunktion zu ersetzen. Und mein Satz “jedenfalls war und blieb aber mein Befehl fE u.s.w.” hiess nur, dass ich den allgemeinen Befehl nicht durch eine Disjunktion ersetzt hatte.
     Man kann sich nun denken, dass ich einen Befehl p V fa gebe und der Andre den ersten Teil des Befehls nicht deutlich versteht, wohl aber, dass der Befehl “… [B| V ] fa” lautet. Er könnte dann fa tun und sagen “ich weiss gewiss, dass ich den Befehl befolgt habe, wenn ich auch den ersten Teil nicht verstanden habe”. So nun denke ich es mir auch, wenn ich sage, es käme ja auf die andere Alternative nicht an. Aber dann hat er doch nicht den gegebenen Befehl befolgt, sondern ihn als “fa!” aufgefasst. // als Befehl fa aufgefasst. // Man könnte fragen: Hat der, welcher auf den Befehl “fE V fa” fa tut, den Befehl darum (d.h. insofern) befolgt, weil der Befehl von der Form x V fa ist, oder darum, weil fE V fa = fE ist? Wer fE versteht, also weiss, dass fE V fa = fE ist, der befolgt durch fa fE, auch wenn ich es “fE V fa” schreibe, weil er ja doch sieht, dass fa ein Fall v[i|o]n fE ist. – Und nun kann man uns entgegenhalten: Wenn er sieht, dass fa ein Fall von fE ist, so heisst das ja doch, dass fa disjunktiv ist in fE enthalten ist, dass also fE mit Hilfe von fa definiert ist! Und – muss er jetzt weiter sagen – die übrigen Teile der Disjunktion gehen mich eben nichts an, wenn die Glieder, die ich sehe, [q|a]lle sind, die ich jetzt brauche. “Du hast eben mit der Erklärung ‘dass
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fa ein Fall von fE ist’ nichts weiter gesagt, als dass fa in fE vorkommt, und noch andere Glieder.” – Aber gerade das meinen wir nicht. Und es ist nicht so, als hätten wir durch unsere Bestimmung fE unvollständig // unvollkommen // defini definiert. Denn dann wäre ja eine vollständige Definition möglich. Und es wäre diejenige Disjunktion, nach welcher das angehängte “ V fE” gleichsam lächerlich wäre, weil ja doch nur die genannten // aufgezählten // Fälle für uns in Betracht kämen. Wie wir aber fE auffassen, ist die Bestimmung, dass fa ein Fall von fE ist, keine unvollkommene, sondern gar keine Definition von fE. Ich nähere mich also auch nicht dem Sinn von fE, wenn ich die Disjunktion der Fälle vermehre; die Disjunktion der Fälle V fE ist zwar gleich fE, aber niemals gleich der Disjunktion der Fälle, sondern ein ganz anderer Satz.

 
   
     Auf keinem Umweg kann, was über eine Aufzählung von Einzelfällen gesagt ist // wird // , die Erklärung der Allgemeinheit ergeben // sein // .

 
   
     Kann ich denn aber die Regeln des Folgens in diesem Fall angeben? Denn, wie weiss ich, dass gerade aus fa (Ex).fx folgt? ich kann ja doch nicht alle Sätze angeben, aus denen es folgt. – Das ist aber auch gar nicht nötig; folgt (Ex).fx aus fa, so war das jedenfalls vor jeder besonderen Erfahrung zu wissen, und möglich, es in der Grammatik anzugeben.

 
   
     Ich sagte “es war möglich, vor jeder Erfahrung zu wissen, dass (Ex).fx aus fa folgt und es in der Grammatik anzugeben”. Es sollte aber heissen: ‘(Ex).fx folgt aus fa’ ist kein Satz (Erfahrungssatz) der Sprache, der ‘(Ex).fx’ und ‘fa’ angehören, sondern eine in ihrer Grammatik festgesetzte Regel.
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     Man kann für den Gebrauch der Variablen wohl eine Regel aufstellen und es ist kein Pläonasmus, dass wir dabei eben diese Art der Variablen gebrauchen. Denn brauchten wir sie nicht, so wäre ja durch die Regeln die Variable definiert. Und wir nehmen ja nicht an, dass sie sich definieren lasse, oder: sie definiert werden müsse (denn einmal nehmen die Definitionen doch ein // ihr // Ende).

 
   
     Das heisst (nur), dass – z.B. – die Variable “x²” keine Abkürzung ist (etwa für eine logische Summe) und dass in unserem Gedanken auch nur ein Zeichen dieser Multiplizität vorhanden ist.

 
   
     Denn nehmen wir an, ich hätte 7 Fälle // Spezialfälle // aufgezählt und sagte “ihre logische Summe ist aber nicht der allgemeine Satz”, so ist das nicht genug und ich will noch sagen, dass auch keine andere Zahl von Fällen // Spezialfällen // den allgemeinen Satz ergibt. Aber in diesem Zusatz scheine ich nun wiederum eine Aufzählung, wenn auch nicht wi[k|r]k-
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[k|l]ich so doch quasi schattenhaft auszuführen. Aber so ist es nicht, denn in dem Zusatz kommen ganz andere Wörter als die Zahlwörter vor.

 
   
     “Wie aber soll ich es verbieten, dass ein Zahlwort dort und dort eingesetzt wird? Ich kann doch nicht vorhersehen, welches Zahlwort Einer ◇◇◇ wird einsetzen wollen, um es zu verbieten”. – Du kannst es ja verbieten, wenn es kommt. – Aber da sprechen wir ja schon, allgemein, vom Zahlbegriff!

 
   
     Was macht aber macht ein Zeichen zum Ausdruck der Unendlichkeit? Was gibt ihm den eigentümlichen Charakter dessen, was wir unendlich nennen? Ich glaube, dass es sich ähnlich verhält wie das Zeichen einer enormen Zahl. Denn das Charakteristische des Unendlichen, wie man es so? auffasst, ist seine enorme Grösse.

 
   
     Aber es gibt nicht etwas, was eine Aufzählung ist und doch keine Aufzählung. Eine Allgemeinheit, die quasi nebelhaft aufzählt, aber nicht wirklich und bis zu einer be[w|s]timmten Grenze.

 
   
     Die Punkte in “1 + 1 + 1 + 1 …” sind eben auch nur die vier Pünktchen. Ein Zeichen, für das sich gewisse Regeln angeben lassen müssen. (Nämlich dieselben, wie für das Zeichen “u.s.w. ad inf.”) Dieses Zeichen ahmt zwar die Aufzählung in gewisser Weise nach, ist aber keine Aufzählung. Und das heisst wohl, dass die Regeln, die von ihm gelten, bis zu einem Punkt mit denen, die von einer Aufzählung gelten, übereinstimmen, aber nicht ganz übereinstimmen.

 
   
     Es gibt kein Mittelding zwischen einer // der // bestimmten Aufzählung und der Variablen. // und dem allgemeinen Zeichen. //
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     Man hat natürlich nur die Zahlen bis zu einer gewissen höchsten – sagen wir 10¹⁰ – hingeschrieben. Worin besteht nun die Möglichkeit, Zahlen hinzuschreiben, die man noch nicht hingeschrieben hat? Wie seltsam dieses Gefühl, als wären sie doch schon alle irgendwie vorhanden! (Frege sagte, eine Konstruktionslinie sei in gewissem Sinne schon vorhanden, auch ehe sie gezogen wurde.)

 
   
     Hier ist die Schwierigkeit, sich zu wehren gegen den Gedanken, die Möglichkeit sei eine Art schattenhafter Existenz // Wirklichkeit // .

 
   
     In den Regeln für die Variable a kann eine Variable b vorkommen und auch besondere Zahlzeichen; aber auch keine Gesamtheit von Zahlen.

 
   
     Nun scheint es aber, als wäre damit etwas (aus der Logik) weggeleugnet. Etwa gerade die Allgemeinheit; oder das, was die Punkte andeuten. Das Unfertige (Lockere, Dehnbare) der Reihe // Zahlenreihe // . Und natürlich dürfen und können wir nichts wegleugnen. Wo kommt also diese Unbestimmtheit zum Ausdruck? Etwa so: Wenn wir Zahlen anführen, die wir statt der Variablen a einsetzen dürfen, so sagen wir von keiner, es sei die letzte, oder höchste.

 
   
     Würde uns aber nun nach der Erklärung einer Rechnungsart jemand fragen “und ist nun 103 das letzte Zeichen, welches ich benützen kann”; was sollen wir antworten? “Nein, es ist nicht das letzte”, oder “es gibt kein letztes”? – Aber muss ich ihn nicht zurückfragen: “Und wenn es nicht das letzte ist, was käme dann noch?” Und sagt er nun “104”, so müsste ich sagen: Ganz richtig, Du kannst die Reihe selber fortsetzen.

 
   
     Von einem Ende der Möglichkeit kann ich überhaupt nicht reden.
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     (Nur vor dem Geschwätz muss man sich in der Philosophie hüten. Eine Regel aber, die praktisch anwendbar ist, ist immer in Ordnung.)

 
   
     Es ist klar, dass man einer Regel von der Art /a, x, x + 1/ folgen kann; ich meine, ohne schon von vornherein die Reihe hinschreiben zu können, sondern, indem man sich wirklich nach der Bildungsregel richtet // indem man wirklich der Bildungsregel folgt // . Es ist ja dann dasselbe, wie wenn ich eine Reihe etwa mit der Zahl 1 anfinge und sagte: “nun gib 7 dazu, multipliziere mit 5 und zieh' die Wurzel, und diese zusammengesetzte Operation wende immer wieder auf das // ihr // Resultat an”. (Das wäre ja die Regel /1, x, V(x + 7)∙5/.)

 
   
     Schliesslich ist ja das Wort “u.s.w.” nichts anderes, als das Wort u.s.w.” (d.h. wieder als ein Zeichen des Kalküls, das nicht mehr tun kann, als durch die Regeln zu bedeuten, die von ihm gelten. Das nicht mehr sagen kann, als es zeigt.)
      D.h. es wohnt in dem Wort “u.s.w.” keine geheime Kraft inne, durch die nun die Reihe fortgesetzt wird, ohne fortgesetzt zu werden.

 
   
     Das wohl nicht, wird man sagen, aber eben die Bedeutung der unendlichen Fortsetzung.

 
   
     Man könnte nun aber fragen: Wie kommt es, dass der, welcher die allgemeine Regel nun auf eine weitere Zahl anwendet, nur dieser Regel folgt. Dass keine weitere Regel nötig war, die ihm erlaubt, die allgemeine auch auf diesen Fall anzuwenden; und dass doch dieser Fall in der (allgemeinen) Regel nicht genannt war.

 
   
     Es wundert uns also, dass wir diesen Abgrund zwischen den einzelnen Zah-
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len und dem allgemeinen Satz nicht überbrücken kann.

 
   
     “Kann man sich einen leeren Raum vorstellen?” (Diese Frage gehört merkwürdigerweise hierher.)

 
   
     Es ist einer der tiefstwurzelnden Fehler der Philosophie: die Möglichkeit als ein Schatten der Wirklichkeit. // , die Möglichkeit als einen Schatten der Wirklichkeit zu sehen. //
     Anderseits aber kann es kein Irrtum sein. Und das ist es auch nicht, wenn man den Satz diesen Schatten nennt.

 
   
     Die Gefahr ist natürlich hier wieder, in einen Positivismus zu verfallen, nämlich in einen, der einen eigenen Namen verdient und daher natürlich ein Irrtum sein muss. Denn wir dürfen überhaupt keine Tendenz haben, keine besondere Auffassung der Dinge, sondern müssen alles anerkennen, was jeder Mensch darüber je gesagt hat, ausser soweit er selbst eine besondere Auffassung der oder Theorie hatte.

 
   
     Denn das Zeichen “u.s.w.”, oder ein ihm entsprechendes, ist wohl für die Bezeichnung der Endlosigkeit wesentlich. Natürlich durch die Regeln, die von einem solchen Zeichen gelten. D.h. wir können wohl das Reihenstück “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1” unterscheiden von der Reihe “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, u.s.w.”. Und das letzte Zeichen und sein Gebrauch ist so wesentlich für den Kalkül, als eines der vorhergehenden. // als irgend ein andres. //

 
   
     Das, was mich nun bedrückt, ist, dass das “u.s.w.” scheinbar auch in den Regeln für das Zeichen “u.s.w.” vorkommen muss. Z.B. ist 1, 1 + 1, u.s.w. = = 1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, u.s.w. u.s.w..

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     Aber haben wir denn hier nicht die alte Erkenntnis, dass wir die Sprache nur von aussen beschreiben können? Dass wir also nicht erwarten dürfen, durch eine Beschreibung der Sprache in andere Tiefen zu dringen, als die Sprache selbst offenbart: Denn die Sprache beschreiben wir mittels der Sprache.

 
   
     Wir könnten sagen: Es ist ja [k|g]ar kein Anlass, zu fürchten, dass wir das Wort “u.s.w.” in einer das Endliche übersteigenden Weise gebrauchen.

 
   
     Uebrigens kann der, für das “u.s.w.” charakteristische Teil seiner Grammatik nicht in Regeln über die Verbindung von “u.s.w.” mit einzelnen Zahlzeichen (nicht: “den einzelnen Zahlzeichen”) bestehen – denn diese Regeln geben ja wieder ein beliebiges Stück einer Reihe – sondern in Regeln der Verbindung von “u.s.w.” mit “u.s.w.”.

 
   
     Die Möglichkeit noch weitere Zahlen anzuführen. Die Schwierigkeit scheint uns die zu sein, dass die Zahlen, die ich tatsächlich angeführt habe, ja gar nicht wesentlich sind // keine wesentliche Gruppe sind // und nichts dies andeutet, dass sie eine beliebige Kollektion sind die zufällig aufgeschriebenen unter allen Zahlen.
     (So, als hätte ich in einer Schachtel alle Steine eines Spiels und auf dem Tisch daneben eine zufällige Auswahl aus dieser Schachtel.
     Oder, als wären die einen Ziffern in Tinte nachgezogen, während sie alle schon gleichsam blass vorgezeichnet sind.)
     Dass wir aber ausser diesen zufällig benützten nur die allgemeine Form haben.
     Haben wir hier übrigens nicht – so komisch das klingt – den Unterschied zwischen Zahlzeichen und Zahlen?
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     Wenn ich z.B. sage “‘Kardinalzahlen’ nenne ich alles, was aus 1 durch fortgesetztes Addieren von 1 entsteht”, so vertritt das Wort “fortgesetzt” nicht eine nebelhafte Fortsetzung von 1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, vielmehr ist auch das Zeichen “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, …” ganz exakt zu nehmen; als verschieden von “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1” anderen bestimmten Regeln unterworfen und nicht ein Ersatz // Vertreter // einer Reihe “die sich nicht hinschreiben lässt”.

 
   
     Das heisst: Mit dem Zeichen “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, …” wird auch gerechnet, wie mit (den) Zahlzeichen, nur nach andern Regeln.

 
   
     Was bildet man sich denn aber ein? Welchen Fehler macht man denn? Wofür hält man das Zeichen “1, 1 + 1, …”? D.h.: wo kommt denn das wirklich vor, [d|w]as man in diesem Zeichen zu sehen meint? Etwa, wenn ich sage “er zählte 1,2,3,4 und so weiter bis 1000”? wo es auch möglich wäre, wirklich alle Zahlen hinzuschreiben.

 
   
     Als was sieht man denn “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, …” an?
     Als eine ungenaue Ausdrucksweise. Die Pünktchen sind so, wie weitere Zahlzeichen, die aber undeutlich sind. So, als hörte man auf, Zahlzeichen hinzuschreiben, weil man ja doch nicht alle hinschreiben kann, aber als seien sie allerdings, quasi, in einer Kiste, vorhanden. // … aber als seien sie wohl, gleichsam in einer Kiste vorhanden. // Etwa auch, wie wenn ich von einer Melodie nur die ersten Töne deutlich singe und den Rest nur noch andeute und in Nichts auslaufen lasse. (Oder wenn man beim Schreiben von einem Wort nur wenige Buchstaben deutlich schreibt und mit einem unartikulierten Strich endet.) Wo dann dem ‘undeutlich’ ein ‘deutlich’ entspräche.


 
   
     Ich habe einmal gesagt, es könne nicht Zahlen geben und den Begriff
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der Zahl. Und das ist richtig, wenn es heisst, dass die Variable zur Zahl nicht so steht, wie der Begriff Apfel zu einem Apfel (oder der Begriff Schwert zu Nothung).
     Anderseits ist die Zahlvariable kein Zahlzeichen.

 
   
     Ich wollte aber auch sagen, dass der Zahlbegriff nicht unabhängig von den Zahlen (gegeben) sein könnte, und das ist nicht wahr. Sondern die Zahlvariable ist in dem Sinne von einzelnen Zahlen unabhängig, als es einen Kalkül mit einer Klasse unsrer Zahlzeichen, die von unsern gelten, und ohne die allgemeine Zahlvariable, wohl gibt. Freilich gelten dann eben nicht alle Regeln von diesen Zahlzeichen, die von unsern gelten, aber doch entsprechen sie unseren, wie die Damesteine im Damespiel denen im Schlagdamespiel.

 
   
     Wogegen ich mich wehre, ist die Anschauung, dass eine // die // unendliche Zahlenreihe etwas uns Gegebenes sei, worüber es nun spezielle Zahlensätze und auch allgemeine Sätze über alle Zahlen der Reihe gibt. So dass der arithmetische Kalkül nicht vollständig wäre, wenn er nicht auch die allgemeinen Sätze über die Kardinalzahlen enthielte, nämlich allgemeine Gleichungen der Art a + (b + c) = (a + b) + c. Während schon 1:3 = 0, einem andern Kalkül angehört als 1:3 = 0,3. Und so ist eine allgemeine Zeichenregel (z.B. rekursive Definition), die für 1, (1) + 1, ((1) + 1) + 1, ((1) + 1) + 1) + 1, u.s.w. gilt, etwas andres, als eine spezielle Definition. Und die allgemeine Regel fügt dem Zahlenkalkül etwas neues bei, ohne welches er ebenso vollständig gewesen wäre, wie die Arithmetik der Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, 5.



 
   
     Es fragt sich auch, wo denn der Zahlbegriff (oder Begriff der Kardi-
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nalzahl) unbedingt gebraucht wird. Zahl, im Gegensatz wozu?
/1, x, x + 1/ wohl im Gegensatz zu /5, x, √x/ u.s.w..– Denn wenn ich so ein Zeichen (wie “/1, x, x + 1/”) wirklich einführe – und ◇◇◇ nicht nur als Luxus mitschleppe, so muss ich auch etwas mit ihm tun, d.h., es in einem Kalkül verwenden, und dann verliert es seine Alleinherrlichkeit und kommt in ein System ihm koordinierter Zeichen.

 
   
     Man wird vielleicht sagen: aber ‘Kardinalzahl’ steht doch im Gegensatz zu ‘Rationalzahl’, ‘reelle Zahl’ etc.. Aber dieser Unterschied ist ein Unterschied der Regeln (der von ihnen geltenden Spielregeln) – nicht einer, der Stellung auf dem Schachbrett – nicht ein Unterschied, für den man im selben Kalkül verschiedene koordinierte Worte braucht.

 
   
     Man sagt “dieser Satz ist für alle Kardinalzahlen bewiesen”. Aber sehen wir doch nur hin, wie der Begriff der Kardinalzahl in de[m|nb] Beweis eintritt. Doch nur, indem im Beweis von 1 und der Operation x + 1 die Rede ist – aber nicht im Gegensatz zu Etwas, was den Rationalzahlen entspräche. Wenn man also den Beweis in Prosa mit Hilfe des Begriffsworts ‘Kardinalzahl’ beschreibt, so sehen wir wohl, dass kein Begriff diesem Wort entspricht.

 
   
     Die Ausdrücke “die Kardinalzahlen”, “die reellen Zahlen” sind ausserordentlich irreführend, ausser, wo sie als Teil einer Bestimmung verwendet werden, wie in: “die Kardi[b|n]alzahlen von 1 bis 100”, etc.. “Die Kardinalzahlen” gibt es nicht, sondern nur “Kardinalzahlen” und den Begriff, die Form, ‘Kardinalzahl’. Nun sagt man: “die Zahl der Kardinalzahlen ist kleiner, als die der rellen Zahlen” und denkt sich, man könnte die beiden Reihen etwa nebeneinander schreiben (wenn wir nicht schwache Menschen wären) und dann würde die eine im Endlosen enden, während die andere ins wirklich [|U]nendliche über [d|s]ie hinaus liefe. Aber das ist
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alles Unsinn. Wenn von einer Beziehung, die man nach Analogie “grösser” und “kleiner” nennen kann, die Rede sein kann, dann nur zwischen den Formen ‘Kardinalzahl’ und reelle Zahl’. Was eine Reihe ist, erfahre ich dadurch, dass man es mir erklärt und nur soweit, als man es erklärt. Eine endliche Reihe wurde mir durch Beispiele der Art 1, 2, 3, 4 erklärt, eine endlose durch Zeichen der Art “1, 2, 3, 4, u.s.w.” oder “1, 2, 3, 4 …”.



 
   
     Es ist wichtig, dass ich eine // die // Projektionsregel verstehen (sehen) kann, ohne sie in einer allgemeinen Notation vor mir zu haben. Ich kann aus der Reihe 1/1 2/4 3/9 4/16 eine allgemeine Regel entnehmen – freilich auch beliebig viele andere, aber doch auch eine bestimmte und das heisst, dass für mich diese Reihe irgendwie der Ausdruck dieser einen Regel war.”

 
   
     Hat man “intuitiv” das Bildungsgesetz einer Reihe, z.B. der Reihe m verstanden, so dass man also im Stande ist, ein beliebiges m(v) zu bilden, so hat man das Bildungsgesetz ganz verstanden, also so gut, wie es etwa // irgend // eine algebraische Darstellung vermitteln könnte. D.h. man kann es durch eine solche Darstellung nicht mehr besser verstehen. Und diese Darstellung ist daher insofern auch nicht strenger. Obwohl sie natürlich einprägsamer sein kann.

 
   
     Man ist geneigt, zu glauben, dass die Notation, die eine Reihe durch Anschreiben einiger Glieder mit dem Zeichen “u.s.w.” darstellt, wesentlich unexakt ist[.|,] Iim Gegensatz zur Angabe des allgemeinen Gliedes. Dabei vergisst man, dass die Angabe des allgemeinen Gliedes sich auf eine
351
Grundreihe bezieht, welche nicht wieder durch ein allgemeines Glied beschrieben werden sein kann. So ist 2n + 1 das allgemeine Glied der ungeraden Zahlen, wenn n die Kardinalzahlen durchläuft, aber es wäre Unsinn zu sagen, n sei das allgemeine Glied der Reihe der Kardinalzahlen. Wenn man diese Reihe erklären will, so kann man es nicht durch Angabe des “allgemeinen Gliedes n”, sondern natürlich nur durch eine Erklärung der Art 1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, u.s.w.. Und es ist natürlich kein wesentlicher Unterschied zwischen dieser Reihe und der: 1, 1 + 1 + 1, 1 + 1 + 1 + 1 + 1, u.s.w., die ich ganz ebensogut als Grundreihe hätte nehmen // annehmen // können (sodass dann das allgemeine Glied der Kardinalzahlenreihe
1
2
∙ (n ‒ 1) gelautet hätte).

 
   
                     (Ex).fx & non (Ex,y).fx & fy
                      (Ex,y).fx & fy. & .non (Ex,y,z).fx & fy & fz
                      (Ex,y,z).fx & fy & fz. & .non (Ex,y,z,u).fx & fy & fz & fu
““Wie müsste man es nun anfangen, die allgemeine Form solcher Sätze zu schreiben? Die Frage hat offenbar einen guten Sinn. Denn, wenn ich nur einige solcher Sätze als Beispiele hinschreibe, so versteht man, was das Wesentliche dieser Sätze sein soll.””
     Nun, dann ist also die Reihe der Beispiele schon eine Notation; denn das Verstehen dieser Reihe besteht doch inn der Verwendung dieses Symbols und darin, dass wir es von andern in demselben System unterscheiden, z.B. von:
                             (Ex).fx
                             (Ex,y,z).fx & fy & fz
                             (Ex,y,z,u,v).fx & fy & fz & fu & fv.
Warum sollen wir aber nicht das allgemeine Glied der ersten Reihe so schreiben:
             (E x1 … xn).Π
xn
x1
fx & (E x1 … xn + 1). Π
xn + 1
x1
fx? Ist diese Notation unexakt? Sie selbst soll ja nichts bildhaft machen,
352
sondern nur auf die Regeln ihres Gebrauchs, das System in die sie gebraucht wird, kommt es an. // , auf das System, in dem sie gebraucht wird, kommt es an. Die Skrupel, die ihr anhaften, schreiben sich von einem Gedankengang her, der sich mit der Zahl der Urzeichen in dem Kalkül der ‘Principia Methamatica’ beschäftigte.
353






 
    
    
    
     Kann man sagen, die Erwartung ist eine vorbereitende, erwartende, Handlung. – Es wirft mir jemand einen Ball, ich strek strecke die Hände aus und richte sie zum Erfassen des Balls. Aber sagen wir, ich hätte mich verstellt, ich hatte erwartet, dass er nicht werfen würde, wollte aber so tun, als erwartete ich den Wurf. Worin besteht dann mein Erwarten, dass er nicht werfen wird, wenn meine Handlung die gegenteilige Erwartung ausdrückt? Diese // Sie // musste doch auch in etwas bestehen, was ich tat. Ich war also doch irgendwie nicht drauf vorbereitet, dass der Ball kam.

   
     Es ist sehr trivial, wenn ich sage, dass ich in der Erwartung eines Flecks die Erwartung eines kreisförmigen von der eines eliptischen muss unterscheiden können und es überhaupt so viele Unterschiede in der Erwartung geben muss, wie in den Erfüllungen der Erwartungen. (Der Hunger und der Apfel, der ihn befriedigt, haben nicht die gleiche Multiplizität.)
355


 
   
⌊⌊ Wenn wir die Worte “ich wissen wollen was die Worte “ich erwarte daß er kommt” bedeuten, – fragen wir uns: Was ist das Kriterium dafür, daß, was wir tun ist, ihn zu erwarten.
     Wie weiß wissen wir, daß wir ihn erwarten?
⌋⌋

 
    
     Nehmen wir an, ich erwarte jemand: ich sehe auf die Uhr, dann zum Fenster hinaus, richte etwas in meinem Zimmer zurecht, schaue wieder hinaus, etc.. Diese Tätigkeit könnte ich das Erwarten nennen. Denke ich nun die ganze Zeit dabei? (D.h. ist diese Tätigkeit wesentlich eine Denktätigkeit, oder von ihr begleitet?) Letzteres bestimmt nicht. Und wenn ich jene Tätigkeiten Denken nenne, welches wären die Worte, durch die dieser Gedanke ausgedrückt würde? – Wohl aber werden auch Gedanken während dieses Wartens sich einfinden. Ich werde mir sagen: “vielleicht ist er zu Hause aufgehalten worden”, und drgl. mehr; vielleicht auch die artikulierte Erwartung “wenn er nur käme”.
     In allen jenen erwartenden Handlungen ist nichts, was uns interessiert (die Erfüllung der Erwartung in diesem Sinn ist nichts anderes, als die Stillung eines Hungers). Uns interessiert nur das zu einem Zweck gemachte Bild. – Der artikulierte Gedanke.

    
     Es ist – glaube ich, – wichtig zu erkennen, dass, wenn ich etwa glaube, dass jemand zu mir kommen wird, mein Dauerzustand nichts mit dem Betreffenden und den übrigen Elementen des Gedankens zu tun hat, d.h. sie nicht enthält. Das Gleiche gilt aber für Erwartung, Wunsch, etc. etc.. Wenn ich jemand erwarte, so denke ich nicht während dieser ganzen Zeit, dass er kommen wird, oder dergleichen. Ja selbst, wenn ich es gerade denke, so ist ja dieser Vorgang kein amorpher, wie etwa der des Schmerzes, sondern besteht nur darin, dass ich etwa jetzt gerade den Satz sage, “er wird kommen”. Man kann nicht amorph sehen, dass etwas der Fall ist, glauben, dass etwas der Fall ist, wünschen, befürchten, denken, etc..

    
     Der Ausdruck der Erwartung ist die Erwartung.

356
   
     Die Vorbereitung ist quasi selbst die Sprache und kann nicht über [w|s]ich selbst hinaus. (In dem “nicht über sich selbst hinauskönnen” liegt die Aehnlichkeit meiner Betrachtungen und jener der Relativitätstheorie.)

 
   
     Wenn ich früher gesagt habe, es kommt darauf an, ob dieses Bild erwartet wird, d.h., ob wir gerade dieses Bild “verwenden” (“benützen”) so könnte ich jetzt sagen, es kommt darauf an, ob gerade dieses Bild unsere Sprache ist. // zu unserer Sprache gehört. //

 
   
     Die Sprache als Ausdruck der Erwartung ist das Vorbereitete.
357




 
    
    
     Die Erwartung und die Tatsache, die die Erwartung befriedigt, passen doch irgendwie zusammen. Man soll nun eine Erw[q|a]rtung beschreiben, und eine Tatsache, die zusammenpassen, damit man sieht, worin diese Uebereinstimmung besteht. Da denkt man sofort an das Passen einer Vollform in eine entsprechende Hohlform. Aber wenn man nun hier die beiden beschreiben will, so sieht man, dass, soweit sie passen, eine Beschreibung für beide gilt. Vergleiche das Passen eines Hutes zu einem Kleid.

   
     Kann man den Vorgang des Verständnisses eines Befehls mit dem Vorgang der Befolgung d vergleichen, um zu zeigen, dass diese Befolgung diesem Verständnis, dieser Auffassung, wirklich entspricht? und inwiefern sie übereinstimmen? Gewiss, – nämlich z.B. die Auffassung p' mit der Befolgung p. “Ich habe mir das heller vorgestellt”. Aber nicht die Vorstellung ist als solche heller als die Wirklichkeit.

 
   
     Kann man denn die Erwartung mit der eingetroffenen Tatsache ver-
358
gleichen? Man sagt ja, die Tatsache stimme mit der Erwartung überein oder nicht überein. Aber dieses Uebereinstimmen bezieht sich nicht auf Eigenschaften der Erwartung als solcher (des Vorgangs der Erwartung) und Eigenschaften des Ereignisses als Realität.
     Kann man eine Hohlform mit einer Vollform vergleichen.


 
    
     (Es ist aber nicht so als ob ich sagte: “ich habe Lust auf einen Apfel, was immer also diese Lust stillen wird, werde ich einen Apfel nennen”. (Also etwa auch ein Schlafmittel.))

    
     Das Seltsame ist ja darin ausgedrückt, dass, wenn das // dies // der Fleck ist, den ich erwartet habe, er sich nicht von dem unterscheidet, den ich erwartet habe. Wenn man also fragt: “Wie unterscheidet sich denn der Fleck von dem, den Du erwartet hast, denn in Deiner Erwartung war doch der wirkliche Fleck nicht vorhanden, sonst hättest Du ihn nicht erwarten können”, so ist die Antwort dennoch: der Fleck ist der, den ich erwartet habe.

    
     Ich sage “genau so habe ich mir's vorgestellt”. Und jemand antwortet etwa “das ist unmöglich, denn das eine war eine Vorstellung und das andere ist keine; und hast Du etwa Deine Vorstellung für Wirklichkeit gehalten?”

    
     “Ich erwarte mir einen Schuss”. Der Schuss fällt. Wie, das hast Du Dir erwartet; war also dieser Krach irgendwie schon in Deiner Erwartung? “Der Knall ist leiser als ich mir ihn erwartet habe” – “Hat es also in Deiner Erwartung lauter geknallt?” Oder stimmt Deine Erwartung nur in anderer Beziehung mit dem Eingetretenen überein, war dieser Lärm nicht in Deiner Erwartung enthalten und kam nur als Accidens hinzu, als die Erwartung erfüllt wurde? Aber nein, wenn der Lärm nicht eingetreten wäre, so wäre meine Erwartung nicht er-
359
füllt worden; der Lärm hat sie erfüllt, er kam nicht zu der Erfüllung hinzu wie ein zweiter Gast zu dem einen, den ich erwartete.

    
     War das am Ereignis, was nicht auch in der Erwartung war, ein Accidens, eine Beigabe des Schicksals // der Schickung // ? Aber was war denn dann nicht Beigabe, kam denn irgend etwas vom Schuss schon in meiner Erwartung vor? Und was war denn Beigabe, denn hatte ich mir nicht den ganzen Schuss erwartet.

   
     Unterscheidet sich etwa ein vorgestellter Ton von dem gleichen, wirklich gehörten durch die Klangfarbe?!

 
   
     Es hat auch einen Sinn zu sagen, es sei nicht das geschehen, was ich erwartet habe, sondern etwas ähnliches; im Gegensatze aber zu dem Fall, wenn das geschieht, was erwartet wurde. Und das zeigt, welcher Art der Missbrauch der Sprache ist, zu welchem // dem // wir hier verleitet werden.

 
    
     Wenn man nun sagte: Das Rot, das Du Dir vorstellt, ist doch gewiss nicht dasselbe (dieselbe Sache) wie das, was Du wirklich vor Dir ziehst, – wie kannst Du dann sagen ‘das ist dasselbe, was ich mir vorgestellt habe’? – Zeigt denn das nicht nur, dass, was ich “dieses Rot” nenne, eben das ist, was meiner Vorstellung und der Wirklichkeit gemein ist? Denn das Vorstellen des Rot ist natürlich anders als das Sehen des Rot, aber darum heisst ja auch das eine “Vorstellen eines roten Flecks” und das andre “Sehen eines roten Flecks”. In beiden (verschiedenen) Ausdrücken aber kommt dasselbe Wort “rot” vor und so muss dieses Wort nur das bezeichnen, was beiden Vorgängen zukommt.
     Ist es denn nicht dasselbe in den Sätzen “hier ist ein roter Fle[f|c]k”
360
und “hier ist kein roter Fleck”? In beiden kommt das Wort “rot” vor, also kann dieses Wort nicht das Vorhandensein von etwas Rotem bedeuten. – (Der Satz “das ist rot” ist nur eine Anwendung des Wortes “rot”, gleichberechtigt mit allen anderen, wie mit dem Satz “das ist nicht rot”.)
     (Das Wort “rot” hat eben – wie jedes Wort – nur im Satzzusammenhang eine Funktion. Und ist das Missverständnis das, in dem Wort allein schon den Sinn d eines Satzes zu sehen glauben?)

    
     Wie komisch wäre es, zu sagen: ein Vorgang sieht anders aus, wenn er geschieht, als wenn er nicht geschieht. Oder: “Ein roter Fleck sieht anders aus, wenn er da ist, als wenn er nicht da ist, aber die Sprache abstrahiert von diesem Unterschied, denn sie spricht von einem roten Fleck, ob er da ist oder nicht”.

   
     Wie unterscheidet sich das Rot eines Flecks, den wir vor uns sehen, von dem dieses Flecks, wenn wir ihn uns bloss vorstellen? – Aber wie wissen wir denn, dass es das Rot dieses Flecks ist, wenn es (von dem Ersten verschieden ist? – Woher wissen wir denn, dass es dasselbe Rot ist, wenn es verschieden ist // nicht dasselbe ist // ? – Dieser Callimathias zeigt, dass hier ein Missbrauch der Sprache vorliegt.

 
    
     Wie ist es möglich, dass ich erwarte, und das, was ich erwarte, kommt? Wie konnt' ich es erwarten, da es nicht da war?
     Die Realität ist keine Eigenschaft, die dem Erwarteten noch fehlt und die nun hinzutritt, wenn es eintritt. – Sie ist auch nicht wie das Tageslicht, das den Dingen erst ihre Farbe gibt, wenn sie im Dunkeln schon gleichsam farblos vorhanden sind.
     Wie konnte ich es erwarten, und es kommt dann wirklich; – als
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ob die Erwartung ein dunkles Transparent wäre und mit der Erfüllung das Licht dahinter angezündet würde. – Aber jedes solche Gleichnis ist falsch, weil es die Realität ˇals einen beschreibbaren Zusatz zur Erwartung // zum Gedanken // darstellt; was unsinnig ist.
     (Es ist das im Grunde derselbe Unsinn, wie der, der die vorgestellte Farbe als matt im Vergleich zur wirklichen darstellt.)

    
     Du siehst also, möchte ich sagen, an diesen Beispielen, wie die Worte wirklich gebraucht werden.

   
     Ich habe etwas vorausgesagt, es tritt nun ein, und ich sage nun einfach “es ist eingetroffen” und das beschreibt schon den Tatbestand vollkommen. Er ist also auch jetzt nur so weit beschrieben, als man ihn auch hat beschreiben können, bevor // ehe // er eingetreten war.

 
   
     Wenn ich einfach sagen kann “es ist eingetroffen” so kann ich andrerseits nicht // nicht auch // beschreiben, wie ein Tatbestand sein muss, um eine bestimmte Erwartung zu befriedigen.

 
   
     Das Befolgen des Befehls liegt darin, dass ich etwas tue ‒ ‒ ‒ Kann ich aber auch sagen, ‘dass ich das tue, was er befiehlt’? Gibt es ein Kriterium dafür, dass das die Handlung ist, die ihn befolgt?
     Was soll hier unter einem Kriterium verstanden werden.


 
   
     Die Erwartung verhält sich eben zu ihrer Befriedigung nicht wie der Hunger zu seiner Befriedigung. Ich kann sehr wohl den Hunger beschreiben und das, was ihn stillt, und sagen, dass es ihn stillt.

 
   
     Wenn ich ein Ereignis erwarte und es kommt dasjenige, welches meine
362
Erwartung erfüllt, hat es dann einen Sinn zu fragen, ob das wirklich das Ereignis ist, welches ich erwartet habe.ch D.h. wie würde ein Satz, der das behauptet, verifiziert werden?ch


 
    
     “Wie weisst Du, dass Du einen roten Fleck erwartest?” – d.h. “wie weisst Du, dass ein roter Fleck die Erfüllung dessen ist, was Du Dir erwartest”. Aber ebensogut könnte man fragen, “wie wei[w|s]st Du, dass das ein ro[f|t]er Fleck ist?”
     Wie weisst Du, dass, was Du getan hast, wirklich war, das Alphabet im Geist herzusagen? – Aber wie weisst Du, dass, was Du hersagst, nun wirklich das Alphabet is ist?
     Das ist natürlich die gleiche Frage wie: Woher weisst Du, dass, was Du rot nennst, wirklich dasselbe ist, was der Andre so nennt. Und die eine Frage ebenso unsinnig wie andere.

   
     Was immer ich über die Erfüllung der Erwartung sagen mag, was sie zur Erfüllung dieser Erwartung machen soll, zählt sich zur Erwartung, ändert den Ausdruck der Erwartung. D.h., der Ausdruck der Erwartung ist der vollständige Ausdruck der Erwartung.

 
   
     Wenn ich sage “das ist dasselbe Ereignis, welches ich erwartet habe” und “das ist dasselbe Ereignis, was auch an jenem Ort stattgefunden hat”, so bedeutet hier das Wort “dasselbe” jedesmal etwas anderes. (Man würde auch normalerweise nicht sagen “das ist dasselbe, was ich erwartet habe”, sondern “das ist das, was ich erwartet habe”.) ¥
⋎ S. 23/3
363





 
    
    
     Es könnte gesagt werden: Wie kann ich denn das Ereignis erwarten, es ist ja noch garnicht da?

   
     Man kann sich vorstellen, es sei etwas der Fall, was nicht ist: sehr merkwürdig! Denn, w dass die Vorstellung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt, ist nicht merkwürdig, dass sie sie aber dann repräsentiert, ist merkwürdig.

 
    
     Sokrates: Wer also vorstellt, was nicht ist, der stellt nichts vor? – Theaitetos: So scheint es. – S.: Wer aber nichts vorstellt, der wird gewiss überhaupt garnicht vorstellen? – Th.: Offenbar, wie wir sehen.
     Setzen wir in diesem Argument // und dem ihm vorhergehenden // statt “vorstellen” etwa “
töten
zerschneiden
”, so läuft es auf eine Regel der Verw[d|e]ndung dieses Wortes hinaus. Man dürfe nicht sagen: “ich zerschneide // töte // etwas, was nicht existiert”. // Es hat keinen Sinn zu sagen …

364
   
     Ich kann mir einen Hirsch auf dieser Wiese vorstellen, der nicht da ist, aber keinen töten, der nicht da ist. – Und sich einen Hirsch vorstellen, der nicht da ist, heisst, sich vorstellen, dass ein Hirsch da ist, obwohl keiner da ist. Einen Hirsch töten aber, heisst nicht: töten, dass ein Hirsch da ist (also: verschiedene grammatische Regeln). Wenn aber jemand sagt: “um mir einen Hirsch vorzustellen, muss es ihn doch in einem gewissen Sinne geben”, so ist die Antwort: nein, es muss ihn dazu in keinem Sinne geben. Und wenn darauf gesagt würde: Aber z.B. die braune Farbe muss es doch geben, damit ich mir sie vorstellen kann, so ist zu sagen: “‘Es gibt die braune Farbe’ heisst überhaupt nichts, ausser etwa, dass sie da oder dort d als Färbung eines Gegenstandes (Flecks) auftritt // erscheint // und das ist nicht nötig, damit ich mir einen braunen Hirsch vorstellen kann.”

 
   
     “Ich stelle mir vor, wie das sein wird” (wenn der Sessel weiss gestrichen sein wird) – wie kann ich es mir denn vorstellen, wenn es nicht ist?! Ist denn die Vorstellung eine Zauberei?

 
    
     Man möchte fragen: Welcher ausserordentliche Prozess muss das Wollen sein, dass ich das schon jetzt wollen kann, was ich erst in 5 Minuten tun werden?!

¥ ⋎ S. 23/2, ¥3
   
     Die Antwort: Wenn Dir das sonderbar vorkommt, son vergleichst Du es mit etwas, womit es nicht zu vergleichen ist. – Etwa damit: Wie kann ich jetzt dem Mann die Hand geben, der erst in 5 Minuten hereintreten wird? (Oder etwa gar: Wie kann ich dem die Hand geben, den ◇◇◇ es vielleicht gar nicht gibt?)

 
    
     Das ‘foreshadowing’ der Tatsache besteht offenbar darin, dass wir
365
jetzt denken können, dass das eintreffen wird, was erst eintreffen wird. Oder, wie das irreführend ausgedrückt wird: dass wir (an) das denken können, was erst eintreffen wird.

   
⌊⌊ Wir sagen, daß der Ausdruck der Erwartung die erwartete Tatsache beschreibt & denken an sie wie an einen Gegenstand oder Komplex der ˇ mit bei der Erfüllung der Erwartung in die Erscheinung tritt ⌋⌋

 
   
     “Wenn immer ich über die Erfüllung eines Satzes rede, rede ich über sie im Allgemeinen. Ich beschreibe sie in irgendeiner Form. Ja, es liegt diese Allgemeinheit schon darin, dass ich die Beschreibung zum Voraus geben kann und jedenfalls unabhängig von dem Eintreten der Tatsache.”

 
   
     Wenn man sagt, dass die Tatsache auf “allgemeine Art” beschrieben wird // Wenn wir sagen, dass wir die Tatsachen auf “allgemeine Art” beschreiben // , so setzen wir diese Art im Geiste einer andern entgegen. (Diese Entgegenstellung nehmen wir aber natürlich von wo anders her.) Wir denken uns, dass bei der Erfüllung etwas Neues entsteht und nun da ist, was früher nicht da war. Das heisst, wir denken an einen Gegenstand oder Komplex, auf den wir nun zeigen können, beziehungsweise, der sich nun selbst repräsentieren kann, während die Beschreibung nur sein Bild war. Wie wenn ich den Apfel, der auf diesem Zweig wachsen wird, zum Voraus gemalt hätte, nun aber er selber kommt. Man könnte dann sagen, die Beschreibung des Apfels war allgemein, d.h. mit Wörtern, Farben, etc. bewerkstelligt, die schon vor dem Apfel und nicht speziell für ihn da waren. Gleichsam altes Gerümpel im Vergleich mit dem wirklichen Apfel. Vorläufer // Vorbilder // , die alle abdanken müssen, wenn der Erwartete // (selber) kommt.

 
    
     Aber der Erwartete ist nicht die Erfüllung, sondern: dass er gekommen ist.

366
    
     Dieser Fehler ist tief in unserer Sprache verankert: Wir sagen “ich erwarte ihn” und “ich erwarte sein Kommen” und “ich erwarte, dass er kommt”.

   
     Die Tatsache wird allgemein beschrieben heisst, sie wird ◇◇◇ aus alten Bestandteilen zusammengesetzt.
     Sie wird beschrieben, das ist so, als wäre sie uns, ausser durch die Beschreibung, noch anders gegeben.


 
   
     Hier wird die Tatsache mit einem Haus oder einem andern // sonstigen // Komplex gleichgestellt.

 
    
     Noch einmal der Vergleich: der Mensch tritt ein – die Tatsache // das Ereignis // tritt ein: Als wäre die Tatsache // das Ereignis // schon vorgebildet vor der Tür der Wirklichkeit und würde nun in diese eintreten, wenn sie // es // eintritt.

    
     Das ganze Problem der Bedeutung der Worte ist darin aufgerollt, dass ich den A suche, ehe ich ihn gefunden habe. – Es ist darüber zu sagen, dass ich ihn suchen kann, auch wenn er in gewissem Sinne nicht existiert.
     Wenn wir sagen, ein Bild ist ◇◇◇ da[t|z]u nötig, wir müssen in irgend einem Sinne ein Bild von ihn herumtragen, so sage ich: vielleicht; aber was hat es für einen Sinn, zu sagen, es sei ein Bild von ihm. Das hat also auch nur einen Sinn, wenn ich ein weiteres Bild von ihm habe, das dem Wort “ihm” entspricht.

   
     Man sagt etwa: Wenn ich von der Sonne spreche, muss ich ein Bild der Sonne in mir haben. – Aber wie kann man sagen, dass es ein Bild der
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Sonne ist. Hier wird doch die Sonne wieder erwähnt, im Gegensatz zu ihrem Bilde. Und damit ich sagen kann: “das ist ein Bild der Sonne”, müsste ich ein weiteres Bild der Sonne besitzen. u.s.w..


 
   
     Man könnte nur sagen: Wenn er von der Sonne spricht, muss er ein visuelles Bild (oder Gebilde von der und der Beschaffenheit – rund, gelb, etc.) vor sich sehen. Nicht, dass das wahr ist, aber es hat Sinn, und dieses Bild ist dann ein Teil des Zeichens.

 
    
     Wie seltsam, ich kann ihn suchen, wenn er nicht da ist, aber ich kann nicht auf ihn zeigen, wenn er nicht da ist. Das ist eigentlich das Problem des Suchens und zeigt den irreführenden Vergleich.
     Man könnte sagen wollen: da muss er doch auch dabei sein, wenn ich ihn suche. – Dann muss er auch dabei sein, wenn ich ihn nicht finde, und auch, wenn es ihn nicht gibt.

    
     Ihn (etwa meinen Stock) suchen, ist eine Art des Suchens und unterscheidet sich davon, dass man etwas andres sucht, durch das, was man beim Suchen tut (sagt, denkt), nicht durch das, was man findet.

    
     Und trage ich beim Suchen ein Bild mit mir oder eine Vorstellung, nun gut. Und sage ich, das Bild sei das Bild des Gesuchten, so sagt das nur, welchen Platz das Bild im Vorgang des Suchens einnimmt. Und finde ich ihn und sage “da ist er! den habe ich gesucht”, so sind die letzten Worte nicht etwa eine Worterklärung für die Bezeichnung des gesuchten Gegenstandes (etwa für die Worte “mein Stock”), die erst jetzt, wo er gefunden ist, gegeben werden könnte // kann // . – Wie man das, was man wünscht, nach der Erfüllung des Wunsches nicht besser weiss, oder erklären kann, als vorher.
368
    
     Man kann den Dieg Dieb nicht hängen ehe man ihn hat, wohl aber schon suchen.

    
     “Du hast den Menschen gesu[f|c]ht? Wie war das möglich, er war doch gar nicht da!”

   
     “Ich suche meinen Stock. – Da ist er!” Dies letztere ist keine Erklärung des Ausdrucks “mein Stock”, die für das Verständnis des ersten Satzes wesentlich wäre und die ich daher nicht hätte geben können, ehe mein Stock gefunden war. Vielmehr muss der Satz “da ist er”, wenn er nicht eine Wiederholung der (auch) früher möglichen Worterklärung ist, ein neuer synthetischer Satz sein.

 
    
     Das Problem entspricht einer Verwechslung des eines Wortes oder Ausdrucks mit dem Satz, der die Existenz, das Dasein, des Gegenstands behauptet.

    
     “Den hast Du gesucht? Du konntest ja nicht einmal wissen, ob er da ist!” (Vergleiche dagegen das Suchen nach der Dreite[l|i]lung des Winkels.)

   
     Auch haben wir hier die Verwechslung zwischen der Bedeutung und dem Träger eines Wortes. Denn der Gegenstand, auf den ich bei dem Worte “den” zeige, ist der Träger des Namens, nicht seine Bedeutung.

 
   
     Kurz: ich suche den Träger des Namens, nicht dessen // seine // Bedeutung // die Bedeutung des Namens // .
     Aber anderseits: ich suche und hänge den Träger des Namens. (﹖)

 
   
     Man kann von dem Träger des Namens sagen, dass er ([)|e]xistiert oder)
369
nicht existiert, und das ist natürlich keine Tätigkeit, obwohl man es mit einer verwechseln könnte und sagen, er müsse doch dabei sein, wenn er nicht existiert. (Und das ist von einem Philosophen bestimmt schon einmal geschrieben worden.)

 
   
     (“Ich suche ihn”. – “Wie schaut er aus”. – “Ich weiss es nicht, aber (ich bin sicher) ich werde ihn wiedererkennen, wenn ich ihn sehe”.)

 
    
     Der Gedanke, dass uns (erst) das Finden zeigt // sagt // , was wir erwartet haben, heisst, den Vorgang so beurteilen, wie etwa die Symptome der Erwartung bei einem Andern. Ich sehe ihn etwa unruhig auf und ab gehen; da kommt jemand zur Tür herein und er wird ruhig und gibt Zeichen der Befriedigung; und nun sage ich: “er hat offenbar diesen Menschen erwartet”.

/ \ ✓
    
     Die ‘Symptome der Erwartung’ sind nicht der Ausdruck der Erwartung.
     Und zu glauben, ich wüsste erst nach dem Finden, was ich gesucht (nach der Erfüllung, was ich gewünscht) habe, läuft auf einen unsinnigen “behaviourism” hinaus.

   
     “Ich wünsche mir eine gelbe Blume”. – “Ja, ich gehe und suche Dir eine gelbe Blume. Hier habe ich eine gefunden”. – Gehört die Bedeutung von “gelbe Blume” mehr zum letzten Satz, als zu den zwei vorhergehenden?

 
   
     Die Bedeutung des Wortes “gelb” ist nicht die Existenz eines gelben Flecks: Das ist es, was ich über das Wort “Bedeutung” suchen sagen möchte.

370


 
   
     ““Die Vorstellung, die mit dem Wort rot verbunden ist, ist gewiss die, welche der Tatsache entspricht, dass etwas rot ist, – nicht die, die der Tatsache entspricht, dass etwas blau, also nicht rot ist. Statt der Worterklärung “das ist rot” sollte ich sagen “so sieht es aus, wenn etwas rot ist”. Ja, die Vorstellung rot ist die Vorstellung, dass etwas rot ist. Und darauf beruht jene Verwechslung von Wort und Satz, von der ich früher sprach.””

 
   
⌊⌊ Könnte man zur [e|E]rklärung des Wortes “rot” auf etwas ˇhinweisen was nicht rot ist? Wie wenn man einem der der deutschen Sprache nicht mächtig ist das Wort “bescheiden” erklären sollte & man zeigte dazu auf einen sehr
arroganten
unbescheidenen
Menschen & sagte zur Erklärung: “der ist das Gegenteil von bescheiden”. Es ist kein Argument gegen diese Erklärungsweise daß sie mißverstan vieldeutig ist. Mißverstanden werden kann jede Erklärung. ⌋⌋

 
   
     Und hier ist, glaube ich, ein Hauptanstoss zum Missverständnis, dass
es einen doppelten Sinn hat, wenn ich vom “Vorkommen … ” rede.
das “Vorkommen von rot” in zwei Tatbeständen als deren gemeinsamer Bestandteil einen doppelten Sinn hat.
⌊⌊Das Mißverständnis äußert sich auch darin daß es doppelsinnig ist vom “vorkommen …” zu reden.⌋⌋ In dem einen Fall heisst es, dass sowohl da wie dort etwas rot ist – d.h. die Eigenschaft rot hat. In dem andern handelt es sich nicht um eine Gemeinsamkeit der Farbe (die ja durch eine Farbangabe ausgedrückt würde).
     Diese Gemeinsamkeit ist eben die Harmonie
von
zwischen
Welt // Wirklichkeit // und Gedanken, die nicht zu beschreiben ist. // d[er|ie] in Wahrheit eine
Form
Regel
unserer
Sprache
Ausdrucksweise
entspricht.
371





 
    
    
     In der Sprache berühren sich Erwartung und Ereignis.

   
     “Ich sagte, ‘geh' aus dem Zimmer’ und er ging aus dem Zimmer”.
     “Ich sagte, ‘geh aus dem Zimmer’ und er ging langsam aus dem Zimmer”.
     ”Ich sagte, ‘geh aus dem Zimmer’ und er sprang zum Fenster hinaus”.
     Hier ist eine Rechtfertigung möglich, auch wo die Beschreibung der Handlung nicht die ist, die der Befehl gibt.


 
   
     Es ist doch offenbar nicht unmöglich // undenkbar // , dass Einer die gelbe Blume so mit einem Phantasiebild sucht, wie ein Anderer mit dem färbigen Täfelchen, oder ein Dritter in irgendeinem Sinne, mit dem Bild einer Reaktion, die durch das, was er sucht, hervorgerufen werden soll (Klingel).
     Womit immer aber er suchen geht (mit welchem Paradigma immer), nichts zwingt ihn, das als das Gesuchte anzuerkennen, was er am Schluss wirklich anerkennt, und die Rechtfertigung in Worten, oder andern Zeichen, die er dann von dem Resultat // Ergebnis // gibt, rechtfertigt wieder
372
nur
in
im
Bezug auf eine andere Beschreibung in derselben Sprache.


 
   
     Die Schwierigkeit ist aufzuhören, ‘warum’ zu fragen (ich meine, sich dieser Frage zu enthalten).

 
   
     Du befiehlst mir “bringe mir eine gelbe Blume”; ich bringe eine und Du fragst: “warum hast Du mir so eine gebracht?” Dann hat diese Frage nur einen Sinn, wenn sie zu ergänzen ist “und nicht eine von dieser (andern) Art”.
      D.h., diese Frage gehört schon in // bezieht sich schon auf // ein System; und die Antwort muss man sich auf das gleiche System beziehen.


 
   
     Auf die Frage “warum tust Du das auf meinen Befehl?” kann man fragen: “was?”
     Da wäre es nun absurd zu fragen “warum bringst Du mir eine gelbe Blume, wenn ich Dir befohlen habe, mir eine gelbe Blume zu bringen”. Eher könnte man fragen “warum bringst Du eine rote Blume, wenn ich sagte, Du solltest eine gelbe bringen” oder “warum bringst Du eine dunkelgelbe auf den Befehl ‘bring' eine gelbe’?”


 
   
      Noch einmal: was ist das Kriterium dafür, dass der Befehl richtig ausgeführt wurde? Was ist das Kriterium, nämlich auch für den Befehlenden? Wie kann er wissen, ◇◇◇ dass der Befehl nicht richtig ausgeführt wurde. Angenommen, er ist von der Ausführung befriedigt und sagt nun: “von dieser Befriedigung lasse ich mich aber nicht täuschen, denn ich weiss, dass doch nicht das geschehen ist, was ich wollte”. Er [i|e]rinnert sich in irgend einem Sinne daran, wie er den Befehl gemeint hatte. ‒ ‒ ‒ In welchem Sinne? Woran erinner[t|e] ich mich, wenn ich mich erinnere, das
373
gewünscht zu haben.

 
   
[Zu: Behauptung, etc.]

     Man hat vielleicht das Gefühl: es kann doch nicht im Satz “ich glaube, dass p der Fall ist” das ‘p’ dasselbe bedeuten, wie in der Behauptung “p”, weil ja in der Tatsache des Glaubens, dass p der Fall ist, die Tatsache dass p der Fall ist, nicht enthalten ist.

 
    
     Man hat das Gefühl, dass ich mich im Satz “ich erwarte, dass er kommt” der Worte “er kommt” in anderem Sinne bediene, als in der Behauptung “er kommt”. – Aber wäre es so, wie könnte ich davon reden, dass meine Erwartung durch die Tatsache befriedigt ist?

    
     Nun könnte man aber fragen: Wie schaut das aus, wenn er kommt? – “Es geht die Tür auf und ein Mann tritt herein, der …”. Wie schaut das aus, wenn ich erwarte, dass er kommt? – “Ich gehe auf und ab, sehe auf die Uhr, …”. – Aber der eine Vorgang hat ja mit anderen nicht die geringste Aehnlichkeit! Wie kann man dann dieselben Worte zu ihrer Beschreibung gebrauchen? Aber, auf- und- abgehen konnte ich ja auch, ohne zu ˇer-warten, dass er kommen werde, auf die Uhr sehen auch, etc.; das ist also nicht das Charakteristische des Erwartens, dass er kommt. Das Charakteristische aber ist nur eben durch diese Worte gegeben. Und “er” heisst dasselbe, wie in der Behauptung “er kommt” und “kommt” heisst dasselbe, wie in der Behauptung, und ihre Zusammenstellung bedeutet nichts anderes. D.h. z.B.: eine hinweisende Erklärung des Wortes “er” gilt für beide Sätze.

   
⌊⌊ Diesen Vorgang würde ich nicht mit den Worten “ich erwarte daß er kommt” beschreiben. Worin läge es denn z.B. daß ich gerade ihn erwarte? Ich sagte doch der Vorgang der Erwartung sollte ein solcher sein, daß ich, ihn sehend, erkennen müßte was erwartet wird. ⌋⌋

 
   
[Zu: Behauptung, etc.]

     Wenn ich non-p glaube, so glaube ich dabei nicht zugleich p, weil “p” in “non-p” vorkommt.

374
 
   
     p kommt in non-p in demselben Sinne vor, wie non-p in p.19

 
   
     Die Worte “vorkommen” etc. sind eben unbestimmt, wie alle solche Prosa. Exakt und unzweideutig und unbestreitbar sind nur die grammatischen Regeln, die am Schluss zeigen müssen, was gemeint ist.
375




 
    
   
⌊⌊ Denn es ist also als ob dieses Etwas, die Handlung, ein Ding wäre das wir in der Befolgung des Befehls in die Existenz treten solle & als ob der Befehl uns eben dieses Ding kennen lehrte, also zeigte, so daß er es also schon in irgend einem Sinne in die Existenz riefe // rufen müßte // .
Wie kann der Befehl die Erwartung uns den Menschen zeigen ehe er in unser Zimmer eingetreten ist?!
⌋⌋

 
    
     Die Beschreibung der Sprache muss dasselbe leisten wie die Sprache.

    
     Denn dann kann ich wirklich aus dem Satz, der Beschreibung der Wirklichkeit, ersehen, wie es sich in der Wirklichkeit verhält.

    
     (Aber nur das nennt man ja “Beschreibung” und nur das nennt man ja “ersehen, wie es sich verhält”!)

    
     (Und etwas anderes ist es ja nicht, was wir alle damit sagen: dass wir aus der Beschreibung ersehen, wie es sich in Wirklichkeit verhält.)

    
     “Du beziehst von dem Befehl die Kenntnis dessen, was Du zu tun hast.
     Und doch gibt Dir der Befehl nur sich selbst, und seine Wirkung ist gleichgültig.”

   
     Das wird erst dann seltsam, wenn der Befehl etwa ein Glockenzeichen
376
ist. – Denn, in welchem Sinne mir dieses Zeichen mitteilt, was ich zu tun habe, ausser dass ich es einfach // eben // tue und das Zeichen da war ‒ ‒ ‒. Denn es ist auch nicht das, dass ich es erfahrungsgemäss immer tue, wenn das Zeichen gegeben wird.


 
   
     Darum hat es ja auch ohne weiteres keinen Sinn, zu sagen: “Ich muss gehen, weil die Glocke geläutet hat”. Sondern, dazu muss noch etwas anderes gegeben sein.

 
   
     Wie kann man die Handlung von dem Befehl “hole eine gelbe Blume” ableiten? – Wie kann man das Zeichen “5” aus dem Zeichen “2 + 3” ableiten?

 
    
     Kann man denn, und in welchem Sinne kann man, aus dem Zeichen plus dem Verständnis (also der Interpretation) die Ausführung ableiten, ehe sie geschieht? Alles was man ableitet, ist doch nur eine Beschreibung der Ausführung und auch diese Beschreibung war erst da, nachdem man sie abgeleitet hatte.

    
     Die Ausführung des Befehls leiten wir von diesem erst ab, wenn wir ihn ausführen.

    
     The bridge can only be crossed when we get there. (Gemeint ist die Brücke zwischen Zeichen und Realität.)

    
     Von der Erwartung zur Erfüllung ist ein Schritt einer Rechnung. Ja, die Rechnung
25 × 25
50
125
steht zu ihrem Resultat 625 genau im Verhältnis der Erwartung zur Erfüllung.

377


    
     Und so weit – und nur so weit – als diese Rechnung ein Bild des Resultats ist, ist auch die Erwartung ein Bild der Erfüllung.

    
     Und so weit das Resultat von der // durch die // Rechnung, so weit ist die Erfüllung durch die Erwartung bestimmt. // … von der Rechnung bestimmt ist, so weit … //

    
     “Der Befehl nimmt die Ausführung voraus”. Inwiefern nimmt er sie denn voraus? Dadurch, dass er das befiehlt // dass er jetzt befiehlt // , was später ausgeführt (oder nicht ausgeführt) wird. Oder: Das, was wir damit meinen, wenn wir sagen, der Befehl nimmt die Ausführung voraus, ist dasselbe, was dadurch ausgedrückt ist, dass der Befehl befiehlt, was später geschieht. Aber richtig: “geschieht, oder nicht geschieht”. Und das sagt nichts. (Der Befehl kann sein Wesen eben nur zeigen.)

    
     Aber, wenn auch mein Wunsch nicht bestimmt, was der Fall sein wird, so bestimmt er doch sozusagen das Thema einer Tatsache, ob die nun den Wunsch erfüllt, oder nicht.

   
     Muss er nun dazu etwas voraus wissen? Nein. p. V .non-p sagt wirklich nichts.

 
    
     Wir wundern uns – sozusagen – nicht darüber, dass Einer die Zukunft weiss, sondern – darüber, dass er überhaupt (richtig oder falsch) prophezeien kann.

    
     Es ist, als würde die blosse Prophezeiung (gleichgültig ob richtig oder falsch) schon einen Schatten der Zukunft vorausnehmen. – Während
378
sie über die Zukunft nichts weiss, und weniger als nichts nicht wissen kann.

   
     Worin besteht das Vorgehen nach einer Regel? – Kann man das fragen? –
     Ich gehe nach einer Regel vor heisst: i[v|c]h gehe so vor, dass das, was herauskommt, …. Dass das, was herauskommt, dieser Regel genügt.
     Nach der Regel vorgehen, heisst so vorgehen, und das ‘so’ muss die Regel enthalten.


 
   
     Wenn die Regel heisst “wo Du ein siehst, schreib' ein ‘c’”, so ist damit gegeben, was ich tun soll, so weit es überhaupt gegeben sein kann.

 
   
     Denn mehr bestimmt, als durch eine genaue Beschreibung, kann etwas nicht sein. Dennk, bestimmen kann nur heissen, es beschreiben. ch

 
   
     Dann ist eine Handlung nicht bestimmt, wenn die Beschreibung noch etwas offen lässt // gelassen hat // (so, dass man sagen kann “ich weiss noch nicht ob …”) was also die eine Beschreibung bestimmen kann. Ist die Beschreibung vollständig, so ist die Handlung bestimmt. Und das heisst, es kann der Beschreibung nur eine Handlung entsprechen. (Nur so können wir das Wort // diesen Ausdruck // gebrauchen.)
     (Erinnern wir uns an die Argumentation über “Zahnschmerzen”.)
ch

 
   
     Hier ist auch der Zusammenhang mit der Frage: “sieht der Andere wirklich dieselbe Farbe, wenn er blau sieht, wie ich?” Freilich, er sieht blau! Das ist ja eben dieselbe Farbe. – D.h., die Frage, ob er als blau dieselbe Farbe sieht, ist unsinnig, wenn angenommen ist, dass wir das Recht haben, was er sieht und ich sehe, als ‘blau’ zu bezeichnen. Lässt
379
sich im gewöhnlichen Sinne – d.h. nach der gewöhnlichen Methode – konstatieren, dass er nicht dieselbe Farbe sieht, so kann ich nicht sagen, dass wir beide blau sehen. Und lässt es sich konstatieren, dass wir beide blau sehen, dann “sehen wir beide die gleiche Farbe”, denn dieser Satz hat ja nur auf diese Proben bezug.

 
   
     
[Zu: Erinnerungszeit]

     Und so // analog // verhält es sich mit der Frage: “ist das, was ich jetzt ‘gelb’ nenne, gewiss die gleiche Farbe, die ich früher ‘gelb’ genannt habe?” – Gewiss, denn es ist ja gelb. – Aber woher weisst Du das? – Weil ich mich daran erinnere. – Aber kann die Erinnerung nicht täuschen? – Nein. Nicht, ﹖– wenn ihr Datum gerade das ist, wonach ich mich richte –﹖. ◇◇◇ ch

 
    
     Wenn man nun fragt: Ist also die Tatsache durch die Erwartung auf ja und nein bestimmt, oder nicht, d.h. ist es bestimmt, in welchem Sinne die Erwartung durch ein Ereignis – welches immer eintrifft – beantwortet werden wird, so muss man antworten: ja! Unbestimmt wäre es etwa im Falle einer Disjunktion im Ausdruck der Erwartung.

    
     Wenn ich sage “der Satz bestimmt doch schon im Voraus, was ihn wahr machen wird”: Gewiss, der Satz ‘p’ bestimmt, dass p der Fall sein muss, um ihn wahr zu machen; das ist aber auch alles, was man darüber sagen kann, und heisst nur “der Satz p – der Satz, den die Tatsache p wahr macht”.
   
     In der Sprache wird alles ausgetragen.


380




 
    
    
     Wenn eine Vorrichtung ◇◇◇ als Bremse wirken soll, tatsächlich aber aus irgendwelchen Ursachen den Gang der Maschine beschleunigt, so ist die Absicht, der die Vorrichtung dienen sollte, aus ihr allein nicht zu ersehen.
     Wenn man sagt “das ist der Bremshebel, er funktioniert aber nicht”, so spricht man von der Absicht. Aehnlich ist es, wenn man eine verdorbene Uhr doch eine Uhr nennt.

    
     Angenommen, das Anziehen des Bremshebels bewirkt manchmal das Abbremsen der Maschine und manchmal nicht. So ist daraus allein nicht zu schliessen, dass er als Bremshebel gedacht war. Wenn nun eine bestimmte Person immer dann, wenn der Hebel nicht als Bremshebel wirkt, ärgerlich würde –. So wäre damit auch nicht das gezeigt, was ich zeigen will. Ja, man könnte dann sagen, dass der Hebel einmal die Bremse, einmal den Aerger betätigt. – Wie drückt es sich nämlich aus, dass die Person darüber ärgerlich wird, dass der Hebel die Bremse nicht
381
betätigt hat?
     (Dieses über etwas ärgerlich sein ist nämlich scheinbar von ganz derselben Art, wie: etwas fürchten, etwas wünschen, etwas erwarten, etc.) Das “über etwas ärgerlich sein” verhält sich nämlich zu dem, worüber man ärgerlich ist, nicht wie die Wirkung zur Ursache, also nicht wie Magenschmerzen zu der Speise mit der man sich den Magen verdorben hat. Man kann darüber im Zweifel sein, woran man sich den Magen verdorben hat und die Speise, die etwa die Ursache ist, tritt in die Magenschmerzen nicht als ein Bestandteil dieser Schmerzen ein; dagegen kann man, in einem gewissen Sinne, nicht zweifelhaft sein, worüber man sich ärgert, wovor man sich fürchtet, was man glaubt. (Es heisst nicht “ich weiss nicht, – ich glaube heute, aber ich weiss nicht woran”!) – Und hier haben wir natürlich das alte Prob[o|l]em, dass nämlich der Gedanke, dass das und das der Fall ist, nicht voraussetzt, dass es der Fall ist. Dass aber anderseits doch etwas von der Tatsache für den Gedanken selbst Voraussetzung sein muss. “Ich kann nicht denken, dass etwas rot ist, wenn rot garnicht existiert”. Die Antwort darauf ist, dass die Gedanken in im demselben Raum sein müssen, wie das Zweifelhafte[k|,] wenn auch an einer andern Stelle. Im Raum der Sprache nämlich.

   
⌊⌊ Der Satz “ich könnte nicht denken daß etwas rot ist wenn Rot nicht existierte” bezieht sich wirklich auf die Vorstellung von etwas Rotem oder die Existenz eines roten Musters als Teil unserer Sprache. Aber natürlich kann man auch nicht sagen, unsere Sprache müsse ein solches Muster enthalten. Enthält sie es nicht so ist sie eben eine Andere. Aber man kann sagen & betonen, daß sie es enthält. ⌋⌋

 
   
In der Sprache wird alles ausgetragen.

 
    
     Darin, und nur darin besteht auch die (prästabilierte) Harmonie zwischen Welt und Gedanken.
     Die Intention ist nun aber von genau derselben Art wie – z.B. – der Aerger. Und da scheint es irgendwie, als würde man die Intention von aussen betrachtet nie als Intention erkennen; als müsste man sie selbst intendieren // meinen // , um sie als Meinung zu verstehen (von innen). Das hiesse aber, sie nicht als Phänomen, nicht als Tatsache, zu betrachten! D.h. es hieße eine weitere (unklar angedeutete) Bedingungˇ der Erfahrung allem hinzufügen. Und freilich, wenn
Meinen
die Meinung
eine Erfahrung ist so muß man aber diese haben um zu wirklich zu meinen & nicht eine andere die man nennen könnte die Meinung von außen sehen.
Da ist zuerst zu sagen daß es hier kein außen & innen gibt.

⌊⌊ Woher
die Idee
der Gedanke
man könne etwas “nicht als Phänomen” betrachten? Wie kommt denn hier das Subjekt in die Betrachtung?
⌋⌋

⌊⌊ Die Frage Das Problem aber ist: wie kann man die Intention wenn man sie nun hat in die Worte übersetzen, sie sei die Intention das [Den|& das] zu tun? Denn daß die Intention nur kennt wer sie erlebt hat (siehe Zahnschmerzen) gebe ich zu; warum aber nennst Du sie die Intention das zu tun. Das hat mit ihrem unbeschreibbaren Charakter offenbar nichts zu tun⌋⌋

⌊⌊ Und einerseits ist das so als wollte man sagen, man könne Zahnschmerzen, nur von innen betrachtet als solche erkennen. Von außen betrachtet wäre er z.B. gar nicht unangenehm.
     Und hier erinnert die Intention an den Willen (auch im Schopenhauerschen Sinn).
Die Zahnschmerzen geben [e|E]iem aber gar kein solches Problem
Die Frage Das Problem aber ist: wie kann man die Intention wenn man sie nun hat in die Worte übersetzen, sie sei die Intention das & das zu tun? Denn daß die Intention nur kennt wer sie erlebt hat (siehe Zahnschmerzen) gebe ich zu; warum aber nennst Du sie die Intention das zu tun. – Das hat mit ihrem unbeschreibbaren Charakter offenbar nichts zu tun.
⌋⌋


Das ist natürlich wieder das vorige Problem, denn der Witz ist, dass man es den Gedanken (als selbständige Tatsache betrachtet) ansehen
382
muss, dass er der Gedanke ist, dass das und das der Fall ist. Kann man es ihm nicht ansehen (so wenig wie den Magenschmerzen woher sie rühren), dann hat er kein logisches Interesse, oder vielmehr, dann gibt es keine Logik. – Das kommt auch darauf hinaus, dass man den Gedanken mit der Realität muss unmittelbar vergleichen können und es nicht erst einer Erfahrung bedürfen kann, dass diesem Gedanken diese Realität entspricht. (Darum unterscheiden sich auch Gedanken nach ihrem Inhalt, aber Magenschmerzen nicht nach dem, was sie hervorgerufen hat.)
     Meine Auffassung scheint unsinnig, wenn man sie so ausdrückt: man soll sehen können, worüber Einer denkt, wenn man ihm den Kopf aufmacht; wie ist denn das möglich? die Gegenstände, über die er denkt, sind ja garnicht in seinem Kopf (ebensowenig wie in seinen Gedanken)!
     Man muss nämlich die Gedanken, Intentionen (etc.) von aussen betrachtet als solche verstehen, ohne über die Bedeutung von etwas unterrichtet zu werden. Denn auch die Relation des Bedeutens wird ja dann als ein Phänomen gesehen (und ich kann // darf // dann nicht wieder auf eine Bedeutung des Phänomens hinweisen müssen, da ja dieses Bedeuten wieder in
dem Phänomen mit
den Phänomenen
inbegriffen ist).

    
     Wenn man den Gedanken betrachtet, so kann also von einem Verstehen keine Rede mehr sein, denn, sieht man ihn, so muss man ihn als den Gedanken dieses Inhalts erkennen, es ist nichts zu deuten. – Aber so ist es ja wirklich, wenn wir denken, da wird nicht gedeutet. –

  ✓ /  
⌊⌊ Kann man Magenschmerzen von außen betrachtet als solche verstehen? Und was heißt es heißt sind “Magenschmerzen von außen betrachtet”. Es sind Magenschmerzen gemeint die man hat nicht die des Andern deren Wirkungen man sieht.

Wie kommt es daß ich hier etwas der Erfahrung entgegensetzen will?
⌋⌋

 
  /  
⌊⌊ Freilich, sofern das Meinen eine spezifische Erfahrung ist kann man keine Andere das Meinen nennen. Nur erklärt keine besondere Erfahrung die Richtung der Meinung. Und wenn wir sagten “von außen betrachtet …” so wollen wir auchˇ gar nicht sagen die Meinung sei eine besondere Erfahrung sondern sie sei nicht etwas was geschähe oder uns geschähe, sondern (denn das wäre ja tot) sondern etwas was wir tun. ⌋⌋

 
   
⌊⌊      Das Subject falle hier nicht aus der Erfahrung heraus sondern sei so in ihr involviert daß sich die Erfahrung nicht beschreiben ließe ⌋⌋

 
   
      ⌊⌊Es ist beinahe als sagte man wir können uns nicht dort hingehen sehen da wir nicht selbst gehen. (Und also nicht stehen & zuschauen können) Aber hier laborieren wir eben wie soˇ sehr oft an einer Ausdrucksweiseˇ die inadäquat ist die wir abschütteln wollen & ˇaber zugleich doch gebrauchen & kleiden den Protest gegen unsere eigene Ausdrucksweise in einen verneinenden Satz in dieser Ausdrucksweise. ⌋⌋ ⌊⌊Denn wenn man sagt “wir sehen uns dorthin gehen” so meint man eben daß wir sehen was man sieht wenn man selbst geht & nicht was⌋⌋ man sieht wenn ein Andrer geht. Und man sieht ja hat ja auch eine bestimmte [s|S]eherfahrung wenn man selbst geht.

 
   
      Die kausale Bedeutung d Erklärung des Bedeutens und Verstehens lautet im Wesentlichen so: einen Befehl verstehen heisst, man würde ihn ausführen, wenn ein gewisser Riegel zurückgezogen würde. – Es würde jemandem befohlen, einen Arm zu heben, und man sagt: den Befehl verstehen heisst, den Arm zu heben. Das ist klar, wenn auch gegen unseren Sprachgebrauch
383
(wir nennen das “den Befehl befolgen”). Nun sagt man // [ Frege] // ] aber: den Befehl verstehen heisst, entweder den Arm heben, oder, wenn das nicht, etwas bestimmtes Anderes tun – etwa das Bein heben. Nun heisst das aber nicht “verstehen im ersten Sinn, denn der Befehl war nicht “den Arm oder das Bein zu heben”. Der Befehl bezieht sich also (nach wie vor) auf eine Handlung, die nicht geschehen ist. Mit andern Worten, es bleibt der Unterschied bestehen zwischen dem Verstehen und dem Befolgen des Befehls. Und weiter // [ Frege] // ]: ein unverstandener Befehl ist gar kein Befehl. – Dieses Verstehen des Befehls kann nicht irgend eine Handlung sein, (etwa den Fuss heben) sondern sie muss das Wesen des Befehls selbst enthalten.

 
   
     “In dem Faktum des Verstehens muss das Verstehen (was immer es ist) seinen Ausdruck finden.
     In dem Vorgang des Verstehens (welcher immer der sei) muss das Verstehen ausgedrückt sein.”
     (Wenn ich Einem in die Seele sehe, müsste ich sehen, woran er denkt. Siehe Vorgang des Denkens.)

 
    
     In der Sprache wird alles ausgetragen.

   
⌊⌊ Wenn ich in der Sprache denke so schweben mir nicht neben dem sprachlichen Ausdruck noch Bedeutungen vor sondern die Sprache selbst ist das Vehikel der Gedanken. ⌋⌋

 
   
     Warum scheint mir mein Gedanke ein so exceptionelles Stück Wirklichkeit zu sein? Doch nicht, weil ich ihn “von innen” kenne, das heisst nichts; sondern offenbar, weil ich alles in Gedanken ausmache, und über das Denken auch nur wieder denke.

 
   
⌊⌊ Die Spra Alles wird auf den gemeinsamen Nenner der Sprache gebracht & dort verglichen.
384
⌋⌋




 
    
   
[Zu §80 S.375]

     Man könnte nämlich denken, wie ist es; der Gedanke und die Tatsache sind verschieden; aber wir nennen den Gedanken: den, dass die Tatsache der Fall ist; oder die Tatsache: die, welche den Gedanken wahr macht. Ist da das Eine eine Beschreibung mit Hilfe des Anderen? Wird der Gedanke mittels der Tatsache, die ihn wahr macht beschrieben, also einer äusseren Eigenschaft nach beschrieben, wie wenn ich von jemandem sage, er sei mein Onkel?20






 
   
     Wenn man den Ausdruck “der Gedanke, dass … der Fall ist” als Beschreibung erklärt, so ist damit wieder nichts erklärt, weil es sich fragt: wie ist eine solche Beschreibung möglich, sie selbst selber wieder das Wesen des Gedankens voraus, denn sie enthält den Hinweis auf eine Tatsache, die nicht geschehen ist, also gerade das, was problematisch war.

 
    
     Die Erfüllung der Erwartung besteht nicht darin, dass ein Drittes ge-
385
schieht, das man ausser eben als “die Erfüllung der Erwartung” auch noch anders beschreiben könnte, also z.B. als ein Gefühl der Befriedigung, oder der Freude, oder wie immer.
     Denn die Erwartung, dass p der Fall sein wird, muss das Gleiche sein, wie der die Erwartung der Erfüllung dieser Erwartung, dagegen wäre, wenn ich unrecht habe, die Erwartung, dass p eintreffen wird, verschieden von der Erwartung, dass die Erfüllung dieser Erwartung eintreffen wird.

    
     Könnte denn die Rechtfertigung lauten: “Du hast gesagt ‘bring’ etwas Rotes’ und dieses hier hat mir daraufhin ein Gefühl der Befriedigung erzeugt // gegeben // , darum habe ich es gebracht”?

    
     Müsste man da nicht antworten: Ich habe Dir doch nicht geschafft, mir das zu bringen, was Dir auf [D|m]eine Worte hin ein solches Gefühl geben wird!

    
     Ich gehe die gelbe Blume suchen. Auch wenn mir während des Gehens ein Bild vorschwebt, brauche ich es denn, wenn ich die gelbe Blume – oder eine andere – sehe? – Und wenn ich sage “sobald ich eine gelbe Blume sehe, schnappt, gleichsam, etwas in der Erinnerung // dem Gedächtnis // ein”: kann ich denn dieses Einschnappen eher voraussehen, erwarten, als die gelbe Blume? Ich wüsste nicht, warum. D.h., wenn es in einem bestimmten Fall wirklich so ist, dass ich nicht die gelbe Blume, sondern ein anderes (indirektes) Kriterium erwarte, so ist das dies jedenfalls keine Erklärung des Erwartens.

    
     Aber geht nicht mit dem Eintreffen des Erwarteten immer ein Phänomen der Zustimmung // Bejahung (oder Befriedigung[/|)] Hand in Hand? Dann frage ich: Ist dieses Phänomen ein anderes, als das Eintreten des Erwar-
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teten? Wenn ja, dann weiss ich nicht, ob so ein anderes Phänomen die Erfüllung immer begleitet. – Oder ist es dasselbe, wie die Erfüllung? Wenn ich sage: Der, dem die Erwartung erfüllt wird, muss doch nicht sagen “ja, das ist es” (oder dergleichen), so kann man mir antworten: “gewiss, aber er muss doch wissen, dass die Erwartung erfüllt ist”. – Ja, soweit das Wissen dazu gehört, da dass [d|s]ie erfüllt ist. In diesem Sinne: wüsste er's nicht, so wäre sie nicht erfüllt. – “Wohl, aber, wenn einem eine Erwartung erfüllt wird, so tritt doch immer eine Entspannung auf!” – Woher weisst Du das? –

   
     Beim Versteckenspiel erwarte ich, den Fingerhut zu finden. Wenn ich ihn finde, gebe ich ein Zeichen der Befriedigung von mir, oder ich fühle doch (eine) Befriedigung. Dieses Phänomen mag ich auch erwartet haben (oder auch nicht), aber diese Erwartung ist nicht die, den Fingerhut zu finden. Ich kann beide Erwartungen haben und die sind offenbar ganz getrennt.

 
   
     Es ist nicht so, dass wir eine Unbefriedigung // das Phänomen einer Unbefriedigung
bemerken
spüren // merken
, die dann durch finden des Fingerhutes aufgehoben wird // vergeht // , und nun sagen: “also war jenes Phänomen die Erwartung des Fingerhutes // den Fingerhut zu finden // ”.
     Nein, das erste Phänomen ist die Erwartung des Fingerhutes [n| // ] den Fingerhut zu finden // so sicher, als // wie // das zweite das Finden des Fingerhutes ist. Das Wort “Fingerhut” // Der Ausdruck “finden des Fingerhuts” // gehört zu der Beschreibung des ersten so notwendig, wie zur Beschreibung des zweiten. Nur verwechseln wir nicht “die Bedeutung des Wortes ‘Fingerhut’” (den Ort dieses Worts im grammatischen Raume) mit der Tatsache, dass ein Fingerhut hier ist.
387




 
    
    
     “
Wenn der Gedanke ein Bild ist, so erscheint die Beschäftigung mit diesen Bild als Spielerei …
Die Beschäftigung mit dem Bild erscheint als Spielerei,
wenn sie sich nicht mit der uns [u|i]nteressierenden Wirklichkeit befasst. Wenn ich hoffe, dass er zur Tür hereinkommen wird, so beschäftige ich mich mit dieser Tür, etwa mit dem Boden, auf den er treten wird. Und das Uebrige, was die Phantasie tut, ist nicht Spiel, sondern eine Art Vorbereitung, eine Tätigkeit (sozusagen eine Arbeit), die die Form des Bildes in sich trägt. Etwa so (nur nicht unbedingt so explicit) wie wenn ich seinen Weg mit einem Teppich belegen und an einer bestimmten Stelle einen Stuhl herrichten wollte.”
     Denn warum sollen wir uns gerade für dieses Bild interessieren, wo wir uns doch sonst mit Seelenzuständen, Magenschmerzen, etc. nicht befassen.

   
⌊⌊      Der Kalkül des Denkens knüpft mit der Wirklichkeit an. ⌋⌋

 
   
⌊⌊      Die Erwartung ist eine vorbereitende Handlung. Eine vorbereitende Handlung innerhalb der Sprache (Berechnung des Dampfkessels.) ⌋⌋




 
   
⌊⌊      [gehört zur Erklärung des Wesens der Erwartg. Erwartg. als Hohlform eine Follform fordernd.
Die Erwartung ist eine ˇerwartende vorbereitende Handlung. Eine vorb. H. innerhalb der Sprache. In der Sprache wird alles ausgetragen. // Die Erwartg. ist eine Vorbereitung auf etwas eine Vorbereitung innerhalb d. Sprache.
Siehe S. 354 ⌋⌋

 
   
     (Der Plan kann mich nur leiten, wenn ich auch auf dem Plan bin.)

 
   
     Wenn ich mit verbundenen Augen die Richtung verloren habe und man mir nun sagt: geh' dort und dort hin, so hat dieser Befehl keinen Sinn für mich.
388


 
   
[Zu S. 102]

     Ich erwarte mir, dass der Stab im selben Sinne 2 m hoch sein wird, in dem er jetzt 1 m 99 cm hoch ist.
      In der Spr. wird alles ausgetr.



 
   
     In demselben Sinne, ind dem er jetzt 1 m hoch ist, wird er später 1,5 m hoch sein.

 
    
     Wäre der Gedanke sozusagen eine Privatbelustigung und hätte nichts mit der Aussenwelt zu tun, so wäre er für uns ohne jedes Interesse (wie etwa die Gefühle bei einer Magenverstimmung). Was wir wissen wollen ist: Was hat der Gedanke mit dem zu tun, was ausser dem Gedanken vorfällt. Denn seine Bedeutung, ich meine seine Wichtigkeit, bezieht er ja nur daher.
     Was hat das, was ich denke, mit dem zu tun, was der Fall ist.

    
     Das Denken als Ganzes und seine mit seiner Anwendung geht sozusagen automatisch d.h. als Kalkül vor sich. – Wieviele Zwischenstufen ich auch zwischen den Gedanken und die Anwendung setze, immer folgt eine Zwischenstufe der nächsten – und die Anwendung der letzten – ohne Zwischenglied. Und hier haben wir den gleichen Fall, wie wenn wir zwischen Entschluss und Tat durch Zwischenglieder vermitteln wollen.

   
     Wenn ich gehe, so enthält der einzelne Schritt nicht das Ziel, wohin mich das Gehen bringen wird. Komme ich ans Ziel, so war jeder Schritt ein Schritt zu diesem Ziel.

390


 
   
[Zu S. 102 §29]

     “Worin besteht es, sich eine gelbe Blume zu wünschen? Wesentlich darin, dass man in dem, was man sieht, eine gelbe Blume vermisst? Also auch darin, dass man erkennt, was in dem Satz ausgedrückt ist “ich sehe jetzt keine gelbe Blume”.”
389
 
   
[Zu S. 102]

     Könnte man auch sagen: Man kann die Erwartung nicht beschreiben, wenn man die gegenwärtige Realität nicht beschreiben kann oder, man kann die Erwartung nicht beschreiben, wenn man nicht eine vergleichende Beschreibung von Erwartung und Gegenwart geben kann in der Form: Jetzt sehe ich hier einen roten Kreis und erwarte mir später dort ein blaues Viereck.
      D.h., der Sprachmasstab muss an dem Punkt der Gegenwart angelegt werden und deutet dann über ihn hinaus – etwa in der Richtung der Erwartung.

 
   
⌊⌊ Ich will sagen um den Ort des Gewünschten zu bestimmen muß mein Sat mein Satz wie ein Maßstab auf die gegenwärtige Situationˇ in gewisser Richtg aufgesetzt werden, denn wie sollte er sonst den Punkt im Raum zeigen wo das gewünschte sein soll? Aber auch wenn so der Maßstab an der Wirklichkeit aufstehtsitzt warum muß ich ihn dann als gerade diesen Wunsch interpretieren? Die Schwierigkeit die man hier lösen will ist wieder: “wie bestimmt der Wunsch das gewünschte”. Und man trachtet wieder vergebens die Erfüllung des Wünsches im Wunsche schon vorwegzunehmen. ⌋⌋

 
   
[Zu S. 102]

     Ich will sagen: wenn ich über eine gelbe Blume rede, muss ich zwar keine sehen, aber ich muss etwas sehen und das Wort “gelbe Blume” hat quasi nur in Uebereinstimmung mit oder im Gegensatz zu dem Bedeutung, was ich sehe. Seine Bedeutung würde quasi nur von dem aus bestimmt, was ich sehe, entweder als das, was ich sehe, oder als das, was davon in der und der Richtung so und so weit liegt. Hier meine ich aber weder Richtung noch Distanz räumlich im gewöhnlichen Sinn, sondern es kann die Richtung von Rot nach Blau und die Farbendistanz von Rot auf ein bestimmtes Blaurot gemeint sein. – Aber auch so stimmt meine Auffassung nicht. Es ist schon richtig, dass der Satz “ich wünsche eine gelbe Blume” den Gesichtsraum voraussetzt, nämlich nur insofern, als er in unserer Sprache voraussetzt, dass der Satz “ich sehe jetzt eine gelbe Blume” und sein Gegenteil Sinn haben muss // hat // . Ja, es muss auch Sinn haben, oder vielmehr, es hat auch Sinn, zu sagen “das Gelb, was ich mir wünsche, ist grünlicher als das, welches ich sehe”. Aber anderseits wird der grammatische Ort des Wortes “gelbe Blume” nicht durch eine Massangabe, bezogen auf das, was ich jetzt sehe, bestimmt. Obwohl, soweit von einer solchen Entfernung und Richtung die Rede überhaupt sein kann, durch die Beschreibung des gegenwärtigen Gesichtsbildes und des Gewünschten diese Entfernung und Richtung im grammatischen Raum gegeben sein muss.
 
    
     Ich habe das Gefühl, nur die Stellungnahme zu dem Bild kann es uns zur Wirklichkeit machen, d.h., kann es mit der Wirklichkeit so verbinden, gleichsam wie eine Lasche, die die Ueberleitung von dem Bild zur Wirklichkeit herstellt, die beiden in der rechten Lage zueinander haltend, dadurch, dass beide für sie dasselbe bedeuten.
     Die Furcht verbindet das Bild mit de[n|m] Schrecken der Wirklichkeit // mit der Wirklichkeit // .

   
          Ich könnte vielleicht auch fragen: Was ist es, was dem Bild eine Bedeutung gibt?
          Die Kontinuität des Kalküls in mir.
          Ich benehme mich dem Bild gegenüber ähnlich wie der Wirklichkeit gegenüber & der Kalkül das Nachdenken in mir vollzieht sich in einer Einstellung oder einer kontinuierlichen Reihe von Einstellungen. D.h. ich erlebe das Bild in seiner Art, wie die Wirklichkeit in ihrer Art.


 
   
          Daß wir das Bild erleben, Unsere Stellungnahme zu dem Bild, daß wir das Bild erleben …
macht den Gedanken
macht es uns
zur Wirklichkeit.


 
   
           D.h. verbindet es mit der Wirklichkeit, indem es eine Kontinuität herstellt.

 
   
⌊⌊ Mit dem Bild ist der Satz gemeint. Und das Problem war: “Was hat mein Gedanke mit dem zu tun, was der Fall ist?” Das Problem der Abbildung des Portraits etc. Oder (besser): “Dieses Kreuz auf dem Plan bin ich”. ⌋⌋

 
   
⌊⌊           Ich bin empört, wenn ich die Beschreibung eines Mordes lese // wenn ich von einem Mord lese // , wie wenn ich
einen Mord sehe.
Zeuge des Mordes bin.
⌋⌋

 
   
⌊⌊           Das Problem läßt scheinbar zwei Lösungen zu: Man kann sagen, daß der Kalkül den Gedanken mit der Wirklichkeit verbindet.⌋⌋

 
   
⌊⌊ Früher sagte ich, daß der Satz seine Bedeutung hat, indem er quasi in uns eingreift.⌋⌋

 
   
⌊⌊ Dazu auch: Wir denken, sehen voraus, überlegen, weil wir nicht anders können.⌋⌋

 
   
⌊⌊ Was macht uns die Erwartung zur Erwartung?⌋⌋

 
   
⌊⌊           Man könnte fragen: Was macht uns das Bild, den Gedanken, zur Wirklichkeit?⌋⌋

 
   
⌊⌊            Oder: Was macht uns den Glauben zur Wirklichkeit? ⌋⌋

 
   
⌊⌊           Nun das Glauben ist ein natürlicher Akt der Menschen.
          Uns Bilder herzustellen ist Teil unseres Lebens.
⌋⌋
391


 
    
   
     Glauben. Hiermit verwandt ist: erwarten, hoffen, fürchten, wünschen. Aber auch: zweifeln, suchen, etc..
     Man sagt: “Ich habe ihn von 5 bis 6 Uhr erwartet”, “ich habe de[m|n] ganzen Tag gehofft, er werde kommen”, “in meiner Jugend habe ich gewünscht …”, etc.. Daher der falsche Vergleich mit in der Zeit amorphen Zuständen (Zahnschmerz, das Hören eines Tones, etc., obwohl diese unter sich wieder verschiedene sind).


 
   
     Was heisst es nun: “ich glaube, er wird um 5 Uhr kommen”? oder: “er glaubt N werde um 5 Uhr kommen”? Nun, woran erkenne ich, dass er das glaubt? Daran, dass er es sagt? oder aus seinem übrigen Verhalten? oder aus beiden? Danach wird man dem Satz “er glaubt …” verschiedenen Sinn geben können.

 
    
     Hat es einen Sinn zu fragen: “Woher weisst Du, dass Du das glaubst”? Und ist etwa die Antwort: “ich erkenne es durch Introspection”?
     In manchen Fällen wird man so etwas sagen können, in manchen aber nicht.

    
     Es hat einen Sinn, zu fragen: “liebe ich sie wirklich? mache ich mir das nicht nur vor?” Und der Prozess der Introspection ist hier das Aufrufen von Erinnerungen, das Vorstellen möglicher Situationen und der Gefühle, die man hätte, etc..

603
392
   
                        Introspection nennt man einen Prozess // Vorgang // des Schauens, im Gegensatz zum Sehen.

 
   
                        “
Wie
Woher
weiss ich, dass ich das glaube?”, “wie weiss ich, dass ich Zahnschmerzen habe?”: in mancher Beziehung sind diese Fälle // Beispiele // ähnlich.

 
   
                        Man konstruiert hier nach dem Schema: “Woher weisst Du, dass jemand im andern Zimmer ist?” – “Ich habe ihn drin singen gehört”.
            “Ich weiss, dass ich Zahnschmerzen habe, weil ich es fühle” ist nach diesem Schema konstruiert und heisst nichts.
            Vielmehr: ich habe Zahnschmerzen = ich fühle Zahnschmerzen = ich fühle, dass ich Zahnschmerzen habe (ungeschickter und irreführender Ausdruck). “Ich weiss, dass ich Zahnschmerzen habe” sagt dasselbe, nur noch ungeschickter, es sei denn, dass unter “ich habe Zahnschmerzen” eine Hypothese verstanden wird. Wie in dem Fall: “ich weiss, dass die Schmerzen vom schlechten Zahn herrühren und nicht von einer Neuralgie”.
            Denken wir auch an die Frage “wie merkst Du, dass Du Zahnschmerzen hast?”, oder gar: “wie merkst Du, dass Du fürchterliche Zahnschmerzen hast?” (Dagegen: “wie merkst Du, dass Du Zahnschmerzen bekommen wirst”.)

 
   
⌊⌊      In dem Sinn von ‘Z.’ in dem man geneigt ist zu sagen ‘ich kann nicht Z. haben ohne es zu wissen’ heißt es eben darum nichts zu sagen “ich weiß daß ich Z. habe” es sei denn daß dies ein ungeschickter Ausdruck ist statt des Satzes “ich habe Z.”⌋⌋


 
    
⌊⌊ Ist “Ich glaube …” der Ausdruckˇ des Glaubens oder die Beschreibung des Geisteszustandes? des Glaubens? ⌋⌋

    
⌊⌊ Ist der Satz “es regnet” die Beschreibung meines Geisteszustandes? da es doch die Wiedergabe des meines Gedankens ist daß es regnet. Wir werden nicht so leicht geneigt sein den Satz die Beschreibung des Geisteszustands zu nennen, wenn wir sehen bedenken, daß das Denken im Reden bestehen kann, keine Begleitung des Gedankenausdrucks ist. ⌋⌋

    
⌊⌊      Man kann in Worten glauben. ⌋⌋
  /  
⌊⌊ Anderseits warum sollen wir nicht sagen, daß der Satz die Aussage “Ich glaube …” die Beschreibung des Geisteszustandes ist? es ist ja damit nichts verredet. Denn “Geisteszustand” & “Beschreibung
eines
des
Geisteszustands heißt eben so [v|V]ieles.
⌋⌋

 
   
                        (Hierher gehört die Frage: welchen Sinn hat es, von der Verifikation des Satzes ‘ich habe Zahnschmerzen’ zu reden? Und hier sieht man deutlich, dass die Frage “wie wird dieser Satz verifiziert” von einem Gebiet der Grammatik zum andern ihren Sinn ändert.)

 
   
36
   
36
   
                        Man könnte nun die Sache so (falsch) auffassen: Die
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604
Frage “wie weisst Du, dass Du Zahnschmerzen hast” wird darum nicht gestellt, weil man dies von den Zahnschmerzen (selbst) aus erster Hand erfährt, während man, dass ein Mensch im andern Zimmer ist, aus zweiter Hand, etwa durch ein Geräusch, erfährt. Das eine weiss ich durch unmittelbare Beobachtung, das andere erfahre ich indirekt. Also: “Wie weisst Du, dass Du Zahnschmerzen hast” – “Ich weiss es, weil ich sie habe” – “Du entnimmst es daraus, dass Du sie hast; aber musst Du dazu nicht schon wissen, dass Du sie hast?”. ‒ ‒ ‒ Der Uebergang von den Zahnschmerzen zur Aussage “ich habe Zahnschmerzen” ist eben ein ganz anderer, als der vom Geräusch zur Aussage “in diesem Zimmer ist jemand”. Das heisst, die Uebergänge gehören ganz andern Sprachspielen an // gehören zu ganz verschiedenen Sprachspielen // .

 
   
36
   
                        Ist, dass ich Zahnschmerzen habe ein Grund zur Annahme, dass ich Zahnschmerzen habe?

1
 
   
36
   
                        (Man kann die Philosophen dadurch verwirren (confound), dass man nicht bloss da Unsinn spricht, wo auch sie es tun, sondern auch solchen, den zu sagen sie sich scheuen (würden).)

2
 
   
36
   
                        Erschliesst man aus der Wirklichkeit einen Satz? Also etwa “aus den wirklichen Zahnschmerzen, darauf, dass man Zahnschmerzen hat”? Aber das ist doch nur eine unkorrekte Ausdrucksweise; es müsste heissen: man schliesst, dass man Zahnschmerzen hat daraus, dass man Zahnschmerzen hat (offenbarer Unsinn).

3
 
   
36
   
                        “Warum glaubst Du, dass Du Dich an der Herdplatte verbrennen wirst?” – Hast Du Gründe für diesen Glauben, und brauchst Du Gründe?
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605

           Hast Du diese Gründe – gleichsam – immer bei Dir, wenn Du es glaubst?
           Und glaubst Du es immer – ausdrücklich – wenn Du Dich etwa wehrst, die Herdplatte anzurühren?
           Meint man mit ‘Gründen des Glaubens // für den Glauben // ’ dasselbe, wie mit ‘Ursachen des Glaubens’ (Ursachen des Vorgangs des Glaubens)?

4
 
   
36
   
                        Was für einen Grund habe ich, anzunehmen, dass mein Finger, wenn er den Tisch berühren, einen Widerstand spüren wird? Was für einen Grund, zu glauben, dass dieser Bleistift sich nicht schmerzlos durch meine Hand stecken lässt? Wenn ich dies frage, melden sich hundert Gründe, die einander gar nicht zu Wort kommen lassen wollen. “Ich habe es doch selbst ungezählte Male erfahren; und ebenso oft von ähnlichen Erfahrungen gehört; wenn es nicht so wäre, würde …; etc.”.

1
 
   
36
   
                        Glaube ich, wenn ich auf meine Türe zugehe, ausdrücklich, dass sie sich öffnen lassen wird, – dass dahinter ein Zimmer und nicht ein Abgrund sein wird, etc.?
           Setzen wir statt des Glaubens den Ausdruck des Glaubens. –

2
 
   
36
   
                        Was heisst es, etwas aus einem bestimmten Grunde glauben? Entspricht es, wenn wir statt des Glaubens den Ausdruck des Glaubens setzen, dem, dass Einer // man // den Grund sagt, ehe er // man // das Begründete sagt?

3
 
   
36
   
                        “Hast Du es aus diesen Gründen geglaubt[|?]” ist dann eine ähnliche Frage, wie: “hast Du, als Du mir sagtest, 25 × 25 sei 625, die
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606
Multiplikation wirklich ausgeführt?”

4
 
   
36
   
                        Die Frage “warum glaubst Du das” // “aus welchen Gründen glaubst Du das” // könnte bedeuten: “aus welchen Gründen leitest Du das jetzt ab (hast Du es jetzt abgeleitet)”; aber auch: “welche Gründe kannst Du mir nachträglich für diese Annahme angeben”.

1
 
   
36
   
                        Ich könnte also unter ‘Gründen’ zu einer Meinung tatsächlich
das allein
nur das
verstehen, was der Andere sich vorgesagt hat, ehe er zu der Meinung kam. Die Rechnung, die er tatsächlich ausgeführt hat.

2
 
   
36
   
                        Frage ich jemand: “warum glaubst Du, dass diese Armbewegung einen Schmerz mit sich bringen wird?”, und er antwortet: “weil sie ihn einmal hervorgebracht und einmal nicht hervorgebracht hat”, so werde ich sagen: “das ist doch kein Grund zu Deiner Annahme”.
           Wie nun, wenn er mir darauf antwortet: “oh doch! ich habe diese Annahme noch immer gemacht, wenn ich diese Erfahrung gemacht hatte”? – Da würden wir doch sagen: “Du scheinst mir die Ursache (psychologische Ursache) Deiner Annahme anzugeben, aber nicht den Grund”.

3
 
   
36
   
                        “Warum glaubst Du, dass das geschehen wird?” – “Weil ich es zweimal beobachtet habe”.
           Oder: “Warum glaubst Du, dass das geschehen wird?” – “Weil ich es mehrmals beobachtet habe; und es geht offenbar so vor sich: …” (es folgt eine Darlegung einer umfassenden Hypothese). Aber diese Hypothese, dieses Gesamtbild, muss Dir einleuchten. Hier geht die Kette der Gründe nicht weiter. – (Eher könnte man sagen, dass sie sich schliesst.)
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4
 
   
36
   
                        Man möchte sagen: Wir schliessen nur dann aus der früheren Erfahrung auf die zukünftige, wenn wir die Vorgänge verstehen (im Besitze der richtigen Hypothese sind). Wenn wir den richtigen, tatsächlichen, Mechanismus zwischen den beiden Beobachteten Rädern annehmen. Aber denken wir doch nur: Was ist denn das // unser // Kriterium dafür, dass unsere Annahme die richtige ist? –
           Das Bild und die Daten überzeugen uns und führen uns nicht wieder weiter – zu andern Gründen.

1
 
   
36
   
                        Wir sagen: “diese Gründe sind überzeugend”; und dabei handelt es sich nicht um Prämissen, aus denen das folgt, wovon wir überzeugt wurden.

2
 
   
36
   
                        Wenn man sagt: “die gegebenen Daten sind insofern Gründe, zu glauben, p werde geschehen, als dies aus den Daten zusammen mit dem angenommenen Naturgesetz folgt”, – dann kommt das eben darauf hinaus, zu sagen, das Geglaubte folge aus den Daten nicht, sondern komme vielmehr ﹖– einer neuen Annahme gleich –﹖.

3
 
   
36
   
                        Wenn man nun fragt: wie kann aber frühere Erfahrung ein Grund zur Annahme sein, es werde später das und das eintreffen, – so ist die Antwort: welchen allgemeinen Begriff vom Grund zu solch einer Annahme haben wir denn? Diese Art Angabe über die Vergangenheit nennen wir eben Grund zur Annahme, es werde das in Zukunft geschehn. – Und wenn man sich wundert, dass wir ein solches Sprachspiel // Spiel // spielen, dann berufe ich mich auf die Wirkung einer vergangenen Erfahrung (dass ein gebranntes Kind das Feuer fürchtet).

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4
 
   
36
   
                        Wer sagt, er ist durch Angaben über Vergangenes nicht davon zu überzeugen, dass in Zukunft etwas geschehen wird, der muss etwas anderes mit dem Wort “überzeugen” meinen, als wir es tun. – Man könnte ihn fragen: Was willst Du denn hören? Was für Angaben nennst Du Gründe

// dafür //
, das zu glauben? Was nennst Du “überzeugen”? Welche Art des “Ueberzeugens” erwartest Du Dir. – Wenn das keine Gründe sind, was sind denn Gründe? – Wenn Du sagst, dass sind [G| // ] seien // keine Gründe, so musst Du doch angeben können, was der Fall sein müsste, damit wir mit Recht sagen könnten, es seien Gründe für unsern Glauben // unsere Annahme // vorhanden. ‘Keine Gründe’ – : im Gegensatz wozu?

1
 
   
36
   
                        Denn, wohlgemerkt: Gründe sind hier nicht Sätze, aus denen das Geglaubte folgt.

2
 
   
36
   
                        Aber [N|n]icht, als ob man // wir // sagen könnte (kön // wollten // : Für's Glauben genügt eben weniger, als für das Wissen. – Denn hier handelt es sich nicht um eine Annäherung an das logische Folgen.

3
 
   
36
   
                        Irregeführt werden wir durch die Ausdrucksweise // Redeweise // : “Das ist ein guter // richtiger // Grund zu unserer Annahme, denn er macht das Eintreffen des Ereignisses wahrscheinlich”. // “Dieser Grund ist gut, denn er macht das Eintreffen des Ereignisses wahrscheinlich”. // Hier ist es, als ob wir nun etwas weiteres über den Grund ausgesagt hätten, was seine Zugrundelegung // was ihn als (guten) Grund // rechtfertigt; während mit dem Satz, dass dieser Grund das Eintreffen wahrscheinlich macht, nichts gesagt ist, wenn nicht, dass dieser Grund dem // einem // bestimmten Standard des guten Grundes entspricht, – der Standard aber nicht begründet ist!

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4
 
   
36
   
                        Ein guter Grund ist einer der so aussieht.

1
 
   
36
   
                        “Das ist ein guter Grund, denn er macht das Eintreffen wahrscheinlich” erscheint uns so wie: “das ist ein guter Hieb, denn er macht den Gegner kampfunfähig”.

2
 
   
36
   
                        Man
ist versucht zu
möchte
sagen: “ein guter Grund ist er nur darum, weil er das Eintreffen wirklich wahrscheinlich macht”. Weil er sozusagen wirklich einen Einfluss auf das Ereignis hat, also quasi einen erfahrungsmässigen.

3
 
   
36
   
                        “Warum nimmst Du an, dass er besserer Stimmung sein wird, weil ich Dir sage, dass er gegessen hat? ist denn das ein Grund?” – “Das ist ein guter Grund, denn das Essen hat erfahrungsgemäss einen Einfluss auf seine Stimmung”. Und das könnte man auch so sagen: “Das Essen macht es wirklich wahrscheinlicher, dass er guter Stimmung sein wird”.
           Wenn man aber fragen wollte: “Und ist alles das, was Du von der früheren Erfahrung vorbringst, ein guter Grund, anzunehmen, dass ˇes sich auch diesmal so verhalten wird”, so kann ich nun nicht sagen: ja, denn das macht das Eintreffen der Annahme w[h|a]hrscheinlich. Ich habe oben meinen Grund mit Hilfe des Standards für den guten Grund gerechtfertigt; jetzt kann ich aber nicht den Standard rechtfertigen.

3
 
   
36
   
                        Wenn man sagt “die Furcht ist begründet”, so ist nicht wieder begründet, dass wir das als guten Grund zur Furcht ansehen. Oder vielmehr: es kann hier nicht wieder von einer Begründung die Rede sein.

399
5
 
   
     Wenn
die Begründung eines Glaubens
der Grund, etwas zu glauben
, eine erfahrungsgemässe Beziehung wäre, so müsste man weiter fragen “und warum ist das ein Grund gerade für diesen Glauben”. Und so ginge es weiter. (Z.B. “warum nehmen wir das Gedächtnis als Grund für den Glauben, dass etwas in der Vergangenheit geschehen ist”.)

 
   
Wenn die Beziehung des Grundes zum Begründeten eine wäre, die die Erfahrung lehrt, so müßte man weiter fragen: und mit welchem Recht nimmst Du das als Grund für diesen Glauben? Und so ginge es weiter; & der Glaube wäre nie gerechtfertigt.

 
   
Vergleiche damit: “Wenn eine Verbindungˇ zweier Dinge immer in einer Vermittlung durch ein drittes Ding besteht, dann sind zwei Dinge nie mit einander verbunden? Das ist falsch; dagegen könnte man sagen: “Wenn eine Verbindg. zweier Dinge – immer in einer Vermittlg. durch ein drittes Ding besteht, daß mit jedem der zwei verbunden ist, dann sind zwei Dinge nie mit einander verbunden”, & das heißt eigentlich: aber nicht: eine Verbindung wird nie erreicht, sondern es hat keinen Sinn zu sagen “die Verbindung wird erreicht” (& also auch nicht das Gegenteil). D.h., es hat keinen Sinn von einer “Verbindung” zu reden; der Begriff der ‘Verbindung’ ist gar nicht erklärt worden.

 
   
Wir meinen, wir mü[ßten|ssen] den endlosen Regress ein paarmal Stufen weit durchlaufen & ihn dann in Verzweiflung aufgeben. Während die Definitionsgleichung einfach keine ⌊⌊ Auflösung hat.⌋⌋ ⌊⌊Wir haben keine solche Methode zu ihrer Auflösung festgelegt. ⌋⌋


 
    
   
⌊⌊
21
400
⌋⌋



 
    
   
     Wie kann man sicher sein, es darum getan zu haben?

 
   
     Denken wir uns daß Hitze die Wirkung hätte daß uns zu zwingenˇ die Hand gegen den heißen Gegenstand zu pressen (etwa ähnlich wie man einen Leitungsdraht nicht auslassen kann)

 
   
     Ich lege meine Hand auf die Herdplatte, fühle unerträgliche Hitze und ziehe die Hand schnell zurück: War es nicht möglich, daß die Hitze der Platte im nächsten Augenblick aufgehört hätte? konnte ich es wissen? Und war es nicht möglich, dass ich gerade durch meine Bewegung mich
weiterem
einem
Schmerz aussetzte?
     
Es müßte also kein guter Grund sein …
Es ist also in gewissem Sinne keine gute Begründung
zu sagen: “Ich zog die Hand zurück, // Ich musste die Hand zurückziehen, // weil die Platte zu heiss war”
?
!


 
   
     Wenn man nun fragte: Bist Du sicher, dass Du es deswegen getan hast? Würde man ich da nicht schwören, dass man ich es nur deswegen getan hat habe? Und ist es nicht doch
Hypothese
Erfahrung
?
Sollte
Müsste
man sagen:
man nicht sagen:
ich weiß daß ich es deshalb tun wollte
man würde schwören, dass man es deshalb tun wollte
; nicht, dass der Arm sich aus dieser Ursache zurückgezogen hat? Man
weiß
beschwört
das Motiv, nicht die Ursache.

 
    
   
⌊⌊ zwangsläufiger Mechanismus
⌋⌋
     Wenn ich sage, die Erfahrung des Wollens könne ich zwar wünschen, aber nicht herbeiführen, so bin ich da wieder bei einem, für die Erkenntnistheorie sehr // so // charakteristischen Unsinn. Denn in dem Sinne, in welchem ich überhaupt etwas herbeiführen kann (etwa Magenschmerzen durch Ueberessen), kann ich auch das Wollen herbeiführen. (In diesem Sinne führe ich das Schwimmen-Wollen herbei, indem ich in's tiefe Wasser springe.) Ich wollte wohl sagen: ich könnte das Wollen nicht wollen; d.h., es hat keinen Sinn, vom Wollen-wollen zusprechen. Und mein falscher Ausdruck kam daher, dass man sich das Wollen als ein direktes unmittelbares, nicht-kausales,
Bewegen
Herbeiführen
denken will.
⌊⌊Ich meinte mit dem Herbeiführen nicht: ein kausales sondern Verursachen, sondern direktes (nicht kausales)
Bewegen
Herbeiführen
.
⌋⌋
Und demˇ wieder // Dieser Idee // aber liegt wieder eine falsche Analogie zugrunde, etwa, dass der kausale Nexus durch eine Reihe von Zahnrädern gebildet wird ˇder kaus. Nex. werde etwa durch eine Reihe von Z. gebildet. (die auslassen kann zugrunde; der kausale Nexus erscheint als ein Mechanismus der durch einen Mechanismus hergestellt, der zwei Maschinenteile verbindet. Die Verbindung kann auslassen, … die irreführende Analogie zugrunde, in der der kausale die den kausalen Nexus als eine Reihe von Zahnrädern erscheint sieht & hier denkt man sich den kaus. Nexus …⌊⌊Und dieser Idee liegt die Vorstellung zugrunde, daß der kausale Nexus … ⌋⌋ ⌊⌊Und hier denkt man sich das Wollen als ein direktes (d.h. nicht-kausales)Herbeiführen. Und den kausalen Nexus als eine Verbindung zweier Maschinenteile durch einen zwangsläufigen Mechanismus (etwa durch eine Reihe von Zahnrädern), die auslassen kann … ⌋⌋, wenn der Mechanismus gestört wird), während der Nexus des Willensˇ mit … etwa dem des Innern
mit dem
zum
Aeussern entspricht, oder dem der Bewegung des physikalischen Körpers zur
mit der
& der
Bewegung seiner Erscheinung. // seines Gesichtsbildes. // zwangsläufiger Mechanismus

     Man denkt nur an die Störungen, denen ein Mechanismus normalerweise ausgesetzt ist; nicht daran, daß die Zahnräder plötzlich weich werden könnten, oder einander durchdringen, etc..


 
   
      “Wie weisst Du, dass Du es aus diesem Motiv getan hast?” – “Ich erinnere mich daran, es darum getan zu haben”. – “Woran erinnerst Du Dich? – Hast Du es Dir damals gesagt; oder erinnerst Du Dich an die Stimmung in der Du warst; oder daran, dass Du Mühe hattest, einen Ausdruck Deines Gefühls zu unterdrücken?” Daraus wird sich zeigen worin es bestand es aus diesem Motiv getan zu haben.
     
Und wenn man etwa einen Ausdruck seines Gefühls nur mit Mühe unter-
402
drückt hat, – wie war das? Hatte man sich ihn damals leise vorgesagt? etc. etc..

 
   
     Das Motiv ist nicht eine Ursache ‘von innen gesehen’! Das Gleichnis von ‘innen und aussen’ ist hier – wie so oft – gänzlich irreleitend. – Es ist von der Idee der Seele (eines Lebewesens) im Kopfe (als Hohlraum vorgestellt) hergenommen // hergeleitet // . Aber diese Idee ist die Idee von der Seele, einem Lebewesen, im Kopfe. Aber sie ist darin mit andern
unverträglichen
unvereinbaren
vermengt, wie die Metaphern in dem Satz: “der Zahn der Zeit, der alle Wunden heilt, etc.”.

 
   
     Man nimmt an daß ein Mensch das Motiv seiner Tat weiß; – das
sagt
zeigt
nur
etwas
was
über die Bedeutung des Wortes “Motiv”. ⌊⌊; – das zeigt uns, wie wir das Wort “Motiv” gebrauchen.⌋⌋


 
   
     “Wie weisst Du, dass das wirklich der Grund ist, weswegen Du es glaubst? – (das) ist, als fragte ich: “wie weisst Du, dass es das ist, was Du glaubst”. Denn er gibt nicht die Ursache eines Glaubens an, die er nur vermuten könnte, sondern beschreibt eine[h|n] Vorgang von Operationen, die ein Operieren mit Gedanken das zu dem Geglaubten führen führt (und ihn etwa geführt haben hat). Einen Vorgang, der seiner Art nach zu dem des Glaubens gehört. – Der Unterschied zwischen der Frage nach der Ursache und der (Frage) nach dem Grund des Glaubens ist etwa so, wie der, zwischen der Frage: den Fragen: “was ist die physikalische Ursache davon, dass Du da bist von A nach B gekommen bist” und der Frage: “auf welchem Wege bist Du hergekommen von A nach B gekommen”. – Und hier sieht man sehr klar, wie auch die Angabe der Ursache als Angabe eines Weges aufgefasst werden kann, aber in ganz anderemn Sinne.

 
   
     “Man kann die Ursache einer Erscheinung nur vermuten” (nicht wissen). – Das muss
eine Aussage die Grammatik betreffend sein. Er sagt nicht,
ein Satz der Grammatik sein. Es ist nicht gemeint,
dass wir mit dem besten Willen die Ursache nicht wissen können. Der Satz ist insofern ähnlich dem: “wir können in der Zahlenreihe, soweit wir auch zählen, kein Ende erreichen”. Das heisst: von einem “Ende der Zahlenreihe” kann keine Rede sein; und dies ist – irreführend – in das Gleichnis gekleidet von Einem, der wegen der grossen Länge des Weges das Ende nicht erreichen kann. – So gibt es einen Sinn, in dem ich sagen kann: “ich
403
kann die Ursache dieser Erscheinung nur vermuten” d.h.: es ist mir noch nicht gelungen, sie [)|(]im gewöhnlichen Sinne) ‘festzustellen’. Also im Gegensatz zu dem Fall, in dem es mir gelungen ist,

// in dem //
ich also die Ursache weiss. – Sage ich nun aber, als im metaphysischen Satz Sinn, “ich kann diech // eine // Ursache immer nur vermuten”, so
sagt das eigentlich
heisst das:
ich will im Falle der Ursache immer nur von ‘vermuten’ und nicht von ‘wissen’ sprechen, um & so Fälle verschiedener Grammatik voneinander (zu) unterscheiden. (Das ist also so,
als sagte ich
wie wenn ich sage
: ich will in einer Gleichung das Zeichen “ = ” und nicht das Wort “ist” gebrauchen.)
Was an unserem Satz irreführend ist, ist das “nur”
Was also an unserem ersten Beispiel falsch ist, ist das Wort “nur”
, aber freilich gehört das eben ganz zu dem Gleichnis, das schon im Gebrauchd des Wortes “können” liegt.

 
   
     Nach den Gründen zu einer Annahme gefragt, besinnt man sich auf diese Gründe. Geschieht hier dasselbe, wie, wenn man über die Ursachen eines Ereignisses nachdenkt? // … wenn man (darüber) nachdenkt, was die Ursachen eines Ereignisses gewesen sein mögen? //

 
   
     “Diese Gegend macht micht melancholisch”. Woher weisst Du, dass es die Gegend ist? Ist das eine Hypothese – wie Du auch nur glaubst, dass es jene Speise war, die die Magenschmerzen verursachte, oder gehört es zur unmittelbaren Erfahrung. Wäre es also widerlegt, wenn Du, in eine andere Gegend versetzt, melancholisch bliebest; oder ist es nicht durch eine künftige Erfahrung zu widerlegen, da es die Beschreibung der gegenwärtigen ist?
     Ja, wie bist Du auf den Gedanken gekommen, dass es die Gegend ist, die diese Stimmung hervorruft? Oder handelt es sich eben gar ni[h|c]ht um einen durch sie hervorgerufenen Zustand meiner Person, sondern, etwa, darum, dass das Bild der Gegend melancholisch ist? (Dies hängt unmittelbar
404
zusammen mit dem Problem: Motiv und Ursache.)

     “Das ist ein furchtbarer Anblick”. – Das kannst Du nicht wissen. Vielleicht hättest Du auch sonst gezittert.
     Wie hängt die Furcht mit dem Anblick zusammen? oder mit der furchtbaren Vorstellung? Oder soll ich etwa sa[f|g]en: “sich vor dieser Vorstellung fürchten” heisst, sie haben und sich fürchten? Wenn man nun aber mehrere Vorstellungen hat, während man sich fürchtet (mehrere sieht oder hört), ist da ein Zweifel darüber, was das Furchtbare ist? Oder weiss man es eben ausˇ früherer Erfahrung, wovor (von allen diesen Sachen) man sich fürchtet? Ich möchte auch sagen “das Fürchten ist eine Beschäftigung mit dem Anblick”.
     Kann ich sagen; es sei ein sehr komplizierter Vorgang, in welchem die Vorstellung an charakteristischen Stellen eintritt?

 
   
     Denken wir an ein furchtbares Antlitz. Welche Rolle spielt der Anblick im Vorgang der Furcht.

 
   
     Ich will sagen: die Furcht begleitet nicht den Anblick. Sondern das Furchtbare und die Furcht haben die Struktur des Gesichtes. Denken wir, dass wir den Zügen eines Gesichts mit den Augen in Aufregung folgen. Sie gleichsam zitternd nachfahren. So dass die Schwingungen der Furcht den Linien des Gesichts superponiert wären.
405





 
    
    
   
     Wie ich oft gesagt habe, führt die Philosophie mich zu keinem Verzicht, da ich mich nicht entbreche, etwas zu sagen, sondern eine gewisse Wortverbindung als sinnlos aufgebe. In anderem Sinne aber erfordert die Philosophie dann eine Resignation, aber des Gefühls, nicht des Verstandes. Und das ist es vielleicht, was die sie Vielen so schwer macht. Es kann schwer sein, einen Ausdruck nicht zu gebrauchen, wie es schwer ist, die Tränen zurückzuhalten, oder einen Ausbruch des Zorns // der Wut // .

 
   
/     (Tolstoi: die Bedeutung (Bedeutsamkeit) eines Gegenstandes liegt in seiner allgemeinen Verständlichkeit. – Das ist wahr und falsch. Das, was den Gegenstand schwer verständlich macht ist – wenn er bedeutend, wichtig, ist – nicht, dass irgendeine besondere Instruktion über abstruse Dinge zu seinem Verständnis erforderlich wäre, sondern der Gegensatz zwischen dem Verstehen des Gegenstandes und dem, was die mei[w|s]ten Men-
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schen sehen wollen. Dadurch kann gerade das Naheliegendste am allerschwersten verständlich werden. Nicht eine Schwierigkeit des Verstandes, sondern des Willens ist zu überwinden.) /

 
   
     Die Arbeita an der Philosophie ist – wie vielfach die Arbeit in der Architektur – eigentlich mehr die // eine // Arbeit an Einem selbst. An der eignen Auffassung. Daran, wie man die Dinge sieht. (Und was man von ihnen verlangt.)

 
   
     Beiläufig gesprochen, hat es in // nach // der alten Auffassung – etwa der, der (grossen) westlichen Philosophen – zwei Arten von Problemen im wissenschaftlichen Sinne gegeben // zweierlei Arten von Problemen … // : wesentliche, grosse, universelle, und unwesentliche, quasi accidentelle Probleme. Und dagegen ist unsere Auffassung, dass es kein grosses, wesentliches Problem im Sinne der Wissenschaft gibt.
408





 
    
   
     Ist die Grammatik, wie ich das Wort gebrauche, nur die Beschreibung der tatsächlichen Handhabung der Sprache // Sprachen // ? So dass ihre Sätze eigentlich wie Sätze einer Naturwissenschaft aufgefasst werden könnten?
     Das könnte man die descriptive Wissenschaft [o|v]om Sprechen nennen, im Gegensatz zu der vom Denken.

 
   
     Es könnten ja auch die Regeln des Schachspiels als Sätze aus der Naturgeschichte des Menschen aufgefasst werden. (Wie die Spiele der Tiere in naturgeschichtlichen Büchern beschrieben werden.)



 
   
     Wenn ich einen philosophischen Fehler rektifiziere und sage, man hat sich das immer so vorgestellt, aber so ist es nicht, so zeige ich immer auf eine Analogie // so muss ich immer … zeigen // , nach der
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man sich gerich[f|t]et hat, und, dass diese Analogie nicht stimmt. … so muss ich immer eine Analogie aufzeigen, nach der man gedacht hat, die man aber nicht als Analogie erkannt hat.

 
   
     Die Wirkung einer in die Sprache aufgenommenen falschen Analogie: Sie bedeutet einen ständigen Kampf und Beunruhigung (quasi einen ständigen Reiz). Es ist, wie wenn ein Ding aus der Entfernung ein Mensch zu sein scheint, weil wir dann Gewisses nicht wahrnehmen, und in der aNähe sehen wir, dass es ein Baumstumpf ist. Kaum entfernen wir uns ein wenig und verlieren die Erklärung aus dem Auge, so erscheint uns eine Gestalt; sehen wir darauf-hin näher zu, so sehen wir eine andere; nun entfernen wir uns wieder, etc. etc..

 
   
     (Der aufregende Charakter der grammatischen Unklarheit.)

 
   
     Philosophieren ist: falsche Argumente zurückweisen.



 
    
     Der Philosoph trachtet, das erlösende Wort zu finden, das ist das Wort, das uns endlich erlaubt, das zu fassen, was bis
dahin
jetzt immer
, ungreifbar, unser Bewusstsein belastet hat.
     (Es ist, wie wenn man ein Haar auf der Zunge liegen hat; man spürt es, aber kann es nicht erfassen // ergreifen // und darum nicht loswerden.)

X
   
     Der Philosoph liefert uns das Wort, womit man // ich // die Sache ausdrücken und unschädlich machen kann.

410


 
   
     (Die Wahl unserer Worte ist so wichtig, weil es gilt, die Physiognomie der Sache genau zu treffen, weil nur der genau gerichtete Gedanke auf die richtige Bahn führen kann. Der Wagen muss haargenau auf die Schiene gesetzt werden, damit er richtig weiterrollen kann.)



 
    
     Eine der wichtigsten Aufgaben ist es, alle falschen Gedankengänge so charakteristisch auszudrücken, dass der Leser sagt “ja, genau so habe ich es gemeint”. Die Physiognomie jedes Irrtums nachzuzeichnen.

\
    
     Wir können ja auch nur dann den Andern eines Fehlers überführen, wenn er anerkennt, dass dies wirklich der Ausdruck seines Gefühls ist. // … wenn er diesen Ausdruck (wirklich) als den richtigen Ausdruck seines Gefühls anerkennt. //

\
    
     Nämlich, nur wenn er ihn als solchen anerkennt, ist er der richtige Ausdruck. (Psychoanalyse.)

\
    
     Was der Andre anerkennt, ist die Analogie die ich ihm darbiete, als Quelle seines Gedankens.
411







\
    
    
Gehört zu “mussen”, “können”
     (Es beschäftigen uns Fragen verschiedener Art, etwa “wie gross ist das spezifische Gewicht dieses Körpers”, “wird es heute schön bleiben”, “ˇwer wird als nächster zur Tür hereinkommen”, etc.. Aber unter unseren Fragen finden sich solche von besonderer Art. Wir haben hier ein anderes Erlebnis. Die Fragen scheinen fundamentaler zu sein als die anderen. Und nun sage ich; wenn wir dieses Erlebnis habenm, dann sind wir an der Grenze der Sprache angelangt.)

\
    
     Woher nimmt die Betrachtung ihre Wichtigkeit, da sie doch nur alles Interessante, d.h. alles Grosse und Wichtige, zu zerstören scheint? (Gleichsam alle Bauwerke; indem sie nur Steinbrocken und Schutt übrig lässt.)

X
    
     Woher nimmt die Betrachtung ihre Wichtigkeit: , die uns darauf aufmerksam macht, dass man eine Tabelle auf mehr als eine Weise brauchen kann, dass man sich eine Tabelle als Anleitung zum Gebrauch einer Tabelle ausdenken kann, dass man einen Pfeil auch als Zeiger der Richtung von
412
der Spitze zum Schwanzende auffassen kann, dass ich eine Vorlage auf mancherlei Weise als Vorlage benützen kann?

X
    
   
     Woher nehmen // nahmen // die alten philosophischen Probleme ihre Bedeutung?

 
    
     Der Satz der Identität z.B. schien eine fundamentale Bedeutung zu haben. Aber der Satz, dass dieser “Satz” ein Unsinn ist, hat diese Bedeutung übernommen.

X
    X
  \  
     Warum empfinden wir die Untersuchung der Grammatik als fundamental?

X
    
     (Das Wort “fundamental” kann auch nichts metalogisches, oder philosophisches bedeuten, wo es überhaupt eine Bedeutung hat.)

X
    
     Die Untersuchung der Grammatik ist im selben Sinne fundamental, wie
413
wir die Sprache fundamental – etwa ihr eigenes Fundament – nennen können.

X
    
     Unsere grammatische Untersuchung unterscheidet sich ja von der eines Philologen etc.: uns interessiert z.B. die Uebersetzung von einer Sprache in andre, von uns erfundene Sprachen. Ueberhaupt interessieren uns Regeln, die der Philologe gar nicht betrachtet. Diesen Unterschied können wir also wohl hervorheben.

\
    
     Anderseits wäre es irreführend zu sagen, dass wir das Wesentliche der Grammatik behandeln (er, das Zufällige).

\
    
     “Aber das ist ja nur eine äussere Unterscheidung // ein äusserer Unterschied // ”. Ich glaube, eine andere gibt es nicht.

\
    
     Eher könnten wir sagen, dass wir doch etwas Anderes Grammatik nennen, als er. Wie wir eben Wortarten unterscheiden, wo für ihn kein Unterschied (vorhanden) ist.

\
    
     Die Wichtigkeit der Grammatik ist die Wichtigkeit der Sprache.

X
   
     Man könnte auch ein Wort z.B. “rot” ‘rot’ wichtig nennen insofern, als es oft und zu Wichtigem gebraucht wird, im Gegensatz etwa zu dem Wort ‘Pfeifendeckel’. Und die Grammatik des Wortes ‘rot’ ist dann wichtig, weil sie die Bedeutung des Wortes ‘rot’ beschreibt.

 
   
     (Alles, was die Philosophie tun kann ist, Götzen zerstören. Und das heisst, keinen neuen – etwa in der “Abwesenheit eines Götzen” – zu schaffen.)
414





 
    
   
¥ ⋎ S. 40/3
 
   
     Es hat Einer gehört, dass der Anker eines Schiffes durch eine Dampfmaschine aufgezogen werde. Er denkt nur an die, welche das Schiff treibt (und nach welcher es Dampfschiff heisst) und kann sich, was er gehört hat, nicht erklären. (Vielleicht fällt ihm die Schwierigkeit auch erst später ein.) Nun sagen wir ihm: Nein, es ist nicht diese Dampfmaschine, sondern ausser ihr gibt es noch eine Reihe anderer an Bord und eine von diesen hebt den Anker. – War sein Problem ein philosophisches? War es ein philosophisches, wenn er von der Existenz anderer Dampfmaschinen auf dem Schiff gehört hatte und nur daran erinnert werden musste? – Ich glaube, seine Unklarheit hat zwei Teile: Was der Erklärende ihm als Tatsache mitteilt, hätte der Fragende sehr wohl als Möglichkeit sich selber ausdenken können, und seine Frage in bestimmter Form, statt in der des blossen Zugeständnisses der Unklarheit vorlegen können. Diesen Teil des Zweifels hätte er selber beheben können, dagegen konnte ihn Nachdenken nichtm über die Tatsachen belehren. Oder: Die Beunruhigung,
415
die davon herkommt, dass er die Wahrheit nicht wusste, konnte ihm kein Ordnen seiner Begriffe nehmen.
     Die andere Beunruhigung und Unklarheit wird durch die Worte “hier stimmt mir etwas nicht” gekennzeichnet und die Lösung, durch (die Worte): “Ach so, Du meinst nicht die Dampfmaschine” oder – für einen andern Fall – “… Du meinst mit Dampfmaschine nicht nur Kolbenmaschine”.

 
    
     Die Arbeit des Philosophen ist ein Zusammentragen von Erinnerungen zu einem bestimmten Zweck.

X
    
     Eine philosophische Frage ist ähnlichn der, nach der Verfassung einer bestimmten Gesellschaft. – Und es wäre etwa so, als ob eine Gesellschaft ohne klar geschriebene Regeln zusammenkäme, aber mit einem Bedürfnis nach einer solchen: ja, auch mit einem Instinkt, durch welchen sie gewisse Regeln in ihren Zusammenkünften begut beobachten // einhalten // : nur, dass dies dadurch erschwert wird, dass nichts hierüber klar ausgespr[i|o]chen ist und keine Einrichtung getroffen, die die Regeln deutlich macht. // klar hervortreten lässt. // So betrachten sie tatsächlich Einen von ihnen als Präsidenten, aber er sitzt nicht oben an der Tafel, ist durch nichts kenntlich und das erschwert die Verhandlung. Daher kommen wir und schaffen eine klare Ordnung: Wir setzen den Präsidenten an einen leicht kenntlichen Platz und seinen Sekretär zu ihm an ein eigenes Tischchen und die übrigen gleichberechtigten Mitglieder in zwei Reihen zu beiden Seiten des Tisches etc. etc..

\
    
     Wenn man die Philosophie fragt: “was ist – z.B. – Substanz?” so wird um eine Regel gebeten. Eine allgemeine Regel, die für das Wort “Substanz” gilt, d.h.: nach welcher ich zu spielen entschlossen bin. – Ich will sagen: die Frage “was ist …” bezieht sich nicht auf einen
416
besonderen – praktischen – Fall, sondern wir fragen sie von unserem Schreibtisch aus. Erinnere Dich nur an den Fall des Gesetzes der Identität, um zu sehen, dass es sich bei der Erledigung einer philosophischen Schwierigkeit nicht um das Aussprechen neuer Wahrheiten über den Gegenstand der Untersuchung (der Identität) handelt.
     Die Schwierigkeit besteht
nun
nur
darin, zu verstehen, was uns die Festsetzung einer Regel hilft. Warum die uns beruhi[f|g]t, nachdem wir so
tief
schwer
beunruhigt waren. Was uns beruhigt ist offenbar, daß wir ein System sehen, das diejenigen Gebilde (systematisch) ausschliesst, die uns immer beunruhigt haben, mit denen wir nichts anzufangen wussten und die wir doch ﹖– respektieren zu müssen glaubten –﹖. Ist die Festsetzung einer solchen grammatischen Regel in dieser Beziehung nicht wie die Entdeckung einer Erklärung in der Physik? z.B., des Copernicanischen Systems? Eine Aehnlichkeit ist vorhanden. – Das Seltsame an der philosophischen Beunruhigung und ihrer Lösung möchte scheinen, dass sie ist, wie die Qual des Asketen, der, eine schwere Kugel unter Stöhnen stemmend, da stand und den ein Mann erlöste, indem er ih[j|m] sagte: “lass' sie fallen”. Man fragt sich: Wenn Dich diese Sätze beunruhigen, Du nichts mit ihnen anzufangen wusstest, warum liessest Du sie nicht schon früher fallen, was hat Dich daran gehindert? Nun, ich glaube, es war das falsche System, dem er sich anbequemen zu müssen glaubte, etc.. Henne & Kreidestrich

\
    
     (Die besondere Beruhigung, welche eintritt, wenn wir einem Fall, den wir für einzigartig hielten, andere ähnliche Fälle an die Seite stellen können, tritt in unseren Untersuchungen immer wieder ein, wenn wir zeigen, dass ein Wort nicht nur eine Bedeutung (oder, nicht nur zwei) hat, sondern in fünf oder sechs verschiedenen (Bedeutungen) gebraucht wird.)

417
\
    
     Die philosophischen Probleme kann man mit den Kassenschlössern vergleichen, die durch Einstellen eines bestimmten Wortes oder einer bestimmten Zahl geöffnet werden, sodass keine Gewalt die Tür öffnen kann, ehe gerade dieses Wort getroffen ist, und ist es get[o|r]offen, jedes Kind sie öffnen kann. // … und ist es getroffen, keinerlei Anstrengung nötig ist, die Tür // sie // zu öffnen. //

\
    
     Der Begriff der übersichtlichen Darstellung ist für uns von grundlegender Bedeutung. Er bezeichnet unsere Darstellungsform, die Art, wie wir die Dinge sehen. (Eine Art der ‘Weltanschauung’, wie sie scheinbar für unsere Zeit typisch ist[.| ,] Spengler.)

\
    
     Diese übersichtliche Darstellung vermittelt das Verstehen // Verständnis // , welches eben darin besteht, dass wir die “Zusammenhänge sehen”. Daher die Wichtigkeit der Zwischenglieder. // des Findens von Zwischengliedern.

\
   
     Der Satz ist vollkommen logisch analysiert, dessen Grammatik vollkommen klargelegt ist. Er mag in welcher Ausdrucksweise immer hingeschrieben oder ausgesprochen sein.

 
   
     Unserer Grammatik fehlt es vor allem an Uebersichtlichkeit.

 
    
     Die Philosophie darf den wirklichen // tatsächlichen // Gebrauch der Sprache // … darf, was wirklich gesagt wird // in keiner Weise antasten, sie kann ihn // es // am Ende also nur beschreiben.

X
    X
    
     (Ein Gleichnis gehört zu unserem Gebäude; aber wir können auch aus ihm keine Folgen ziehen; es führt uns nicht über sich selbst hinaus, sondern muss als Gleichnis stehen bleiben. Wir können keine Folgerungen daraus ziehen. So, wenn wir den Satz mit einem Bild vergleichen (wobei ja, was wir unter ‘Bild’ verstehen, schon früher // vorher // in uns festliegen muss) oder, wenn ich die Anwendung der Sprache mit der, etwa, des Multiplikationskalküls vergleiche.
     Die Philosophie stellt eben alles bloss hin und erklärt und folgert nichts.)

\
    
     Da alles offen daliegt, ist auch nichts zu erklären. Denn was etwa nicht offen daliegt, interessiert uns nicht. // … , denn, was etwa verborgen ist … //
     Die Antwort auf die Frage nach der Erklärung der Negation ist wirklich: verstehst Du sie denn nicht? Nun, wenn Du sie verstehst, was gibt es da noch zu erklären, was hat eine Erklärung da noch zu tun?

\
   
     Wir müssen wissen, was Erklärung heisst. Es ist die ständige Gefahr, dieses Wort in der Logik in einem Sinn verwenden zu wollen, der von der Physik hergenommen ist.

 
    
    
     Wollte man Thesen in der Philosophie aufstellen, eso könnte nie über sie zur Diskussion kommen, weil Alle mit ihnen einverstanden wären.

\
    
VII 164
     Das Lernen der Philosophie ist wirklich ein Rückerinnern. Wir erinnern uns, dass wir die Worte wirklich auf diese Weise gebraucht haben.

X
    
     Die philosophisch wichtigsten Aspekte der Dinge // der Sprache // sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen.
     (Man kann es nicht bemerken, weil man es immer (offen) vor Augen hat.)

\
   
     Die eigentlichen Grundlagen seiner Forschung fallen dem Menschen gar nicht auf. Es sei denn, dass ihm dies einmal aufgefallen // zum Bewusstsein gekommen // ist. (Frazer etc. etc..)
     Und das heisst, das Auffallendste (Stärkste) fällt ihm nicht auf.

 
    
     (Eines der grössten Hindernisse für die Philosophie ist die Erwartung neuer tiefer // unerhörter // Aufschlüsse.)

\
    
     Philosophie könnte man auch das nennen, was vor allen neuen Ent[x|d]eckungen und Erfindungen möglich // da // ist.

420
\
   
     Das muss sich auch darauf beziehen, dass ich keine Erklärungen der Variablen “Satz” geben kann. Es ist klar, dass dieser logische Begriff, diese Variable, von der Ordnung des Begriffs “Realität” oder “Welt” sein muss.

 
    
     Wenn Einer die Lösung des ‘Problems des Lebens’ gefunden zu haben glaubt, und sich sagen wollte, jetzt ist alles ganz leicht, so brauchte er sich zu seiner Widerlegung nur erinnern, dass es eine Zeit gegeben hat, wo diese ‘Lösung’ nicht gefunden war; aber auch zu der Zeit musste man leben können und im Hinblick auf sie erscheint die gefundene Lösung wie // als // ein Zufall. Und so geht es uns in der Logik. Wenn es eine ‘Lösung’ der logischen (Philosophischen) Probleme gäbe, so müssten wir uns nur vorhalten, dass sie ja einmal nicht gelöst waren (und auch da musste man leben und denken können). ‒ ‒ ‒

\
   
     Alle Ueberlegungen können viel hausbackener angestellt werden, als ich sie in früherer Zeit angestellt habe. Und darum brauchen wir in der Philosophie auch keine neuen Wörter angewendet werden, sondern die alten, gewöhnlichen Wörter der Sprache reichen aus. // die alten reichen aus. //

 
   
     (Unsere Aufgabe ist es nur, gerecht zu sein. D.h., wir haben nur die Ungerechtigkeiten der Philosophie aufzuzeigen und zu lösen, aber nicht neue Parteien – und Glaubensbekenntnisse – aufzustellen.)

 
   
     (Es ist schwer, in der Philosophie nicht zu übertreiben.)

 
   
     (Der Philosoph übertreibt, schreit gleichsam in seiner Ohnmacht, so
421
lange er den Kern der Konfusion noch nicht entdeckt hat.)



 
   
     Das philosophische Problem ist ein Bewusstsein der Unordnung in unsern Begriffen, und durch Ordnen derselben zu heben.

 
    
     Ein philosophisches Problem ist immer von der Form: “Ich kenne mich einfach nicht aus”.

\
   
     Wie ich Philosophie betreibe, ist es ihre ganze Aufgabe, den Ausdruck so zu gestalten, dass gewisse Beunruhigungen // Probleme // verschwinden. ((Hertz.))

 
   
     Wenn ich Recht habe, so müssen sich philosophische Probleme wirklich restlos lösen lassen, im Gegensatz zu allen andern.

 
   
     Wenn ich sage: Hier sind wir an der Grenze der Sprache, so scheint // klingt // das immer, als wäre hier eine Resignation nötig, während im Gegenteil volle Befriedigung eintritt, da keine Frage übrig bleibt.

 
    
     Die Probleme werden im eigentlichen Sinne aufgelöst – wie ein Stück Zucker im Wasser.

\
    
/     Die Menschen, welche kein Bedürfnis nach Durchsichtigkeit ihrer Argumentation haben, sind für die Philosophie verloren. /
422





\
    
    
     Wie kommt es, dass die Philosophie ein so komplizierter Bau // Aufbau // ist. Sie sollte doch gänzlich einfach sein, wenn sie jenes Letzte, von aller Erfahrung Unabhängige ist, wofür Du sie ausgibt. – Die Philosophie löst die Knoten in unserem Denken auf; daher muss ihr Resultat einfach sein, ihre Tätigkeit aber so kompliziert wie die Knoten, die sie auflöst.

\
   
     Lichtenberg: “Unsere ganze Philosophie ist Berichtigung des Sprachgebrauchs, also, die Berichtigung einer Philosophie, und zwar der allgemeinsten.”

 
    
Zu ‘Witz’ ‘Tiefe’
     (Die
Veranlagung
Fähigkeit
zur Philosophie
liegt
besteht
in der
Empfänglichkeit
Fähigkeit
, von einer Tatsache der Grammatik einen starken und nachhaltigen Eindruck zu empfangen.)

\
   
     Warum die grammatischen Probleme so hart und anscheinend undausrott-
423
bar sind – weil sie mit den ältesten Denkgewohnheiten, d.h. mit den ältesten Bildern, die in unsere Sprache selbst geprägt sind, zusammenhängen. ((Lichtenberg.))

 
   
/     Das Lehren der Philosophie hat dieselbe ungeheure Schwierigkeit, welche der Unterricht in der Geographie hätte, wenn der Schüler eine Menge falsche und viel zu einfache // und falsch vereinfachte // Vorstellungen über den Lauf und Zusammenhang der

// Flüsse //
und Gebirgsketten // Gebirge // mitbrächte. /

 
   
/     Die Menschen sind tief in den philosophischen d.i. grammatischen Konfusionen eingebettet. Und, sie daraus zu befreien, setzt voraus, dass man sie aus den ungeheuer mannigfachen Verbindungen herausreisst, in denen sie gefangen sind. Man muss sozusagen ihre ganze Sprache umgruppieren. – Aber diese Sprache ist ja so entstanden // geworden // , weil Menschen die Neigung hatten – und haben – so zu denken. Darum geht das Herausreissen nur bei denen, die in einer instinktiven Auflehnung gegen // Unbefriedigung mit // die der Sprache leben. Nicht bei denen, die ihrem ganzen Instinkt nach in der Herde leben, die diese Sprache als ihren eigentlichen Ausdruck geschaffen hat. /

 
   
     Die Sprache hat für Alle die gleichen Fallen bereit; das ungeheure Netz gut erhaltener // ganzbarer // Irrwege. Und so sehen wir also Einen nach dem Andern die gleichen Wege gehen und wissen schon, wo er jetzt abbiegen wird, wo er geradaus fortgehen wird, ohne die Abzweigung zu bemerken, etc. etc.. Ich sollte also an allen den Stellen, wo falsche We[t|g]e abzweigen, Tafeln aufstellen, die über die gefährlichen Punkte hinweghelfen.

424
 
   
     Man hört immer wieder die Bemerkung, dass die Philosophie eigentlich keinen Fortschritt mache, dass die gleichen philosophischen Probleme, die schon die Griechen beschäftigten, uns noch beschäftigen. Die das aber sagen, verstehen nicht den Grund, warum es so ist // sein muss // . Der ist aber, dass unsere Sprache sich gleich geblieben ist und uns immer wieder zu denselben Fragen verführt. Solange es ein Verbum ‘sein’ geben wird, das zu funktionieren scheint wie ‘essen’ und ‘trinken’, solange es Adjektive ‘identisch’, ‘wahr’, ‘falsch’, ‘möglich’ geben wird, solange von einem Fluss der Zeit und von einer Ausdehnung des Raumes die Rede sein wird, u.s.w., u.s.w., solange werden die Menschen immer wieder an die gleichen rätselhaften Schwierigkeiten stossen, und auf etwas starren, was keine Erklärung scheint wegheben zu können.
     Und dies befriedigt im Uebrigen ein Verlangen nach dem Ueberirdischen // Transcen[t|d]enten // , denn, indem sie die “Grenze des menschlichen Verstandes” zu sehen glauben, glauben sie natürlich, über ihn hinaus sehen zu können.

 
   
     Ich lese “.... philosophers are no nearer to the meaning of ‘Reality’ than Plato got .....”. Welche seltsame Sachlage. Wie sonderbar, dass Plato dann überhaupt so weit kommen konnte! Oder, dass wir dann nicht weiter kommen konnten! War es, weil Plato so gescheit war?

 
    
     Der Konflikt, in welchem wir uns in logischen Betrachtungen immer wieder befinden, ist wie der Konflikt zweier Personen, die miteinander einen Vertrag abgeschlossen haben, dessen letzte Formulierungen in leicht missdeutbaren Worten niedergelegt sind, wogegen die Erläuterungen zu diesen Formulierungen alles in unmissverständlicher Weise erklären. Die eine der beiden Personen nun hat ein kurzes Gedächtnis, vergisst die Erläuterungen immer wieder, missdeutet die Bestimmungen des
425
Vertrages und kommt // gerät daher // fortwährend in Schwierigkeiten. Die andere muss immer von frischem an die Erläuterungen im Vertrag erinnern und die Schwierigkeit wegräumen.

\
    
     Erinnere Dich daran, wie schwer es Kindern fällt, zu glauben, (oder) einzusehen) dass ein Wort wirklich zwei ganz verschiedene Bedeutungen hat // haben kann // .

X
    
     Das Ziel der Philosophie ist es, eine Mauer dort zu errichten, wo die Sprache ohnehin aufhört.

\
    
     Die Ergebnisse der Philosophie sind die Entdeckung irgend eines schlichten Unsinns, und Beulen, die sich der Verstand beim Anrennen an die Grenze // das Ende // der Sprache geholt hat. Sie, die Beulen, lassen uns den Wert jener Entdeckung verstehen. // erkennen. //

\
    
     Welcher Art ist unsere Untersuchung? Untersuche ich die Fälle, die ich als Beispiele anführe, auf ihre Wahrscheinlichkeit? oder Tatsächlichkeit? Nein, ich führe nur an, was möglich ist, gebe also grammatische Beispiele.

\
   
     Philosophie wird nicht in Sätzen, sondern in einer Sprache niedergelegt.



 
   
     Wie Gesetze nur Interesse gewinnen, wenn die Neigung besteht, sie zu übertreten, // wenn sie übertreten werden // so gewinnen gewisse grammatische Regeln erst dann Interesse, wenn die Philosophen sie übertreten möchten.
426
 
   
     Die Wilden haben Spiele (oder wir nennen es doch so), für die ◇◇◇ sie keine geschriebenen Regeln, kein Regelverzeichnis besitzen. Denken wir uns nun die Tätigkeit eines Forschers, die Länder dieser Völker zu bereisen und Regelverzeichnisse für ihre Spiele anzulegen. Das ist das ganze Analogon zu dem, was der Philosoph tut. ((Warum sage ich aber nicht: Die Wilden haben Sprachen (oder wir …), … keine geschriebene Grammatik haben …”?
427





 
    
   
     Was zum Wesen der Welt gehört, kann die Sprache nicht ausdrücken. Daher kann sie nicht sagen, dass Alles fliesst. Nur was wir uns auch anders vorstellen könnten, kann die Sprache sagen.
     Dass Alles fliesst, muss im Wesen der Berührung der Sprache mit der Wirklichkeit liegen. Oder besser: dass Alles fliesst, muss im Wesen der Sprache liegen. Und, erinnern wir uns: im gewöhnlichen Leben fällt uns das nicht auf – sowenig, wie die verschwommenen Ränder unseres Gesichtsfeldes (“weil wir so daran gewöhnt sind”, wird Mancher sagen). Wie, bei welcher Gelegenheit, glauben wir denn darauf aufmerksam zu werden? Ist es nicht, wenn wir Sätze gegen die Grammatik der Zeit bilden wollen?

 
   
     Wenn man sagt, dass ‘alles fliesst’, so w fühlen wir, dass wir gehindert sind, das Eigentliche, die eigentliche Realität festzuhalten. Der Vorgang auf der Leinwand entschlüpft uns eben, weil er ein Vorgang
428
ist. Aber wir beschreiben doch etwas; und ist das ein anderer Vorgang? Die Beschreibung steht doch offenbar gerade mit dem Bild auf der Leinwand in Zusammenhang. Es muss dem Gefühl unserer Ohnmacht ein falsches Bild zugrunde liegen. Denn was wir beschreiben wollen können, das können wir beschreiben.

 
   
     Ist nicht dieses falsche Bild das eines Bilderstreifens, der so geschwind vorbeiläuft, dass wir keine Zeit haben, ein Bild aufzufassen.

 
   
     Wir würden nämlich in diesem Fall geneigt sein, dem Bilde nachzulaufen. Aber dazu gibt es ja im Ablauf eines Vorgangs nichts analoges.

 
   
     Es ist merkwürdig, dass wir das Gefühl, dass das Phänomen uns entschlüpft, den ständigen Fluss der Erscheinung, im gewöhnlichen Leben nie spüren, sondern erst, wenn wir philosophieren. Das deutet darauf hin, dass es sich hier um einen Gedanken handelt, der uns durch eine falsche Verwendung unserer Sprache suggeriert wird.

 
   
     Das Gefühl ist nämlich, dass die Gegenwart in die Vergangenheit schwindet, ohne dass wir es hindern können. Und hier bedienen wir uns doch offenbar des Bildes eines Streifens, der sich unaufhörlich an uns vorbeibewegt und den wir nicht aufhalten können. Aber es ist natürlich ebenso klar, dass das Bild missbraucht ist. Dass man nicht sagen kann “die Zeit fliesst” wenn man mit “Zeit” die Möglichkeit der Veränderung meint.

 
   
     Dass uns nichts auffällt, wenn wir uns umsehen, im Raum herumsehen, unseren eigenen Körper fühlen etc. etc., das zeigt, wie natürlich uns eben diese Dinge sind. Wir nehmen nicht wahr, dass wir den Raum perspek-
429
tivisch sehen oder dass das Gesichtsbild gegen den Rand zu in irgendeinem Sinne verschwommen ist. Es fällt uns nie auf und kann uns nie auffallen, weil es die Art der Wahrnehmung ist. Wir denken nie darüber nach, und es ist unmöglich, weil es zu der Form unserer Welt keinen Gegensatz gibt.

 
   
     Ich wollte sagen, es ist merkwürdig, dass die, die nur den Dingen, nicht unseren Vorstellungen, Realität zuschreiben, sich in der Vorstellungswelt so selbstverständlich bewegen und sich nie aus ihr heraussehnen.
      D.h., wie selbstverständlich ist doch das Gegebene. Es müsste mit allen Teufeln zugehen, wenn das das kleine, aus einem schiefen Winkel aufgenommene Bildchen wäre.
     Dieses Selbstverständliche, das Leben, soll etwas Zufälliges, Nebensächliches sein; dagegen etwas, worüber ich mir normalerweise nie den Kopf zerbreche, das Eigentliche!
      D.h., das, worüber hinaus man nicht gehen kann, noch gehen will, wäre nicht die Welt.
     Immer wieder ist es der Versuch, die Welt in der Sprache abzugrenzen und hervorzuheben – was aber nicht geht. Die Selbstverständlichkeit der Welt drückt sich eben darin aus, dass die Sprache nur sie bedeutet, und nur sie bedeuten kann.
     Denn, da die Sprache die Art ihres Bedeutens erst von ihrer Bedeutung, von der Welt, erhält, so ist keine Sprache denkbar, die nicht diese Welt darstellt.

 
   
     In den Theorien und Streitigkeiten der Philosophie finden wir die Worte, deren Bedeutungen uns vom alltäglichen Leben her wohlbekannt sind, in einem ultraphysischen Sinne angewandt.
430


 
    
     Wenn die Philosophen ein Wort gebrauchen und nach seiner Bedeutung forschen, muss man sichn immer fragen: wird denn dieses Wort in der Sprache, die e[w|s] geschaffen hat // für die es geschaffen ist // , je tatsächlich so gebraucht?
     Man wird dann meistens finden, dass es nicht so ist, und das Wort gegen seine normale // entgegen seiner normalen // Grammatik gebraucht wird. (“Wissen”, “Stein”, “Ding”.)

X
    
     (Die Den Philosophen sind oft wie kleine Kinder, geht es oft wie den kleinen Kindern … die zuerst mit ihrem Bleistift
irgend welche
beliebige
Striche auf ein Papier kritzeln und nun // dann // den Erwachsenen fragen “was ist das?” – Das ging so zu: Der Erwachsene hatte dem Kind öfters etwas vorgezeichnet und gesagt: “das ist ein Mann”, “das ist ein Haus”, u.s.w.. Und nun macht das Kind auch Striche und fragt: was ist nun das?)
431





\
    
   
     Die eigentliche Entde[f|c]kung ist die, die mich fähig macht, mit dem Philosophieren aufzuhören, wann ich will.
     Die die Philosophie zur Ruhe bringt, so dass sie nicht mehr von Die die Philosophi Fragen gepeitscht ist // wird // , die sie selbst in Frage stellen.
     Sondern es wird jetzt an Beispielen eine Methode gezeigt, und die Reihe dieser Beispiele kann man abbrechen // kann abgebrochen werden // .

 
   
     Richtiger hiesse es aber: Es werden Probleme gelöst (Beunruhigungen // Schwierigkeiten // beseitigt), nicht ein Problem.

 
   
     Die Unruhe in der Philosophie kommt daher, dass die Philosophen die Philosophie falsch ansehen, falsch sehen, nämlich gleichsam in (unendliche) Längsstr[ie|ei]fen zerlegt, statt in (endliche) Querstreifen. Diese Umstellung der Auffassung macht die grösste Schwierigkeit. Sie wollen also gleichsam den unendlichen Streifen erfassen, und klagen,
432
dass es // dies // nicht Stück für Stück möglich ist. Freilich nicht, wenn man unter einem Stück einen endlosen Längsstreifen versteht. Wohl aber, wenn man einen Querstreifen als Stück // ganzes, definitives Stück // sieht. – Aber dann kommen wir ja mit unserer Arbeit nie zu Ende! Freilich // Gewiss // nicht, denn sie hat ja keins.

 
   
     (Statt der turbulenten Mutmassungen und Erklärungen wollen wir ruhige ﹖–
Erwägung
Darlegungen
// Konstatierungen // –﹖ sprachlicher Tatsachen geben. // von sprachlichen Tatsachen geben.) // [W|w]ollen wir die ruhige Festsetzungstellung sprachlicher Tatsachen.

 
   
     Wir müssen die ganze Sprache durchpflügen.

 
   
     (Die meisten Menschen, wenn sie eine philosophische Untersuchung anstellen wollen, machen es wie Einer, der äusserst nervös einen Gegenstand ine einer Lade sucht. Er wirft Papiere aus der Lade heraus – das Gesuchte mag darunter sein – blättert hastig und ungenau unter den ◇◇◇ übrigen. Wirft wieder einige in die Lade zurück, bringt sie mit den andern durcheinander, u.s.w.. Man kann ihm dann nur sagen: Halt, wenn Du so suchst, kann ich Dir nicht suchen helfen. Erst musst Du anfangen, in vollster Ruhe methodisch eins nach dem andern zu untersuchen; dann bin ich auch bereit, mit Dir zu suchen und mich auch in der Methode nach Dir zu richten.)
433





 
    
   
     In den alten Riten haben wir den Gebrauch einer äussert ausgebildeten Gebärdensprache.
     Und wenn ich in Frazer lese, so möchte ich auf Schritt und Tritt sagen: Alle diese Prozesse, diese Wandlungen der Bedeutung, haben wir noch in unserer Wortsprache vor uns. Wenn das, was sich in der letzten Garbe verbirgt, der ‘Kornwolf’ genannt wird, aber auch diese Garbe selbst, und auch der Mann der sie bindet, so erkennen wir hierin einen uns wohlbekannten sprachlichen Vorgang.

 
   
     Der Sündenbock, auf den man seine Sünde legt und der damit in die Wüste hinausläuft, – ein falsches Bild, ähnlich denen, die die philosophischen Irrtümer verursachen.

 
   
     Ich möchte sagen: nichts zeigt unsere Verwandtschaft mit jenen Wilden besser, als dass Frazer ein ihm und uns so geläufiges Wort wie “ghost” oder “shade” bei der Hand hat, um die Ansichten dieser Leute zu beschreiben.
434
 
   
     (Das ist ja doch etwas anderes, als wenn er etwa beschriebe, die Wilden bildeten // bilden // sich ein, dass ihnen ihr Kopf herunterfällt, wenn sie einen Feind erschlagen haben. Hier hätte unsere Beschreibung nichts Abergläubisches oder Magisches an sich.)

 
   
     Ja, diese Sonderbarkeit bezieht sich nicht nur auf die Ausdrücke “ghost” und “shade”, und es wird viel zu wenig Aufhebens davon gemacht, dass wir das Wort “Seele”, “Geist” (“spirit”) zu unserem eigenen gebildeten Vokabular zählen. Dagegen ist es eine Kleinigkeit, dass wir nicht glauben, dass unsere Seele isst und trinkt.

 
   
     In unserer Sprache ist eine ganze Mythologie niedergelegt.

 
   
     Austreiben des Todes oder Umbringen des Todes; aber anderseits wird er als Gerippe dargestellt, also selbst in gewissem Sinne tot. “As dead as death”. ‘Nichts ist so tot wie der Tod; nichts so schön wie die Schönheit selbst!’ Das Bild, worunter man sich hier die Realität denkt ist, dass die Schönheit, der Tod, etc. die reine (konzentrierte) Substanz ist, reinen (konzentrierten) Substanzen sind während sie in einem schönen Gegenstand als Beimischung vorhanden ist. sind. – Und erkenne ich hier nicht meine eigenen Betrachtungen über ‘Gegenstand’ und ‘Komplex’? (Plato.)

 
   
     Die primitiven Formen unserer Sprache: Substantiv, Eigenschaftswort und Tätigkeitswort zeigen das einfache Bild, auf dessen Form sie alles zu bringen sucht.

 
   
     Solange man sich unter der Seele ein Ding, einen Körper vorstellt, der in unserem Kopfe ist, solange ist diese Hypothese nicht gefährlich. Nicht in der Unvollkommenheit und Rohheit unserer Modelle
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liegt die Gefahr, sondern in ihrer Unklarheit (Undeutlichkeit).
     Die Gefahr beginnt, wenn wir merken, dass das alte Modell nicht genügt, es nun aber nicht ändern, sondern nur gleichsam sublimieren. Solange ich sage, der Gedanke ist in meinem Kopf, ist alles in Ordnung; gefährlich wird es, wenn wir sagen, der Gedanke ist nicht in meinem Kopfe, aber in meinem Geist.
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     Die Untersuchung der Regeln des Gebrauchs unserer Sprache, die Erkenntnis dieser Regeln und übersichtliche Darstellung, läuft auf das hinaus, d.h. leistet dasselbe, was man oft durch die Konstruktion einer phänomenologischen Sprache leisten // erzielen // will.
     Jedesmal, wenn wir erkennen, dass die und die Darstellungsweise auch durch eine andre ersetzt werden kann, machen wir einen Schritt zu diesem Ziel.

 
   
     ““Angenommen, mein Ge[w|s]ichtsbild wären zwei gleichgrosse rote Kreise auf blauem Grund: was ist hier in zweifacher Zahl vorhanden, und was einmal? (Und was bedeutet diese Frage überhaupt?) – Man könnte sagen: wir haben hier eine Farbe, aber zwei Oertlichkeiten. Es wurde aber auch gesagt, rot und kreisförmig seinen Eigenschaften von zwei Gegenständen, die man Flecke nennen könnte, und die in gewissen räumlichen Beziehungen zueinander stehen.”” Die Erklärung “es sind hier zwei Gegenstände – Flecke –, die …” klingt wie eine Erklärung der Physik. Wie wenn Einer fragt “was sind das für rote Kreise, die ich dort sehe” und
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ich antworte “das sind zwei rote Laternen, etc.”. Eine Erklärung wird aber hier nicht gefordert (unsere Unbefriedigung durch eine Erklärung lösen zu wollen ist der Fehler der Metaphysik). Was uns beunruhigt, ist die Unklarheit über die Grammatik des Satzes “ich sehe zwei rote Kreise auf blauem Grund”; insbesondere die Beziehungen zur Grammatik der Sätze // eines Satzes // wie “auf dem Tisch liegen zwei rote Kugeln”; und wieder “auf diesem Bild sehe ich zwei Farben”. Ich kann // darf // natürlich statt des ersten Satzes sagen: “ich sehe zwei Flecken mit // von // den Eigenschaften Rot und kreisförmig und in der räumlichen Beziehung Nebeneinander” – und ebensowohl: “ich sehe die Farbe rot an zwei kreisförmigen Oertlichkeiten nebeneinander” – wenn ich bestimme, dass diese Ausdrücke das gleiche bedeuten sollen, wie der obige Satz. Es wird sich dann einfach die Grammatik der Wörter “Fleck”, “Oertlichkeit”, “Farbe”, etc. nach der (Grammatik) der Wörter des ersten Satzes richten müssen. Die Konfusion entsteht hier dadurch, dass wir glauben, über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Gegenstands (Dinges) – des Flecks – entscheiden zu müssen: wie wenn man entscheidet, ob, was ich sehe (im physikalischen Sinn) ein roter Anstrich oder ein Reflex ist.

 
   
     Irrtümliche Anwendung unserer physikalischen Ausdrucksweise auf Sinnesdaten. “Gegenstände”, d.h. Dinge, Körper im Raum des Zimmers – und “Gegenstände” im Gesichtsfeld; der Schatten eines Körpers an der Wand als Gegenstand! Wenn man gefragt wird: “existiert der Kasten noch, wenn ich ihn nicht anschaue”, so ist die korrekte Antwort: “ich glaube nicht, dass ihn jemand gerade dann wegtragen wird, oder zerstören”. Die Sprachform “ich nehme x wahr” bezieht sich ursprünglich auf ein Phänomen (als Argument) im physikalischen Raum (ich meine hier: im “Raum” der alltäglichen Ausdrucksweise). Ich kann diese Form daher nicht unbedenklich auf das anwenden, was man Sinnesdatum nennt, etwa auf ein optisches Nachbild.
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(Vergleiche auch, was wir über die Identifizierung von Körpern, und anderseits von Farbflecken im Ge[w|s]ichtsfeld gesagt haben.) Was es heisst: ich, das Subjekt, stehe dem Tisch, als Objekt, gegenüber, kann ich leicht verstehen; in welchem Sinne aber stehe ich meinem optischen Nachbild des Tisches gegenüber?
     “Ich kann diese Glasscheibe nicht sehen, aber ich kann sie fühlen”. Kann man sagen: “ich kann das Nachbild nicht sehen, aber …”? Vergleiche: “Ich sehe den Tisch deutlich”;
            “ich sehe das Nachbild deutlich”.
             “Ich höre die Musik deutlich”;
            “ich höre das Ohrensausen deutlich”.
     Ich sehe den Tisch nicht deutlich, heisst etwa: ich sehe nicht alle Einzelheiten des Tisches; – was aber heisst es: “ich sehe nicht alle Einzelheiten des Nachbildes”, oder: “ich höre nicht alle Einzelheiten des Ohrenklingens”?
     Könnte man nicht sehr wohl statt “ein Nachbild sehen” sagen: “ein Nachbild haben”? Denn: ein Nachbild “sehen”? im Gegensatz wozu? –
     “Wenn Du mich auf den Kopf schlägst, sehe ich Kreise”. – “Sind es genaue Kreise, hast Du sie gemessen?” (Oder: “sind es ge[i|w]iss Kreise, oder täuscht Dich Dein Augenmass?”) – Was heisst es nun, wenn man sagt: “wir können nie einen genauen Kreis sehen”? Soll das eine Erfahrungstatsache sein, oder die Konstatierung einer logischen Unmöglichkeit? – Wenn das letztere, so heisst es also, dass es keinen Sinn hat, vom Sehen eines genauen Kreises zu reden. Nun, das kommt drauf an, wie man das Wort gebrauchen will. “Genauer Kreis” im Gegensatz zu einem Gesichtsbild, das wir eine sehr kreisähnliche Elipse nennen würden, kann man doch gewiss sagen. Das Gesichtsbild ist ein genauer Kreis // Das Gesichtsbild ist dann ein genauer Kreis // , welches uns wirklich, wie wir sagen würden,
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kreisförmig erscheint und nicht vielleicht nur sehr ähnlich einem Kreis // Kreise // . Ist anderseits von einem Gegenstand der Messung die Rede, so gibt es wieder verschiedene Bedeutungen des Ausdrucks “genauer Kreis”, je nach dem Erfahrungskriterium, welches ich dafür bestimme, dass der Gegenstand genau kreisförmig ist. // … je nach dem Erfahrungskriterium, das ich für die genaue Kreisförmigkeit des Gegenstandes bestimme. // Wenn ich nun sage // wir nun sagen // : “keine Messung ist absolut genau”, so erinnern wir hier an einen Zug in der Grammatik der Angabe von Messungsresultaten. Denn sonst könnte uns Einer sehr wohl antworten: “wie weisst Du das, hast Du alle Messungen untersucht?” – “Man kann nie einen genauen Kreis sehen” kann die Hypothese sein, dass genauere Messung eines kreisförmig aussehenden Gegenstandes immer zu dem Resultat führen wird, dass der Gegenstand von der Kreisform abweicht. – Der Satz “man kann ein 100-Eck nicht von einem Kreis unterscheiden” hat nur Sinn, wenn man die beiden auf irgend eine Weise unterscheiden kann, und sagen will, man könne sie, etwa visuell, nicht unterscheiden. Wäre keine Methode der Unterscheidung vorgesehen, so hätte es also keinen Sinn, zu sagen, dass diese zwei Figuren (zwar) gleich aussehen, aber “in Wirklichkeit” // “tatsächlich” // verschieden sind. Und jener Satz wäre dann etwa die Definition 100-Eck = Kreis.
     Ist in irgendeinem Sinne ein genauer Kreis im Gesichtsfeld undenkbar, dann muss der Satz “ich sehe nie einen genauen Kreis im Gesichtsfeld” von der Art des Satzes sein: “ich sehe nie ein hohes C im Gesichtsfeld”. // … , dann muss der Satz “im Gesichtsfeld ist nie ein genauer Kreis” von der Art des Satzes sein: “im Gesichtsfeld ist nie ein hohes C.” //



 
   
     Der Farbenraum wird beiläufig dargestellt durch das Oktoeder,
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mit den reinen Farben an den Eckpunkten und diese Darstellung ist eine grammatische, keine psychologische. Zu sagen, dass unter den und den Umständen – etwa – ein rotes Nachbild sichtbar wird, ist dagegen Psychologie (das kann sein, oder auch nicht, das andere ist a priori; das Eine kann durch Experimente festgestellt werden, das Andere nicht.)

 
   
     Was Mach ein Gedankenexperiment nennt, ist natürlich gar kein Experiment. Im Grunde ist es eine grammatische Betrachtung.

 
   
     Das Farbenoktoeder ist Grammatik, denn es sagt, dass wir von einem rötlichen Blau, aber nicht von einem rötlichen Grün reden können, etc..

 
   
     Die Oktoeder-Darstellung ist eine übersichtliche Darstellung der grammatischen Regeln.

 
   
     Wenn Einer konstatieren wollte “der Gesichtsraum ist farbig”, so wären wir versucht, ihm zu antworten: “Wir können ihn uns ja gar nicht anders vorstellen (denken)”. Oder: “Wenn er nicht färbig wäre, so wäre er in dem Sinne verschieden vom Gesichtsraum, wie ein Klang von einer Farbe”. Richtiger aber könnte man sagen: er wäre dann eben nicht, was wir “Gesichtsraum” nennen. In der Grammatik wird auch die Anwendung der Sprache beschrieben; das, was man den Zusammenhang zwischen Sprache und Wirklichkeit nennen möchte. Wäre er aber nicht beschrieben, so wäre einerseits die Grammatik unvollständig, anderseits könnte sie aus dem Beschriebenen nicht vervollständigt werden. In dem Sinn, in welchem wir ihn uns nicht anders denken können, ist die “Färbigkeit” in der Definition des Begriffs ‘Gesichtsraum’, d.h. in der Grammatik des Wortes “Gesichtsraum”, enthalten.

 
   
     Wenn manchmal gesagt wird: man können das Helle nicht sehen, wenn man
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nicht das Dunkle sähe; so ist das kein Satz der Physik oder Psychologie – denn hier stimmt es nicht und ich kann sehr woh[k|l] eine ganz weisse Fläche sehen und nichts Dunkles daneben – sondern es muss heissen: In unserer Sprache wird “hell” als ein Teil eines Gegensatzpaars hell – dunkel gebraucht. Wie wenn man sagte: im Schachspiel wird die weisse Farbe von Figuren zur Unterscheidung von der schwarzen Farbe andrer Figuren gebrau[h|c]ht.

 
   
     Ist nicht die Harmonielehre wenigstens teilweise Phänomenologie, also Grammatik!
     Die Harmonielehre ist nicht Geschmacksache.

 
   
     Eine Kirchentonart verstehen, heisst nicht, sich an die Tonfolge gewöhnen, in dem Sinne, in dem ich mich an einen Geruch gewöhnen kann und ihn nach einiger Zeit nicht mehr unangenehm empfinde. Sondern es heisst, etwas Neues hören, was ich früher noch nicht gehört habe, etwa in der Art – ja ganz analog – wie es wäre, 10 Striche !!!!!!!!!!, die ich früher nur als 2 mal 5 Striche haben sehen können, plötzlich als ein charakteristisches Ganzes sehen zu können. Oder die Zeichnung eines Würfels, die ich nur als flaches Ornament habe sehen können, auf einmal räumlich zu sehen.
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     Die Tatsache, dass man ein physikalisches Hunderteck als Kreis sieht, es nicht von einem physikalischen Kreis unterscheiden kann, sagt gar nichts über die Möglichkeit, ein Hunderteck zu sehen.
     Dass es mir nicht gelingt, einen physikalischen Körper zu finden, der das Gesichtsbild eines Hundertecks gibt, ist nicht von logischer Bedeutung. Es frägt sich; Hat es Sinn von einem Gesichts-Hunderteck zu reden? Oder: Hat es Sinn, von zugleich gesehenen 30 Strichen nebeneinander zu reden. Ich glaube, nein.
     Der Vorgang ist gar nicht so, dass man zuerst ein Dreieck, dann ein Viereck, Fünfeck etc. bis z.B. zum 50-Eck sieht und dann der Kreis kommt; sondern man sieht ein Dreieck, ein Viereck etc. bis vielleicht zum Achteck, dann sieht man nur mehr Viel-Ecke mit mehr oder weniger langen Seiten. Die Seiten werden kleiner, dann begin[g|n]t ein flukt[i|u]ieren zum Kreis hin und dann kommt der Kreis.
     Dass eine physikalische Gerade als Tangente an einen Kreis gezogen das Gesichtsbild einer geraden Linie gibt, die ein Stück weit mit der ge-
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krümmten zusammenläuft, beweist auch nicht, dass unser Sehraum nicht euklidisch ist, denn es könnte sehr wohl ein anderes physikalisches Gebilde das der euklidischen Tangente entsprechende Bild erzeugen. Tatsächlich aber ist ein solches Bild undenkbar.

 
   
     Wenn man frägt, ob die Tonleiter eine unendliche Möglichkeit der Fortsetzung in sich trägt, so ist die Antwort nicht dadurch gegeben, dass man Luftschwingungen, die eine gewisse Schwingenzahl überschreiten, nicht mehr als Töne wahrnimmt, denn es könnte ja die Möglichkeit bestehen, höhere Tonempfindungen auf andere Art und Weise hervorzurufen.

 
   
     Die Geometrie unseres Gesichtsraumes ist uns gegeben, d.h., es bedarf keiner Untersuchung bis jetzt verborgener Tatsache[,|n], um sie zu finden. Die Untersuchung ist keine, im Sinn einer physikalischen oder psychologischen Untersuchung. Und doch kann man sagen, wir kennen diese Geometrie noch nicht. Diese Geometrie ist Grammatik und die Untersuchung eine grammatische Untersuchung.

 
   
     Man kann sagen, diese Geometrie liegt offen vor uns (wie alles Logische) – im Gegensatz zur praktischen Geometrie des physikalischen Raumes).

 
   
     Niemand kann [d|u]nseren // den // Gesichtsraum näher kennen lehren. Aber wir können seine sprachliche Darstellung übersehen lernen. Unterscheide die geometrische Untersuchung von der Untersuchung der Vorgänge im Gesichtsraum.

 
   
     Man könnte beinahe von einer externen und einer internen Geometrie reden. Das, was im Gesichtsraum angeordnet ist, steht in dieser Art von
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Ordnung a priori, d.h. seiner logischen Natur nach und die Geometrie ist hier einfach Grammatik. Was der Physiker in der Geometrie des physikalischen Raumes in Beziehung zu einander setzt, sind Instrumentablesungen, die ihrer internen Natur nach nicht anderss sind, ob wir in einem geraden oder sphärischen physikalischen Raum leben. D.h., nicht eine Untersuchung der logischen Eigenschaften dieser Ablesungen führt den Physiker zu einer Annahme über die Art des physikalischen Raumes, sondern die abgelesenen Tatsachen.

 
   
     Vergleich des Arbeitens an der Rechenmaschine mit dem Messen geometrischer Gebilde. Machen wir bei dieser Messung ein Experiment, oder verhält es sich so, wie im Falle der Rechenmaschine, dass wir nur interne Relationen feststellen und das physikalische Resultat unserer Operationen nichts beweist?

 
   
     Im Gesichtsraum gibt es natürlich kein geometrisches Experiment.

 
   
     Ich glaube, dass hier der Hauptpunkt des Missverständnisses über das a priori und a posteriori der Geometrie liegt.

 
   
     Jede Hypothese ist eine heuristische Methode. Und in dieser Lage ist, glaube ich, auch die euklidische oder eine andere Geometrie auf den Raum der physikalischen Messungen angewandt. Ganz anders verhält es sich mit dem, was man die Geometrie des Gesichtsraumes nennen kann.
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     Wenn die Aussage, dass wir nie einen genauen Kreis sehen, bedeuten soll, dass wir z.B. keine Gerade sehen, die den Kreis in einem Punkt berührt (d.h., dass nicht in unserm Sehraum die Multiplizität der einen Kreis berührenden Geraden hat) dann ist zu dieser Ungenauigkeit nicht ein beliebig hoher Grad der Genauigkeit denkbar.
     Das Wort “Gleichheit” hat eine andere Bedeutung, wenn wir es auf Strecken im Sehraum anwenden, als, die es auf den physikalischen Raum angewendet hat. Die Gleichheit im Sehraum hat eine andere Multiplizität als die Gleichheit im physikalischen Raum, darum können im Sehraum g' und g'' Gerade (Sehgerade) sein und die Strecken a' = a'', a'' = a''' etc. aber nicht a' = a''''' sein. Ebenso hat der Kreis und die Gerade im Gesichtsraum eine andere Multiplizität als Kreis und Gerade im physikalischen Raum, denn ein kurzes Stück eines gesehenen Kreises kann gerade sein; “Kreis” und “Gerade” eben im Sinne der Gesichtsgeometrie angewandt.
     Die gewöhnliche Sprache hilft sich hier mit dem Wort “scheint” oder
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“erscheint”. Sie sagt a' und a'' scheinen gleich zu sein, während zwischen a' und a''''' dieser Schein nocht nicht mehr be[w|s]teht. Aber sie benutzt das Wort “scheint” zweideutig. Denn seine Bedeutung hängt davon ab, was diesem Schein nun als das Sein entgegengestellt wird. In einem Fall ist es das Resultat einer Messung, im anderen eine weitere Erscheinung. In diesen Fällen ist also die Bedeutung des Wortes “scheinen” eine verschiedene.

 
   
     Wenn ich sage “die obere Strecke ist so lang wie die untere” und mit diesem Satz das meine, was sonst der Satz “die obere Strecke erscheint mir so lang, wie die untere” sagt, dann hat in dem Satz das Wort “gleich” eine ganz andere Bedeutung, wie im gleichlautenden Satz, für den die Verifikation die Uebertragung der Länge mit dem Zirkel ist. Darum kann ich z.B. im zweiten Fall von einem Verbessern der Vergleichsmethoden reden, aber nicht im ersten Falle. Der Gebrauch desselben Wortes “gleich” in ganz verschiedenen Bedeutungen ist sehr verwirrend. Er ist der typische Fall, dass W[i|o]rte und Redewendungen, die sich ursprünglich auf die “Dinge” der physikalischen Ausdrucksweise, die “Körper im Raum” beziehen, auf die Teile uns[d|e]res Gesichtsfeldes angewendet werden, wobei sie ihre Bedeutung gänzlich wechseln müssen und die Aussagen ihren Sinn verlieren, die früher einen hatten, und andere einen Sinn gewinne[,|n], die in der ersten Ausdrucksart keinen hatten. Wenn auch eine gewisse Analogie bestehen bleibt, eben die, dien uns verführt, den gleichen Ausdruck zu gebrauchen.

 
   
     Die visuelle Gerade berührt den visuellen Kreis nicht in einem Punkt, sondern in einer visuellen Strecke. – Wenn ich die Zeichnung eines Kreises und einer Tangente ansehe, so ist // wäre // nicht das merkwürdig, wenn // dass // ich etwa niemals einen vollkommenen Kreis und eine vollkommene Gerade miteinander in Berührung sehe; interessant ist //
wäre
wird
//
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es erst, wenn ich sie sehe, und dann die Tangente mit dem Kreis ein Stück zusammenläuft.

 
   
     Die Geometrie der Physik hat es in diesem Sinn nicht mit der Möglichkeit, sondern mit den Tatsachen zu tun. Sie wird von Tatsachen bestätigt; in dem Sinne nämlich, in dem ein Teil einer Hypothese bestätigt wird.

 
   
     Die Verschwommenheit, Unbestimmtheit unserer Sinneseindrücke ist nicht etwas, de[j|m] sich abhelfen lässt, eine Verschwommenheit, der auch völlige Schärfe entspricht (oder entgegensteht). Vielmehr ist diese allgem[i|e]ine Unbestimmtheit, Ungreifbarkeit, dieses Schwimmen der Sinneseindrücke, das, was mit dem Worte “alles fliesst” bezeichnet worden ist. Wir sagen “man sieht nie einen genauen Kreis”, und wollen sagen, dass, auch wenn wir keine Abweichung von der Kreisform sehen, uns das keinen genauen Kreis gibt. (Es ist, als wollten wir sagen: wir können dieses Werkzeug nie genau führen, denn wir halten nur den Griff und das Werkzeug sitzt im Griff lose.) Was aber verstehen wir dann unter dem Begriff ‘genauer Kreis’? Wie sind wir zu diesem Begriff überhaupt gekommen? Nun, wir denken z.B. an eine genau gemessene Kreisscheibe aus einem sehr harten Stahl. Aha – also dorthin zielen wir mit dem Begriff ‘genauer Kreis’. Freilich, davon finden wir im Gesichtsbild nichts. Wir haben eben die Darstellungsform gewählt, die die Stahlscheibe genauer nennt als die Holzscheibe und die Holzscheibe genauer als die Papierscheibe. Wir haben den Begriff “genau” durch eine Reihe bestimmt, und reden von den Sinneseindrücken als Bildern, ungenauen Bildern, der physikalischen Gegenstände.



 
   
     Zwingt mich etwas zu der Deutung, dass der Baum, den ich durch mein Fenster sehe, grösser ist als das Fenster? Das kommt darauf an, wie ich die Wörter “grösser” und “kleiner” gebrauche. – Denken wir uns die normale // alltägliche // visuelle Erfährung wäre es für uns, Stäbe in verschiedenen Längen zu Lagen zu sehen, die durch Teilstriche in (visuell) gleiche
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Teile geteilt, wären. Könnte sich da nicht/ein doppelter Gebrauch der Worte “länger” und “kürzer” einbürgern. Wir würden nämlich manchmal den Stab den längeren nennen, der in mehr Teile gewä geteilt wäre; etc..

 
   
     Messen einer Länge im Gesichtsfeld durch Anlaˇegen eines visuellen Massstabes. D.i., eines Stabes, der durch Teilstriche in gleiche Teile geteilt ist. Es gibt hier eine Messung, die darin besteht, dass der Masstab an zwei Längen // Strecken // angelegt wird. Und zwar können 2 Masstäbe je einer an eine Länge angelegt werden und das Kriterium für die Gleichheit der Mass[t|e]inheit ist, dass die Einheiten gleichlang aussehen. Es kann aber auch ein Masstab von einer Länge // Strecke // zur andern transportiert werden und das Kriterium der Konstanz der Masseinheit ist, dass wir keine Veränderung merken. Während das Kriterium dafür, dass die gemessenen Längen sich nicht verändern etwa darin besteht, dass wir keine Bewegung der Endpunkte wahrgenommen haben. Ich kann unzählige verschiedene Bestimmungen darüber treffen, welches das Kriterium der Längengleichheit im Gesichtsbild sein soll und danach werden sich wieder verschiedene Bedeutungen der Massangaben ergeben.



 
   
Teilbarkeit. Unendliche Teilbarkeit.

     Die unendliche Teilbarkeit der euklidischen Strecke besteht in der Regel (Festsetzung), dass es Sinn hat, von einem n-ten Teil jedes Teils zu sprechen. Spricht man aber von der Teilbarkeit einer Länge im Gesichtsraum und fragt, ob eine solche noch teilbar, oder endlos teilbar ist, so suchen wir hier nach einer Regel, die einer gewissen Realität ent-
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spricht (aber wie entspricht sie ihr?). Ich sehe einen schwarzen Streifen an der Wand vor mir, – ist seine Breite teilbar? Was ist das Kriterium dafür? Hier gibt es nun unzählige Kriterien, die wir alle als Kriterien der Teilbarkeit im Gesichtsfeld bezeichnen // anerkennen // würden, und die stufenweise in einander übergehen. Vor allem könnte die Bedeutung von “Teilbarkeit” so festgelegt werden, dass ein Versuch sie erweist; dann ist es also nicht “logische Möglichkeit” der Teilung, sondern physische Möglichkeit, und die logische Möglichkeit, die hier in Frage kommt, ist in der Beschreibung des Versuchs der Teilung gegeben – wie immer dieser Versuch ausgehn mag.
     Was würden wir nun einen “Versuch der Teilung” nennen? – Etwa den, einen Strich neben den ersten zu malen, der gleichbreit aussieht und aus einem grünen und roten Längsstreifen besteht, wobei die Erinnerung das Kriterium dafür gäbe, dass der schwarze Streifen die gleiche Breite habe, die er hatte, als wir die Frage stellten. (D.h., dass wir als gleiche Breite des schwarzen Streifens jetzt und früher das bezeichnen, was als gleichbreit erinnert wird.) Anderseits könnte ich als Kriterium der Teilbarkeit des schwarzen Streifens festsetzen, dass zugleich mit ihm ein gleich breit aussehender und geteilter Streifen gesehen wird. Und als Vollzug der möglichen Teilung würde ich dann die Ersetzung des ungeteilten durch einen
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geteilten bezeichnen, bei welcher der zuerst gesehene ungeteilte Streifen bestehen bleibt. Ich würde also sagen “a
ist
sei
geteilt” – weil ich b daneben sehe und “a
ist
sei
geteilt”, wenn ich danach 2 Streifen von der Art b sehe. In der Aussage “a ist geteilt” bezeichnet “a” also einen Ort; das nämlich, was gleichbleibt, ob a geteilt oder ungeteilt ist. Hier gibt es nun wieder Verschiedenes, was wir als “Ort im Gesichtsfeld” und “Festlegung eines Ortes im Gesichtsfeld” bezeichnen. – Wir könnten aber einen Streifen nur dann teilbar nennen, wenn er sich in gleicher (gesehener) Breite in einen geteilten Streifen fortsetzt, oder aber, wenn es uns gelingt, einen geteilten Streifen zeitweilig an ihn (im Gesichtsfeld) anzulegen, etc. etc. – Dann aber gibt es das Kriterium der Vorstellbarkeit der Teilung. Wir sagen: “oh ja, diesen Streifen kann ich mir noch ganz leicht geteilt denken” (oder “vorstellen”). “Wenn eine Teilung dieses Streifens a in ungleiche Teile möglich ist, dann umsomehr
            in gleiche Teile”. Und hier haben wir wieder die Festsetzung eines neuen Kriteriums der Teilbarkeit in gleiche Teile. Und hier sagt man: ich kann mir doch in diesem Fall gewiss denken, dass der Streifen halbiert wäre // wird // . Aber worin besteht diese Möglichkeit // Fähigkeit // des Denkens? Kann ich es, wenn ich es versuche? Und wie, wenn es mir nicht gelingt? Was hier mit dem “ich kann mir … denken” gemeint ist, erfährt man, wenn man fragt “wieso kannst Du Dir nun die Halbierung denken”,. Darauf ist die Antwort: “ich brauche mir doch nur den schwarzen Teil des Streifens etwas breiter zu denken”; und es wird offenbar angenommen, dass das zu denken, keine Schwierigkeit mehr hat. In Wirklichkeit aber handelt es sich hier nicht um Schwierigkeiten // die Schwierigkeit // ,
mir
sich
ein bestimmtes Bild vor's innere Auge zu rufen, und nicht um etwas, was ich versuchen und mir misslingen kann; sondern um die Anerkennung einer Regel der Ausdrucksweise. Diese Regel kann allerdings gegründet sein auf
die
der
Fähigkeit, sich etwas vorzustellen; d.h. die Vorstellung funktioniert in diesem Fall als Muster, also als Zeichen, und kann
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natürlich auch ersetzt werden durch ein gemaltes Muster. Wenn ich nämlich frage: “was versteht man unter dem Wachsen der Breite eines Streifens”, so wird mir als Erklärung so etwas vorgeführt, es wird mir ein Muster gegeben, das ich, oder dessen Erinnerung ich etwa meiner Sprache einverleibe. Und so kann der, den ich frage “wieso ist der breite Streifen a teilbar, weil b teilbar ist” als Antwort den Streifen b verbreitern und mir zeigen vorführen, wie aus b ein geteilter Streifen von der Breite des a wird // werden kann // . Aber bei dieser Antwort hätte es nun sein Bewenden. Und was hat er zur Erklärung getan? Er hat mir ein Zeichen, ein Muster, in mein Zeichensystem gegeben; das ist alles.
 
   
           Gibt es nun für die Teilbarkeit des Streifens im Gesichtsraum eine Grenze? Nun – das kann ich festsetzen, wie ich will. – Das heisst: ich kann ein Zeichensystem mit begrenzter Teilbarkeit, oder eins mit unbegrenzter Teilbarkeit einführen – nur kann ich natürlich die Tatsachen nicht kommandieren und muss sie dann mit dem von mir festgesetzten Zeichensystem entsprechend beschreiben. Wenn also meine Vorstellung, bezw. das Gesichtsbild eines geteilten Streifens, einen Teil meines Zeichensystems bildet, so endet dieser Teil meines Symbolismus, wo ich, aus irgend welchen Gründen unfähig bin, eine weitere Verkleinerung der Teile zu bewirken // herbeizuführen // . Dann aber kann ich mich entscheiden
:
,
entweder, zu sagen, es gäbe keine weitere Teilung mehr, d.h. von einer solchen zu reden sei sinnlos – und in diesem Falle habe ich mich gebunden, ein eventuell auftretendes Phänomen, das ich versucht wäre, eine weitere Teilung zu nennen, anders zu beschreiben; – oder aber
:
,
die Teilbarkeit im Symbolismus weitergehen zu lassen, wodurch aber nichts geändert wird, weil ja meine Reihe von Mustern, die auch zur Sprache gehört, ein Ende hat. Soweit diese Reihe von Mustern eine Reihe von Zeichen ist, kommt durch jedes neue Muster ein
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neues Zeichen in die Sprache. Diese Betrachtung ist meist ohne Wichtigkeit; manchmal aber wird sie wichtig. Wir haben einen dem Problem der Teilung analogen Fall Teilbarkeit analogen Fall, wenn gefragt wird: ist es möglich, jede beliebige Anzahl 3n von Strichen !!!!!!!!!!!! mit einem Blick als Gruppe von Trippeln zu erfassen, oder jede beliebig lange Reihe solcher Striche als ein für ihre Anzahl charakteristisches Bild zu sehen, wie es für ! !! !!! !!!! können? Auch hier können wir zur Beschreibung unserer Erfahrung ein endliches oder ein unendliches Zahlensystem verwenden, – denn die Reihe der Muster übersehbarer Gruppen hat ein Ende und sie determiniert den Sinn unsrer Sätze ebensosehr, wie das verwendete Zahlensystem.
           Wenn ich also sagte “wir suchen nach einer Regel, die einer gewissen Realität entspricht”, so liegt die Entsprechung in der Einfachheit und leichten Verständlichkeit der Darstellung. Die Regel wird durch die Tatsachen nur insofern gerechtfertigt, als die Wahl eines Koordinatensystems durch ihre Anwendung auf eine Kurve gerechtfertigt wird, die sich in dem System besonders einfach darstellen lässt.

 
   
                        Es ist möglich, im Gesichtsfeld zwei gleichlange (d.h. gleichlang gesehen) S[g|t]recken zu sehen, deren jede durch Farbgrenzen in mehrere Teile, gleiche Teile, geteilt ist und beim Zählen dieser Teile zu finden, dass ihre Anzahlen ungleich sind. Wie ist es nun mit einer Frage: “Angenommen, ich könnte 30 und 31 Teile als Zahl übersehen, wäre es auch dann möglich, zwei Strecken von 30 und 31 gesichtsgleichen Teilen als gleichlang zu sehen?” – Nun, wie ist diese Frage zu entscheiden? Vor allem: wie ist das, wenn man 30 Teile als Zahl übersieht? Was kann man dafür als Erklärung geben? Wir können freilich niemandem einen Centaur zeigen, weil es keinen gibt, aber es ist für die Bedeutung des Wortes “Centaur” wesent-
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lich, dass wir einen malen, oder modellieren können. – So aber ist es auch für den Sinn des Satzes “ich kann 30 Teile als Zahl übersehen” wesentlich, was ich etwa als Beispiel dieses Ueberblickens zeigen kann, und dass ich keinen Fall eines Ueberblickens von 30 Strichen als Muster zeigen kann. Hier kann man sagen: ich kann mir das Uebersehen von 30 Strichen // Ueberblicken von 30 Strichen als Zahlbild // nicht vorstellen, ich weiss nicht, wie das wäre, und die Frage “wie wäre es, wenn …” ist für mich unsinnig, denn es ist mir kein Kriterium zur Entscheidung gegeben.

 
   
     Wenn wir die Bedeutungen der Ausdrücke “gleichlang” und anderer im Gesichtsraum mit den Bedeutungen derselben Wörter im euklidischen Raum verwechseln, dann geraten // kommen // wir in // auf // Widersprüc[j|h]e und fragen dann: “Wie ist so eine Erfahrung möglich?! Wie ist es möglich, dass 24 gleichlange Strecken zusammen die gleiche Länge ergeben, wie 25 ebensolange? Habe ich wirklich so eine Erfahrungg gehabt?”



 
   
     “Ist ein Feld eines Schachbretts einfacher, als das ganze Schachbrett?” Das kommt darauf an, wie Du das Wort “einfacher” gebrauchst. Meinst Du damit “aus einer kleineren Anzahl von Teilen bestehend”, so sage ich: Wenn diese Teile etwa die Atome des Schachbretts sind, so ist also das Feld einfacher als das Schachbrett. – Wenn Du aber vom visuellen Schachbrett sprich[t|s]t, // von dem sprichst, was wir am Schachbrett sehen, // so bestehen ja die Felder nicht aus Teilen, es sei denn, dass sie wieder aus kleineren Flecken bestehen, und wenn Du dann den Fleck den einfacheren nennst, der weniger Flecken enthält, so ist wieder das Feld einfacher
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als das Schachbrett. “Ist aber die gleichmässig gefärbte Fläche einfach?” – Wenn “einfach” bedeutet: nicht aus Flecken mehrerer Farben [Z|z]usammengesetzt, – ja!
     Aber können wir nicht sagen: einfach ist, was sich nicht teilen lässt? – Wie teilen lässt? Mit dem Messer? Und mit welchem Messera? Beschreibe mir erst die Methode der Teilung, die Du erfolglos anwendest, dann werde ich wissen, was Du “unteilbar” nennst. Aber vielleicht willst Du sagen: “ist “unteilbar” nˇene ich nicht das, was man erfolglos zu teilen versucht, sondern das, wovon es sinnlos (unerlaubt) ist zu sagen, es bestehe aus Teilen. – Dann ist ‘unteilbar’ eine grammatische Bestimmung. Eine Bestimmung also, die Du selber machen kannst und durch welche Du die Bedeutung, den Gebrauch andrer Wörter festlegst. Wenn ich etwa sage: ein einfärbiger Fleck ist unteilbar (einfach), denn, wenn ich ihn – z.B. – durch einen Strich teile, so ist er nicht mehr einfärbig, – so setze ich damit fest, in welcher Bedeutung ich das Wort “teilen” gebrauchen will. Wenn nun gefragt wird: “besteht das Gesichtsbild aus minima visibilia”, so fragen wir zurück: wie verwendest Du das Wort “aus … bestehen”? Wenn in dem Sinn, in welchem ein Schachbrett aus schwarzen und weissen Feld[r|e]rn besteht, – nein! – Denn Du wolltest doch nicht leugnen, dass wir einfärbige Flecke sehen (ich meine Flecke, deren Erscheinung einfärbig ist). Wenn Du aber etwa sagen willst, dass ein physikalischer Fleck (ein messbarer Fleck im physikalischen Raum) verkleinert werden kann, bis wir ihn aus einer bestimmten Entfernung nicht mehr sehen, dass er dabb dann beim Entschwinden gemessen und in dieser Ausdehnung der kleinst sichtbare Fleck genannt werden kann, so stimmen wir bei.

 
   
     Wenn wir in der Geometrie sagen, das regelmässige Sechseck bestehe aus sechs gleichseitigen Dreiecken, so heisst das, dass es Sinn hat, von eine
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einem regelmässigen Sechseck zu reden, das aus sechs gleichseitigen Dreiecken besteht. Wenn daraufhin gefragt würde “ist also das Sechseck einfach oder zusammengesetzt”, so müsste ich antworten: bestimme Du selbst, wie Du die Wörter “einfach” und “zusammengesetzt” gebrauchen willst.

 
   
     Es scheint, man kann einen einfärbigen Fleck nicht zusammengesetzt sehen, ausser, wenn man ihn sich nicht einfärbigv vorstellt. Die Vorstellung einer Trennungslinie macht den Fleck einfärbig, denn die Trennungslinie muss eine andere Farbe haben, als der übrige Fleck. /Auslassung 1/

 
   
     Ob es einen Sinn hat zu sagen “dieser Teil einer roten Fläche (der durch keine sichtbare Grenze abgegrenzt ist[_|)] ist rot” hängt davon ab, ob es einen absoluten Ort gibt. Denn, wenn im Gesichtsraum von einem absoluten Ort die Rede sein kann, dann kann ich auch diesem absoluten Ort eine Farbe zuschreiben, wenn seine Umgebung gleichfärbig ist.


 
   
     Wir können in einem absoluten Sinne // in absolutem Sinne // von einem Ort im Gesichtsfeld reden. Denken wir uns, dass ein roter Fleck im Gesichtsfeld verschwindet und in gänzlich neuer Umgebung wieder auftaucht, so hat es Sinn zu sagen, er tauche am gleichen Ort oder an einem andern Ort wieder auf. (Wäre ein solcher Raum mit einer Fläche vergleichbar, die von Punkt zu Punkt eine andere Krümmung hätte, so dass wir jeden Ort auf der Fläche als absolutes Merkmal angeben könnten?)

 
   
     Der Gesichtsraum ist ein gerichteter Raum, in dem es ein Obne Oben und Unten, Rechts und Links gibt. Und diese Bestimmungen
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haben nichts mit der Richtung der Schwerkraft oder der rechten und linken Hand zu tun. Sie würden auch dann ihren Sinn beibehalten, wenn wir unser ganzes Leben lang durch ein Teleskop zu den Sternen sähen. – Dann wäre unser Gesichtsfeld dunkel mit einem helleren Kreis und in diesem Lichtpunkte. // … unser Gesichtsfeld ein hellerer Kreis vom Dunkel begrenzt und im Kreis Lichtpunkte. // Nehmen wir an, wir hätten nie unsern Körper gesehen, sondern immer nur dieses Bild, wir könnten also die Lage eines Sterns nicht mit der unseres Kopfes oder unserer Füsse vergleichen: was zeigt mir dann, dass mein Raum ein Oben und Unten etc. hat, oder einfach: dass er gerichtet ist? Es hat Sinn, zu sagen, dass sich das ganze Sternbild im Kreis dreht, obwohl es dadurch seine relative Lage zu nichts im Gesichtsraum ändert. Oder richtiger ausgedrückt: ich rede auch dann von einer Drehung im Gesichtsraum, wenn keine relative Lageänderung in ihm stattfindet.
         Dieser Sachverhalt ist nicht vielleicht dadurch wegerklärt, dass man sagt: die Retina hat eben ein Oben, Unten, etc., und so ist es leicht verständlich, dass es das Analoge im Gesichtsfeld gibt. Vielmehr ist eben das nur eine Darstellung des Sachverhalts auf dem Umweg über die Verhä[o|l]tnisse in der Retina.

 
   
                         Man könnte meinen: es verhält sich im Gesichtsfeld immer so, als sähen wir mit allem Uebrigen ein gerichtetes Koordinatenkreuz, wonach wir alle Richtungen fixieren können. – Aber auch das ist keine richtige Darstellung; denn sähen wir wirklich ein solches Kreuz (etwa mit Pfeilen), so wären wir im Stande, nicht nur die relativen Richtungen der Objekte dagegen zu fixieren, sondern auch die Lage des Kreuzes selbst im Raum, gleichsam gegen ein ungesehenes im Wesen dieses Raums enthaltenes Koordinatensystem.

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     Ich kann die Figur       als Buchstaben, als Zeichen für “kleiner” oder für “grösser” sehen, auch ohne es // sie // mit meinem Körper zusammen zu sehen. Vielleicht wird man sagen, dass ich die Lage meines Körpers fühle, ohne ihn zu sehen. Gewiss, und ich sage eben, dass ‘die gefühlte Lage’ nicht ‘die gesehene Lage’ ist; daher können sie auch nicht miteinander verglichen, wohl aber einander zugeordnet werden.
     Die Wörter “oben”, “unten”, “rechts”, “links” haben andere Bedeutung im Gesichtsraum, andere im Gefühlsraum. Aber auch das Wort “Gefühlsraum” ist mehrdeutig. (Definieren d (Definitionen der Wörter “oben”, “unten”, etc. durch die Spitze des Buchstaben “V”, des Zeichens “kleiner” und “grösser” einerseits, anderseits durch Kopf – und Fusschmerzen; oder durch Gleichgewichtsgefühle.)

 
   
     “Ist Distanz in der Struktur des Gesichtsraumes schon enthalten, oder scheint es uns nur, so, weil wir gewisse Erscheinungen des Gesichtsbildes mit gewissen Erfahrungen des Tastsinnes assoziieren, welche letztere erst Distanzen betreffen?” Woher nehmen wir diese Vermutung? Wir scheinen dergleichen irgendwo angetroffen zu haben. Denken wir nicht an folgenden Fall? diese Melodie missfiele mir nicht, wenn ich sie nicht unter diesen unangenehmen Umständen zum erstenmal gehört hätte. Aber hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Melodie missfällt mir, wie manche andere, für deren Missfallen ich jenen Grund nicht angeben würde, und es ist bloss eine Vermutung, dass die Ursache meines Missfallens in jenem früheren Erlebnis liegt. Oder ab[,|e]r, wenn immer ich die Melodie höre, fällt mir jenes Erlebnis ein und macht mir das Hören der Melodie unangehmen unangenehm; dann ist meine Aussage keine Hypothese über die Ursache meines Missfallens, sondern eine Beschreibung dieses Missfallens
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selbst. – Wenn also gefragt wird: “scheint es uns nur so, dass eine Strecke im Gesichtsraum selbst länger ist, als eine andere und bezieht sich das ‘länger’ nicht bloss auf eine Erfahrung des Tastsinns, die wir mit dem Gesehenen associieren”, – so ist zu antworten: Weisst Du etwas von dieser Association? beschreibst Du mit ihr Dein Erlebnis, oder vermutest Du sie nur als Ursache Deines Erlebnisses? – Wenn das letztere, so können wir von Distanzen im Ge[w|s]ichtsraum reden, ohne auf die mögliche Ursache unserer Erfahrung Rücksicht zu nehmen. Dabei muss man sich daran erinnern, dass die Aussagen über Distanzen (dass diese Strecke gleichlang ist wie jene, oder länger als jene, etc.) einen andern Sinn haben, wenn sie sich auf den Gesichtsraum, und einen andern, wenn [w|s]ie sich auf den euklidischen Raum beziehen.

 
   
     Zu sagen, der Punkt B ist nicht zwischen A und C
c(Ƒ)
+
A
----
  a  
+
B
-------
   
+
C
(die Strecke a nicht kürzer als c), sondern dies erscheine uns nur so wegen gewisser Assoziationen, klingt und ist absurd, weil wir uns eben in unserer Aussage gar nicht um eventuelle Ursachen der Erscheinung kümmern, sondern nur diese im Gegensatz zu andern Erscheinungen beschreiben.
     Wenn Du sag[t|s]t, der Punkt B erscheint // scheint // Dir nur zwischen A und C (zu liegen), so antworte ich: das ist es ja, was ich sage, nur gebrauche ich dafür den Ausdruck “er liegt zwischen A und C”.
     Und wenn Du fragst “scheint es nicht nur so”, so antworte ich: Welche Methode würdest Du denn anwenden, um die Antwort auf Deine Frage zu finden. Dann nämlich werde ich verstehen, was Dein Verdacht eigentlich betrifft. Wenn Du sagst: ist auf diesem Tisch nicht doch vie[e|l]leicht etwas, was ich nicht sehe, so antworte ich: Wie könnten wir denn das Betreffende finden? Versuche mir doch eine Erfahrung zu beschreiben, die Dich sagen lassen würde // veranlassen würde, zu sagen // : “es war doch noch etwas
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da”. Beschreibe mir die Erfahrung, die Dich davon überzeugen würde, dass B doch nicht zwischen A und C liegt, und ich werde verstehen, welcher Art der // dieser // wirkliche Sachverhalt im Gegensatz zum scheinbaren ist. Aber Eines ist klar: die Erfahrung, die Dich das lehrt, kann nicht diejenige ändern, die ich mit den Worten beschreibe “B liegt zwischen A und C”.
     Dem Einwurf liegt aber eine falsche Auffassung der logischen Analyse zugrunde. Was wir vermissen ist nicht ein genaueres Hinsehen (etwa auf A, B und C) und die Entdeckung eines Vorgangs hinter dem gewöhnlich // oberflächlich // beobachteten (dies wäre die Untersuchung eines physikalischen oder psychologischen Phänomens), sondern die Klarheit in der Grammatik der Beschreibung des alten Phänomens. Denn, sähen wir genauer hin, so sähen wir eben etwas Anderes und hätten nichts für unser Problem gewonnen. Diese Erfahrung, nicht eine andere, sollte beschrieben werden.

 
   
     Hat das Gesichtsfeld einen Mittelpunkt? – Es hat Sinn, in einem Bild etwa ein Kreuzchen anzubringen und zu sagen: schau' auf das Kreuz; Du wirst dann auch das Uebrige sehen, aber das Kreuz ist dann im Mittelpunkt des Gesichtsfeld[.|e]s.

 
   
     Im Gesichtsraum gibt es absolute Lage. Wenn ich durch ein Aug' schaue, sehe ich meine Nasenspitze. Würde diese abgeschnitten und entfernt, mir aber dann in die Hand gegeben, so könnte ich sie ohne Hilfe des Spiegels und bloss ﹖– durch die Kontrolle des Sehens –﹖ wieder an ihre alte Stelle setzen; auch dann, wenn sich in[w|z]wischen alles in meinem Gesichtsbild geändert hätte. Der Satz “ich sehe das sehende Auge im Spiegel” ist nur scheinbar von der Form des Satzes “ich sehe das Auge des Andern im Spiegel”, denn es hat keinen Sinn zu sagen: “ich sehe das sehende Auge”. Wenn
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ich “visuelles Auge” das Bild nenne, was mir etwa das Auge eines Andern bietet, so kann ich sagen, dass das Wort “das sehende Aug” nicht einem visuellen Auge entspricht.

 
   
     Im Gesichtsraum gibt es absolute Lage und daher auch absolute Bewegung. Man denke sich das Bild zweier Sterne in stockfinsterer Nacht, in der ich nichts sehen kann als diese, und diese bewegen sich im Kreise umeinander.

 
   
     Mein Gesichtsfeld weist keine Unvollständigkeit auf, die mich dazu bringen könnte, mich umzuwenden und // um // zu sehen, was hinter mir liegt. Im Gesichtsraum gibt es kein “hinter mir”; und wenn ich mich umwende, ändert sich ja bloss mein Gesichtsbild, wird aber nicht vervollständigt. (﹖– Der Raum um mich herum” ist eine Verbindung von Sehraum und Muskelgefühlsraum –﹖.) Es hat ekeinen Sinn, im Gesichtsraum von der Bewegung eines Gegenstandes zu reden, die um das sehende Auge hinten herum führt.

 
   
     Beziehung zwischen physikalischem Raum und Gesichtsraum. Denke an das Sehen bei geschlossenen Augen (Nachbilder, etc.) und an die Traumbilder.
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     Es ist unsinnig zu sagen “ich sehe die Dinge // diesen Gegenstand // im Gesichtsraum”. Im Gegensatz wozu? Ist es denkbar, dass ich sie // ihn // höre, oder dass ein Anderer sie // ihn // sieht?

 
   
     Darum kann ich auch nicht sagen, dass der Gegenstand in meinem Gesichtsraum die Ursache dessen // davon // ist, dass ich ihn sehe.
     (Darum ist es auch Unsinn zu sagen: aus dem Urnebel haben sich die Sonnen, Planeten, die einfachsten Lebewesen und endlich ein Wesen entwickelt, das so organisiert ist, dass es all diese Dinge sehen und über sie Betrachtungen anstellen kann. Es sei denn, dass man unter diesen Betrachtungen die (rein) physikalischen Aeusserungen, im Sinne des Behaviourism, versteht. In diesem Sinne kann man auch von einer photographischen Kamera sagen, dass sie etwas wahrnehme.)

 
   
     Wenn man gefragt würde: was ist der Unterschied zwischen einem Ton und einer Farbe, und die Antw[ä|o]rt wäre “Töne hören wir, dagegen sehen wir die Farben”; so ist das nur eine durch Erfahrung gerechtfertigte Hypothese,
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wenn es überhaupt einen Sinn haben soll, das zu sagen. Und in diesem Sinn ist es denkbar, dass ich einmal Töne mit den Augen wahrnehmen, also sehen werde, und Farben hören. Das Wesentliche der Töne und Farben ist offenbar in der Grammatik der Wörter für Töne und Farben gezeigt.

 
   
     Wenn wir vom Gesichtsraum reden, so werden wir leicht zu der Vorstellung verführt, als wäre er eine Art von Guckkasten, den jeder mit // vor // sich herumtrüge. D.h. wir verwenden dann das Wort “Raum” ähnlich, wie wenn wir ein Zimmer einen Raum nennen. In Wirklichkeit aber bezieht sich doch das Wort “Gesichtsraum” nur auf eine Geometrie, ich meine auf einen Abschnitt der Grammatik unserer Sprache.
     In diesem Sinne gibt es keine “Gesichtsräume”, die etwa jeder seinen Besitzer hätten. (Und etwa auch solche, vazierende, die gerade niemandem gehören?)

 
   
     “[Q|A]ber kann nicht ich in meinem Gesichtsraum eine Landschaft, und Du in dem Deinen ein Zimmer sehen?” – Nein, – ‘ich sehe in meinem Gesichtsraum’ ist Unsinn. Es muss heissen “ich sehe eine Landschaft und Du etc.” – und das wird nicht bestritten. Was uns hier irreführt, ist eben das Gleichnis vom Guckkasten, oder etwa von einer kreisrunden weissen Scheibe, die wir gleichsam als Projektionsleinwand mit uns trügen, und die der Raum ist, in dem das jeweilige Gesichtsbild erscheint. Aber der Fehler an diesem Gleichnis ist, dass es sich die Gelegenheit – die Möglichkeit – zum Erscheinen eines visuellen Bildes selbst visuell vorstellt; denn die weisse Leinwand ist ja selbst ein Bild.

 
   
     Es ist nun wichtig, dass der Satz “das Auge, womit ich sehe, kann ich nicht unmittelbar sehen” ein verkappter Satz der Grammatik, oder Unsinn ist. Der Ausdruck “näher am (oder, weiter vom) sehenden Auge“ hat nämlich
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eine andere Grammatik, als der “näher an dem blauen Gegenstand, welchen ich sehe”. Die visuelle Erscheinung, die der Beschreibung entspricht “A setzt die Brille auf”, ist von der grundverschieden, die ich mit den Worten beschreibe: “ich setze die Brille auf”. Ich könnte nun sagen: “mein Gesichtsraum hat Aehnlichkeit mit einem Kegel”, aber dann muss es verstanden werden, dass ich hier den Kegel als Raum, als Repräsentanten einer Geometrie, nicht als Teil eines Raumes (Zimmer) denke. (Also ist es mit dieser Idee nicht verträglich, dass ein Mensch durch ein Loch an der Spitze in den Kegel hineinschaut // ein Loch in der Spitze des Kegels in diesen hineinschaut // .)
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/     Wer aufgefordert würde, das Gesichtsbild zu malen . und es im Ernst versuchte, würde bald sehen, dass es unmöglich ist. /

 
   
     Verschiedene Bedeutungen der Wörter “verschwommen”, “unklar”.

 
   
Verschwommen, unklar, unscharf.

     “Die Linien dieser Zeichnung sind unscharf”, “meine Erinnerung an die Zeichnung ist unklar, verschwommen”, “die Gegenstände am Rand meines Gesichtsfeldes sehe ich verschwommen”. – Wenn man von der Verschwommenheit der Bilder am Rande des Gesichtsfeldes spricht, so schwebt Eeinem oft ein Bild dieses Gesichtsfeldes vor, wie es etwa Mach entworfen hat. Die Verschwommenheit aber, als die die Ränder eines Bildes // Die Verschwommenheit aber der Ränder eines Bildes … // auf der Papierfläche haben können, ist von gänzlich andrer Natur, als die, die man von den Rändern des Gesichtsfeldes aussagt. So verschieden, wie die Blässe der Erinnerung an eine Zeichnung, von der Blässe einer Zeichnung (selbst).
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Wenn im Film eine Erinnerung oder ein Traum dargestellt werden sollte, so gab man den Bildern einen bläulichen Ton. Aber die Traum- und Erinnerungsbilder haben natürlich keinen bläulichen T[i|o]n – sowenig, wie unser Gesichtsbild verschwach verwaschene Ränder hat; also sind die bläulichen Projektionen auf der Leinwand // bläulichen Bilder auf der Leinwand // nicht unmittelbar ans[f|c]hauliche Bilder der Träume, sondern ‘Bilder’ in noch einem andern Sinn. – Bemerken wir im gewöhnlichen Leben, wo wir doch unablässig schauen, die Verschwommenheit an den Rändern des Gesichtsfeldes? Ja, welcher Erfahrung entspricht sie eigentlich, denn im normalen Sehen kommt sie nicht vor! Nun, wenn wir den Kopf nicht drehen und wir beobachten etwas, was wir durch Drehen der Augen gerade noch sehen können, dann sehen wir etwa einen Menschen, können aber sein Gesicht nicht erkennen, sondern sehen es in gewisser Weise verschwommen. Die Erfahrung hat nicht die geringste Aehnlichkeit mit dem Sehen einer Scheibe, auf der // welcher // Bilder gemalt sind, in der Mitte der Scheibe mit schwarfen Umrissen, nach dem Rand zu mehr und mehr verschwimmend, etwa in ein allgemeines Grau unmerklich übergehend. Wir denken an so eine Scheibe, wenn wir z.B. fragen: könnte man sich nicht ein Gesichtsfeld mit gleichbleibender Klarheit der Umrisse etc. denken? Es gibt keine Erfahrung, die im Gesichtsfeld der entspräche, wenn man den Blick einem Bild entlang gleiten lässt, das von scharfen Figuren zu immer verschwommeneren übergeht.

 
   
     Es ist z.B. wichtig, dass in dem Satz “ein roter Fleck befindet sich nahe an der Grenze des Gesichtsfeldes” das “nahe an” eine andere Bedeutung hat als in einem Satz “der rote Fleck im Gesichtsfeld befindet sich nahe an dem braunen Fleck”. Das Wort “Grenze” in dem vorigen Satz hat ferner eine andere Bedeutung – und ist eine andere Wortart – als in dem Satz “die Grenze zwischen rot und blau im Gesichtsfeld ist ein Kreis”.
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     Welchen Sinn hat es, zu sagen: Unser Gesichtsbild ist an den Rändern undeutlicher als gegen die Mitte? Wenn wir hier nämlich nicht davon reden, dass wir die physikalischen Gegenstände in der Mitte des Gesichtsfeldes deutlicher sehen.

     Eines der klarsten Beispiele der Verwechslung zwischen physikalischer und phänomenologischer Sprache ist das Bild, welches Mach von seinem Gesichtsfeld entworfen hat und worin die sogenannte Verschwommenheit der Gebilde gegen den Rand des Gesichtsfeldes durch eine Verschwommenheit (in ganz anderem Sinne) der Zeichnung wiedergegeben wurde. Nein, ein sichtbares Bild des Gesichtsbildes kann man nicht machen.
     Kann ich also sagen, dass die Farbflecken in der Nähe des Randes des Gesichtsfeldes keine scharfen Konturen mehr haben: Sind denn Konturen dort denkbar? Ich glaube es ist klar, dass jene Undeutlichkeit eine interne Eigenschaft des Gesichtsraumes ist. Hat z.B. das Wort “Farbe” eine andere Bedeutung, wenn es sich auf Gebilde in der Randnähe bezieht?
     Die Grenzenlosigkeit des Gesichtsraums ist ohne jene “Verschwommenheit” nicht denkbar.

 
   
     Die Gefahr, die darin liegt, Dinge einfacher sehen zu wollen, als sie in Wirklichkeit sind, wird heute oft sehr überschätzt. Diese Gefahr besteht aber tatsächlich im höchsten Grade in der phänomenologischen Unterschung der Sinneseindrücke. Diese werden immer für viel einfacher gehalten, als sie sind.

 
   
/     Es ist seltsam, dass ich geschrieben habe, der Gesichtsraum hat nicht die Form und nicht, er habe nicht die Form und dass ich das Erste geschrieben habe, ist sehr bezeichnend. /
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     Man bedenkt gar nicht, wie merkwürdig das dreidimensionale Sehen ist. Wie seltsam etwa ein Bild, eine Photographie aussähe, wenn wir im Stande wären, sie als Verteilung grauer, weisser und schwarzer Flecken in einer ebenen Fläche zu sehen. Was wir sehen, würde dann ganz sinnlos wirken. Ebenso, wenn wir mit einem Aug' flächenchaft sehen könnten. Es ist z.B. gar nicht klar, was geschieht, wenn wir mit zwei Augen die Gegenstände plastischer sehen, als mit einem. Denn sie wirken auch mit einem gesehen schon plastisch. Und der Unterschied zwischen Relief und Rundplastik ist auch keine richtige Analogie.
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     Der einfärbige Fleck in der färbigen // farbigen // Ebene ist nicht aus kleineren Teilen zusammengesetzt, ausser so, wie die Zehn etwa aus tausend Hundertsteln.

 
   
     Das kleinste sichtbare Stück ist ein Stück der physikalischen Fläche, nicht des Gesichtsfeldes. Der Versuch, der das kleinste noch Sichtbare ermittelt, stellt eine Relation fest zwischen zwei Erscheinungen.

 
   
     Der // Dieser // Versuch untersucht nicht den Gesichtsraum und man kann den Gesichtsraum nicht untersuchen. Nicht in ihn tiefer eindringen.

 
   
     (Wenn man beschreiben wollte, was auf der Hand liegt, könnte man nicht “untersuchen, was auf der Hand liegt”. // “untersuchen wollen, was auf der Hand liegt”. // )

 
   
     Man könnte glauben, das Gesichtsfeld sei aus den minima visibilia zusammengesetzt; etwa aus lauter kleinen Quadraten, die man als unteil-
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bare Flecke sieht. Unsinn.
     Das Gesichtsfeld ist nicht zusammengesetzt, wenn wir die Zusammensetzung nicht sehen. Denn bei dem Wort “Zusammensetzung” denken wir doch an die Zusammensetzung eines grösseren Flecks aus kleineren.
     Von kleinsten sichtbaren Teilen des Gesichtsfeldes zu reden ist irreführend; gibt es denn auch Teile des Gesichtsfeldes, die wir nicht mehr sehen? Und wenn wir etwa das Bild // Gesichtsbild // eines Fixsterns so nennen, so könnte das nur heissen, dass es keinen Sinn habe, hier von ‘kleiner’ zu reden, und nicht, dass tatsächlich kein Fleck im Gesichtsfeld kleiner ist. Also ist der Superlativ “das kleinste …” falsch angewendet.

 
   
     Der kleinste sichtbare Unterschied wäre einer, der in sich selbst das Kriterium des Kleinsten trüge.
     Denn im Fall des Flecks A zwischen B und C unterscheiden wir eben einige Lagen und andere unterscheiden wir nicht. Was wir aber brauchten, wäre sozusagen ein infinitesimaler Unterschied, also ein Unterschied, der es in sich selbst trüge, der Kleinste zu sein.

 
   
     Der Gesichtsraum besteht offenbar nicht aus diskreten Teilen.
     Denn sonst müsste man unmittelbar sagen können, aus welchen.
     Oder er besteht nur sofern aus Teilen, als man sie angeben kann.

 
   
     Gibt es einen kleinst sichtbaren Farbunterschied? – Welche Farben sind hier gemeint? Nennen wir Farbe das Ergebnis der Mischung von Farbstoffen: dann kann ich das Experiment machen, z.B. zu einer Menge eines roten Farbstoffes eine kleine Menge eines gelben beizumischen und zu versuchen, ob ich einen Farbunterschied sehe; wenn ja, so wiederhole
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ich den Versuch mit einem kleineren Zusatz des gelben Farbstoffes und immer so fort, bis der Zusatz keinen sichtbaren Unterschied mehr hervorbringt; das kleinste Quantum, welches noch einen sichtbaren Unterschied hervorbrachte, nenne ich, mit einem gewissen Faktor von Ungenauigkeit, den kleinst sichtbaren Unterschied. Das Wesentliche ist (hier), dass der Unterschied noch da war, also noch konstatiert wurde, als kein Unterschied mehr gesehen wurde. Was ich so konstatiert habe, war der kleinst sichtbare Unterschied in den Pigmenten. Und ähnlich könnte ich von einem kleinst sichtbaren Unterschied zwischen farbigen Lichtern reden; wenn ich nur ausser dem Gesicht ein anderes Mittel der Unterscheidung habe. – Anders wird es, wenn man fragt: “gibt es einen kleinst sichtbaren Unterschied zwischen den gesehenen Farben”. Der müsste der kleinste in dem Sinne sein, in dem die Null die kleinste Kardinalzahl ist. Es wäre also nicht ein Unterschied, den man nicht mehr unterteilen könnte, weil das Experiment seiner Unterteilung immer misslänge; sondern die Unmöglichkeit der Unterteilung wäre eine logische, was so viel heisst, als dass es keinen Sinn hätte, von einer Unterteilung zu reden. Der kleinst sichtbare Unterschied in diesem Sinne wäre also ein Farbunterschied einer andern Art.

 
   
                          Wenn man einen schwarzen Streifen auf weissem Grund immer dünner und dünner werden lässt, so kommt man endlich zu dem, was ich einen visuellen Strich (im Gegensatz zu einer visuellen Linie, der Grenze zweier Farben) nennen möchte. Der Strich ist kein Streifen, er hat keine Breite; d.h., wenn er von einem andern Strich durchkreuzt wird, sehen wir nicht die 4 Eckpunkte, in denen sich die Grenzlinien zweier Streifen schneiden. Es ist unsinnig, von der optischen Unterteilung eines Strichs zu reden. Ihm entspricht die Erscheinung eines Fixsterns, die sich zum visuellen Punkt, dem Schnitt zweier Farbgrenzen, ebenso verhält, wie der Strich zur Farbgrenze. Den optischen Fixstern könnte man also ein Minimum visibile
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nennen. Aber man kann nun nicht etwa sagen, das Gesichtsfeld bestehe aus solchen Teilen! Es bestünde nur daraus // aus ihnen // , wenn wir sie sähen. Das Bild // visuelle Bild // eines Fixsternnebels im Fernrohr, besteht aus ihnen, soweit wir sie unterscheiden können. Denn diese beiden Ausdrücke heissen eben dasselbe.

 
   
     Wenn gefragt wird “ist unser Gesichtsfeld kontinuierlich oder diskontinuierlich”, so müsste man erst wissen, von welcher Kontinuität man redet. Einen Farbübergang nennen wir kontinuierlich, wenn wir keine Diskontinuität in ihm sehen.
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     Zu sagen, dass diese Farbe jetzt an einem Ort ist,
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heisst, diesen Ort vollständig beschreiben. – Zwei Farben, zwei Dampfspannungen, zwei Geschwindigkeiten, zwei elektrische Spannungen, haben nicht zugleich an einem Ort // Punkt // Platz. – Eine merkwürdige Gesellschaft, die sich da zusammenfindet. Und auch der ‘Punkt’ von dem ich rede, hat verschiedene Bedeutungen.

         Wenn also “f(x)” sagt, x sei jetzt an einem bestimmten Ort, so ist also ‘f(a) & f(b)’ ein Widerspruch. Warum nenne ich aber “f(a) & f(b)’ einen Widerspruch; da doch p & non-p die Form des Widerspruchs ist? Bedeutet // Heisst // es einfach, dass das Zeichen “fa & fb” kein Satz ist, wie etwa “ffaa” keiner ist? Unsere Schwierigkeit ist nur, dass wir doch das Gefühl haben, dass hier ein Sinn vorliegt, wenn auch ein degenerierter (Ramsey). Dass, wenn ich “und” zwischen zwei Aussagen setze, ein lebendes Wesen entstehen muss und nicht etwas Totes, wie wenn ˇich etwa “a & f” geschrieben hätte. Das ist eins sehr merkwürdiges und sehr tiefliegendes Gefühl. Man müsste sich darüber klar werden, was die Worte “dass hier ein Sinn vorliegt” sagen wollen.
        Die Entscheidung darüber, ob “fa & fb” [u|U]nsinn ist, wie “a & f”, könnte man so fällen: Ist p & non (fa & fb) = p, oder ist die linke Seite dieser Gleichung (und also die Gleichung) Unsinn? – Kann ich nicht entscheiden, wie ich will?
        Kann ich die Regel, die dem allem zu Grunde liegt, so schreiben: fa = (fa & non (fb))? d.i.: aus fa folgt non-fb.
        Ich glaubte, als ich die “Abhandlung” schrieb (und auch später noch), dass fa = fa & non-fb nur möglich wäre, wenn fa das logische Produkt aus irgend einem andern Satz und non-fb – also fa = p & non-fb – wäre, und war der Meinung, fa (z.B. eine Farbenangabe) werde sich in ein solches Produkt zerlegen lassen. Dabei hatte ich keine klare Vorstellung davon, wie ich mir die Auffindung einer solchen Zerlegung dachte. Oder vielmehr: ich dachte wohl an die Konstruktion eines Zeichens, das die richtige grammatische Ver-
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wendung in jedem Zusammenhang durch seine Beschaffenheit zum Ausdruck brächte (d.h., seine Regeln ganz einfach gestaltete und in gewissem Sinne schon in sich trüge, wie jede übersichtliche Notation); aber ich übersah, dass, wenn diese Umgestaltung des Satzes f(a) in seiner Ersetzung durch ein logisches Produkt bestehen sollte, dann die Faktoren dieses Produkts einen unabhängigen und uns bereits bekannten Sinn haben muüssten.
       Als ich dann eine solche Analyse einer Farbangabe durchführen wollte, kam zum Vorschein // , zeigte sich // , was es war, was ich mir unter der Analyse vorgestellt hatte. Ich glaubte die Farbangabe als ein logisches Produkt r & s & t … auffassen zu können, dessen einzelne Faktoren die Ingredienzien angaben (wenn es mehrere waren), aus denen die Farbe (color, nicht pigmentum) besteht. Es muss dann natürlich auch gesagt werden, dass dies alle Ingredienzien sind und diese abschliessende Bemerkung S bewirkt, dass r & s & t & S mit r & s & t & u & S in Widerspruch steht. Die Farbangabe hiesse dann: “an diesem Ort sind jetzt diese Farben (oder: ist jetzt diese Farbe) und sonst keine“. D.h.: die Farbangabe, die in unsrer gewöhnlichen Ausdrucksweise lautet “dies (oder: hier) ist rot” würde nun “hier ist rot und sonst keine Farbe” zu lauten haben // lauten müssen // ; während die Angabe “hier ist rot und blau” bedeuten sollte, dass die Farbe dieses Orts eine Mischfarbe aus rot und blau sei. Die Farbangaben // Sätze // nähmen da folgende Form an: “in dieser Farbe ist rot enthalten”, “in dieser Farbe ist nur rot enthalten”, “in dieser Farbe ist nur rot und blau enthalten”, etc..– Aber dies gibt nicht die rechte Grammatik: Es müsste das Vorhandensein eines roten Stiches ohne irgend einen andern Stich die rein rote Färbung dieses Orts bedeuten; das scheint uns unsinnig und der Fehler klärt sich so auf: Es muss im Wesen (in der Grammatik) dieses roten S[g|t]iches liegen, dass ein Mehr oder Weniger von ihm möglich ist; ein rötliches Blau kann dem reinen Rot näher und weniger nahe liegen, also in diesem Sinne mehr oder weniger Rot enthalten. Der Satz, wel-
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cher angibt, dass Rot als Ingrediens einer Farbe hier vorhanden ist, müsste also irgendwie eine Quantität von Rot nennen // angeben // ; dann aber muss dieser Satz auch ausserhalb des logischen Produkts Sinn haben, und es müsste also Sinn haben zu sagen, dass dieser Ort rein rot gefärbt ist und die und die Quantität von Rot enthalte; und das hat keinen Sinn. Und wie verhält es sich mit den einzelnen Sätzen, die einem Ort verschiedene Quantitäten, oder Grade, von Rot zuschreiben? Nennen wir zwei solche q1r und q2r: sollen sich diese widersprechen? Angenommen q2 sei grösser als q1, dann könnte zwar unsere Festsetzung sein, dass q2r & q1r kein Widerspruch sein solle (wie die Sätze “in diesem Korb sind 4 Aepfel” und “in diesem Korb sind 3 Aepfel”, wenn das “nur” fehlt), aber dann müssen q2r und non-q1r einander widersprechen; und daher müsste nach meiner alten Auffassung q2r ein Produkt aus q1r und einem andern Satz sein. Dieser andre Satz müsste die von q1 auf q2 fehlende Quantität angeben und für ihn bestünde daher die selbe Schwierigkeit. – Das Schema der Ingredientien passt nicht auf den Fall der Farbenmischung, wenn man unter [|]Farben’ nicht Farbstoffe versteht, (nicht). Und auch in diesem Schema sind verschiedene Angaben über das verwendete Quantum eines Bestandteils widersprechende Angaben; oder, wenn ich festsetze, dass p ( = ich habe 3 kg Salz verwendet) und q ( = ich habe 5 kg Salz verwendet) einander nicht widersprechen sollen, dann doch q und non-p. // dann widersprechen einander doch q und non-p. // Und es läuft alles darauf hinaus, dass der Satz “ich habe 2 kg Salz verwendet” nicht heisst “ich habe 1 kg Salz verwendet und ich habe 1 kg Salz verwendet”, dass also f(1 + 1) nicht gleich ist f(1) & f(1).

 
   
     Unsere Erkenntnis ist eben, dass wir es mit Masstäben, und nicht quasi mit isolierten Teilstrichen zu tun haben.

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     Der Satz “an einem Ort hat zu einer Zeit nur eine Farbe Platz” ist natürlich ein verkappter Satz der Grammatik. Seine Verneinung ist kein Widerspruch, widerspricht aber einer Regel unserer angenommenen Grammatik.

 
   
     Die Regeln über “und”, “oder”, “nicht”, etc., die ich die durch die W-F-Notation dargestellt habe, sind ein Teil der Grammatik über diese Wörter, aber nicht die ganze.

 
   
     Wenn ich z.B. sage, ein Fleck ist zugleich hellrot und dunkelrot, so denke ich dabei, dass der eine Ton den andern deckt.
     Hat es dann aber noch einen Sinn zu sagen, der Fleck habe den unsichtbaren, verdeckten Farbton?
     Hat es gar einen Sinn, zu sagen, eine vollkommen schwarze Fläche sei weiss, man sehe nur das Weiss nicht, weil es vom Schwarz gedeckt sei? Und warum deckt das Schwarz das Weiss und nicht Weiss das Schwarz?
     Wenn ein Fleck eine sichtbare und eine unsichtbare Farbe hat, so hat er diese Farben // diese zwei Farben // jedenfalls in ganz verschiedenem Sinne.

 
   
     “Rot und grün gehen nicht zugleich an denselben Ort” heisst nicht, sie sind tatsächlich nie beisammen, sondern, es ist Unsinn zu sagen, sie seien zugleich am selben Ort und also auch Unsinn zu sagen, sie seien nie zugleich am selben Ort.

 
   
     Eine Mischfarbe, oder besser Zwischenfarbe, von blau und rot ist dies durch eine interne Relation zu den Strukturen von blau und rot. Richtiger ausgedrückt: was wir “eine Zwischenfarbe von blau und rot” (oder “blaurot”) nennen, heisst so, wegen einer Verwandtschaft, die sich
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in der Grammatik der Wörter // in den grammatischen Bestimmungen über die Wörter // “blau”, “rot” und “blaurot” zeigt. (Der Satz, der von einer internen Relation der Strukturen redet, entspringt schon aus einer unrichtigen Vorstellung; aus der, welche in den Begriffen ‘rot’, ‘blau’, etc. komplizierte Strukturen // Gebäude // sieht; deren innere Strukture Konstruktion die Analyse zeigen muss.) Die Verwandtschaft aber der reinen Farben und ihrer Zwischenfarbe ist elementarer Art, d.h., sie besteht nicht darin, dass der Satz, welcher einem Gegenstand die Farbe blaurot zuschreibt, aus den Sätzen besteht, die ihm die Farben rot und blau zuschreiben. Und so ist auch die Verwandtschaft verschiedener Grade eines rötlichen Blau, z.B., eine elementare Verwandtschaft.

 
   
     Es hat Sinn von einer Färbung zu sagen, sie sei nicht rein rot, sondern enthalte einen gelblichen, oder bläulichen, weisslichen, oder schwärzlichen Stich; und es hat Sinn zu sagen, sie enthalte keinen dieser Stiche, sondern sei reines Rot. Man kann in diesem Sinne von einem reinen Blau, Gelb, Grün, Weiss, Schwarz reden, aber nicht von einem reinen Orange, Grau, oder Rötlichblau. (Von einem ‘reinen Grau’ übrigens wohl, sofern man damit ein nicht-grünliches, nicht-gelbliches u.s.w. Weiss-Schwarz meint: und ähnliches gilt für ‘reines Orange’, etc..) D.h. der Farbenkreis hat vier ausgezeichnete Punkte. Es hat nämlich Sinn zu sagen “dieses Orange liegt (nicht in der Ebene des Farbenkreises, sondern im Farbenraum) näher dem Rot als jenes”; aber wir können nicht, um das gleiche auszudrücken sagen “dieses Orange liegt näher dem Blaurot als jenes” oder “dieses Orange liegt näher dem Blau als jenes”.

 
   
     Die Farbenmischung, von der hier die Rede ist, bringt der Farbenkreise hervor, aber auch er nicht, wenn ich ihn nur ruhend und dann in rascher
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Drehung sehe. Denn es wäre ja denkbar, dass der Kreisel im ruhenden Zustand halb rot und halb gelb ist und dass er in rascher Drehung (aus welchern Ursachen immer) grün erscheint. Vielmehr bringt der Farbenkreisel die Mischung nur insofern zustande, als wir sie optisch als solche wahrnehmen können // optisch kontrollieren können // . Wenn er sich nämlich nach und nach schneller und schneller dreht und wir sehen, wie aus rot und gelb orange wird. Wir sind aber darin nicht dem Farbkreisel ausgeliefert; sondern, wenn durch irgend einen unbekannten Einfluss, während der Kreisel sich schneller und schneller dreht, die Farbe seiner Scheibe ins Weissliche überginge, so würden wir nun nicht sagen, die Zwischenfarbe zwischen Rot und Gelb sei ein weissliches Orange. So wenig, wie wir sagen würden 3 + 4 sei 6, wenn beim Zusammenlegen von 3 und 4 Aepfeln einer auf unbekannte Weise verschwände und 6 Aepfel vor uns lägen. Ich gebrauche hier den Farbenkreisel nicht zu einem Experiment, sondern zu einer Rechnung.

 
   
     Es scheint ausser dem Uebergang von Farbe zu Farbe auf dem Farbenkreis noch einen bestimmten anderen zu geben, den wir vor uns haben, wenn wir kleine Flecke der einen Farbe mit kleinen Flecken der andern untermischt sehen. Ich meine hier natürlich einen gesehenen Uebergang.
     Und diese Art des Uebergangs gibt dem Wort “Mischung” eine neue Bedeutung, die mit der Relation Zwischen auf dem Farbenkreis nicht zusammenfällt.
     Man könnte es so beschreiben: Einen orangefarbigen Fleck kann ich mir entstanden denken durch Untermischen kleiner roter und gelber Flecke, dagegen einen roten nicht durch Untermischen von violetten und orangefarbigen. – In diesem Sinne ist Grau eine Mischung von Schwarz und Weiss, und Rosa eine von Rot und Weiss, aber Weiss nicht eine Mischung von Rosa und einem weisslichen Grün.
     Nun meine ich aber nicht, dass es durch ein Experiment der Mischung
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festgestellt wird, dass gewisse Farben so aus anderen entstehen. Ich könnte das Experiment etwa mit einer rotierenden Farbenscheibe anstellen. Es kann dann gelingen, oder nicht gelingen, aber das zeigt nur, ob der betreffende visuelle Vorgang auf diese physikalische Weise hervorzurufen ist, oder nicht; es zeigt aber nicht, ob er möglich ist. Genau so, wie die physikalische Unterteilung einer Fläche nicht die visuelle Teilbarkeit beweisen oder widerlegen kann. Denn angenommen, ich sehe eine physikalische Unterteilung nicht mehr als visuelle Unterteilung, sehe aber die nicht geteilte Fläche im betrunkenen Zustande geteilt, war dann die visuelle Fläche nicht teilbar?

 
   
     Man könnte sagen, Violett und Orange löschen einander bei der Mischung teilweise aus, nicht aber Rot und Gelb.

 
   
     Orange ist jedenfalls ein Gemisch von Rot und Gelb in einem Sinne, in dem Gelb kein Gemisch von Rot und Grün ist, obwohl ja Gelb im Kreis zwischen Rot und Grün liegt.
     Und wenn das offenbar Unsinn wäre, so frägt es sich, an welcher Stelle es anfängt Sinn zu werden; d.h., wenn ich nun im Kreis von Rot und Grün aus dem Gelb näherrücke und Gelb ein Gemisch der betreffenden beiden Farben nenne.

 
   
     Ich erkenne nämlich im Gelb wohl die Verwandtschaft zu Rot und Grün, nämlich die Möglichkeit zum Rötlichgelb und Grünlichgelb – und dabei erkenne ich doch nicht Grün und Rot als Bestandteile von Gelb in dem Sinne, in dem ich Rot und Gelb als Bestandteile von Orange erkenne.
     Ich will sagen, dass Rot nur in dem Sinn zwischen Violett und Orange ist, wie Weiss zwischen Rosa und Grünlichweiss. Aber ist in diesem Sinn
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nicht jede Farbe zwischen jenen zwei anderen, oder doch zwischen solchen zweien, zu denen man auf unabhängigen Wegen von der dritten gelangen kann.
     Kann man sagen, in diesem Sinne liegt eine Farbe nur in einem gegebenen kontinuierlichen Uebergang zwischen zwei andern. Also etwa Blau zwischen Rot und Schwarz.
 
   
     Wenn man mir sagt, die Farbe eines Flecks liege zwischen Violett und Rot, so verstehe ich das und kann mir ein rötlicheres Violett als das Gegebene denken. Sagt man mir nun, die Farbe liege zwischen diesem Violett und einem Orange – wobei mir kein bestimmter kontinuierlicher Uebergang in Gestalt eines gemalten Farbenkreises vorliegt – so kann ich mir höchstens denken, es sei auch hier ein rötlicheres Violett gemeint, es könnte aber auch ein rötlicheres Orange gemeint sein, denn eine Farbe, die, abgesehen von einem gegebenen Farbenkreis in der Mitte zwischen den beiden Farben liegt, gibt es nicht und aus eben diesem Grunde kann ich auch nicht sagen, an welchem Punkt das Orange, welches die eine Grenze bildet, schon zu nahe dem Gelb liegt, um noch mit dem Violett gemischt werden zu können; ich kann eben nicht erkennen, welches Orange in einem Farbenkreis 45 Grad vom Violett entfernt liegt. Das Dazwischenliegen der Mischfarbe ist eben hier kein anderes, als das des Rot zwischen Blau und Gelb.

 
   
     Wenn ich im gewöhnlichen Sinn sage, Rot und Gelb geben Orange, so ist hier nicht von einer Quantität der Bestandteile die Rede. Wenn daher ein Orange gegeben ist, so kann ich nicht sagen, dass noch mehr Rot es zu einem röteren Orange gemacht hätte (ich rede ja nicht von Pigmenten) obwohl es natürlich einen Sinn hat, von einem röteren Orange zu sprechen. Es hat aber z.B. keinen Sinn zu sagen, dies Orange und dies Violett enthalten gleichviel Rot. Und wieviel Rot enthilet enthielte
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Rot?
     Der Vergleich, den man fälschlicherweise zu machen geneigt ist, ist der der Farbenreihe mit einem System von 2 Gewichten an einem Masstab, durch deren Vermehrung oder Verschiebung ich den Schwerpunkt des Systems beliebig verschieben kann.
Es ist nun Unsinn, zu glauben, dass, wenn ich die Schale A auf Violett halte und B in das Feld Rot-Gelb hineinverschiebe, S sich gegen Rot hin bewegen wird.
Und wie ist es mit den Gewichten, die ich auf die Schalen lege: Heisst es denn etwas, zu sagen, “me[g|h]r von diesem Rot”? Wenn ich nicht von Pigmenten spreche. Das kann nur dann etwas heissen, wenn ich unter reinem Rot eine bestimmte, vorher angenommene Anzahl von Einheiten verstehe. Dann aber bedeutet die volle Anzahl dieser Einheiten nichts, als, dass die Wagschale auf Rot steht. Es ist also mit den Verhältniszahlen wieder nur ein Ort der Wagschale, aber nicht ein Ort und ein Gewicht angegeben.

 
   
     Solange ich nun im Farbenkreis mit meinen beiden Grenzfarben – z.B. – im Gebiete Blau – Rot stehe und die rötere Farbe gegen Rot verschiebe, so kann ich sagen, dass die Resultante auch gegen Rot wandert. Ueberschreite ich aber mit der einen Grenzfarbe das Rot und bewege mich gegen Gelb, so wird die Resultierende nun nicht röter! Die Mischung eines gelblichen Rot mit einem Violett macht Violett nicht röter, als die Mischung von reinem Rot und dem Violett. Dass das eine Rot nun gelber geworden ist, nimmt ja vom Rot etwas weg und gibt nicht Rot dazu.

 
   
     Man könnte das auch so beschreiben: Habe ich einen Farbtopf mit violetten Pigment und einen mit Orange und nun vergrössere ich die Menge des
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der Mischung zugesetztem Orange, so wird zwar die Farbe der Mischung nach und nach aus dem Violett ins Orange übergehen, aber nicht über das reine Rot.

 
   
     Ich kann von zwei verschiedenen Tönen von Orange sagen, dass ich von keinem Grund habe zu sagen, er liege näher an Rot als an Gelb. – Ein “in der Mitte” gibt es hier nicht. – Dagegen kann ich nicht zwei verschiedene Rot sehen und im Zweifel sein, ob eines, und welches, von ihnen das reine Rot ist. Das reine Rot ist eben ein Punkt, das Mittel zwischen Gelb und Rot aber nicht.

 
   
     Es ist freilich wahr, dass man von einem Orange sagen kann, es sei beinahe Gelb, also es liege “näher am Gelb als am Rot” und Analoges von einem beinahe roten Orange. Daraus folgt aber nicht, dass es nun auch eine Mitte im Sinne eines Punktes zwischen Rot und Gelb geben müsse. Es ist eben hier ganz wie in der Geometrie des Gesichtsraums, verglichen mit der euklidischen. Es h ist hier eine andere Art von Quantitäten als die, welche durch unsere rationalen Zahlen dargestellt werden. Die Begriffe näher und weiter sind hier überhaupt nicht zu brauchen, oder sind irreführend, wenn wir diese Worte anwenden.

 
   
     Auch so: Von einer Farbe zu sagen, sie liege zwischen Rot und Blau, bestimmt sie nicht scharf (eindeutig). Die reinen Farben aber müsste ich e[u|i]ndeutig durch die Angabe bestimmen, sie liegen zwischen gewissen Mischfarben. Also bedeutet hier das Wort “dazwischen liegen” etwas anderes als im ersten Fall. D.h.: Wenn der Ausdruck “dazwischen liegen” einmal die Mischung zweier einfachen Farben, ein andermal den gemeinsamen einfachen Bestandteil zweier Mischfarben bezeichnet, so ist die Multiplizität seiner Anwendung in jedem Falle eine an-
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dere. Und das ist kein Gradunterschied, sondern ein Ausdruck dafür, dass es sich um 2 ganz verschiedene Kategorien handelt.

 
   
     Wir sagen, eine Farbe kann nicht zwischen Grüngelb und Blaurot liegen, in demselben Sinne, wie zwischen Rot und Gelb, aber das können wir nur sagen, weil wir in diesem Falle den Winkel von 45 Grad unterscheiden können; weil wir Punkte Gelb, Rot sehen. Aber eben diese Unterscheidung gibt es im andern Fall – wo die Mischfarben als primär angenommen werden – nicht. Hier könnten wir also sozusagen nie sicher sein, ob die Mischung noch möglich ist oder nicht. Hier könnten wir also sozusagen nie sicher sein, ob die Mischung noch möglich ist oder nicht. Freilich könnte ich beliebige Mischfarben wählen und bestimmen, dass sie einen Winkel von 45 Graden einschliessen, das wäre aber ganz willkürlich, [q|w]ogegen es nicht willkürlich ist, wenn wir sagen, dass es keine Mischung von Blaurot und Grüngelb im ersten Sinne gibt.
     In dem einen Falle gibt die Grammatik also den “Winkel von 45 Grad” und nun glaubt man fälschlich, man brauche ihn nur zu halbieren und den nächsten Abschnitt ebenso um einen andern Abschnitt von 45 Grad zu kriegen. Aber hier bricht eben das Gleichnis des Winkels zusammen.

 
   
     Man kann freilich auch alle Farbtöne in einer geraden Linie anordnen, etwa mit den Grenzen Schwarz und Weiss, wie das geschehen ist, aber dann muss man eben durch Regeln gewisse Uebergänge ausschliessen und endlich muss das Bild auf der Geraden die gleiche Art des topologischen Zusammenhangs bekommen, wie auf dem Oktoeder. Es ist dies ganz analog, wie das Verhältnis der gewöhnlichen Sprache zu einer “logisch geklärten” Ausdrucksweise. Beide sind einander voll[l|k]ommen äquivalent, nur drückt die eine die Regeln der Grammatik schon durch die äussere Erscheinung aus.

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     Wenn mir 2 nahe aneinander liegende – etwa – rötliche Farbtöne gegeben sind, so ist es unmöglich darüber zu zweifeln, ob beide zwischen Rot und Blau, beide zwischen Rot und Gelb, oder der eine zwischen Rot und Blau, der andere zwischen Rot und Gelb gelegen ist. Und mit dieser Entscheidung haben wir auch entschieden, ob beide sich mit Blau, mit Gelb, oder der eine sich mit Blau, der andere mit Gelb mischen, und das gilt, wie nahe immer man die Farbtöne aneinander bringt, solange wir die Pigmente überhaupt der Farbe nach unterscheiden können.
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     Es kommt uns vor, als wäre die Erinnerung eine etwas sekundäre Art der Erfahrung, im Vergleich zur Erfahrung des Gegenwärtigen. Wir sagen “daran können wir uns nur erinnern”. Als wäre in einem primären Sinn die Erinnerung ein etwas schwaches und unsicheres Bild dessen, was wir ursprünglich in voller Deutlichkeit vor uns hatten.
     In der physikalischen Sprache stimmt das: Ich sage “ich kann mich nur undeutlich an dieses Haus erinnern”.

 
   
     Und warum es nicht dabei sein Bewenden haben lassen? Denn diese Ausdrucksweise sagt ja doch alles, was wir sagen wollen und was sich sagen lässt! Aber wir wollen sagen, dass es sich auch noch anders sagen lässt; und das ist wichtig.
     In dieser andern Ausdrucksweise wird der Nachdruck gleichsam auf etwas anderes gelegt. Die Worte “scheinen”, “Irrtum”, etc. haben nämlich eine gewisse Gefühlsbetonung, die dem Phänomenen nicht wesentlich ist. Sie hängt irgendwie mit dem Willen und nicht bloss mit der Erkenntnis zusam-
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men.
     Wir reden z.B. von einer optischen Täuschung und verbinde[m|n] mit diesem Ausdruck die Idee eines Fehlers, obwohl ja nicht wesentlich ein Fehler vorliegt: und wäre im Leben für gewöhnlich das Aussehen wichtiger, als die Resultate der Messung, so würde auch die Sprache zu diesen Phänomenen eine andere Einstellung zeigen.
     Es gibt nicht – wie ich früher glaubte – eine primäre Sprache im Gegensatz zu unserer gewöhnlichen, der “sekundären”. Aber insofern könnte man im Gegensatz zu unserer Sprache von einer primären reden, als in dieser keine Bevorzugung gewisser Phänomene vor anderen ausgedrückt sein dürfte; sie müsste sozusagen absolut sachlich sein.

 
   
     Es ist jetzt an der Zeit, Kritik am Worte “Sinnesdatum” zu üben. Sinnesdatum ist die Erscheinung dieses Baumes, ob nun “wirklich ein Baum dasteht” oder eine Attrappe, ein Spiegelbild, eine Halluzination etc. Sinnesdatum ist die Erscheinung des Baumes, und was wir sagen w[i|o]llen ist, dass diese sprachliche Darstellung nur eine Beschreibung, aber nicht die wesentliche ist. Genau so, wie manv von dem Ausdruck “mein Gesichtsbild” sagen kann, dass es nur eine Form der Beschreibung, aber nicht etwa die einzig mögliche und richtige ist. Die Ausdrucksform “die Erscheinung dieses Baumes” enthält nämlich die Anschauung, als bestünde ein notwendiger Zusammenhang dessen, was wir diese Erscheinung nennen, mit der “Existenz eines Baumes” und zwar, entweder durch eine wahre Erkenntnis oder einen Irrtum. D.h., wenn von der Erscheinung eines Baumes” die Rede ist, so hielten wir entweder etwas für einen Baum, was einer ist, oder etwas, was keiner ist. Dieser Zusammenhang aber besteht nicht.
     Die Idealisten möchten der Sprache vorwerfen, dass sie das Sekundäre als primär und das Primäre als sekundär darstellt. Aber das ist nur in
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diesen unwesentlichen, und mit der Erkenntnis nicht zusammenhängenden Wertungen der Fall (“nur” die Erscheinung). Davon abgesehen enthält die gewöhnliche Sprache keine Entscheidung über primär und sekundär. Es ist nicht einzusehen, inwiefern der Ausdruck “die Erscheinung eines Baumes” etwas dem Ausdruck “Baum” sekundäres darstellt. Der Ausdruck “nur ein Bild” geht auf die Vorstellung zurück, dass wir das Bild eines Apfels nicht essen können.

 
   
     Zur Frage nach der Existenz der Sinnesdaten. Man sagt, wenn etwas rot scheint, so muss Etwas rot gewesen sein; wenn etwas kurze Zeit zu dauern schien, so muss Etwas kurze Zeit gedauert haben; etc.. Man könnte nämlich fragen: Wenn etwas rot schien, woher wissen wir denn, dass es gerade rot schien. Handelt es sich da u[j|m] eine erfahrungsmässige Zuordnung dieses Scheins mit // und // dieser Wirklichkeit? Wenn etwas “die Eigenschaft F zu haben schien”, woher wissen wir, dass es diese Eigenschaft zu haben schien ‒ ‒ ‒. Was für ein Zusammenhang besteht zwischen ‘es scheint so’ und ‘es ist so’.
     Vor allem kann der Schein recht haben, oder unrecht. – Er ist auch in einem Sinne erfahrungsgemäss mit der Wirklichkeit verbunden. Man sagt “das scheint Typhus zu sein” und das heisst, diese Symptome sind erfahrungsgemäss mit jenen Erscheinungen verbunden. Wenn ich sage “das scheint rot zu sein” und dann “ja, es ist wirklich rot”, so habe ich für die zweite Entscheidung einen Test angewandt, der unabhängig von der ersten Erscheinung war.

 
   
     Die Hypothese kann so aufgefasst werden, dass sie nicht über die Erfahrung hinausgeht, d.h. nicht der Ausdruck der Erwartung künftiger Erfahrung ist. So kann der Satz “es scheint vor mir auf dem Tisch eine Lampe zu stehen” nichts weiter tun, als meine Erfahrung (﹖– oder, wie man sagt, unmittel-
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bare Erfahrung –﹖) zu beschreiben.

 
   
     Wie verhält es sich mit der Genauigkeit dieser Beschreibung. Ist es richtig zu sagen: Mein Gesichtsbild ist so kompliziert, es ist unmöglich, es ganz zu beschreiben? Dies ist eine sehr fundamentale Frage.

 
   
     Das scheint nämlich zu sagen, dass man von Etwas sagen könnte, es könne nicht beschrieben werden, oder nicht mit den jetzt vorhandenen Mitteln, oder (doch) man wisse nicht, wie es beschreiben. (Die Frage, das Problem, in der Mathematik.)
     Wie ist denn das Es gegeben, das ich nicht zu beschreiben weiss? – Mein Gesichtsbild ist ja kein gemaltes Bild, oder der Ausschnitt der Natur den ich sehe, dass ich es näher untersuchen könnte. – Ist dieses Es schon artikuliert, und die Schwierigkeit nur es in Worten darzustellen, oder soll es noch auf seine Artikulation warten?

 
   
     “Die Blume war von einem rötlich gelb, welches ich aber nicht genauer (oder, nicht genauer mit Worten) beschreiben kann”. Was heisst das?

 
   
     “Ich sehe es vor mir und könnte es malen”.
     Wenn man sagt, man könnte diese Farbe nicht mit Worten genauer beschreiben, so denkt man (immer) an eine Möglichkeit einer solchen Beschreibung (freilich, denn sonst hätte das Wort // der Ausdruck // “genaue Beschreibung” keinen Sinn) und es schwebt einem dabei der Fall einer Messung vor, die wegen unzureichender Mittel nicht ausgeführt wurde.

 
   
     Es ist mir nich[g|t]s zur Hand, was diese oder eine ähnliche Farbe hätte.

 
   
     Wenn man sagt, man könne das Gesichtsbild nicht ganz beschreiben,
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meint man, man kann keine Beschreibung geben, nach der man sich dieses Gesichtsbild genau reproduzieren könnte.

 
   
     Aber was heisst hier “genaue Reproduktion”? Hier liegt selbst wieder ein falches Bild zu Grunde.

 
   
     Was ist das Kriterium der genauen Reproduktion?

 
   
     Wir können von dem Gesichtsbild nicht weiter reden, als unsere Sprache jetzt reicht. Und auch nicht mehr // weiter // meinen (denken), als unsere Sprache sagt // reicht // . (Nicht mehr meinen, als wir sagen können.)

 
   
     Einer der gefährlichsten Vergleiche ist der des Gesichtsfelds mit einer gemalten Fläche (oder, was auf dasselbe hinauskommt, einem farbigen räumlichen Modell).

 
   
     Hiermit hängt es zusammen: Könnte ich denn das Gesichtsbild “mit allen Einzelheiten” wiedererkennen? Oder vielmehr, hat diese Frage überhaupt einen Sinn?

 
   
     Denn als einwandfreiste Darstellung des Gesichtsbildes erscheint uns immer noch ein gemaltes Bild oder Modell. Aber, dass die Frage nach dem “Wiedererkennen in allen Einzelheiten” sinnlos ist, zeigt schon, wie inadäquat Bild und Modell sind.

 
   
     Phänomenologische Sprache: Die Beschreibung der unmittelbaren Sinneswahrnehmung, ohne hypothetische Zutat. Wenn etwas, dann muss doch wohl die Abbildung durch ein gemaltes Bild oder dergleichen eine solche Beschreibung
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der unmittelbaren Erfahrung sein. Wenn wir also z.B. in ein Fernrohr sehen und die gesehene Konstellation [w|a]ufzeichnen oder malen. Denken wir uns sogar unsere Sinneswahrnehmung dadurch reproduziert, dass zu ihrer Beschreibung ein Modell erzeugt wird, welches von einem bestimmten Punkt gesehen, diese Wahrnehmungen erzeugt; das Modell könnte mit einem Kurbelantrieb in die richtige Bewegung gesetzt werden und wir könnten durch Drehen der Kurbel die Beschreibung herunterlesen. (Eine Annäherung hierzu wäre eine Darstellung im Film.)
     Ist das keine Darstellung des Unmittelbaren – was sollte eine sein? – Was noch unmittelbarer sein wollte, müsste es aufgeben, eine Beschreibung zu sein. ﹖– Es kommt dann vielmehr statt einer Beschreibung jener unartikulierte Laut heraus –﹖, mit dem manche Autoren die Philosophie gerne anfangen möchten. (“Ich habe, um mein Wissen wissend, bewusst etwas” Driesch.)

 
   
     “Was wir im physikalischen Raum denken, ist nicht das Primäre, das wir ◇◇◇ nur mehr oder weniger anerkennen können; sondern, was vom physikalischen Raum wir erkennen können, zeigt uns, wie weit das Primäre reicht und wie wir den physikalischen Raum zu deuten haben.”



 
   
     Es scheint ein Einwand gegen die Beschreibung des unmittelbar Erfahrenen zu sein: “für wen beschreibe ich's?” Aber wie, wenn ich es abzeichne? Und die Beschreibung muss immer ein Nachzeichnen sein.
     Und soweit eine Person für das Verstehen in Betracht kommt, steht die meine und die des Anderen auf einer Stufe. Es ist doch hier ebenso wie mit den Zahnschmerzen.
     Beschreiben ist nachbilden, und ich muss nicht notwendigerweise
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für irgendjemand nachbilden.

 
   
     Wenn ich mich mit der Sprache dem Andern verständlich mache, so muss es sich hier um ein Verstehen im Sinne des Behaviourism handeln. Dass er mich verstanden hat, ist eine Hypothese, wie, dass ich ihn verstanden habe.

 
   
     “Für wen würde ich meine unmittelbare Erfahrung beschreiben? Nicht für mich, denn ich habe sie ja: und nicht für jemand andern, denn der könnte sie nie aus der Beschreibung entnehmen?” – Er kann sie soviel und so wenig aus der Beschreibung entnehmen, wie aus einem gemalten Bild. Die Vereinbarungen über die Sprache sind doch mit Hilfe von gemalten Bildern (oder was diesem gleichkommt) getroffen worden. Und, unserer Spr gewöhnlichen Ausdruksweise nach, entnimmt er doch aus einem gemalten Bild etwas.
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     Es ist nämlich die Anschauung aufzugeben, dass, um vom Unmittelbaren zu reden, wir von dem Zustand in einem Zeitmoment reden müssten. Diese Anschauung ist darin ausgedrückt, wenn man sagt: “alles, was uns gegeben ist, ist das Gesichtsbild und die Daten der übrigen Sinne, sowie die Erinnerung, in dem gegenwärtigen Augenblick”. Das ist Unsinn; denn was meint man mit dem “gegenwärtigen Augenblick”? Dieser Vorstellung liegt vielmehr schon ein physikalisches Bild zu Grunde, nämlich das vom Strom der Erlebnisse, den ich nun in einem Punkt // an einer Stelle // quer durchschneide. Es liegt hier eine ähnliche Tendenz und ein ähnlicher Fehler vor, wie beim Idealismus (oder Solipsismus).

 
   
     Der Zeitmoment, von dem ich sage, er sei die Gegenwart, die alles enthält, was mir gegeben ist, gehört selbst zur physikalischen Zeit.

 
   
     Denn, wie ist so ein Moment bestimmt? Etwa durch einen Glockenschlag? Und kann ich denn nun die ganze, mit diesem Schlag gleichzeitige Erfah-
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rung wirklich beschreiben? Wenn man daran denkt es zu versuchen, wird man sofort gewahr, dass e[i|s] eine Fiktion ist, wovon wir reden.

 
   
     Wir stellen uns das Erleben wie einen Filmstreifen vor, so dass man sagen kann: dieses Bild, und kein anderes, ist in diesem Augenblick vor der Linse.

 
   
     Aber nur im Film kann man von einem in diesem Moment gegenwärtigen Bild reden; nicht, wenn man aus dem physikalischen Raum und seiner Zeit in den Gesichtsraum und seine Zeit übergeht.

 
   
     Es ist eben irreführend, zu sagen “das Gedächtnis sagt mir, dass dies dieselbe Farbe ist etc.” Sofern es mir etwas sagt, kann es mich auch täuschen (d.h. etwas falsches sagen).
     Wenn ich die unmittelbar gegebene Vergangenheit beschreibe, so beschreibe ich mein Gedächtnis, und nicht etwas, was dieses Gedächtnis anzeigt. (Wofür dieses Gedächtnis ein Symptom wäre.)

 
   
     Und “Gedächtnis” bezeichnet hier – wie früher “Gesicht” und “Gehör” – auch nicht ein psychisches Vermögen, sondern einen bestimmten Teil der logischen Struktur unserer Welt.

 
   
     Was wir die Zeit im Phänomen (specious present) nennen können, liegt nicht ind der Zeit (Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) der Geschichte, ist keine Strecke der Zeit. Während, was wir unter “Sprache” verstehen, // Während der Vorgang der “Sprache” // in der homogenen geschichtlichen Zeit abläuft. (Denke an den Mechanismus zur Beschreibung der unmittelbaren Wahrnehmung.)

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     (Von welcher Wichtigkeit ist denn diese Beschreibung des gegenwärtigen Phänomens, die für uns gleichsam zur fixen Idee werden kann. Dass wir darunter leiden, dass die Beschreibung nicht das beschreiben kann, was beim Lesen der Beschreibung vor sich geht. Es scheint, als wäre die Beschäftigung mit dieser Frage geradezu kindisch und wir in eine Sackgasse hineingeraten. Und doch ist es eine bedeutungsvolle Sackgasse, denn in sie lockt es Alle zu gehen; als wäre dort die letzte Lösung der philosophischen Probleme zu suchen. – Es ist, als käme man mit dieser Darstellung des gegenwärtigen Phänomens in einen verzauberten Sumpf, wo alles Erfassbare verschwindet.)
     Anderseits brauchen wir eine Ausdrucksweise, die Vorgänge // Phänomene // des Gesichtsraums getrennt von den Erfahrungen andrer Art darstellt.

 
   
     (Wir befinden uns mit unserer Sprache (als physischer Erscheinung) sozusagen nicht im Bereich des projizierten Bildes auf der Leinwand, sondern im Bereich des Films, der durch die Laterne geht. Und wenn ich zu dem Vorgang auf der Leinwand Musik machen will, muss das, was sie hervorruft, sich wieder im Gebiet des Films abspielen. Das gesprochene Wort im Sprechfilm, das die Vorgänge auf der Leinwand begleitet, ist ebenso


, wie diese Vorgänge, und nicht das Gleiche wie der Tonstreifen. Der Tonstreifen begleitet nicht das Spiel auf der Leinwand.)

 
   
     Ein Gedanke über die Darstellbarkeit der unmittelbaren Realität durch die Sprache:
     “Der Strom des Lebens, oder der Strom der Welt, fliesst dahin, und unsere Sätze werden, sozusagen, nur in Augenblicken verifiziert. Unsere Sätze werden nur von der Gegenwart verifiziert. – Sie müssen also so ge-
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macht sein, dass sie von ihr verifiziert werden können. Sie müssen das Zeug haben, um von ihr verifiziert werden zu können. Dann haben sie also in irgendeiner Weise die Kommensurabilität mit der Gegenwart // Dann sind sie also in irgendeiner Weise mit der Gegenwart kommensurabel // und diese // dies // können sie nicht haben // sein // trotz ihrer raum-zeitlichen Natur, sondern diese muss sich zur Kommensurabilität verhalten, wie die Körperlichkeit eines Masstabe[w|s] zu seiner Ausgedehntheit, mit der // mittels der // er misst. Im Falle des Masstabes kann man auch nicht sagen: ‘Ja, der Masstab misst die Länge trotz seiner Körperlichkeit; freilich, ein Masstab, der nur Länge hätte, wäre das Ideal, wäre der reine Masstab’. Nein, wenn ein Körper Länge hat, so kann es keine Länge ohne einen Körper geben – und wenn ich auch verstehe, dass in einem bestimmten Sinn nur die Länge des Masstabs misst, so bleibt doch, was ich in die Tasche stecke der Masstab, – der Körper und nicht die Länge.”

 
   
     “Nur die Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks hat Realität”. – Soll das heissen, dass ich heute früh nicht aufgestanden bin? Oder, dass ein Ereignis, dessen ich mich in diesem Augenblick nicht erinnere // entsinne // , nicht stattgefunden hat? – Soll hier ‘gegenwärtige Erfahrung’ im Gegensatz stehen zu zukünftiger und vergangener Erfahrung? Oder ist es ein Beiwort, wie das Wort “rational” in “rationale Zahl”, so dass man die beiden Wörter auch durch eines ersetzen könnte und das Beiwort auf eine grammatische Eigentümlichkeit hinweist. Und was wird in diesem Falle vom Subjekt ausgesagt, wenn ihm Realität zugesprochen wird? Betonen wir hier nicht wieder eine grammatische Eigentümlichkeit, in derselben Weise, wie wenn man sagt // etwa, als wenn man sagte: // “nur die Kardinalzahlen sind wirkliche Zahlen”. (Kronecker soll gesagt haben, nur die Kardinalzahlen seien von Gott erschaffen, alle anderen seien Men-
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schenwerk.) – Heisst es ‘gegenwärtige Erfahrung’ im Gegensatz zu zukünftiger und vergangener, dann meint man mit diesen Erfahrungen etwa physikalische Vorgänge; und wenn ich das Bild von der Laterna magica gebrauche und die zeitlichen Beziehungen in räumliche übersetze, so ist die gegenwärtige Erfahrung im physikalischen Sinn das Bild auf dem Filmstreifen, das sich vor dem Objektiv der Laterne befindet. (Ich kann nicht sagen: “das sich jetzt vor dem Objektiv der Laterne befindet”.) Auf der einen Seite dieses Bildes sind // liegen // die vergangenen, auf der andern die zukünftigen Bilder (die beiden Seiten sind durch Eigentümlichkeiten des Apparates charakterisiert). Das Bild auf der Leinwand gehört der Zeit des Filmstreifens nicht an; man kann von ihm nicht in dem eben beschriebenen Sinne sagen, es sei gegenwärtig. (Im Gegensatz wozu? Das Wort ‘gegenwärtig’, wenn man es hier benützt, bezeichnet nicht einen Teil [d|e]ines Raumes im Gegensatz zu andern Teilen, sondern charakterisiert einen Raum.) Der Satz, nur die gegenwärtige Erfahrung habe Realität, wäre nun hier der Satz, dass nur das Bild vor dem Objektiv dem Bild auf der Leinwand entspricht. Und das könnte allerdings ein Erfahrungssatz sein und das Gleichnis lässt uns hier in Stich, wenn wir die Entsprechung zwischen Film und Leinwand (die Projektionsart) nicht so festsetzen // festlegen // , dass sich dadurch das Bild auf dem Film, welches dem Bild auf der Leinwand entspricht, als das Bild vor dem Objektiv der La[g|t]erne ergibt.
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     ((Ich sehe undeutlich eine Verbindung zwischen dem Problem des Solipsismus oder Idealismus und dem, der Bezeichnungsweise eines Satzes. Wird etwa das Ich in diesen Fällen durch den Satz ersetzt und das Verhältnis des Ich zur Wirklichkeit durch das Verhältnis von Satz und Wirklichkeit?))

 
   
     Dem, der sagt “aber es steht doch wirklich ein Tisch hier” muss man antworten: “Freilich steht ein wirklicher Tisch hier, – im Gegensatz zu einem nachgemachten”.
     Wenn er aber nun weiterginge und sagte: die Vorstellungen seien nur Bilder der Dinge, so müsste ich (ihm) widersprechen und sagen, dass der Vergleich der Vorstellung mit einem Bilde des Körpers gänzlich irreführend sei, das es für ein Bild wesentlich sei, dass es mit seinem Gegenstand verglichen werden kann.

 
   
     Wenn aber Einer sagt “die V[i|o]rstellungen sind das einzig Wirkliche”, so muss ich sagen, dass ich hier das Wort // Prädikat // “wirklich”
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nicht verstehe und nicht weiss, was für eine Eigenschaft man damit eigentlich den Vorstellungen zuspricht und – etwa – den Körpern abspricht. Ich kann ja nicht begreifen, wie man mit Sinn – ob wahr oder falsch – eine Eigenschaft Vorstellungen und physischen Körpern zuschreiben kann.

 
   
     (Der Mensch, der in den Spiegel sieht um sich zwinkern zu sehen; und was er nun wirklich sieht. Ungeeignete physikalische Theorien.)

 
   
     (Zeitdauer eines Tones und Zeitdauer einer akkustischen Schwingung.)

 
   
     Das Wahre am Idealismus ist eigentlich, dass der Sinn des Satzes aus seiner Verifikation ganz hervorgeht.

 
   
     Wenn der Idealismus sagt, der Baum sei nur meine Vorstellung, so ist ihm vorzuhalten, dass der Ausdruck “dieser Baum” nicht dieselbe Bedeutung hat wie “meine Vorstellung von diesem Baum”. Sagt der Idealismus, meine Vorstellung allein existiert (hat Realität) nicht der Baum, so missbraucht er das Wort “existieren” oder “Realität haben”.
     1.) Du scheinst ja hier zu sagen, dass die Vorstellung eine Eigenschaft hat, die der Baum nicht hat. Aber wie weisst Du das? Hast Du alle Vorstellungen und Bäume daraufhin untersucht. Oder ist das ein Satz a priori, dann er in eine grammatische Regel gefasst werden, die sagt, dass man von der Vorstellung etwas Bestimmtes mit Sinn aussagen darf, nicht aber vom Baum. 2.) Was soll es aber heissen, von einer Vorstellung Realität auszusagen? Dem Sprachgebrauch // Gebrauch // entsprechend höchstens // nur // , dass diese Vorstellung vorhanden ist. In anderm Sinne – freilich – sagen wir aber auch von einem Baum aus, er existiere (habe Realität) im Gegensatz zu dem Fall etwa, dass er bereits umgehauen ist.
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Und es bleibt nur übrig, dass das Wort “Baum” in der Bedeutung, in der man sagen kann “der Baum wird umgehauen und verbrannt” einer anderen grammatischen Kategorie angehört, als der Ausdruck “meine Vorstellung vom Baum” etwa im Satz: “Meine Vorstellung vom Baum wird immer undeutlicher”. Sagt aber der Realismus, die Vorstellungen seien doch “nur die subjektiven Bilder // Abbilder // der Dinge”, so ist zu sagen, dass dem eine falsche Analogie // ein falscher Vergleich // zwischen der Vorstellung von einem Ding und dem Bild des Dinges zu Grunde liegt. Und zwar einfach, weil es wohl möglich ist, ein Ding zu sehen und sein Bild (etwa nebeneinander), aber nicht ein Ding und die Vorstellung davon.
     Es handelt sich um die Grammatik des Wortes ‘Vorstellung’ im Gegensatz zur Grammatik der ‘Dinge’.

 
   
/     (Es könnte sich eine seltsame Analogie daraus ergeben, dass das Okular auch des riesigsten Fernrohrs nicht grösser sein darf // nicht grösser ist // , als unser Auge.) /

 
   
     Wer den Satz, nur die gegenwärtige Erfahrung sei real, bestreiten will (was ebenso falsch ist, wie ihn zu behaupten) wird etwa fragen, ob denn ein Satz wie “Julius Cäsar ging über die Alpen” nur den gegenwärtigen Geisteszustand Desjenigen beschreibt, der sich mit dieser Sache beschäftigt. Und die Antwort ist natürlich: Nein! er beschreibt ein Ereignis, das, wie wir glauben, vor ca. 2000 Jahren stattgefunden hat. Wenn nämlich das Wort “beschreibt” so aufgefasst wird, wie in dem Satz “der Satz ‘ich schreibe’ beschreibt, was ich gegenwärtig tue”. Der Name Julius Cäsar bezeichnet eine Person. – Aber was sagt denn das also alles? Ich scheine mich ja um die eigentliche philosophische Ant-
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wort drücken zu wollen! – Aber Sätze, die von Personen handeln, d.h. Personennamen enthalten, können eben auf sehr verschiedene Weise verifiziert werden. – Fragen wir uns nur, warum wir den [D|S]atz glauben. – Dass es (z.B.) denkbar ist, die Leiche Cäsars noch zu finden, hängt unmittelbar mit dem Sinn des Satzes über Julius Cäsar zusammen. Aber auch, dass es denkbar // möglich // ist, eine Schrift zu finden, aus der hervorgeht, dass so ein Mann nie gelebt hat und seine Existenz zu bestimmten Zwecken erdichtet worden ist // sei // . Diese // Solche // Möglichkeiten gibt es (aber) für einen Satz: “ich sehe einen roten Fleck über einen grünen dahinziehen” nicht; und das ist es, was wir damit meinen, wenn wir sagen, dass dieser Satz in unmittelbarerer Art Sinn hat // , dieser Satz habe in … Sinn, als … // , als jener // der // über Julius Cäsar. // … Und das meinen wir, wenn wir sagen, dieser Satz habe …
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     Zur Erklärung des Satzes “er hat Zahnschmerzen” sagt man etwa: “ganz einfach, ich weiss, was es heisst, daß ich Zahnschmerzen habe, und wenn ich sage, dass er Zahnschmerzen hat, so meine ich, dass er jetzt das hat, was ich damals hatte”. Aber was bedeutet “er” und was bedeutet “Zahnschmerzen haben”. Ist das eine Relation, die die Zahnschmerzen damals zu mir hatten und jetzt zu ihm. Dann wäre ich mir also jetzt auch der Zahnschmerzen bewusst, und dessen dass er sie jetzt hat, wie ich eine Geldbörse jetzt in seiner Hand sehen kann, die ich früher in meiner gesehen habe.
     Hat es einen Sinn zu sagen “ich habe Schmerzen, ich merke sie aber nicht”? Denn in diesem Satz könnte ich dann allerdings statt “ich habe” “er hat” einsetzen. Und umgekehrt, wenn die Sätze “er hat Schmerzen” und “ich habe Schmerzen” auf der gleichen logischen Stufe stehen, so muss ich im Satz “er hat Schmerzen, die ich nicht fühle” statt “er hat” “ich habe” setzen können. – Ich könnte auch so sagen: Nur insofern ich Schmerzen haben kann, die ich nicht fühle, kann er Schmerzen habe[,|n], die
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ich nicht fühle. Es könnte dann noch immer der Fall sein, dass ich tatsächlich die Schmerzen, die ich habe, immer fühle, aber es muss Sinn haben, das zu verneinen.

 
   
     Der Begriff der Zahnschmerzen als eines Gefühlsdatums ist allerdings auf den Zahn des Anderen ebenso anwendbar, wie auf den meinen, aber nur in dem Sinne, in dem es ganz wohl möglich wäre, in dem Zahn in eines andern Menschen Mund Schmerzen zu empfinden. Im Einklang mit der gegenwärtigen Ausdrucksweise würde man aber diese Tatsache nicht durch die Worte “ich fühle seinen Zahnschmerz” ausdrücken, sondern durch “ich habe in seinem Zahn Schmerzen”. ‒ ‒ ‒ Man kann nun sagen: Freilich hast Du nicht seinen Zahnschmerz, denn es ist auch dann sehr wohl möglich, dass er sagt “ich fühle in diesem Zahn nichts”. Und sollte ich in diesem Fall sagen “Du lügst, ich fühle, wie Dein Zahn schmerzt”?

 
   
     Wenn ich jemand, der Zahnschmerzen hat, bemitleide, so setze ich mich in Gedanken an seine Stelle. Aber ich setze mich an seine Stelle.

 
   
     Die Frage ist, ob es Sinn hat zu sagen: “Nur A kann den Satz ‘A hat Schmerzen’ verifizieren, ich nicht”. Wie aber wäre es, wenn dieser Satz falsch wäre, wenn ich also den Satz verifizieren könnte, dass kann es etwas anderes heissen, als dass dann ich Schmerzen fühlen müsste! Aber wäre das eine Verifikation? Vergessen wir nicht: es i[w|s]t Unsinn, zu sagen, ich müsste meine oder seine Schmerzen fühlen.
     Man könnte auch so fragen: Was in meiner Erfahrung rechtfertigt das “meine” in “ich fühle meine Schmerzen”. Wo ist die Multiplizität des Gefühls, die dieses Wort rechtfertigt, und es kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn an seine Stelle auch ein anderes treten kann.

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     “Ich habe Schmerzen” ist, im Falle ich den Satz gebrauche, ein Zeichen ganz anderer Art, als es für mich im Munde eines Anderen ist; und zwar darum, weil es im Munde eines Anderen für mich so lange sinnlos ist, als ich nicht weiss, welcher Mund es ausgesprochen hat. Das Satzzeichen besteht in die[w|s]em Falle nicht im Laut allein, sondern in der Tatsache, dass dieser Mund den Laut hervorbringt. Während im Falle ich es sage, oder denke, das Zeichen der Laut allein ist.

 
   
     Angenommen, ich hätte stechende Schmerzen im rechten Knie und bei jedem Stich zuckt mein rechtes Bein. Zugleich sehe ich einen anderen Menschen, dessen Bein in gleicher Weise zuckt und der über stechende Schmerzen klagt; und zu gleicher Zeit fängt mein linkes Bein ebenso an zu zucken, obwohl ich im linken Knie keine Schmerzen fühle. Nun sage ich: mein Gegenüber hat offenbar in seinem Knie dieselben Schmerzen, wie ich in meinem rechten Knie. Wie ist es aber mit meinem linken Knie, ist es nicht in genau dem gleichen Fall, wie das Knie des Anderen?

 
   
     Wenn ich sage “A hat Zahnschmerzen”, so gebrauche ich die Vorstellung des Schmerzgefühls in der selben Weise, wie etwa den Begriff des Fliessens, wenn ich vom Fliessen des elektrischen Stromes rede.

 
   
     Ich sammle gleichsam sinnvolle Sätze über Zahnschmerzen, das ist der charakteris[it|ti]sche Vorgang einer grammatischen Untersuchung. Ich sammle nicht wahre, sondern sinnvolle Sätze und darum ist diese Betrachtung keine psychologische. (Man möchte sie oft eine Metapsychologie nennen.)

 
   
     Man könnte sagen: Die Philosophie sammle fortwährend ein Material von Sätzen, ohne sich um ihre Wahr- oder Falschheit zu kümmern; nur im Falle der Logik und Mathematik hat sie es nur mit den “wahren” Sätzen zu tun.
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     Die Erfahrung des Zahnschmerzgefühls ist nicht die, dass eine Person Ich etwas hat.

 
   
     In den Schmerzen unterscheide ich eine Intensität, einen Ort, etc., aber keinen Besitzer.
     Wie wären etwa Schmerzen, die gerade niemand hat? Schmerzen, die gerade niemandem gehören?

 
   
     Die Schmerzen werden als etwas dargestellt, das man wahrnehmen kann, im Sinne, in dem man eine Zündholzschachtel wahrnimmt. – Das Unangenehme sind dann freilich nicht die Schmerzen, sondern nur das Wahrnehmen der Schmerzen.

 
   
     Wenn ich einen Anderen bedaure, weil er Schmerzen hat, so stelle ich mir wohl die Schmerzen vor, aber ich stelle mir vor, dass ich sie habe.

 
   
     Soll ich mir auch die Schmerzen eines auf dem Tisch liegenden Zahnes denken können, oder die Schmerzen eines Teetopfs? Soll man etwa sagen: es ist nur nicht wahr, dass der Teetopf Schmerzen hat, aber ich kann es mir denken?!

 
   
     Die beiden Hypothesen, dass die Anderen Schmerzen haben, und die, dass sie keine haben, und sich nur so benehmen wie ich, wenn ich welche habe, müssen ihrem Sinne nach identisch sein, wenn alle mögliche Erfahrung, die die eine bestätigt, auch die andere bestätigt. Wenn also keine Entscheidung zwischen beiden durch die Erfahrung denkbar ist.

 
   
     Zu sagen, dass die Anderen keine Schmerzen haben, setzt aber voraus,
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dass es Sinn hat zu sagen, dass sie Schmerzen haben.
     Ich glaube, es ist klar, dass man in demselben Sinne sagt, dass andere Menschen Schmerzen haben, in welchem man sagt, dass ein Stuhl keine hat.

 
   
     Wie wäre es, wenn ich zwei Körper hätte, d.h. wenn mein Körper aus zwei getrennten Leibern bestünde?
     Hier sieht man – glaube ich – wieder, wie das Ich nicht auf derselben Stufe mit den Andern steht, denn wenn die Andern je zwei Körper hätten, so könnte ich es nicht erkennen.
     Kann ich mir denn die Erfahrung mit zwei Leibern denken? Die Gesichtserfahrung gewiss nicht.

 
   
     Das Phänomen des Schmerzgefühls in einem Zahn, welches ich kenne, ist in der Ausdrucksweise der gewöhnlichen Sprache dargestellt durch “ich habe in dem und dem Zahn Schmerzen”. Nicht durch einen Ausdruck von der Art “an diesem Ort ist ein Schmerzgefühl”. Das ganze Feld dieser Erfahrung wird in dieser Sprache durch Ausdrücke von der Form “ich habe …” beschrieben. Die Sätze von der Form “N hat Zahnschmerzen” sind für ein ganz anderes Feld reserviert. Wir können daher nicht überrascht sein, wenn in den Sätzen “N hat Zahnschmerzen” nichts mehr auf jene Art mit der Erfahrung Zusammenhängendes gefunden wird.

 
   
     Wenn man sagt, die Sinnesdaten seien “privat”, sei niemand anderer könne meine Sinnesdaten sehen, hören, fühlen, und meint damit nicht eine Tatsache unserer Erfahrung, so müsste das ein philosophischer Satz sein; und was gemeint ist, drückt sich darin aus, dass eine Person in die Beschreibung von Sinnesdaten eintritt.

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     Denn, kann ein Anderer meine Zahnschmerzen nicht haben, so kann ich sie – in diesem Sinne – auch nicht haben.

 
   
     In dem Sinne, in welchem es nicht erlaubt ist zu sagen, der Andere habe diese Schmerzen, ist es auch nicht erlaubt zu sagen, ich habe // hätte // sie.

 
   
     Was wesentlich privat ist, oder scheint, hat keinen Besitzer.

 
   
     Was soll es heissen: er hat diese Schmerzen? ausser, er hat solche Schmerzen: d.h., von solcher Stärke, Art, etc.. Aber nur in dem eine Sinn kann auch ich “diese Schmerzen” haben.

 
   
     Das heisst, die Subjekt-Objekt Form ist darauf nicht anwendbar.
     Die Subjekt-Objekt Form bezieht sich auf den Leib und die Dinge um ihn, die auf ihn wirken.

 
   
     In der nicht-hypothetischen Beschreibung des Gesehenen, Gehörten – diese Wörter bezeichnen hier grammatische Formen – tritt das Ich nicht auf, es ist hier von Subjekt und Objekt nicht die Rede.

 
   
     Der Solipsismus könnte durch die Tatsache widerlegt werden, dass das Wort “ich” in der Grammatik keine zentrale Stellung hat, sondern ein Wort ist, wie jedes andre Wort.

 
   
     Wie im Gesichtsraum, so gibt es in der Sprache kein metaphysisches Subjekt.

 
   
/     Die Schwierigkeit, die uns das Sprechen über den Gesichtsraum ohne
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Subjekt macht und ü[h|b]er “meine und seine Zahnschmerzen”, ist die, die Sprache einzurenken, dass sie richtig in den Tatsachen sitzt. /

 
   
     Behaviourism. “Mir scheint, ich bin traurig, ich lasse den Kopf so hängen”.
     Warum hat man kein Mitl[i|e]id, wenn eine Tür ungeölt ist und beim Auf- und Zumachen schreit? Haben wir mit dem Andern, der sich benimmt wie wir, wenn wir Schmerzen haben, Mitleid – auf philosophische Erwägungen hin, die zu dem Ergebnis geführt haben, dass er leidet, wie wir? Ebensogut können uns die Physiker damit Furcht einflössen, dass sie uns versichern, der Fussboden sei gar nicht kompakt, wie er scheine, sondern bestehe aus losen Partikeln, die regellos herumschwirren. “Aber wir hätten doch mit dem Andern nicht Mitleid, wenn wir wüssten, dass er nur eine Puppe ist, oder seine Schmerzen bloss heuchelt.” Freilich, – aber wir haben auch ganz bestimmte Kriterien dafür, dass etwas eine Puppe ist, oder dass Einer seine Schmerzen heuchelt und diese Kriterien stehen eben im Gegensatz zu denen, die wir Kriterien dafür nennen, dass etwas keine Puppe (sondern etwa ein Mensch) ist und seine Schmerzen nicht heuchelt (sondern wirklich Schmerzen hat).

 
   
     Hat es Sinn zu sagen, zwei Menschen hätten denselben Körper? Welches wären die Erfahrungen, die wir mit diesem Satz beschrieben? Dass ich darauf käme, dass das, was ich meine Hand nenne, und bewege, an dem Körper eines Andern sitzt, ist natürlich denkbar, denn ich sehe, während ich jetzt schreibe, die Verbindung meiner Hand mit meinem übrigen Körper nicht. Und ich könnte wohl darauf kommen, dass sich die frühere Verbindung gelöst hat und also auch, dass meine Hand jetzt an dem Arm eines Andern sitzt.

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     Von Sinnesdaten in dem Sinne dieses Worts, in dem es undenkbar ist, dass der Andere sie hat, kann man eben aus diesem Grunde auch nicht sagen, dass der Andere sie nicht hat. Und eben darum ist es auch sinnlos zu sagen, dass ich, im Gegensatz zum Andern, sie habe. – Wenn man sagt “seine Zahnschmerzen kann ich nicht fühlen”, meint man damit, dass man die Zahnschmerzen des Andern bis jetzt nie gefühlt hat? Wie unterscheiden sich seine Zahnschmerzen von den meinen? Wenn das Wort “Schmerzen” in den Sätzen “ich habe Schmerzen” und “er hat Schmerzen” die gleiche Bedeutung hat, – was heisst es dann zu sagen, dass er nicht dieselben Schmerzen haben kann, wie ich? Wie können sich denn verschiedene Schmerzen voneinander unterscheiden? Durch Stärke, durch den Charakter des Schmerzes (stechend, bohrend, etc.) und durch die Lokalisation im Körper. Wenn nun aber diese Charakteristika bei beiden dieselben sind? – Wenn man aber einwendet, ihr Unterschied, // , der Unterschied der Schmerzen // sei eben der, dass in einem Falle ich sie habe, im andern Fall er! – dann ist also die besitzende Person eine Charakteristik der Schmerzen selbst. Aber was ist dann mit dem Satz “ich habe Schmerzen” oder “er hat Schmerzen” ausgesagt? – Wenn das Wort “Schmerzen” in beiden Fällen die gleiche Bedeutung hat, dann muss man die Schmerzen der Beiden miteinander vergleichen können: und wenn sie in Stärke etc., etc. miteinander übereinstimmen, so sind sie die gleichen; wie zwei Anzüge die gleiche Farbe besitzen, wenn sie in Bezug auf Helligkeit, Sättigung, etc. miteinander übereinstimmen.
     Wenn man fragt “ist es denkbar, dass ein Mensch die Schmerzen des Andern fühlt?” so schweben einem dabei die Schmerzen (etwa Zahnschmerzen) des Andern gleichsam als ein Körper, ein Volumen, vor im Mund des Andern und die Frage scheint zu fragen, ob wir an diesem Schmerzvolumen
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teilhaben können. Etwa dadurch, dass sich unser beider Wangen durchdrängen. Aber auch das scheint dann nicht zu genügen und wir müssten ganz mit ihm zusammenfallen // und wir müssten uns ganz mit ihm decken // .

 
   
                  1.) “Ich habe Schmerzen”
“N hat Schmerzen”
dagegen
2.) “Ich habe graue Haare”
“N hat graue Haare
Die verschiedenen philosophischen Schwierigkeiten und Konfusionen in Verbindung mit dem ersten Beispiel lassen sich zum grössten Teil auf die Verwechslung der Grammatik der Fälle 1) und 2) zurückführen.
     Es hat Sinn zu sagen: “ich sehe seine Haare, aber nicht die meinen”, oder “ich sehe meine Hände täglich, aber nicht die seinen” und dieser Satz ist analog dem: “ich sehe meine Wohnung täglich, aber nicht die seine”. – Dagegen ist es Unsinn: “ich fühle meine Schmerzen, aber nicht die seinen”.
     Die Ausdrucksweise unserer Sprache in den beiden Fällen 1) und 2) ist natürlich nicht ‘falsch’, aber sie ist irreführend. “Eine herren-
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lose Wohnung”, “herrenlose Zahnschmerzen”. Es gibt Menschen, die Untersuchungen darüber anstellen, “ob es ungesehene Gesichtsbilder gibt” und sie glauben, dass das eine Art [W|w]issenschaftlicher Untersuchung (über diese Phänomene) ist.
         “Wie ein Satz verifiziert wird, – dass sagt er”: und nun sieh Dir daraufhin die Sätze: an: “Ich habe Schmerzen”, “N hat Schmerzen”.
         Wenn nun aber ich der N bin? – Dann haben dennoch die beiden Sätze verschiedenen Sinn.
         “Die Sache ist doch ganz einfach: ich spüre freilich seine Schmerzen nicht, aber er spürt sie oben (und so sind alle Verhältnisse doch symmetrisch)”. Aber dieser Satz ist eben Unsinn. – Um nun die Asymmetrie der Erfahrung mit Bezug auf mich und den Andern deutlich zum Ausdruck zu bringen, könnte ich eine asymmetrische Ausdrucksweise vorschlagen:
Alte Ausdrucksweise:
W. hat Schmerzen.
W. hat Schmerzen in seiner
linken Hand.
N. hat Schmerzen.

N. heuchelt Schmerzen in seiner
Hand.
Ich bedauere N., weil er
Schmerzen hat.
Neue Ausdrucksweise:
Es sind Schmerzen vorhanden.
Es sind Schmerzen in der linken Hand
des W..
N. benimmt sich wie W., wenn Schmerzen
vorhanden sind.
N. heuchelt das Benehmen des W., wenn
Schmerzen in seiner Hand sind.
Ich bedauere N., weil er sich benimmt,
wie etc..

          Da wir für jeden sinnvollen Ausdruck der alten Ausdrucksweise einen der neuen setzen und für verschiedene alte, verschied verschiedene neue, so muss, was Eindeutigkeit und Verständlichkeit anlangt, die neue Ausdrucksweise der alten gleichwertig sein. – Aber könnte man denn nicht eine solche asymmetrische Ausdrucksweise ebensogut für Sätze der Art “ich habe graue Haare”, “N. hat graue Haare” konstruieren? Nein. Man muss nämlich verstehen, dass der Name “W.” in den Sätzen der rechten Seite sinnvoll durch andere Namen ersetzt werden können muss.
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Und ist das nicht der Fall, dann braucht weder “W.” noch ein anderer Name in diesen Sätzen vorzukommen // vorkommen // . Ersetzt man nämlich “W.” durch den Namen eines andern Menschen, so wird etwa gesagt, dass ich in der Hand eines anderen Körpers als des meinigen Schmerzen empfinde. Es wäre z.B. denkbar, dass ich mit einem Andern Körper wechsle // Andern den Körper wechsle // ; etwa aufwache, meinen alten Körper mir gegenüber auf einem Sessel sitzen sehe, und mich im Spiegel sehend fände, dass ich das Gesicht und den Körper meines Freundes angenommen habe. Ich betrachte nun den Personennamen als Name eines Körpers. Und es hat nun Sinn zu sagen: “ich habe im Körper des N (oder im Körper N) Zahnschmerzen; (in der asymmetrischen Ausdrucksweise: “in einem Zahn des N sind Schmerzen”); aber es hat keinen Sinn, zu sagen “ich habe auf dem Kopf des N graue Haare”, ausser, das soll heissen: “N hat graue Haare”.
           Aber ist (denn) die vorgeschlagene asymmetrische Ausdrucksweise richtig? Warum sage ich “N benimmt sich wie W, wenn er …”? Wodurch ist denn W charakterisiert? Doch durch die Formen etc. seines Körpers und durch dessen kontinuierliche Existenz im Raum. Sind aber diese Dinge für die Erfahrung der Schmerzen wesentlich? Könnte ich mir nicht folgende Erfahrung denken: ich wache mit Schmerzen in der linken Hand auf und finde, dass sie ihre Gestalt geändert hat und jetzt so aussieht, wie die Hand meines Freundes, während er meine Hand erhalten hat. Und worin besteht die Kontinuität meiner Existenz im Raum? Wenn mir jemand [V|v]erlässlicher erzählte, er sei, während ich geschlafen habe, bei mir gesessen, plötzlich sei mein Körper verschwunden und sei plötzlich wieder erschienen – ist es unmöglich das zu glauben? – Und worin besteht etwa die Kontinuität meines Gedächtnisses? In welcher Zeit ist es kontinuierlich? Oder besteht die Kontinuität darin, dass im Gedächtnis keine Lücke ist? Wie im Gesichtsfeld keine ist. (Denn überlege nur, wie wir den blinden Fleck merken!) Und was hätte diese Kontinuität mit der zu tun, die für den Gebrauch des Personennamens W. wesent-
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lich ist // von Bedeutung ist // ? Die Erfahrung der Schmerzen lässt sich in ganz anderer Umgebung als der von uns gewohnten denken. (﹖– Denken wir doch nur, dass man tatsächlich Schmerzen in der Hand haben kann, obwohl es diese im physikalischen Sinn gar nicht mehr gibt, weil sie einem amputiert worden ist –﹖.) In diesem Sinne könnte man Zahnschmerzen ohne Zahn, Kopfschmerzen ohne Kopf etc. haben. Wir machen eben hier einfach eine Unterscheidung, wie die zwischen Gesichtsraum und physikalischem Raum, oder Gedächtniszeit und physikalischer Zeit. – Danach nun ist es unrichtig, die Ausdrucksweise einzuführen “N benimmt sich wie W, wenn …”. Man könnte vielleicht sagen “N benimmt sich, wie der Mensch in dessen Hand Schmerzen sind”. Warum sollte man aber überhaupt die Erfahrung der Schmerzen zur Beschreibung des bewussten Benehmens heranziehen? – Wir wollen doch einfach zwei verschiedene Erfahrungsgebiete trennen; wie wenn wir Tasterfahrung und Gesichtserfahrung an einem Körper trennen. Und verschiedener kann nichtss sein, als die Schmerzerfahrung und die Erfahrung, einen menschlichen Körper sich winden sehen // zu sehen // , Laute ausstossen zu hören, etc.. Und zwar besteht hier kein Unterschied zwischen meinem Körper und dem des Andern, denn es gibt auch die Erfahrung, die Bewegungen des eigenen Körpers zu sehen und die von ihm ausgestossenen Laute zu hören.
           Denken wir uns, unser Körper würde aus unserem Gesichtsfeld entfernt, etwa, indem man ihn gänzlich durchsichtig machte; er behielte aber die Fähigkeit, in einem geeigneten Spiegel in der uns gewohnten Weise zu erscheinen, so dass wir etwa die sichtbaren Aeusserungen unserer Zahnschmerzen wesentlich wie die eines fremden Körpers wahrnähmen. Dies ergäbe auch eine ganz andere Koordination zwischen sehendem Auge und Gesichtsraum, als die uns selbstverständlich erschein[d|e]nde alltägliche. (Denke an das Zeichen eines Vierecks mit seinen Diagonalen im Spiegel.) Wenn wir uns aber so die Möglichkeit denken können, dass wir unsern sichtbaren Körper nur als Bild in einem Spiegel kennten, so ist es nun auch denkbar,
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dass dieser Spiegel wegfiele und wir ihn nicht anders sähen, als irgend einen andern menschlichen Körper. – Wodurch wäre er dann aber als mein Körper charakterisiert? Nun, nur dadurch, dass ich z.B. die Berührung dieses Körpers fühlen würde, nicht aber die eines andern, etc.. So ist es auch nicht mehr wesentlich, dass der Mund unterhalb des sehenden Auges meine Worte spricht. (Und das ist von grosser Wichtigkeit.) Auch wenn ich meinen Körper sehe, wie ich ihn jetzt sehe, d.h. von seinen Augen aus, ist es denkbar, dass ich mich mit Andern den Körper tausche. Die Erfahrung bestünde einfach in dem, was man als eine sprunghafte Aenderung meines Körpers und seiner Umgebung beschreiben würde. Ich würde einmal die Körper A, B, C, D von E aus, und E von den Augen dieses Körpers sehen, und plötzlich etwa C, D, E, A von B aus und aus B aus dessen Augen; etc.. Noch einfacher aber wird die Sache, wenn ich alle Körper – meinen, sowie die fremden – überhaupt nicht aus Augen sehe, und sie also, was ihre visuelle Erscheinung betrifft, alle auf gleicher Stufe stehen. Dann ist es klar, was es heisst, dass ich im Zahn des Andern Schmerzen haben kann; – wenn ich dann überhaupt noch bei der Bezeichnung bleiben will, die einen Körper “meinen” nennt und also einen anderen den “eines Andern”. Denn es ist nun vielleicht praktischer, die Körper einfach // nur // mit Eigennamen zu bezeichnen. – Es gibt also jetzt eine Erfahrung, : die, der Schmerzen in einem Zahn eines der existierenden menschlichen Körpers; das ist nicht die, die ich in der gewöhnlichen Ausdrucksweise mit den Worten “A hat Zahnschmerzen” beschriebe, sondern mit den Worten “ich habe in einem Zahn des A Schmerzen”. Und es gibt die andere Erfahrung: einen Körper, sei es meiner oder ein andrer, sich winden zu sehen. Denn, vergessen wir nicht: Die Schmerzen haben zwar einen Ort im Raum, sofern man z.B. sagen kann, sie wandern, oder seien an zwei Orten zugleich, etc.: aber ihr Raum ist nicht der visuelle oder physikalische. – Und nun haben wir zwar eine neue Aus-
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drucksweise, sie ist aber nicht mehr asymmetrisch. Sie bevorzugt nicht einen Körper, einen Menschen zum Nachteil des andern, ist also nicht solipsistich. – So ist alles // alle Erfahrung // ohne Ansehen der Person verteilt. Aber wir teilen anders. Es werden die Dinge in unsrer Betrachtungsweise anders zusammengefasst. Wie wenn man einmal die Zeit zum Raum rechnet und einmal nicht, oder wie wenn man einen Wald als Holzblock mit Löchern ansähe. Oder die Bahn des Mondes in die Sonne einmal als Kreisbahn um die Erde, die sich verschiebt, – ein andermal als Wellenlinie, die um die Sonne läuft. (Wäre die Erde etwa nicht sichtbar, so könnte es eine merkwürdige neue Betrachtungsweise/sein, die Wellenbewegung des Mondes um die Sonne als Kreisbahn um einen kreisenden Körper // um ein kreisendes Zentrum // aufzufassen.) Man könnte auf diese Weise gewisse Vorurteile zerstören, die auf die besondere uns geläufige Betrachtungsart aufgebaut wären. – Sehr klar wird der Charakter der anderen Betrachtungsweise, wenn man an die analoge Verschiebung // Veränderung // der Grenzen durch die Einführung des Begriffs der Gedächtniszeit denkt. Es ist ganz ähnlich der veränderten Betrachtung der Mondbewegung. Eine Grenze, die früher mit anderen in der Zeichnung zusammenlief, wird plötzlich stark ausgezogen und hervorgehoben. ‒ ‒ ‒
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  “Ist die Zeit, in der die Erlebnisse des Gesichtsraums vor sich gehen, ohne Tonerlebnisse denkbar? Es scheint, ja. Und doch, wie seltsam, dass etwas eine Form sollte haben können, die auch ohne eben diesen Inhalt denkbar wäre. Oder lernt der, dem das Gehör geschenkt würde, damit auch eine neue Zeit kennen?”
     Die hergebrachten Fragen taugen zur logischen Untersuchung der Phänomene nicht. Diese schaffen sich ihre eigenen Fragen, oder vielmehr, geben ihre eigenen Antworten.
     Die Zeit ist ja nicht ein Zeitraum, sondern eine Ordnung.

 
   
     Denn “die Zeit” hat eine andere Bedeutung, wenn wir das Gedächtnis als die Quelle der Zeit auffassen und wenn wir es als ein aufbewahrtes Bild des vergangenen Ereignisses auffassen.
     Wenn wir das Gedächtnis als ein Bild auffassen, dann ist es ein Bild eines physikalischen Ereignisses. Das Bild verblasst und ich merke sein Ver-
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blassen wenn ich es mit andern Zeugnissen des Vergangenen vergleiche. Hier ist das Gedächtnis nicht die Quelle dern Zeit, sondern mehr oder weniger gute Aufbewahrerin dessen, was “wirklich” gewesen ist, und dieses war eben etwas, wovon wir auch andere Kunde haben können, ein physikalisches Ereignis. – Ganz anders ist es, wenn wir nun das Gedächtnis als Quelle der Zeit betrachten. Es ist hier kein Bild und kann auch nicht verblassen – in dem Sinne, wie ein Bild verblasst, sodass es seinen Gegenstand immer weniger [t|g]etreu darstellt. Beide Ausdrucksweisen sind in Ordnung und gleichberechtigt, aber nicht miteinander vermischbar. Es ist ja klar, dass die Ausdrucksweise vom Gedächtnis als einem Bild, nur ein Bild ist; genau so, wie die Ausdrucksweise, die die Vorstellungen “Bilder der Gegenstände in unserem Geiste” (oder dergleichen) nennt. Was ein Bild ist, das wissen wir, aber die Vorstellungen sind doch gar keine Bilder, denn sonst kann ich das Bild sehen und den Gegenstand, dessen Bild es ist, aber hier ist es offenbar ganz anders. Wir haben eben ein Gleichnis gebraucht und nun tyrannisiert uns das Gleichnis. In der Sprache dieses Gleichnisses kann ich mich nicht ausserhalb des Gleichnisses bewegen. Es muss zu Unsinn führen, wenn man mit der Sprache dieses Gleichnis über das Gedächtnis als Quelle unserer Erkenntnis, als Verifikation unserer Sätze, nreden will. Man kann ˇvon gegenwärtigen, vergangenen und zukünftigen Ereignissen in der physikalischen Welt reden, aber nicht von gegenwärtigen, vergangenen und zukünftigen Ereignissen in Vorstellungen, wenn man als Vorstellung nicht doch wieder eine Art physikalischen Gegenstand (etwa jetzt ein ◇◇◇ physikalisches Bild, statt des Körpers) bezeichnet; sondern gerade eben das gegenwärtige. Man kann also den Zeitbegriff, d.h. die Regeln der Syntax, wie sie von den physikalischen Substantiven gelten, nicht in der Welt der Vorstellung anwenden, d.h. nicht dort, wo man sich einer radikal anderen Ausdrucksweise bedient.

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     Kann ich sagen, das Drama hat seine eigene Zeit, die nicht ein Abschnitt der historischen Zeit ist. D.h., ich kann in ihm von früher und später reden, aber die Frage hat keinen Sinn, ob die Ereignisse, etwa, vor oder nach Cäsars Tod geschehen sind.

 
   
     Das Gleichnis vom Fluss // Fliessen // der Zeit ist natürlich irreführend und muss uns, wenn wir daran festhalten, in Verlegenheiten führen // landen // .

 
   
     Was Edington über ‘die Richtung der Zeit’ und den Enthropiesatz sagt, läuft darauf hinaus, dass die Zeit ihre Richtung umkehren würde, wenn die Menschen eines Tages anfingen rückwärts zu gehen. Wenn man will, kann man das freilich so nennen: man muss dann nur darüber klar sein, dass man damit nichts anderes sagt, als dass die Menschen ihre Gehrichtung geändert haben.

 
   
     Die meisten Rätsel, die uns das Wesen der Zeit aufzugeben scheint, kann man durch die Betrachtung einer Analogie verstehen, die in einer oder der andern Form den verschiedenen falschen Auffassungen zu Grunde liegt: Es ist der Vorgang, im Projektionsapparat, durch welchen der Film läuft einerseits, und auf der Leinwand anderseits.
     Wenn man sagt, die Zukunft sei bereits präformiert, so heisst das offenbar: die Bilder des Filmstreifens, welche den zukünftigen Vorgängen auf der Leinwand entsprechen, sind bereits vorhanden. Aber für das, was ich in einer Stunde tun werde, gibt es ja keine solchen Bilder, und wenn es sie gibt, so dürfen wir wieder nicht die Bilder auf dem Zukunftsteil des Filmstreifens mit den zukünftigen Ereignissen auf der Leinwand verwechseln. Nur von jenen können wir sagen, dass sie präformiert sind, d.h. jetzt schon existieren. Und bedenken wir, dass sie präformiert sind, der
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Zusammenhang der Ereignisse auf der Leinwand mit dem, was die Filmbilder zeigen ein empirischer ist; wir können aus ihnen kein Ereignis auf der Leinwand prophezeien, sondern nur hypothetisch vorhersagen. Auch – und hier liegt eine andere Quelle des Missverständnisses – können wir nicht sagen “es ist jetzt der Fall, dass dieses Ereignis in einer Stunde eintreten wird” oder “es ist um 5 Uhr der Fall, dass ich um 7 Uhr spazierengehen werde.”

 
   
     ““Wenn die Erinnerung kein Sehen in die Vergangenheit ist, wie wissen wir denn überhaupt, dass sie mit Beziehung auf die Vergangenheit zu deuten ist? Wir könnten uns dann einer Begebenheit erinnern und zweifeln, ob wir in unserm Erinnerungsbild ein Bild der Vergangenheit oder der Zukunft haben.
     Ich kann natürlich sagen: ich sehe nicht die Vergangenheit, sondern nur ein Bild der Vergangenheit. Aber woher weiss ich, dass es ein Bild der Vergangenheit ist, wenn dies nicht im Wesen des Erinnerungsbildes liegt. Haben wir etwa durch die Erfahrung gelernt, diese Bilder als Bilder der Vergangenheit zu deuten? Aber was hiesse hier überhaupt “Vergangenheit”?””
     Die Daten unseres Gedächtnisses sind geordnet; diese Ordnung nennen wir Gedächtniszeit, im Gegensatz zur physikalischen Zeit, der Ordnung der Ereignisse in der physikalischen Welt. Gegen den Ausdruck “Sehen in die Vergangenheit” sträubt sich unser Gefühl mit Recht;
﹖–
–﹖
// denn es ruft das Bild hervor //
, dass Einer einen Vorgang in der physikalischen Welt sieht, der jetzt gar nicht geschieht, sondern schon vorüber ist. Und die Vorgänge, welche wir “Vorgänge in der physikalischen Welt”, und die, welche wir “Vorgänge in unserer Erinnerung” nennen, sind einander wirklich nur zugeordnet. Denn wir reden von einem Fehlerinnern und das Gedächtnis ist nur eines von den Kriterien dafür,
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dass etwas in der physikalischen Welt geschehen ist.

 
   
     Die Erinnerungszeit unterscheidet sich unter anderen dadurch von der physikalischen, dass sie ein Halbstrahl ist, dessen Endpunkt // Anfangspunkt // die Gegenwart ist. Der Unterschied zwischen Erinnerungszeit und physikalischer Zeit ist natürlich ein logischer. D.h., : die beiden Ordnungen könnten sehr wohl mit ganz verschiedenen Namen bezeichnet werden und man nennt sie nur beide “Zeit”, weil eine gewisse grammatische Verwandtschaft besteht, ganz wie zwischen Kardinal- und Rationalzahlen; Gesichtsraum, Tastraum und physikalischen Raum; Farbtönen und Klangfarben, etc., etc..

 
   
     Gedächtniszeit. Sie ist (wie der Gesichtsraum) nicht ein Teil der grossen Zeit, sondern die spez[p|i]fische Ordnung der Ereignisse oder Situationen im Gedächtnis // in der Erinnerung // . In dieser Zeit gibt es z.B. keine Zukunft, Gesichtsraum und physikalischer Raum, Gedächtniszeit und physikalische Zeit, verhalten sich zueinander nicht wie ein Stück der Kardinalzahlenreihe zum Gesetz dieser Reihe (“der // zur // ganzen Zahlenreihe”), sondern, wie das System der Kardinalzahlen zu dem, der rationalen Zahlen. Und dieses Verhältnis erklärt auch den Sinn der Meinung, dass der eine Raum den andern einschliesst, enthält.

 
   
     Messung des Raumes und des räumlichen Gegenstandes. Das Seltsame am leeren Raum und an der leeren Zeit. Die Zeit (und der Raum) ein ätherischer Stoff. Von Substantiven verleitet, glauben wir an eine Substanz // … verleitet, nehmen wir eine Substanz an // . Ja, wenn wir der Sprache die Zügel überlassen und nicht dem Leben, dann entstehen die philosophischen Probleme.
     “Was ist die Zeit?” – schon in der Frage liegt der Irrtum: als wäre
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die Frage: woraus, aus welchem Stoff, ist die Zeit gemacht. Wie man etwa sagt, woraus ist dieses feine Kleid gemacht.

 
   
     Die alles gleichmachende Gewalt der Sprache, die sifh sich am krassesten im Wörterbuch zeigt, und die es möglich macht, dass die Zeit personifiziert werden konnte; was nicht weniger merkwürdig ist, als es wäre, wenn wir Gottheiten der logischen Konstanten hätten.
523





 
    
   
     In gewissem Sinne ist die Bedeutung der Wörter “hier”, “jetzt” (etc.) die einzige, die ich nicht von vornherein festlegen kann. Aber das ist natürlich irreführend ausgedrückt: Die Bedeutung ist festzulegen und festgelegt, wenn die Regeln bezüglich dieser Worte festgelegt sind, und das kann geschehen, ehe
sie
die
in einem bestimmten Fall angewandt werden; denn wozu auch sonst ein Wort in verschiedenen Fällen gebrauchen.

 
   
     Die Wörter “hier”, “jetzt”, etc. bezeichnen den Ursprung // Anfangspunkt // eines Koordinatensystems: Wie der Buchstabe “O”, aber sie beschreiben nicht seine Lage gegenüber den Gegenständen im Raum. // … sie stehen nicht für Beschreibungen der Lage des Punktes O im Verhältnis zu räumlichen Gegenständen. Sie stehen nicht f[o|ü]r die Beschreibung einer räumlichen Situation. //

 
   
     Unterschied zwischen Sage und Märchen, Märchen (und andere Dichtungen) vom Jetzt und Hier abgeschnitten.

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     Es ist aber ein wichtiger Satz in der Grammatik des Wortes “hier”, dass es keinen Sinn hat, “hier” zu schreiben, wo eine Ortsangabe stehen soll; dass ich also auf einen Gegenstand kein Täfelchen befestigen soll, mit der Aufschrift “Dieser Gegenstand ist immer nur hier zu benützen”.

 
   
     Ich kann natürlich in Bezug auf die Wörter “jetzt” und “hier” etc. nur tun, was ich sonst tue, nämlich ihren Gebrauch beschreiben. Und // Aber // diese Beschreibung muss allgemein sein, d.h. im Vorhinein, vor jedem Gebrauch.

 
   
     Hier und Jetzt sind geometrische Begriffe, wie etwa der Mittelpunkt meines Gesichtsfeldes.

 
   
     Hier und Jetzt haben nicht eine grössere Multiplizität, als sie zu haben scheinen. Das anzunehmen ist die grosse Gefahr. Ersetze sie, durch welchen Ausdruck Du willst, immer ist es nur ein Wort – und daher eins so gut wie das andere.

 
   
     Das, was “particular” ist, ist das Ereignis. Das Ereignis, das durch die Worte beschrieben wird, “heute hat es geregnet” und am nächsten Tag durch “gestern hat es geregnet”.

 
   
     Was ist denn die “gegenwärtige Situation”? Nun, dass das und das der Fall ist. Nicht: “dassd das und das jetzt der Fall ist”.

 
   
     “Jetzt” ist ein Wort. Wozu brauche ich dieses Wort? ‘Jetzt’ – im Gegensatz wozu? – Im Gegensatz zu ‘in einer Stunde’, ‘vor 5 Minuten’, etc. etc.
     “Jetzt” bezeichnet kein System, sondern gehört zu einem System. Es wirkt nicht magisch; wie auch sonst kein Wort.
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     Wenn die Sprache sich mit dem Gelde vergleichen lässt, an dem an und für sich nichts liegt, sondern das nur indirekt von Bedeutung ist, weil man damit // mit ihm // Gegenstände kaufen kann, die für uns Bedeutung haben; so kann man sagen // so möchte man vielleicht sagen // , dass hier beim Gebrauch der Wörter “ich”, “hier”, “jetzt” etc. der Tausc Tauschhandel in den Geldhandel eintritt. (﹖)

 
   
     Wenn ich sage “ich gehe jetzt dorthin”, so kommt in dem Symbol manches vor, was in dem Zeichen allein nicht liegt. Der Satz, wenn ich ihn etwa von unbekannter Hand geschrieben, irgendwo vorfinde, sagt gar nichts; das Wort “ich”, das Wort “jetzt” und “dorthin” sind allein ohne die Gegenwart der sprechenden Person, der gegenwärtigen Situation und der im Raumg gezeigten Richtung bedeutungslos.

 
   
     “Jetzt”, “früher”, “hier”, “dort”, “ich”, “Du”, “dieses”, sind solche Wörter zur Anknüpfung an die Wirklichkeit.
     “Aber die Wirklichkeit, die solcherart zum Symbol gehört, fällt unter die Herrschaft der Grammatik”.

 
   
     Nun könnte man fragen: Gehört die Windrose noch zum Plan? Oder vielmehr; gehört die Regel, nach der die Windrose angewandt wird, noch zum Plan? Und es ist klar, dass ich diese Regel durch eine andere Orientierungsregel ersetzen kann, in der von der Windrose nicht die Rede ist, sondern statt dessen etwa von einem Weg auf dem Plan und was ihm k in der Gegend entspricht.

 
   
     Wenn (in einem Satz “ich will, dass Du dorthin gehst”) der Sprechende, der Angesprochene und der Pfeil der die Richtung weist, zum Symbolismus gehören, so spielen sie in ihm jedenfalls eine ganz andere Rolle, als die
526
Wörter.

 
   
     Wenn aber die Grammatik den ganzen Symbolismus umfassen soll, wie zeigt sich in ihr die Ergänzungsbedürftigkeit der Wörter “ich”, “Du”, “dieses”, etc. durch Gegenstände der Realität?

 
   
     Denn, dass jener Satz ohne eine solche Ergänzung nichts sagt, muss die Grammatik sagen. Wenn sie das vollständige Geschäftsbuch der Sprache sein soll (wie ich es meine).

 
   
     Ich will immer zeigen, dass alles was in // an // der Logik “business” ist, in der Grammatik gesagt werden muss.
     Wie etwa der Fortgang eines Geschäftes aus den Geschäftsbüchern ﹖– muss vollständig herausgelesen werden können –﹖. Sodass man, auf die Geschäftsbücher deutend, muss sagen können: Hier! hier muss sich alles zeigen; und was sich hier nicht zeigt, gilt nicht. Denn am Ende muss sich hier alles Wesentliche abspielen.
     Alles wirklich Geschäftliche – heisst das – muss sich in der Grammatik abwickeln.

 
   
     Wie erklärt die Grammatik das Wort “jetzt”? Doch wohl durch die Regeln, die sie für seinen Gebr[q|a]uch angibt. Das Gleiche gi für das Wort “ich”.

 
   
     Ich könnte mir denken, dass Einer, um das Wort “jetzt” zu erklären, auf den gegenwärtigen Stand der Zeiger einer Uhr zeigt // gegenwärtigen Zeigerstand einer Uhr zeigt // . Sowie er zur Erklärung des Ausdrucks “in fünf Minuten” auf die Ziffern der Uhr zeigen kann, wo der Zeiger sich in fünf Minuten befinden wird.
     Es ist klar, dass dadurch nur die Uhr in unsere Zeichensprache einbezogen wird.
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     Das Wort “jetzt” wirkt gleichsam als Schlag eines Zeitmessers. Es gibt durch sein Ertönen eine Zeit an. Man kann es ja auch wirklich durch ein anderes Zeitzeichen ersetzen. Wenn man z.B. sagt: tu das, wenn ich in die Hände klatsche. Das Klatschen ist dann ein Zeitzeichen, wie der Pfeil ein Richtungszeichen ist, wenn ich sage “gehe dorthin”.

 
   
     Wenn mir z.B. die Rede, die ein Anderer gestern gesprochen hat, mitgeteilt wird: “es geschieht heute das und das”, so muss ich verstehen, dass der Satz, wenn ich ihn höre, nicht so verifiziert werden kann, wie er zu verifizieren war, als er ursprünglich ausgesprochen wurde. Die Grammatik sagt mir: wenn ich gestern sagte “heute geschieht es”, so heisst das soviel, wie wenn ich heute sage “gestern ist es geschehen”.

 
   
     Wenn man nun sagt “dieser Mensch heisst N”, so muss uns die Grammatik sagen, dass diese Wortfolge keinen Sinn hat, wenn sie nicht durch ein Hinweisen ergänzt wird.


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     Man überlege: welchen Grund hat man, ein neues Phänomen Farbe zu nennen, wenn es sich nicht in unser bisheriges Farbenschema einfügt.

 
   
     Erfahrung ist nicht etwas, das man durch Bestimmungen von einem Andren abgrenzen kann, was nicht Erfahrung ist; sondern eine logische Form.

 
   
     Die Erfahrung (Der Begriff der Erfahrung) scheint (uns) von völligen Dunkel begrenzt.
     Aber auch Schwarz ist // wäre // eine Farbe, und wenn eine Farbe gegen Schwarz abgegrenzt ist, so durch eine Farbgrenze, wie jede andre.

 
   
     Unmittelbare Erfahrung (Sinnes-Datum) ist entweder ein Begriff von trivialer Abgrenzung oder eine Form.


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     Was spricht man der Mathematik ab wenn man sagt, sie sei nur ein Spiel (oder: sie sei ein Spiel)?

 
   
     Ein Spiel, im Gegensatz wozu? – Was spricht man ihr zu, wenn man sagt, ihre Sätze hatten Sinn? // Was spricht man ihr zu, wenn man sagt (sie sei kein Spiel), ihre Sätze hätten Sinn? //

 
   
     Der Sinn ausserhalb des Satzes.
     Und was geht uns der an? Wo zeigt er sich und was können wir mit ihm anfangen? (Auf die Frage “was ist der Sinn dieses Satzes?” antwortet ein Satz. // kommt ein Satz zur Antwort. //
     (“Aber der mathematische Satz drückt doch einen Gedanken aus” – Welchen Gedanken? –)

 
   
     Kann er durch einen anderen Satz ausgedrückt werden? oder nur durch diesen Satz? – Oder überhaupt nicht? In diesem Falle geht er uns nichts an.
531

     Will man durch die mathematischen Sätze von andern Gebilden, den Hypothesen, etc. etwa unterscheiden? Daran tut man Recht, und dass dieser Unterschied besteht, unterliegt ja keinem Zweifel.

 
   
     Will man sagen, die Mathematik werden gespielt, wie das Schach, oder eine Patience und es gebe dabei ein Gewinnen oder Ausgehen // und es laufe dabei auf ein Gewinnen oder Ausgehen hinaus, // so ist das offenbar unrichtig.

 
   
     Sagt man, dass die seelischen Vorgänge, die den Gebrauch der mathematischen Symbole begleiten, andere sind, als die, die das Schachspielen begleiten // Schachspiel begleiten // , so weiss ich darüber nichts zu sagen.

 
   
     Es gibt auch beim Schach einige Konfigurationen, die unmöglich sind, obwohl jeder Stein in einer ihm erlaubten Stellung steht.
(Wenn z.B.
(Z.B. wenn
die Anfangsstellung der Bauern intakt ist und ein Läufer schon auf dem Feld.) Aber man könnte sich ein Spiel denken,
worin
in welchem
die Anzahl der Züge vom Anfang der Partie notiert würde, und dann gäbe es den Fall, dass nach n Zügen diese Konfiguration nicht eintreten könnte und man es der Konfiguration doch nicht ohneweiters ansehen kann, ob sie als n-te möglich ist, oder nicht.

 
   
     Die Handlungen im Spiel müssen den Handlungen im Rechnen entsprechen. (Ich meine: darin muss die Entsprechung bestehen, oder, so müssen die beiden einander zugeordnet sein.)

 
   
     Handelt die Mathematik von Zeichen // Schriftzeichen // ? Ebensowenig, wie das Schachspiel von Holzfiguren handelt.
     Wenn wir von dem Sinn mathematischer Sätze reden, oder; wovon sie handeln, so gebrauchen wir ein falsches Bild. Es ist nämlich hier auch so, als ob unwesentliche, willkürliche, Zeichen das Wesentliche – eben den Sinn – miteinander gemein hätten // gemeinsam haben // .
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     Weil die Grammatik ein Kalkül ist und daher wesentlich von nichts handelt, gibt es keine Metamathematik.

 
   
     Wie verhält sich die Schachaufgabe (das Schachproblem) zur Schachpartie? – Denn, dass die Schachaufgabe der Rechenaufgabe entspricht, eine Rechenaufgabe ist, ist klar.

 
   
     Ein arithmetisches Spiel wäre z.B. folgendes: Wir schreiben auf gut Glück eine vierstellige Zahl hin, etwa 7368; dieser Zahl soll man sich dadurch nähern, dass man die Zahlen 7, 3, 6 und 8 in irgendeiner Reihenfolge miteinander multipliziert. Die Spielteilnehmer rechnen mit Bleistift auf Papier, und wer in der geringsten Anzahl von Operationen der Zahl 7368 am nächsten kommt, hat gewonnen. (Uebrigens lassen sich eine Menge der mathematischen Rätselfragen zu solchen Spielen umformen.)

 
   
     Angenommen, einem Menschen wäre Arithmetik nur zum Gebrauch in einem ar[ti|it]hmetischen Spiel gelehrt worden. Hätte er etwas Anderes gelernt als der, welcher Arithmetik zum normalen // gewöhnlichen // Gebrauch lernt? Und wenn er nun im Spiel 21 mit 8 multipliziert und 168 erhält, tut er etwas Andres, als der, welcher herausfinden wollte, wieviel 21 × 8 ist?

 
   
Man wird sagen: Der Eine wollte doch eine Wahrheit finden, während der Andre nichts dergleichen wollte.

 
   
     Nun könnte man diesen Fall etwa mit dem des Tennisspiel vergleichen wollen, in welchem der Spieler eine bestimmte Bewegung
424
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macht, der Ball darauf in bestimmter Weise fliegt und man diesen Schlag nun als Experiment auffassen kann, durch welches man eine bestimmte Wahrheit erfahren hat, oder aber auch als eine Spielhandlung, mit dem alleinigen Zweck, das Spiel zu gewinnen.
           Dieser Vergleich würde aber nicht stimmen, denn wir sehen im Schachzug kein Experiment (was wir übrigens auch könnten), sondern eine Handlung einer Rechnung.

 
   
                     Es könnte Einer vielleicht sagen: In dem arithmetischen Spiel werden wir zwar multiplizieren
                                      
21 × 8
168
, aber die Gleichung 21 × 8 = 168 wird nicht im Spiel vorkommen. Aber ist das nicht ein äusserlicher Unterschied? und warum sollen wir nicht auch so multiplizieren (und gewiss dividieren), dass die Gleichung als solche angeschrieben wird?

 
   
                     Also kann man nur einwenden, dass in dem Spiel die Gleichung kein Satz ist. Aber was heisst das? Wodurch wird sie dann zu einem Satz? Was muss noch dazu kommen, damit sie ein Satz wird? – Handelt es sich nicht um die Anwendung // Verwendung // der Gleichung (oder der Multiplikation)? – Und Mathematik ist es wohl dann, wenn es zum Uebergang von einem Satz zu einem andern verwendet wird. Und so wäre das unterscheidende Merkmal zwischen Mathematik und Spiel mit dem Begriff des Satzes (nicht ‘mathematischen Satzes’) gekuppelt, und verliert damit für uns seine Aktualität.

 
   
                     Man könnte aber sagen, dass der eigentliche Unterschied darin bestehe, dass für Bejahung und Verneinung im Spiel kein Platz sei. Es
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534
wird da z.B. multipliziert und 21 × 8 = 148 wäre ein falscher Zug, aber “non.neg(21 × 8 = 148)”, welches ein richtiger arithmetischer Satz ist, hätte in unserm Spiel nichts zu suchen.

 
   
                     (Da mag man sich daran erinnern, dass in der Volksschule mit nie mit Ungleichungen gearbeitet wird, vom Kind nur die richtige Ausführung der Multiplikation verlangt wird und nie – oder höchst selten – die Konstatierung einer Ungleichung.)

 
   
                     Wenn ich in unserm Spiel 21 × 8 ausrechne, und wenn ich es tue, um damit eine praktische Aufgabe zu lösen, so ist jedenfalls die Handlung der Rechnung in beiden Fällen die Gleiche (und auch für Ungleichungen könnte in einem Spiele Platz geschaffen werden). Dagegen ist mein übriges Verhalten zu der Rechnung jedenfalls in den zwei Fällen verschieden.
          Die Frage ist nun: kann man von dem Menschen, der im Spiel die Stellung “21 × 8 = 168” erhalten hat, sagen, er habe herausgefunden, dass 21 × 8 168 sei? Und was fehlt ihm dazu? Ich glaube, es fehlt nichts, es sei denn eine Anwendung der Rechnung.

 
   
                     Die Arithmetik, ein Spiel zu nennen, ist ebenso falsch, wie das Schieben von Schachfiguren (den Schachregeln gemäss) ein Spiel zu nennen; denn es kann auch eine Rechnung sein.

 
   
                     Man müsste also sagen: Nein, das Wort “Arithmetik” ist nicht der Name eines Spiels. (Das ist natürlich wieder eine Trivialität.) – Aber die Bedeutung des Wortes “Arithmetik” kann erklärt werden
426
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durch die Beziehung der Arithmetik zu einem arithmetischen Spiel, oder auch durch die Beziehung der Schachaufgabe zum Schachspiel.
           Dabei aber ist es wesentlich, zu erkennen, dass dieses Verhältnis nicht das ist, einer Tennisaufgabe zum Tennisspiel.
           Mit “Tennisaufgabe” meine ich etwa die Aufgabe, einen Ball unter gegebenen Umständen in bestimmter Richtung zurückzuwerfen. (Klarer wäre der Fall, vielleicht, einer Billardaufgabe.) Die Billardaufgabe ist keine mathematische Aufgabe (obwohl zu ihrer Lösung Mathematik angewendet werden kann[.|)]. Die Billardaufgabe ist eine physikalische Aufgabe und daher “Aufgabe” im Sinne der Physik; die Schachaufgabe ist eine mathematische Aufgabe und daher “Aufgabe” in einem andern (im mathematischen) Sinn.

 
   
                     In dem Kampf zwischen dem “Formalismus” und der “Iinhaltlichen Mathematik”, – was behauptet denn jeder Teil? Dieser Streit ist so ähnlich dem, zwischen Realismus und Idealismus!
Auch darin
Darin z.B.
, dass er bald obsolet (geworden) sein wird und dass beide Parteien, entgegen ihrer täglichen Praxis, Ungerechtigkeiten behaupten.

 
   
                     Die Arithmetik ist kein Spiel, niemandem wäre es eingefallen, unter den Spielen der Menschen die Arithmetik zu nennen.

 
   
                     Worin besteht denn das Gewinnen und Verlieren in einem Spiel (oder das Ausgehen der Patience)? Natürlich nicht in der Konfiguration // Situation // des Spiel // , die das Gewinnen – z.B. – hervorbringt. Wer gewinnt, muss durch eine eigene // besondere // Regel festgestellt werden. (Dame und Schlagdame sind nur durch diese Regel unterschieden.)

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                     Konstatiert nun die Regel etwas, die sagt, “wer zuerst seine Steine im Feld des Andern hat, hat/gewonnen”? Wie liesse sich das verifizieren? Wie weiss ich ob Einer gewonnen hat? Etwa daraus, dass er sich freut?
           Diese Regel sagt doch wohl: Du musst versuchen, Deine Steine so rasch als möglich etc..
           Die Regel in dieser Form bringt das Spiel schon mit dem Leben in Zusammenhang. Und man könnte sich denken, dass in einer Volksschule, in der das Schachspielen ein obligater Gegenstand // ein Lehrgegenstand // wäre, die Reaktion des Lehrers auf das schlechte Spiel eines Schülers dieselbe // genau dieselbe // wäre, wie die, auf eine falsch gerechnete Rechenaufgabe.

 
   
                     Ich möchte beinahe sagen: Im Spiel gibt es (zwar) kein “wahr” und “falsch”, dafür gibt es aber in der Arithmetik kein “Gewinnen” und “Verlieren”.

 
   
                     Ich sagte einmal, es wäre denkbar, dass Kriege auf einer Art grossem Schachbrett nach den Regeln des Schachspiels ausgefochten würden. Aber: Wenn es wirklich bloss nach den Regeln des Schachspiels ginge, dann brauchte man eben kein Schlachtfeld für diesen Krieg, sondern er könnte auf einem gewöhnlichen Brett gespielt werden. Und dann wäre es (eben) im gewöhnlichen // normalen // Sinne kein Krieg. Aber man könnte sich ja auch eine Schlacht von den Regeln des Schachspiels geleitet denken. Etwa so, dass der “Läufer” mit der “Dame” nur kämpfen dürfte, wenn seine Stellung zu ihr es ihm im Schachspiel erlaubte, sie zu “nehmen”.

 
   
                     Könnte man sich eine Schachpartie gespielt denken, d.h.,
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sämtliche Spielhandlungen ausgeführt denken, aber in einer andern Umgebung, so dass dieser Vorgang uns nicht die Partie eines Spiels genannt würde // genannt werden könnte // ?
     Gewiss, es könnte sich ja um eine Aufgabe handeln, die die Beiden miteinander lösen. (Und einen Fall für die Nützlichkeit einer solchen Aufgabe kann man sich ja nach dem Oberen leicht konstruieren.)

 
   
     Die Regel über das Gewinnen und Verlieren unterscheidet eigentlich nur zwei Pole. Welche Bewandtnis es (dann) mit dem hat, der gewinnt (oder verliert), geht sie eigentlich nichts an. Ob z.B. der Verlierende dann etwas zu zahlen hat.
     (Und ähnlich, kommt es uns ja vor, verhält es sich mit dem “richtig” und “falsch” im Rechnen.)

 
   
     In der Logik geschieht immer wieder, was in dem Streit über das Wesen der Definition geschehen ist. Wenn man sagt, die Definition habe es nur mit Zeichen zu tun und ersetze bloss ein kompliziertes Zeichen durch ein einfacheres // ein Zeichen durch ein anderes // , so wehren sich die Menschen dagegen und sagen, die Definition leiste nicht nur das, oder es gebe eben verschiedene Arten von Definitionen // der Definition // und die interessante und wichtige sei nicht die (reine) “Verbaldefinition”.
     Sie glaube nämlich, man nehme der Definition ihre Bedeutung, Wichtigkeit, wenn man sie als blosse Ersetzungsregel, die von Zeichen handelt, hinstellt. Während die Bedeutung der Definition in ihrer Anwendung liegt, quasi in ihrer Lebenswichtigkeit. Und eben das geht (heute) in dem Streit zwischen Formalismus, Intuitionismus, etc. vor sich. Es ist den Leuten unmöglich, die Wichtigkeit einer
Tatsache
Sache // Handlung
, ihre Konsequenzen, ihre Anwendung, von ihr selbst zu unterscheiden; die Beschreibung einer Sache von der Beschreibung ihrer Wichtigkeit.
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     Immer wieder hören wir (so), dass der Mathematiker mit dem Instinkt arbeitet (oder etwa, dass er nicht mechanisch nach der Art eines Schachspielers vorgehe), aber wir erfahren nicht, was das mit dem Wesen der Mathematik zu tun haben soll. Und wenn ein solches psychisches Phänomen in der Mathematik eine Rolle spielt, wie weit wir überhaupt exakt über die Mathematik reden können, und wie weit nur mit der Art der Unbestimmtheit, mit der wir über Instinkte, etc. reden müssen.

 
   
     Immer wieder möchte ich sagen: Ich kontrolliere die Geschäftsbücher der Mathematiker;


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     Kein Kalkül kann ein philosophisches Problem entscheiden.
     Der Kalkül kann uns nicht prinzipielle Aufschlüsse über die Mathematik geben.

 
   
     Es kann daher // darum // auch keine “führenden Probleme” der mathematischen Logik geben, denn das wären solche, deren Lösung uns endlich berechtigen würde // das Recht geben würde // Arithmetik zu treiben, wie wir es tun.

 
   
     Und dazu können wir nicht auf dem Glücksfall der Lösung eines mathematischen Problems warten.

 
   
     Ich sagte oben “Kalkül ist kein mathematischer Begriff”ö; das heisst, das Wort ‘Kalkül’ ist kein Schachstein der Mathematik.
     Es brauchte in der Mathematik nicht vorzukommen. – Und wenn es doch in einem Kalkül gebraucht wird, so ist dieser nun kein Metakalkül. Vielmehr ist dann dieses Wort wieder nur ein Schachstein wie alle andern.
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     Auch die Logik ist keine Metamathematik, d.h. auch Operationen des logischen Kalküls // das Arbeiten mit dem logischen Kalkül // können // kann // keine wesentlichen Wahrheiten über die Mathematik zu Tage fördern. Siehe hierzu das “Entscheidungsproblem” und ähnliches in der modernen mathematischen Logik.

 
   
/     Durch Russell, aber besonders durch Whitehead, ist in die Philosophie eine Pseudoexaktheit gekommen, die die schlimmste Feindin wirklicher Exaktheit ist. Am Grunde liegt hier der Irrtum, ein Kalkül könne die metamathematische Grundlage der Mathematik sein. /

 
   
     Die Zahl ist durchaus kein “grundlegender mathematischer Begriff”. Es gibt so viele Kalküle // Rechnungen // , in denen von Zahlen nicht die Rede ist.
     Und was die Arithmetik betrifft, so ist es mehr oder weniger willkürlich, was wir noch Zahlen nennen wollen. Und im Uebrigen ist der Kalkül – t.B. – der Kardinalzahlen zu beschreiben, d.h. seine Regeln sind anzugeben, und damit sind die Grundlagen der Arithmetik gegeben. // und damit ist die der Arithmetik begründet. der Grund gelegt. //

 
   
     Lehre sie uns, dann hast Du sie begründet.

 
   
/     Hilbert stellt Regeln eines bestimmten Kalküls als Regeln einer // der // Metamathematik auf. /

 
   
     Es ist ein Unterschied, ob ein System auf ersten Prinzipien ruht, oder ob es bloss von ihnen ausgehend entwickelt wird. Es ist ein Unterschied, ob es, wie ein Haus, auf seinen untersten Mauern ruht oder ob es, wie etwa ein Himmelskörper, im Raum frei schwebt und wir bloss unten zu
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bauen angefangen haben, obwohl wir es auch es auch irgendwo anders hätten tun können.

 
   
     Die Logik und die Mathematik ruht nicht auf Axiomen; so wenig eine Gruppe auf den sie definierenden Elementen und Operationen ruht. Hierin liegt der Fehler, das Einleuchten, die Evidenz, der Grundgesetze als Kriterium der Richtigkeit in der Logik zu betrachten.
     Ein Fundament, das auf nichts steht, ist ein schlechtes Fundament.

 
   
      (p & q) V (p & non-q) V (non-p & q) V (non-p & non-q): Das wird meine Tautologie, und ich würde dann nur sagen, dass sich
jedes Gesetz
jeder “Satz
der Logik” nach bestimmten Regeln auf diese Form bringen lässt. Das heisst aber dasselbe,
als
wie
: sich von ihr ableiten lässt; und hier wären wir bei der Russell'schen Art der Demonstration angelangt und alles, was wir dazusetzen ist nur, dass diese Ausgangsform selber kein selbständiger Satz ist und dass dieses und alle anderen “Gesetze der Logik” die Eigenschaft haben p & Log = p, p V Log = Log.

 
   
     Das Wesen des “logischen Gesetzes” ist es ja, dass es im Produkt mit irgendeinem Satz diesen Satz ergibt. Und man könnte den Kalkül Russells auch mit Erklärungen beginnen von der Art:
pCp . & . q = q
p . & . p V q = p etc.
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     Wenn man die Lösbarkeit beweist, so muss in diesem Beweis irgendiwe der Begriff ‘Lösung’ vorhanden sein. (In dem Mechanismus des Beweises muss irgend etwas diesem Begriff entsprechen.) Aber dieser Begriff ist nicht durch eine äussere Beschreibung zu repräsentieren, sondern nun wirklich darzustellen.

 
   
     Der Beweis der Beweisbarkeit eines Satzes wäre der Beweis des Satzes selbst. Dagegen gibt es etwas, was wir den Beweis der Relevanz nennen könnten. Das wäre z.B. der Beweis, der mich davon überzeugt, dass ich die Gleichung 17 × 38 = 456 nachprüfen kann, noch ehe ich es getan habe. Woran erkenne ich nun, dass ich 17 × 38 = 456 überprüfen kann, während ich das beim Anblick eines Integralausdrucks vielleicht nicht weiss? Ich erkenne offenbar, dass er nach einer be[w|s]timmten Regel gebaut ist und auch, wie die Regel // Vorschrift // zur Lösung der Aufgabe an dieser Bauart des Satzes haftet. Der Beweis der Relevanz ist dann etwa eine Darstellung der allgemeinen Form der Lösungsmethode, etwa der Multiplikationsaufgaben, die die allgemeine Form der Sätze erkennen lässt, deren Kontrolle sie möglich macht. Ich kann dann sagen, ich erkenne, dass diese Methode auch diese Gleichung nachprüft, obwohl ich die Nachprüfung noch nicht vollzogen habe.

 
   
     Wenn von Beweisen der Relevanz (und ähnlichen Dingen der Mathematik) geredet wird, so geschieht es immer, als hätten wir, abge-
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sehen von den einzelnen Operationsreihen, die wir Beweise der Relevanz nennen, noch einen ganz scharfen umfassenden Begriff so eines Beweises oder überhaupt eines mathematischen Beweises. Während in Wirklichkeit dieses Wort wieder in vielen, mehr oder weniger verwandten, Bedeutungen angewandt wird. (Wie etwa die Wörter “Volk”, “König”, “Religion”, etc.; siehe Spengler.) Denken wir nur an die Rolle, die in // bei // der Erklärung so eines Wortes ein Beispiel spielt. Denn, wenn ich erklären will, was ich unter “Beweis” verstehe, werde ich auf Beispiele von Beweisen zeigen müssen, wie ich bei der Erklärung des Wortes “Apfel” auf Aepfel zeigen werde. Mit der Erklärung des Wortes “Beweis” verhält es sich nun wie mit der des Wortes “Zahl”: ich kann das Wort “Kardinalza[n|h]l” erklären, indem ich auf Beispiele von Kardinalzahlen weise, ja, ich kann geradezu für dieses Wort das Zeichen “1, 2, 3, u.s.w. ad inf.” gebrauchen; ich kann anderseits das Wort “Zahl” erklären, indem ich auf verschiedene Zahlenarten hinweise; aber dadurch werde ich den Begriff “Zahl” nun nicht so scharf fassen, wie früher den der Kardinalzahl, es sein denn, dass ich sagen will, dass nur diejenigen Gebilde, die wir heute als Zahlen Bezeichnen, den Begriff “Zahl” konstituieren. Dann aber kann man von keiner neuen Konstruktion sagen, sie sie die Konstruktion einer Zahlenart. Das Wort “Beweis” aber wollen wir ja so [v|g]ebrauchen, dass es nicht einfach durch eine Disjunktion gerade heute üblicher Beweise definiert wird, sondern in Fällen // sondern wir wollen es in Fällen // gebrauchen, von denen wir uns heute “noch gar keine Vorstellung machen können”. Soweit der Begriff des Beweises scharf scharf gefasst ist, ist er es durch einzelne Beweise, oder durch Reihen von Beweisen (den Zahlenreihen analog) und das müssen wir bedenken, wenn wir uns anschicken, mit voller Exaktheit wir mit voller Exaktheit über Beweise der Relevanz, der Widerspruchsfreiheit, etc. etc. zu reden. reden wollen.

 
   
                     Man kann sagen: Ein Beweis der Relevanz wird den Kalkül des Satzes, auf den er sich bezieht, ändern. Einen Kalkül
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mit diesem Satz rechtfertigen kann er nicht; in dem Sinn, in welchem die Ausführung der Multiplikation 17 × 23 das Anschreiben der Gleichung 17 × 23 = 391 rechtfertigt. Wir müssten nur dem Wort “rechtfertigen” ausdrücklich jene Bedeutung geben. Dann darf man aber nicht glauben, dass die Mathematik, ohne diese Rechtfertigung, in irgend einem allgemeineren und allgemein feststehenden Sinne unerlaubt, oder mit einem Dolus behaftet sei. (Das wäre ähnlich, als wollte Einer sagen: “der Gebrauch des Wortes ‘Steinhaufen’ ist im Grunde unerlaubt, ehe wir nicht offiziell festgelegt haben, wieviel Steine einen Haufen machen”. Durch so eine Festlegung würde der Gebrauch des Wortes “Haufen” modifiziert, aber nicht in irgend einem allgemein anerkannten Sinne ‘gerechtfertigt’. Und wenn eine solche offizielle Definition gegeben würde // wäre // , so wäre dadurch nicht der Gebrauch, den man früher von dem Wort gemacht hat, als unrichtig // etwas Unrichtiges // gekennzeichnet.)

 
   
                     Der Beweis der Kontrollierbarkeit von 17 × 23 = 391 ist ‘Beweis’ in einem andern Sinne dieses Worts, als der, der Gleichung selbst. (Der Müller mahlt, der Maler malt: beide …) Die Kontrollierbarkeit der Gleichung ersehen // entnehmen // wir aus ihrem Beweis in analoger Weise, wie die Kontrollierbarkeit des Satzes “die Punkte A und B sind nicht durch eine Windung der Spirale getrennt” aus der Figur.
Und man sieht auch schon, dass der Satz, der die Kontrollierbarkeit aussagt, ‘Satz’ in einem andern Sinne ist, als der, dessen Kontrollierbarkeit behauptet wird. Und hier kann man wieder nur sagen: Sieh Dir den Beweis an, d dann wirst Du sehen, was hier bewiesen wird, was “der bewiesene Satz” genannt wird.

 
   
                     Kann man sagen, dass wir zu jedem Schritt eines Beweises eine frische Intuition brauchen? (Individualität der Zahlen.) Es wäre
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etwa so: Ist mir eine allgemeine (variable) Regel gegeben, so muss ich immer von neuem erkennen, dass diese Regel auch hier angewendet werden kann (dass sie auch für diesen Fall gilt). Kein Akt der Voraussicht kann mir diesen Akt der Einsicht ersparen. Denn tatsächlich ist die Form, auf die die Regel angewandt wird, bei jedem neuen Schritte eine neue. – Es handelt sich aber hier nicht um einen Akt der Einsicht, sondern um einen Akt der Entscheidung.

 
   
     Der sogenannte Beweis der Relevanz steigt die Leiter zu seinem Satz nicht hinaus, denn dazu muss man jede Stufe nehmen, sondern zeigt nur, dass die Leiter in der Richtung zu jenem Satze führt. (In der Logik gibt es kein Surrogat.) Es ist auch der Pfeil, der die Richtung weist, kein Surrogat für das Durchschreiten aller Stufen bis zum bestimmten Ziel.
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     Irgendetwas sagt mir: eigentlich dürfte ein Widerspruch in den Axiomen eines Systems nicht schaden, als bis er offenbar wird. Man denkt sich einen versteckten Widerspruch wie eine versteckte Krankheit, die schadet, obwohl (und vielleicht [d|g]erade deshalb weil) sie sich uns nicht deutlich zeigt. Zwei Spielregeln aber, die einander für einen bestimmten Fall widersprechen, sind vollkommen in Ordnung, bis dieser Fall eintritt und dann ˇerst wird es nötig, durch eine weitere Regel zwischen ihnen zu entscheiden.

 
   
     Der Beweis der Widerspruchsfreiheit der Axiome, von dem die Mathematiker heute soviel Aufhebens machen. Ich habe das Gefühl: wenn in den Axiomen eines Systems ein Widerspruch wäre, so wäre das gar nicht so ein grosses Unglück. Nichts leichter, als ihn zu beseitigen.

 
   
     “Man darf ein System von Axiomen nicht benützen, ehe seine Widerspruchsfreiheit nachgewiesen ist.”
     ”In den Spielregeln dürfen keine Widersprüche vorkommen”.
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vorkommen”.
     Warum nicht? “Weil man dann nicht wüsste, wie man zu spielen hat”? Aber wie kommt es, dass man auf den Widerspruch mit Zweifel reagiert?
     Auf den Widerspruch reagiert man überhaupt nicht. Man könnte nur sagen: Wenn das wirklich so gemeint ist (wenn der Widerspruch hier stehen soll, so versteh' ich es nicht. Oder: ich hab' es nicht gelernt. Ich verstehe die Zeichen nicht. Ich habe nicht gelernt, was ich daraufhin tun soll, ob es ü[v|b]erhaupt ein Befehl ist; etc..

 
   
     Wie wäre es etwa, wenn man in der Arithmetik zu den üblichen Axiomen die Gleichung 2 × 2 = 5 hinzunehmen wollte? Das hiesse natürlich, dass das Gleichheitszeichen nun seine Bedeutung geändert // gewechselt // hätte, d.h., dass nun andere Regeln für das Gleichheitszei[f|c]hen gälte.

 
   
     Wenn ich nun sagte: “also kann ich es nicht als Ersetzungszeichen gebrauchen; so hiesse das, dass seine Grammatik nun nicht mehr mit der des Wortes “ersetzen” (“Ersetzungszeichen”, etc.) übereinstimmt. Denn das Wort “kann” in diesem Satz deutet nicht auf eine physische (physiologische) psychologische) Möglichkeit.

 
   
     Die Regeln dürfen einander nicht widersprechen”, das ist wie: “die Negation darf nicht verdoppelt eine Negation ergeben”. Es liegt nämlich in der Grammatik des Wortes “Regel”, dass “p & non-p” (wenn “p” eine Regel ist) keine Regel ist. // …dass “p V non-p” keine Regel ist (wenn “p” eine Regel ist). //

 
   
     Das heisst, man könnte also auch sagen: die Regeln können // dürfen // einander widersprechen, wenn andre Regeln für das Wort // für den Gebrauch
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des Wortes // “Regel” gelten – wenn das Wort “Regel” eine andere Bedeutung hat.

 
   
     Wir können eben auch hier nicht begründen (ausser (etwa) biologisch oder historisch)
sondern
und (können)
nur beschreiben, wie das Wort “Regel” gebraucht wird. // … sondern nur die Uebereinstimmung oder den Gegensatz der Regeln für gewisse Wörter konstatieren, also sagen, dass diese Worte mit diesen Regeln gebraucht werden. //

 
   
     Es lässt sich nicht zeigen, beweisen, dass man gewisse // diese // Regeln als Regeln dieser Handlung gebrauchen kann.
     Ausser, indem man zeigt, dass die Grammatik der Bezeichnung // Beschreibung // der Handlung mit der jener Regeln übereinstimmt.

 
   
     “In den Regeln darf kein Widerspruch sein”, das klingt so, wie eine Vorschrift: “in einer Uhr darf der Zeiger nicht locker auf seiner Welle sitzen”. Man erwartet sich dann eine Begründung: weil sonst … Im ersten Falle könnte diese Begründung aber nur lauten: weil es sonst kein Regelverzeichnis ist. Es ist eben wieder ein Fall der grammatischen Struktur, die sich logisch nicht begründen lässt.

 
   
     Zum indirekten Beweis, dass eine Gerade über einen Punkt hinaus nur eine Fortsetzung hat: Wir nahmen an, es könnte eine Gerade zwei Fortsetzungen haben. – Wenn wir das annehmen, so muss diese Annahme einen Sinn haben –. Was heisst es aber: das annehmen? Es heisst nicht, eine naturgeschichtlich falsche Annahme machen machen, wie etwa die, dass
431
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ein Löwe zwei Schwänze hätte. – Es heisst nicht, etwas annehmen, was gegen die Konstatierung einer Tatsache spricht // verstösst // . Es heisst vielmehr, eine Regel annehmen; und gegen die ist weiter nichts zu sagen, ausser dass sie etwa einer anderen widerspricht und ich sie darum fallen lasse.
           Wenn im Beweis nun eine Gerade gezeichnet wird, die sich gabelt, so darf das an und für sich nicht absurd sein, und ich kann nur sagen: so etwas // das // nenne ich keine Gerade. // Wenn im Beweis nun gezeichnet wird , und das eine Gerade darstellen soll, die sich gabelt, so ist darin nichts Absurdes (Widersprechendes), es sei denn, dass wir eine Festsetzung getroffen haben, der es widerspricht. //

 
   
                     Wenn nachträglich ein Widerspruch gefunden wird, so waren vorher die Regeln noch nicht klar und eindeutig. Der Widerspruch macht also nichts, denn er ist dann durch das Aussprechen einer Regel zu entfernen.

 
   
                     In einem völlig geklärten System // mit klarer Grammatik // In einem grammatisch geklärten System // gibt es keinen versteckten Widerspruch, ﹖– denn da muss die Regel gegeben sein –﹖, nach welcher ein Widerspruch zu finden ist. Versteckt kann der Widerspruch nur in dem Sinn sein, dass er gleichsam
in der Unordnung
im “Kraut-und-Rüben”
der Regeln, in dem g ungeordneten Teil der Grammatik versteckt ist;
﹖–
﹖–
–﹖
–﹖
, da er durch ein Ordnen der Grammatik zu entfernen ist.

 
   
                     Warum dürfen sich Regeln nicht widersprechen? Weil es sonst keine Regeln wären. /
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     Man empfindet immer eine Scheu, die Arithmetik zu begründen, indem man etwas über ihre Anwendung ausspricht. Sie scheint fest genug in sich selbst begründet zu sein. Und das kommt natürlich daher, dass die Arithmetik ihre eigene Anwendung ist.

 
   
     Man könnte sagen: Wozu die Anwendung der Arithmetik einschränken, sie sorgt für sich selbst. (Ich kann ein Messer herstellen ohne Rücksicht darauf, welche Klasse von Stoffen ich damit werde schneiden lassen; das wird sich dann schon zeigen.)
     Gegen die Abgrenzung des Anwendungsgebiets sprich[g|t] nämlich das Gefühl, dass wir die Arithmetik verstehen können, ohne eine solches Gebiet im Auge zu haben. Oder sagen wir so: Der Instinkt sträubt sich gegen alles, was nicht bloss eine Analyse der schon vorhandenen Gedanken ist.

 
   
     Man könnte sagen: Die Arithmetik ist eine Art Geometrie; d.h., was in der Geometrie die Konstruktionen auf dem Papier sind, sind in der Arithmetik die Rechnungen (auf dem Papier). – Man könnte sagen, sie ist eine
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allgemeinere Geometrie.

 
   
     Es handelt sich immer darum, ob und wie es möglich ist, die allgemeinste Form der Anwendung der Arithmetik darzustellen. Und hier ist eben das Seltsame, dass das in gewissem Sinne nicht nötig zu sein scheint. Und wenn es wirklich nicht nötig ist, dann ist es auch unmöglich.

 
   
     Es scheint nämlich die allgemeine Form ihrer Anwendung dadurch dargestellt zu sein, dass nichts über sie ausgesagt wird. (Und ist das eine mögliche Darstellung, so ist es auch die einzig richtige.)

 
   
     Der Sinn der Bemerkung, dass die Arithmetik eine Art Geometrie sei, ist eben, dass die arithmetischen Konstruktionen autonom sind, wie die geometrischen, und daher sozusagen ihre Anwendbarkeit selbst garantieren.
     Denn auch von der Geometrie muss man sagen können, sie sei ihre eigene Anwendung.

 
   
     (In dem Sinne von möglichen und wirklich gezogenen Geraden könnten // können // wir auch von möglichen und wirklich dargestellten Zahlen reden.)

 
   
      Das ist eine arithmetische Konstruktion und in etwas erweitertem Sinn auch eine geometrische.

 
   
     Angenommen, mit dieser Rechnung wollte ich folgende Aufgabe lösen: Wenn ich 11 Aepfel habe und Leute mit je 3 Aepfeln beteilen will, wieviele Leute kann ich beteilen? Die Rechnung liefert mir die Lösung e 3. Angenommen nun, ich vollzöge alle Handlungen des Beteils un Beteilens und am Ende hätten 4 Personen je 3 Aepfel in der Hand. Würde ich nun sagen, die Aus-
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rechnung hat ein falsches Resultat ergeben? Natürlich nicht. Und das heisst ja nur, dass die Ausrechnung kein Experiment war.
     Es könnte scheinen, als berechtigte uns die mathematische Ausrechnung zu einer Vorhersagung, etwa, dass ich 3 Personen werde beteilen können und 2 Aepfel übrigbleiben werden. So ist es aber nicht. Zu dieser Vorhersagung berechtigt uns eine physikalische Hypothese, die ausserhalb der Rechnung steht. Die Rechnung ist nur eine Betrachtung der logischen Formen, der Strukturen, und kann an sich nichts Neues liefern.

 
   
     Wenn 3 Striche auf dem Papier das Zeichen für die 3 sind, dann kann man sagen, die 3 ist in unserer Sprache so anzuwenden, wie sich 3 Striche anwenden lassen.

 
   
     Ich sagte: “Eine Schwierigkeit der Frege'schen Theorie ist die Allgemeinheit der Worte ‘Begriff’ und ‘Gegenstand’. Denn, da man Tische, Töne, Schwingungen und Gedanken zählen kann, so ist es schwer, sie alle unter einen Hut zu bringen”. – Aber was heisst es: “man kann sie zählen”? Doch, dass es Sinn hat, sie zu zählen // , auf sie die Kardinalzahlen anzuwenden // . Wenn wir aber das wissen, diese grammatische Regel wissen, was brauchen wir uns da den Kopf über die andern grammatischen Regeln zu zerbrechen, wenn es sich uns nur um eine Rechtfertigung der Anwendung der Kardinalarithmetik handelt? Es ist nicht schwer “sie alle unter einen Hut zu bringen”, sondern sie sind, soweit das für diesen Zweck // Fall // nötig ist, unter einen Hut gebracht.

 
   
     Die Arithmetik aber kümmert sich (wie wir alle sehr wohl wissen) überhaupt nicht um diese Anwendung. Ihre Anwendbarkeit sorgt für sich selbst.
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     Daher ist alles ängstliche Suchen nach den Unterschieden zwischen Subjekt-Prädikat-Formen, aber auch die Konstruktion von Funktionen ‘in extension’ (Ramsey), zur Begründung der Arithmetik Zeitverschwendung.

 
   
     Die Gleichung 4 Aepfel + 4 Aepfel = 8 Aepfel ist eine Ersetzungsregel, die ich verwende, wenn ich nicht das Zeichen “4 + 4” durch “8”, sondern das Zeichen 4 Aepfel + 4 Aepfel” durch “8 Aepfel” ersetze.
     Man muss sich aber davor hüten zu glauben “4 Aepfel + 4 Aepfel = 8 Aepfel” ist die konkrete Gleichung, dagegen 4 + 4 = 8 der abstrakte Satz, wovon die erste Gleichung nur eine spezielle Anwendung ist // sei // . So dass zwar die Arithmetik der Aepfel viel weniger allgemein ist // wäre // , als die eigentliche allgemeine, aber eben in ihrem beschränkten Bereich (für Aepfel) gälte. – Es gibt aber keine “Arithmetik der Aepfel”, denn die Gleichung mit den benannten Zahlen // 4 Aepfel + 4 Aepfel = 8 Aepfel // ist nicht ein Satz, der von Aepfeln handelt. Man kann sagen, dass in dieser Gleichung das Wort “Aepfel” keine Bedeutung hat. (Wie man es überhaupt von dem Zeichen in einer Zeichenregel sagen kann, die seine Bedeutung bestimmen hilft.)



 
   
     Wie kann man Vorbereitungen zum Empfang von etwas eventuell Existierendem treffen, – in dem Sinn, in welchem Russell und Ramsey das (immer) tun wollten? Man bereitet etwa die Logik für die Existenz von vielstelligen Relationen vor, oder für die Existenz einer unendlichen Zahl von Gegenständen. –

 
   
     Nun kann man doch für die Existenz eines Dinges vorsorgen: Ich mache
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z.B. ein Kästchen, um den Schmuck hineinzulegen, der vielleicht einmal gemacht werden wird. – Aber hier kann ich doch sagen, was der D Fall sein muss, – welcher Fall es ist, für den ich vorsorge. Ich kann diesen Fall jetzt so gut beschreiben, // Dieser Fall lässt sich jetzt so gut beschreiben, // wie, nachdem er schon eingetreten ist; und auch dann, wenn er nie eintritt. (Lösung mathematischer Probleme.) Dagegen sorgen Russell und Ramsey für eine eventuelle Grammatik vor.

 
   
     Man denkt einerseits, dass es die Mathematik mit der Art der Funktionen zu tun hat und ihren Gegenständen // Argumenten // , von deren Anzahlen sie handelt. Aber man will sich nicht durch die uns jetzt bekannten Funktionen binden lassen und man weiss nicht, ob jemals eine gefunden werden wird, die 100 Argumentstellen hat; also muss man vorsorgen und eine GFunktion konstruieren, die alles für die 100-stellige Relation vorbereitet, wenn sich eine finden sollte. – Was heisst es aber überhaupt: “es findet sich (oder: es gibt) eine 100-stellige Relation”? Welchen Begriff haben wir von ihr? oder auch von einer 2-stelligen? – Als Beispiel einer 2-stelligen Relation
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gibt man etwa die zwischen Vater und Sohn. Aber welche Bedeutung hat dieses Beispiel für die weitere logische Behandlung der 2-stelligen Relationen? Sollen wir uns jetzt statt jedes “aRb” vorstellen “a ist der Vater des b”? – Wenn aber nicht, ist dann das Beispiel, oder irgend eines überhaupt, essentiell? Spielt dieses Beispiel nicht die gleiche Rolle, wie eines in der Arithmetik, wenn ich jemandem 3 × 6 = 18 an 3 Reihen zu je 6 Aepfeln erkläre?
           Hier handelt es sich um unsern Begriff der Anwendung. – Man hat etwa die Vorstellung von einem Motor, der erst leer geht, und dann eine Arbeitsmaschine treibt.

 
   
                     Aber was gibt die Anwendung der Rechnung? // Aber was erhält die Rechnung von ihrer Anwendung? Fügt sie ihr einen neuen Kalkül
bei
zu
? dann ist sie ja jetzt eine andere Rechnung. Oder gibt sie ihr in irgend einem, der Mathematik (Logik) wesentlichem, Sinne Substanz? Wie kann man dann überhaupt, auch nur zeitweise, von der Anwendung absehen?

 
   
                     Nein, die Rechnung mit Aepfeln ist wesentlich dieselbe, wie die mit Strichen oder Ziffern. Die Arbeitsmaschine setzt den Motor fort, aber die Anwendung (in diesem Sinne) nicht die Rechnung.

 
   
                     Wenn ich nun sage: “die Liebe ist ein Beispiel einer 2-stelligen Relation”, – // Wenn ich nun, um ein Beispiel zu geben, sage: “die Liebe ist eine 2-stellige Relation”, – // sage ich hier etwas über die Liebe aus? Natürlich nicht. Ich gebe eine Regel für den Gebrauch des Wortes “Liebe” und will etwa sagen, dass wir dieses Wort z.B. so gebrauchen.

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                     Nun hat man aber doch das Gefühl, dass mit dem Hinweis auf die 2-stellige Relation ‘Liebe’ in die Hülse des Relationskalküls Sinn gesteckt wurde. – Denken wir uns eine geometrische Demonstration statt an einer Zeichnung oder an analytischen Symbolen an einem Lampenzylinder vorgenommen // durchgeführt // . In wiefern ist hier von der Geometrie eine Anwendung gemacht? Tritt denn der Gebrauch des Glaszylinders als Lampenglas in die geometrische Ueberlegung ein? Und tritt der Gebrauch des Wortes “Liebe” in einer Liebeserklärung in meine Ueberlegungˇen über die 2-stelligen Relationen ein?

 
   
                     Wir haben es mit verschiedenen Verwendungen, Bedeutungen, des Wortes “Anwendung” zu tun. “Die Multiplikation wird in der Division angewandt”; “der Glaszylinder wird in der Lampe angewandt”; “die Rechnung ist auf diese Aepfel angewandt”. Hier

 
   
                     Hier kann man nun sagen: Die Arithmetik ist ihre eigene Anwendung. Der Kalkül ist seine eigene Anwendung.
         Wir können nicht in der Arithmetik für eine grammatische Anwendung vorsorgen. Denn, ist die Arithmetik nur ein Spiel, so ist für sie auch ihre Anwendung nur ein Spiel, und entweder das gleiche Spiel (dann führt es uns nicht weiter), oder ein anderes – und dann konnten wir das schon in der reinen Arithmetik betreiben.

 
   
                     Wenn also der Logiker sagt, er habe für eventuell existierende 6-stellige Relationen in der Arithmetik vorgesorgt, so können wir fragen: Was wird denn nun zu dem, was Du vorbereitet hast, hinzukommen // hinzutreten // , wenn es seine Anwendung findet // finden wird // ? Ein neuer Kalkül? – aber den hast Du ja eben nicht vorbereitet. Oder etwas, was
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den Kalkül nicht tangiert? – dann interessiert uns das nicht, und der Kalkül, den Du uns gezeigt hast, ist uns Anwendung genug.

 
   
                     Die unrichtige Idee ist, dass die Anwendung eines Kalküls in der Grammatik der wirklichen Sprache, ihm eine Realität zuordnet, eine Wirklichkeit gibt, die er früher nicht hatte. // Die unrichtige Idee ist: die Anwendung eines Kalküls auf die wirkliche Sprache verleihe ihm eine Realität, die er früher // vorher // nicht hatte. //

 
   
                     Aber, wie gewöhnlich in unserem Gebiet, liegt hier der Fehler nicht darin, dass man etwas Falsches glaubt, sondern darin, dass man auf eine irreführende Analogie hinsieht.

 
   
                     Was geschieht denn, wenn die 6-stellige Relation gefunden wird? Wird quasi ein Metall gefunden, das nun die gewünschten (vorher beschriebenen) Eigenschaften (das richtige spezifische Gewicht, die Festigkeit etc.) hat? Nein; ein Wort wird gefunden, das wir tatsächlich in unsrer Sprache so verwenden, wie wir etwa den Buchstaben R verwendet haben. “Ja, aber dieses Wort hat doch Bedeutung und “R” hatte keine! Wir sehen also jetzt, dass dem “R” etwas entsprechen kann”. Aber die Bedeutung des Wortes besteht ja nicht darin, dass ihm etwas entspricht. Ausser etwa, wo es sich um Namen und benannten Gegenstand handelt, aber da setzt der Träger des Namens nur den Kalkül fort, also die Sprache. Und es ist nicht so, wie wenn man sagt: “diese Geschichte hat sich tatsächlich zugetragen, sie war nicht blosse Fiktion // Erfindung // ”.

 
   
                     Das alles hängt auch mit dem falschen Begriff der logischen Analyse Zusammen, den Russell, Ramsey und ich hatten. So dass man auf
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eine endliche logische Analyse der Tatsachen wartet, wie auf eine chemische von Verbindungen. Eine Analyse, durch die man dann etwa eine 7-stellige Relation wirklich findet, wie ein Element, das tatsächlich das/spezifische Gewicht 7 hat.

 
   
     Die Grammatik ist für uns ein reiner Kalkül. (Nicht die Anwendung eines auf die Realität.)

 
   
     ““Wie kann man Vorbereitungen für etwas eventuell Existierendes treffen” heisst: Wie kann man die Arithmetik auf eine Logik aufbauen, in der man im Speziellen noch Resultate einer Analyse der // unserer //
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rer // Sätze erwartet, und dabei für alle eventuellen Resultate durch eine Konstruktion a priori aufkommen wollen? – Man will sagen: “Wir wissen nicht ob es sich nicht herausstellen wird, dass es keine Funktionen mit 4 Argumentstellen gibt, oder, dass es nur 100 Argumente gibt, die in Funktionen einer Variablen sinnvoll eingesetzt werden können. Gibt es z.B. (die Annahme scheint immerhin möglich) nur eine solche Funktion F und 4 Argumente a, b, c, d, und hat es in diesem Falle Sinn, zu sagen ‘2 + 2 = 4[|], da es keine Funktionen gibt, um die Teilung in 2 und 2 zu bewerkstelligen?” Und nun, sagt man sich, werden wir für alle eventuellen Fälle vorbauen. Aber das heisst natürlich nichts: Denn einerseits baut der Kalkül nicht für eine eventuelle Existenz vor, sondern er konstruiert sich die Existenz, die er überhaupt braucht. Anderseits sind die scheinbaren hypothetischen Annahmen über die logischen Elemente (den logischen Aufbau) der Welt nichts andres, als Angaben der Elemente eines Kalküls; und die können freilich auch so getroffen // gemacht // werden, dass es darin ein 2 + 2 nicht gibt.
     Treffen wir etwa Vorbereitungen für die Existenz von 100 Gegenständen, indem wir 100 Namen einführen und einen Kalkül mit ihnen. Und nehmen wir jetzt an, es werden wirklich 100 Gegenstände gefunden. Aber wie ist das, wenn jetzt den Namen Gegenstände zugeordnet werden, die ihnen früher nicht zugeordnet waren? ändert sich jetzt der Kalkül? – was hat diese Zuordnung überhaupt mit ihm zu tun? Erhält er durch sie mehr Wirklichkeit? Oder gehörte er früher bloss zur Mathematik, jetzt aber zur Logik? – Was ist das für eine Frage: “gibt es 3-stellige Relationen”, “gibt es 1000 Gegenstände”? Wie ist das zu entscheiden? – Aber es ist doch Tatsache, dass wir eine 2-stellige Relation angeben können, etwa die Liebe, und eine 3-stellige, etwa die Eifersucht, aber, vielleicht, nicht eine 27-stellige! – Aber was heisst es “eine 2-stellige Relation angeben”? Das klingt (ja) so, als würden wir auf ein Ding hinweisen und sagen “siehst Du, das ist so ein Ding” (wie wir es nämlich vorher beschrieben haben). Aber so etwas findet ja gar nicht statt (der Vergleich von dem Hinweisen ist gänzlich falsch).
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“Die Beziehung der Eifersucht kann nicht in 2-stellige Beziehungen aufgelöst werden”: das klingt ähnlich wie: “Alkohol kann nicht in Wasser und eine feste Substanz zerlegt werden”. Liegt das nun in der Natur der Eifersucht? (Vergessen wir nicht: der Satz “A ist wegen B auf C eifersüchtig” kann ebenso wenig zerlegt werden wie der: “A ist wegen B auf C nicht eifersüchtig”.) Das, worauf man hinweist, ist etwa die Gruppe der Leute A, B und C. – “Aber wenn nun Lebewesen plötzlich den 3-dimensionalen Raum kennen lernten, nachdem sie bisher nur die Ebene kannten, aber in ihr doch eine 3-dimensionale Geometrie entwickelt hätten?!” Würde diese Geometrie nun // damit // geändert, würde sie inhaltsreicher? – “Ja, aber ist es denn nicht so, als hätte ich mir z.B. einmal beliebige Regeln gesetzt, die es mir verböten in meinem Zimmer bestimmte Wege zu gehen, die ich, was die physikalischen Hindernisse betrifft, ohne weiteres gehen könnte, – und als würden dann die physikalischen Bedingungen eintreten, etwa Möbel in das Zimmer gestellt, die mich nun zwängen, mich nach den Regeln zu bewegen, die ich mir erst willkürlich gegeben hätte? Wie also, der 3-dimensionale Kalkül noch ein Spiel war, da gab es eigentlich noch keine 3 Dimensionen; denn das x, y, z gehorchten nur den Regeln, weil ich es so wollte; jetzt, wo wir sie mit den wirklichen 3 Dimensionen gekuppelt haben, können sie sich nicht mehr anders bewegen”. Aber das ist eine blosse Fiktion. Denn hier handelt es sich nicht um eine Verbindung mit der Wirklichkeit, die nun die Grammatik in ihrer Bahn hält! Die “Verbindung der Sprache mit der Wirklichkeit”, etwa durch die hinweisenden Definitionen, macht die Grammatik nicht zwangsläufig (rechtfertigt die Grammatik nicht). Denn diese bleibt immer nur ein frei im Raume schwebender Kalkül, der nur // zwar // erweitert, aber nicht gestützt werden kann. Die “Verbindung mit der Wirklichkeit” erweitert nur die Sprache, aber zwingt sie zu nichts. Wir reden von der Auffindung einer 27-stelligen Relation: aber einerseits kann mich keine Entdeckung zwingen, (das Zeichen und) den Kalkül der 27-stelligen Relation zu gebrauchen; andrerseits kann ich diesen Kalkül // die Handlun-
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gen dieses Kalküls // selbst mittels dieser Notation beschreiben.

 
   
     Wenn man in der Logik scheinbar mehrere verschiedene Universen betrachtet (wie Ramsey), so betrachtet man in Wirklichkeit verschiedene Spiele. Die Erklärung eines “Universums” würde z.B. in Ramsey's Fall einfach die // eine // Definition (∃x).fx ≝ fa V fb V fc V fd sein.
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     Die Theorie der Identität bei Ramsey macht den Fehler, den man machen würde, wenn man sagte, ein gemaltes Bild könne man auch als Spiegel benutzen, wenn auch nur für eine einzige Stellung, wo dann übersehen wird, dass das Wesentliche am Spiegel gerade das ist, dass man aus ihm die Stellung des Körpers vor dem Spiegel schliessen kann, während man im Fall des gemalten Bildes erst wissen muss, dass die Stellungen übereinstimmen, ehe man das Bild als Spiegelbild auffassen kann.

 
   
     Wenn die Dirichlet'sche Auffassung der Funktion einen strengen Sinn hat, so muss sie sich in einer Definition ausdrücken, die das Funktionszeichen mit der Tabelle als gleichbedeutend erklärt.

 
   
     Ramsey definiert x = y als              (Fe).Fex ≡ Fe.
Aber nach den Erklärungen, die er über seine Funktionszeichen “Fe” gibt, ist (Fe).Fex ≡ Fex die Aussage: “jeder Satz ist sich selbst äquivalent”       (Fe).Fex ≡ Fey die Aussage: “jeder Satz ist jedem Satz äquivalent”. // Ramsey erklärt “x = x” auf einem Umweg als die Aussage … und “x = y” als …. //
Er hat also mit seiner Erklärung nichts andres erreicht, als wa[w|s] die zwei
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Definitionen
x = x ≝ Tautologie
x = y ≝ Contradiktion
bestimmen. (Das Wort “Tautologie” kann hier durch jede beliebige Tautologie ersetzt werden und das gleiche gilt für “Kontradiktion”.)
           Soweit ist nichts geschehn, als Erklärungen der zwei verschiedenen Zeichenformen x = x und x = y zu geben. Diese Erklärungen können natürlich durch zwei Klassen von Erklärungen ersetzt werden: , z.B.:
a = a
b = b
c = c
          
= Taut.
          
          
          
          
a = b
b = c
c = a
          
= Cont.
          
Nun aber schreibt Ramsey:
“(Ex,y). x ≠ y”, d.h. “(Ex,y). non (x = y)”, –
dazu hat er aber gar kein Recht: denn, was bedeutet in diesem Zeichen das “x = y”? [e|E]s ist ja weder das Zeichen “x = y”, welches ich in der Definition oben gebraucht habe, noch natürlich das “x = x” in der vorhergehenden Definition. Also ist es ein noch ein noch unerklärtes Zeichen. Um übrigens die Müssigkeit jener // dieser // Definitionen einzusehen, lese man sie (wie sie der Unvoreingenommene lesen würde) so: Ich erlaube, statt des Zeichens “Taut.”, dessen Gebrauch wir kennen, das Zeichen “a = a” oder “b = b”, etc. zu setzen; und statt des Zeichens “Cont.” (“non-Taut.”) die Zeichen “a = b”, “a = c”, etc.. Woraus übrigens hervorgeht, dass
(a = b) = (c = d) = (a ≠ a) = etc.!
Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, dass ein so definiertes Gleichheitszeichen nichts mit demjenigen zu tun hat, welches wir zum Ausdruck einer Ersetzungsregel brauchen.
     Ich kann nun “(Ex,y). x ≠ y” natürlich wieder erklären; etwa als a ≠ a . V . a ≠ b . V . b ≠ c . V . a ≠ c; diese Erklärung aber ist eigentlich Humbug und ich sollte unmittelbar schreiben
                 (Ex,y). x ≠ y≝Taut.. (D.h. das Zeichen auf der linken Seite würde mir als ein neues – unnötiges – Zeichen für “Taut.” gegeben.)
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Denn wir dürfen nicht vergessen, dass nach der Erklärung “a = a”, “a = b”, etc. unabhängige Zeichen sind und nur insofern zusammenhängen, als eben die Zeichen “Taut.” und “Cont.”.
           Die Frage ist hier die nach der Nützlichkeit der “extensiven” Funktionen, dann die Ramsey'schen Erklärung des Gleichheitszeichens ist ja so eine Bestimmung durch die Extension. Welcher Art ist // Worin besteht // nun die extensive Bestimmung einer Funktion? Sie ist offenbar eine Gruppe von Definitionen, z.B. die:
fa = p
fb = q
fc = r
Def
Def
Def
Diese Definitionen erteilen uns die Erlaubnis, statt der uns bekannten Sätze “p”, “q”, “r” die Zeichen “fa”, “fb”, “fc” zu setzen. Zu sagen, durch diese drei Definitionen
sei
werde
die Funktion f(x) bestimmt, sagt gar nichts, oder dasselbe, was die drei Definitionen sagen.
           Denn die Zeichen “fa”, “fb”, “fc” sind Funktionen und Argument nur, sofern es auch die Wörter “Ko(rb)”, “Ko(pf)” und “Ko(hl)” sind. (Es macht dabei keinen Unterschied, ob die “Argumente” “rb”, “pf”, “hl” sonst noch als Wörter gebraucht werden, oder nicht.)
           (Welchen Zweck also die Definitionen haben können, ausser den, uns irrezuführen, ist schwer einzusehen.)
           Das Zeichen “(Ex). fx” heisst zunächst gar nichts; denn die Regeln für Funktionen im alten Sinn des Wortes gelten ja hier nicht. Für diese wäre eine Definition fa = … Unsinn. Das Zeichen “(Ex). fx” ist, wenn keine ausdrückliche Erklärung dafür gegeben wird, nur wie ein Rebus zu verstehen, in welchem auch die Zeichen eine Art uneigentliche Bedeutung haben.
           Jedes der Zeichen “a = a”, “a = c”, etc. in den Definitionen (a = a)≝Taut., etc. ist ein Wort.
           Der Endzweck der Einführung der extensiven Funktionen war übrigens, die Analyse von Sätzen über unendliche Extensionen und dieser Zweck
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ist verfehlt, da eine extensive Funktion durch eine Liste von Definitionen eingeführt wird.

 
   
     Es besteht eine Versuchung, die Form der Gleichung für die Form von Tautologien und Kontradiktionen zu halten, und zwar darum, weil es scheint, als könne man sagen: , x = x ist selbstverständlich wahr (und) x = y selbstverständlich falsch. Eher noch
﹖–
–﹖
// kann man natürlich x = x mit einer Tautologie vergleichen, als x = y mit einer Kontradiktion //
, da ja alle richtigen (und “sinnvollen” Gleichungen der Mathematik von der Form x = y sind. Man könnte x = x eine degenerierte Gleichung nennen (Ramsey nannte sehr richtig Tautologien und Kontradiktionen degenerierte Sätze) und zwar eine richtige degenerierte Gleichung (den Grenzfall einer Gleichung). Denn wir gebrauchen Ausdrücke der Form x = x wie richtige Gleichungen, wobei wir uns vollkommen bewusst sind, dass es sich um degenerierte Gleichungen handelt. Im gleichen Fall sind Sätze in geometrischen Beweisen, wie etwa: “der Winkel ist gleich dem Winkel , der Winkel ist sich selbst gleich …”.
     Man könnte nun einwenden, dass richtige Gleichungen der Form x = y auch Tautologien, dagegen falsche, Kontradiktionen sein müssten, weil man ja die richtige Gleichung muss beweisen können und das, indem man die beiden Seiten der Gleichung transformiert, bis eine Identität x = x herauskäme. Aber obwohl durch diesen Prozess die erste Gleichung als richtig erwiesen ist und insofern die Identität x = x das Endziel der Transformationen war, so ist sie nichtn das Endziel in dem Sinne, als hätte man durch die Transformationen der Gleichung ihre richtige Form geben wollen, wie man einen krummen Gegenstand zurechtbiegt, und als habe sie nun in der Identität diese vollkommene Form (endlich) erreicht. Man kann also nicht sagen: die richtige Gleichung ist ja eigentlich eine Identität. Sie ist eben keine Identität.
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     Wenn man sagt: “es muss der Mathematik wesentlich sein, dass sie angewandt werden kann”, so hei meint man, dass diese Anwendbarkeit // Anwendbarkeit // nicht die eines Stückes Holz ist, von dem ich sage “das werde ich zu dem und dem anwenden können”.

 
   
     Die Geometrie ist nicht die Wissenschaft (Naturwissenschaft) von den geometrischen Ebenen, geometrischen Geraden und geometrischen Punkten, im Gegensatz etwa zu einer anderen Wissenschaft, die von den groben, physischen Geraden, Strichen, Flächen etc. handelt und deren Eigenschaften angibt. Der Zusammenhang der Geometrie mit Sätzen des praktischen Lebens, die von Strichen, Farbgrenzen, Kanten und Ecken etc. handeln, ist nicht der, dass sie über ähnliche Dinge spr[j|i]cht, wie diese Sätze, wenn auch über ideale Kanten, Ecken, etc.; sondern der, zwischen diesen Sätzen und ihrer Grammatik. Die angewandte Geometrie ist die Grammatik der Aussagen über die räumlichen Gegenstände. Die sogenannte geometrische Ge-
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rade verhält sich zu einer Farbgrenze nicht wie etwas Feines zu etwas Grobem, sondern wie Möglichkeit zur Wirklichkeit. (Denke an die Auffassung der Möglichkeit als Schatten der Wirklichkeit.)

 
   
     Man kann eine Kreisfläche beschreiben, die durch Durchmesser in 8 kongruente Teile geteilt ist, aber es ist sinnlos, das von einer eliptischen Fläche zu sagen. Und darin liegt, was die Geometrie in dieser Beziehung von der Kreis- und Elipsenfläche aussagt.

 
   
     Ein Satz, der auf einer fals[f|c]hen Rechnung beruht (wie etwa “er teilte das 3 m lange Brett in 4 Teile zu je 1 m”) hat keinen Sinn // ist unsinnig // und das wirft ein Licht auf den Sinn der Ausdrücke “Sinn haben” und “etwas mit dem Satz meinen”. // … und das beleuchtet, was es heisst “Sinn zu haben” und “etwas mit dem Satz meinen”. // /

 
   
     Wie ist es mit dem Satz “die Winkelsumme im Dreieck ist 180 Grad”? Dem sieht man es jedenfalls nicht an, dass er ein Satz der Synta[d|x] ist.
     Der Satz “Gegenwinkel sind gleich” heisst, ich werde, wenn sie sich bei der Messung nicht als gleich erweisen, die Messung für falsch erklären und “die Winkelsumme im Dreieck ist 180 Grad” heisst, ich werde, wenn sie sich bei einer Messung nicht als 180 Grad erweist, einen Messungsfehler annehmen. Der Satz ist also ein Postulat über die Art und Weise der Beschreibung der Tatsachen. Also ein Satz der Syntax.
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     Was die Zahlen sind? – Die Bedeutungen der Zahlzeichen; und die Untersuchung dieser Bedeutung ist die Untersuchung der Grammatik der Zahlzeichen.

 
   
     Wir suchen nicht nach einer Definition des Zahl-Begriffs, sondern nach einer Klärung der Grammatik des Wortes “Zahl” und der Zahlwörter. // , sondern versuchen eine Darlegung der Grammatik des Wortes “Zahl” und der Zahlwörter. //

 
   
     Es gibt unendlich viele Kardinalzahlen, weil wir dieses unendliche System konstruieren und es das der Kardinalzahlen nennen. Es gibt auch ein Zahlensystem “1, 2, 3, 4, 5, viele” und auch eines: “1, 2, 3, 4, 5,”. Und W warum sollte ich das nicht auch ein System von Kardinalzahlen nennen? (und also ein endliches).

 
   
     Dass das axiom of infinity nicht ist, wofür Russell es gehalten hat, dass es weder ein Satz der Logik, noch auch – wie es da steht, – ein Satz der Physik ist, ist klar. Ob der Kalkül damit, in eine ganz andre Umgebung ge-
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bracht (in ganz anderer “Interpretation”), irgendwo eine praktische Anwendung finden könnte, weiss ich nicht.
     Von den logischen Begriffen, z.B. von dem (oder: einem) der Unendlichkeit, könnte man sagen: ihre Essenz beweise ihre Existenz.

 
   
     (Frege hätte noch gesagt: “es gibt vielleicht Völker // Menschen // , die in der Kenntnis der Kardinalzahlenreihe nicht über die 5 hinausgekommen sind (und etwa das Uebrige der Reihe nur in unbestimmter Form sehen), aber diese Reihe existiert unabhängig von uns”. Existiert das Schachspiel unabhängig von uns, oder nicht? –)

 
   
     Eine sehr interessante Erwägung über die Stellung des Zahlbegriffs in der Logik ist die: Wie steht // ist // es mit dem Zahlbegriff, wenn ein Volk keine Zahlwörter besitzt, sondern sich statt dieser immer eines Abacus bedient, etwa einer Russischen Rechenmaschine? // … sondern sich zum Zählen, Rechnen, etc. ausschliesslich eines Abacus bedient, etwa der Russischen Rechenmaschine? //
     (Nichts wäre interessanter, als die Arithmetik dieser Menschen zu untersuchen und man verstünde wirklich, dass es hier keinen Unterschied zwischen 20 und 21 gibt // dass hier kein Unterschied zwischen 20 und 21
besteht
existiert
// .)
 
   
     Könnte man auch eine Zahlenart den Kardinalzahlen entgegensetzen, deren Reihe der der Kardinalzahlen ohne der 5 entspräche? Oh ja: nur wäre diese Zahlenart zu nichts zu brauchen, wozu die Kardinalzahlen es sind. Und die 5 fehlt diesen Zahlen nicht, wie ein Apfel, den man aus einer Kiste voller Aepfel herausgenommen // genommen // hat und wieder hineinlegen kann, sondern die 5 fehlt dem Wesen dieser Zahlen; sie kennen die 5 nicht (wie die Kardinalzahlen die Zahl
1
2
nicht kennen). Angewendet würden also diese Zahlen (wenn man sie so nennen will) in einem Fall, in dem die
571
Kardinalzahlen (mit der 5) nicht mit Sinn angewendet werden könnten.
     (Zeigt sich hier nicht die Unsinnigkeit des Geredes von der “Grundintuition”?)

 
   
     Wenn die Intuitionisten von der “Grundintuition” sprechen, – ist diese ein psychologischer Prozess? Und wie kommt er dann in die Mathematik? Oder ist, was sie meinen, nicht doch nur ein Urzeichen (im Sinne Freges); ein Bestandteil eines Kalküls?

 
   
     So seltsam es klingt, so ist es möglich, die Primzahl bis – sagen wir – zur 7 zu kennen und daher ein endliches System von Primzahlen zu besitzen. Und was wir die Erkenntnis nennen, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, ist in Wahrheit die Erkenntnis eines neuen, und mit dem andern gleichberechtigten, System.

 
   
     Wenn man bei geschlossenen Augen ein Flimmern sieht, unzählige Lichtpünktchen, die kommen und verschwinden – wie man es etwa beschreiben würde – so hat es keinen Sinn, hier von einer ‘Anzahl’ der zugleich gesehenen Pünktchen zu reden. Und man kann nicht sagen “es sind immer eine bestimmte Anzahl von Lichtpünktchen da, wir wissen sie bloss nicht”; dies entspräche einer Regel, die dort angewandt wird, ﹖– wo bon ein2 einer Kontrolle dieser Anzahl gesprochen werden kann –﹖.

 
   
/     Es hat Sinn zu sagen: Ich verteile viele unter viele. Aber der Satz “ich konnte die vielen Nüsse nicht unter die vielen Menschen verteilen” kann nicht heissen, dass es logisch unmöglich war. Man kann auch nicht sagen: “in manchen Fällen ist es möglich, viele unter viele zu verteilen
572
und in manchen nicht”: denn darauf frage ich: in welch[w|e]n Fällen ist dies möglich und in welchen unmöglich? und darauf könnte nicht mehr im Viele-System geantwortet werden. /



 
   
     Von einem Teil meines Gesichtsfeldes zu sagen, er habe keine Farbe, ist Unsinn; ebenso – natürlich auch – zu sagen, er habe Farbe (oder, eine Farbe). Wohl aber // Anderseits // hat es Sinn zu sagen, er habe nur eine [G|F]arbe (sei einfärbig, oder gleichfärbig), er habe mindestens zwei Farben, nur zwei Farben, u.s.w..
     Ich kann also in dem Satz “dieses Viereck in meinem Gesichtsfeld hat mindestens zwei Farben” statt “zwei” nicht “eine” substituieren. Oder auch: “das Viereck hat nur eine Farbe” heisst nicht – analog (Ex).fx & non (Ex,y).fx & fy – “das Viereck hat eine Farbe, aber nicht zwei Farben”.

555
573
 
   
         Ich rede hier von dem Fall, in dem // welchem // es sinnlos ist zu sagen: , “der Teil des Raumes habe // hat // keine Farbe”. Wenn ich die gleichfärbigen (einfärbigen) Flecke in dem Viereck zähle, so hat es übrigens Sinn zu sagen, es seien keine solchen vorhanden, wenn die Farbe des Vierecks sich kontinuierlich ändert. Es hat dann natürlich auch Sinn zu sagen, in dem Viereck sei “ein gleichfärbiger Fleck oder mehrere” und auch, das Viereck habe eine Farbe aber nicht zwei Farben. – Von diesem Gebrauch aber des Satzes “das Viereck hat keine Farbe” sehe ich jetzt ab und spreche von einem System, in welchem, dass
eine Figur
ein Flächenstück
eine Fläche // ein Viereck
eine Farbe hat, selbstverständlich ist // genannt wird // also, richtig ausgedrückt, in welchem dieser Satz Unsinn ist. // in welchem es diesen Satz nicht gibt. // Wenn man den Satz selbstverständlich nennt, so meint man eigentlich das, was eine grammatische Regel ausdrückt // dasjenige, was eine grammatische Regel ausdrückt // , die die Form der Sätze über den Gesichtsraum, z.B., beschreibt. Wenn man nun die Zahlangabe der Farben im Viereck mit dem Satz “in dem Viereck ist eine Farbe” beginnt, dann darf das natürlich nicht der Satz der Grammatik über die “Färbigkeit” des Raumes sein.
         Was meint man, wenn man sagt “der Raum ist färbig”? (Und, eine sehr interessante Frage: welcher Art ist diese Frage?) Nun, man sieht etwa zur Bestätigung herum und blickt auf die verschiedenen Farben um sich her und möchte etwa sagen: wohin ich schaue, ist eine Farbe. Oder: ﹖– Es ist doch alles färbig, alles sozusagen angestrichen –﹖. Man denkt sich hier die Farben im Gegensatz zu einer Art (von) Farblosigkeit, die aber bei näheren Zusehen wieder zur Farbe wird. Wenn man übrigens zur Bestätigung sich umsieht, so schaut man vor allem auf ruhige und einfärbige Teile des Raumes und lieber nicht auf bewegte // unruhige // , unklar gefärbte (fliessendes Wasser, Schatten, etc.). Muss man sich dann gestehen, dass man eben alles Farbe nennt, was man sieht, so will man es nun als eine Eigenschaft des
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574
Raumes an und für sich (nicht mehr der Raumteile) aussagen, dass er färbig sei. Das heisst aber, vom Schachspiel zu sagen, dass es das Schachspiel sei und es kann nun nur auf eine Beschreibung des Spiels hinauslaufen. Und nun kommen wir zu einer Beschreibung der räumlichen Sätze; aber ohne (eine) Begründung, und als müsste man sie mit einer andern Wirklichkeit und in Uebereinstimmung bringen.
         Zur Bestätigung des Satzes “der Gesichtsraum ist färbig” sieht man sich (etwa) um und sagt: das hier ist schwarz, und schwarz ist eine Farbe; das ist weiss, und weiss ist eine Farbe; u.s.w.. “Schwarz ist eine Farbe” aber fasst man so auf, wie “Eisen ist ein Metall”[.| (]oder vielleicht besser “Gips ist eine Schwefelverbindung”[|)].
         Mache ich es sinnlos zu sagen, ein/Teil des Gesichtsraumes habe keine Farbe, so wird die (Frage nach der) Analyse der Angabe der Zahl der Farben in einem Teil des Gesichtsraumes ganz ähnlich der, der Angabe der Zahl der Teile eines Vierecks, etwa, das ich durch Striche in begrenzte Flächenteile teile.
         Auch hier kann ich es als sinnlos ansehen, zu sagen, das Viereck “bestehe aus 0 Teilen”. Man kann daher nicht sagen, es bestehe “aus einem oder mehreren Teilen”, oder es “habe mindestens einen Teil”. Denken wir uns den speziellen Fall eines Vierecks, das durch parallele Striche geteilt ist. Dass dieser Fall sehr speziell ist, macht (uns) nichts, denn wir halten ein Spiel nicht für weniger bemerkenswert, weil es nur eine sehr beschränkte Anwendung hat. Ich kann hier die Teile entweder so zählen, wie es gewöhnlich geschieht, und dann heisst es nichts, zu sagen, es seien 0 Teile vorhanden. Ich könnte aber auch eine Zählung denken, die den ersten Teil sozusagen als selbstverständlich ansieht und ihn nicht zählt oder als 0, und die nur die Teile hinzuzählt, die hinzugeteilt wurden. Anderseits könnte man sich ein Herkommen denken, nach dem, etwa, Soldaten in Reih und Glied
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immer mit der Anzahl von Soldaten gezählt werden, welche über einen Soldaten angetreten sind (etwa, indem die Anzahl der möglichen Kombinationen des Flügelmanns und eines andern Soldaten der Reihe angegeben werden soll). Aber auch ein Herkommen könnte existieren, wonach die Anzahl der Soldaten immer um 1 grösser als die wirkliche angegeben wird. Das wäre etwa ursprünglich geschehen, um einen bestimmten Vorgesetzten über die wirkliche Zahl zu täuschen, dann aber habe es sich als Zählweise für Soldaten eingebürgert. (Akademisches Viertel.) Die Anzahl der verschiedenen Farben in einer Fläche könne ◇◇◇ auch durch die Anzahl der möglichen Kombinationen zu zwei Gliedern angegeben werden. Und dann kämen für diese Anzahl nur die Zahlen
n. (n ‒ 1)
2
in Betracht und es wäre dann sinnlos, von 2 oder 4 Farben in einer Fläche zu reden, wie jetzt von √2 oder i Farben. Ich will sagen, dass nicht die Kardinalzahlen wesentlich primär und die – nennen wir's – Kombinationszahlen 1, 3, 6, 10, etc[|.] sekundär sind. Man könnte auch eine Arithmetik der Kombinationszahlen konstruieren und diese wäre in sich so geschlossen, wie die Arithmetik der Kardinalzahlen. Aber ebenso natürlich kann es eine Arithmetik der geraden Zahlen oder der Zahlen 1, 3, 4, 5, 6, 7 … geben. W Es ist natürlich das Dezimalsystem zur Schreibung dieser Zahlenarten ungeeignet.

 
   
     Denken wir uns eine Rechenmaschine, die, anstatt mit Kugeln, mit Farben in einem Streifen rechnet. Und während wir jetzt auf unserm Abacuus mit Kugeln, oder den Fingern, die Farben in einem Streifen zählen, so würden wir dann die Kugeln auf einer Stange, oder die Finger an unserer Hand, mit Farben in einem Streifen zählen. Wie aber müsste diese Farbenrechenmaschine konstruiert sein, um funktionieren zu können? Wir brauchten ein Zeichen dafür, dass keine Kugeln an der Stange sitzen. Man muss sich den Abacus als ein Gebrauchsinstrument denken und als Mittel der Sprache. Und, so wie man etwa 5 durch die fünf Finger einer Hand darstellen kann (man denke an einer Gebärdensprache), so würde man es durch den Streifen mit
576
mit 5 Farben darstellen. Aber für die 0 brauche ich ein Zeichen, sonst habe ich die nötige Multiplizität nicht. Nun, da kann ich entweder die Bestimmung treffen, dass die Farbe // Fläche // schwarz die 0 bezeichnen soll (dies ist natürlich willkürlich und die einfärbige rote Fläche täte es ebensogut); oder aber did die einfärbige Fläche soll 0 bezeichnen, die zweifärbige 1, etc.. Es ist ganz gleichgültig, welche Bezeichnungsweise ich wähle. Und man sieht hier, wie sich die Mannigfaltigkeit der Kugeln auf die Mannigfaltigkeit der Farben in einer Fläche projiziert.

 
   
     Es hat keinen Sinn, von einem schwarzen Zweieck in weissen Kreis zu reden; und dieser Fall ist analog dem; : es ist sinnlos zu sagen, das Viereck bestehe aus 0 Teilen [)|(]keinem Teil).
     Hier haben wir etwas, wie eine untere Grenze des Zählens, noch ehe wir die Eins erreichen.

 
   
      Ist Teile Zählen in I das Gleiche, wie Punkte Zählen in IV? Und worin besteht der Unterschied? Man kann das Zählen der Teile in I auffassen als ein Zählen
58
577
von Vierecken. Dann kann man aber auch sagen “in dieser Zeile ist kein Viereck”; und dann zählt man nicht Teile. Es beunruhigt uns die Analogie zwischen dem Zählen der Punkte und der Teile, und das
Versagen
Auslassen
dieser Analogie.
         Darin, die ungeteilte Fläche als “Eins” zu zählen, ist etwas Seltsames; dagegen finden wir keine Schwierigkeit darin, die einmal geteilte als Bild der 2 zu sehen. Man möchte hier viel lieber zählen “0, 2, 3, etc.”. Und dies entspricht der Zahlenreihe Satzreihe: “das Viereck ist ungeteilt”, “das Viereck ist in 2 Teile geteilt”, etc.

 
   
                        Das Natürlichste ist, die Reihe der Schemata aufzufassen als
A
A B
A B C
A B C D
etc.
. Und hier kann man nun die das erste Schema mit ‘0’ bezeichnen, das zweite mit ‘1’, das dritte aber etwa mit ‘3’, wenn man an alle möglichen Unterschiede denkt, und das vierte mit ‘6’. Oder man nennt das dritte Schema ‘2’ (wenn man sich bloss um eine Anordnung kümmert) und das vierte ‘3’.

 
   
                        Man kann die Teiligkeit des Vierecks beschreiben, indem man sagt: es ist in
5
fünf
Teile geteilt, oder: es sind 4 Teile davon abgetrennt worden, oder: es hat das Teilungsschema ABCDE, oder: man kommt durch alle Teile, indem man 4 Grenzen passiert, oder: das Viereck ist geteilt (d.h. in 2 Teile), der eine Teil wieder geteilt und beide Teile dieser Teilung geteilt, – etc..
         Ich will zeigen, dass nicht nur eine Methode besteht, die Teiligkeit zu beschreiben.

578
 
   
     Man wird sich aber vielleicht auch enthalten, den Unterschied überhaupt mit einer Zahl zu bezeichnen, sondern sich ganz an die Schemata A, AB, ABC, etc. halten. Oder es auch so beschreiben:
1, 12, 123, etc., oder, was auf das Gleiche hinauskommt: 0, 01, 012, etc..
     Diese kann man sehr wohl auch Zahlzeichen nennen.

 
   
     Die Schemata: A, AB, ABC, etc.: 1, 12, 123, etc.; !, !!, !!!, etc.; !.!, !..!, !...!, etc.; 0, 1, 2, 3, etc.; 1, 2, 3, etc.; 1, 12, 121323, etc.; etc. – sind alle gleich fundamental.

 
   
     Man wundert sich nun darüber, dass das Zahlenschema, mit welchem man Soldaten in einer Kaserne zählt, nicht auch für die Teile eines Vierecks gelten soll. Aber das Schema der Soldaten in der Kaserne ist , das der Teile des Vierecks . Keines ist im Vergleich zum andern primär.

 
   
     Ich kann die Reihe der Teilungsschemata sowohl mit der Reihe 1, 2, 3, etc. als auch mit der Reihe 0, 1, 2, 3, etc. vergleichen.
     Zähle ich die Teile, so gibt es in meiner Zahlenreihe keine 0, denn die Reihe
A
A B
A B C
etc.
fängt mit einem Buchstaben an, während die Reihe ! !, !.!, !..!, etc. nicht mit einem Punkt anfängt. Ich kann dagegen auch mit dieser Reihe alle Tatsachen der Teilung darstellen, nur “zähle ich dann nicht die Teile”.

 
   
     Unrichtig ausgedrückt, aber so, wie man es zunächst ausdrücken würde, lautet das Problem: “warum kann man sagen ‘es gibt 2 Farben auf dieser Fläche’ und nicht ‘es gibt eine Farbe auf dieser Fläche’?” Oder:
579 ˃
wie muss ich die grammatische Regel ausdrücken, dass ich nicht mehr versucht bin Unsinniges zu sagen, und dass sie mir selbstverständlich ist? Wo liegt der falsche Gedanke, die falsche Analogie, durch die ich verführt werde, die Sprache unrichtig zu gebrauchen? Wie muss ich die Grammatik darstellen, dass diese Versuchung wegfällt? Ich glaube, dass die Darstellung durch die Reihen
A
A B
A B C
u.s.w.
und
! !
!.!
!. .!
u.s.w.
die Unklarheit hebt.
     Es kommt alles darauf an, ob ich mit einer Zahlenreihe zähle, die mit 0 anfängt, oder mit einer, die mit 1 anfängt.
     So ist es auch, wenn ich die Längen von Stäben, oder die Grössen von Hüten zähle.
     Wenn ich mit Zählstrichen zähle, so könnte ich sie dann so schreiben: , um zu zeigen, dass es auf den Richtungsunterschied ankommt und der einfache Strich der 0 entspricht (d.h. der Anfang ist).



 
   
     Es hat hier übrigens mit den Zahlzeichen (1), ((1) + 1), etc. eine gewisse Schwierigkeit: Nämlich die, dass wir sie nach einer gewissen Länge nicht mehr unterscheiden können, ohne die Striche zu zählen, also ohne die Zeichen in andere zu übersetzen. “!!!!!!!!!!” und “!!!!!!!!!!!” kann man nicht in dem Sinne unterscheiden – sie sind also nicht in demselben Sinn verschiedene Zeichen – wie “10” und “11”. Uebrigens würde dasselbe natürlich auch im Dezimalsystem geschehen (denken wir an die Zahlen 1111111111 und 11111111111), aber das ist nicht ohne Bedeutung. –

 
   
     Denken wir uns den Fall, es gäbe uns Einer eine Rechenaufgabe in der
580
Strichnotation, etwa: !!!!!!!!!!! + !!!!!!!!!! und während wir rechneten machte er sich den Spass, Striche, ohne dass wir es bemerkten, wegzuwischen und dazuzugeben. Er würde uns dann immer sagen “die Rechnung stimmt ja nicht” und wir würden sie immer von Neuem durchlaufen, stets zum Narren gehalten. – Ja, streng genommen, ohne den Begriff eines Kriteriums der Richtigkeit der Rechnung. –
     Hier könnte man nun Fragen aufwerfen, wie die: Ist es nun nur sehr wahrscheinlich, dass 464 + 272 = 736 ist? Und ist also nicht auch 2 + 3 = 5 nur sehr wahrscheinlich? Und was // wo // ist denn die objektive Wahrheit, der sich diese Wahrscheinlichkeit nähert? D.h., wie bekommen wir denn einen Begriff davon, dass 2 + 3 eine gewisse Zahl wirklich ist, abgesehen von dem, was sie uns zu sein scheint? –

 
   
     Wenn man nämlich fragen würde: was ist das Kriterium in der Strichnotation, dass wir zweimal das gleiche Zahlzeichen vor uns haben? – Die Antwort könnte sein: “wenn es beidemale gleich aussieht”, oder “wenn es beidemale die gleiche Anzahl von Strichen enthält.” Oder soll es heissen: wenn eine eins-zu-eins Zuordnung etc. möglich ist?

 
   
     Wie kann ich wissen, dass !!!!!!!! und !!!!!!!! dasselbe Zeichen sind? Es genügt doch nicht, dass sie ähnlich ausschauen. Denn es ist nicht die ungefähre Gleichheit der Gestalt, was die Identität der Zeichen ausmachen darf, sondern gerade eben die Zahlengleichheit.

 
   
/     Das Problem der Unterscheidung von 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 und 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 ist viel wichtiger // fundamentaler // , als es auf den ersten Blick scheint. Es handelt sich um den Unterschied zwischen physikalischer und visueller Zahl. /
581





 
    
   
     Die Kardinalzahl ist eine interne Eigenschaft einer Liste.

 
   
     Hat die Anzahl wesentlich etwas mit einem Begriff zu tun? Ich glaube, das kommt darauf hinaus, zu fragen, ob es einen Sinn hat, von einer Anzahl von Gegenständen zu reden, die nicht unter einen Begriff gebracht sind. Hat es z.B. Sinn zu sagen “a, b und c sind drei Gegenstände”? – Es ist allerdings ein Gefühl vorhanden, das uns sagt: Wozu von Begriffen reden, die Zahl hängt ja nur vom Umfang des Begriffes ab, und wenn der einmal bestimmt ist, so kann der Begriff sozusagen abtreten. Der Begriff ist nur eine Methode // ein nur ein Hilfsmittel // , um einen Umfang zu bestimmen, der Umfang aber ist selbständig und in seinem Wesen unabhängig vom Begriff; denn es kommt ja auch nicht daruaf an, durch welchen Begriff wir den Umfang bestimmt haben. Das ist das Argument für die extensive Auffassung. Dagegen kann man zuerst sagen: Wenn der Begriff wirklich
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nur ein Hilfsmittel ist, um zum Umfang zu gelangen, dann hat der Begriff in der Arithmetik nichts zu suchen; dann muss man eben die Klasse gänzlich von dem zufällig mit ihr verknüpften Begriff scheiden. Im g entgegengesetzten Fall aber ist der vom Begriff unabhängige Umfang nur eine Chimaire und dann ist es besser, von ihm überhaupt nicht zu reden, sondern nur vom Begriff.
     Das Zeichen für den Umfang eines Begriffes ist eine Liste. Man könnte – beiläufig – sagen: die Zahl // Anzahl // ist die externe Eigenschaft eines Begriffs und die interne seines Umfangs (der Liste der Gegenstände, die unter ihn fallen). Die Anzahl ist das Schema eines Begriffsumfangs. D.h.: die Zahlangabe ist, wie Frege sagte, die Aussage über einen Begriff (ein Prädikat). Sie bezieht sich nicht auf einen Begriffsumfang, d.i. auf eine Liste, die etwa der Umfang eines Begriffes sein kann. Aber die Zahlangabe über einen Begriff ist ähnlich dem Satz, welcher aussagt, dass eine bestimmte Liste der Umfang dieses Begriffs sei. Von so einer Liste wird Gebrauch gemacht, wenn ich sage: “a, b, c, d fallen unter den Begriff F(x)”. “a, b, c, d” ist die Liste. Natürlich sagt der Satz nichts anderes, als Fa & Fb & Fc & Fd; aber er zeigt, mit Hilfe der Liste geschrieben, seine Verwandtschaft mit “(Ex,y,z,u). Fx & Fy & Fz & Fu”, welches wir kurz “(E !!!!x).F(x)” schreiben können.
     Die Arithmetik hat es mit dem Schema !!!! zu tun. – Aber redet denn die Arithmetik von Strichen, die ich mit Bleistift auf Papier mache? – Die Arithmetik redet nicht von den Strichen, sie operiert mit ihnen.

 
   
     Die Zahlangabe enthält nicht immer eine Verallgemeinerung oder Unbestimmtheit: “Die Strecke A B ist in zwei (3, 4, et.) gleiche Teile geteilt”.

583
 
   
     Wenn man wissen will, was “2 + 2 = 4” heisst, muss man fragen, wie wir es (erhalten), es ausrechnen. Wir betrachten dann den Vorgang der Berechnung als das Wesentliche, und diese Betrachtungsweise ist die des gewöhnlichen Lebens, wenigstens, was die Zahlen anbelangt, für die wir eine Ausrechnung bedürfen. Wir dürfen uns ja nicht schämen, die Zahlen // Ziffern // und Rechnungen so aufzufassen, wie sie die alltägliche Arithmetik jedes Kaufmanns auffasst. Wir rechnen dann 2 + 2 = 4 und überhaupt die Regeln des kleinen Einmaleins gar nicht aus, sondern nehmen sie – sozusagen als Axiome – an und rechnen nur mit ihrer Hilfe. Wir könnten aber natürlich auch 2 + 2 = 4 ausrechnen und die Kinder tun es auch durch Abzählen. Gegeben die Ziffernfolge 1 2 3 4 5 6, ist die Ausrechnung:
1
1
2
2
1
3
2
4
.

 
   
Definitionen zur Abkürzung:
(Ex). fx . & . non (Ex,y). fx & fy ≝ (éx). fx
(Ex,y). fx & fy . & . non (Ex,y,z). fx & fy & fz ≝ (éx,y). fx & fy u.s.w.


(éx). fx ≝ (é 1x)fx
(éx,y). fx & fy ≝ (é !!x)fx ≝ (é 2x)fx u.s.w..
550
584
Man kann zeigen dass
(é!!x)fx & (é!!!x)Fx &
non-(Ex). fx & Fx
Ind.
:C: (é !!!!!x)fx V Fx eine Tautologie ist.          Hat man damit den arithmetischen Satz 2 + 3 = 5 demonstriert? Natürlich nicht. Man hat auch nicht gezeigt, dass
(é!!x)fx & (é!!!x)Fx & Ind. :C: (é !! + !!!x) fx & Fx tautologisch ist, denn von einer Summe “!! + !!!” war in unseren Definitionen
ja
noch
gar keine Rede. (Ich werde die Tautologie zur Abkürzung in der Form “é!! & é!!! C C é!!!!!” schreiben.) Wenn nun die Frage ist, welche Anzahl von Strichen rechts von “C” bei gegebener linker Seite das Ganze zu einer Tautologie machen, so kann man diese Zahl finden, man kann auch finden, dass sie im vorigen Fall !! + !!! ist, aber genau so gut, dass sie ! + !!!! oder ! + !!! + ! ist, denn sie ist dies alles. Man kann aber auch eine Induktion finden, die zeigt, dass – algebraisch ausgedrückt – én & ém.C.é(n + m) tautologisch wird. Dann habe ich z.B. ein Recht é17 & é28 .C. é(17 + 28) als Tautologie anzusehen. Aber ist nun dadurch die Gleichung 17 + 28 = 45 gegeben?
Durchaus nicht!
Keineswegs!
Dies muss ich mir vielmehr nun erst ausrechnen. Es hat nun auch Sinn, nach dieser allgemeinen Regel é2 & é3 C é5 als Tautologie hinzuschreiben; wenn ich, (sozusagen), noch nicht weiss, was 2 + 3 ergeben wird; denn 2 + 3 hat nur sofern Sinn, als es noch ausgerechnet werden muss.
         Daher hat die Gleichung !! + !!! = !!!!! nur dann einen Witz, wenn das Zeichen “!!!!!” so wiedererkannt wird, wie das Zeichen “5”; nämlich unabhängig von der Gleichung.

 
   
                       Mein Standpunkt unterscheidet sich dadurch von dem der Leute, die heute über die Grundlagen der Arithmetik schreiben, dass
585
ich es nicht nötig habe, einen bestimmten Kalkül, z.B. den des Dezimalsystems, zu verachten. Einer ist für mich so gut wie der andere. Einen besondern Kalkül gering zu achten ist so, als wollte man Schach spielen ohne wirkliche Figuren, weil das zu wenig abstrakt, zu speziell sei. Soweit es auf die Figuren nicht ankommt, sind eben die einen so gut wie die andern. Und soweit ein Spiel sich von dem andern doch unterscheidet, ist eben ein Spiel so gut, d.h. so interessant, wie das andere. Keines aber ist sublimer als das andre. // Und soweit die Spiele sich doch voneinander unterscheiden, ist eben … //

 
   
     Welches ist der Beweis von é!! & é!!! C é!!!!!, der der Ausdruck unseres Wissens ist, dass dies ein richtiger logischer Satz ist?
     Er macht offenbar davon Gebrauch, dass man (Ex) … als logische Summe behandeln kann. Wir übersetzen etwa von dem Symbolismus (“wenn in jedem Quadrat ein Stern ist, so sind zwei im ganzen Rechteck”) in den Russell'schen. Und es ist nicht, als gäben wir mit der Tautologie in dieser Schreibweise einer Meinung Ausdruck, die uns plausibel erscheint und (die) der Beweis dann bestätigt; sondern, was uns plausibel erscheint ist, dass dieser Ausdruck eine Tautologie (ein Gesetz der Logik) ist.

 
   
     
Die Reihe von Sätzen

       (Ex):aRx & xRb
      (Ex,y):aRx & xRy & yRb
      (x,y,z):aRx & xRy & yRz & zRb u.s.f. kann man sehr wohl so ausdrücken: “es gibt ein Glied zwischen a und b”
      “es gibt zwei Glieder zwischen a und b” u.s.w.
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und kann das etwa Schreiben (E1x).aRxRb, (E2x). aRxRb, etc.. Es ist aber klar, dass zum Verständnis dieser Ausdrücke die obere Erklärung nötig ist, weil man sonst nach Analogie von (E2x). fx = (Ex,y)fx & fy glauben könnte (E2x). aRxRb sei gleichbedeutend einem Ausdruck (Ex,y).aRxRb & aRyRb.
     Ich könnte natürlich auch statt “(Ex,y).F(x,y)” schreiben “(E2x,y).F(x,y)”. Aber die Frage wäre nun: was habe ich dann unter “(E3x,y).F(x,y)” zu verstehen? Aber hier lässt sich eine Regel geben; und zwar brauchen wir eine, die uns in der Zahlenreihe beliebig weiterführt. Z.B. die (E3 x,y).F(x,y) = (Ex,y,z): F(x,y) & F(x,z) & F(y,z)
     (E4 x,y).F(x,y) = (Ex,y,z,u): F(x,y) & F(x,z) & … es folgen die Kombinationen zu zwei Elementen. U.s.f.. Es könnte aber auch definiert werden: (E3 x,y).F(x,y) = (Ex,y,z).F(x,y) & F(y,x) & F(x,z) & F(z,x) & F(y,z) & F(z,y) u.s.f..
     “(E3x).F(x,y)” entspräche etwa dem Satz der Wortsprache “F(x,y) wird von 3 Dingen befriedigt” und auch dieser Satz bedürfte einer Erklärung um eindeutig zu werden.
     Soll ich sagen, dass in den // in diesen // verschiedenen Fällen das Zeichen “3” eine andere // verschiedene // Bedeutung hat? Drückt nicht vielmehr das Zeichen “3” das aus, was den verschiedenen Interpretationen gemeinsam ist? Warum hätte ich es sonst gewählt. Es gelten ja auch die gleichen Regeln von dem Zeichen “3” in dieser wie // und // in jener Verwendung // in di jedem dieser Zusammenhänge // . Es ist nach wie vor durch 2 + 1 zu ersetzen; etc.. Allerdings aber ist ein Satz nach dem Vorbild von é!! & é!!! C é!!!!! nun keine Tautologie. Zwei Menschen, die miteinander in Frieden leben und drei weitere Menschen, die miteinander in Frieden leben geben nicht fünf Menschen, die miteinander in Frieden leben. Aber das heisst nicht, dass nun 2 + 3 nicht 4 5 ist. Vielmehr lässt sich die Addi-
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tion nur nicht so anwenden. Denn man könnte sagen: 2 Menschen, die … und 3 Menschen, die … und von denen jeder mit jedem der ersten Gruppe in Frieden lebt = 5 Menschen die …
     Mit andern Worten die Zeichen von der Form (E1 x,y).F(x,y), (E2 x,y).F(x,y), etc. haben die Multiplizität der Kardinalzahlen, wie die Zeichen (Elx).fx, (E2x). fx, etc. und wie auch die Zeichen (é1x).fx, (é2x).fx, etc..

 
   
     “Es gibt nur 4 rote Dinge, aber die bestehen nicht aus 2 und 2, weil es keine Funktion gibt, die sie zu je zweien unter einen Hut bringt”. Das hiesse, den Satz 2 + 2 = 4 so auffassen: Wenn auf einer Fläche 4 Kreise zu sehen sind, so haben je 2 von ihnen immer eine bestimmte Eigentümlichkeit miteinander gemein; sagen wir etwa ein Zeichen innerhalb des Kreises. (Dann sollen natürlich auch je 3 Krei der Kreise ein Zeichen gemeinˇsam haben, etc..) Denn, wenn ich überhaupt etwas über die Wirklichkeit annehme, warum nicht das? Das “axiom of reducibility” ist wesentlich von keiner andern Art. In diesem Sinne könnte man sagen, dass zwar 2 und 2 immer 4 ergeben, aber 4 nicht immer aus 2 und 2 besteht. (Nur durch die gänzliche Vagueheit und Allgemeinheit des Reduktionsaxioms werden wir zu dem Glauben verleitet, als handle es sich hier // es handle sich hier // – wenn überhaupt um einen sinnvollen Satz – um mehr, als eine willkürliche Annahme, zu der kein Grund vorhanden ist. Drum ist es hier und in allen ähnlichen Fällen äusserst klärend, diese Allgemeinheit, die die Sache ja doch nicht mathematischer macht, ganz fallen zu lassen und statt ihrer ganz spezialisierte Annahmen zu machen).

 
   
     Man möchte sagen: 4 muss nicht immer aus 2 und 2 bestehen, aber es kann, wenn es wirklich aus Gruppen besteht, aus 2 und 2
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wie aus 3 und 1, etc., bestehen; aber nicht aus 2 und 1, oder 3 und 2, etc.; und so bereiten wir eben alles für den Fall vor, dass 4 in Gruppen zerlegbar ist. Aber dann hat es eben die Arithmetik gar nicht mit der wirklichen Zerlegung zu tun, sondern nur mit jener Möglichkeit der Zerlegung. Die Behauptung könnte ja auch die sein, dass von einer Gruppe von 4 Punkten auf dem Papier immer je 2 durch einen Strich verbunden sind. // Die Behauptung könnte ja auch die sein, dass, wenn immer ich eine Gruppe von 4 Punkten auf einem Papier sehe, je 2 von ihnen durch eine Klammer verbunden sind. //
     Denke: wir gar an die Annahme, Oder: um je 2 solche Gruppen von 2 Punkten sei in der Welt immer ein Kreis gezogen.

 
   
                       Dazu kommt nun, dass, z.B., die Aussage, dass in einem weissen Viereck 2 schwarze Kreise zu sehen sind, nicht die Form “(Ex,y). etc.” hat. Denn, gebe ich den Kreisen Namen, dann beziehen sich diese Namen gerade auf die Orte der Kreise und ich kann nicht von ihnen sagen, sie seien entweder in dem einen oder dem andern Viereck. Ich kann wohl sagen: “in beiden Vierecken zusammen sind 4 Kreise”, aber das heisst nicht, dass ich von jedem einzeln sagen kann, dass er im einen oder andern Viereck sei. Denn der Satz “dieser Kreis ist i[j|n] diesem Viereck”, ist im angenommenen Fall sinnlos.

 
   
                       Was bedeutet nun der Satz “in den 2 Vierecken zusammen sind 4 Kreise”? Wie konstatiere ich das? Indem ich die Zahlen in beiden addiere? Die Zahl der Kreise in beiden Vierecken zusammen bedeutet also dann das Resultate der Addition der beiden Zahlen. – Oder ist es etwa das Resultat einer besondern // eigenen // Zählung, die durch beide Vierecke geht; oder die Zahl von Strichen, die ich erhalte, wenn ich einen Strich einem Kreis zuordne, ob er nun in einem oder im andern
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Viereck ist. Man kann nämlich sagen: “jeder Strich ist entweder einem Kreis zugeordnet, der in dem einen, oder einem Kreis, der in dem andern Viereck steht”; aber nicht: “dieser Kreis steht entweder in diesem oder im andern Viereck”, wenn “dieser Kreis” eben durch seine Lagen charakterisiert ist. Dies kann nur dann hier sein, wenn “dies” und “hier” nicht dasselbe bedeuten. Dagegen kann dieser Strich einem Kreis in diesem Viereck zugeordnet sein, denn er bleibt dieser Strich, auch wenn er einem Kreis im andern Viereck zugeordnet ist.

 
   
                        Sind in diesen beiden Kreisen zusammen 9 Punkte
     oder 7? Wie man es gewöhnlich versteht, 7. Aber muss ich es so verstehen? Warum soll ich nicht die Punkte, die beiden Kreisen gemeinsam angehören, doppelt zählen:

 
   
Anders ist es, wenn man fragt: “wieviel Punkte sind innerhalb der stark ausgezogenen Grenze?” Denn hier kann ich sagen: es sind 7, in dem Sinne, in welchem in den Kreisen 5 und 4 sind.

 
   
                       Man könnte nun sagen: die Summe von 4 und 5 nenne ich die Zahl, welche die unter den Begriff fx V Fx fallenden Gegenstände haben, wenn (En4x).fx & (En5x).Fx & Ind. der Fall ist. Und zwar heisst das (nun) nicht, dass die Summe von 4 und 5 nur in der Verbindung mit Sätzen von der Art (E4x).fx etc. verwendet werden darf, sondern es heisst: Wenn Du die Summe von n und m bilden willst, setze die Zahlen links von “.C.” in die Form (Enx).fx & (Emx).Fx etc. ein, und die Zahl, die rechts stehen muss, um aus dem ganzen Satz // Ausdruck // eine Tautologie zu ma-
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chen, ist die Summe von m und n. Dies ist also eine Additionsmethode, und zwar eine äusserst umständliche:.

 
   
     Vergleiche: “Wasserstoff und Sauerstoff geben zusammen Wasser” – “2 Punkte und 3 Punkte geben zusammen 5 Punkte”.

 
   
     Bestehen denn z.B. 4 Punkte in meinem Gesichtsfeld, die ich “als 4”, nicht “als 2 und 2 sehe”, aus 2 und 2? Ja, was heisst das? Soll es heissen, ob sie in irgendeinem Sinne in Gruppen von je 2 Punkten geteilt waren? Gewiss nicht. (Denn dann müssten sie ja wohl auch in allen andern denkbaren Weisen geteilt sein.) Heisst es, dass sie sich in Gruppen von 2 und 2 teilen lassen? also, dass es Sinn hat, von solchen Gruppen in den vieren zu reden? – Jedenfalls entspricht doch das dem Satz “2 + 2 = 4”, dass ich nicht sagen kann, die Gruppe der 4 Punkte, die ich gesehen habe, habe aus getrennten Gruppen von 2 und 3 Punkten bestanden. Jeder wird sagen: das ist unmöglich, denn 3 + 2 = 5. (Und “unmöglich” heisst hier “unsinnig”.)

 
   
     “Bestehen 4 Punkte aus 2 und 2” kann eine Frage nach einer physikalischen oder optischen // visuellen // Tatsache sein; dann ist es nicht die Frage der Arithmetik. Die arithmetische Frage könnte aber allerdings in der Form gestellt werden: “Kann eine Gruppe von 4 Punkten aus getrennten Gruppen von je 2 Punkten bestehen”.

 
   
     “Angenommen, ich glaubte, es gäbe überhaupt nur eine Funktion und die 4 Gegenstände, die sie befriedigen. Später komme ich darauf, dass sie noch von einem fünften Ding befriedigt wird; ist jetzt das Zeichen ‘4’ sinnlos geworden?” – Ja, wenn im Kalkül die 4 nicht existiert, dann ist ‘4’ sinnlos. // Ja, wenn es im Kalkül die 4 nicht gibt, dann ist
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‘4’
sinnlos. //

 
   
     Wenn man sagt, es wäre möglich, mit Hilfe der Tautologie
(En2x).fx & (En3x).Fx & Ind. .C. (En5x).fx V Fx. … A) zu addieren, so wäre das folgendermassen zu verstehen: Zuerst ist e[w|s] möglich, nach gewissen Regeln herauszufinden, dass
        (Enx).fx & (Enx).Fx & Ind. .C. (Enx,y):fx V Fx . & . fy V Fy tautologisch ist. (Enx).fx ist eine Abkürzung für
             (Ex).fx & non (Ex,y). fx & fy. Ich werde ferner Tautologien der Art A zur Abkürzung so schreiben: (E') & (E') C (E')
     So geht also aus den Regeln hervor, dass (E'x) & (E'x) C (E'x,y), (E'x,y) & (E'x) C (E'x,y,z) und andere Tautologien. Ich schreibe “und an[r|d]ere” und nicht “u.s.w. ad inf.), weil man mit diesem Begriff noch


 
   
     Als die Zahlen im Dezimalsystem hingeschrieben waren, gab es Regeln, nämlich die der Addition für je zwei Zahlen von 0 bis 9, und die reichten mir, entsprechend angewandt, für Additionen aller Zahlen aus. Welche Regel entspricht nun diesen Elementarregeln? Es ist offenbar, dass wir uns in einer Rechnung wie t weniger Regeln merken brauchen als in 17 + 28. Ja, wohl nur eine allgemeine und gar keine der Art 3 + 2 = 5. Im Gegenteil, wie[i|v]iel 3 + 2 ist, scheinen wir jetzt ableiten, ausrechnen zu können.

 
   
     Die Aufgabe ist 2 + 3 = ? und man schreibt         1,2,3,4,5,6,7         1,2;1,2,3
So rechnen Kinder tatsächlich, wenn sie “abzählen”. (Und dieser Kalkül muss so gut sein wie ein anderer.)

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     Es ist übrigens klar, dass das Problem, ob 5 + (4 + 3) = (5 + 4) + 3 ist, sich so lösen lässt:
     5                 4                 3   
❘ ❘ ❘ ❘ ❘  ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘ 
                            
                            
                             

denn diese Konstruktion hat genau die Multiplizität jedes andern Beweises dieses Satzes.

 
   
A
A
A
A


A
A
B
B






C
C






D
D






E
E,




E,

F
A


A
A
A

G
B


B



H
C


C



I
D
I,

D,



J

A

A



K

B

B



L

C
L
C
G
G
L
M







N







O







Wenn ich die Zahl nach ihrem letzten Buchstaben nenne, so beweist das, dass (E + D) + C = E + (D + C) = L. Diese Form des Beweises ist gut, weil sie deutlich zeigt, dass das Ergebnis wirklich errechnet ist und weil man aus ihr a doch auch wieder den allgemeinen Beweis herauslesen kann.

 
   
     Es ist hier eine gute Mahnung – so seltsam sie klingt –: treibe hier nicht Philosophie, sondern Mathematik.


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Unser Kalkül braucht überhaupt noch nichts von der Bildun[b|g] einer Reihe ‘(E'x)’, ‘(E'x,y)’, ‘(E'x,y,z)’, etc. zu wissen, sondern kann einfach einige, etwa 3, dieser Zeichen einführen, ohne das “u.s.w.”. Wir können nun einen Kalkül mit einer endlichen Reihe von Zeichen einführen, indem wir eine Reihenfolge gewisser Zeichen festsetzen, etwan die der Buchstaben des Alphabets, und schreiben:
(E'a) & (E'a) C (E'a,b)
(E'a,b) & (E'a) C (E'a,b,c)
(E'a,b) & (E'a,b) C (E'a,b,c,d)
u.s.w. bis zum z.
Die rechte Seite (rechts vom “C”) kann man dann aus der linken durch einen Kalkül der Art finden:
a b c d e f . . . . . z
a b - - -                
- - a b c               B)
a b c d e                

Dieser Kalkül ergäbe sich aus den Regeln zur Bildung der Tautologien als eine Vereinfachung. – Dieses Gesetz der Bildung eines Reihenstückes aus zwei andern vorausgesetzt, kann ich für das erste nun die Bezeichnung “Summe der beiden andern” einführen und also definieren: a + a≝ab
a + ab≝abc
u.s.w. bis z.
Hätte man an einigen Beispielen die Regel des Kalküls B erklärt, so könnte man auch diese Definitionen als Spezialfälle einer allgemeinen Regel betrachten und nun Aufgaben stellen von der Art: “abc + ab = ?”. Es liegt nun nahe, die Tautologie
                            s) (E'a,b) & (E'a,b) C (E'a,b,c,d) mit der Gleichung t) ab + ab = abcd zu verwechseln. – Aber diese ist eine Ersetzungsregel, jene ist keine Regel, sondern eben eine Tautologie. Das Zeichen “C” in s entspricht in keiner Weise dem “ = ” in t.
        Man vergisst, dass das Zeichen “C” in s ja nicht sagt, dass die
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beiden Zeichen rechts und links von ihm eine Tautologie ergeben.
         Dagegen könnte man einen Kalkül konstruieren, in welchem die Gleichung x + y = z als eine Transformation erhalten wird (aus) der Gleichung:
       u) (E'x) & (E'y) C (E'z) = Taut..
So, dass ich also sozusagen z = x + y erhalte, wenn ich z aus der Gleichung u herausrechne.

 
   
                         Wie tritt der Begriff der Summe in diese Ueberlegungen ein? – Im ursprünglichen Kalkül, der (etwa) feststellt, dass die Form (E'x) & (E'y) C (E'z)
v)
( z.B.) tautologisch wird für x = ij, y = i und z = ijk, ist von Summierung nicht die Rede. – Dann bringen wir ein Zahlensystem in den Kalkül (etwa das System a b c d … z). Und endlich definieren wir die Summe zweier Zahlen als diejenige Zahl z, welche die Gleichung u löst.

 
   
     (Wenn wir statt “(E'x) & (E'x) C (E'x,y)” schrieben: “(E'x) & (E'x) C (E'x + x)”, so hätte das keinen Sinn; es sei denn, dass die Notation von vornherein nicht I) “(E'x) etc.”, “(E'x,y) etc.”, (E'x,y
            “(E'x,y,z) etc.” lautet, sondern:
K) “(E'x) etc.”, “(E x + x) etc.”, “(E x + x + x) etc.”.
      Denn warum sollten wir plötzlich statt
                         “(E'x,y) & (E'x) C (E'x,y,z)” schreiben:
                          “(E'x,y) & (E'x) C (E'xy + x)”? das wäre nur eine Verwirrung der Notation. – Nun sagt man: Es vereinfacht doch das Hinschreiben der Tautologie sehr, wenn man in der rechten Klammer gleich die Ausdrükke der beiden linken hinschreiben kann. Aber diese Schreibweise ist ja noch gar nicht erklärt; ich weiss ja nicht, was (E'xy + z) bedeutet, dass nämlich (E'xy + x) = (E'x,y,z) ist.
      Wenn man aber von vornherein die Notation “(E'x)”, “(E'x + x)”,
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“(E'x + x + x)”, so hätte vorerst nur der Ausdruck “(E'x + x + x + x)” Sinn, aber nicht “(E'(x + x) + (x + x))”.
         Die Notation K ist auf [E|e]iner Stufe mit // im gleichen Fall wie // I. Dass // ob // sich in der Form v eine Tautologie ergibt, kann man etwa kurz durch das Ziehen von Verbindungslinien kalkulieren, also

(E'x,y) & (E'x,y) C (E'x,y,z,u) und analog

(E'x + x) & (E'x + x) C (E'x + x + x + x).22
Die Bögen // Verbindungslinien // entsprechen nur der Regel, die in jedem Fall für die Kontrolle der Tautologie gegeben sein muss. Von einer Addition ist hier noch keine Rede. Die tritt erst ein, wenn ich mich entschliesse – z.B. – statt “x, y, z, u” “xy + xy” zu schreiben, und zwar in Verbindung mit einem Kalkül, der nach Regeln die Ableitung einer Ersetzungsregel “xy + xy = xyzu” erlaubt. Addition liegt auch dann nicht vor, wenn ich in der Notation K schreibe “(E'x) & (E'x) C (E'x + x)”, sondern erst, wenn ich zwischen “x + x” und “(x) + (x)” unterscheide und schreibe:
     (x) + (x) = (x + x).

 
   
                          Ich kann “die Summe von x und y” (“x + y”) als die Zahl z definieren (oder: “den Ausdruck” – wenn wir uns scheuen, das Wort Zahl zu gebrauchen) – ich kann “x + y” als die Zahl z definieren, die den Ausdruck v tautologisch macht; – man kann aber auch “x + y”, z.B., durch den Kalkül B definieren (unabhängig von dem der Tautologien) und nun die Gleichung (E'x) & (E'y) C (E'x + y) = Taut. beweisen // ableiten // .

 
   
                          Eine Frage, die sich leicht einstellt, ist die: müssen wir die Kardinalzahlen in Verbindung mit der Notation
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(Ex,y, …). fx & fy & … einführen? Ist der Kalkül der Kardinalzahlen irgendwie an den mit den Zeichen “(Ex,y …). fx & fy …” gebunden? Ist etwa der letztere die einzige, und vielleicht wesentlich einzige, Anwendung der Kardinalzahlen // des
ersteren
ersten
// ? Was die “Anwendung der Kardinalarithmetik auf die // in der // Grammatik” betrifft, so kann man auf das verweisen, was wir über den Begriff der Anwendung eines Kalküls gesagt haben. – Man könnte nun unsere Frage auch so stellen: Kommen die Kardinalzahlen in den Sätzen unserer Sprache immer hinter dem Zeichen “E” vor: wenn wir uns nämlich die Sprache in die Russell'sche Notation übersetzt denken? Diese Frage hängt unmittelbar mit der zusammen: Wird das Zahlzeichen in der Sprache immer als Charakterisierung eines Begriffes – einer Funktion – gebraucht? Die Antwort darauf ist, dass unsere Sprache die Zahlzeichen immer in Verbindung mit // als Attribute von // Begriffswörtern gebraucht – dass aber diese Begriffswörter unter sich gänzlich verschiedenen grammatischen Systemen angehören (was man daraus ◇◇◇ sieht, dass das eine in Verbindungen Bedeutung hat, in denen das andre sinnlos ist), so dass die Norm, die sie zu Begriffswörtern macht, für uns uninteressant wird. Eine ebensolche Norm aber ist die Schreibweise “(Ex,y, …) etc.”; sie ist die direkte Uebersetzung einer Norm unserer Wortsprachen, nämlich des Ausdruckes “es gibt …”, eines Sprachschemas // Ausdrucksschemas // , in das unzählige logische // grammatische // Formen gepr[r|e]sst sind.

 
   
     Uebrigens ist das Zahlzeichen, jetzt in einem andern Sinne, nicht mit “E” verbunden: insofern nämlich “(E3x) …” nicht in “(E2 + 3 x) …” enthalten ist. //
da
insofern
nämlich “(E3)x …” nicht in “(E2 + 3)x …” enthalten ist. //

 
   
     Wenn wir von den, mittels “ = ” konstruierten Funktionen (x = a V x = b etc.) absehen, so wird nach Russells Theorie
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5 = 1, wenn es keine Funktion gibt, die nur von einem Argument, oder nur von 5 Argumenten befriedigt wird. Dieser Satz scheint natürlich auf den ersten Blick unsinnig; denn, wie kann man dann sinnvoll sagen, dass es keine solchen Funktionen gibt. Russell müsste sagen, dass man die beiden Aussagen, dass es Fünfer- und Einserfunktionen gibt, nur dann getrennt machen kann, wenn wir in unserem Symbolismus eine Fünfer- und eine Einserklasse haben. Er könnte etwa sagen, dass seine Auffassung richtig sei, weil ich, ohne das Paradigma der Klasse 5 im Symbolismus, gar nicht sagen könne, eine Funktionen werde von 5 Argumenten befriedigt. – D.h., dass aus der Existenz des Satzes “(Ef): (E'1x).fx” seine Wahrheit schon hervorgeht. – Man scheint also sagen zu können: schau' auf diesen Satz, dann wirst Du sehen, dass er wahr ist. Und in einem, für uns irrelevanten, Sinn ist das auch möglich: Denken wir uns etwa auf die Wand eines Zimmers mit roter Farbe geschrieben: “in diesem Zimmer befindet sich etwas Rotes”.
         Dieses Problem hängt damit zusammen, dass ich in der hinweisenden Definition von dem Paradigma (Muster) nichts aussage, sondern nur mit seiner Hilfe Aussagen mache; dass es zum Symbolismus gehört und nicht einer der Gegenstände ist, auf den ich ihn auf anwende // auf den ich den Symbolismus anwende // .
         Ist z.B. “1 Fuss” definiert als die Länge eines bestimmten Stabes in meinem Zimmer, und ich würde etwa statt “diese Tür ist 6 Fuss hoch” sagen: “diese Tür hat sechsmal diese Länge (wobei ich auf den Einheitsstab zeige)”, – dann könnte man nicht (etwa) sagen: “der Satz ‘es gibt einen Gegenstand von 1 Fuss Länge’ beweist sich selbst, denn ich könnte diesen Satz gar nicht aussprechen, wenn es keinen Gegenstand von dieser Länge gäbe”; denn vom Einheitsstab kann ich nicht aussagen, dass er 1 Fuss lang sei. (Wenn ich nämlich statt “1 Fuss” das Zeichen “diese Länge” einführe, so hiesse die Aussage, dass der Einheitsstab die Länge 1 Fuss hat: “dieser Stab hat diese Länge (wobei ich beide Male auf den gleichen Stab zeige).) So kann man von der Gruppe der Striche, welche etwa als Paradigma der 3
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steht nicht sagen, es bestehe aus 3 Strichen.
         “Wenn jener Satz nicht wahr ist, so gibt es diesen Satz gar nicht” – das heisst: “wenn es diesen Satz nicht gibt, so gibt es ihn nicht”. Und ein Satz kann das Paradigma im andern niemals beschreiben, sonst ist es eben nicht Paradigma. Wenn die Länge des Einheitsstabes durch die Längenangabe “1 Fuss” beschrieben werden kann, dann ist er nicht das Paradigma der Längeneinheit, denn sonst müsste jede Längenangabe mit seiner Hilfe gemacht werden.

 
   
                         Ein Satz, “non.neg(Ef):(E'x).fx” muss, wenn wir ihm überhaupt einen Sinn/geben, von der Art dessen // des Satzes // sein: “es gibt keinen Kreis auf dieser Fläche, der nur einen schwarzen Fleck enthält”. (Ich meine: er muss einen ähnlich [/|b]estimmten Sinn haben; und nicht vague bleiben, wie er in der Russell'schen Logik [i|u]nd in meiner der Abhandlung wäre.)
         Wenn nun aus den Sätzen “non.neg(Ef):(E'x).fx” und … R)
und “non.neg(Ef) :(E'x,y). fx & fy … S)
folgt, dass 1 = 2 ist, so ist hier mit “1” und “2” nicht das gemeint, was wir sonst damit meinen, dann die Sätze R und S würden in der Wortsprache lauten: “es gibt keine Funktion, die nur von einem Ding befriedigt wird” und “es gibt keine Funktion, die nur von 2 Dingen befriedigt wird”. Und dies sind nach den Regeln unserer Sprache Sätze mit verschiedenem Sinn.

 
   
                         Man ist versucht zu sagen: “Um ‘(Ex,y).fx & fy’ ausdrücken zu können // auszudrücken // , brauchen wir 2 Zeichen ‘x’ und ‘y’.” Aber das heisst nichts. Was wir dazu brauchen, ist vielleicht Papier und Feder; und der Satz so wenig, wie: “um ‘p’ auszudrücken, brauchen wir ‘p’”. // Was wir dazu brauchen, sind, etwa, die
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Schreibutensilien, nicht die Bestandteile des Satzes. Ebensowenig hiesse es, zu sagen: “Um ‘(Ex,y). fx & fy’ auszudrücken, brauchen wir das Zeichen ‘(Ex,y). fx & fy’.” //

 
   
     Wenn man s fragt: “was heisst denn dann ‘5 + 7 = 12’ – was für ein Sinn oder Zweck bleibt denn noch für diesen Ausdruck, nachdem man die Tautologien etc. aus dem arithmetischen Kalkül ausges[h|c]haltet // ausgeschlossen // hat, – so ist die Antwort: Diese Gleichung ist eine Ersetzungsregel, die sich auf bestimmte allgemeine Ersetzungsregeln, die Regeln der Addition, stützt. Der Inhalt von 5 + 7 = 12 ist (wenn einer es nicht wüsste) genau das, was den Kindern Schwierigkeiten macht, wenn sie diesen Satz im Rechenunterricht lernen.

 
   
     Keine Untersuchung der Begriffe, nur die Einsicht in den Zahlenkalkül kann vermitteln, dass 3 + 2 = 5 ist. Das ist es, was sich in uns auflehnt gegen den Gedanken, dass
     (E'3x).fx & (E'2x).gx & Ind. .C. (E'5x).fx V gx”
der Satz 3 + 2 = 5 sein könnte. Denn das // dasjenige // , wodurch wir diesen // jenen // Ausdruck als Tautologie erkennen, kann ich selbst nicht aus einer Betrachtung von Begriffen ergeben, sondern muss aus dem Kalkül zu ersehen sein. Denn die Grammatik ist ein Kalkül. D.h., was im Tautologien[.|-]Kalkül noch ausser dem Zahlenkalkül da ist, rechtfertigt diesen nicht und ist, wenn wir uns für ihn interessieren, nur Beiwerk.

 
   
     Die Kinder lernen in der Schule wohl 2 × 2 = 4, aber nicht 2 = 2.
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     Worin liegt der Unterschied zwischen der Zahlangabe über einen Begriff // Zahlangabe, die sich auf einen Begriff // und der Zahlangabe, die sich auf eine Variable bezieht? Die Erste ist ein Satz, der von dem Begriff handelt, die zweite eine grammatische Regel die Variable betreffend.
     Kann ich aber nicht eine Variable dadurch bestimmen, dass ich sage, ihre Werte sollen alle Gegenstände sein, die eine bestimmte Funktion befriedigen? – Dadurch bestimme ich ja die Variable nicht, ausser wenn ich weiss, welche Gegenstände die Funktion befriedigen, d.h. wenn mir diese Gegenstände auch auf andre Weise (etwa durch eine Liste) gegeben sind; und dann wird die Angabe der Funktion überflüssig. Wissen wir nicht, ob ein Gegenstand die Funktion befriedigt, so wissen wir nicht, ob er ein Wert der Variablen sein soll und die Grammatik der [F|V]ariablen ist dann in dieser Beziehung einfach nicht bestimmt // ausgesprochen // .

 
   
     Zahlangaben in der Mathematik (z.B. “die Gleichung x² = 1 hat 2 Wurzeln”) sind daher von ganz anderer Art, als Zahlangaben ausserhalb der
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Mathematik (“auf dem Tisch liegen 2 Aepfel”.)

 
   
     Wenn man sagt, A B lasse 2 Permutationen zu, so klingt das, als mache man eine allgemeine Aussage, analog der “in dem Zimmer sind 2 Menschen”, wobei über die Menschen noch nichts weiter gesagt ist und bekannt sein braucht. Das ist aber im Falle A B nicht so. Ich kann A B, B A nicht allgemeiner beschreiben und daher kann der Satz, es seien 2 Permutationen möglich, nicht weniger sagen, als, es sind die Permutationen A B und B A möglich. Zu sagen, es sind 6 Permutationen von 3 Elementen möglich kann nicht weniger, d.h. etwas allgemeineres sagen, als das Schema zeigt:
ABC
ACB
BAC
BCA
CAB
CBA
Denn es ist unmöglich, die Zahl der möglichen Permutationen zu kennen, ohne diese selbst zu kennen. Und wäre das nicht so, so könnte die Kombinatorik nicht zu ihren allgemeinen Formeln kommen. Das Gesetz, welches wir in der Bildung der Permutationen erkennen, ist durch die Gleichung p = n! dargestellt. Ich glaube, in demselben Sinn, wie der Kreis durch die Kreisgleichung. – Ich kann freilich die Zahl 2 den Permutationen A B, B A zuordnen, sowie die 6 den ausgeführten Permutationen von A, B, C, aber das gibt mir nicht den Satz der Kombinationslehre. – Das was ich in A B, B A sehe, ist eine interne Relation, die sich daher nicht beschreiben lässt. D.h. das lässt sich nicht beschreiben, was diese Klasse von Permutationen komplett macht. – Zählen kann ich nur, was tatsächlich da ist, nicht die Möglichkeiten. Ich kann aber z.B. berechnen, wieviele Zeilen ein Mensch schreiben muss, wenn er in jede Zeile eine Permutation von 3 Elementen setzt und solange permutiert, bis er ohne Wiederholung nicht weiter kann. Und das heisst, er braucht 6 Zeilen, um auf diese Weise die Permutationen A B C, A C B etc. hinzuschreiben, denn dies sind eben “die Permutationen von A, B, C”. Es hat aber keinen Sinn zu sagen,
602
dies seien alle Permutationen von A B C.

 
   
     Eine Kombinationsrechenmaschine ist denkbar ganz analog der Russischen.

 
   
     Es ist klar, dass es eine mathematische Frage gibt: “wieviele Permutationen von – z.B. – 4 Elementen gibt es”, eine Frage von genau derselben Art, wie die “wieviel ist 25 × 18”. Denn es gibt eine allgemeine Methode zur Lösung beider.
     Aber die Frage gibt es auch nur mit Bezug auf diese Methode.

 
   
     Der Satz, es gibt 6 Permutationen von 3 Elementen, ist identisch mit dem Permutationsschema und darum gibt es hier keinen Satz “es gibt 7 Permutationen von 3 Elementen”, denn dem entspricht kein solches Schema.

 
   
     Man könnte die Zahl 6 in diesem Falle auch als eine andere Art von Anzahl, die Permutationszahl von A, B, C auffassen. Das Permutieren als eine andere Art des Zählens.

 
   
     Wenn man wissen will, was ein Satz bedeutet, so kann man immer fragen “wie weiss ich das”. Weiss ich, dass es 6 Permutationen von 3 Elementen gibt, auf die gleiche Weise wie, dass 6 Personen im Zimmer sind? Nein. Darum ist jener Satz von anderer Art als dieser.

 
   
     Man kann auch sagen, der Satz “es gibt 6 Permutationen von 3 Elementen” verhält sich genau so zum Satz “es sind 6 Leute im Zimmer”, wie der Satz 3 + 3 = 6, den man auch in der Form “es gibt 6 Einheiten in 3 + 3” aussprechen könnte. Und wie ich in dem einen Fall die Reihen im Permutationsschema zähle, so kann ich im andern die Striche in
!
!
!
!
!
!
zählen.

603
 
   
     Wie ich 4 × 3 = 12 durch das Schema beweisen kann:
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
, so kann ich 3! = 6 durch das Permutationsschema beweisen.

 
   
     Der Satz “die Relation R verbindet zwei Gegenstände miteinaˇnder”, wenn das soviel heissen soll, wie “R ist eine zweistellige Relation” ist ein Satz der Grammatik.
604





 
    
   
     Wie soll man nun den Satz auffassen “diese Hüte haben die gleiche Grösse”, oder “diese Stäbe haben die gleiche Länge”, oder “diese Flecken haben die gleiche Farbe”? Soll man sie in der Form schreiben:
     “(EL). La & Lb”? Aber wenn das in der gewöhnlichen Weise gemeint wird, also mit den gewöhnlichen Regeln gebraucht wird, so müsste es ja dann Sinn haben zu schreiben “(EL). La” also “der Fleck a hat eine Farbe”, “der Stab hat eine Länge”. Ich kann freilich “(EL). La & Lb” für “a und b sind gleichlang” schreiben, wenn ich nur weiss und berücksichtig[d|e], dass “(EL). La” sinnlos ist; aber dann wird die Notation irreführend und verwirrend. (eine Länge haben”, “einen Vater haben”.) – Wir haben hier den Fall, den wir in der gewöhnlichen Sprache so oft so ausdrücken: “Wenn a die Län[f|g]e L hat, so hat b auch L”; aber hier hätte der Satz “a hat die Länge L” gar keinen Sinn, oder doch nicht als Aussage über a; und der Satz lautet richtiger “nennen wir die Länge von a ‘L’, so ist die Länge von b auch L”
605
und ‘L’ ist eben hier wesentlich eine Variable. Der Satz hat übrigens die Form eines Beispiels, eines Satzes, der als Beispiel zum allgemeinen Satz dienen kann und man würde etwa auch fortfahren // fortsetzen // : “wenn z.B. a 5 m lang ist // die Länge 5 m hat // , so hat b auch 5 m, u.s.w.”. – Zu sagen “die Stäbe a und b haben die gleiche Länge” sagt nämlich gar nichts über die Länge jedes Stabes; denn es sagt auch nicht, “dass jeder der beiden eine Länge hat”. Der Fall hat also gar keine Aehnlichkeit mit dem: “A und B haben den gleichen Vater” und “der Name des Vaters von A und B ist ‘N’”, wo ich einfach für die allgemeine Bezeichnung den Eigennamen einsetze. ‘5 m’ ist aber d nicht der Name der betreffenden Länge, von der zuerst nur gesagt wurde, dass a und b sie beide besässen. Wenn es sich um Längen im Gesichtsfeld handelt, können wir zwar sagen, die beiden Längen seien gleich, aber wir können sie im allgemeinen nicht mit einer Zahl “benennen”. – Der Satz “ist L die Länge von a, so hat auch b die Länge L” schreibt seine Form nur als eine von der Form // eines // des // Beispiels // von der eines Beispiels // derivierte (Form) hin. Und man könnte den allgemeinen Satz auch wirklich durch eine Anführung // Aufzählung // von Beispielen mit einem “u.s.w.” ausdrücken. Und es ist eine Wiederholung desselben Satzes, wenn ich sage: “a und b sind gleichlang; ist die Länge von a L, so ist die Länge von b auch L; ist a 5 m lang, so ist auch b 5 m lang, ist a 7 m, so ist b 7 m, u.s.w.”. Die dritte Fassung zeigt schon, dass in dem Satz nicht das “und” zwischen zwei Formen steht, wie in “(Ex). fx & Fx”, so dass man auch (Ex). fx” und (Ex). Fx” schreiben dürfte.
     Nehmen wir als Beispiel auch den [D|S]atz “in den beiden Kisten sind gleichviel Aepfel”. Wenn man diesen Satz in der Form schreibt” es gibt
606
eine Zahl, die die Aep Zahl der Aepfel in beiden Kisten ist”, so kann man auch hier nicht die Form bilden: “es gibt eine Zahl, die die Zahl der Aepfel in dieser Kiste ist”, oder “die Aepfel in dieser Kiste haben eine Zahl”. Schreibe ich:
(Ex). fx. & . non (Ex,y). fx & fy . = . (En1x).fx . = . f1 etc., so könnte man den Satz “die Anzahl der Aepfel in den beiden Kisten ist die gleiche” schreiben:
“(En). fn & Fn”. “(En). fn” aber wäre kein Satz.

 
   
     Will man den Satz “unter f und F fallen gleichviele Gegenstände” in übersichtlicher Notation schreiben, so ist man vor allem versucht, ihn in der Form “fn & Fn” zu schreiben. Und [c|f]erner empfindet man das nicht
562
607
als logisches Produkt von fn und Fn, so dass es also auch Sinn hätte zu schreiben fn & F5 – sondern es ist wesentlich, dass nach ‘f’ und ‘F’ der gleiche Buchstabe folgt und fn & Fn ist eine Abstraktion aus logischen Produkten f4 & F4, f5 & F5 etc., nicht selbst ein logisches Produkt.
        (Es würde also auch nicht aus fn & Fn fn folgen. ‘fn & Fn’ verhält sich vielmehr zu einem logischen Produkt ähnlich wie der Differenzialquot[t|i]ent zu einem Quotienten.) Es ist so wenig ein Logisches Produkt, wie die Photographie einer Familiengruppe eine Gruppe von Photographien ist. Darum kann uns also die Form “fn & Fn” irreführen und es wäre vielleicht eine Schreibweise der Art “
+ ----- +
fn & Fn
” vorzuziehen; aber auch “(En). fn & Fn”, wenn die Grammatik dieses Zeichens festgelegt ist. Man kann dann festlegen: (En). fn = Taut., was soviel heisst wie (En). fn & p = p. Also (En). fn V Fn = Taut., (En). fn C Fn = Taut., (En). fn ! Fn = Cont., etc..
               f1 & F1 & (En). fn & Fn = f1 & (En). fn & Fn
               f2 & F2 & (En). fn & Fn = f2 & (En). fn & Fn
                etc. ad inf..
Und überhaupt sind die Rechnungsregeln für (En). fn & Fn daraus abzuleiten, dass man schreiben kann: (En). fn & Fn = fo & Fo . V . f1 & F1 . V . f2 & F2 u.s.w. ad inf.. Es ist klar, dass dies keine logische Summe ist, da “u.s.w. ad inf.” kein Satz ist. Die Notation (En) fn & Fn ist aber auch nicht unmissverständlich; denn man könnte sich wundern, warum man hier statt fn & Fn nicht Gn sollte setzen können und dann sollte ja “(En). Gn” nichtssagend werden. Das klärt sich natürlich auf, wenn man ˇauf die Notation non.neg(Ex). fx für fo, (Ex). fx & non (Ex,y). fx & fy für f1, etc. zurückgeht, beziehungsweise auf (En0x). fx für fo (En1x). fx für f1, etc.. Denn dann ist zu unterscheiden zwischen (En1x). fx & (En1x). Fx und (En1x). fx & Fx. Und geht man auf (En (En). fn & Fn über, so bedeutet das (En):(Ennx). fx & (Ennx). Fx (welches nicht nichtssagend ist) und nicht (En) :(Ennx). fx & Fx, welches nichtssagend ist.
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                        Die Worte “gleichzahlig”, “längengleich”, “gleichfärbig”, etc. haben ähnliche aber verschiedene Grammatik. // aber nicht die gleiche Grammatik. // – In allen Fällen liegt die Auffassung des Satzes als eine endlose logische Summe nahe, deren Glieder die Form fn & Fn haben. Ausserdem hat jedes dieser Worte mehrere verschiedene Bedeutungen, d.h., könnte selbst wieder durch mehrere Wörter mit verschiedener Grammatik ersetzt werden. Denn “gleichzahlig” heisst etwas anderes, wenn es auf Striche angewandt wird, die gleichzeitig im Gesichtsraum sind, als wenn es sich auf die Aepfel in zwei Kisten bezieht; und “gleichlang” auf den // im // Gesichtsraum angewandt ist verschieden von “gleichlang” im euklidischen Raum; und die Bedeutung von “gleichfärbig” hängt von dem Kriterium ab, das wir für die Gleichfärbigkeit annehmen.

 
   
                        Wenn es sich um Flecke im Gesichtsraum handelt, die wir zu gleicher Zeit sehen, so hat das Wort “gleichlang” verschiedene Bedeutung, je nachdem die Strecken unmittelbar angrenzend oder von einander entfernt sind. In der Wortsprache hilft man sich da oft // häufig // mit dem W[r|o]rt “es scheint”.

 
   
                        Die Gleichzahligkeit, wenn es sich um eine Anzahl von Strichen handelt, “die man übersehen kann”, ist eine andere, als die, welche nur durch Zählen der Striche festgestellt werden kann.
      Verschiedene Kriterien der Gleichzahligkeit: I und II die Zahl, die man unmittelbar erkennt; III das Kriterium der Zuordnung; IV hier muss man beide Klassen zählen; V man erkennt das gleiche Muster. (Das sind natürlich nicht die einzigen Fälle.)

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                       Im Fall der Längengleichheit im euklidischen Raum mag man sagen, sie bestehe darin, dass beide Strecken die gleiche Zahl von cm messen, beide 5 cm, beide 10 cm, etc.. Wenn es sich aber um die Längengleichheit zweier Strecken im Gesichtsraum handelt, so gibt es hier nicht eine Länge L die beide haben.

 
   
                       Man möchte sagen: zwei Stäbe müssen immer entweder gleichlang oder verschieden lang sein. Aber was heisst das? Es ist natürlich eine Regel der Ausdrucksweise. “In den zwei Kisten müssen entweder gleichviel Aepfel oder verschiedene Anzahlen sein”. Das Anlegen zweier Masstäbe an je eine Strecke soll die Methode sein, wie ich herausfinde, ob die beiden Strecken gleichlang sind: sind sie aber gleich lang, wenn die beiden Masstäbe gerade ˇnicht angelegt sind? Wir würden in diesem Fall sagen, wir [|wi]ssen nicht, ob die beiden während dieser Zeit gleich oder verschieden lang sind. Aber man könnte auch sagen, sie haben während dieser Zeit keine Längen, oder etwa keine numerischen Längen.

 
   
                       Aehnliches, wenn auch nicht das Gleiche, gilt von der Zahlengleichheit.

 
   
                       Es gibt hier die Erfahrung, dass wir eine Anzahl Punkte sehen, deren Anzahl wir nicht unmittelbar sehen können, die wir aber während des Zählens überblicken können, so dass es Sinn hat zu sagen, sie haben sich während des Zählens nicht verändert. Anderseits aber gibt es auch den Fall einer Gruppe von Körpern // Gegenständen // oder Flecken, die wir nicht übersehen können, während wir sie zählen, so dass es hier das frühere Kriterium, ˇ dafür, dass die Gruppe sich während des Zählens nicht verändert, nicht gibt.

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     Russells Erklärung der Gleichzahligkeit ist aus verschiedenen Gründen ungenügend. Aber die Wahrheit ist, dass man in der Mathematik keine solche Erklärung der Gleichzahligkeit braucht. Hier ist überhaupt alles falsch aufgezäumt.
     Was uns verführt die Russell'sche, oder Frege'sche, Erklärung anzunehmen, ist der Gedanke, zwei Klassen von Gegenständen (Aepfeln in zwei Kisten) seien gleichzahlig, wenn man sie einander 1 zu 1 zuordnen könne. Man denkt sich die Zuordnung als eine Kontrolle der Gleichzahligkeit. Und hier macht man in Gedanken wohl noch eine Unterscheidung zwischen Zuordnung und Verbindung durch eine Relation; und zwar wird die Zuordnung zur Verbindung, was die “geometrische Gerade” zu einer wirklichen ist, eine Art idealer Verbindung; einer Verbindung, die quasi von der Logik vorgezeichnet ist und durch die Wirklichkeit nun nachgezogen werden kann. Es ist die Möglichkeit, aufgefasst als eine schattenhafte Wirklichkeit. Dies hängt dann wieder mit der Auffassung von “(Ex). fx” als Ausdruck der Möglichkeit von fx zusammen.
     “f und F sind gleichzahlig” (ich werde dies schreiben “S(f,F)”, oder auch einfach “S”) soll ja aus “f5 & F5” folgen; aber aus f5 & F5 folgt nicht, dass f und F durch eine 1–1 Relation R verbunden sind (dies werde ich “P(f,F)” oder “P” schreiben). Man hilft sich, indem man sagt, es bestehe dann eine Relation der Art
566
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       “x = a & y = b . V . x = c & y = d . V . u.s.w.”.
Aber, erstens, warum definiert man dann nicht gleich S als das Bestehen einer solchen Relation. Und wenn man darauf an[f|t]wortet, diese Definition // Erklärung // würde die Gleichzahligkeit bei unendlichen Anzahlen nicht einschliessen, so ist zu sagen, dass dies nur auf eine Frage der “Eleganz” hinausläuft, da ich letzten Endes für endliche Zahlen meine Zuflucht doch zu den “extensiven” Beziehungen nehmen müsste. Aber diese führen uns auch zu nichts; denn, zu sagen, zwischen f und F bestehe eine Beziehung – z.B. – der Form x = a & y = b . V . x = c & y = d sagt nichts andres, als
        (Ex,y). fx & fy . & . non (Ex,y,z). fx & fy & fz : & :      : & : (Ex,y). Fx & Fy . & . non (Ex,y,z). Fx & Fy & Fz   .
(Was ich in der Form schreibe
(En2x). fx & (En2x). Fx
   . Und, zu sagen, zwischen f und F bestehe eine der Beziehungen
x = a & y = b ; x = a & y = [b|d] . V . x = c & y = d ; etc. etc., heisst nichts andres als, es bestehe eine der Tatsachen f1 & F1 ; f2 & F2; etc. etc. Nun hilft man sich mit der grösseren Allgemeinheit, indem man sagt, zwischen f und F bestehe irgend eine 1–1 Relation und vergisst, dass man dann doch für die
Bezeichnung
Beziehung
dieser Allgemeinheit die Regel festlegen muss, nach welcher “irgend eine Relation” auch die Relationen der Form x = a & y = b etc. einschliesst. Dadurch, dass man mehr sagt, kommt man nicht darum herum, das Engere zu sagen, das in dem Mehr vorhanden sein soll. (Die Logik lässt sich nicht betrügen.)
         In dem Sinne von S also, in welchem S aus f5 & F5 folgt, wird es durch die Russell'sche Erklärung nicht erklärt. Vielmehr braucht man da eine Reihe von Erklärungen
fo & S = fo & Fo = Fo & S
f1 & S = f1 & F1 = F1 & S …A
etc. ad inf.
Dagegen wird P als Kriterium der Gleichzahligkeit gebraucht und kann natürlich in einem andern Sinne von S auch S gleichge-
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setzt werden. (Und man kann dann nur sagen: Wenn in Deiner // einer // Notation S = P ist, dann bedeutet S nichts andres als P.)
     Es folgt zwar nicht P aus f5 & F5, wohl aber f5 & F5 aus P & f5.
P & f5 = P & f5 & F5 = P & F5
u.s.w..
Also kann man schreiben:
P & fo = P & fo & Fo = P & fo & S
P & f1 = P & f1 & F1 = P & f1 & S … B
P & f2 = P & f2 & F2 = P & f2 & S       u.s.w. ad inf..

Und dies kann man dadurch ausdrücken, dass man sagt, die Gleichzahligkeit folge aus P. Und man kann auch die Regel geben P & S = P, die mit den Regeln, oder der Regel, B und der Regel A übereinstimmt.

 
   
     Die Regel “aus P folgt S” also P & S = P könnte man auch ganz gut weglassen: die Regel B tut denselben Dienst.
     Schreibt man S in der Form fo & Fo . V . f1 & F1 . V . f2 & F2 . V . . V . … ad inf., so kann man mit grammatischen Regeln, die der gewohnten Sprache entsprechen, leicht P & S = P ableiten. Denn
      (fo & Fo . V . f1 & F1 etc. ad inf.) & P = fo & Fo & P . V . f1 & F1 & P . V . . V . etc. ad inf. = fo & P . V . f1 & P . V . f2 & P . V . etc. ad inf. = = P & (fo V f1 V f2 V etc. ad inf.) = P   . Der Satz
“fo V f1 V f2 V etc. ad inf.” muss als Tautologie behandelt werden.

 
   
      Man kann den Begriff der Gleichzahligkeit so auffassen, dass es keinen Sinn hat, von zwei Gruppen von Punkten Gleichzahligkeit oder das Gegenteil auszusagen, wenn es sich nicht um zwei Reihen handelt, deren eine zum mindesten einem Teil der andern 1–1 zugeord-
613
net ist. Zwischen solchen Reihen kann m dann nur von einseitiger oder gegenseitiger Iklusion Inklusion // Einschliessung // die Rede sein. Und diese hat eigentlich mit besondern Zahlen so wenig zu tun, wie die Längengleichheit oder Ungleichheit im Gesichtsraum mit Masszahlen. Die Verbindung mit den Zahlen kann gemacht werden, muss aber nicht gemacht werden. Wird die Verbindung mit der Zahlenreihe gemacht, so wird die Beziehung der gegenseitigen Inklusion oder Längengleichheit der Reihen zur Beziehung der Z[ä|a]hlengleichheit. Aber nun folgt nicht nur F5 aus P & f5 sondern auch P aus f5 & F5. Das heisst, hier ist S = P.
614






 
    
    
   
     Wie kann es in der Mathematik Vermutungen geben? Oder vielmehr: Welcher Natur ist das, was in der Mathematik wie eine Vermutung aussieht? Wenn icha also etwa Vermutungen über die Verteilung der Primzahlen anstelle.
     Ich könnte mir z.B. denken, dass jemand in meiner Gegenwart Primzahlen der Reihe nach hinschriebe, ich wüsste nicht, dass es die Primzahlen sind – ich könnte etwa glauben, es seien Zahlen, wie sie ihm eben einfielen – und nun versuchte ich irgendein Gesetz in ihen ihnen zu finden. Ich könnte nun geradezu eine Hypothese über diese Zahlenfolge aufstellen, wie über jede andere, die ein physikalisches Experiment ergibt.
     In welchem Sinne habe ich nun hiedurch eine Hypothese über die Verteilung der Primzahlen aufgestellt?

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     Man könnte sagen, eine Hypothese in der Mathematik hat den Wert, dass sie die Gedanken an einen bestimmten Gegenstand – ich meine ein bestimmtes Gebiet – heftet und man könnte sagen “wir werden gewiss etwas Interessantes über diese Dinge herausfinden”.

 
   
     Das Unglück ist, dass unsere Sprache so grundverschiedene Dinge mit h jedem der Worte “Frage”, “Problem”, “Untersuchung”, “Entdeckung” bezeichnet. Ebenso h mit den Worten “Schluss”, “Satz”, “Beweis”.

 
   
     Es frägt sich wieder, welche Art der Verifikation lasse ich für meine Hypothese gelten? Oder kann ich vorläufig – faute de mieux – die empirische gelten lassen, solange ich noch keinen “strengen Beweis” habe? Nein. Solange ein solcher Beweis nicht besteht, besteht gar keine Verbindung zwischen meiner Hypothese und dem “Begriff” der Primzahl.

 
   
     Erst der sogenannte Beweis verbindet die Hypothese überhaupt mit den Primzahlen als solchen. Und das zeigt sich daran, dass – wie gesagt – bis dahin die Hypothese als eine rein physikalische aufgefasst werden kann. – Ist andererseits der Beweis geliefert, so beweist er gar nicht, was vermutet worden war, denn in die Unendlichkeit hinein kann ich nicht vermuten. Ich kann nur vermuten, was bestätigt werden kann, aber durch die Erfahrung kann nur eine endliche Zahl von Vermutungen bestätigt werden, und den Beweis kann man nicht vermuten, solange man ihn nicht hat, und ˇdann auch nicht.

 
   
     Angenommen, es hätte Einer den pythagoräischen Lehrsatz zwar nicht bewiesen, wäre aber durch Messungen der Katheten und Hypothenusen zur “Vermutung” dieses Satzes geführt worden. Und nun fände er den Beweis und sagt, er habe nun bewiesen, was er früher vermutet hatte: so ist doch we-
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nigstens das eine merkwürdige Frage: An welchem Punkt des Beweises kommt denn nun das heraus, was er früher durch die einzelnen Versuche bestätigt fand? denn der Beweis ist doch wesensverschieden von der früheren Methode. – Wo berühren sich diese Methoden, da sie angeblich in irgendeinem Sinne das Gleiche ergeben? D.h.: Wenn der Beweis und die Versuche nur verschiedene Ansichten Desselben (derselben Allgemeinheit) sind.
     (Ich sagte “aus der gleichen Quelle fliesst nur Eines” und man könnte sagen, es wäre doch zu sonderbar, wenn aus so verschiedenen Quellen dasselbe fliessen sollte. Der Gedanke, dass aus verschiedenen Quellen dasselbe fliessen kann ist und von der Physik, d.h. von den Hypothesen so geläufig // vertraut // . Dort schliessen wir immer von Symptomen auf die Krankheiten und wissen, dass die verschiedensten Symptome, Symptome Desselben sein können.)

 
   
     Wie konnte man nach der Statistik das vermuten, was dann der Beweis zeigte?

 
   
     Wo soll aus dem Beweis dieselbe Allgemeinheit hervorspringen, die die früheren Versuche wahrscheinlich machten?

 
   
     Ich hatte die Allgemeinheit vermutet, ohne den Beweis zu vermuten (nehme ich an) und nun beweist der Beweis gerade die Allgemeinheit, die ich vermutete!?

 
   
     Angenommen, jemand untersuchte gerade [G|Z]ahlen auf das Stimmen des Goldbach'schen Satzes hin. Er würde nun die Vermutung aussprechen – und die lässt sich aussprechen – dass, wenn er mit dieser Untersuchung fortfährt, er solange er lebt keinen widersprechenden Fall antreffen werde.
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Angenommen, es werde nun ein Beweis des Satzes gefunden, – beweist der dann auch die Vermutung des Mannes? Wie ist das möglich?

 
   
     Nichts ist verhängnisvoller für das philosophische Verständnis, als die Auffassung von Beweis und Erfahrung als zweier verschiedener, also doch vergleichbarer Verifikationsmethoden.



 
   
     Welcher Art war Scheffers Entdeckung, dass p . V . q und non-p sich durch p/q ausdrücken lassen? – Man hatte keine Methode, nach p/q zu suchen und wenn man heute eine fände, so könnte das keinen Unterschied machen.
     Was war es, was wir vor der Entdeckung nicht wussten? (Es war nichts, was wir nicht wussten, sondern etwas, was wir nicht kannten.)
     Das sieht man sehr deutlich, wenn man sich den Einspruch erhoben denkt, p/p sei gar nicht das, was non-p sagt. Die Antwort ist natürlich, dass es sich nur darum handelt, dass das System p/q etc. die nötige Multiplizität hat. Scheffers hat also ein symbolisches System gefunden, das die nötige Multiplizität hat.
     Ist es ein Suchen, wenn ich das System Scheffers nicht kenne und sage, ich möchte ein System mit nur einer logischen Konstanten konstruieren. Nein!
     Die Systeme sind ja nicht in einem Raum, so dass ich sagen könnte: Es gibt Systeme mit 3 und 2 logischen Konstanten und nun suche ich die Zahl der Konstanten in der selben Weise zu vermindern. Es gibt hier keine selbe Weise.

 
   
/      Wenn auf die Lösung – etwa – des Fermat'schen Problems Preise ausge-
619
setzt sind, so könnte man mir vorhalten: Wie kannst Du behaupten // sagen // , dass es dieses Problem nicht gebe; wenn Preise auf die Lösung ausgesetzt sind, so muss es das Problem wohl geben. Ich müsste sagen: Gewiss, nur missverstehen die, die darüber reden, die Grammatik des Wortes “mathematisches Problem” und des Wortes “Lösung”. Der Preis ist eigentlich auf die Lösung einer naturwissenschaftlichen Aufgabe gesetzt; (gleichsam) [q|a]uf das Aeussere der Lösung (darum spricht man z.B. auch von einer Riemann'schen Hypothese). Die Bedingungen der Aufgabe sind äusserliche; und wenn die Aufgabe gelöst ist, so entspricht, was geschehen ist, der gestellten Aufgabe // der Stellung der Aufgabe // , wie die Lösung einer physikalischen Aufgabe dieser Aufgabe.

 
   
     Wäre die Aufgabe, eine Konstruktion des regelmässigen Fünfecks zu finden, so ist die Konstruktion in dieser Aufgabestellung durch das physikalische Merkmal charakterisiert, dass sie tatsächlich ein durch Messung definiertes regelmässiges Fünfeck liefern/soll. Denn den Begriff der konstruktiven Fünfteilung (oder des konstruktiven Fünfecks) haben wir ja noch gar nicht. // erhalten wir ja erst durch die Konstruktion. //

 
   
     Ebenso im Fermat'schen Satz haben wir ein empirisches Gebilde, das wir als Hypothese deuten, also – natürlich – nicht als Ende einer Konstruktion. Die Aufgabe fragt also, in gewissem Sinne, nach etwas Anderem, als was die Lösung gibt./

 
   
/      Natürlich steht auch der Beweis des Gegenteils des [G|F]ermat'schen Satzes, z.B., – im gleichen Verhältnis zur Aufgabe, wie der Beweis des Satzes. (Beweis der Unmöglichkeit einer Konstruktion.)/

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     Sofern man die Unmöglichkeit der 3-Teilung als eine physische Unmöglichkeit darstellen kann, indem man z.B. sagt: “versuch' nicht, den Winkel in 3 gleiche Teile zu teilen, es ist hoffnungslos!”, insofern beweist der “Beweis der Unmöglichkeit” diese nicht. Dass es hoffnungslos ist, die Teilung zu versuchen, das hängt mit physikalischen Tatsachen zusammen.

 
   
     Denken wir uns, jemand stellte sich folgendes // dieses // Problem: Es ist ein Spiel zu erfinden: das Spiel soll auf einem Schachbrett gespielt werden; jeder Spieler soll 8 Steine haben; von den weissen Steinen sollen 2 (die “Konsulen”), die an den Enden der Anfangsposition stehen, durch die Regeln irgendwie ausgezeichnet sein; sie sollen eine grössere Bewegungsfreiheit haben als die andern; von den schwarzen Steinen soll einer (der “Feldherr” ein ausgezeichneter sein; ein weisser Stein nimmt einen schwarzen (und umgekehrt), indem er sich an dessen Stelle setzt; das ganze Spiel soll eine gewisse Analogie mit den Punischen Kriegen haben. Das sind die Bedingungen, denen das Spiel zu genügen hat. – Das ist gewiss eine Aufgabe, und eine Aufgabe ganz andrer Art, als die, herauszufinden, wie Weiss im Schachspiel unter gewissen Bedingungen gewinnen könne. – Denken wir uns nun aber die Frage // das Problem // : “Wie kann Weiss in unserm // dem // Kriegsspiel, dessen Regeln wir noch nicht genau kennen, in 20 Zügen gewinnen?” – Dieses Problem wäre ganz analog den Problemen der Mathematik (nicht ihren Rechenaufgaben).



 
   
     Was versteckt ist, muss gefunden werden können. (Versteckter Widerspruch.)
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     Was versteckt ist, muss sich auch, ehe es gefunden wurde, ganz beschreiben lassen, als wäre es (schon) gefunden.

 
   
     Wenn man sagt, der Gegenstand ist so versteckt, dass es unmöglich ist, ihn zu finden, so hat das guten Sinn und die Unmöglichkeit ist hier natürlich keine logische; d.h., es hat Sinn, von dem Finden des Gegenstandes zu reden und auch, es zu beschreiben; und wir leugnen nur, dass das // es // geschehen wird.

 
   
     Man könnte so sagen: Wenn ich etwas suche – ich meine, den Nordpol, oder ein Haus in London – so kann ich das, was ich suche, vollständig beschreiben, ehe ich es gefunden habe (oder gefunden habe, dass es nicht da ist) und diese Beschreibung wird in jedem Fall logisch einwandfrei sein. Während ich im Falle des “Suchens” in der Mathematik, wo es nicht in einem System geschieht, das was ich suche, nicht beschreiben kann, oder nur scheinbar; denn, könnte ich es in allen Einzelheiten beschreiben, so hätte ich es eben schon, und ehe es vollständig beschrieben ist, kann ich nicht sicher sein, ob das was ich suche, logisch einwandfrei ist, sich also überhaupt beschreiben lässt; d.h. diese unvollkommene Beschreibung lässt gerade das aus, was notwendig wäre, damit etwas gesucht werden könnte. Sie ist also nur eine Scheinbeschreibung des “Gesuchten”.
     Irregeführt wird man hier leicht durch die Rechtmässigkeit einer unvollkommenen Beschreibung im Falle des Suchens eines wirklichen Gegenstandes, und hier spielt wieder eine Unklarheit über die Begriffe ‘Beschreibung’ und ‘Gegenstand’ hinein. Wenn man sagt, ich gehe auf den Nordpol und erwarte mir dort eine Flagge zu finden, so hiesse das in der Russell'schen Auffassung: ich erwarte mir Etwas (ein X) zu finden, das eine Flagge – etwa von dieser und die[w|s]er Farbe und Grösse – ist. Und es
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scheint dann, als bezöge sich die Erwartung (das Suchen[a|)] auch hier nur auf eine Beschreibung // indirekte Kenntnis // und nicht auf den Gegenstand selbst, den ich erst dann direkt // eigentlich // kenne (knowledge by acquaintance), wenn ich ihn vor mir habe (während ich früher // vorher // nur indirekt mit ihm bekannt bin). Aber das ist Unsinn. Was immer ich dort wahrnehmen kann – soweit es eine Bestätigung meiner Erwartung ist – kann ich auch schon vorher beschreiben. Und “beschreiben” heisst hier nicht, etwas darüber aussagen, sondern es aussprechen, d.h.: Was ich suche, muss ich vollständig beschreiben können.

 
   
     Die Frage ist: Kann man sagen, dass die Mathematik heute gleichsam ausgezackt – oder ausgefranst – ist und dass man sie deshalb wird abrunden können. Ich glaube, man kann das erstere nicht sagen, ebensowenig wie man sagen kann, die Realität sei struppig, weil es 4 primäre Farben, sieben Töne in einer Oktav, drei Dimensionen im Sehraum etc. gäbe.

 
   
     Die Mathematik abrunden kann man so wenig, wie man sagen kann “runden wir die vier primären Farben auf fünf oder zehn ab”, oder “runden wir die acht Töne einer Oktav auf zehn ab”.



 
   
     Vergleich zwischen einer mathematischen Expedition und einer Polarexpedition. Diesen Vergleich anzustellen hat Sinn und ist sehr nützlich.

 
   
     Wie seltsam wäre es, wenn eine geographische Expedition nicht sicher wüsste, ob sie ein Ziel, also auch ob sie überhaupt einen Weg hat. Das können wir uns nicht denken, es gibt Unsinn. Aber in der mathematischen
623
Expedition verhält es sich geradeso. Also wird es vielleicht am besten sein, den Vergleich ganz fallen zu lassen.
     Es wäre wie eine Expedition, die des Raumes nicht ganz sicher wäre!

 
   
     Könnte man sagen, dass die arithmetischen oder geometrischen Probleme immer so ausschauen, oder fälschlich so aufgefasst werden können, als bezögen sie sich auf Gegenstände im Raum, während sie sich auf den Raum selbst beziehen?

 
   
     Raum nenne ich das, dessen man beim Suchen gewiss sein kann.
624




 
    
   
     Der bewiesene mathematische Satz hat in seiner Grammatik zur Wahrheit hin ein Uebergewicht. Ich kann, um den Satz von 25 × 25 = 625 zu verstehen, fragen: wie wird dieser Satz bewiesen. Aber ich kann nicht fragen: wie wird – oder würde – sein Gegenteil bewiesen; denn es hat keinen Sinn, vom Beweis des Gegenteils von 25 × 25 = 625 zu reden. Will ich also eine Frage stellen, die von der Wahrheit des Satzes unabhängig i[d|s]t, so muss ich von der Kontrolle seiner Wahrheit, nicht von ihrem Beweis, oder Gegenbeweis, reden. Die Methode der Kontrolle entspricht dem, was man den Sinn des mathematischen Satzes nennen kann. Die Beschreibung dieser Methode ist allgemein und bezieht sich auf ein System von Sätzen, etwa den Sätzen der Form a × b = c.

 
   
     Man kann nicht sagen: “ich werde ausrechnen, dass es so ist”, sondern “ob es so ist”. Also, ob so, oder anders.

 
   
     Die Methode der Kontrolle der Wahrheit entspricht dem Sinn des mathe-
625
matischen Satzes. Kann von so einer Kontrolle nicht die Rede sein, dann bricht die Analogie der “mathematischen Sätze” mit dem, was wir sonst Satz nennen, zusammen. So gibt es eine Kontrolle für die Sätze der Form “(Ek)
n
m


n
m
…” und “non.neg(Ek)
n
m


n
m
…”, die sich auf Intervalle beziehen.

 
   
     Denken wir ◇◇◇ nun an die Frage: “hat die Gleichung x² + ax + b = 0 eine reelle Lösung”. Hier gibt es wieder eine Kontrolle und die Kontrolle scheidet zwischen den Fällen (E …) etc. und non.neg(E …) etc.. Kann ich aber in demselben Sinne auch fragen und kontrollieren “ob die Gleichung eine Lösung hat”? es sei denn, dass ich diesen Fall wieder mit andern in ein System bringe.

 
   
     (In Wirklichkeit konstruiert der “Beweis des Hauptsatzes der Algebra” eine neue Art von Zahlen.)

 
   
     Gleichungen sind eine Art von Zahlen. (D.h. sie können den Zahlen ähnlich behandelt werden.)

 
   
     Der “Satz der Mathematik”, welcher durch eine Induktion bewiesen ist –, so aber, dass man nach dieser Induktion nicht in einem System von Kontrollen suchen // fragen // kann, – ist nicht ‘Satz’ in dem Sinne, in welchem er es die Antwort auf eine mathematische Frage ist.
     “Jede Gleichung G hat eine Wurzel”. Und wie, wenn sie keine hat? können wir diesen Fall beschreiben, wie den, dass sie keine rationale Lösung di hat? Was ist das Kriterium dafür, dass eine Gleichung keine Lösung hat? Denn dieses Kriterium muss gegeben sein // werden // , wenn die mathematische Frage einen Sinn haben soll und wenn das, was die Form eines Existenzsatzes hat, “Satz” im Sinne der Antwort auf eine Frage
626
sein soll. // und wenn der Existenzssatz Antwort auf eine Frage sein soll. //
     (Worin besteht die Beschreibung des Gegenteils; worauf stützt sie sich; auf welche Beispiele, und wie sind diese Beispiele mit einem besonderen Fall des bewiesenen Gegenteils verwandt? Diese Fragen [i|s]ind nicht etwa nebensächlich, sondern absolut wesentlich.)
     (Die Philosophie der Mathematik besteht in einer genauen Untersuchung der mathematischen Beweise – nicht darin, dass man die Mathematik mit einem Dunst umgibt.)

 
   
     Wenn in den Diskussionen über die Beweisbarkeit der mathematischen Sätze gesagt wird, es gäbe wesentlich Sätze der Mathematik, deren Wahrheit oder Falschheit unentschieden bleiben müsse, so bedenken // wissen // , die es sagen, nicht, dass solche Sätze, wenn wir sie gebrauchen können und “Sätze” nennen wollen, ganz andere Gebilde sind, als was sonst “Satz” genannt wird: denn der Beweis ändert die Grammatik des Satzes. Man kann wohl ein und dasselbe Brett einmal als Windfahne, ein andermal als Wegweiser verwenden; aber das feststehende nicht als Windfahne und das bewegliche nicht als Wegweiser. Wollte jemand sagen “es gibt auch bewegliche Wegweiser”, so würde ich ihm antworten: “Du willst wohl sagen, ‘es gibt auch bewegliche Bretter’; und ich sage nicht, dass das bewegliche Brett unmöglich irgendwie verwendet werden kann, – nur nicht als Wegweiser”.
     Das Wort “Satz”, wenn es hier überhaupt Bedeutung haben soll, ist äquivalent einem Kalkül und zwar jedenfalls den, in welchem p. V . non-p = Taut. ist (das “Gesetz des ausgeschlossenen Dritten” gilt). Soll es nicht gelten, so haben wir den Begriff des Satzes geändert. Aber wir
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haben damit keine Entdeckung gemacht (etwas gefunden, das ein Satz ist, und dem und dem Gesetz nicht gehorcht); sondern eine neue Festsetzung getroffen, ein neues Spiel angegeben.
628




 
    
   
     Die Mathematiker verirren sich nur dann, wenn sie über Kalküle im Allgemeinen reden wollen; und zwar darum, weil sie dann die besondern Bestimmungen vergessen, die jedem besonderen Kalkül als Grundelage dienen // zu Grunde liegen // .

 
   
     Der Grund, warum alle Philosophen der Mathematik fehlgehen, ist der, dass man in der Logik nicht allgemeine Dicta durch Beispiele begründen kann, wie in der Naturgeschichte. Sondern jeder besondere Fall hat die


Bedeutung, und
wieder
anderseits
ist mit ihm alles erschöpft, und man kann keinen allgemeinen Schluss aus ihm ziehen (also keinen Schluss). … Bedeutung, aber alles ist mit ihm erschöpft. … //

 
   
     Eine logische Fiktion gibt es nicht und darum kann man nicht mit lo[t|g]ischen Fiktionen arbeiten; und muss jedes Beispiel ganz ausführen.

629
 
   
     In der Mathematik kann es nur mathematische Schwierigkeiten // troub[k|l]es // geben, nicht philosophische.

 
   
     Der Philosoph notiert eigentlich nur das, was der Mathematiker so gelegentlich über seine Tätigkeit hinwirft.

 
   
     Der Philosoph kommt leicht in die Lage eines ungeschickten Direktors, der, statt seine Arbeit zu tun und nur darauf zu schauen, dass seine Angestellten ihre Arbeit richtig machen, ihnen ihre Arbeit abnimmt und sich so eines Tages mit fremder Arbeit überladen sieht, während die Angestellten zuschaun und ihn kritisieren.
     Besonders ist er geneigt, sich die Arbeit des Mathematikers aufzuhalsen.



 
   
     Wenn Du wissen willst, was der Ausdruck “Stetigkeit einer Funktion” bedeutet, schau' den Beweis der Stetigkeit an; der wird ja zeigen, was er beweist. Aber sieh nicht das Resultat an, wie es in Prosa hingeschrieben // ausgedrückt // ist und auch nicht, wie es in der Russell'schen Not[q|a]tion lautet, die ja bloss eine Uebersetzung des Prosaausdrucks ist; sondern richte Deinen Blick dorthin, wo im Beweis noch gerechnet wird. Denn der Wortausdruck des angeblich bewiesenen Satzes ist meist irreführend, denn er verschleiert das eigentliche Ziel des Beweises, das in diesem mit voller Klarheit zu sehen ist.

 
   
     “Wird die Gleichung von irgend welchen Zahlen befriedigt?”; “sie wird von Zahlen befriedigt”; “sie wird von allen Zahlen (von keiner Zahl) be-
630
friedigt”. Hat Dein Kalkül Beweise? und welche? daraus erst wird man den Sinn dieser Sätze und Fragen entnehmen können.

 
   
     Sage mir wie Du suchst und ich werde Dir sagen was Du suchst.

 
   
     Wir werden uns zuerst fragen müssen: Ist der mathematische Satz beie bewiesen? und wie? Denn der Beweis gehört zur Grammatik des Satzes! – Dass das so oft nicht eingesehen wird, kommt daher, dass wir hier wieder auf der Bahn einer uns irreführenden Analogie denken. Es ist, wie gewöhnlich in diesen Fällen, eine Analogie aus unserm naturwissenschaftlichen Denken. Wir sagen z.B. “dieser Mann ist vor 2 Stunden gestorben”, und wenn man uns fragt “wie lässt sich das feststellen”, so können wir eine Reihe von Anzeigen [|(]Symptomen) dafür angeben. Wir lassen aber auch die Möglichkeit dafür offen, dass etwa die Medizin bis jetzt unbekannte Methoden entdeckt, die Zeit des Todes festzustellen und das heisst: Wir können solche mögliche Methoden auch jetzt schon beschreiben, denn nicht ihre Beschreibung wird entdeckt, sondern, es wird nur experimentell festgestellt, ob die Beschreibung den Tatsachen entspricht. So kann ich z.B. sagen: eine Methode besteht darin, die Quantität des Hämoglobins im Blut zu finden, denn diese nehme mit der Zeit nach dem Tode, nach dem und dem Gesetz, ab. Das [d|s]timmt natürlich nicht, aber, wenn es stimmte, so würde sich dadurch an der von mir erdichteten Beschreibungs nichts ändern. Nennt man nun die medizinische Entdeckung “die Entdeckung eines Beweises dafür, dass der Mann vor 2 Stunden gestorben ist”, so muss man sagen, dass diese Entdeckung an der Grammatik des Satzes “der Mann ist vor 2 Stunden gestorben”, nichts ändert. Die Entdeckung ist die Entdeckung, dass eine bestimmte Hypothese wahr ist (oder: mit den Tatsachen übereinstimmt). Diese Denkweise sind wir nun so gewöhnt, dass wir den Fall der Entdeckung eines Beweises in der Mathematik unbesehen für den gleichen oder einen
631
ähnlichen halten. Mit Unrecht: denn, kurz gesagt, den mathematischen Beweis konnte man nicht beschreiben, ehe er gefunden war.
     Der ‘medizinische Beweis’ hat die Hypothese, die er bewiesen hat, nicht in einen neuen Kalkül eingegliedert und ihm also keinen neuen Sinn gegeben; der mathematische Beweis gliedert den mathematischen Satz in einen neuen Kalkül ein, er verändert seine Stellung in der Mathematik. Der Satz mit seinem Beweis gehört einer andern Kategorie an, als der Satz ohne den Beweis. (Der unbewiesene mathematische Satz – Wegweiser der mathematischen Forschung, Anregung zu mathematischen Konstruktionen.)

 
   
     Sind die Variablen von derselben Art in den Gleichungen:
                      x² + y² + 2xy = (x + y)²
                      x² + 3x + 2 = 0
                      x² + ax + b = 0
                      x² + xy + z = 0     ?
Das kommt auf die Verwendung dieser Gleichungen an. – Aber der Unterschied zwischen № Nr.1 und № Nr.2 (wie sie gewöhnlich gebraucht werden) ist nicht einer der Extension der Werte, die
sie
sich
befriedigen. Wie beweist Du den Satz “№ 1 gilt für alle Werte von x und y” und wie den Satz “es gibt Werte von x, die № 2 befriedigen”? So viel Analogie in diesen Beweisen ist, soviel Analogie ist im Sinn der beiden Sätze.

 
   
     Aber kann ich nicht von einer Gleichung sagen: “Ich weiss, sie stimmt für einige Substitutionen nicht – ich erinnere mich nicht, für welche –; ob sie aber allgemein nicht stimmt, das weiss ich nicht”? – Aber was meinst Du damit, wenn Du sagst, Du weisst das? Wie weisst Du es? Hinter den Worten “ich weiss …” ist ja nicht ein bestimmter Geisteszustand, der der Sinn dieser Worte wäre. Was kannst Du mit diesem Wissen
632
anfangen? denn das wird zeigen, worin dieses Wissen besteht. Kennst Du eine Methode, um festzustellen, dass die Gleichung allgemein ungiltig ist? Erinnerst Du Dich daran, dass die Gleichung für einige Werte von x zwischen 0 und 1000 nicht stimmt? Hat Dir jemand bloss die Gleichung gezeigt und gesagt, er habe Werte für x gefunden, die die Gleichung nicht befriedigen, und weisst Du vielleicht selbst nicht, wie man dies für einen gegebenen Wert konstatiert? etc. etc.



 
   
     “Ich habe ausgerechnet, dass es keine Zahl gibt, welche …”. – In welchem Rechnungssystem kommt diese Rechnung vor? – Dies wird uns zeigen, in welchem Satzsystem der errechnete Satz ist. (Man fragt auch: “wie rechnet man so etwas aus?”)

 
   
     “Ich habe gefunden, dass es so eine // eine solche // Zahl gibt”.
     “Ich habe ausgerechnet, dass es keine solche Zahl gibt”.
     Im ersten Satz darf ich nicht “keine” statt “eine” einsetzen. – Und wie, wenn ich im zweiten statt “keine” “eine” setze? Nehmen wir an, die // eine // Rechnung ergibt nicht den Satz “non.neg(En) etc.”, sondern “(En) etc.”. Hat es dann etwa Sinn zu sagen: “nur Mut! jetzt musst Du einmal auf eine solche Zahl kommen, wenn Du nur lang genug probierst”? Das hat nur Sinn, wenn der Beweis nicht “(En) etc.” ergeben, sondern dem Probieren Grenzen gesteckt hat, also etwas ganz anderes geleistet hat. D.h., das, was wir den Existenzsatz nennen, der uns eine Zahl suchen lehrt, hat zum Gegenteil nicht den Satz “(n). etc.”, sondern einen Satz, der sagt, dass in dem und dem Intervall keine Zahl ist, die …. Was ist das Gegenteil des Bewiesenen? – Dazu muss man auf den Beweis schauen. Man kann sagen: das Gegenteil des bewiesenen Satzes ist
633
das, was statt seiner durch einen bestimmten Rechnungsfehler im Beweis bewiesen worden wäre. Wenn nun z.B. der Beweis, dass non.neg(En). etc. der Fall ist, eine Induktion ist die zeigt, dass, soweit ich auch gehe, eine solche Zahl nicht vorkommen kann, so ist das Gegenteil dieses Beweises (ich will einmal diesen Ausdruck gebrauchen) nicht der Existenzbeweis in unserem Sinne. – Es ist hier nicht, wie im Fall des Beweises, dass keine oder eine der Zahlen a, b, c, d die Eigenschaft P hat; und diesen Fall hat man immer als Vorbild vor Augen. Hier könnte ein Irrtum darin bestehen, dass ich glaube c hätte die Eigenschaft und, nachdem ich den Irrtum eingesehen hätte, wüsste ich, dass keine der Zahlen die Eigenschaft hat. Die Analogie bricht eben hier zusammen.
     (Das hängt damit zusammen, dass ich nicht in jedem Kalkül, in dem ich Gleichungen gebrauchen, eo ipso auch die Verneinungen von Gleichungen gebrauchen darf. Denn 2 × 3 [/| = ] 7 heisst nicht, dass die Gleichung “2 × 3 = 7” nicht vorkommen soll, wie etwa die Gleichung “2 × 3 = sinus”, sondern die Verneinung ist eine Ausschliessung innerhalb eines von vornherein bestimmten Systems. Eine Definition kann ich nicht verneinen, wie eine nach Regeln abgeleitete Gleichung.)
     Sagt man, das Intervall im Existenzbeweis sei nicht wesentlich, da ein andres Intervall es auch getan hätte, so heisst das natürlich nicht, dass das Fehlen einer Intervallangabe es auch getan hätte. – Der Beweis der Nichtexistenz hat zum Beweis der Existenz nicht das Verhältnis eines Beweises von p zum Beweis des Gegenteils.
     Man sollte glauben, in dem Beweis des Gegenteils von “(En). etc.” müsste sich eine Negation einschleichen // verirren // können, durch die irrtümlicherweise “non.neg(En) etc.” bewiesen wird.
     Gehen wir doch einmal, umgekehrt, von den Beweisen aus und nehmen wir an, sie wären uns ursprünglich gezeigt worden und man hätte uns dann gefragt: was beweisen diese Rechnungen? Sieh auf die Beweise und entschei-
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de dann, was sie beweisen.

 
   
     Ich brauche nicht zu behaupten, man müsse die n Wurzeln der Gleichung n-ten Grades konstruieren können, sondern ich sage nur, dass der Satz “diese Gleichung hat n Wurzeln” etwas anderes heisst, wenn ich ihn durch Abzählen der konstruierten Wurzeln, und wenn ich ihn anderswie bewiesen habe. Finde ich aber eine Formel für die Wurzeln einer Gleichung, so habe ich einen neuen Kalkül konstruiert und keine Lücke eines alten ausgefüllt.

 
   
     Es ist daher Unsinn zu sagen, der Satz ist erst bewiesen, wenn man eine solche Konstruktion aufzeigt. Denn dann haben wir eben etwas Neues konstruiert, und was wir jetzt unter dem Hauptsatz der Algebra verstehen, ist eben, was der gegenwärtige ‘Beweis’ und uns zeigt.

 
   
     “Jeder Existenzbeweis muss eine Konstruktion dessen enthalten, dessen Existenz er beweist”. Man kann nur sagen “ich nenne ‘Existenzbeweis’ nur einen, der eine solche Konstruktion enthält”. Der Fehler ist // liegt darin // , dass man glaubt // vorgibt // einen klaren Begriff des Existenzbeweises // der Existenz // zu besitzen.
     Man glaubt, ein Etwas, die Existenz, beweisen zu können, sodass man nun unabhängig vom Beweis von ihr überzeugt ist. (Die Idee der, voneinander – und daher wohl auch vom Bewiesenen – unabhängigen Beweise!) In Wirklichkeit ist Existenz das, was man mit dem beweist, was man “Existenzbeweis” nennt. Wenn die Intuitionisten und Andere darüber reden, so sagen sie: “Dieser Sachverhalt, die Existenz, kann man nur so, und nicht so, beweisen”. Und sehen nicht, dass sie damit einfach das definiert haben, was sie Existenz nennen. Denn die
635
Sache verhält sich eben nicht so, wie wenn man sagt: “dass ein Mann in dem Zimmer ist, kann man nur dadurch beweisen, dass man hineinschaut, aber nicht, indem man an der Türe horcht”.

 
   
     Wir haben keinen Begriff der Existenz unabhängig von unserm Begriff des Existenzbeweises.

 
   
     Warum ich sage, dass wir einen Satz, wie den Hauptsatz der Algebra, nicht finden, sondern konstruieren? – Weil wir ihm beim Beweis einen neuen Sinn geben, den er früher gar nicht gehabt hat. Für diesen Sinn gab es vor dem sogenannten Beweis nur eine beiläufige Vorlage in der Wortsprache.

 
   
     Denken wir, Einer würde sagen: das Schachspiel musste nur entdeckt werden, es war immer da! Oder das reine Schachspiel war immer da, nur das materielle, von Materie verunreinigte, haben wir gemacht.

 
   
     Wenn durch Entdeckungen ein Kalkül der Mathematik geändert wird, – können wir den alten Kalkül nicht behalten (aufheben)? (D.h., müssen wir ihn wegwerfen?) Das ist ein sehr interessanter Aspekt. Wir haben nach der Entdeckung des Nordpols nicht zwei Erden: eine mit, und eine ohne den Nordpol. Aber nach der Entdeckung des Gesetzes der Verteilung der Primzahlen, zwei Arten von Primzahlen.



 
   
     Die mathematische Frage muss so exakt sein, wie der mathematische Satz. Wie irreführend die Ausdrucksweise der Wortsprache den Sinn der mathematischen Sätze darstellt, sieht man, wenn man sich die Multiplizität eines
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mathematischen Beweises vor Augen stellt // führt // und bedenkt, dass der Beweis zum Sinn des bewiesenen Satzes gehört, d.h. den Sinn bestimmt. Also nicht etwas ist, was bewirkt, dass wir einen bestimm[g|t]en Satz glauben, sondern etwas, was uns zeigt, was wir glauben, – wenn hier von glauben eine Rede sein kann. Begriffswörter in der Mathematik: Primzahl, Kardinalzahl, etc.. Es scheint darum unmittelbar Sinn zu haben, wenn gefragt wird: “Wieviel Primzahlen gibt es?” (“Es glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, …”.) In Wirklichkeit ist diese Wortzusammenstellung einstweilen Unsinn; bis für sie eine besondere Syntax gegeben wurde. Sieh' den Beweis dafür an, “dass es unendlich viele Primzahlen gibt” und dann die Frage, die er zu beantworten scheint. Das Resultat eines intrikaten Beweises kann nur insofern einen einfachen Wortausdruck haben, als das System von Ausdrücken, dem dieser Ausdruck angehört, in seiner Multiplizität einem System solcher Beweise entspricht. – Die Konfusionen in diesen Dingen sind ganz darauf zurückzuführen, dass man die Mathematik als eine Art Naturwissenschaft behandelt. Und das wieder hängt damit zusammen, dass sich die Mathematik von der Naturwissenschaft abgelöst hat. Denn, solange sie in unmittelbarer Verbindung mit der Physik betrieben wird, ist es klar, dass sie keine Naturwissenschaft ist. (Etwa, wie man einen Besen nicht für ein Einrichtungsstück des Zimmers halten kann, solange man ihn dazu benützt, die Einrichtungsgegenstände zu säubern.)

 
   
     Ist nicht die Hauptgefahr die, dass uns der Prosa-Ausdruck des Ergebnisses einer mathematischen Operation einen Kalkül vortäuscht, der gar nicht vorhanden ist. Indem er seiner äussern Form nach einem System anzugehören scheint, das es hier gar nicht gibt.

 
   
     Ein Beweis ist Beweis eines (bestimmten) Satzes, wenn er es nach einer Regel ist, nach der dieser Satz diesem Beweis zugeordnet ist. D.h., der
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Satz muss einem System von Sätzen angehören und der Beweis einem System von Beweisen. Und jeder Satz der Mathematik muss einem Kalkül der Mathematik angeh[i|ö]ren. (Und kann nicht in Einsamkeit tronen und sich sozusagen nicht unter andere Sätze mischen.)
     Also ist auch der Satz “jede Gleichung n-ten Grades hat n Lösungen” nur ein Satz der Mathematik, sofern er einem System von Sätzen, und sein Beweis einem korrespondierenden System von Beweisen, entspricht. Denn welchen guten Grund habe ich, dieser Kette von Gleichungen etc. (dem sogenannten Beweis) diesen Prosasatz zuzuordnen. Es muss doch aus dem Beweis – nach einer Regel – hervorgehen, von welchem Satz er der Beweis ist.

 
   
     Nun liegt es aber im Wesen dessen, was wir als Satz bezeichnen, dass es sich verneinen lassen muss. Und auch die Verneinung des bewiesenen Satzes muss mit dem Beweis zusammenhängen; so nämlich, dass sich zeigen lässt, unter welchen andern, entgegengesetzten, Bedingungen sie herausgekommen wäre.
638




 
    
   
     Wo man fragen kann, kann man auch suchen, und wo man nicht suchen kann, kann man auch nicht fragen. Und auch nicht antworten.

 
   
     Wo es keine Methode des Suchens gibt, da kann auch die Frage keinen Sinn haben. – Nur wo eine Methode der Lösung ist, ist eine Frage (d.h. natürlich nicht: “nur wo die Lösung ge[u|f]unden ist, ist eine Frage”). – D.h.: dort wo die Lösung des Problems nur von einer Art Offenbarung erwartet werden kann, ist auch keine Frage. Einer Offenbarung entspricht keine Frage. –

 
   
     Die Annahme der Unentscheidbarkeit setzt voraus, dass zwischen den beiden Seiten einer Gleichung, sozusagen, eine unterirdische Verbindung besteht; dass die Brücke nicht in Symbolen geschlagen werden kann. Aber den-
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noch besteht; denn sonst wäre die Gleichung sinnlos. – Aber die Verbindung besteht nur, wenn wir sie durch Symbole // einen Kalkül // gemacht haben. Der Uebergang ist nicht durch eine dunkle Spekulation hergestellt, von andrer Art als das was er verbindet. (Wie ein dunkler Gang zwischen zwei lichten Orten.)

 
   
     Ich kann den Ausdruck “die Gleichung G ergibt die Lösung L” nicht eindeutig anwenden, solange ich keine Methode der Lösung besitze; weil “ergibt” eine Struktur bedeutet, die ich, ohne sie zu kennen, nicht bezeichnen kann. Denn das heisst das Wort “ergibt” zu verwenden, ohne seine Grammatik zu kennen. Ich könnte aber auch sagen: Das Wort “ergibt” hat andere Bedeutung, wenn ich es so verwende, dass es sich auf eine Methode der Lösung bezieht, und eine andere, wenn dies nicht der Fall ist. Es verhält sich hier mit “ergibt” ähnlich, wie mit dem Wort “gewinnen” (oder “verlieren”), wenn das Kriterium des “Gewinnens” einmal ein bestimmter Verlauf der Partie ist (hier muss ich die Spielregeln kennen, um sagen zu können, ob Einer gewonnen hat), oder ob ich mit “gewinnen” etwas meine, was sich etwa // beiläufig // durch “zahlen müssen” ausdrücken liesse.
     Wenn wir “ergibt” im ersten Sinne // in der ersten Bedeutung // anwenden, so heisst “die Gleichung ergibt L”; wenn ich die Gleichung nach gewissen Regeln transformiere, so erhalte ich L. So wie die Gleichung 25 × 25 = 620 besagt, dass ich 620 erhalte, wenn ich auf 25 × 25 die Multiplikationsregeln anwende. Aber diese Regeln müssen mir nun // hier // schon gegeben sein, ehe das Wort “ergibt” Bedeutung hat, und ehe die Frage einen Sinn hat, ob die Gleichung L ergibt.

 
   
     Es genügt also nicht zu sagen “p ist beweisbar”, sondern es muss heissen: beweisbar nach einem bestimmten System.
     Und zwar behauptet der Satz nicht, p sei beweisbar nach dem System S,
640
sondern nach seinem System, dem System von p. Dass p dem System S angehört, das lässt sich nicht behaupten (das muss sich zeigen). – Man kann nicht sagen, p gehört zum System S; man kann nicht fragen, zu welchem System p gehört; man kann nicht das System von p suchen. “p verstehen” heisst, sein System kennen. Tritt p scheinbar von einem System in das andere über, so hat in Wirklichkeit p seinen Sinn gewechselt.

 
   
     Es ist unmöglich, Entdeckungen neuartiger Regeln zu machen, die von einer uns bekannten Form (etwa dem sinus eines Winkels) gelten. Sind es neue Regeln, so ist es nicht die alte Form.

 
   
     Kenne ich die Regeln der elementaren Trigonometrie, so kann ich den Satz sin 2x = 2 sin x.cos x kontrollieren, aber nicht den Satz sin x = x ‒

3!
+
x⁵
5!
‒ …. Das heisst aber, dass der sinus der elementaren Trigonometrie und der sinus der höheren Trigonometrie verschiedene Begriffe sind.
     Die beiden Sätze stehen gleichsam auf zwei verschiedenen Ebenen. In der ersten kann ich mich bewegen, soweit ich will, ich werde nie zu dem Satz auf der höheren Ebene kommen.
     Der Schüler, dem das Rüstzeug der elementaren Trigonometrie zur Verfügung stünde und von dem die Ueberprüfung der Gleichung sin x = x ‒

3!
… verlangt würde, fände das, was er zur Bewältigung dieser Aufgabe braucht, eben nicht vor. Er kann die Frage nicht nur nicht beantworten, sondern er kann sie auch nicht verstehen. (Sie wäre wie die Aufgabe, die der Fürst im Märchen dem Schmied stellt: ihm einen “Klamank” zu bringen. Busch, Volksmärchen.)



 
   
     Man nennt es eine Aufgabe, wenn gefragt wird “wieviel ist 25 × 16”, aber
641
auch eine Aufgabe: was ist das S sin²x dx? Die erste hält man zwar für viel leichter als die zweite, sieht aber nicht, dass sie ˇin verschiedenem Sinn ‘Aufgaben’ sind. Der Unterschied ist natürlich kein psychologischer; und // denn // es handelt sich nicht drum, ob der Schüler die Aufgabe lösen kann, sondern ob der Kalkül sie lösen kann, oder, welcher Kalkül sie lösen kann.

 
   
     Die Unterschiede, auf die ich aufmerksam machen kann, sind solche, wie sie jeder Bub in der Schule wohl kennt. Aber man verachtet diese Unterschiede später, wie die Russische Rechenmaschine (und den zeichneri[w|s]chen Beweis in der Geometrie) und sieht sie als unwesentlich an, statt als wesentlich und fundamental.

 
   
     Es ist uninteressant, ob man // der Schüler // eine Regel weiss, nach der man // er // S sin²x.dx gewiss lösen kann, aber nicht, ob der Kalkül, den wir vor uns haben (und den er zufälligerweise benützt) eine solche Regel enthält.
     Nicht, ob der Schüler es kann, sondern ob der Kalkül es kann und wie er es tut, interessiert uns.

 
   
     Im Falle 25 × 16 = 370 nun, schreibt der Kalkül, den wir benützen, jeden Schritt zur Prüfung dieser Gleichung vor.

 
   
     Ein merkwürdiges Wort: “Es ist mir gelungen, das zu beweisen”.
     (Das ist es, was im Falle 25 × 16 = 400 niemand sagen würde.)

 
   
     Man könnte erklären // festlegen // : “Was man anfassen kann, ist ein Problem. – Nur wo ein Problem sein kann, kann etwas behauptet werden.”
642

     Würde denn aus dem Allen nicht das Paradox folgen: dass es in der Mathematik keine schweren Probleme gibt; weil, was schwer ist, kein Problem ist? Was folgt, ist, dass das “schwere mathematische Problem”, d.h. das Problem der mathematischen Forschung, zur Aufgabe “25 × 25 = ?” nicht in dem Verhältnis steht, wie etwa ein akrobatisches Kunststück zu einem einfachen Purzelbaum (also einfach in dem Verhältnis: sehr leicht zu sehr schwer), sondern dass es ‘Probleme’ in verschiedenen Bedeutungen des Wortes sind.

 
   
     “Du sagst ‘wo eine Frage ist, da ist auch ein Weg zu ihrer Beantwortung’, aber in der Mathematik gibt es doch Fragen, zu deren Beantwortung wir keinen Weg sehen”. – Ganz richtig, und daraus folgt nur, dass wir in diesem Fall das Wort ‘Frage’ in anderem Sinn gebrauchen, als im oberen Fall. Und ich hätte vielleicht sagen sollen “es sind hier zwei verschiedene Formen und nur für die erste möchte ich das Wort ‘Frage’ gebrauchen”. Aber dieses Letztere ist nebensächlich. Wichtig ist, dass wir es hier mit zwei verschiedenen Formen zu tun haben. (Und dass Du Dich in der Grammatik des Wortes ‘Art’ nicht auskennst, wenn Du nun sagen willst, es seien eben nur ◇◇◇ zwei verschiedene Arten von Fragen.)

 
   
     “Ich weiss, dass es für diese Aufgabe eine Lösung gibt, obwohl ich die Lösung // Art der Lösung // noch nicht habe”. – In welchem Symbolismus weiss ich es? // weisst Du es? //

 
   
     “Ich weiss, dass es da ein Gesetz geben muss”. Ist dieses Wissen ein amorphes, das Aussprechen des Satzes begleitendes Gefühl? Dann interessiert es uns nicht. Und ist es ein symbolischer Prozess – nun, dann ist die Aufgabe, ihn in einem klaren // offenbaren // Symbolismus auszudrücken // darzustellen // .
643
 
   
     Was heisst es: den Goldbach'schen Satz glauben? Worin besteht dieser Glaube? In einem Gefühl der Sicherheit, wenn wir den Satz aussprechen, oder hören? Das interessiert uns nicht. Ich weiss ja auch nicht, wie w[i|e]it dieses Gefühl durch den Satz selbst hervorgerufen sein mag. Wie greift der Glaube in diesen Satz ein? Sehen wir nach, welche Konsequenzen er hat, wozu er uns bringt. “Er bringt mich zum Suchen nach einem Beweis dieses Satzes”. – Gut, jetzt sehen wir noch nach, worin Dein Suchen eigentlich besteht; dann werden wir wissen,
﹖–
–﹖


 
   
     Man darf nicht an einem Unterschied der Formen vorbeigehen – wie man wohl an einem Unterschied zwischen Anzügen vorbeigehen kann, wenn er etwa sehr gering ist.
     In gewissem Sinne gibt es für uns – nämlich in der Grammati[g|k] – nicht ‘geringe Unterschiede’. Und überhaupt bedeutet ja das Wort Unterschied etwas ganz anderes, als dort wo es sich um einen Unterschied zweier Dinge // Sachen // handelt.

 
   
     Der Philosoph spürt Wechsel im Stil seiner Ableitung, an denen der Mathematiker von heute, mit seinem stumpfen Gesicht ruhig vorübergeht. – Eine höhere Sensitivität ist es eigentlich, was den Mathematikern der Zukunft von dem heutigen unterscheiden wird; und die wird die Mathematik – gleichsam – stutzen; weil man dann mehr auf die absolute Klarheit, als auf ein // das // Erfinden neuer Spiele bedacht sein wird.

 
   
     Die philosophische Klarheit wird auf das Wachstum der Mathematik den gleichen Einfluss haben, wie das Sonnenlicht auf das Wachsen der Kartoffeltriebe. (Im dunklen // dunkeln // Keller wachsen sie meterlang.)
644
 
   
     Den Mathematiker muss es bei meinen mathematischen Ausführungen grausen, denn seine Schulung hat ihn immer davon abgelenkt, sich Gedanken und Zweifeln, wie ich sie aufrolle, hinzugeben. Er hat sie als etwas Verächtliches ansehen lernen und hat, um eine Analogie aus der Psychoanalyse ([f|d]ieser A[v|b]satz erinnert an Freud) zu gebrauchen, einen Ekel vor diesen Dingen erhalten, wie vor etwas Infantilem. D.h., ich rolle alle jene Probleme auf, die etwae ein Knabe // Kind // beim Lernen der Arithmetik, etc. als Schwierigkeiten empfindet und die der Unterricht unterdrückt, ohne sie zu lösen. Ich sage also zu diesen unterdrückten Zweifeln: ihr habt ganz recht, fragt nur, und verlangt nach Aufklärung!
645





 
    
   
     Kann man aus der Ungleichung:
       1 +
1
2
+
1
3
+
1
4
+ … ≠ (1 +
1
2
+
1
+
1
+ …) × (1 +
1
3
+
1
; + …)
eine Zahl n ableiten // konstruieren // , die jedenfalls in den Kombinationen der rechten Seite noch fehlt? Der Euler'sche Beweis dafür, dass es “unendlich viele Primzahlen gibt” soll ja ein Existenzbeweis sein, und wie ist der ohne Konstruktion möglich?

 
   
     non 1 +
1
2
+
1
3
+ … = (1 +
1
2
+
1
+ …) × (1 +
1
3
+
1
; + …)
das Argument läuft so: Das rechte Produkt ist eine Reihe von Brüchen
43
646
1
n
, in deren Nenner alle Kombinationen 2n3m vorkommen; wären das alle Zahlen, so müsste diese Reihe die gleiche sein, wie die 1 +
1
2
+
1
3
… und dann müssten auch die Summen gleich sein. Die linke ist aber unendlich und die rechte nur eine endliche Zahl
2
1
[y| × ]
3
2
= 3, also fehlen in der rechten Reihe unendlich viele Brüche, d.h. es gibt in der rechten Reihe Brüche, die in der linken nicht vorkommen. Und nun handelt es sich darum: ist dieses Argument richtig? Wenn es sich hier um endliche Reihen handelte, so wäre alles klar // durchsichtig // . Denn dann könnte man aus der Methode der Summation eben herausfinden, welche Glieder der linken Reihe auf die rechte Reihe fehlen. Man könnte nu[r|n] fragen: wie kommt es, dass die rechte Reihe unendlich gib[r|t], was muss sie ausser den Gliedern der linken enthalten, dass es so wird? Ja es frägt sich: hat eine Gleichung, wie die obere 1 +
1
2
+
1
3
+ … = 3 überhaupt einen S[k|i]nn? Ich kann ja aus ihr nicht herausfinden, welche Glieder links zuviel sind. Wie wissen wir, dass alle Glieder der [R|r]echten auch in der linken Seite vorkommen? Im Fall endlicher Reihen kann ich es erst sagen, wenn ich mich Glied für Glied davon überzeugt habe;– und dann sehe ich zugleich, welche übrigbleiben. – Es fehlt uns hier die Verbindung zwischen dem Rˇesultat derb Summe und den Gliedern, die einzige, die den B[w|e]weis erbringen könnte. – Am klarsten wird alles, wenn man sich die Sache mit einer endlichen Gleichung ausgeführt denkt:
1 +
1
2
+ +
1
3
+
1
4
+
1
5
+
1
6
(1 +
1
2
) × (1 +
1
3
) = 1 +
1
2
+
1
3
+
1
6
. Wir haben hier wieder das Merkwürdige, was man etwa einen Indizienbeweis in der Mathematik nennen könnte – der ewig unerlaubt ist. Oder, einen Beweis durch Symptome. Das Ergebnis der Summation ist eine Symptom dessen (oder wird als eines aufgefasst), dass rechts Glieder sind, die links fehlen. Die Verbindung des Symptoms, mit dem, was man beweisen // bewiesen haben // möchte, ist lose. D.h. es ist eine Brücke nicht geschlagen, aber man gibt sich damit zufrieden,
44
647
dass man das andere Ufer sieht.
     Alle Glieder der rechten Seite kommen in der linken Seite vor, aber die Summe links gibt unendlich und die rechte nur einen endlichen Wert – also müssen … aber in der Mathematik muss garnichts, ausser was ist.
     Die Brücke muss geschlagen werden.
     In der Mathematik gibt es kein Symptom, das kann es nur im psychologischen Sinne für den Mathematiker geben.
     Man könnte auch so sagen: Es kann sich in der Mathematik nicht auf etwas schliessen lassen, was sich nicht sehen lässt.

 
    
     Das ganze lose Wesen jener Beweisführung beruht wohl auf der Verwechslung der Summe und des Grenzwerts der Summe.
     Das sieht man klar,: wie weit immer man die rechte Reihe fortsetzt, immer kann man die linke auch so weit bringen, dass sie alle Glieder der rechten einschliesst. (Dabei bleibt noch offen, ob die dann auch noch andere Glieder enthält.)

/
    
     Man könnte auch so fragen: Wenn du // man // nur diesen Beweis hättest // hätte // , was könntest du // könnte man // nun daraufhin wagen? Wenn wir etwa die Primzahlen bis N gefunden hätten, könnten wir nun daraufhin ins Unendliche auf die Suche nach einer weiteren Primzahl gehen – da uns der Beweis verbürgt, dass wir eine finden werden? Das ist doch Unsinn. – Denn das “wenn wir nur lange genug suchen” heisst garnichts. (Bezieht sich auf Existenzbeweise im Allgemeinen.)

/
    
     Könnte ich auf diesen Beweis hin weitere Primzahlen links hinzufügen? Gewiss nicht, denn ich weiss ja garnicht, wie ich welche finden kann und das heisst:
648
das heisst: ich habe g ja gar keinen Begriff der Primzahl, der Beweis hat mir keinen gegeben. Ich könnte nur beliebige Zahlen (bezw. Reihen) hinzufügen.

/
   
     (Die Mathematik ist angezogen mit falschen Deutungen.)

 
   
     (“Es muss noch eine Primzahl // solche Zahl // kommen” heisst in der Mathematik nichts. Das hängt unmittelbar damit zusammen, dass es “in der Logik nichts Allgemeineres und Spezielleres gibt”.)

 
   
     Wenn die Zahlen alle Kombinationen von 2 und 3 wären, so müsste (
lim
(n = inf)
Summe(r = 0 bis r = n)
1
2r
) × (
lim
(n = inf)
inf)Summe(0 bis n)1/3r) den
lim
(m = inf)
Summe(r = 0 bis r = m)
1
2r
ergeben, – sie ergibt ihn aber nicht … Was folgt daraus? (Satz des ausgeschlossenen Dritten.) Daraus folgt nichts, als dass die Grenzwerte der Summen verschieden sind; also nichts (Neues). Nun könnte man aber untersuchen, woran das liegt. Dabei wird man vielleicht auf Zahlen stossen, die durch 2r × 3s nicht darstellbar sind, also auf grössere Primzahlen, nie aber wird man sehen, dass keine Anzahl solcher ursprünglicher Zahlen zur Darstellung aller Zahlen genügt.

 
   
     1 +
1
2
+
1
3
+ … ≠ 1 +
1
2
+
1
+
1
+ …
     Wieviel Glieder der Form
1
2r
ich auch zusammennehmen mag, nie ergibt es mehr als 2, während die ersten vier Glieder der linken Reihe schon mehr als 2 ergeben. (Hierin muss also schon der Beweis liegen.) Und hierin liegt er auch und zugleich die Konstruktion einer Zahl, die keine Potenz von 2 ist, denn die Regel heisst nun: finde den Abschnitt der Reihe, der jedenfalls 2 übertrifft, eide dieser muss eine Zahl enthalten, die keine Potenz von 2 ist.
649
(1 +
1
2
+
1
…) × (1 +
1
3
+
1
; …) … (1 +
1
n
+
1
+ …) = n.
     Wenn ich nun die Summe 1 +
1
2
+
1
3
+ … so weit ausdehne, bis sie n überschreitet, dann muss dieser Teil ein Glied enthalten, das in der rechten Reihe nicht gefunden werden kann, denn enthielte die rechte Reihe alle diese Glieder, dann müsste sie eine grössere und keine kleinere Summe ergeben.

 
   
     Die Bedingung, unter der ein Teil der Reihe 1 +
1
2
+
1
3
+ …, etwa
1
n
+
1
n + 1
+
1
n + 2
+ … +
1
n + r
, gleich oder grösser als 1 wird, ist folgende:
Es soll werden:
1
n
+
1
n + 1
+
1
n + 2
+ … +
1
n + r
gleich oder grösser als 1.
Formen wir die linke Seite um in:
1 +
n
(n + 1)
+
n
(n + 2)
+ …
n
(n + r)

n
=
1 + (1 ‒
1
(n + 1)
) + (1 ‒
2
(n + 2)
) + … (1 ‒
(n ‒ 1)
(n + (n ‒ 1)
) +
n
2n
+
n
2n + 1
+
n
2n + 2
+ … +
n
n + r

n
=
n ‒
1
2
n (n ‒ 1).
1
(n + 1)
+ (r ‒ n + 1).
n
(n + r)

n
=
1 ‒
(n ‒ 1)
(2n + 2)
+
(r ‒ n + 1)
(n + r)
gleich oder grösser 1
Daher: 2nr + 2r ‒ 2n² ‒ 2n + 2n + 2 ‒ n² ‒ nr + n + r = oder grösser 0
nr + 3r ‒ 3n² + 2 + n = oder grösser 0
r = oder grösser
(3n² ‒ (n + 2))
(n + 3)
kleiner als 3n ‒ 1.
650




 
    
   
     Man könnte sagen: In der Geometrie der euklidischen Ebene kann man nach der 3-Teilung des Winkels nicht suchen, weil es sie nicht gibt – und nach der 2-Teilung nicht, weil es sie gibt.

 
   
     In der Welt der Euklidischen Elemente kann ich ebensowenig nach der 3-Teilung des Winkels fragen, wie ich nach ihr suchen kann. Es ist von ihr einfach nicht die Rede.

 
   
     (Ich kann der Aufgabe der 3-Teilung des Winkels in einem grössern System ihren Platz bestimmen, aber nicht im System der Euklidischen Geometrie nach der Möglichkeit der 3-Teilung fragen // nach ihrer Lösbarkeit fragen // danach fragen, ob sie lösbar ist // . In welcher Sprache sollte ich denn danach fragen? in der euklidischen? – Und ebensowenig kann ich in der euklidischen Sprache nach der Möglichkeit der 2-Teilung
651
des Winkels im euklidischen System fragen. Denn das würde in dieser Sprache auf eine Frage nach der Möglichkeit schlechthin hinauslaufen, welche immer Unsinn ist.)

 
   
     Wir müssen übrigens hier eine Unterscheidung zwischen gewissen Arten von Fragen machen, eine Unterscheidung, die wieder zeigt, dass, was wir in der Mathematik “Frage” nennen, von dem verschieden ist, was wir im [)|a]lltäglichen Leben so nennen. Wir müssen unterscheiden zwischen einer Frage “wie teilt man den Winkel in 2 gleiche Teile” und der Frage “ist diese Konstruktion die Halbierung des Winkels”. Die Frage hat nur Sinn in einem Kalkül, der uns eine Methode zu ihrer Lösung gibt; nun kann uns ein Kalkül sehr wohl eine Methode zur Beantwortung der einen Frage geben, aber nicht zur Beantwortung der andern. Euklid z[l|.]B. lehrt uns nicht nach der Lösung seiner Probleme suchen, sondern gibt sie uns und beweist, dass es die Lösungen sind. Das ist aber keine psychologische oder pädagogische Angelegenheit, sondern eine mathematische. D.h. der Kalkül (den er uns gibt) ermöglicht es uns nicht, nach der Konstruktion zu suchen. Und ein Kalkül, der es ermöglicht, ist eben ein anderer. (Vergleiche auch Methoden des Integrierens mit denen des Differenzierens; etc..)

 
   
     Es gibt eben in der Mathematik sehr Verschiedenes, was alles Beweis genannt wird und diese Verschiedenheiten sind logische. Was also ‘Beweis’ genannt wird, hat nicht mehr miteinander zu tun, als was ‘ZahZahl’ genannt wird.

 
   
     Welcher Art ist der Satz “die 3-Teilung des Winkels mit Zirkel und Lineal ist unmöglich”? Doch wohl von derselben, wie: “in der Reihe
652
der Winkelteilungen F(n) kommt keine F(3) vor, wie in der Reihe der Kombinationszahlen
1
2
.n.(n ‒ 1) keine 4”. Aber welcher Art ist dieser Satz? Von der des Satzes: “in der Reihe der Kardinalzahlen kommt
1
2
nicht vor”. Das ist offenbar eine (überflüssige) Spielregel, etwa wie die: im Damespiel kommt keine Figur vor, die “König” genannt wird. Und die Frage, ob eine 3-Teilung möglich ist, ist dann die, ob es eine 3-Teilung im Spiel gibt, ob es eine Figur im Damespiel gibt, die “König” genannt wird, und etwa eine ähnliche Rolle spielt, wie der Schachkönig. Diese Frage wäre natürlich einfach durch eine Bestimmung zu beantworten, aber sie würde kein Problem, keine Rechenaufgabe stellen. Hätte also einen andern Sinn, als eine, deren Antwort lautete: ich werde ausrechnen, ob es so etwas gibt. (Etwa: “ich werde ausrechnen, ob es unter den Zahlen 5, 7, 18, 25, eine gibt, die durch 3 teilbar ist”.) Ist nun die Frage nach der Möglichkeit der 3-Teilung des Winkels von dieser Art? Ja, – wenn man im Kalkül ein allgemeines System hat, um, etwa, die Möglichkeit der n-Teilung zu berechnen.
     Warum nennt man diesen Beweis den Beweis dieses Satzes? Der Satz ist ja kein Name, sondern gehört (als Satz) einem Sprachsystem an: Wenn ich sagen kann “es gibt keine 3-Teilung”, so hat es Sinn zu sagen “es gibt keine 4-Teilung” etc. etc.. Und ist dies ein Beweis des ersten Satzes (ein Teil seiner Syntax), so muss es also entsprechende Beweise (oder Gegenbeweise) für die andern Sätze des Satzsystems geben, denn sonst gehören sie nicht zu demselben System.

 
   
     Ich kann nicht fragen, ob die 4 unter den Kombinationszahlen vorkommt, wenn dieses // das // mein Zahlensystem ist. Und nicht, ob
1
2
unter den Kardinalzahlen vorkommt, oder zeigen, dass es nicht eine von ihnen ist,
653
ausser, wenn ich “Kardinalzahlen” einen Teil eines Systems nenne, welches auch
1
2
enthält. (Ebensowenig kann ich aber auch sagen oder beweisen, dass 3 eine der Kardinalzahlen ist.) Die Frage heisst vielmehr etwa so: “Geht die Division 1:2 in ganzen Zahlen aus”, und das lässt sich nur fragen in einem System, worin das Ausgehen und das Nichtausgehen vorkommt // bekannt ist // . (Die Ausrechnung muss Sinn haben.)
     Bezeichnen wir mit “Kardinalzahlen” nicht einen Teil der rationalen Zahlen, so können wir nicht ausrechnen, ob 81:3 eine Kardinalzahl ist, sondern, ob die Division 81:3 ausgeht oder nicht.

 
   
     Statt des Problems der 3-Teilung des Winkels mit Lineal und Zirkel können wir nun ein ganz entsprechendes, aber viel übersichtlicheres, untersuchen. Es steht uns ja frei, die Möglichkeiten der Konstruktion mit Lineal und Zirkel weiter einzuschränken. So können wir z.B. die Bedingung setzen, dass sich die Oeffnung des Zirkels nicht verändern lässt. Und wir können festsetzen, dass die einzige Konstruktion, die wir kennen – oder besser: die unser Kalkül kennt – diejenige ist, die man zur Halbierung einer Strecke AB benützt, nämlich:


692
654
 
   
                        (Das könnte z.B. tatsächlich die primitive Geometrie eines Volkes sein. Und für sie gälte das, was ich über die Gleichberechtigung der Zahlenreihe “1, 2, 3, 4, 5, viele” mit der Reihe der Kardinalzahlen gesagt habe. Ueberhaupt ist es für unsere Untersuchungen ein guter Trick, sich die Arithmetik oder Geometrie eines primitiven Volks auszumalen // vorzustellen // .)
           Ich will diese Geometrie das System T nennen und fragen: “ist die 3-Teilung der Strecke im System T möglich?”
           Welche 3-Teilung ist in dieser Frage gemeint? – denn davon hängt offenbar der Sinn der Frage ab. Ist z.B. die physikalische 3-Teilung gemeint? D.h. die 3-Teilung durch Probieren und Nachmessen. In diesem Falle ist die Frage vielleicht zu bejahen. Oder die optische 3-Teilung? d.h. die Teilung, deren Resultat drei gleichlang aussehende Teile sind? Wenn wir z.B. durch ein verzerrendes Medium sehen, so ist es ganz leicht vorstellbar, dass uns die Teile a, b, und c gleichlang erscheinen.
           Nun könnte man die Resultate der Teilungen im System T nach der Zahl der erzeugten Teile durch die Zahlen 2, 2², 2³, u.s.w. darstellen; und die Frage, ob die 3-Teilung möglich ist, könnte bedeuten: ist eine der Zahlen in dieser Reihe = 3. Diese Frage kann freilich nur gestellt werden, wenn die 2, 2², 2³, etc. in einem andern System (etwa den Kardinalzahlen) eingebettet sind; nicht, wenn sie selbst unser Zahlensystem sind; denn dann kennen wir – oder unser System – eben die 3 nicht. – Aber wenn unsere Frage lautet: ist eine der Zahlen 2, 2², etc. gleich 3, so ist hier eigentlich von einer 3-Teilung der Strecke nicht die Rede. Immerhin kann // könnte // die Frage nach der Möglichkeit der 3-Teilung so aufgefasst werden. – Eine andere Auffassung erhalten wir, nun, wenn wir dem System T ein System V hinzufügen, worin es die Streckenteilung nach Art dieser Figur gibt. Es kann nun gefragt werden: ist die Teilung V in
693
655
108 Teile eine Teilung der Art T? Und diese Frage könnte wieder auf die hinauslaufen: ist 108 eine Potenz von 2? aber sie könnte auch auf eine andere Entscheidungsart hinweisen (einen andern Sinn haben), wenn wir die Systeme T und V zu einem geometrischen Konstruktionssystem [g|v]erbinden; so zwar, dass es sich nun in diesem System beweisen lässt, dass die beiden Konstruktionen die gleichen Teilungspunkte B, C, D “liefern müssen”.
           Denken wir nun, es hätte Einer im System T eine Strecke AB in 8 Teile geteilt, nehme diese nun zu den Strecken a, b, c zusammen und fragte: ist das eine 3-Teilung // eine Teilung in 3 gleiche Teile // .
      (Wir könnten uns den Fall übrigens leichter mit einer grösseren Anzahl ursprünglicher Teile vorstellen, die es möglich macht, 3 gleichlang aussehende Gruppen von Teilen zu bilden.) Die Antwort auf diese Frage wäre der Beweis, dass 2³ nicht durch 3 teilbar ist; oder der Hinweis darauf, dass sich die Teile a, b, c wie 1:3:4 verhalten. Und nun könnte man fragen: habe ich also im System T nicht doch einen Begriff von der 3-Teilung, nämlich der Teilung, die die Teile a, b, c im Verhältnis 1:1:1 hervorbringt? Gewiss, ich habe nun einen neuen Begriff ‘3-Teilung einer Strecke’ eingeführt; wir könnten ja sehr wohl sagen, dass wir durch die 8-Teilung der Strecke AB die Strecke CB in 3 gleiche Teile geteilt haben, wenn das eben heissen soll: wir haben eine Strecke erzeugt, die aus 3 gleichen Teilen besteht.
           Die Perplexität, in der wir uns bezüglich des Problems der 3-Teilung befanden, war etwa die: Wenn die 3-Teilung des Winkels unmöglich ist – logisch unmöglich – wie kann man dann überhaupt nach ihr fragen? Wie kann man das logisch Unmögliche beschreiben und nach seiner Möglichkeit sinnvoll fragen? D.h., wie kann man logisch nicht zusammenpassende Begriffe zusammenstellen (gegen die Grammatik, also unsinnig) und sinnvoll nach der
656
Möglichkeit dieser Zusammenstellung fragen? – Aber dieses Paradox fände sich ja wieder, wenn man fragt: “ist 25 × 25 = 620?” – da es doch logisch unmöglich ist, dass diese Gleichung stimmt; ich kann ja nicht beschreiben, wie es wäre, wenn –. Ja, der Zweifel ob 25 × 25 = 620 (oder der, ob es = 625 ist) hat eben den Sinn, den die Methode der Prüfung ihm gibt. Und die Frage nach der Möglichkeit der 3-Teilung hat den Sinn, den die Methode der Prüfung ihr gibt. Es ist ganz richtig: wir stellen uns hier nicht vor, oder beschreiben, wie es ist, wenn 25 × 25 = 620 ist, und das heisst eben, dass wir es hier mit einer andern (logischen) Art von Frage zu tun haben, als etwa der: “ist diese Strasse 620 oder 625 m lang?”

 
   
     (Wir sprechen von einer “Teilung des Kreises in 7 Teile” und von einer Teilung des Kuchens in 7 Teile.)
657




 
    
   
     Wenn man jemanden, der es noch nicht versucht hat, sagt “versuche die Ohren zu bewegen”, so wird er zuerst etwas in der Nähe der Ohren bewegen, was er schon früher bewegt hat, und dann werden sich entweder auf einmal seine Ohren bewegen oder nicht. Man könnte nun von diesem Vorgang sagen: er versucht die Ohren zu bewegen. Aber wenn das ein Versuch genannt werden kann, so ist es einer in einem ganz anderen Sinn als der, die Ohren (oder die Hände) zu bewegen, wenn wir zwar “wohl wissen, wie es zu machen ist”, aber sie jemand hält, sodass wir [w|s]ie schwer oder nicht bewegen können. Der Versuch im ersten Sinne entspricht einem Versuch “ein mathematisches Problem zu lösen”, zu dessen Lösung es eine Methode gibt. Man kann sich immer um das scheinbare Problem bemühen. Wenn man mir sagt “versuche durch den blossen Willen den Krug dort am anderen Ende des Zimmers zu bewegen” so werde ich ihn anschauen und vielleicht irgendwelche seltsame Bewegungen mit meinen Gesichtsmuskeln machen; also selbst in diesem Falle scheint es einen Versuch zu geben.

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     Denken wir daran, was e[w|s] heisst, etwas im Gedächtnis zu suchen.
     Hier liegt gewiss etwas wie ein Suchen im eigentlichen Sinn vor.

 
   
     Versuchen, eine Erscheinung hervorzurufen, aber heisst nicht, sie suchen.
     Angenommen, ich taste meine Hand nach einer schmerzhaften Stelle ab, so suche ich wohl im Tastraum, aber nicht im Schmerzraum. D.h. was ich eventuell finde, ist eigentlich eine Stelle und nicht der Schmerz. D.h., wenn die Erfahrung auch ergeben hat, dass drücken einen Schmerz hervorruft, so ist doch das Drücken kein Suchen nach einem Schmerz. So wenig, wie das Drehen einer Elektrisiermaschine das Suchen nach einem Funken ist.

 
   
/     Kann man versuchen, zu einer Mel[d|o]die den falschen Takt zu schlagen? Oder: Wie verhält sich die[w|s]es Versuchen // dieser Versuch // zu dem, ein Gewicht zu heben, das uns zu schwer ist? /

 
   
/     Es ist nicht nur höchst bedeutsam, dass man die Gruppe !!!!! auf vielerlei Arten sehen kann (in vielerlei Gruppierungen), sondern (noch) viel mehr bemerkenswerter, dass man es willkürlich tun kann. D.h., dass es einen ganz bestimmten Vorgang gibt, eine bestimmte “Auffassung” auf Befehl zu bekommen; und dass es – dem entsprechend – auch einen ganz bestimmten Vorgang des vergeblichen Versuchens gibt. So kann man auf Befehl die Figur so sehen, dass der eine oder der andere Vertikalstrich die Nase, dieser oder jener Strich der Mund wird, und kann unter Umständen dase eine oder das andere vergeblich versuchen. /


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/     Das Wesentliche ist hier, dass dieser Versuch den Charakter desjenigen hat, ein Gewicht mit der Hand zu heben; nicht den Charakter des Versuchs, in welchem man Verschiedenes tut, verschiedene Mittel ausprobiert, um (z.B.) ein Gewicht zu heben. In den zwei Fällen hat das Wort “Versuch” ganz verschiedene Bedeutungen. (Eine ausserordentlich folgenreiche grammatische Tatsache.) /
660





 
    
    
   
     Ist der Induktionsbeweis ein Beweis von a + (b + c) = (a + b) + c, so muss man sagen können: die Rechnung liefert, dass a + (b + c) = (a + b) + c ist (und kein anderes Resultat).
     Denn dann muss erst die Methode der Berechnung (allgemein) bekannt sein und, wie wir darauf 25 × 16 ausrechnen können, so auch a + (b + c). Es wird also erst eine allgemeine Regel zur Ausrechnung aller solcher Aufgaben gelehrt und danach die besondere gerechnet. – Welches ist aber hier die allgemeine Methode der Ausrechnung? Sie muss auf allgemeinen Zeichenregeln beruhen (– etwa, wie dem associativen Gesetz –).

 
   
     Wenn ich a + (b + c) = (a + b) + c negiere, so hat das nur Sinn, wenn ich etwa sagen will: es ist nicht a + (b + c) = (a + b) + c, sondern = (a + 2b) + c. Denn es fragt sich: was ist der Raum, in welchem ich den Satz negiere? wenn ich ihn abgrenze, ausschliesse, – wovon?
     Die Kontrolle von 25 × 25 = 625 ist die Ausrechnung von 25 × 25, die Berechnung der rechten Seite; – kann ich nun a + (b + c) = (a + b) + c er-
662
rechnen, das, Resultat (a + b) + c ausrechnen? Je nachdem man es als berechenbar oder unberechenbar betrachtet, ist es beweisbar oder nicht. Denn ist der Satz eine Regel, der jede Ausrechnung folgen muss, ein Paradigma, dann hat es keinen Sinn, von einer Ausrechnung der Gleichung zu reden; sowenig, wie von der einer Definition.

 
   
     Das, was die Ausrechnung möglich macht, ist das System, dem der Satz angehört und das auch die Rechenfehler bestimmt, ﹖– die sich bei der Ausrechnung machen lassen –﹖. Z.B. ist (a + b)² = a² + 2ab + b² und nicht = a² + ab + b²; aber (a + b)² = ‒ 4 ist kein möglicher Rechenfehler in diesem System.

 
   
     Ich könnte ja auch ganz beiläufig (siehe andere Bemerungen) sagen: “25 × 64 = 160, 64 × 25 = 160 das beweist, dass a × b = b × a ist” (und diese Redeweise ist nicht vielleicht lächerlich und falsch; sondern man muss sie nur recht deuten). Und man kann richtig daraus schliessen; also lässt sich “a.b = b.a” in einem Sinne berechnen // beweisen // .
     Und ich will sagen: Nur in dem Sinne, in welchem die Ausrechnung so eines Beispiels Beweis des algebraischen Satzes genannt werden kann, ist der Induktionsbeweis ein Beweis dieses Satzes. Nur insofern kontrolliert er den algebraischen Satz. (Er kontrolliert seine Struktur // seinen Bau // , nicht seine Allgemeinheit.)

 
   
     (Die Philosophie prüft nicht die Kalküle der Mathematik, sondern nur, was die Mathematiker über diese Kalkülse sagen.)
663




 
    
   
     Hat der rekursive Beweis von a + (b + c) = (a + b) + c …A) eine Frage beantwortet? und welche? Hat er eine Behauptung als wahr erwiesen und also ihr Gegenteil als falsch?


699
664
 
   
           Das, was
man
Skolem
den rekursiven Beweis von A nennt, kann man so schreiben:
a + (b + 1) = (a + b) + 1
a + (b + (c + 1)) = a + ((b + c) + 1) = (a + (b + c)) + 1       B
(a + b) + (c + 1) = ((a + b) + c) + 1
           In diesem Beweis kommt offenbar der bewiesene Satz gar nicht vor. – Man müsste nur eine allgemeine Bestimmung machen // treffen // , die den Uebergang zu ihm erlaubt. Diese Bestimmung könnte man so ausdrücken:

u         f(1) = g(1)                         D
v         f(c + 1) = F(f(c))           f(c) = g(c)
w         g(c + 1) = F(g(c))
Wenn 3 Gleichungen von der Form u, v, w bewiesen sind, so sagen wir, es sei “die Gleichung D für alle Kardinalzahlen bewiesen”. Das ist eine Erklärung dieser Ausdrucksform durch die erste. Sie zeigt, dass wir das Wort “beweisen” im zweiten Fall anders gebrauchen als im ersten. Es ist jedenfalls irreführend zu sagen, wir hätten die Gleichung D oder A bewiesen, und vielleicht besser zu sagen, wir hätten ihre [a|A]llgemeingültigkeit bewiesen, obwohl das wieder in anderer Hinsicht irreführend ist.
           Hat nun der Beweis B eine Frage beantwortet, eine Behauptung als wahr erwiesen? Ja, welches ist denn der Beweis B: Iist es die Gruppe der 3 Gleichungen von der Form u, v, w, oder die Klasse der Beweise dieser Gleichungen? Diese Gleichungen behaupten ja etwas (und beweisen nichts in dem Sinne, in dem sie bewiesen werden). Die Beweise von u, v, w aber beantworten [w|d]ie Frage, ob diese 3 Gleichungen stimmen, und erweisen die Behauptung als wahr, dass sie stimmen. Ich kann nun erklären: die Frage, ob A für alle Kardinalzahlen gilt, solle bedeuten: “gelten für die Funktionen
f(x) = a + (b + x), g(x) = (a + b) + x
Gleichungen u, v und w?” Und dann ist diese Frage durch den rekursiven Beweis von A beantwortet, wenn hierunter die Beweise von u, v, w verstan-
665
den werden (bezw. die Festsetzung von u und die Beweise von v und w mittels u).
     Ich kann also sagen, dass der rekursive Beweis ausrechnet, dass die Gleichung A einer gewissen Bedingung genügt; aber es ist nicht eine Bedingung der Art, wie sie etwa die Gleichung (a + b)² = a² + 2ab + b² erfüllen muss, um “richtig” genannt we zu werden. Nenne ich A “richtig”, weil sich Gleichungen von der Form u, v, w dafür beweisen lassen, so verwende ich jetzt das Wort “richtig” anders, als im Falle der Gleichungen u, v, w, oder (a + b)² = a² + 2ab + b².

 
   
     Was heisst “1:3 = 0,”? heisst es dasselbe wie “
1 : 3 = 0,3
  1
”? – Oder ist diese Division der Beweis des ersten Satzes? D.h.: steht sie zu ihm im Verhältnis der Ausrechnung zum Bewiesenen?
     “1 : 3 = 0,” ist nicht von der Art, wie
“1 : 2 = 0,5”; vielmehr entspricht
“10 : 2 = 0,5” dem “
1 : 3 = 0˙3
  1
” (aber nicht dem “
1 : 3 = 0,3
  1
”.)
Ich will einmal statt der Schreibweise “1 : 4 = 0,25” die gebrauchen // annehmen // :
“1


-
0
: 4 = 0,25” also z.B. “3


-
-
0
: 8 = 0,375”
dann kann ich sagen, diesem Satz entspricht nicht der: 1 : 3 = 0,, sondern z.B. der: “1


-
-
1
: 3 = 0,333”. 0, ist nicht in dem Sinne Re-
666
sultat (Quotient) der Division, wie 0,375. Denn die Zahl 0,375 // die Ziffer “0,375” // war uns vor der Division 3:8 bekannt; was aber bedeutet “0,” losgelöst von der periodischen Division? – Die Behauptung, dass die Division a:b als Quotienten 0, ergibt, ist dieselbe wie die: die erste Stelle des Quotienten sei c und der erste Rest gleich dem Dividenden.
     Nun steht B zur Behauptung, A gelte für alle Kardinalzahlen, im selben Verhältnis, wie
1 : 3 = 0,3
  1
zu 1 : 3 = 0,.

 
   
     Der Gegensatz zu der Behauptung “A gilt für alle Kardinalzahlen” ist nun: eine der Gleichungen u, v, w sei falsch. Und die entsprechende Frage sucht keine Entscheidung zwischen einem (x).fx und einem (Ex).non-fx.

 
    
   
     Man kann auch so sagen: Sofern man die Regel, in irgendeinem Spiel Dezimalbrüche zu bilden, die nur aus der Ziffer 3 bestehen, sofern man diese Regel als eine Art Zahl auffasst, kann eine Division sie nicht zum Resultat haben, sondern nur das, was man periodische Division nennen kann und was die Form aa : b = c hat.
667



 
    
   
     
3 × 2 = 5 + 1
3 × (a + 1) = 3 + (3 × a) = (5 + b) + 3 = 5 + (b + 3)
Warum nennst Du denn diese Induktion den Beweis dafür, dass (n): n 2 .C. .C. 3 × n ≠ 5?! – Nun, siehst Du denn nicht, dass der Satz, wenn er für n = 2 gilt, auch für n = 3 gilt, und dann auch für n = 4, und dass es immer so weiter geht? (Was erkläre ich denn, wenn ich das Funktionieren des induktiven Beweises erkläre?) Du nennst ihn also einen Beweis für “f(2) & f(3) & f(4) & u.s.w.”, ist er aber nicht vielmehr die Form der Beweise für “f(2)” und “f(3)” und “f(4)” u.s.w.? Oder kommt das auf eins hinaus? Nun, wenn ich die Induktion den Beweis eines Satzes nenne, dann darf ich es nur, wenn das nichts anderes heissen soll, als dass sie jeden Satz einer gewissen Form beweist. (Und mein Ausdruck bedient si[f|c]h der Analogie vom Verhältnis der Sätze “alle Säuren färben Lakmuspapier rot”, “Schwefelsäure färbt Lakmuspapier rot”.)
     Denken wir nun, jemand sagte “prüfen wir nach, ob f(n) für alle n gilt” und nun fängt er an, die Reihe zu schreiben:
3 × 2 = 5 + 1

     3 × (2 + 1) = (3 × 2) + 3 = (5 + 1) + 3 = 5 + (1 + 3)
     3 × (2 + 2) = (3 × (2 + 1)) + 3 = (5 + (1 + 3)) + 3 = 5 + (1 + 3 + 3)
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und nun bricht er ab und sagt: “ich sehe schon, dass es für alle n gilt”. – So hat er also eine Induktion gesehen! Aber hatte er denn nach einer Induktion gesucht? Er hatte ja gar keine Methode, um nach ihr // einer // zu suchen. Und hätte er nun keine entdeckt, hätte er damit eine Zahl gefunden, die der Bedingung nicht entspricht? – Die Regel der Kontrolle kann ja nicht alauten: sehen wir nach, ob sich eine Induktion findet, oder ein Fall, für den das Gesetz nicht gilt. – Wenn das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten nicht gilt, so heisst das nur, dass unser Ausdruck nicht mit einem Satz zu vergleichen ist.
          Wenn wir sagen, die Induktion beweise den allgemeinen Satz, so denken wir: sie beweist, dass dieser Satz und nicht sein Gegenteil wahr ist // so wollen wir natürlich zur Ausdrucksform übergehen, sie beweise, dass dies, und nicht sein Gegenteil der Fall ist // . Welches wäre aber das Gegenteil des Bewiesenen? Nun, dass (En) nonfn der Fall ist. Damit verbinden wir zwei Begriffe: den einen, den ich aus meinem gegenwärtigen Begriff des Beweises von (n).f(n) herleite, und einen andern, der von der Analogie mit (Ex).fx hergenommen ist. (Wir müssen ja bedenken, dass “(n).fn” kein Satz ist, solange ich kein Kriterium seiner Wahrheit habe; und dann nur den Sinn hat, den ihm dieses Kriterium gibt. Ich konnte freilich, schon ehe ich das Kriterium hatte // besass // , etwa nach einer Analogie zu (x).fx ausschauen.) Was ist nun das Gegenteil von dem, was die Induktion beweist? Der Beweis von (a + b)² = a² + 2ab + b² rechnet diese Gleichung aus im Gegensatz etwa zu (a + b)² = a² + 3ab + b². Was rechnet der Induktionsbeweis aus?

 
   
                         Die Gleichungen: 3 + 2 = 5 + 1, 3 × (a + 1) = (3 × a) + 3, (5 + b) + 3 = 5 + (b + 3) im Gegensatz also etwa zu 3 + 2 = 5 + 6, 3 × (a + 1) = (4 × a) + 2, etc.. Aber dieses Gegenteil entspricht ja nicht dem Satz (Ex). fx. – Ferner ist nun nicht mit jener Induktion im Gegensatz jeder Satz von der Form non- f(n), nämlich d.h. // der Satz “non-f(2)”, “non-f(3)”,
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u.s.w.; d.h. die Induktion ist das Gemeinsame in der Ausrechnung // den Ausrechnungen // von f(2), f(3), u.s.w.; aber sie ist nicht die Ausrechnung “aller Sätze der Form f(n)”, da ja nicht eine Klasse von Sätzen in dem Beweis vorkommt, die ich “alle Sätze der Form f(n)” nenne. Jede einzelne nun von diesen Ausrechnungen ist die Kontrolle eines Satzes von der Form f(n). Ich konnte nach der Richtigkeit dieses Satzes fragen und eine Methode zu ihrer Kontrolle anwenden, die durch die Induktion nur auf eine einfache Form gebracht war. Nenne ich aber die Induktion “den Beweis eines allgemeinen Satzes”, so kann ich nach der Richtigkeit dieses Satzes nicht fragen (sowenig, wie nach der Richtigkeit der Form der Kardinalzahlen). Denn, was ich Induktionsbeweis nenne, gibt mir keine Methode zur Prüfung, ob der allgemeine Satz richtig oder falsch ist; diese Methode müsste mich vielmehr lehren, auszurechnen (zu prüfen), ob sich für einen bestimmten Fall eines Systems von Sätzen eine Induktion bilden lässt, oder nicht. (Was so geprüft wird, ist, ob alle n die oder jene Eigenschaft haben, wenn ich so sagen darf; aber nicht, ob alle sie haben, oder ob es einige gibt, die sie nicht haben. Wir rechnen z.B. aus, dass der die Gleichung x² + 3x + 1 = 0 keine rationalen Lösungen hat (dass es keine rationale Zahl gibt, die …) und nicht die Gleichung x² + 2x +
1
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–, dagegen die Gleichung x² + 2x + 1 = 0, etc..)

 
   
                        Daher wir es seltsam empfinden, wenn uns gesagt wird, die Induktion beweise den allgemeinen Satz; da wir das richtige Gefühl haben, dass wir ja in der Sprache der Induktion die allgemeine Frage gar nicht hätten stellen können. Da uns ja nicht zuerst eine Alternativee gestellt war (sondern nur zu sein schien, solange uns ein Kalkül mit endlichen Klassen vorschwebte).
          Die Frage nach der Allgemeinheit häatte vor dem Beweis noch gar kei-
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nen Sinn, also ist sie auch keine Frage, denn die Frage hätte nur Sinn gehabt, wenn eine allgemeine Methode zur Entscheidung bekannt war, ehe der besondere Beweis bekannt war. // Die Frage nach der Allgemeinheit hatte vor dem Beweis noch gar keinen Sinn, also war sie auch keine Frage, denn die hätte nur Sinn gehabt, wenn eine allgemeine Methode der Entscheidung bekannt war, ehe der besondere Beweis bekannt war. //
     Denn der Induktionsbeweis entscheidet nichts. // … entscheidet keine Streitfrage. // // … entscheidet nicht in einer Streitfrage. //

 
   
     Wenn gesagt wird: “der Satz ‘(n).fn’ folgt aus der Induktion” heisse nur: jeder Satz der Form f(n) folge aus der Induktion; – “der Satz ‘(En). non-f(n)’ widerspreche // widerspricht // der Induktion” heisse nur: jeder Satz der Form non-f(n) werde durch die Induktion widerlegt, – so kann man sich damit zufrieden geben // so kann man damit einverstanden sein // , aber wirdn jetzt fragen: Wie gebrauchen wir den Ausdruck “der Satz (n).f(n)” richtig? Was ist seine Grammatik. (Denn daraus, dass ich ihn in gewissen Verbindungen gebrauche, folgt nicht, dass ich ihn überall dem Ausdruck “der Satz (x).fx” analog gebrauche.)

 
   
     Denken wir, es stritten sich Leute darüber, ob in der Division 1:3 lauter Dreier im Quotienten herauskommen müssten; sie hätten aber keine Methode, wie dies zu entscheiden sei // um dies zu entscheiden // . Nun bemerkt Einer von ihnen die induktive Eigenschaft von
1,0 : 3 = 0,3
  1
und sagt: jetzt weiss ich's, es müssen lauter 3 im Quotienten stehen. Die Andern hatten an diese Art der Entscheidung nicht gedacht. Ich nehme an, es habe ihnen unklar etwas von einer Entscheidung durch stufenweise Kontrolle vorgeschwebt, und dass sie diese Entscheidung freilich nicht herbeiführen könnten. Halten sie nun an ihrer extensiven Auffassung fest, so ist aller-
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dings durch die Induktion eine Entscheidung herbeigeführt, denn die Induktion zeigt für jede Extension des Quotienten, dass sie aus lauter 3 besteht. Lassen sie aber die extensive Auffassung fallen, so entscheidet die Induktion nichts. Oder nur das, was die Ausrechnung von
1,0 : 3 = 0,3
  1
entscheidet: nämlich, dass ein Rest bleibt, der g[,|l]eich dem Dividenden ist. Aber mehr nicht. Und nun kann es allerdings eine richtige Frage geben, nämlich: ist der Rest, der bei dieser Division bleibt, gleich dem Dividenden? und diese Frage ist jetzt an die Stelle der alten extensiven getreten und ich kann natürlich den alten Wortlaut beibehalten, aber er ist jetzt ausserordentlich irreleitend, denn sie // er // lässt es immer so erscheinen, als wäre die Erkenntnis der Induktion nur ein Vehikel, das uns in die Unendlichkeit tragen kann. (Das hängt auch damit zusammen, dass das Zeichen “u.s.w.” sich auf eine interne Eigenschaft des Reihenstückes, das ihm vorhergeht, bezieht und nicht auf seine Extension.)
     Die Frage “gibt es eine rationale Zahl, die die Wurzel von
x² + 3x + 1 = 0 ist” ist freilich durch eine Induktion entschieden
:
,
– aber hier habe ich eben eine Methode konstruiert, um Induktionen zu bilden; und die Frage hat ihren Wortlaut nur, weil es sich um eine Konstruktion von Induktionen handelt. D.h. die Frage wird durch eine Induktion entschieden, wenn ich nach dieser Induktion fragen konnte. Wenn mir also ihr Zeichen von vornherein auf ja und nein bestimmt war, so dass ich rechnerisch zwischen ihnen entscheiden konnte, wie z.B., ob der Rest in 5 : 7 gleich oder ungleich dem Dividenden sein wird. (Die Verwendung der Ausdrücke “alle …” und “es gibt …” für diese Fälle hat eine gewisse Aehnlichkeit mit der Verwendung des Wortes “unendlich” im Satz “heute habe ich ein Lineal mit unendlichem Krümmungsradius gekauft”.)

 
   
     
1 : 3 = 0,3
  1
entscheidet durch ihre Periodizität nichts, was früher of-
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fen gelassen war. Wenn vor der Entdeckung der Periodizität Einer vergebens nach einer 4 in der Entwicklung von 1:3 gesucht hätte, so hätte er do[h|c]h die Frage “gibt es eine 4 in der Entwicklung von 1:3” nicht sinnvoll stellen können, d.h., abgesehen davon, dass er tatsächlich zu keiner 4 gekommen war, können wir ihn davon überzeugen, dass er keine Methode besitzt, seine Frage zu entscheiden. Oder wir könnten auch sagen: abgesehen von dem Resultat seiner Tätigkeit könnten wir ihn über die Grammatik seiner Frage und die Natur seines Suchens aufklären (wie einen heutigen Mathematiker über analoge Probleme). “Aber als Folge der Entdeckung der Periodizität hört er nun doch gewiss auf, nach einer 4 zu suchen! Sie überzeugt ihn also, dass er nie eine finden wird”. – Nein. Die Entdeckung der Periodizität bringt ihn vom Suchen ab, wenn er sich nun neu einstellt. Man könnte ihn fragen: “Wie ist es nun, willst Du noch immer nach einer 4 suchen?” (Oder hat Dich, sozusagen, die Periodizität auf andere Gedanken gebracht.)
     Und die Entdeckung der Periodizität ist in Wirklichkeit die Konstruktion eines neuen Zeichens und Kalküls. Denn es ist irreführend ausgedrückt, wenn wir sagen, sie bestehe darin, dass es uns aufgefallen sei, dass der erste Rest gleich dem Dividenden ist. Denn hätte man Einen, der die periodische Division nicht kannte, gefragt
:
,
ist in dieser Division der erste Rest gleich dem Dividenden, so hätte er natürlich “ja” gesagt; es wäre ihm also aufgefallen. Aber damit hätte ihm nicht die Periodizität auffallen brauchen // müssen // ; d.h.: er hätte damit nicht den Kalkül mit den Zeichen aa : b = c gefunden.
     Ist nicht, was ich hier sage, immer dasselbe, // sage, das, // was Kant damit g meinte, dass 5 + 7 = 12 nicht analytisch, sondern synthetisch a priori sei?
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     Man sagt für gewöhnlich, die rekursiven Beweise beweisen // zeigen // , dass die algebraischen Gleichungen für alle Kardinalzahlen gelten; aber es kommt hier momentan nicht darauf an, ob dieser Ausdruck glücklich oder schlecht gewählt ist, sondern nur darauf, ob er in allen Fällen die gleiche Bedeutung hat. // ob er in allen Fällen die gleiche, klarbestimmte, Bedeutung hat. //

 
   
     Und ist es da nicht klar, dass die rekursiven Beweise tatsächlich dasselbe für alle “bewiesenen” Gleichungen zeigen?

 
   
     Und das heisst doch, dass zwischen dem rekursiven Beweis und dem von ihm bewiesenen Satz immer die gleiche (interne) Beziehung besteht?

 
   
     Es ist ja übrigens ganz klar, dass es so einen rekursiven, oder richti-
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ger, iterativen “Beweis” geben muss. (Der uns die Einsicht vermittelt, dass es “mit allen Zahlen so gehen muss”.) /
      D.h. es scheint mir klar, und dass ich einem Anderen die Richtigkeit dieser Sätze für die Kardinalzahlen durch einen Prozess der Iteration begreiflich machen könnte. /

 
   
     Wie aber weiss ich 28 + (45 + 17) = (28 + 45) + 17 ohne es bewiesen zu haben? Wie kann mir ein allgemeiner Beweis einen besonderen Beweis schenken? Denn ich könnte doch den besondern Beweis führen, und wie treffen sich da die beiden Beweise, und wie, wenn sie nicht übereinstimmen?

 
   
      D.h.: Ich möchte Einem zeigen, dass das distributive Gesetz wirklich im Wesen der Anzahl liegt und nicht etwa nur in diesem bestimmten Fall zufällig gilt; werde ich da nicht durch einen Prozess der Iteration zu zeigen versuchen, dass das Gesetz gilt und immer weiter gelten muss? Ja, – daraus ersehen wir, was wir hier darunter verstehen, dass ein Gesetz für alle Zahlen gelten muss.

 
   
     Und inwiefern kann man diesen Vorgang nicht den // einen // Beweis des (distributiven) Gesetzes nennen?

 
   
     Und dieser Begriff des ‘begreiflich-Machens’ kann uns hier wirklich helfen. // … kann uns hier helfen. // … ist hier ein Segen. //
     Denn man könnte sagen: das Kriterium dafür, ob etwas ein Beweis eines Satzes ist, ist, ob man ihn dadurch begreiflich machen kann. (Natürlich handelt es sich da wieder nur um eine Erweiterung unserer grammatischen Betrachtungen über das Wort // des Wortes // “Beweis”; nicht um ein psychologisches Interesse an dem Vorgang des Begreiflich-machens.)

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/     “Dieser Satz ist für alle Zahlen durch das rekursive Verfahren bewiesen”. Das ist der Ausdruck, der so ganz irreführend ist. Es klingt so, als würde hier ein Satz, der konstatiert, dass das und das für alle Kardinalzahlen gilt, auf einem Wege als wahr erwiesen, und als sei dieser Weg ein Weg in einem Raum denkbarer Wege.
     Während die Rekursion in Wahrheit nur sich selber z[i|e]igt, wie auch die Periodizität. // … wie auch die Periodizität nur sich selbst zeigt. //

 
   
     Wir sagen nicht, dass der Satz f(x), wenn f(l) gilt und aus f(c) f(c + 1) folgt, darum für alle Kardinalzahlen wahr ist; sondern: “der Satz f(x) gilt für alle Kardinalzahlen” heisst “er gilt für x = 1 und f(c + 1) folgt aus f(c)”.
     Und hier ist ja der Zusammenhang mit der Allgemeinheit in endlichen Bereichen ganz klar, denn eben das wäre in einem endlichen Bereich allerdings der Beweis dafür, dass f(x) für alle Werte von x gilt und eben das ist der Grund, warum wir auch im arithmetischen Falle sagen, f(x) gelte für alle Zahlen.

 
   
     Zum mindesten muss ich sagen, dass, welcher Einwand gegen den Beweis B gilt, auch z.B. gegen den der Formel (a + b)n = etc. gilt.
     Auch hier, müsste ich dann sagen, nehme ich nur eine algebraische Regel in Uebereinstimmung mit den Induktionen der Arithmetik an.

               f(n) × (a + b) = f(n + 1)
               f(1) = a + b
              also: f(1) × (a + b) = (a + b)² = f(2)
              also: f(2) × (a + b) = (a + b)³ = f(3) u.s.w.
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Soweit ist es klar. Aber nun: “also (a + b)n = f(n)”!
     Ist denn hier ein weiterer Schluss gezogen? Ist denn hier noch etwas zu konstatieren?

 
   
     Ich würde aber doch fragen, wenn mir Einer die Formel (a + b)n = f(n) zeigt: wie ist man denn dazugekommen? Und als Antwort käme do[f|c]h die Gruppe
                    f(n) × (a + b) = f(n + 1)
                     f(1) = a + b. Ist sie also nicht ein Beweis des algebraischen Satzes? – Oder antwortet sie nicht eher auf die Frage “was bedeutet der algebraische Satz”?

 
   
     Ich will sagen: hier ist doch mit der Induktion alles erledigt.

 
   
     Der Satz, dass A für alle Kardinalzahlen gilt, ist eigentlich der Komplex B. Und sein Beweis, der Beweis von v und w. Aber das zeigt auch, dass dieser Satz in einem andern Sinne Satz ist, als eine Gleichung, und sein // dieser // Beweis in anderm Sinne Beweis eines Satzes.
     Vergiss hier nicht, dass wir nicht erst den Begriff des Satzes haben, dann wissen, dass die Gleichungen mathematische Sätze sind, und dann erkennen, dass es noch andere Arten von mathematischen Sätzen gibt!
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     Man kann nicht eine Rechnung als den Beweis eines Satzes bestimmen. // zum Beweis eines Satzes ernennen. //

 
   
     Ich möchte sagen: Muss man diese Rechnung // die Induktionsrechnung // den Beweis des Satzes I nennen? D.h., tut's keine andere Beziehung?

 
   
     (Die unendliche Schwierigkeit ist die “allseitige Betrachtung” des Kalküls.)


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                        “Der Uebergang ist gerechtfertigt” heisst in einem Falle, dass er nach bestimmten gegebenen Formen vollzogen werden kann. Im andern Fall wäre die Rechtfertigung, dass der Uebergang nach Paradigmen geschieht, die selbst eine bestimmte Bedingung befriedigen.

 
   
                        Man denke sich, dass für ein Brettspiel solche Regeln gegeben würden, die aus lauter Wörtern ohne “r” bestünden, und dass ich eine Regel gerechtfertigt nenne, wenn sie kein “r” enthält. Wenn nun jemand sagte, er habe für das und das Spiel nur eine Regel aufgestellt, nämlich, dass die Züge Regeln entsprechen müssten, die kein “r” enthalten. – Ist denn das eine Spielregel (im ersten Sinn)? Geht das Spiel nicht doch nach den Regeln // nach der Klasse von Regeln // vor sich, die nur alle jener ersten Regel entsprechen sollen?

 
   
                        Es macht mir jemand die Konstruktion von B vor und sagt nun, A ist bewiesen. Ich frage: “Wieso? – ich sehe nur, dass Du um A eine Konstruktion mit Hilfe von ρ α gemacht hast”. Nun sagt er: “Ja, aber wenn das möglich ist, so sage ich eben, A sei bewiesen”. Darauf antworte ich: “Damit hast Du mir nur gezeigt, welchen neuen Sinn Du mit dem Wort ‘beweisen’ verbindest”.

 
   
                        In einem Sinne heisst es, dass Du das Paradigma mittels α so und so konstruiert hast, in dem andern, nach wie vor, dass eine Gleichung dem Paradigma entspricht.

 
   
                        Wenn wir fragen, “ist das ein Beweis oder nicht?”, so bewegen wir uns in den Formen der Wortsprache. // … in der Wortsprache. //
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            Nun ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Einer sagt: Wenn die Glieder des Uebergangs in einer Konstruktion der und der Art stehen, so sage ich, die Rechtmässigkeit des Uebergangs ist bewiesen.

 
   
                        Was wehrt sich in mir gegen die Auffassung von B als einem Beweis von A? Zuerst entdecke ich, dass ich den Satz von “allen Kardinalzahlen” in meiner Rechnung nirgends brauche. Ich habe den Komplex B mit Hilfe von r konstruiert und bin dann auf die Gleichung A übergegangen; von “allen Kardinalzahlen” war dabei keine Rede. (Dieser Satz ist eine Begleitung der Rechnung in der Wortsprache, die mich ˇhier nur verwirren kann.) Aber nicht nur fällt dieser allgemeine Satz überhaupt fort, sondern kein anderer tritt an seine Stelle.

 
   
                        Der Satz, der die Allgemeinheit behauptet, fällt also weg, “es ist nichts bewiesen”, “es folgt nichts”.
            “Ja, aber die Gleichung A folgt, sie steht nun an Stelle des allgemeinen Satzes”. – Ja in wiefern folgt sie denn? Offenbar verwende ich hier “folgt” in einem ganz andern Sinn, als dem normalen, da das, woraus A folgt, kein Satz ist. Das ist es auch, warum wir fühlen, dass das Wort “folgen” nicht richtig angewandt ist.

 
   
                        Wenn man sagt “aus dem Komplex B folgt, dass a + (b + c) = (a + b) + c”, so schwindelt Eine[,|m]. Man fühlt, dass man da auf irgend eine Weise einen Unsinn geredet hat, obwohl es äusserlich richtig klingt.

 
   
                        Dass eine Gleichung folgt, heisst eben schon etwas (hat seine bestimmte Grammatik).
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                    Aber wenn ich höre “aus B folgt A”, so möchte ich fragen: “was folgt?” Dass a + (b + c) gleich (a + b) + c ist, ist ja eine Festsetzung, wenn es nicht auf normale Weise aus einer Gleichung folgt.

 
   
                    Wir können unsern Begriff des Folgens mit A und B nicht zur Deckung bringen. // Wir können unsern Begriff des Folgens dem A und B nicht aufpassen. // … nicht aufsetzen, er passt hier nicht. //

 
   
                    “Ich werde Dir beweisen, dass a + (b + n) = (a + b) + n”. Niemand erwartet sich nun den Komplex B zu sehen. Man erwartet eine andere Regel über das a, b, und n zu hören, die den Uebergang von der einen auf die andere Seite vermittelt. Wenn mir statt dessen B und das Schema R gegeben wird, so kann ich das keinen Beweis nennen, eben weil ich unter Beweis etwas anderes verstehe.
          Ja ich werde dann etwa sagen: “Ach so, das nennst Du ‘Beweis’, ich habe mir vorgestellt …”.

 
   
                    Der Beweis von 17 + (18 + 5) = (17 + 18) + 5 wird allerdings nach dem Schema B geführt, und dieser Zahlensatz ist von der Form A. Oder auch: B ist der Beweis des Zahlensatzes; aber eben deshalb nicht von A.

 
   
                    “Ich werde Dir A1, ◇◇◇ A2, A3 aus dem einen // aus einem // Satz ableiten”. – Man denkt dabei natürlich an eine Ableitung, wie sie mit Hilfe dieser Sätze gemacht wird. – Man denkt, es wird eine Art von kleineren Kettengliedern gegeben werden, durch die wir alle diese grossen ersetzen können.
          Und da haben wir doch ein bestimmtes Bild; und es wird uns etwas ganz Anderes geboten.
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          Die Gleichung wird durch den induktiven Beweis, quasi, der Quere, statt der Länge nach zusammengesetzt.

 
   
                      Wenn wir nun die Ableitung ausführen // rechnen // , so kommen wir endlich zu dem Punkt, wo die Konstruktion von B vollendet ist. Aber hier heisst es nun “also gilt diese Gleichung”. Aber diese Worte heissen ja nun etwas anderes als, wo wir sonst eine Gleichung aus Gleichungen folgern. Die Worte “die Gleichung folgt daraus” haben ja schon eine Bedeutung. Und hier wird eine Gleichung allerdings konstruiert, aber nach einem andern Prinzip.

 
   
                      Wenn ich sage “aus dem Komplex folgt die Gleichung”, so ‘folgt’ hier eine Gleichung aus etwas, was gar keine Gleichung ist.

 
   
                      Man kann nicht sagen: die Gleichung, wenn sie aus B folgt, folge doch aus einem Satz, nämlich aus & v & w; denn es kommt eben darauf an, wie ich sie aus diesem Satz A erhalte; ob nach einer Regel des Folgens. Welches die Verwandtschaft der Gleichung zum Satz u & v & w ist. (Die Regel, die in diesem Falle zu A führt macht gleichsam einen Querschnitt durch u & v & w, sie fasst den Satz anders auf, als eine Regel des Folgens.)

 
   
                      Wenn uns die Ableitung von A aus u versprochen war und wir sehen nun den Uebergang von B auf A, so möchten wir sagen: “ach, so war es nicht gemeint”. So, als hätte jemand mir versprochen, er werde mir etwas schenken und nun sagt er: so, jetzt schenke ich Dir meine Zeit // mein Vertrauen // .

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     Darin, dass der Uebergang von B auf A kein Folgen ist, liegt auch, was ich damit meinte, dass nicht das logische Produkt u & v & w die Allgemeinheit ausdrückt.

 
   
     Ich sage, (a + b)² = etc. ist mit Hilfe von A1, A2, etc. bewiesen, weil die Uebergänge von (a + b)² zu a² + 2ab + b² alle von der Form A1, oder A2, etc. sind. In diesem Sinne ist in III auch der Uebergang von (b + 1) + a auf (b + a) + 1 nach A1 gemacht, aber nicht der Uebergang von a + n auf n + a!

 
   
     Dass man sagt “die Richtigkeit der Gleichung ist bewiesen”, zeigt schon, dass Beweis nicht jede Ableitung // Konstruktion // ist. // … Konstruktion der Gleichung ist. //

 
   
     Es zeigt mir jemand die Komplexe B und ich sage “das sind keine Beweise der Gleichungen A”. Nun sagt er: “Du siehst aber noch nicht das System, nach dem diese Komplexe gebildet sind”, und zeigt es mir // und macht mich darauf aufmerksam // . Wie konnte das die B zu beweisen machen?

 
   
     Durch diese Einsicht steige ich in eine andere, sozusagen höhere, Ebene; während der Beweis auf der tieferen hätte geführt werden müssen // geführt werden müsste // .

 
   
     Nur ein bestimmter Uebergang von Gleichungen zu einer Gleichung ist ein Beweis dieser letzteren.
﹖–
–﹖

// … und alles Andere kann B nicht mehr zum Beweis von A machen. //


 
   
     Aber kann ich eben nicht sagen, dass, wenn ich dies über A bewiesen
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habe, ich damit A bewiesen habe? Und woher kam dann überhaupt die Täuschung, dass ich es dadurch bewiesen hätte? denn diese muss doch einen tieferen Grund haben.

 
   
     Nun, wenn es eine Täuschung ist, so kam sie jedenfalls von unserer Ausdrucksweise in der Wortsprache her “dieser Satz gilt für alle Zahlen”; denn der algebraische Satz war ja nach dieser Auffassung nur eine andere Schreibweise dieses Satzes (der Wortsprache). Und diese Ausdrucksweise liess den Fall aller Zahlen mit dem Fall ‘aller Menschen in diesem Zimmer’ verwechseln. (Während wir, um die Fälle zu unterscheiden, fragen: Wie verifiziert man den einen und wie den andern.)

 
   
     Wenn ich mir die Funktionen f1, f2, F exakt definiert // bestimmt // denke und nun das Schema des Induktionsbeweises schreibe, –



B

u

v

w

f1(1) = f2(1)

f1(c + 1) = F (f1(c))

f2(c + 1) = F (f2(c))

A

… f1n = f2n

(Ƒ)

auch dann kann ich nicht sagen, der Uebergang von f1y auf f2y sei auf Grund von r gemacht worden (wenn der Uebergang in u, v, w nach r gemacht wurde – in speziellen Fällen r = u). Er bleibt der Gleichung A entsprechend gemacht und ich könnte nur sagen, er entspreche dem Komplex B, wenn ich nämlich ﹖– diesen als ein anderes Zeichen statt der Gleichung A auffasse –﹖.

 
   
     Denn das Schema des Uebergangs musste ja u, v und w enthalten.

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     Tatsächlich ist R nicht das Schema des Induktionsbeweises B3; dieses ist viel komplizierter, da es das Schema B1 enthalten muss.

 
   
     Es ist nur dann nicht ratsam, etwas ‘Beweis’ zu nennen, wenn die übliche Grammatik des Wortes ‘Beweis’ mit der Grammatik des betrachteten Gegenstandes nicht übereinstimmt.

 
   
     Die tiefgehende Beunruhigung rührt am Schluss von einem kleinen, aber offen zu Tage liegendem Zug des überkommenen Ausdrucks her.

 
   
     Was heisst es, dass R den Uebergang A // Uebergang von der Form A // rechtfertigt? Es heisst wohl, dass ich mich entschieden habe, nur solche Uebergänge in meinem Kalkül zuzulassen, denen ein Schema B entspricht, dessen Sätze u, v, w wieder nach // aus // r ableitbar sein sollen. (Und das hiesse natürlich nichts anderes, als dass ich nur die Uebergänge A1, A2, etc. zuliesse und diesen Schemata B entsprächen.) // Richtiger wäre es, zu schreiben “und diesen Schemata der Form R entsprechen”. Ich wollte mit dem Nachsatz in der Klammer sagen, der Schein der Allgemeinheit – ich meine, der Allgemeinheit des Begriffs der Induktionsmethode – ist un
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nötig, denn es kommt am Schluss doch nur darauf hinaus, dass die speziellen Konstruktionen B1, B2, etc. um die Seiten der Gleichungen A1, A2, etc. konstruiert wurden. Oder: es ist ein Luxus, dann noch das [g|G]emeinsame dieser Konstruktionen zu erkennen; alles was massgebend ist, sind diese Konstruktionen (selber). Denn alles, was da steht, sind diese Beweise. Und der Begriff, unter den die Beweise fallen, ist überflüssig, denn wir haben nie etwas mit ihm gemacht. Wie der Begriff Sessel überflüssig ist, wenn ich nur – auf die Gegenstände weisend – sagen will “stelle dies und dies und dies in mein Zimmer” (obwohl die drei Gegenstände Sessel sind). (Und eignen sich diese Geräte nicht, um darauf zu sitzen, so wird das dadurch nicht anders, dass man auf eine Aehnlichkeit zwischen ihnen aufmerksam macht.) Das heisst aber nichts anderes, als dass der einzelne Beweis unsere Anerkennung als solchen braucht (wenn ‘Beweis’ bedeuten soll, was es bedeutet); hat er die nicht, so kann keine Entdeckung einer Analogie mit anderen solchen Gebilden sie ihm geben // verschaffen // . Und der Schein des Beweises entsteht dadurch, dass u, v, w und A Gleichungen sind, und dass eine allgemeine Regel gegeben werden kann, nach der man aus B A bilden (und es in diesem Sinne ableiten) kann.
           Auf diese allgemeine Regel kann man nachträglich aufmerksam werden. (Wird man nun dadurch aber darauf aufmerksam, dass die B doch in Wirklichkeit Beweis der A sind?) Man wird da auf eine Regel aufmerksam, mit der man hätte beginnen können und mittels der und u man A1, A2 etc. hätte konstruieren // bauen // können. Niemand aber würde sie in diesem Spiel einen Beweis genannt haben.

 
   
                      Woher dieser Konflikt: “Das ist doch kein Beweis!” – “das ist doch ein Beweis!”?

457
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                       Man könnte sagen: Es ist wohl wahr, ich zeichne im Beweis von B mittels u die Konturen der Gleichung der A nach, // die Konturen der Gleichung A mittels u nach, // aber nicht auf die Weise, die ich nenne, “A mittels u beweisen”.

 
   
                       Die Schwierigkeit, die
durch diese
in dieser
Betrachtung zu überwinden ist // überwunden werden soll // ist, den Induktionsbeweis als etwas Neues, sozusagen, naiv zu betrachten.

 
   
                       Wenn wir also oben sagten, wir können mit R beginnen, so ist dieses Beginnen mit R in gewisser Weise Humbug. Es ist nicht so, wie wenn ich eine Rechnung mit der Ausrechnung von 526 × 718 beginne. Denn hier ist diese Problemstellung der Anfangspunkt eines Weges. Während ich dort das R sofort wieder verlasse und wo anders beginnen muss. Und wenn es geschehen ist, dass ich einen Komplex von der Form R konstruiert habe, dann ist es wieder gleichgültig, ob ich mir das früher äusserlich vorgesetzt habe, weil mir dieser Vorsatz, mathematisch (gesprochen[,|)], d.h. im Kalkül, doch nichts geholfen hat. Es bleibt also bei der Tatsache, dass ich jetzt einen Komplex von der Form R vor mir habe.

 
   
                       Wir könnten uns denken, wir kennten nur den Beweis B1 mit d und würden nun sagen: Alles, was wir haben, ist diese Konstruktion. Von einer Analogie dieser mit anderen Konstruktionen, von einem allgemeinen Prinzip bei der Ausführung dieser Konstruktionen, ist gar keine Rede. – Wenn ich nun so B und A sehe, muss ich fragen: warum nennst Du das aber einen Beweis gerade von A1? (ich frage noch nicht: warum nennst Du es einen Beweis von A). Was hat dieser Komplex mit A1 zu tun?
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Als Antwort muss er mich auf die Beziehung zwischen A und B aufmerksam machen, die in V ausgedrückt ist.

 
   
     Es zeigt uns jemand B1 und erklärt uns den Zusammenhang mit A1, d.i., dass die rechte Seite von A so und so erhalten wurde, etc. etc. Wir verstehen ihn; und er fragt uns (nun): ist nun das ein Beweis von A? Wir würden // werden // antworten: gewiss nicht!
     Hatten wir nun alles verstanden, was über diesen Beweis zu verstehen war? Ja. Hatten wir auch die allgemeine Form des Zusammenhangs von B und A gesehen? Ja!
     Und wir können auch daraus schliessen, dass man so aus jedem A ein B konstruieren kann und also auch umgekehrt A aus B.

 
   
     Dieser Beweis ist nach einem bestimmten Plan gebaut (nach dem noch andere Beweise gebaut sind). Aber dieser Plan kann den Beweis nicht zum Beweis machen. Denn wir haben jetzt hier nur die eine Verkörperung dieses Planes, und können von dem Plan als allgemeinem Begriff (ganz) abgesehen. Der Beweis muss für sich sprechen und der Plan ist nur in ihm verkörpert, aber selbst kein Bestandteil // kein Instrument // des Beweises. (Das wollte ich immer sagen.) Daher nützt es mich nichts, wenn man mich auf die Aehnlichkeiten zwischen Beweisen aufmerksam macht, um mich davon zu überzeugen, dass sie Beweise sind.

 
   
     Ist nicht unser Prinzip: keinen Begriff // kein Begriffswort // zu verwenden, wo keiner // keines // nötig ist? – D.h. die Fälle zu zeigen, in denen das Begriffswort in Wirklichkeit für eine Liste // Aufzählung // steht. // D.h. in den Fällen, in denen das Begriffswort für
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eine Liste steht, dies klar zu machen. // // D.h. die Fälle, in denen das Begriffswort in Wirklichkeit für eine
Aufzählung
Liste
steht, als solche zu erklären. //

 
   
     Wenn ich nun früher sagte “das ist doch kein Beweis”, so meinte ich ‘Beweis’ in einem bereits festgelegtem Sinne, in welchem es aus A und B allein zu ersehen ist. Denn in diesem Sinne kann ich sagen: Ich verstehe doch ganz genau, was B tut und in welchem Verhältnis es zu A steht. Jede weitere Belehrung ist überflüssig und das ist kein Beweis. // und das, was da ist, ist kein Beweis. // In diesem Sinne habe ich es nur mit B und A allein zu tun; ich sehe ausser ihnen nichts und nichts anderes geht mich an.
     Dabei sehe ich das Verhältnis nach der Regel V sehr gut // wohl // , aber es kommt für mich als Konstruktionsbehelf gar nicht in Frage. Sagte mir jemand, während meiner Be[f|t]rachtung von B und A, dass man auch hätte B aus A (oder umgekehrt) nach einer Regel konstruieren können, so könnte ich ihm nur sagen “komm' mir nicht mit unwesentlichen Sachen”. Denn das ist ja selbstverständlich, und ich sehe sofort, dass es B nicht zu einem Beweis von A macht. Denn, dass es so eine allgemeine Regel gibt, könnte nur zeigen // Denn diese allgemeine Regel könnte nur zeigen // , dass B der Beweis von A und keinem andern Satz // der Beweis gerade von A // ist, wenn es überhaupt ein Beweis wäre.
460
689
D.h., dass der Zusammenhang zwischen B und A einer Regel gemäss ist, kann nicht zeigen, dass B ein Beweis von A ist. Und jeder solche Zusammenhang könnte zur Konstruktion von B aus A (und umgekehrt) benützt werden.

 
   
                     Wenn ich also sagte “R V wird ja gar nicht zur Konstruktion ben[p|ü]tzt, also haben wir mit ihm nichts zu tun”, so hätte es heissen müssen: Ich habe es doch nur mit A und B allein zu tun. Es genügt doch, wenn ich A und B mit einander konfrontiere und nun frage “ist B ein Beweis von A”; und also brauche ich A nicht aus B nach einer vorher festgelegten Regel zu konstruieren, sondern es genügt, dass ich die einzelnen A – wie viele es sind – den einzelnen B gegenüberstelle. Ich brauche eine Konstruktionsregel nicht; und das ist wahr. Ich brauche eine vorher aufgestellte Konstruktionsregel nicht (aus der ich dann erst die A gewonnen hätte).

 
   
                     Ich meine: Im Skolem'schen Kalkül brauchen wir diesen Begriff nicht // brauchen wir keinen solchen Begriff // , es es genügt die Liste.
           Es geht uns nichts verloren, wenn wir nicht sagen “wir haben die Grundgesetze A bewiesen” // “wir haben die Grundgesetze A auf diese Weise bewiesen” // , sondern bloss zeigen, dass sich ihnen – in gewisser Beziehung analoge – Konstruktionen zuordnen lassen.

 
   
                     Der Begriff der Allgemeinheit (und der Rekursion), der in diesen Beweisen gebraucht wird, ist nicht allgemeiner, als er aus diesen Beweisen unmittelbar herauszulesen ist.

 
   
                     Die Klammer in R, welche u, v, und w zusammenhält, kann weiter nichts bedeuten, als dass wir den Uebergang in A (oder einem von der
690
Form A) als berechtigt ansehen, wenn die Glieder (Seiten) des Uebergangs in einer, durch das Schema B charakterisierten Beziehung, zu einander stehen. Es nimmt dann B den Platz von A. Und wie es früher hiess: der Uebergang ist in meinem Kalkül erlaubt, wenn er einem der A entspricht, es j so kann es jetzt heissen // so heisst es jetzt // : er ist erlaubt, wenn er einem der B entspricht.
     Damit aber hätten wir noch keine Vereinfachung, keine Reduktion gewonnen.

 
   
     Der Gleichungskalkül ist gegeben. In diesem Kalkül hat ‘Beweis’ eine festgelegte // fixe // Bedeutung. Nenne ich nun auch die induktive Rechnung einen Beweis, so erspart mir dieser Beweis doch nicht die Kontrolle, ob die Uebergänge der Gleichungskette, nach diesen bestimmten Regeln (oder Paradigmen) gemacht sind. Ist das der Fall, so sage ich, die letzte Gleichung der Kette sei bewiesen; oder auch, die Gleichungskette stimme.

463
691
 
   
                      Denken wir uns, wir kontrollieren die Rechnung (a + b)³ = … in der ersten // auf die erste // Weise und beim ersten Uebergang sagt er: “ja, dieser Uebergang geschieht
zwar
(wohl)
nach a.(b + c) = ab + ac, aber stimmt das auch?” Und nun zeigten wir ihm die Ableitung dieser Gleichung im induktiven Sinne. –

 
   
                      In einer Bedeutung heisst die Frage “stimmt die Gleichung G”: lässt sie sich nach den Paradigmen herleiten? – Im andern Fall heisst es: lassen sich die Gleichungen u, v, w nach dem Paradigma (oder den Paradigmen) herleiten? – Und hier haben wir die beiden Bedeutungen der Frage (oder des Wortes ‘Beweis’) auf eine Ebene gestellt (in einem System ausgedrückt) und können sie nun vergleichen (und sehen, dass sie nicht Eines sind).

 
   
                      Und zwar leistet dieser neue Beweis nicht, was man annehmen könnte, dass er nämlich den Kalkül auf eine kleinere // engere // Grundlage setzte – wie es etwa geschieht, wenn wir durch p|q p V q und non-p ersetzen, oder die Zahl der Axiome vermindern. Denn, wenn man nun sagt, man habe alle die Grundgleichungen A aus r allein abgeleitet, so heisst hier das Wort “abgeleitet” etwas (ganz) andres. (Was man sich bei dieser Versprechung erwartet, ist die Ersetzung der grossen Kettenglieder durch kleinere, nicht durch zwei halbe Kettenglieder.) Und in einem Sinne hat man durch diese Ableitungen alles beim alten gelassen. Denn es bleibt im neuen Kalkül ein Kettenglied des alten wesentlich als ein solches bestehn. Die alte Struktur wird nicht aufgelöst. So dass man sagen muss, der alte Gang des Beweises bleibt bestehen. Und es bleibt im alten Sinne auch die Unreduzierbarkeit.

692
 
   
     Man kann daher auch nicht sagen, Skolem habe das algebraische System auf eine kleinere Grundlage gesetzt, denn er hat es in einem andern Sinne als dem algebraischen ‘begründet’. // denn er hat es in einem andern Sinne als dem der Algebra ‘begründet’. //

 
   
     Wird ein Zusammenhang der A durch die Induktionsbeweise mittels u gezeigt und ist dies nicht das Zeichen dafür, dass wir es hier doch mit Beweisen zu tun haben? – Es wird nicht der Zusammenhang gezeigt, den ein Zerlegen der Uebergänge A in Uebergänge r herstellen würde. Und ein Zusammenhang der A ist ja schon vor jedem Beweis zu sehen.



 
   
     Ich kann die Regel R auch so schreiben:
a + (1 + 1)
a + (x + 1)
a + ((x + 1) + 1)
=
(a + 1) + 1
(a + x) + 1        
(a + (x + 1)) + 1
oder auch so:
              a + (b + 1) = (a + b) + 1, wenn ich R oder S als Erklärung oder Ersatz für diese Form nehme.      Wenn ich nun sage, in
u
v
w
       
       
       
a + (b + 1)
a + (b + (c + 1))
(a + b) + (c + 1)
=
=
=
(a + b) + 1
a + ((b + c) + 1) = (a + (b + c)) + 1        
B

((a + b) + c) + 1
seien die Uebergänge durch die Regel R gerechtfertigt, – so kann man mir drauf an[f|t]worten: “Wenn Du das eine Rechtfertigung nennst, so hast Du die Uebergänge gerechtfertigt. Du hättest uns aber ebensoviel gesagt, wenn Du
736
693
uns nur auf die Regel R und ihre formale Beziehung zu u (oder zu u, v und w) aufmerksam gemacht hättest.”
           Ich hätte also auch sagen können: Ich nehme die Regel R in der und der Weise als Paradigma meiner Uebergänge.
           Wenn nun Skolem etwa nach seinem Beweis für das assoziative Gesetz übergeht zu:
a + 1
a + (b + 1)
(b + 1) + a
=
=
=
1 + a
(a + b) + 1)
C

b + (1 + a) = b + (a + 1) = (b + a) + 1
und sagt, der erste und dritte Uebergang in der dritten Zeile seien nach de[k|m] bewiesenen assoziativen Gesetz gerechtfertigt, – so sagt er uns damit nicht mehr, // so erfahren wir damit nicht mehr, // als wenn er sagte, die Uebergänge seien nach dem Paradigma a + (b + c) = (a + b) + c gemacht (d.h., sie entsprechen dem Paradigma) und es sei ein Schema u, v, w mit Uebergängen nach dem Paradigma u abgeleitet. – “Aber rechtfertigt B nun diese Uebergänge, oder nicht?” – Was meinst Du mit dem Wort “rechtfertigen”? – “Nun, der Uebergang ist gerechtfertigt, wenn wirklich ein Satz, der für alle Zahlen gilt, bewiesen ist.” – Aber in welchem Falle wäre das geschehen? Was nennst Du einen Beweis davon, dass ein Satz für alle Kardinalzahlen gültig ist? Wie weisst Du, ob der Satz (wirklich) für alle Kardinalzahlen
gültig
giltig
ist, da Du es nicht ausprobieren kannst. Dein einziges Kriterium ist ja der Beweis. Du bestimmst also wohl eine Form und nennst sie die, des Beweises, dass ein Satz für alle Kardinalzahlen gilt. Dann haben wir eigentlich gar nichts davon, dass uns zuerst die allgemeine Form dieser Beweise gezeigt wird; da ja dadurch nicht gezeigt wird, dass nur der besondere Beweis wirklich das leistet, was wir von ihm verlangen; ich meine: da hiedurch der besondere Beweis nicht als einer gerechtfertigt, erwiesen ist, der einen Satz für alle Kardinalzahlen beweist. Der rekursive Beweis muss vielmehr seine eigene Rechtfertigung sein. Wenn wir unsern Beweisvorgang
737
694
wirklich als den Beweis einer solchen Allgemeinheit rechtfertigen wollen, tun wir vielmehr etwas anderes: wir gehen Beispiele einer Reihe durch, und diese Beispiele und das Gesetz, was wir in ihnen erkennen, befriedigt uns nun, und wir sagen: ﹖– ja, unser Beweis leistet wirklich, was wir wollten –﹖. Aber wir müssen nun bedenken, dass wir mit der Angabe dieser Beispielreihe die Schreibweise B und C nur in eine andere (Schreibweise) übersetzt haben. (Denn die Beispielreihe ist nicht die unvollständige Anwendung der allgemeinen Form, sondern ein anderer Ausdruck dieser Form // des Gesetzes // .) Und weil die Wortsprache, wenn sie den Beweis erklärt, erklärt was er beweist, den Beweis nur in eine andere Ausdrucksform übersetzt, so können wir diese Erklärung auch ganz weglassen. Und wenn wir das tun, so werden die mathematischen Verhältnisse viel klarer, nicht verwischt, durch die mehrdeutigen // [v|V]ieles bedeutenden // Ausdrücke der Wortsprache. Wenn ich z.B. B unmittelbar neben A setze, ohne Dazwischenkunft des Wortes “alle” // ohne Vermittlung durch den Ausdruck der Wortsprache “für alle Kardinalzahlen etc.” // , so kann kein falscher Schein eines Beweises von A durch B entstehen. Wir sehen dann ganz nüchtern, wie weit die Beziehungen von B zu A und zu a + b = b + a reichen und wo sie aufhören. // Wir sehen dann die nüchternen, (nackten) Beziehungen zwischen A und B, und wie weit sie reichen. // Man lernt so erst, unbeirrt von der alles gleichmachenden Form der Wortsprache, die eigentliche Struktur dieser Beziehung kennen, und was es mit ihr auf sich hat.
          Man sieht hier vor allem, dass wir
an
in
dem Baum der Strukturen B, C, etc. interessiert sind, und dass an ihm zwar allenthalben die Form
f(1) = g(1)
f(n + 1) = F(fn)
g(n + 1) = F(gn)
zu sehen ist, gleichsam eine bestimmte Astgabelung, – dass aber diese Gebilde in verschiedenen Anordnungen, und Verbindungen untereinander, auftreten, und dass sie nicht in dem Sinne Konstruktionselemente bilden // sind // , wie die Paradigmen im Beweis von a + (b + (c + 1)) = (a + (b + c)) + 1 oder (a + b)² =
738
695
a² + 2ab + b². Der Zweck der “rekursiven Beweise” ist ja, den algebraischen Kalkül mit dem der Zahlen in Verbindung zu setzen. Und der Baum der rekursiven Beweise “rechtfertigt” den algebraischen Kalkül nur, wenn das heissen soll, dass er ihn mit dem arithmetischen in Verbindung bringt. Nicht aber in dem Sinn, in welchem die Liste der Paradigmen den algebraischen Kalkül, d.h. die Uebergänge in ihm, rechtfertigt.
           Wenn man also die Paradigmen der Uebergänge tabuliert, so hat das dort Sinn, wo das Interesse darin liegt, zu zeigen, dass die und die Transformationen alle bloss mit Hilfe jener – im übrigen willkürlich gewählten – Uebergangsformen zustande gebracht sind. Nicht aber dort, wo sich die Rechnung in einem andern Sinne rechtfertigen soll, wo also das Anschauen der Rechnung – ganz abgesehen von dem Vergleich mit einer Tabelle vorher festgelegter Normen – uns lehren muss, ob wir sie zulassen sollen oder nicht. Skolem hätte uns also keinen Beweis des assoziativen und kommutativen Gesetzes versprechen brauchen // sollen // , sondern einfach sagen können, er werde uns einen Zusammenhang der Paradigmen der Algebra mit den Rechnungsregeln der Arithmetik zeigen. Aber ist das nicht Wortklauberei? hat er denn nicht die Zahl der Paradigmen reduziert und uns z.B. statt jener beiden Gesetze eines, nämlich a + (b + 1) = (a + b) + 1 gegeben? Nein. Wenn wir z.B. (a + b)⁴ = etc. (r) beweisen, som könnten wir dabei von dem vorher bewiesenen Satz (a + b)² = etc. (s) [g|G]ebrauch machen. Aber in diesem Fall lassen sich die Uebergänge in r, die durch s gerechtfertigt wurden, auch durch jene Regeln rechtfertigen, mit denen s bewiesen wurde. Und es verhält sich dann s zu jenen ersten Regeln, wie ein durch Definition eingeführtes Zeichen zu dem primären Zeichen, mit deren Hilfe es definiert wurde. Man kann die Definition immer auch elliminieren und auf die primären Zeichen übergehen. Wenn wir aber in C einen Uebergang machen, der durch B gerechtfertigt ist, so können wir diesen Uebergang nun nicht auch mit u allein machen. Wir haben eben mit dem, was hier Beweis genannt wird, nicht einen Schritt // Uebergang // in Stufen zerlegt, sondern etwas ganz andres getan.
696





 
    
   
     Wir haben also hier nicht den Fall, in welchem eine Gruppe von Grundgesetzen durch eine mit weniger Gliedern bewiesen wird, aber nun weiter in den Beweisen alles im Gleichen bleibt. (Wie auch in einem System von Grundbegriffen an der späteren Entwicklung dadurch nichts geändert wird, dass man die Anzahl der Grundbegriffe durch Definitionen reduziert.)
     (Uebrigens, welche verdächtige Analogie, zwischen “Grundgesetzen” und “Grundbegriffen”!)

 
   
     Es ist gleichsam // etwa // so: der Beweis eines alten Grundgesetzes setzt sonst das System der Beweise (einfach) nach rückwärts fort. Die Rekursionsbeweise aber setzen das System von algebraischen Beweisen (mit den alten Grundgesetzen) nicht nach rückwärts fort, sondern sind ein neues System, das mit dem ersten nur parallel zu laufen scheint.

 
   
     Das ist eine seltsame Bemerkung, dass in den Induktionsbeweisen der Grundregeln nach wie vor ihre Unreduzierbarkeit (Unabhängigkeit) sich
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zeigen muss // ﹖– zu Tage treten muss –﹖ // . Was, wenn man das für den Fall von gewöhnlichen Beweisen (oder Definition) sagte, also für den Fall, wo die Grundregeln eben weiter reduziert werden, eine neue Verwandtschaft zwischen ihnen gefunden (oder konstruiert) wird.

 
   
     Wenn ich darin Recht habe, dass durch die Rekursionsbeweise die Unreduzierbarkeit // Unabhängigkeit // intakt bleibt, dann ist damit (wohl) alles gesagt, was sich gegen den Begriff vom Rekursions-“Beweis” sagen // vorbringen // wollte // kann // .

 
   
     Der induktive Beweis zerlegt den Uebergang in A nicht. Ist es nicht das, was macht, dass ich mich dagegen sträube, ihn Beweis zu nennen? Warum ich versucht bin zu sagen, er kann auf keinen Fall – nämlich auch, wenn man A durch R und u konstruiert – mehr tun, als etwas über den Uebergang zu zeigen.

 
   
     Wenn man sich einen Mechanismus aus Zahnrädern und diese aus lauter gleichen keilförmigen Stücken und je einem Ring, der sie zue einem Rad zusammenhält, zusammengesetzt denkt, so blieben in einem gewissen Sinne die Einheiten des Mechanismus doch die Zahnräder.

 
   
     Es ist so: Wenn ein Fass aus Dauben und Böden besteht, so halten doch nur alle diese in dieser (bestimmten) Verbindung (als Komplex) die Flüssigkeit und bilden als Behälter neue Einheiten.

 
   
     Denken wir uns eine Kette, sie besteht aus Gliedern und es ist möglich, (je) ein solches Glied durch zwei kleinere zu ersetzen. Die Verbindung, die die Kette macht, kann dann, statt durch die grossen, ganz durch die
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kleineren // kleinen // Glieder gemacht werden. Man könnte sich aber auch denken, dass jedes Glied der Kette aus – etwa – zwei halbringförmigen Teilen bestünde, die zusammen das Glied bildeten, einzeln aber nicht als Glieder verwendet werden könnten.
     Es hätte nun ganz verschiedenen Sinn, einerseits, zu sagen: die Verbindung, die die grossen Glieder machen, kann durch lauter kleine Glieder gemacht werden; – und anderseits: diese Verbindung kann durch lauter halbe grosse Glieder gemacht werden. Was ist der Unterschied?

 
   
     Der eine Beweis ersetzt eine grossgliedrige Kette durch eine kleingliedrige, der andere zeigt, wie man die (alten) grossen Glieder aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen kann.

 
   
     Aehnlichkeit, sowie // und // Verschiedenheit der beiden Fälle sind augenfällig // klar zu Tage liegend // .

 
   
     Der Vergleich des Beweises mit der Kette ist natürlich ein logischer Vergleich und also einv vollkommen exakter Ausdruck dessen, was er illustriert.
699




 
    
   
     Man fasst die Periodizität eines Bruches, z.B.
1
3
, so auf, als bestünde // bestehe // sie darin, dass etwas, was [,|m]an die Ex[f|t]ension des unendlichen Dezimalbruchs nennt, nur aus // aus lauter // Dreien besteht, und dass die Gleichheit des Restes dieser Division mit dem Dividenden nur das Anzeichen für diese Eigenschaft der unendlichen Extension sei. Oder aber man korrigiert diese Meinung dahin, dass nicht eine unendliche Extension diese Eigenschaft habe, sondern eine unendliche Reihe endlicher Extensionen; und hierfür sei wieder die Eigenschaft der Division ein Anzeigen. Man kann nun sagen: die Extension mit einem Glied sei 0,3, die mit 2 Gliedern 0,33, die mit dreien 0,333, u.s.w.. Das ist eine Regel und das “u.s.w.” bezieht sich auf die Regelmässigkeit, und die Regel könnte auch geschrieben werden “/0,3, 0,x, 0,x3/”. Das, was aber durch die Division 11 : 3 = 0,3 bewiesen ist, ist diese Regelmässigkeit im Gegensatz zu einer andern, nicht die Regelmässigkeit im
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Gegensatz zur Unregelmässigkeit. Die periodische Division, also 11 : 3 = 0,3 (im Gegensatz zu
1 : 3 = 0,3
  1
beweist eine Periodizität der Quotienten, d.h. sie bestimmt die Regel (die Periode), legt sie fest, aber ist nicht ein Anzeichen dafür, dass eine Regelmässigkeit “vorhanden ist”. Wo ist sie denn vorhanden? Etwa in den bestimmten Entwicklungen, die ich auf diesem Papier gebildet habe. Aber das sind doch nicht “die Entwicklungen”. (Hier werden wir irregeführt von der Idee der nicht aufgeschriebenen, idealen Extensionen, die ein ähnliches Unding sind, wie die idealen, nicht gezogenen geometrischen Geraden, die/wir gleichsam nur in der Wirklichkeit nachziehen, wenn wir sie zeichnen.) Wenn ich sagte “das ‘u.s.w.’ bezieht sich auf die Regelmässigkeit”, so unterschied ich es von dem ‘u.s.w.’ in “er las alle Buchstaben: a, b, c, u.s.w.”. Wenn ich sage: “die Extensionen von 1:3 sind 0,3, 0,33, 0,333, u.s.w.”, so gebe ich drei Extensionen und – eine Regel. Unendlich ist nur diese, und zwar in keiner andern Weise, als die Division 11 : 3 = 0,3.

 
   
     Von dem Zeichen “0,” kann man sagen: es ist keine Abkürzung.

 
   
     Und das Zeichen “/0,3, 0,x, 0,x3/” ist kein Ersatz für eine Extension, sondern das vollwertige Zeichen selbst; und ebensogut ist “0,”. Es sollte uns doch zu denken geben, dass ein Zeichen der Art “0,genügt, um damit zu machen, was wir brauchen. Es ist kein Ersatz, und im Kalkül gibt es keinen Ersatz.
     Wenn man meint, die besondere Eigenschaft der Division 11 : 3 = 0,3 sei ein Anzeichen für die Periodizität des unendlichen Dezimalbruchs, oder
701
der Dezimalbrüche der Entwicklung, so heisst das, // so ist das ein Anzeichen dafür, // das etwas regelmässig ist; aber was? Die Extensionen, die ich gebildet habe? Aber andere gibt es ja nicht. Am absurdesten würde die Redeweise, wenn man sagte: die Eigenschaft der Division sei ein Anzeichen dafür, dass das Resultat die Form /0,a, 0,x, 0,xa/ habe; das wäre so, als wollte man sagen; eine Division ist das Anzeichen dafür, dass eine Zahl herauskommt. Das Zeichen “0,” drückt seine Bedeutung nicht von einer grösseren Entfernung aus, als “0,333 …”, denn dieses Zeichen gibt eine Extension von drei Gliedern und eine Regel; die Extension 0,333 ist für unsere Zwecke nebensächlich und so bleibt nur die Regel, die “/0,3, 0,x, 0,x3/” ebensogut gibt. Der Satz “die Division wird nach der ersten Stelle periodisch” heisst soviel wie: “der erste Rest ist gleich dem Dividenden”. Oder auch: der Satz “die Division wird von der ersten Stelle an ins Unendliche die gleiche Ziffer erzeugen” heisst “der erste Rest ist gleich dem Dividenden”; so wie der Satz “dieses Lineal hat einen unendlichen Radius” heisst, es sei gerade.

 
   
     Man könnte nun sagen: die Stellen des // eines // Quotienten von 1:3 sind notwendig alle 3, und das würde wieder nur heissen, dass der erste Rest gleich dem Dividenden ist und die erste Stelle des Quotienten 3. Die Verneinung des ersten Satzes ist daher gleich der Verneinung des zweiten. Es ist also dem “notwendig alle” nichts entgegengesetzt, was man “zufällig alle” nennen könnte; “notwendig alle” ist sozusagen ein Wort. Ich brauche nur fragen: Was ist das Kriterium der notwendigen Allgemeinheit, und was wäre das, der zufälligen (das Kriterium dafür also, dass zufällig alle Zahlen die Eigenschaft P haben)?
702




 
    
   
     Der “rekursive Beweis” ist das allgemeine Glied einer Reihe von Beweisen. Er ist also ein Gesetz, nach dem man Beweise konstruieren kann. Wenn gefragt wird, wie es möglich ist, dass mir diese allgemeine Form den Beweis eines speziellen Satzes, z.B. 7 + (8 + 9) = (7 + 8) + 9 ersparen kann, so ist die Antwort, dass sie nur alles zum Beweis dieses Satzes vorbereitet hat, ihn aber nicht beweist (er kommt ja in ihr nicht vor). Der Beweis besteht vielmehr aus der allgemeinen Form zusammen mit dem Satz.

 
   
     Unsere gewöhnliche Ausdrucksweise trägt den Keim der Verwirrung in ihre Fundamente, indem sie das Wort “Reihe” einerseits im Sinne von ‘Extension’, anderseits im Sinne von ‘Gesetz’ gebraucht. Das Verhältnis der beiden kann man sich an der Maschine klarmachen, die Schraubenfedern erzeugt. Hier wird durch einen schraubenförmig gewundenen Gang ein Draht geschoben, der nun so viele Schraubenwindungen erzeugt, als man erzeugen will. Das, was man die unendliche Schraube nennt, ist nicht vielleicht etwas von der Art der end-
703
lichen Drahtstücke, oder etwas, dem sich diese nähern je länger sie werden, sondern das Gesetz der Schraube, wie es in dem kurzen Gangstück verkörpert ist. Der Ausdruck “unendliche Schraube” oder “unendliche Reihe” ist daher irreführend.

 
   
     Wir können also den rekurierenden Beweis immer auch als Reihenstück mit dem “u.s.w.” anschreiben und er verliert dadurch nicht seine Strenge. Und zugleich zeigt diese Schreibweise klarer sein Verhältnis zur Gleichung A. Denn nun verliert der rekursive Beweis jeden Schein einer Rechtfertigung von A im Sinne eines algebraischen Beweises – etwa von (a + b)² = a² + 2ab + b². Dieser Beweis mit Hilfe der algebraischen Rechnungsregeln ist vielmehr ganz analog einer Ziffernrechnung.

 
   
     5 + (4 + 3) = 5 + (4 + (2 + 1)) = 5 + (4 + 2) + 1) = (5 + (4 + 2)) + 1 = (5 + (4 + (1 + 1))) + 1 = ((5 + 4) + 2) + 1 = (5 + 4) + 3 … (L)
     Das ist einerseits der Beweis von 5 + (4 + 3) = (5 + 4) + 3, anderseits kann man es als Beweis von 5 + (4 + 4) = (5 + 4) + 4 etc. etc. gelten lassen, d.h. benützen.
     Wenn ich nun sage: L ist der Beweis des Satzes a + (b + c) = (a + b) + c, so würde das Eigentümliche
am
am
Uebergang vom Beweis zum Satz viel auffälliger.

 
   
     Definitionen führen nur praktische Abkürzungen ein, aber wir könnten auch ohne sie auskommen. Aber wie ist es mit den rekursiven Definitionen?

 
   
     Anwendung der Regel a + (b + 1) = (a + b) + 1 kann man zweierlei nennen: 4 + (2 + 1) = (4 + 2) + 1 ist eine Anwendung in einem Sinne, im andern: 4 + (2 + 1) = ((4 + 1) + 1) + 1 = (4 + 2) + 1.

704
 
   
     Die rek[j|u]rsive Definition ist eine Regel zur Bildung v[l|o]n Ersetzungsregeln. Oder auch das allgemeine Glied einer Reihe von Definitionsreihen. Sie ist ein Wegweiser, der alle Ausdrücke einer bestimmten Form einem Wege heimweist.

 
   
     Man könnte – wie gesagt – den Induktionsbeweis ganz ohne die Benützung von Buchstaben (mit voller Strenge) anschreiben. Die rekursive Definition a + (b + 1) = (a + b) + 1 müsste dann als Definitionsreihe geschrieben werden. Diese Reihe verbirgt sich nämlich in der Erklärung ihres Gebrauchs. Man kann natürlich auch der Bequemlichkeit halber die Buchstaben in der Definition beibehalten, [,|m]uss sich aber dann in der Erklärung auf ein Zeichen der Art “1, (1) + 1, ((1) + 1) + 1, u.s.w.” beziehen; oder, was auf dasselbe hinausläuft, “/1, x, x + 1/”. Hier darf man aber nicht etwa glauben, dass dieses Zeichen eigentlich lauten sollte “(x)./ 1, x, x + 1/”! –
     Der Witz unserer Darstellung ist ja, dass der Begriff “alle Zahlen” nur durch eine Struktur der Art “/1, x, x + 1/” gegeben ist. Die Allgemeinheit ist durch diese Struktur im Symbolismus dargestellt und kann nicht durch ein (x).fx beschrieben werden.
     Natürlich ist die sogenannte “rekursive Definition” keine Definition im hergebrachten Sinne des Worts, weil keine Gleichung. Denn die Gleichung “a + (b + 1) = (a + b) + 1” ist nur ein Bestandteil von ihr. Noch ist sie das logische Produkt von Gleichungen. Sie ist vielmehr ein Gesetz, wonach Gleichungen gebildet werden; wie /1, x, x + 1/ keine Zahl ist, sondern ein Gesetz etc.. (Das Ueberraschende // Verblüffende // am Beweis von a + (b + c) = (a + b) + c ist ja, dass er aus einer Definition allein hervorgehen soll. Aber u ist keine Definition, sondern eine allgemeine Additionsregel.)
     Anderseits ist die Allgemeinheit dieser Regel keine andere, als die der periodischen Division 11 : 3 = 0,3. D.h. es ist in der Regel nichts offen
705
gelassen, ergänzungsbedürftig oder dergleichen.
     Und vergessen wir nicht: Das Zeichen “/1, x, x + 1/” …N interessiert uns nicht als ein suggestiver Ausdruck des allgemeinen Gliedes der Kardinalzahlenreihe, sondern nur, sofern es mit analog gebauten Zeichen in Gegensatz tritt: N im Gegensatz zu, etwa, /2, x, x + 3/; kurz als Zeichen, als Instrument, in einem Kalkül. Und das Gleiche gilt natürlich von 11 : 3 = 0,3. (Offen gelassen wird in der Regel nur ihre Anwendung.)

 
   
     1 + (1 + 1) = (1 + 1) + 1, 2 + (1 + 1) = (2 + 1) + 1, 3 + (1 + 1) = (3 + 1) + 1 … u.s.w.
     1 + (2 + 1) = (1 + 2) + 1, 2 + (2 + 1) = (2 + 2) + 1, 3 + (2 + 1) = (3 + 2) + 1 … u.s.w.
     1 + (3 + 1) = (1 + 3) + 1, 2 + (3 + 1) = (2 + 3) + 1, 3 + (3 + 1)m = (3 + 3) + 1 … u.s.w.
      u.s.w..
So könnte man die Regel “a + (b + 1) = (a + b) + 1” anschreiben.

a + (
1
!
+ 1) = (a +
1
!
) + 1(Ƒ)
     a + (x + 1) = (a + x) + 1
R

a + ((x + 1) + 1) = ((a + x) + 1) + 1

     In der Anwendung der Regel R, deren Beschreibung ja zu der Regel selbst als ein Teil ihres Zeichens gehört, läuft a der Reihe /1, x, x + 1/ entlang und das könnte natürlich durch ein beigefügtes Zeichen, etwa “a N” angegeben werden. (Die zweite und d[ir|ri]tte Zeile der Regel R könnte man zusammen die Operation/nennen, wie das zweite und dritte Glied des Zeichens N.) So ist auch die Erläuterung zum Gebrauch der rekursiven Definition u ein Teil dieser Regel selber; oder auch eine Wiederholung ebenderselben // der // Regel in andrer Form: sowie “1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, u.s.w.” das gleiche bedeutet, wie (d.h. übersetzbar ist in) “/1, x, x + 1/”. Die Uebersetzung in die Wortsprache erklärt den Kalkül mit den neuen Zeichen, da
706
wir den Kalkül mit den Zeichen der Wortsprache schon beherrschen.
     Das Zeichen einer Regel ist ein Zeichen eines Kalküls wie jedes andere; seine Aufgabe ist nicht, suggestiv (﹖– auf eine Anwendung hin –﹖[_|)] zu wirken, sondern, im Kalkül nach einem System // nach Gesetzen // gebraucht zu werden. Daher ist die äuss[d|e]re Form, wie die eines Pfeiles nebensächlich, wesentlich aber das System, worin das Regelzeichen verwendet wird. Das System von Gegensätzen – sozusagen – wovon // von denen // worin // das Zeichen sich unterscheidet, etc..
     Das, was ich hier die Beschreibung der Anwendung nenne, enthält ja selbst ein “u.s.w.”, kann also nur eine Ergänzung oder ein Ersatz des Regelzeichens selbst sein.



 
   
     Was ist nun der Gegensatz eines allgemeinen Satzes, wie a + (b + (1 + 1)) = a + ((b + 1) + 1)? Welches ist das System von Sätzen, innerhalb desˇsen diese Regel // dieser Satz // verneint wird? Oder auch: wie, in welcher Form, kann dieser Satz mit andern in Widerspruch ge[t|r]aten? Oder: welche Frage kann er beantworten, zwischen welchen Alternativen entscheiden? – Nicht zwischen einer “(n).fn” und einer “(En). non fn”; denn die Allgemeinheit ist dem Satz von der Regel R zugebracht. Sie kann ebensowenig
729
707
in Frage gestellt // gezogen // werden, wie das System der Kardinalzahlen. // Oder: Welche Frage beantwortet er? Nicht // Gewiss nicht // die, ob (n).fn oder (En). non fn der Fall ist, etc.. // Die Allgemeinheit einer Regel kann eo ipso nicht in Frage gestellt werden.
           Denken wir uns nun den allgemeinen Satz als Reihe geschrieben
     p11, p12, p13, …      p21, p22, p23, …      p31, p32, p33, …       …
und verneint. Wenn wir ihn als (x). f(x) auffassen, so ist er ein logisches Produkt // so betrachten wir ihn als logisches Produkt // und sein Gegenteil ist die logische Summe der Verneinungen von p11, p12, etc.. Diese Disjunktion (nun) ist mit jedem beliebigen Produkt p11 & p21 & p22 & p12 … pmn vereinbar. (Gewiss, wenn man den Satz mit einem logischen Produkt vergleicht, so wird er unendlich vielsagend und sein Gegenteil nichtssagend.) (Bedenke aber: das “u.s.w.” steht im Satz nach einem Beistrich, nicht nach einem “und” (“&”). Das “u.s.w.” ist kein Zeichen ihrer Unvollständigkeit.)
           Ist denn die Regel R unendlich vielsagend? wie ein ungeheuer/langes logisches Produkt?
           Dass man die Zahlenreihe durch die Regel laufen lässt, ist eine gegebene Form; darüber wird nichts behauptet und kann nichts verneint werden.
           Das Durchleiten des Zahlenstromes ist ja nichts, wovon ich sagen kann, ich könne es beweisen. Beweisen kann ich nur etwas über die Form, den Model, durch den ich den Zahlenstrom leite.
           Kann man nun nicht sagen, dass die allgemeine Zahlenregel a + (b + c) = (a + b) + c …A) eben die Allgemeinheit hat wie a + (1 + 1) = (a + 1) + 1 (indem diese ˇfür jede Kardinalzahl, jene für jedes Kardinalzahlentrippel gilt);
730
708
und dass der rekursive Beweis // Induktionsbeweis // von A die Regel A rechtfertigt? Dass wir also die Regel A geben dürfen, weil der Beweis zeigt, dass sie immer stimmt?
           Rechtfertigt 11 : 3 = 0,3 die Regel “1
1
:
3 = 0,3, 1
2
:
3 = 0,33, 1
3
:
3 = 0,333, u.s.w.”? …P)
           A ist eine vollkommen verständliche Regel; so wie die Ersetzungsregel P. Eine solche Regel kann ich aber darum nicht geben, weil ich die einzelnen Fälle von A schon durch eine andere Regel berechnen kann, wie ich P nicht als Regel geben kann, wenn ich eine Regel gegeben habe, mit der ich 1
1
:
3 = 0,3, etc. berechnen kann.

 
   
                        Wie wäre es, wenn man ausser den Multiplikationsregeln noch” 25 × 25 = 625” als Regel festsetzen wollte? (Ich sage nicht ”25 × 25 = 624”!) – 25 × 25 = 625 hat nur Sinn, wenn die Art der Rechnung // Ausrechnung // bekannt ist, die zu dieser Gleichung gehört, und hat nur Sinn in Bezug auf diese Rechnung. A hat nur Sinn mit Bezug auf die Art der Ausrechnung von A. Denn ﹖– die erste Frage wäre hier eben –﹖: ist das eine Bestimmung // Festsetzung // , oder ein errechneter Satz? Denn ist 25 × 25 = = 625 eine Festsetzung (Grundregel), dann bedeutet das Multiplikationszeichen etwas anderes, als es z.B. in Wirklichkeit bedeutet. (D.h. wir haben es mit einer anderen Rechnungsart zu tun.) Und ist A eine Festsetzung, dann definiert das die Addition anders, als wenn es ein errechneter Satz ist. Denn die Festsetzung ist ja dann eine Erklärung des Additionszeichens und die
Rechenregel
Rechenregeln
, die A auszurechnen erlauben, eine andere Erklärung desselben Zeichens. Ich darf hier nicht vergessen, dass u, v, w nicht der Beweis von A ist, sondern nur die Form des Beweises, oder des Bewiesenen, ist; u, v, w definiert also A.
           Darum kann ich nur sagen “25 × 25 = 625 wird bewiesen”, wenn die Beweismethode fixiert ist, unabhängig von dem speziellen Beweis. Denn
709
diese Methode bestimmt erst die Bedeutung von “x,y”, also, was bewiesen wird. Insofern gehört also die Form aa : b = c zur Beweismethode, die den Sinn von erklärt. Etwas anderes ist dann die Frage, ob ich richtig gerechnet habe. – Und so gehört u, v, w zur Beweismethode, die den Sinn des Satzes A erklärt.
     Die Arithmetik ist ohne eine Regel A vollständig, es fehlt ihr nichts. Der Satz A wird (nun) mit Entdeckung einer Periodizität, mit der Konstruktion eines neuen Kalküls, in die Arithmetik eingeführt. Die Frage nach der Richtigkeit dieses Satzes hätte vor dieser Entdeckung (oder Konstruktion) so wenig Sinn, wie die Frage nach der Richtigkeit von “1
1
:
3 = 0,3, 1
2
:
3 = 0,33, … ad inf.”.
     Nun ist die Festsetzung P verschieden vom Satz “1:3 = 0,” und in diesem Sinne ist “a + (b + ) = (a + b) + ” verschieden von einer Regel (Festsetzung) A. Die beiden gehören andern Kalkülen an. Der Beweis, die Rechtfertigung, einer Ersetzungsregel A ist der rekursive Beweis nur insofern, als er die allgemeine Form der Beweise arithmetischer Sätze von der Form A ist. // Der Beweis, die Rechtfertigung, einer Regel A ist der Beweis von u, v, w nu nur insofern, als … //

 
   
     Die Periodizität ist nicht das Anzeichen (Symptom) dafür, dass es so weitergeht, aber der Ausdruck “so geht es immer weiter” ist nur eine Ue[g|b]ersetzung in eine andere Ausdrucksweise
﹖–
–﹖
// des periodischen Zeichens //
. (Gäbe es ausser dem periodischen Zeichen noch etwas, wofür die Periodizität nur ein Symptom ist, so müsste dieses Etwas einen spezifischen Ausdruck haben, der nichts anderes wäre, als der vollständige Ausdruck dieses Etwas.)
710




 
    
   
     Ich sprach früher von Verbindungsstrichen, Unterstreichungen, etc. um die korrespondierenden, homologen, Teile der Gleichungen eines Rekursionsbeweises zu zeigen. Im Beweis
a + (b +
h
1
) = (a + b) +
i
1

a + (b + (c +
k
1
)) = (a + (b + c)) +
m
1

(a + b) + (c +
n
1
) = ((a + b) + c) +
p
1

entspricht z.B. die Eins i nicht der m sondern dem c der nächsten Gleichung; m aber entspricht nicht k, sondern dem p; und h nicht dem k sondern dem c + k. etc..      Oder in:
(a + 1) + 1 = (a + 1) + 1
1 + (a + 1) = (1 + a) + 1(Ƒ)

711
entspricht nicht m dem h und n dem i, sondern m dem v und n dem k; und nicht k dem p, aber p dem u und v dem r und k dem q und q dem s, aber nicht dem u, u.s.w..      Wie verhält es sich mit einer Rechnung wie:
(5 + 3)² = (5 + 3)(5 + 3) = 5(5 + 3) + 3(5 + 3) = 5 × 5 + 5 × 3 + 3 × 5 + 3 × 3 = 5² + 2 × 5 × 3 + 3² …R) aus welcher wir auch eine allgemeine Regel des Quadrierens eines Binoms herauslesen können?
     Wir können diese Rechnung sozusagen arithmetisch und algebraisch auffassen // ansehen // .
     Und dieser Unterschied in der Auffassung träge z.B. zu Tage, wenn das Beispiel gelautet hätte (5 + 2)² = 5² +
i
2
×
k
2
× 5 +
k
2
² der algebraischen Auffassung die 2 an den Stellen k einerseits, und an der Stelle i anderseits unterscheiden mussten, während sie in der airh arithmetischen Auffassung nicht zu unterscheiden wären. Wir betreiben eben – glaube ich – be[k|i]de Male einen andern Kalkül.

 
   
     Nach der einen Auffassung wäre z.B. die obige // vorige // Rechnung ein Beweis von (7 + 8)² = 7² + 2 × 7 × 8 + 8², nach der anderen nicht.

 
   
     Wir könnten ein Beispiel rechnen, um uns zu vergewissern, dass (a + b)² gleich a² + b² + 2ab und nicht a² + b² + 3ab ist – wenn wir es etwa vergessen hätten; aber wir könnten nicht in diesem Sinn kontrollieren, ob die Formel allgemein gilt. Auch diese Kontrolle gibt es natürlich und ich könnte in der Rechnung
(5 + 3)² = … = 5² + 2 × 5 × 3 + 3² nachsehen, ob die 2 im zweiten Glied ein allgemeiner Zug der Gleichung ist oder einer, der von den speziellen Zahlen des Beispiels abhängt.

712
 
   
     Ich mache (5 + 2)² = 5² + 2 × 2 × 5 + 2² zu einem andern Zeichen, indem ich schreibe:
(
i
5 +
k
2
)² =
i ‒
5² +

2
×
k
2
× 5 +
i
5 +
k ‒

und dadurch “andeute, welche Züge der rechten Seite von den besonderen Zahlen der linken herrühren”, etc..

 
   
     (Ich erkenne jetzt die Wichtigkeit dieses Prozesses der Zuordnung. Er ist der Ausdruck einer neuen Betrachtung der Rechnung und daher die // der // Betrachtung einer neuen Rechnung.)



 
   
     Ich muss, um ‘A zu beweisen’, erst – wie man sagen würde – die Aufmerksamkeit auf etwas ganz Bestimmtes richten // … auf ganz bestimmte Züge in // von // B lenken // . (Wie in der Division
1,0 : 3 = 0,
  1
)

 
   
     (Und von dem, was ich dann sehe, hatte das u sozusagen noch gar keine Ahnung.)

 
   
     Es verhält sich hier zwischen Allgemeinheit und Beweis der Allgemeinheit, wie zwischen Existenz und Existenzbeweis.

 
   
     Wenn u, v, w bewiesen sind, muss der allgemeine Kalkül erst erfunden werden.

 
   
     Es kommt uns ganz selbstverständlich vor, auf die Induktionsreihe hin “a + (b + c) = (a + b) + c” zu schreiben; weil wir nicht sehen, dass wir damit
713
einen ganz neuen Kalkül beginnen. (Ein Kind, das gerade rechnen lernt, würde in dieser Beziehung klarer sehen als wir.)



 
   
     Die Hervorhebungen geschehen durch das Schema R und könnten so ausschauen:


a + (b + 1) = (a + b) + 1

a + (b + (c + 1)) = /a + ((b + c)/ + 1

(a + b) + (c + 1) = /((a + b) + c)/ + 1(Ƒ)


Es hätte aber natürlich auch genügt (d.h. wäre ein Symbol derselben Multiplizität gewesen) B anzuschreiben und dazu:
f1x = a + (b + x), f2x = (a + b) + x.
     (Und dabei ist wieder zu bedenken // anzumerken // , dass jedes Symbol – wie explicit auch immer – missverstanden werden kann. –)

 
   
     Wer etwa zuerst darauf aufmerksam macht, dass B so gesehen werden kann, der führt ein neues Zeichen ein; ob er nun die Hervorhebungen mit B verbindet oder auch das Schema R daneben schreibt. Denn dann ist eben R das neue Zeichen. Oder, wenn man will, auch B zusammen mit R. Die Weise, wie er darauf aufmerksam gemacht hat, gibt das neue Zeichen.

 
   
     Man könnte etwa sagen: Hier wurde die untere Gleichung als a + b = b + a gebraucht; und analog: hier wurde B als A gebraucht, wobei B aber gleichsam der Quere nach gelesen wurde. Oder: B wurde als A gebraucht, aber die
714
neue Gleichung // der das neue Satz Zeichen // wird aus u & v& w so zusammengestellt, dass, indem man nun A aus B herausliest, man nicht u & v& w in jener Art von Verkürzung liest, in der man die Prämisse im Folgesatz vor sich hat. // … im Folgesatz liest. // // … dass, indem man nun A aus B herausliest, u & v & w nicht in jener Art von Verkürzung erscheint, in der man … //

 
   
     Was heisst es nun: “ich mache Dich drauf aufmerksam, dass hier in beiden Funktionszeichen das gleiche Argument // Zeichen // steht (vielleicht hast Du es nicht bemerkt)”? Heisst das, dass er den Satz nicht verstanden hatte? – Und doch hat er etwas nicht bemerkt, was wesentlich zum Satz gehörte; nicht etwa (so), als hätte er eine externe Eigenschaft des Satzes nicht bemerkt. [)|(]Hier sieht man wieder, welcher Art das ist, was man “verstehen eines Satzes” nennt.)

 
   
      Das Bild vom längs und quer Durchlaufen ist natürlich wieder ein logisches Bild und darum ein ganz exakter Ausdruck eines grammatischen Verhältnisses. Es ist also nicht davon zu sagen: “das ist ein blosses Gleichnis, wer weiss, wie es sich in der W[8|i]rklichkeit verhält”. // Der Vergleich von längs und quer Durchlaufen ist wieder ein logisches Bild und darum nicht ein unverbi[dn|nd]liches Gleichnis, sondern ein korrekter Ausdruck eines einer grammatischen Verhältnisses Tatsache. // … und darum nicht als unverbindliches Gleichnis über die Achsel anzusehen, sondern … //

 
   
     Wenn ich sagte, das neue Zeichen mit den Hervorhebungen müsse ja doch aus dem alten ohne die Hervorhebungen abgeleitet sein // entstehen // , so heisst das nicht, weil ich ja das Zeichen mit den Hervorhebungen abgesehen von seiner Entstehung betrachten kann. Es stellt sich mir dann (Frege) dar, als drei Gleichungen, d.h. als die Figur dreier Gleichungen mit ge-
715
wissen Unterstreichungen etc..
     Dass diese Figur ganz analog der der drei Gleichungen l ohne den Unterstreichungen ist, ist allerdings bedeutsam, wie es ja auch bedeutsam ist, dass die Kardinalzahlen 1 und die Rationalzahl 1 analogen Regeln unterworfen sind, aber es hindert nicht, dass wir hier ein anderes // neues // Zeichen haben.
     Ich treibe jetzt etwas ganz Neues mit diesem Zeichen.

 
   
     Verhält es sich hier nicht so, wie in dem Fall, den ich einmal annahm, dass der Kalkül der Wahrheitsfunktionen von Frege und Russell mit der Kombination non-p & non-q der Zeichen “non” und “ & ” betrieben worden wäre, ohne dass man das gemerkt hätte, und dass nun Scheffer, statt eine neue Definition zu geben, nur auf eine Eigentüm[.|l]ichkeit der bereits benützten Zeichen aufmerksam gemacht hätte.

 
   
     Man hätte immer Dividieren können, ohne je auf die Periodizität aufmerksam zu werden. Hat man sie gesehen, so hat man etwas Neues gesehn.

 
   
     Könnte man das aber dann nicht ausdehnen und sagen: ich hätte Zahlen miteinander multiplizieren können, ohne je auf den Spezi[l|a]lfall aufmerksam zu werden, in dem ich eine Zahl mit sich selbst multipliziere, und also ist x² nicht einfach x.x”. Die Schaffung des Zeichens “x²” könnte, man den Ausdruck dafür nennen, dass man auf diesen Spezialfall aufmerksam geworden ist. Oder, man hätte (immer) a mit b multiplizieren und durch c dividieren können, ohne darauf aufmerksam zu werden, dass man “
(a∙b)
c
” auch “a∙(
b
c
)” schreiben kann und dassd das analog a.b ist. Und weiter: das ist doch der Fall des Wilden, der die Analogie zwischen !!!!! und !!!!!! noch nicht sieht, aber oder die, zwischen !! und !!!!!.
716
/a + (b + 1)
u
=
(a + b) + 1/ & /a + (b + (c + 1))
v
=
(a + (b + c)) + 1/ & /(a + b) + (c + 1)
w
=
((a + b) + c) + 1/ .≝. a + (b + c).I.(a + b) + c …U) und allgemein:
/f1(1)
r
=
f2(1)/ & /f1(c + 1)
v
=
f1(c + 1)/ & /f2(c + 1)
w
=
f2(c + 1)/ .≝. f1(c).I.f2(c) …V).

 
   
     Man könnte die Definition U sehen, ohne zu wissen, warum ich so definiere. // so abkürze. //
     Man könnte die Definition sehen, ohne ihren Witz zu verstehen. – Aber dieser Witz ist eben etwas Neues, das in ihr als spezielle Ersetzungsregel noch nicht liegt.

 
   
     Auch ist ““I”” natürlich kein Gleichheitszeichen, in dem Sinn wie sie in u, v , und w stehen.
     Aber man kann leicht zeigen, dass I gewisse formale Eigenschaften mit = gemeinsam hat.



 
   
     Es wäre – nach den angenommenen Regeln – falsch, das Gleichheitszeichen so zu gebrauchen:
D … /(a + b)² = a.(a + b) + b.(a + b) = … = a² + 2ab + b²/. = ./(a + b)² = a² + 2ab + b²/ wenn damit gemeint sein soll, dass die linke Seite der Beweis der rechten ist.
     Könnte man sich aber nicht diese Gleichung als Definition aufgefasst denken? Wenn es z.B. immer Gebrauch gewesen wäre, statt der rechten Seite die ganze Kette anzuschreiben // hinzuschreiben // , und man nun die Abkür-
717
zung einführte.

 
   
     Freilich kann kann D als Definition aufgefasst werden! [d|D]enn das linke Zeichen wird tatsächlich gebraucht, und warum sollte man es nicht nach dieser Uebereinkunft abkürzen. // … durch das rechte ersetzen. // Nur gebraucht man dann dieses oder jenes anders, als es jetzt üblich ist. // // … und warum sollte man es dann nicht nach dieser Uebereinkunft abkürzen. Nur gebraucht man dann das rechte oder linke Zeichen anders,
als es jetzt üblich ist.
als wir es jetzt gebrauchen.
//

 
   
     Es ist nie genügend hervorgehoben worden, dass ganz verschiedene Arten von Zeichenregeln in der Form der Gleichung geschrieben werden.

 
   
     Die ‘Definition’ x.x = x² kann // könnte // so aufgefasst werden, dass sie nur erlaubt, statt des Zeichens “x.x” das Zeichen “x²” zu setzen, also analog der Definition 1 + 1 = 2; aber auch so (und so wird sie tatsächlich aufgefasst), dass sie erlaubt, a² statt a.a, und (a + b)² statt (a + b).(a + b) zu setzen; auch so, dass für das x jede beliebige Zahl eintreten kann.



 
   
     Wer entdeckt, dass ein Satz p aus einem von der Form qCp & q folgt, der konstruiert ein neues Zeichen, das Zeichen dieser Regel. (Ich nehme dabei an, ein Kalkül mit p, q, C, & , sei schon früher gebraucht worden, und nun träte diese Regel hinzu und schaffe damit einen neuen Kalkül.)


718
 
   
     In der Notation “x²” verschwindet ja wirklich die Möglichkeit, das eine der x // den einen der Faktoren x // durch eine andere Zahl zu ersetzen Ja, es wären zwei Stadien der Entdeckung (oder Konstruktion) von x² denkbar. Dass man etwa zuerst statt “x²” “x = ” setzt, ehe es Einem nämlich auffällt, dass es das System x.x, x.x.x, etc. gibt, und dass man dann erst hierauf kommt. Aehnliches ist in der Mathematik unzählige Male vorgekommen. (Liebig bezeichnete ein Oxyd noch nicht so, dass der Sauerstoff
in der Notation
darin
als gleichwertes Element mit dem oxydierten // … als Element wie das oxydierte // auftrat. Und, so seltsam das klingt, man könnte auch mit allen uns heute bekannten Daten dem Sauerstoff durch eine ungeheur künstliche Interpretation – dh d.h. grammatische Konstruktion – eine solche Ausnahmestellung verschaffen; natürlich nur in der Form der Darstellung.)

 
   
     Mit den Definitionen x.x = x², x.x.x = x³ kommen nur die Zeichen “x²” und “x³” zur Welt (und so weit war es noch nicht nötig, Ziffern als Exponenten zu schreiben.)

 
   
/     Der Prozess der Generalisation // Verallgemeinerung // schafft ein neues Zeichensystem. /



 
   
     Scheffers Entdeckung ist natürlich nicht die der Definition non-p & non-q = p!q. Diese Definition hätte Russell sehr wohl haben können, ohne doch damit das Scheffer'sche System zu besitzen, und anderseits hätte Scheffer auch ohne diese Definition sein System begründen können. Sein System ist ganz in dem Zeichen “non-p & non-p” für “non-p” und
719
“non.neg(non-p & non-q) & non (non-p & non-q)” für “p V q” enthalten und “p|q” gestattet nur eine Abkürzung. Ja, ˇman kann sagen, dass einer sehr wohl hätte das Zeichen “non.neg(non-p & non-q) & non (non-p & non-q)” für “p V q” kennen können, ohne das System p|q .|. p|q in ihm zu erkennen.

 
   
     Machen wir die Sache noch klarer durch die Annahme der beiden Frege'schen Urzeichen “non” und “ & ”, so bleibt hier die Ent[e|d]eckung bestehen, wenn auch die Definitionen geschrieben werden, non-p & non-p = non-p und non.neg(non-p & non-p) & non (non-q & non-q) = p & q. Hier hat sich an den Urzeichen scheinbar gar nichts geändert.

 
   
     Man könnte sich auch denken, dass jemand die ganze Frege'sche oder Russell'sche Logik schon in diesem System hingeschrieben hätte und doch, wie Frege, “non” und “ & ” seine Urzeichen nennte, weil er das andere System in seinen Sätzen nicht sähe.

 
   
     Es ist klar, dass die Entdeckung des Scheffer'schen Systems in non-p & non-p = non-p und non.neg[)|(]non-p & non-p) & non (non-q & non-q) = = p & q der Entdeckung entspricht, dass x² + ax +

4
ein Spezialfall von a² + 2ab + b² ist.

 
   
     Dass etwas so angesehen werden kann, sieht man erst, wenn es so angesehen ist.
     Dass ein Aspekt möglich ist, sieht man erst, wenn er da ist.

 
   
     Das klingt, als könnte die Scheffer'sche Entdeckung gar nicht in Zeichen dargestellt werden. (periodische Division) Aber das liegt daran, dass
720
man die Anwendung // Verwendung // des Zeichens in seiner Einführung nicht voraus nehmen kann (die Regel ist und bleibt ein Zeichen und von ihrer Anwendung getrennt).

 
   
     Die allgemeine Regel für den Induktionsbeweis kann ich natürlich nur dann anwenden, wenn ich die Substitution entdecke, durch die sie anwendbar wird. So wäre es möglich, dass einer die Gleichungen
(a + 1) + 1 = (a + 1) + 1
1 + (a + 1) = (1 + a) + 1 sähe, ohne auf die Substitution
a = x, F1(x) = x + 1, F1(x + 1) = (x + 1) + 1, F2(x + 1) = 1 + (x + 1), F2(x) = 1 + x(Ƒ)
zu kommen.

 
   
     Wenn ich übrigens sage, ich verstehe die Gleichungen als besondern Fall jener Regel, so muss doch das Verständnis das sein, was sich in der Erklärung der Beziehung zwischen der Regel und den Gleichungen zeigt, also, was wir durch die Substitutionen ausdrücken. Sehe ich diese nicht als einen Ausdruck dessen an, was ich verstehe, dann gibt es keinen; aber dann hat es auch keinen Sinn, von einem Verständnis zu reden, zu sagen, ich verstehe etwas Bestimmtes. Denn nur dort hat es Sinn, vom Verstehen zu reden, wo wir eines verstehen, im Gegensatz zu etwas anderem. Und dies // diesen Gegensatz // drücken eben Zeichen aus.
     Ja, das Sehen der internen Beziehung kann nur wieder das Sehen von etwas sein, das sich beschreiben lässt, wovon man sagen kann, “ich sehe, dass es sich so verhält”, also wirklich etwas von der Natur der Zeichen der Zuordnung // von der Natur der Zuordnungszeichen // (wie Verbindungsstriche, Klammern, Substitutionen, etc.). Und alles andere kann nur in der Anwendung des Zeichens der allgemeinen Regel in einem besonderen Fall liegen.

721
 
   
     Es ist, als entdeckten wir an gewissen Körpern, die vor uns liegen, Flächen, mit denen sie aneinandergereiht werden können. Oder vielmehr, als entdeckten wir, dass sie mit den und den Flächen, die wir auch schon früher gekannt // gesehen // hatten, aneinandergereiht werden können. Es ist das die Art der Lösung vieler Spiele oder Rätselfragen.

 
   
     Der, welcher // der // die Periodizität entdeckt, erfindet einen neuen Kalkül,. Die Frage ist, wie unterscheidet sich der Kalkül mit der periodischen Division von dem Kalkül, der die Periodizität nicht kennt?

 
   
     (Wir hätten einen Kalkül mit Würfeln betreiben können, ohne je auf die Idee zu kommen, sie zu Prismen aneinanderzureihen.)
722




 
    
   
     Wozu brauchen wir denn das kommutative Gesetz? Doch nicht, um die Gleichung, 4 + 6 = 6 + 4 anschreiben zu können, denn diese Gleichung wird durch ihren besonderen Beweis gerechtfertigt. Und es kann freilich auch der Beweis de[r|s] kommutativen Gesetzes als ihr Beweis verwendet werden, aber dann ist er eben (
jetzt
hier
) ein spezieller (arithmetischer) Beweis. Ich brauche das Gesetz also, um danach mit Buchstaben zu operieren.
     Und diese Berechtigung kann mir der Induktionsbeweis nicht geben.

 
   
     Aber eines ist klar: Wenn uns der Rekursionsbeweis das Recht gibt, algebraisch zu rechnen,




 
   
     Auch so: Der Rekursionsbeweis hat es – offenbar // natürlich // – wesentlich mit Zahlen zu tun. Aber was gehen mich die an, wenn ich rein algebraisch operieren will. Oder: Der Rekursionsbeweis ist nur dann zu


, wenn ich mit ihm den // durch ihn einen // Uebergang in einer Zahlenrechnung rechtfertigen will.
723

     Man könnte nun aber fragen: Also brauchen wir (beide:) sowohl den Induktionsbeweis als auch das assoziative Gesetz, da ja dieses Uebergänge der Zahlenrechnung nicht begründen kann, und jener nicht Transformationen in der Algebra?

 
   
     Ja, hat man (denn) vor dem Skolem'schen Beweisen das assoziative Gesetz – z.B. – hingenommen, ohne den entsprechenden Uebergang in einer Zahlenrechnung durch Rechnung begründen // ausführen // zu können? D.h.: konnte man vorher 5 + (4 + 3) = (5 + 4) + 3 nicht ausrechnen, sondern hat es als Axi[k|o]m betrachtet?

 
   
     Wenn ich sage, die periodische Zahlenrechnung beweist den Satz, der mich zu jenen Uebergängen berechtigt, wie hätte dieser Satz gelautet, wenn man ihn als Axiom angenommen und nicht bewiesen hätte?
     Wie hätte der Satz gelautet, nach welchem ich 5 + (7 + 9) = (5 + 7) + 9 gesetzt hätte, ohne es beweisen zu können? Es ist doch [l|o]ffenbar, dass es so einen Satz nie gegeben hat.

 
   
     Könnte man auch so sagen: In der Arithmetik wird das assoziative Gesetz überhaupt nicht gebraucht, sondern da arbeiten wir (nur) mit besonderen Zahlenrechnungen.
     Und die Algebra, auch wenn sie sich der arithmetischen Notation bedient, ist ein ganz anderer Kalkül, und nicht aus dem arithmetischen abzuleiten.



 
   
     Auf die Frage “ist 5 × 4 = 20?” könnte man antworten: “sehen wir nach, ob es mit den Grundregeln der Arithmetik übereinstimmt”; und entsprechend
724
könnte ich sagen: sehen wir nach, ob A mit den Grundregeln übereinstimmt. Aber mit welchen? Nun, wohl mit alpha.

 
   
     Aber zwischen u und A liegt eben die Notwendigkeit einer Festsetzung darüber, was wir hier “Uebereinstimmung” nennen wollen.

 
   
      D.h. zwischen u und A liegt die Kluft von // von der // Arithmetik und // zur // Algebra, und wenn B als Beweis von A gel[f|t]en soll, so muss diese (Kluft) durch eine Bestimmung überbrückt werden.

 
   
     Nun ist ganz klar, dass wir Gebrauch von so einer Idee der Uebereinstimmung machen, wenn wir uns nur z.B. rasch ein Zahlenbeispiel ausrechnen, um dadurch die Richtigkeit eines algebraischen Satzes zu kontrollieren.
     Und in diesem Skön Sinne könnte ich z.B. rechnen
25 × 16
25  
150
400
          
          
          
          
16 × 25
32
  80
400
und sagen: “ja, ja, es stimmt, a × b ist gleich b × a” – wenn ich mir vorstelle, dass ich das vergessen hätte.

 
   
     A, als Regel für das algebraische Rechnen, kann n[x|i]cht rekursiv bewiesen werden; das würde man besonders klar sehen, wenn man den “rekursiven Beweis” als eine Reihe arithmetischer Ausdrücke hinschriebe. Denkt man sie sich hingeschrieben (d.h. ein Reihenstück mit dem “u.s.w.”), aber ohne die Absicht irgend etwas zu “beweisen”, und nun fragte Einer: “beweist dies a + (b + c) = (a + b) + c?”, so würden wir erstaunt zurückfragen: “wie kann es denn so was beweisen? in der Reihe kommen doch nur Ziffern und keine Buchstaben vor!” – Wohl aber könnte man nun sagen: Wenn ich für das Buch-
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stabenrechnen die Regel A einführe, so kommt dieser Kalkül dadurch in einem bestimmten Sinn in Einklang mit dem Kalkül der Kardinalzahlen, wie ich ihn durch das Gesetz der Additionsregeln (rekursive Definition a + (b + 1) = (a + b) + 1) festgelegt habe.
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     “Welchen Sinn hat ein Satz der Art ‘(En).3 + n = 7’?” Man ist hier in einer seltsamen Schwierigkeit: einerseits empfindet man es als Problem, dass der Satz die Wahl zwischen unendlich vielen Werten von n hat, andrerseits scheint uns der Sinn des Satzes in sich gesichert und nur für uns (etwa) noch zu erfo erforschen, da wir doch “wissen, was ‘(Ex).fx’ bedeutet”. Wenn Einer sagte, er wisse nicht, was “(En). 3 + n = 7” bedeute, // welchen Sinn “(En). 3 + n = 7” habe, // so würde man ihm antworten: “aber Du weisst doch, was dieser Satz sagt: 3 + 0 = 7 . V . 3 + 1 = 7 . V . 3 + 2 = 7 und so weiter!” Aber darauf kann man antworten: “Ganz richtig – der Satz ist also keine logische Summe, denn die endet nicht mit ‘und so weiter’ und das, worüber ich nicht klar bin, ist eben diese Satzform ‘f(0) V f(1) V f(2) V u.s.w.’ – und Du hast mir nur statt der ersten unverständlichen Satzform // Satzart // eine zweite gegeben und zwar mit dem Schein, als gäbeste Du mir etwas altbekanntes, nämlich eine Disjunktion.”
     Wenn wir nämlich meinen, dass wir doch unbedingt “(En) etc.” verstehen, so denken wir zur Rechtfertigung an andre Fälle des Gebrauchs der Notation “(E …) …”, beziehungsweise der Ausdrucksform “es gibt …” unserer
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Wortsprache. Darauf kann man aber nur sagen: Du vergleichst also den Satz “(En) …” mit jenem Satz “es gibt ein Haus in dieser Stadt, welches …”, oder “es gibt zwei Fremdwörter auf dieser Seite”. Aber mit dem V[l|o]rkommen der Worte “es gibt” in diesen Sätzen ist ja die Grammatik dieser Allgemeinheit noch nicht bestimmt. Und dieses Vorkommen weist auf nichts andres hin, als eine gewisse Analogie in ˇden Regeln. Wir werden also ruhig diese Regeln von vorne untersuchen können, ohne uns von der Bedeutung von “(E …) …” in andern Fällen stören zu lassen. // ohne uns von der Bedeutung, die “(E …) …” in andern Fällen hat, stören zu lassen. // // Wir werden also die Grammatik der Allgemeinheit “(En) etc.” ohne vorgefasstes Urteil untersuchen können, d.h., ohne uns von der Bedeutung … //

 
   
     “Alle Zahlen haben vielleicht die Eigenschaft P”. Wieder ist die Frage: was ist die Grammatik dieses allgemeinen Satzes? Denn damit ist uns nicht gedient, dass wir die Verwendung des Ausdrucks “alle …” in andern grammatischen Systemen kennen. Sagt man: “Du weisst doch, was es heisst! es heisst: P(0) & P(1) & P(2) u.s.w.”, so ist damit wieder nichts erklärt; ausser, dass der Satz kein logisches Produkt ist. Und man wird, um die Grammatik des Satzes verstehen zu lernen, fragen: Wie gebrauchst man diesen Satz? Was sieht man als Kriterium seiner Wahrheit an? Was ist seine Verifikation? – Wenn keine Methode vorgesehen ist, um zu entscheiden, ob der Satz wahr oder falsch ist, ist er ja zwecklos und d.h. sinnlos. Aber hier kommen wir nun zur Illusion, dass allerdings eine solche Methode der Verifikation vorgesehen ist, die sich nur einer menschlichen Schwäche wegen nicht durchführen lässt. Diese Verifikation besteht darin, dass man alle (unendlich vielen) Glieder des Produktes P(O) & P(1) & P(2) … auf ihre Richtigkeit prüft. Hier wird logische mit physischer Möglichkeit verwechselt. // Hier wird das, was man ‘logische Unmöglichkeit’ nennt, mit
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physischer Unmöglichkeit verwechselt. // Denn dem Ausdruck “alle Glieder des unendlichen Produktes auf ihre Richtigkeit prüfen” glaubt man Sinn gegeben zu haben, weil man das Wort “unendlich v[k|i]ele” für die Bezeichnung einer riesig grossen Zahl hält. Und bei der “Unmöglichkeit, die unendliche Zahl von Sätzen zu prüfen” schwebt uns die Unmöglichkeit vor, eine sehr grosse Anzahl von Sätzen zu prüfen, wenn wir etwa nicht die nötige Zeit haben.
     Erinnere Dich daran, dass, in dem [W|S]inn, in welchem es unmöglich ist, eine unendliche Anzahl von Sätzen zu prüfen, es auch unmöglich ist, das // es // zu versuchen. – Wenn wir uns mit den Worten “Du weisst doch, was ‘alle …’ heisst” auf die Fälle berufen, in welchen diese Redeweise gebraucht wird, so kann es uns doch nicht gleichgültig sein, wenn wir einen Unterschied zwischen diesen Fällen und dem Fall sehen, für welchen der Gebrauch der Worte gerechtfertigt // erklärt // werden sollte. – (Gewiss), wir wissen, was heisst, “eine Anzahl von Sätzen auf ihre Richtigkeit prüfen” und gerade auf dieses Verständnis berufen wir uns ja, wenn wir verlangen, man solle nun auch den Ausdruck “unendlich viele Sätze …” verstehen. Aber ist denn der Sinn des ersten Ausdrucks von der Erfahrung // den Er[a|f]ahrungen // , die mit ihm verknüpft ist // sind // , unabhängig? // Aber hängt denn der Sinn des ersten A[i|u]sdrucks nicht von den spezifischen Erfahrungen ab, die ihm entsprechen? // Und gerade diese Erfahrungen fehlen ja in der Verwendung (dem Kalkül) des zweiten Ausdrucks; es sei denn, dass ihm solche Erfahrungen zugeordnet werden, die von den ersten grundverschieden sind.
 
   
     Ramsey schlug einst vor, den Satz, dass unendlich viele Gegenstände eine Funktion f(x) befriedigen, durch die Verneinungs sämtlicher Sätze
non.neg(Ex).fx
(Ex).fx & non (Ex,y).fx & fy
(Ex,y).fx & fy . & . non (Ex,y,z).fx & fy & fz
u.s.w.
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auszudrücken. – Aber diese Verneinung ergäbe die Reihe
(Ex).fx
(Ex,y).fx & fy
(Ex,y,z) etc. etc..
Aber diese Reihe ist wieder ganz überflüssig: den erstens enthält ja der zuletzt angeschriebene Satz alle vor[g|h]ergehenden und zweitens nützt uns dieser auch nichts, da er ja nicht von einer unendlichen Anzahl von Gegenständen handelt. Die Reihe kommt also in Wirklichkeit auf einen Satz hinaus:
“(Ex,y,z … ad inf.).fx & fz … ad inf.”. Und mit diesem Zeichen können wir gar nichts anfangen, wenn wir nicht seine Grammatik kennen. Eines aber ist klar: wir haben es nicht mit einem Zeichen von der Form “(Ex,y,z).fx & fy & fz” zu tun; wohl aber mit einem Zeichen, dessen Aehnlichkeit mit diesem dazu gemacht scheint, uns irrezuführen.

 
   
     “m grösser als n” kann ich allerdings definieren als (Ex). m ‒ n = x, aber dadurch habe ich es in keiner Weise analysiert. Man denkt nämlich, dass durch die Verwendung des Symbolismus “(E …) …” eine Verbindung hergestellt ist // sei // zwischen “m grösser als n” und andern Sätzen von der Form “es gibt …”, vergisst aber, dass damit zwar eine gewisse Analogie betont ist, aber nicht mehr; da das Zeichen “(E …) …” in unzählig vielen verschiedenen ‘Spielen’ gebraucht wird. (Wie es eine ‘Dame’ im Schach- und im Damespiel gibt.) Wir müssen also erst die Regeln wissen, wie // nach denen // es hier verwendet wird. Und da wird sofort klar, dass diese Regeln hier mit den Regeln für die Subtraktion zusammenhängen. Denn, wenn wir – wie gewöhnlich – fragen: “wie weiss ich – dh d.h. woraus geht es hervor –, dass es eine Zahl x gibt, die der Bedingung m ‒ n = x genügt”, so kommen darauf die Regeln für die Subtraktion zur Antwort. Und
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nun sehen wir, dass wir mit unserer Definition nicht viel gewonnen haben. Ja, wir hätten gleich als Erklärung von ‘m grösser als n’ die Regeln angeben können, nach welchen man so einen Satz – z.B. im Falle ‘32 grösser als 17’ – überprüft.

 
   
     Wenn ich sage: “für jedes n gibt es ein d, das die Funktion kleiner macht als n”, so muss ich mich auf ein allgemeines arithmetisches Kriterium beziehen, das anzeigt, wann F(d) kleiner ist als n.

 
   
     Wenn ich wesentlich keine Zahl hinschreiben kann, ohne ein Zahlensystem, so muss sich das auch in der allgemeinen Behandlung der Zahl wiederspiegeln. Das Zahlensystem ist nicht etwas Minderwertiges – wie eine Russische Rechenmaschine – das nur für Volksschüler Interesse hat, während die höhere, allgemeine Betrachtung davon absehen kann.

 
   
     Es geht auch nichts von der Allgemeinheit der Betrachtung verloren, wenn ich die Regeln, die die Richtigkeit und Falschheit von ‘m grösser als n’ (also seinen Sinn) bestimmen, etwa im [(| // ] für das // Dezimalsystem gebe. Ein System brauche ich ja doch und die Allgemeinheit ist dadurch gewahrt, dass man die Regeln gibt, nach denen von einem System in ein anderes übersetzt wird.

 
   
     Ein Beweis in der Mathematik ist allgemein, wenn er allgemein anwendbar ist. Eine andere Allgemeinheit kann nicht im Namen der Strenge gefordert werden. Jeder Beweis stützt sich auf bestimmte Zeichen, auf eine bestimmte Zeichengebung. Es kann nur die eine Art der Allgemeinheit eleganter erschienen, als die andere. ((Dazu die Verwendung des Dezimalsystems in Beweisen über und .))

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     “Streng” heisst: klar.

 
   
     “Den mathematischen Satz kann man sich vorstellen, als ein Lebewesen, das selbst weiss, ob es wahr oder falsch ist. (Zum Unterschied von den empirischen Sätzen // Sätzen der Empirie // .
     Der mathematische Satz weiss selbst, dass er wahr, oder dass er falsch ist. Wenn er von allen Zahlen handelt, so muss er auch schon alle
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Zahlen übersehen. Wie der Sinn, so muss auch seine Wahrheit oder Falschheit in ihm liegen.”

 
   
                       “Es ist, als wäre die Allgemeinheit eines Satzes ‘(n).P(n)’ nur eine Anweisung auf die eigentliche, wirkliche, mathematische Allgemeinheit eines Satzes. Gleichsam nur eine Beschreibung der Allgemeinheit, nicht diese selbst. Als bilde der Satz nur auf rein äusserliche Weise ein Zeichen, dem erst von innen Sinn gegeben werden muss.”

 
   
                       “Wir fühlen: Die Allgemeinheit, die die mathematische Behauptung hat, ist anders als die Allgemeinheit des Satzes, der bewiesen ist.”

 
   
                       “Man könnte sagen: ein mathematischer Satz ist der Hinweis auf einen Beweis.”

 
   
                       Wie wäre es, wenn ein Satz seinen Sinn selber nicht ganz erfasste. Wenn er sich quasi selber zu hoch wäre? – Und das nehmen eigentlich die Logiker an.

 
   
                       Den Satz, der von allen Zahlen handelt, kann man sich nicht durch ein endloses Schreiten verifiziert denken, denn, wenn das Schreiten endlos ist, so führt es ja eben nicht zu einem Ziel.
         Denken wir uns eine unendlich lange Baumreihe, und ihr entlang, damit wir sie inspizieren können, einen Weg. Sehr gut, so muss dieser Weg endlos sein. Aber wenn er endlos ist, so heisst das, dass man ihn nicht zu Ende gehen kann. D.h., er bringt micht nicht dazu, die Reihe zu über-
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sehen. Der endlose Weg hat nämlich nicht ein “unendlich fernes” Ende, sondern kein Ende.

 
   
                      Man kann auch nicht sagen: “Der Satz kann alle Zahlen nicht successive erfassen, so muss er sie durch den Begriff fassen”, – als ob das faute de mieux so wäre: “Weil er es so nicht kann, muss er es auf andre Weise tun”. Aber ein successives Erfassen ist schon möglich, nur führt es eben nicht zur Gesamtheit. Diese liegt: nicht auf dem Weg, den wir schrittweise gehen, – und nicht: am unendlich fernen Ende dieses Weges. (Das alles heisst nur – “P(0) & P(1) & P(2) & u.s.w.” ist nicht das Zeichen eines logischen Produkts.)

 
   
                     “Alle Zahlen können nicht zufällig eine Eigenschaft P besitzen; sondern nur ihrem
Wesen nach.
Wesen (als Zahlen) nach.
” – Der Satz “die Menschen, welche rote Nasen haben, sind gutmütig” hat auch dann nicht denselben Sinn wie der Satz “die Menschen, welche Wein trinken, sind gutmütig”, wenn die Menschen, welche rote Nasen haben, eben die sind, die Wein trinken. Dagegen: wenn die Zahlen m, n, o der Umfang eines mathematischen Begriffs sind, so dass also fm & fn & fo der Fall ist, dann hat sagt der Satz, welcher sagt, dass die Zahlen, die f befriedigen, die Eigenschaft P haben, den gleichen Sinn wie “P(m) & P(n) & P(o)”. Denn die beiden Sätze “f(m) & f(n) & f(o)” und “P(m) & P(n) & P(o)” lassen sich, ohne dass wir dabei den Bereich der Grammatik verlassen, in einander umformen.
         Sehen wir uns nun den Satz an: “alle n Zahlen, welche der Bedingung F(x) genügen, haben zufälligerweise die Eigenschaft P.” Da kommt es drauf an, ob die Bedingung F(x) eine mathematische ist. Ist sie das, nun dann kann ich ja aus F(x) P(x) ableiten, wenn auch über die Disjunktion der n Werte von F(x). (Denn hier gibt es eben eine Disjunktion.) Hier werde ich
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also nicht von einem Zufall reden. – Ist die Bedingung eine nicht-mathematische, so wird man dagegen vom Zufall reden können. Z.B. wenn ich sage: alle Zahlen, die ich heute auf den Omnibussen gelesen habe, waren zufällig Primzahlen. (Dagegen kann man natürlich nicht sagen: “die Zahlen 17, 3, 5, 31, sind zufällig Primzahlen”, ebensowenig wie: “die Zahl 3 ist zufällig eine Primzahl”.) “Zufällig” ist wohl der Gegensatz von “allgemein ableitbar”; aber man kann sagen: der Satz “17, 3, 5, 31 sind Primzahlen” ist allgemein ableitbar – so sonderbar das klingt –, wie auch der Satz 2 + 3 = 5.
     Sehen wir nun zu unserm ersten Satz zurück, so [w|f]ragen wir wieder: Wie soll denn der Satz “alle Zahlen haben die Eigenschaft P” gemeint sein? wie soll man ihn denn wissen können? denn diese Festsetzung gehört ja zur Festsetzung seines Sinnes! Das Wort “zufällig” deutet doch auf eine Verifikation durch successive Versuche und dem widerspricht, dass wir nicht von einer endlichen Zahlenreihe reden.

 
   
     In der Mathematik sind Beschreibung und Gegenstand äquivalent. “die fünfte Zahl der Zahlenreihe hat diese Eigenschaften” sagt dasselbe wie “5 hat diese Eigenschaften”. Die Eigenschaften eines Hauses folgen nicht aus seiner Stellung in einer Häuserreihe; dagegen sind die Eigenschaften einer Zahl die Eigenschaften einer Stellung.

 
   
     Man kann sagen, dass die Eigenschaften einer bestimmten Zahl nicht vorauszusehen sind. Man sieht sie erst, wenn man zu ihr kommt.
     Das Allgemeine ist die Wiederholung einer Operation. Jedes Stadium dieser Wiederholung hat seine Individualität. Nun ist es nicht etwa so, dass ich durch die Operation von einer Individualität zur andern fortschreite. So dass die Operation das Mittel wäre, um von einer zur andern zu kommen. Gleichsam das Vehikel, das bei jeder Zahl anhält, die man nun betrachten
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kann. Sondern die dreimalige // dreimal iterierte // Operation +1 erzeugt und ist die Zahl drei.
     (Im Kalkül sind Prozess und Resultat einander äquivalent.)
     Ehe ich aber nun von “allen diesen Individualitäten”, oder “der Gesamtheit dieser Individualitäten” sprechen wollte, müsste, ich mir gut überlegen, welche Bestimmungen ich in diesem Falle für den Gebrauch der Worte “alle” und “Gesamtheit” gelten lassen will.

 
   
     Es ist schwer, sich von der extensiv[ne|en] Auffassung ganz frei zu machen: So denkt man: “Ja, aber es muss doch eine innere Beziehung zwischen x³ + y³ und z³ bestehen, da doch (zum mindesten) die Extensionen dieser Ausdrücke, wenn ich sie nur kennte, das Resultat einer solchen Beziehung darstellen müssten”. Etwa: “Es müssen doch entweder wesentlich alle Zahlen die Eigenschaft P haben, oder nicht; da doch alle Zahlen die Eigenschaften haben, oder nicht; wenn ich auch nicht wissen kann, welches der Fall ist.” // ; wenn ich das auch nicht wissen kann.” //

 
   
     “Wenn ich die Zahlenreihe durchlaufe, so komme ich entweder einmal zu einer Zahl von der Eigenschaft P, oder niemals.” Der Ausdruck “die Zahlenreihe durchlaufen” ist Unsinn; ausser es wird ihm ein Sinn gegeben, der aber die vermutete Analogiem mit dem “durchlaufen der Zahlen von 1 bis 100” aufhebt.

 
   
     Wenn Brouwer die Anwendung des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten in der Mathematik bekämpft, so hat er Recht, soweit er sich gegen ein Vorgegehen richtet, das den Beweisen empirischer Sätze analog ist. Man kann in der Mathematik nie etwas auf die Art beweisen: Ich habe 2 Aepfel auf dem Tisch liegen gesehen; jetzt ist nur einer da; also hat A einen Apfel gegessen. – Man kann nämlich nicht durch Ausschliesslichung ge-
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wisser Möglichkeiten eine neue beweisen, die nicht, durch die von uns gegebenen Regeln, schon in jener Ausschliessung liegt. Insofern gibt es in der Mathematik keine echten Alternativen. Währe Wäre die Mathematik die Untersuchung von erfahrungsmässig gegebenen Aggregaten, so könnte man durch die Ausschliessung eines Teils das Nichtausgeschlossene beschreiben, und hier wäre der nicht ausgeschlossene Teil der Ausschliessung des andern nicht äquivalent.

 
   
     Die aBetrachtungsweise: dass ein logisches Gesetz, weil es für ein Gebiet der Mathematik gilt, nicht notwendig auch für ein anderes gelten müss[,|e], ist in der Mathematik gar nicht am Platz, ihrem Wesen ganz entgegen. Obwohl ei manche Autoren gerade das für besonders subtil halten, und entgegen den Vorurteilen.

 
   
     Wie es sich nun mit derjenigen Allgemeinheit in der Mathematik verhält, deren Sätze nicht // , die nicht // von “allen Kardinalzahlen”, sondern, z.B. von “allen reellen Zahlen” handeln // spricht // , kann man nur erkennen, wenn // indem // man diese Sätze und ihre Beweise untersucht. // Wie es sich nun mit derjenigen Allgemeinheit, mit den Sätzen der Mathematik verhält, die nicht … handeln, … //

 
   
     Wie ein Satz verifiziert ist wird, das sagt er. Vergleiche die Allgemeinheit in der Arithmetik mit der Allgemeinheit von nicht arithmetischen Sätzen. Sie wird anders verifiziert und ist darum eine andere. Die Verifikation ist nicht bloss ˇein // nicht ein blosses // Anzeichen der Wahrheit, sondern sie bestimmt den Sinn des Satzes. (Einstein: wie eine Grösse gemessen wird, das ist sie.)
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/     “Die rationalen Punkte liegen auf der Zahlengeraden nahe beisammen // bei einander // ”: irreführendes Bild. /

 
   
     Ist ein Raum denkbar, der nur alle rationalen Punkte, aber nicht die irrationalen enthä[k|l]t? Wäre etwa diese Struktur für unsern Raum zu ungenau // grob // ? Weil wir zu den irrationalen Punkten dann (immer) nur annäherungsweise gelangen kön[t|n]ten? // Weil wir die irrationalen Punkte dann nur annäherungsweise erreichen könnten? // Unser Netz wäre also nicht fein genug? Nein. Die Gesetze gingen uns ab, nicht die Extensionen.

 
   
     Ist ein Raum denkbar, der nur alle rationalen aber nicht die irrationalen Punkte enthält?
     Und das heisst nur: Sind die irrationalen Zahlen nicht in den rationalen präjudiziert?
     So wenig, wie das Schachspiel im Damespiel.
     Die irrationalen Zahlen füllen keine Lücke aus, die die rationalen offen lassen.

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     Man wundert sich darüber, dass “zwischen den überall dicht liegenden rationalen Punkten” noch die irrationalen Platz haben. (Welche Verdummung!) Was zeigt eine Konstruktion, wie die des Punktes √2? Zeigt sie diesen Punkt, wie er doch noch zwischen den rationalen Punkten Platz hat? Sie zeigt, dass der durch die Konstruktion erzeugte Punkt, nä[j|m]lich als Punkt dieser Konstruktion, nicht rational ist. – Und was entspricht dieser Konstruktion in der Arithmetik? Etwa eine Zahl, die sich doch noch zwischen die rationalen Zahlen hineinzwängt? Ein Ge[w|s]etz, das nicht vom Wesen der rationalen Zahl ist.

 
   
     Die Erklärung des Dedekind'schen Schnittes gibt vor, sie wäre anschaulich // gibt vor, anschaulich zu sein // , wenn sie sagt // gesagt wird // : Es gibt 3 Fälle: entweder hat die Klasse R ein erstes Glied und L kein letztes, etc.. In Wahrheit lassen sich 2 dieser 3 Fälle gar nicht vorstellen. Ausser, wenn die Wörter “Klasse”, “erstes Glied”, “letztes Glied” gänzlich ihre anscheinend // vorgeblich // beibehaltenen alltäglichen Bedeutungen wechseln. Wenn man nämlich – starr darüber, dass Einer von einer Klasse von Punkten redet, die rechts von einem gegebenen Puntk Punkt liegt und keinen Anfang hat – sagt: gib uns doch ein Beispiel so einer Klasse, – so zieht er das von den rationalen Zahlen hervor! Aber hier ist ja gar keine Klasse von Punkten im alltäglichen // ursprünglichen // Sinn!

 
   
     Der Schnittpunkt zweier Kurven ist nicht das gemeinsame Glied zweier Klassen von Punkten, sondern der Durchschnitt zweier Gesetze. Es sei denn, dass man die erste Ausdrucksweise, sehr irreführend, durch die zweite definiert.

 
   
     Es mag nach dem Vielen, was ich schon darüber gesagt habe, trivial klingen, wenn ich jetzt sage, dass der Fehler in der mengentheoretischen Be-
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trachtungsweise immer wieder darin liegt, Gesetze und Aufzählungen (Listen) als wesentlich Eins zu betrachten und sie aneinander zu reihen; da, wo das eine nicht ausreicht, das Andere seinen Platz ausfüllt.

 
   
     Das Symbol für eine Klasse ist eine Liste.

 
   
     Die Schwierigkeit liegt auch hier wieder in der Bildung mathematischer Scheinbegriffe. Wenn man z.B. sagt: Man kann die Kardinalzahlen ihrer Grösse nach in eine Folge ordnen, aber nicht die rationalen Zahlen, so ist darin unbewusst die Voraussetzung enthalten, als hätte der Begriff des Ordnens der Grösse nach für die rationalen Zahlen doch einen Sinn, und als erwiese sich dieses Ordnen nun beim Versuch als unmöglich (was voraussetzt, das der Versuch denkbar ist). – So denkt man, ist es möglich zu versuchen die reellen Zahlen (als wäre es ein Begriff wie etwa ‘Aepfel auf diesem Tisch’) in eine Reihe zu ordnen, und es erwiese sich nun als undurchführbar.

 
   
     Wenn der Mengenkalkül sich in seiner Ausdrucksweise soviel als möglich an die Ausdrucksweise des Kalküls der Kardinalzahlen anlehnt, so ist das wohl in mancher Hinsicht belehrend, weil es auf gewisse formale Aehnlichkeiten hinweist, aber auch irreführend, wenn er gleichsam noch etwas ein Messer nennt, das weder Griff noch Klinge mehr hat. (Lichtenberg.)

 
   
     (Die Eleganz eines mathematischen Beweises kann nur den einen Sinn haben, gewisse Analogien besonders stark zu Tage treten zu lassen, wenn das gerade erwünscht ist, sonst entspringt sie dem Stumpfsinn und hat nur die eine Wirkung, das zu verhüllen, was klar und offenbar sein sollte. Das stumpfsinnige Streben nach Eleganz ist eine Hauptursache, warum die Mathematiker ihre eigenen Operationen nicht verstehen, oder es entspringt die Verständnislosigkeit und jenes Streben einer gemeinsamen Quelle.)
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     Die Menschen sind im Netz der Sprache gefangen // verstrickt // und wissen es nicht.



 
   
     “Es gibt einen Punkt, in dem die beiden Kurven einander schneiden.” Wie weisst Du das? Wenn Du es mir sagst, werde ich wissen, was der Satz “es gibt …” für einen Sinn hat.

 
   
     Wenn man wissen will, was der Ausdruck “das Maximum einer Kurve” bedeutet, so frage man sich: wie findet man es? – Was anders gefunden wird, ist etwas anderes. Man definiert es als den Punkt der Kurve, der höher liegt als alle andern, und hat dabei wieder die Idee, dass es nur unsere menschliche Schwäche ist, die uns verhindert, alle Punkte der Kurve einzeln durchzugehen und den höchsten unter ihnen auszuwählen. Und dies führt zu der Meinung, dass der höchste Punkt unter einer endlichen Anzahl von Punkten wesentlich dasselbe ist, wie der höchste Punkt einer Kurve, und daß man hier eben auf zwei verschiedene Methoden das Gleiche findet, wie man auf verschiedene Weise feststellt, dass jemand im Nebenzimmer ist: anders etwa, wenn die Tür geschlossen ist und wir zu schwach sind, sie zu öffnen, und anders, wenn wir hei hinein können. Aber, wie gesagt, menschliche Schwäche liegt dort nicht vor, wo die scheinbare Beschreibung der Handlung “die wir nicht ausführen können” sinnlos ist. Es würde freilich nichts schaden, ja sehr interessant sein, die Analogie zwischen dem Maximum einer Kurve und dem Maximum (in anderm Sinne) einer Klasse von Punkten zu sehen, so lange uns die Analogie nicht das Vorurteil eingibt, es liege im Grunde beide Male dasselbe vor.


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                        Es ist der gleiche Fehler unserˇer Syntax, der den geometrischen Satz “die Strecke lässt sich durch einen Punkt in zwei Teile teilen” als die gleiche Form darstellt, wie den Satz: “die Strecke ist unbegrenzt teilbar”; so dass man scheinbar in beiden Fällen sagen kann: “nehmen wir an, die mögliche Teilung sei ausgeführt // vollzogen // ”. “In zwei Teile teilbar” und “unbegrenzt teilbar” haben eine gänzlich verschiedene Grammatik. Man operiert fälschlich mit dem Worte “unendlich”, wie mit einem Zahlwort; weil beide in der Umgangssprache auf die Frage “wieviele …” zur Antwort kommen.

 
   
                        “Das Maximum ist doch aber höher, als jeder beliebige andre Punkt der Kurve.” Aber die Kurve besteht ja nicht aus Punkten, sondern ist ein Gesetz, dem Punkte gehorchen. Oder auch: ein Gesetz, nach dem Punkte konstruiert werden können. Wenn man nun fragt: “welche Punkte”, – so kann ich nur sagen: “nun, z.B., die Punkte P, Q, R, etc.”. Und es ist einerseits so, dass keine Anzahl von Punkten gegeben werden kann, von denen man sagen könnte, sie seien alle Punkte, die auf der Kurve liegen, dass man anderseits auch nicht von einer solchen Gesamtheit von Punkten reden kann, die nur wir Menschen nicht aufzählen können, die sich aber beschreiben lässt und die man die Gesamtheit aller Punkte der Kurve nennen könnte, – eine Gesamtheit die für uns Menschen zu gross wäre. Es gibt ein Gesetz einerseits und Punkte auf der Kurve anderseits – aber nicht “alle Punkte der Kurve”. Das Maximum liegt höher als irgend welche Punkte der Kurve, die man etwa konstruiert, aber nicht höher als eine Gesamtheit von Punkten; es sei denn, dass das Kriterium hiervon, und also der Sinn dieser Aussage, wieder nur die Konstruktion aus dem Gesetz der Kurve ist.

 
   
                        Das Gewebe der Irrtümer auf diesem Gebiet ist natürlich ein sehr kompliziertes. Es tritt z.B. noch die Verwechslung zweier
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verschiedener Bedeutungen des Wortes “Art” hinzu. Man gibt nämlich zu, dass die unendlichen Zahlen eine andre Art Zahlen sind, als die endlichen, aber man missversteht nun, worin hier der Unterschied verschiedener Arten besteht. Dass es sich nämlich hier nicht um die Unterscheidung von Gegenständen nach ihren Eigenschaften handelt, wie wenn man rote Aepfel von gelben unterscheitet, sondern um verschiedene logische Formen. – So versucht Dedekind eine unendliche Klasse zu beschreiben; indem er sagt, es sei eine, die einer echten Teilklasse ihrer selbst ähnlich ist. Hierdurch hat er scheinbar eine Eigenschaft angegeben, die die Klasse haben muss, um unter den Begriff ‘unendliche Klasse’ zu fallen. (Frege.) Denken wir uns nun die Anwendung dieser // der // Definition. Ich soll also in einem bestimmten Fall untersuchen, ob eine Klasse endlich ist oder nicht, etwa ob eine bestimmte Baumreihe endlich oder endlos ist. Ich nehme also, der Definition folgend, eine Teilklasse dieser Baumreihe und untersuche, ob sie der ganzen Klasse ähnlich (d.h. 1–1 koordinierbar) ist! (Hier fängt gleichsam schon Alles an zu lachen.) Das heisst ja gar nichts: denn, nehme ich eine “endliche Klasse” als Teilklasse, so muss ja der Versuch, sie der ganzen Klasse 1 zu 1 zuzuordnen eo ipso misslingen; und mache ich den Versuch an einer unendlichen Teilklasse, ‒ ‒ ‒ aber das heisst ja schon erst recht nichts, denn, wenn sie unendlich ist, kann ich den Versuch dieser Zuordnung gar nicht machen. – Das, was man im Fall eine[s|r] endlichen Klasse ‘Zuordnung aller ihrer Glieder mit andern’ nennt, ist etwas ganz anderes, als das, was man z.B. eine Zuordnung aller Kardinalzahlen mit allen Rationalzahlen nennt. Die beiden Zuordnungen, oder, was man in den zwei Fällen mit diesem Wort bezeichnet, gehören verschiedenen logischen Kathegorien // Typen // an. Und es ist nicht die “unendliche Klasse” eine Klasse, die mehr Glieder im gewöhnlichen Sinn des Wortes “mehr” enthält, als die endlichen. Und wenn man sagt, dass eine unendliche Zahl grösser ist, als eine endliche, so macht das die beiden nicht vergleichbar, weil in dieser Aussage das Wort “grösser” eine andere Bedeutung hat, als etwa im Satz “5 grösser als 4”.
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     Die Definition gibt nämlich vor, dass aus dem Gelingen oder Misslingen des Versuchs, eine wirkliche Teilklasse der ganzen Klasse zuzuordnen, hervorgeht, dass sie unendlich bezw. endlich ist. Während es einen solchen entscheidenden Versuch gar nicht gibt. – ‘Unendliche Klasse’ und ‘endliche Klasse’ sind verschiedene logische Kathegorien; was von der einen Kathegorie sinnvoll ausgesagt werden kann, kann es nicht von der andern.

 
   
     Der Satz, dass eine Klasse einer ihrer Subklassen nicht ähnlich ist, ist für endliche Klassen nicht wahr, sondern eine Tautologie. Die grammatischen Regeln über die Allgemeinheit der generellen Implikation in dem Satz “k ist eine Subklasse von K” enthalten das, was der Satz, K sei [3|e]ine un-endliche Klasse, sagt. // Die grammatischen Regeln über die A[o|l]lgemeinheit der // jener // generellen Implikation im Satz “k ist eine Subklasse von K” … //

 
   
/     Ein Satz (wie) “es gibt keine letzte Kardinalzahl” verletzt den Na naiven – und rechten – Sinn. Wenn ich frage “wer war der letzte Mann der Prozession” und die Antwort lautet “es gibt keinen letzten”? ja, wenn die Frage geheissen hätte “wer war der Fahnenträger”, so hätte ich die Antwort verstanden “es gibt keinen Fahnenträger”. Und nach einer solchen Antwort ist ja jene sinnlose // verwirrende // gebildet. Wir fühlen nämlich mit Recht: wo von einem Letzten die Rede sein kann, da kann nicht ‘kein Letzter’ sein. Das heisst aber natürlich: Der Satz “es gibt keine letzte” müsste richtig lauten: es hat keinen Sinn, von einer “letzten Kardinalzahl” zu reden, dieser Ausdruck ist unrechtmässig gebildet. /

 
   
/     “Hat die Prozession ein Ende” könnte auch heissen: ist sie eine in sich geschlossene Prozession. Und nun könnte man sagen // Und nun höre
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ich die Mathematiker sagen // “da siehst Du ja, dass Du Dir sehr wohl einen solchen Fall vorstellen kannst, dass etwas kein Ende hat; warum soll es dann nicht
﹖–
–﹖
auch andere solche Fälle
geben können?” – Aber die Antwort ist: Die “Fälle” in diesem Sinn des Wortes sind grammatische Fälle und sie bestimm[t|e]n erst den Sinn der Frage. Die Frage “warum soll es nicht auch andere Fälle geben können” ist der analog gebildet: “Warum soll es nicht noch andere Fälle von Mineralien // andere Mineralien // geben können, die im Dunkeln leuchten”, aber hier handelt es sich um Fälle der Wahrheit einer Aussage,
﹖–
–﹖
// dort um Fälle, die den Sinn bestimmen //
. /

 
   
     Die Ausdrucksweise: m = 2n ordne eine Klasse einer ihrer echten Teilklassen // Subklassen // zu, kleidet einen einfachen // trivialen // Sinn durch Heranziehung einer irreführenden Analogie in eine paradoxe [D|F]orm. (Und statt sich dieser paradoxen Form als etwas Lächerlichem zu schämen, brüstet man sich eines Sieges über alle Vorurteile des Verstandes.) Es ist genau so, als stiesse man die Regeln des Schach um und sagte, es habe sich gezeigt, dass man Schach auch ganz anders spielen könne. So verwechselt man erst das Wort “Zahl” mit einem Begriffswort wie “Aepfel”, spricht dann von einer “Anzahl der Anzahlen” und sieht nicht, dass man in diesem Ausdruck nicht beidemal das gleiche Wort “Anzahl” gebrauchen sollte; und endlich hält man es für eine Entdeckung, dass die Anzahl der geraden Zahlen die gleiche ist wie die der geraden und ungeraden.

 
   
     Weniger irreführend ist es, zu sagen “m = 2n gibt die Möglichkeit der Zuordnung jeder Zahl mit einer andern”, als “m = 2n ordnet alle Zahlen anderen zu”. Aber auch hier muss erst die Grammatik die Bedeutung des Ausdrucks “Möglichkeit der Zuordnung” lehren.
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     (Es ist beinahe unglaublich, wie ein Problem durch die irreführenden Ausdrucksweisen, die Generation auf Generation rundherum stellt, gänzlich, auf Meilen, blockiert wird, so dass es beinahe unmöglich wird, dazuzukommen.)

 
   
     Wenn
zwei
2
Pfeile in derselben Richtung zeigen, ist es dann nicht absurd, diese Richtungen “gleich lang” zu nennen, weil, was in der Richtung des einen Pfeiles liegt, auch in der des andern liegt? – Die Allgemeinheit von m = 2n ist ein Pfeil, der der Operationsreihe entlang weist. Und zwar kann man sagen, der Pfeil weist in's Unendliche; aber heisst das, dass es ein Etwas, das Unendliche, gibt, auf das er – wie auf ein Ding – hinweist? – Der Pfeil bezeichnet gleichsam die Möglichkeit der Lage von Dingen in seiner Richtung. Das Wort “Möglichkeit” ist aber irreführend, denn, was möglich ist, wird man sagen, soll eben nun wirklich werden. Auch denkt man dabei immer an zeitliche Prozesse und schliesst daraus dass die Mathematik nichts mit der Zeit zu tun hat, dass die Möglichkeit in ihr bereits Wirklichkeit ist.
     Die “unendliche Reihe der Kardinalzahlen” oder “der Begriff der Kardinalzahl” ist nur so eine Möglichkeit, – wie aus dem Symbol “/0, x, x + 1/” klar hervorgeht. Dieses Symbol selbst ist ein Pfeil, dessen Feder die “0”, d[d|e]ssen Spitze “x + 1” ist. Es ist möglich, von Dingen zu reden, die in der Richtung des Pfeils liegen, aber irreführend oder absurd, von allen möglichen Lagen der Dinge in der Pfeilrichtung als einem Aequivalent dieser Richtung selbst zu reden. Wenn ein Scheinwerfer nicht Licht in den unendlichen Raum wirft, so beleuchtet er allerdings alles, was in der Richtung seiner Strahlen liegt, aber man soll nicht sagen, er beleuchtet die Unendlichkeit.
747
Unendlichkeit.



 
   
     Es ist immer mit Recht höchst verdächtlich, wenn Beweise in der Mathematik allgemeiner geführt werden, als es der bekannten Anwendung des Beweises entspricht. Es liegt hier immer der Fehler vor, der in der Mathematik allgemeine Begriffe und besondere Fälle sieht. In der Mengenlehre treffen wir auf Schritt und Tritt diese verdächtige Allgemeinheit.
     Man möchte immer sagen: “Kommen wir zur Sache!”
     Jene allgemeinen Betrachtungen haben stets nur Sinn, wenn man einen bestimmten Anwendungsbereich im Auge hat.
     Es gibt eben in der Mathematik keine Allgemeinheit, deren Anwendung auf spezielle Fälle sich noch nicht voraussehen liesse.
     Man empfindet darum die allgemeinen Betrachtungen der Mengenlehre (wenn man sie nicht als Kalkül ansieht) immer als Geschwätz und ist ganz erstaunt, wenn einem
eine
die
Anwendung dieser Betrachtungen gezeigt wird. Man empfindet, es geht da etwas nicht ganz mit rechten Dingen zu.

 
   
     Der Unterschied zwischen etwas Allgemeinem, das man wissen könne und dem Besonderen, das man aber nicht wisse; oder zwischen der Beschreibung des Gegenstandes, die man kenne, und dem Gegenstand, den man nicht gesehen hat, ist auch ein Stück, das man von der physikalischen Beschreibung der Welt in die Logik hinüber genommen hat. Dass unsere Vernunft Fragen erkennen kann, aber deren Antworten nicht, gehört auch hierher.

 
   
     Die Mengenlehre sucht das Unendliche auf eine allgemeinere Art zu fassen, als es die Untersuchung der Gesetze der reellen Zahlen kann. Sie sagt, dass das wirklich Unendliche mit dem mathematischen Symbolismus
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überhaupt nicht zu fassen ist, und dass es also nur beschrieben und nicht dargestellt werden kann. Die Beschreibung würde es etwa so erfassen, wie man eine Menge von Dingen, die man nicht alle in der Hand halten kann, in einer Kiste verpackt trägt. Sie sind dann unsichtbar, und doch wissen wir, dass wir sie tragen (gleichsam indirekt). Man könnte von dieser Theorie sagen, sie kaufe die Katze im Sack. Soll sich's das Unendliche in seine Kiste einrichten, wie es will.
     Darauf beruht auch die Idee, dass man logische Formen beschreiben kann. In so einer Beschreibung werden die Strukturen und etwa zuordnende Relationen in verpacktem Zustand
gezeigt
präsentiert
// … werden uns die Strukturen in einer Verpackung gezeigt, die ihre Form unkenntlich macht // und so sieht es aus, als könne man von einer Struktur reden, ohne sie in der Sprache selber w[k|i]ederzugeben. So verpackte Begriffe dürfen wir allerdings verwenden, aber unsere Zeichen haben ihre Bedeutung dann über Definitionen, die eben die Begriffe // Strukturen // so verhüllt haben; und gehen wir diesen Definitionen nach, so werden die Strukturen wieder enthüllt. (Vergl. Russells Definition von “Rx”.)

 
   
     Es geht, sozusagen, die Logik nichts an, wieviele Aepfel vorhanden sind, wenn von “allen Aepfeln” geredet wird; dagegen ist es anders mit den Zahlen: für die ist sie einzeln verantwortlich.



 
   
     Die Mathematik besteht aus Rechnungen. // Die Mathematik besteht ganz aus Rechnungen. //

 
   
     In der Mathematik ist alles Algoritmus, nichts Bedeutung; auch dort, wo es so scheint, als weil wir mit Worten über die
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mathematischen Dinge zu sprechen scheinen. Vielmehr bilden wir dann eben mit diesen Worten einen Algorismus.

 
   
     In der Mengenlehre müsste man das, was Kalkül ist, trennen von dem, was Lehre sein will (und natürlich nicht sein kann). Man muss also die Spielregeln von unwesentlichen Aussagen über die Schachfiguren trennen.

 
   
     Wie Frege in Cantor's angebliche Definition von “grösser”, “kleiner”, “ + ”, “ ‒ ”, etc. statt dieser Zeichen neue Wörter einsetzte, um zu zeigen, dass keine wirkliche Definition vorliege, ebenso könnte man in der ganzen Mathematik statt der geläufigen Wörter, insbesondere statt des Wortes “unendlich” und seiner Verwandten ganz neue, bisher bedeutungslose Ausdrücke setzen, um zu sehen, was der Kalkül mit diesen Zeichen wirklich leistet und was er nicht leistet. Wenn die Meinung verbreitet wäre, da[w|s]s das Schachspiel uns einen Aufschluss über Könige und Türme gäbe, so würde ich vorschlagen, den Figuren neue Formen und andere Namen zu geben, um die Einsicht zu erleichtern // um zu demonstrieren // , dass alles zum Schachspiel Gehörige in seinen // den // Regeln liegen muss.

 
   
     Was ein geometrischer Satz bedeutet, welche // was für eine Art der // Allgemeinheit er hat, das muss sich alles zeigen, wenn wir sehen, wie er angewendet wird. Denn, wenn Einer auch etwas Unfassbares // Unerreichbares // mit ihm meinte // meinen könnte // , so hilft ihm das nicht, da er ihn ja doch nur ganz offenbar // offen // , und jedem verständlich, anwenden kann.
     Wenn sich etwa jemand unter dem Schachkönig auch etwas Mystisches vorstellt, so kümmert uns das nicht, weil er ja doch mit ihm nur auf den 8 × 8 Feldern des Schachbretts ziehen kann.
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     Es gibt ein Gefühl: “In der Mathematik kann es nicht Wirklichkeit und Möglichkeit geben. Alles ist auf einer Stufe. Und zwar in gewissem Sinne wirklich”. – Und das ist richtig. Denn Mathematik ist ein Kalkül; und der Kalkül sagt von keinem Zeichen, dass es nur möglich wäre, sondern er hat es nur mit den Zeichen zu tun, mit denen er wirklich operiert. (Vergleiche die Begründung der Mengenlehre mit der Annahme eines möglichen Kalküls mit unendlichen Zeichen.)

 
   
     Die Mengenlehre, wenn sie sich auf die menschliche Unmöglichkeit eines direkten Symbolismus des Unendlichen beruft, führt dadurch die denkbar krasseste Missdeutung ihres eigenen Kalküls ein. Es ist freilich eben diese Missdeutung, die für die Erfindung dieses Kalküls verantwortlich ist. Aber der Kalkül an sich ist natürlich dadurch nicht als etwas Falsches erwiesen (höchstens als etwas Uninteressantes), und es ist sonderbar, zu glauben, dass dieser Teil der Mathematik durch irgend welche philosophische (oder mathematische) Untersuchungen gefährdet ist. (Ebenso könnte das Schachspiel durch die Entdeckung gefährdet werden, dass sich Kriege zwischen zwei Armeen nicht so abspielen, wie der Kampf auf dem Schachbrett.) Was der Mengenlehre verl[l|o]ren gehen/muss, ist vielmehr die Atmosphäre von Gedankennebeln, die den blossen Kalkül umgibt. Also die Hinweise auf einen, der Mengenlehre zugrunde liegenden, fiktiven Symbolismus, der nicht zu ihrem Kalkül verwendet wird, und dessen scheinbare Beschreibung in Wirklichkeit Unsinn ist. (In der Mathematik können // dürfen // wir alles fingieren, nur nicht einen Teil unseres Kalküls.)
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/     Das Rätselhafte am Kontinuum ist, wie das Rätselhafte der Zeit für Augustinus, dadurch bedingt, dass wir durch die Sprache verleitet werden, ◇◇◇ ein Bild auf sie anzuwenden, das nicht passt. Die Mengenlehre behält das unpassende Bild des Diskontinuierlichen bei, aber sagt diesem Bilde Widersprechendes von ihm ausk, mit der Idee, mit Vorurteilen zu brechen. Während in Wirklichkeit darauf hingewiesen werden sollte, dass dieses Bild eben nicht passt und dass man es allerdings nicht strecken kann, ohne es zu zerbrechen // zerreissen // , aber ein neues ˇund in gewissem Sinne dem alten ähnliches brauchen kann. /

 
   
/     Der Wirrwarr in der Auffassung des “wirklich Unendlichen” kommt von dem unklaren Begriff der irrationalen Zahl her. D.h. davon, dass die logisch verschiedensten Gebilde, ohne klare Begrenzung des Begriffs, “irrationale Zahl” genannt werden. Die Täuschung, als hätte man einen festen Begriff, rührt daher // beruht darauf // , dass man in Zeichen von der Art “0, abcd …ad inf.” einen Standard // Begriff // Bild // zu haben glaubt, dem sie (die Irrationalzahlen) jedenfalls entsprechen müssen. /
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     “Angenommen, ich schneide eine Strecke dort, wo kein rationaler Punkt (keine rationale Zahl) ist”. Aber kann man denn das? von was für Strecken sprichst Du? – “Aber, wenn meine Messinstrumente fein genug wären, so könnte ich mich doch durch fortgesetzte Bisektionen einem gewissen Punkt unbegrenzt nähern.” – Nein, denn ich könnte ja eben niemals erfahren, ob mein Punkt ein solcher ist. Meine Erfahrung wird immer nur sein, dass ich ihn bis jetzt nicht erreicht habe. “Aber wenn ich nun mit einem absolut genauen Reisszeug die Konstruktion der √2 durchgeführt hätte und mich nun dem erhaltenen Punkt durch Bisektion nähere, dann weiss ich doch, dass dieser Prozess den konstruierten Punkt niemals erreichen wird.” – Aber das wäre doch sonderbar, wenn so die eine Konstruktion der andern sozusagen etwas vorschreiben könnte! Und so ist es ja auch nicht. Es ist sehr leicht möglich, dass ich bei der ‘genauen’ Konstruktion der √2 zu einem Punkt komme, den die Bisektion, sagen wir nach 100 Stufen, erreicht; – aber dann werden wir sagen: unser Raum ist nicht euklidisch. –

 
   
     Der “Schnitt in einem irrationalen Punkt” ist ein Bild, und ein irreführendes Bild.

 
   
     Ein Schnitt ist ein Prinzip der Teilung in grösser und kleiner.

 
   
     Sind durch den Schnitt einer Strecke die Resultate aller Bisektionen, die sich dem Schnittpunkt nähern sollen, vorausbestimmt? Nein.

 
   
     In dem vorigen Beispiel, in dem ich mich bei der successiven Einschränkung eines Intervalls durch Bisektionen einer Strecke von den Ergebnissen des Würfelns leiten liess, hätte ich ebensowohl das Anschreiben eines Dezimalbruchs von Würfeln leiten lassen können. So bestimmt auch die Beschreibung “endloser Vorgang des Wählens zwischen 1 und 0” beim Anschrei-
753
ben eines Dezimalbruches kein Gesetz. Man möchte etwa sagen: Die Vorschrift des endlosen Wählens zwischen 0 und 1 in diesem Fall könnte durch ein Symbol “0,
000
111
…ad inf.” wiedergegeben werden. Wenn ich aber ein Gesetz so andeute: “0,001001001 …ad inf.”, so ist es nicht das endliche Reihenstück als Specimen der unendlichen Reihe, was ich zeigen will, sondern die aus ihm entnehmbare Gesetzmässigkeit. Aus “0,
000
111
ad inf. …ad inf.” entnehme ich eben kein Gesetz, sondern gerade den Mangel eines Gesetzes.

 
   
     “Welches Kriterium gibt es dafür, dass die irrationalen Zahlen komplett sind? Sehen wir uns eine irrationale Zahl an: Sie läuft entlang einer Reihe rationaler Näherungswerte. Wann verlässt sie diese Reihe? Niemals. Aber sie kommt allerdings auch niemals zu einem Ende.
     Angenommen, wir hätten die Gesamtheit aller irrationalen Zahlen mit Ausnahme einer einzigen. Wie würde uns diese abgehen? Und wie würde sie nun – wenn sie dazukäme, die Lücke füllen? – Angenommen, es wäre II. Wenn die irrationale Zahl durch die Gesamtheit ihrer Näherungswerte gegeben ist, so gäbe es bis zu jedem beliebigen Punkt eine Reihe, die mit der von II übereinstimmt. Allerdings kommt für jede solche Reihe ein Punkt der Trennung. Aber dieser Punkt akn kann beliebig weit “draussen” liegen, so dass ich zu jeder Reihe, die II begleitet, eine finden kann, die es weiter begleitet. Wenn ich also die Gesamtheit der irrationalen Zahlen habe, ausser II, und nun II einsetze, so kann ich keinen Punkt angeben, an dem II nun wirklich nötig wird, es hat an jedem Punkt einen Begleiter, der es vom Anfang an begleitet.
     Auf die Frage “wie würde uns II abgehen”, müsste man antworten: II, wenn es eine Extension wäre, würde uns niemals abgehen. D.h., wir könnten niemals eine Lücke bemerken, die es füllt. Wenn man uns fragte: “aber hast Du auch einen unendlichen Dezimalbruch, der die Zimm Ziffer m an der r-ten Stelle hat und n an der s-ten, etc.?” – wir könnten ihm immer dienen.)
653
754
 
   
                         “Die gesetzmässig fortschreitenden unendlichen Dezimalbrüche sind noch ergänzungsbedürftig durch eine unendliche Menge ungeordneter // regelloser // unendlicher Dezimalbrüche, die ‘unter den Tisch fielen’, wenn wir uns auf die gesetzmässig erzeugten beschränkten.” Wo ist so ein nicht gesetzmässig erzeugter unendlicher Dezimalbruch? Und wie können wir ihn vermissen? Wo ist die Lücke, die er auszufüllen hätte?

 
   
                         Wie ist es, wenn man die verschiedenen Gesetze der Bildung von Dualbrüchen durch die Menge der endlichen Kombinationen der Ziffern 0 und 1 sozusagen kontrolliert? – Die Resultate eines Gesetzes durchlaufen die endlichen Kombinationen und die Gesetze sind daher, was ihre Extensionen anlangt, komplett, wenn alle endlichen Kombinationen durchlaufen werden.

 
   
                         Wenn man sagt: Zwei Gesetze sind identisch, wenn sie auf jeder Stufe das gleiche Resultat ergeben, so erscheint uns das wie eine ganz allgemeine Regel. In Wirklichkeit aber hat dieser Satz verschiedenen Sinn, je nachdem was das Kriterium dafür ist, dass sie auf jeder Stufe das gleiche Resultat liefern. (Denn die supponierte allgemein anwendbare Methode des endlosen Probierens gibt es ja nicht! Wir decken also die verschiedensten Bedeutungen mit einer, von einer Analogie hergenommenen, Redeweise und glauben nun, wir hätten die verschiedensten Fälle in einem System vereinigt.

 
   
                         (Die Vorschriften // Gesetze // , die den irrationalen Zahlen entsprechen, gehören insofern alle der gleichen Type an, als sie alle schliesslich Vorschriften zur successiven Erzeugung von Dezimalbrüchen
755
sein müssen. Die gemeinsame Dezimalnotation bedingt in gewissem Sinne, eine gemeinsame Type.)
     Man könnte das auch so sagen: Beim Approximieren durch fortgesetzte Zweiteilung kann man sich jedem Punkt der Strecke durch rationale Zahlen näher[.|n]. Es gibt keinen P[j|u]nkt, dem man sich nur durch ir[a|r]ationale Schritte einer bestimmten Type nähern könnte. Dies ist natürlich nur, in andere Worte gekleidet, die Erklärung, dass wir unter irrationaler Zahl einen unendlichen Dezimalbruch verstehen. Und diese Erklärung wieder ist weiter nichts, als eine beiläufige Erklärung der Dezimalnotation, etwa mit einer Andeutung, dass wir Gesetze unterscheiden, die periodische Dezimalbrüche liefern und andere.

 
   
     Durch die falsche Auffassung des Wortes “unendlich” und der Rolle der “unendlichen Entwicklung” in der Arithmetik der reellen Zahlen, wird man zu der Meinung verführt, es gäbe eine einheitliche Notation der irrationalen Zahlen (nämlich eben die der unendlichen Extension, z.B. der unendlichen Dezimalbrüche).
     Dadurch, dass man bewiesen hat, dass für jedes Paar von Kardinalzahlen x und y (
x
y
)² ≠ 2 ist, ist doch nicht √2 einer Zahlenart – genannt “die irrationalen Zahlen” – eingeordnet. Diese Zahlenart müsste ich doch erst aufbauen; oder: von der neuen Zahlenart ist mir doch nicht mehr bekannt, als ich bekannt mache.
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     II' ist eine Regel zur Erzeugung von Dezimalbrüchen, und zwar ist die Entwicklung von II' dieselbe, wie die von II, ausser wenn in der Entwicklung von II eine Gruppe 777 vorkommt; in diesem Falle tritt statt dieser Gruppe die Gruppe 000. Unser Kalkül kennt keine Methode, um zu finden, wo wir in der Entwicklung von II auf so eine Gruppe stossen.
     P ist eine Regel zur Erzeugung von Dualbrüchen. In der Entwicklung steht an der n-ten Stelle eine 1 oder eine 0, je nachdem n prim ist oder nicht.
     F ist eine Regel zur Erzeugung von Dualbrüchen. An der n-ten Stelle steht eine 0, ausser dann, wenn ein Zahlentrippel x, y, z aus den ersten 100 Kardinalzahlen die Gleichung xn + yn = zn löst.

 
   
     Man möchte sagen, die einzelnen Ziffern der Entwicklung (von II z.B.) sind immer nur die Resultate, die Rinde des fertigen Baumes. Das, worauf es ankommt, oder woraus noch etwas Neues wachsen kann, ist im Innern des Stammes, wo die Triebkräfte sind. Eine Aenderung des Aeusseren ändert den Baum überhaupt nicht. Um ihn zu ändern, muss man in den noch lebenden Stamm gehen.

719
757
 
   
                     Ich nenne “IIn” die Entwicklung von II bis zur n-ten Stelle. Dann kann ich sagen: Welche Zahl II'100 ist, verstehe ich; nicht aber II', weil II ja gar keine Stellen hat, ich also auch keine durch andere ersetzen kann. // Welche Zahl II'100
bedeutet
ist
, verstehe ich; nicht aber, (welche) II', weil … // Anders wäre es, wenn ich z.B. die Division a
5→3
:
b als eine Regel zur Erzeugung von Dezimalbrüchen erkläre, durch Division und Ersetzung jeder 5 im Quotienten durch eine 3. Hier kenne ich z.B. die Zahl 1
5→3
:
7. – Und wenn unser Kalkül eine Methode enthä[k|l]t, ein Gesetz der Lagen von 777 in der Entwicklung von II zu berechnen, dann ist nun im Gesetz von II von 777 die Rede, und das Gesetz kann durch die Substitution von 000 für 777 geändert werden. Dann aber ist II' etwas anderes, als das, was ich oben definiert habe; es hat eine andere Grammatik, als diev von mir angenommene. In unserm Kalkül gibt es keine Frage, ob II gleich oder grösser ist als II' // ob II II' ist oder nicht // und keine solche Gleichung oder Ungleichung. II' ist mit II unvergleichbar. Und zwar kann man nun nicht sagen “noch unvergleichbar”, denn, sollte ich einmal etwas II' Aehnliches konstruieren, das mit II vergleichbar ist, dann wird das eben darum nicht mehr II' sein. Denn II' sowie II sind ja Bezeichnungen für ein Spiel, und ich kann nicht sagen, dass Damespiel werde noch mit weniger Steinen gespielt als das Schach, da es sich ja einmal zu einem Spiel mit 16 Steinen entwickeln können. Dann wird es nicht mehr das sein, was wir “Damespiel” nennen. (Es sei denn, dass ich mit diesem Wort gar nicht ein Spiel bezeichne, sondern etwa eine Charakteristik mehrerer Spiele; und auch diesen Nachsatz kann man auf II' und II anwenden.) Da es nun ein Hauptcharakteristikum einer Zahl ist, mit andern Zahlen vergleichbar zu sein, so ist die Frage, ob man II' eine Zahl nennen soll und ob eine reelle Zahl; wie immer man es aber nennt, so ist das Wesentliche, dass II' in einem andern Sinne Zahl ist, als II. – Ich kann ja auch ein Intervall einen Punkt nennen; ja es kann einmal
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praktisch sein, das zu tun; aber wird es nun einem Punkt ähnlicher, wenn ich vergesse, dass ich hier das Wort “Punkt” in doppelter Bedeutung gebraucht habe?
     Es zeigt sich hier klar, dass die Möglichkeit der Dezimalentwicklung II' nicht zu einer Zahl im Sinne von II macht. Die Regel für diese Entwicklung ist natürlich eindeutig, so eindeutig, wie die für II oder √2, aber das ist kein Argument dafür, dass II' eine reelle Zahl ist; wenn man die Vergleichbarkeit mit andern reellen Zahlen // mit rationalen Zahlen // für ein wesentliches Merkmal der reellen Zahl nimmt. Man kann ja auch von dem Unterschied zwischen den rationalen und den irrationalen Zahlen abstrahieren, aber der Unterschied verschwindet doch dadurch nicht. Dass II' eine eindeutige Regel zur Entwicklung von Dezimalbrüchen ist, bedeutet // konstituiert // natürlich eine Aehnlichkeit zwischen II' und II oder √2; aber auch ein Interval hat Aehnlichkeit mit einem Punkt, etc.. Allen Irrtümern, die in diesem Kapitel der Philosophie der Mathematik gemacht werden, liegt immer wieder die Verwechslung zu Grunde zwischen internen Eigenschaften einer Form (der Regel als Bestandteil des Regelverzeichnisses) und dem, was man im gewöhnlichen Leben “Eigenschaft” nennt (rot als Eigenschaft dieses Buches). Man könnte auch sagen; die ﹖– Widersprüche und Unklarheiten –﹖ werden dadurch hervorgerufen, dass die Mathematiker // Menschen // einmal unter einem Wort, z.B. “Zahl”, ein bestimmtes Regelverzeichnis verstehen, ein andermal ein variables Regelverzeichnis; so als nennte ich “Schach” einmal das bestimmte Spiel, wie wir es heute spielen, ein andermal das Substrat einer bestimmten historischen Entwicklung.

 
   
     “Wie weit muss ich II entwickeln, um es einigermassen zu erkennen?” – Das heisst natürlich nichts. Wir kennen es also schon, ohne es überhaupt zu entwickeln. Und, in diesem Sinne, könnte man sagen, kenne ich II' gar nicht. Hier zeigt sich nur ganz deutlich, dass II' einem
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anderen System angehört als II, und das erkennt man, wenn man, statt “die Entwicklungen” der beiden zu vergleichen, die Art der Gesetze allein ins Auge fasst.

 
   
                         Zwei mathematische Gebilde, deren eines ich in meinem Kalkül mit jeder rationalen Zahl vergleichen kann, das andere nicht, – sind nicht Zahlen im gleichen Sinne des Wortes. Der Vergleich der Zahl mit einem Punkt auf der
Zahlengeraden
Zahlgeraden
ist nur stichhältig, wenn man für je zwei Zahlen a und b sagen kann, ob a rechts von b, oder b rechts von a liegt.
            Es genügt nicht, dass man den Punkt durch Verkleinerung seines Aufenthaltsortes – angeblich – mehr und mehr bestimmt, sondern man muss ihn konstruieren. Fortgesetztes Würfeln strengt schränkt zwar den möglichen Aufenthalt des Punktes unbeschränkt ein, aber es bestimmt keinen Punkt. Der Punkt ist nach jedem Wurf (oder jeder Wahl) noch unendlich unbestimmt – oder richtiger: er ist nach jedem Wurf unendlich unbe[w|s]timmt. Ich glaube, hier werden wir von der absoluten Grösse der Gegenstände in unserem Gesichtsraum irregeführt; und andrerse[ti|it]s von der Zweideutigkeit des Ausdrucks “sich einem Punkte // Gegenstand // nähern”. Von einer Strecke im Gesichtsfeld kann man sagen, sie nähere sich durch Einschrumpfen immer mehr einem Punkt; d.h. sie werde einem Punkt immer ähnlicher. Dagegen wird die euklidische Strecke durch Einschrumpfen einem Punkt nicht ähnlicher, sie bleibt ihm vielmehr immer gleich unähnlich, weil ihre Länge den Punkt, sozusagen, gar nichts angeht. Wenn man von der euklidischen Strecke sagt, sie nähere sich durch Einschrumpfen einem Punkt, so hat das nur Sinn, sofern schon ein Punkt bezeichnet ist, dem sich ihre Enden nähern, und kann nicht heissen, sie erzeuge durch Einschrumpfen einen Punkt. Sich einem Punkt nähern hat eben zwei Bedeutungen: es
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heisst einmal, ihm räumlich näher kommen, dann muss er schon da sein, denn ich kann mich in diesem Sinne einem Menschen nicht nähern, der nicht vorhanden ist. Anderseits heisst es “einem Punkt ähnlicher werden”, wie man etwa sagt, die Affen haben sich dem Stadium des Menschen in ihrer Entwicklung genähert, die Entwicklung habe den Menschen erzeugt.

 
   
                       Zu sagen: “zwei reelle Zahlen sind identisch, wenn sie in allen Stellen ihrer Entwicklung übereinstimmen”, hat nur dann Sinn, wenn ich dem Ausdruck “in allen Stellen übereinstimmen”, durch eine Methode diese Uebereinstimmung festzustellen, einen Sinn gegeben habe. Und das Gleiche gilt natürlich für den Satz “sie stimmen nicht überein, wenn sie an irgend einer Stelle nicht übereinstimmen”.

 
   
                       Könnte man aber nicht auch umgekehrt II' als das Ursprüngliche, und also als den zuerst angenommenen Punkt, betrachten; und dann über die Berechtigung von II im Zweifel sein? – Was ihre Extensionen betrifft, sind sie natürlich gleichberechtigt; was uns aber dazu veranlasst, II einen Punkt auf der Zahlengeraden zu nennen, ist seine Vergleichbarkeit mit den Rationalzahlen.

 
   
                       Wenn ich II, oder sagen wir √2, als Regel zur Erzeugung von Dezimalbrüchen auffasse, so kann ich natürlich eine Modifikation dieser Regel erzeugen, indem ich sage, es solle jede 7 in der Entwicklung von √2 durch eine 5 ersetzt werden; aber diese Modifikation ist von ganz andrer Art // Natur // als die, welche, etwa, durch eine Aenderung des Radikanten, oder des Wurzelexponenten erzeugt wird. Ich nehme z.B. in das modifizierte Gesetz eine Beziehung zum Zahlensystem der Entwicklung auf, die in dem ursprünglichen Gesetz √2 nicht vorhanden war. Die Aen-
761
derung des Gesetzes ist von v[k|i]el fundamentalerer Art, als es zuerst den Anschein haben könnte. Ja, wenn wir das falsche Bild von der unendlichen Extension vor uns haben, dann kann es allerdings scheinen, als ob ich durch die Hinzufügung der Ersetzungsregel 75 zur √2 diese viel weniger verändert hätte, als etwa durch Aenderung der √2 ind √2,1 denn die Entwicklungˇen von
7→5
√2
lauten denen von √2 sehr ähnlich, während die Entwicklung der √2,1 schon nach der zweiten Stelle gänzlich von der der √2 abweicht.

 
   
     Gebe ich eine Regel R zur Bildung von Extensionen an, aber so, dass mein Kalkül kein Mittel kennt, vorherzusagen, wie oft höchstens sich eine scheinbare Periode der Extension wiederholen kann, dann ist R von einer reellen Zahl insofern verschieden, als ich R ‒ a in gewissen Fällen nicht mit einer Rationalzahl vergleichen kann, so dass der Ausdruck R ‒ a = b unsinnig wird. Wäre z.B. die mir bekannte Entwicklung von R bis auf weiteres 3,141111 …, so liesse es sich von der Differenz R ‒ 3,14 nicht sagen, sie sei grösser, oder sie sei kleiner, als 0; sie lässt sich also in diesem Sinne nicht mit 0 vergleichen, also nicht mit einem Punkt der Zahlenachse, und sie und R nicht in demselben [W|S]inne Zahl nennen wie einen dieser Punkte.

 
   
/     Die Ausdehnung eines Begriffes der Zahl, des Begriffs ‘alle’, etc. erscheint uns (ganz) harmlos; aber sie ist es nich[,|t], wenn // sobald // wir vergessen, dass wir unsern Begriff tatsächlich geändert haben. /

 
   
/     Was die irrationalen Zahlen betrifft, so sagt meine Untersuchung nur, dass es falsch (oder irreführend) ist, von Irrationalzahlen zu sprechen, indem man sie als Zahlenart den Kardinalzahlen und Rationalzahlen gegenüberstellt, weil man “Irrationalzahlen” in Wirklichkeit verschiedene Zahlen-
762
arten nennt, – voneinander so verschieden, wie die Rationalzahlen von jeder dieser Arten. /

 
   
     Es wäre eine gute Frage für die Scholastiker gewesen: “Kann Gott alle Stellen von II kennen”.

 
   
     Es tritt uns bei diesen Ueberlegungen immer wieder etwas entgegen, was man “arithmetisches Experiment” nennen möchte. Was herauskommt ist zwar durch das Gegebene bestimmt, aber ich kann nicht erkennen, wie es dadurch bestimmt ist. So geht es mit dem Auftreten der 7 in der Entwicklung von II; so ergeben sich auch die Primzahlen als Resultate eines Experiments. Ich kann mich davon überzeugen, dass 31 eine Primzahl ist, aber ich sehe den Zusammenhang nicht zwischen ihr (ihrer Lage in der Reihe der Kardinalzahlen) und der Bedingung, der sie entspricht. – Aber diese Perplexität ist nur die Folge eines falschen Ausdrucks. Der Zusammenhang, den ich nicht zu sehen glaube, existiert gar nicht. Ein – sozusagen unregelmässiges – Au[c|f]treten der 7 in der Entwicklung von II gibt es gar nicht, denn es gibt ja keine Reihe, die “die Entwicklung von II” hiesse. Es gibt Entwicklungen von II, nämlich die, die man entwickelt hat (vielleicht 1000) und in diesen kommt die 7 nicht “regellos” vor, denn ihr Auftreten in ihnen lässt sich beschreiben. – (Dasselbe für die “Verteilung der Primzahlen”. Wer uns ein Gesetz dieser Verteilung gibt, gibt uns eine neue Zahlenreihe, neue Zahlen.) (Ein Gesetz des Kalküls, das ich nicht kenne, ist kein Gesetz.) (Nur was ich sehe, ist ein Gesetz; nicht, was ich beschreibe. Nur das hindert mich, mehr in meinen Zeichen auszudrücken, als ich verstehen kann.)

 
   
     Hat es keinen Sinn, – auch dann, wenn der Fermat'sche Satz bewiesen ist, – zu sagen F = 0,11? (Wenn ich etwa in der Zeitung davon läse.)
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Ja, ich werde dann sagen: “nun können wir also schreiben ‘F = 0,11’”. D.h. es liegt nahe, das Zeichen “F” aus dem früheren Kalkül, in dem e[w|s] keine Rationalzahl bezeichnete, in den neuen hinüberzunehmen und nun 0,11 damit zu bezeichnen.

 
   
     F wäre ja eine Zahl, von der wir nicht wüssten, ob sie rational oder irrational ist. Denken wir uns eine Zahl, von der wir nicht wüssten, ob sie eine Kardinalzahl oder eine Rationalzahl ist. – Eine Beschreibung im Kalkül gilt eben nur als dieser bestimmte Wortlaut und hat nichts mit einem Gegenstand der Beschreibung zu tun, der vielleicht einmal gefunden werden wird.

 
   
     Man könnte was ich meine auch in den Worten ausdrücken: Man kann keine Verbindung von Teilen der Mathematik oder Logik herausfinden, die schon vorhanden war, ohne dass man es wusste.

 
   
     In der Mathematik gibt es kein “noch nicht” und kein “bis auf weiteres” (ausser in dem Sinne, in welchem man sagen kann, man habe n[i|o]ch nicht 1000-stellige Zahlen miteinander multipliziert[.|)].

 
   
     “Ergibt die Operation, z.B. eine rationale Zahl?” – wie kann das gefragt werden, wenn man keine Methode zur Entscheidung der Frage hat? denn die Operation ergibt doch nur im festgesetzten Kalkül. Ich meine: “ergibt” ist doch wesentlich präsens // zeitlos // . Es heisst doch nicht: “ergibt mit der Zeit”! – sondern: ergibt nach der gegenwärtigen Regel. // … nach der jetzt bekannten, festgesetzten Regel. //

 
   
     “Die Lage aller Primzahlen muss doch irgendwie vorausbestimmt sein. Wir rechnen sie nur successive aus, aber sie sind alle schon bestimmt.
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Gott kennt sie sozusagen alle. Und dabei scheint es doch möglich, dass sie nicht durch ein Gesetz bestimmt sind. –” Immer wieder das Bild von der Bedeutung eines Wortes, als einer vollen Kiste, deren Inhalt uns mit ihr und in ihr verpackt gebracht wird, und den wir nur zu untersuchen haben. – Was wissen wir denn von den Primzahlen? Wie ist uns denn dieser Begriff überhaupt gegeben? Treffen wir nicht selbst die Bestimmungen über ihn? Und wie seltsam, dass wir dann annehmen, es müssen Bestimmungen über ihn getroffen sein, die wir nicht getroffen haben. Aber der Fehler ist begreiflich. Denn wir gebrauchen das Wort “Primzahlen” und es lautet ähnlich wie “Kardinalzahlen’, “Quadratzahlen”, “gerade Zahlen”, etc.. So denken wir, es wird sich ähnlich gebrauchen lassen, vergessen aber, dass wir ganz andere – andersartige – Regeln für das Wort “Primzahl” gegeben haben, und kommen nun mit uns selbst in einen seltsamen Konflikt. – Aber wie ist das möglich? die Primzahlen sind doch die uns wohlbekannten Kardinalzahlen, – wie kann man dann sagen, der Begriff der Primzahl sei in anderem Sinne ein Zahlbegriff, als der der Kardinalzahl? Aber hier spielt uns wieder die Vorstellung einer “unendlichen Extension” als einems Analogons zu den uns bekannten “endlichen” Extensionen einen Streich. Der Begriff ‘Primzahl’ ist f[e|r]eilich mit Hilfe des Begriffes ‘Kardinalzahl’ erklärt, aber nicht “die Primzahlen” mit Hilfe der “Kardinalzahlen”; und den Begriff ‘Primzahl’ haben wir in wesentlich anderer Weise aus dem Begriff ‘Kardinalzahl’ abgeleitet, als, etwa, den Begriff ‘Quadratzahl’. (Wir können uns also nicht wundern, wenn ers sich anders benimmt.) Man könnte sich sehr wohl eine Arithmetik denken, die – sozusagen – beim Begriff ‘Kardinalzahl’ sich nicht aufhält, sondern gleich zu dem der Quadratzahl übergeht (diese Arithmetik wäre natürlich nicht so anzuwenden, wie die unsere). Aber der Begriff ‘Quadratzahl’ hätte dann nicht den Charakter, den er in unserer Arithmetik hat; dass er nämlich wesentlich ein Teilbegriff sei, dass die Quadratzahlen wesentlich ein Teil
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der Kardinalzahlen seien; sondern sie wären eine komplette Reihe mit einer kompletten Arithmetik. Und nun denken wir uns dasselbe für die Primzahlen gemacht! Da würde es klar, dass diese nun in einem andern Sinne “Zahlen” seien, als z.B. die Quadratzahlen; und als die Kardinalzahlen.

 
   
     Könnten die Berechnungen eines Ingenieurs ergeben, dass die Stärke // dass eine Dimension // eines Maschinenteils bei gleichmässig wachsender Belastung in der Reihe der Primzahlen fortschreiten müsse? // , dass die Stärken eines Maschinenteils … müssen? //
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     “Regellose unendliche Dezimalzahl”. Die Auffassung ist immer die, als ob wir nur Wörter unserer Umgangssprache zusammenstellen brauchten, und die Zusammenstellung hätte damit einen Sinn, den wir jetzt eben erforschen müssten – wenn er uns nicht gleich ganz klar sein sollte. Es ist, als wären die Wörter Ingredientien einer chemischen Verbindung, die wir zusammenschütten, sich miteinander verbinden lassen, und nun müssten wir eben die Eigenschaften der (betreffenden) Verbindung untersuchen. Wer sagte, er verstünde den Ausdruck “regellose unendliche Dezimalzahl” nicht, dem würde geantwortet: “das ist nicht wahr, Du verstehst ihn sehr gut! weißt Du nicht, was die Worte “regellos”, “unendlich” und “Dezimalzahl” bedeuten?! – Nun, dann verstehst Du auch ihre Verbindung”. Und mit dem ‘Verständnis’ ist hier gemeint, dass er diese Wörter in gewissen Fällen anzuwenden weiss und etwa eine Vorstellung mit ihnen verbindet. In Wirklichkeit tut der, welcher diese Worte zusammenstellt und fragt “was bedeutet das” etwas ähnliches, wie die kleinen Kinder, die ein Papier mit regellosen Strichen bekritzeln, es dem Erwachsenen zeigen und fragen: “was ist das?”
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     “Unendlich kompliziertes Gesetz”, “unendlich komplizierte Konstruktion”. (“Es glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei auch etwas denken lassen”.)

 
   
     Wie unterscheidet sich ein unendlich kompliziertes Gesetz vom Fehlen eines Gesetzes?

 
   
     (Vergessen wir nicht: Die Ueberlegungen der Mathematiker über das Unendliche sind doch lauter endliche Ueberlegungen. Womit ich nur meine, dass sie ein Ende haben.)

 
   
     “Eine regellose unendliche Dezimalzahl kann man sich z.B. dadurch erzeugt denken, dass endlos gewürfelt wird und die Zahl der Augen jedesmal eine Dezimalstelle ist”. Aber, wenn endlos gewürfelt wird, kommt ja eben kein endgültiges Resultat heraus.

 
   
     “Nur der menschliche Intellekt kann das nicht erfassen, ein höherer könnte es!” Gut, dann beschreibe mir die Grammatik des Ausdrucks “höherer Intellekt”; was kann ein solcher erfassen und was nicht, und unter welchen Umständen // in welchem Falle (der Erfahrung) // sage ich, dass ein Intellekt etwas erfasst? Du wirst dann sehen, dass die Beschreibung des Erfassens das Erfassen selbst ist. (Vergleiche: Lösung eines mathematischen Problems.)

 
   
     Nehmen wir an, wir würfen mit einer Münze “Kopf und Adler” und teilen nun eine Strecke AB nach folgender Regel: “Kopf” sagt: nimm die linke Hälfte und teile sie, wie der nächste Wurf vorschreibt. “Adler” sagt: nimm die rechte Hälfte etc. Durch fortgese[zt|tz]tes Würfeln erzeuge ich dann Schnittpunkte, die sich in
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einem immer kleineren Interval bewegen. Beschreibt es nun die Lage eines Punktes, wenn ich sage, es solle der sein, dem sich bei fortgesetztem Würfeln die Schnitte unendlich nähern? Hier glaubt man etwa einen Punkt bestimmt zu haben, der einer regellosen unendlichen Dezimalzahl entspricht. Aber die Beschreibung bestimmt doch ausdrücklich: keinen Punkt; es sei denn, dass man sagt, dass die Worte “Punkt auf dieser Strekke” auch “einen Punkt bestimmen”. Wir verwechseln hier die Vorschrift des Wür[c|f]elns mit der mathematischen Vorschrift, etwa Dezimalstellen der √2 zu erzeugen. Diese mathematischen Vorschriften sind die Punkte. D.h., es lassen sich zwischen diesen Vorschriften Beziehungen finden, die in ihrer Grammatik den Beziehungen “grösser” und “kleiner” zwischen zwei Strecken analog sind und daher mit diesen Worten bezeichnet werden. Die Vorschrift, Stellen der √2 auszurechnen, ist das Zahlzeichen der irrationalen Zahl selbst; und ich rede hier von einer “Zahl”, weil ich mit diesen Zeichen (gewissen Vorschriften zur Bildung von Rationalzahlen) ähnlich rechnen kann, wie mit den Rationalzahlen selbst. Will ich also analog sagen, die Vorschrift des endlosen Halbierens d nach Kopf und Adler bestimme einen Punkt, eine Zahl, so müsste das heissen, dass diese Vorschrift als Zahlzeichen, d.h. analog andern Zahlzeichen, gebraucht werden kann. Das ist aber natürlich nicht der Fall. Sollte diese Vorschrift einem Zahlzeichen entsprechen, so höchstens (sehr entfernt) dem unbestimmten Zahlwort “einige”, denn sie tut nichts, als eine Zahl offen zu lassen. Mit einem Wort, ihr entspricht nichts anderes, als das ursprüngliche Interval AB.
 

Editorial notes

1) For dating see J. Schulte's note on http://www.wittgensteinsource.org/Ts-213_m and Chronik entry on 1933 in Ludwig Wittgenstein: Gesamtbriefwechsel, Innsbruck Electronic Edition (2011). Please keep in mind that the handwritten additions may be of later date.

2) See facsimile; line connecting this remark with the previous one.

3) See facsimile; line connecting this sentence with the following one.

4) See facsimile; arrow pointing right, connecting this remark with the facing page 36r.

5) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

6) See facsimile; above 'der Sinn d[es]' there is an arrow pointing right, possibly indicating that this sentence belongs with the remark 'Der Sinn eines ...' on page 81r.

7) See facsimile; line connecting this sentence with the following one.

8) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

9) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

10) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

11) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

12) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

13) See facsimile; arrow pointing down.

14) See facsimile; arrow pointing up.

15) See facsimile; there are two arrows pointing left.

16) See facsimile; the typescript has slashes, not horizontal strikes.

17) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

18) See facsimile; musical score, deleted.

19) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

20) See facsimile; line connecting this remark with the following one.

21) See facsimile; drawing of two circles, line and birds.

22) Space is left for drawing the connecting lines, but no lines drawn.

23) See facsimile; exclamation marks in left and right margins of table, indicating lines.