1
Man kann sich ein Tier
zornig, furchtsam, traurig, freudig, erschrocken vorstellen.
Aber hoffend? Und warum nicht? Der Hund glaubt, sein Herr sei an der Tür. Aber kann er auch glauben, sein Herr werde übermorgen kommen? – Und was kann er nun nicht? – Wie mache denn ich's? – Was soll ich darauf antworten? Kann nur hoffen, wer sprechen kann? Nur der, der die Verwendung einer Sprache beherrscht. D.h., die Erscheinungen des Hoffens sind Modifikationen dieser komplizierten Lebensform. (Wenn ein Begriff auf einen Charakter der menschlichen Handschrift abzielt, dann hat er keine Anwendung auf Wesen, die || welche nicht schreiben.) |
“Kummer” beschreibt uns ein Muster,
das || welches im Lebensteppich
im || mit verschiedenen Variationen
wiederkehrt. Wenn bei einem Menschen der
Körperausdruck des Grames & der Freude, etwa mit dem
Ticken einer Uhr, abwechselten, so hätten wir hier nicht den
charakteristischen Verlauf des Grammusters, noch des
Freudemusters. |
Warum klingt es seltsam “Er fühlte
für eine Sekunde heftigen Schmerz.” –
Warum klingt es seltsam: “Er fühlte
für eine Sekunde tiefen Kummer”? Nur weil
es so selten vorkommt?
|
Aber
fühlst Du nicht
jetzt den Kummer? (“Aber spielst Du
nicht jetzt Schach?”) Die Antwort kann
bejahend sein; aber das macht den Begriff des Kummers nicht
ähnlicher einem Empfindungsbegriff. – Die
Frage war ja eigentlich eine zeitliche & persönliche;
nicht die logische, die wir stellen wollten. |
¥
[neue Zeile] Und willst Du
mir sagen, er spürt das nicht, wenn er kummervoll
ist?! Wie weiß er's denn
sonst? – Aber auch, wenn es eine Mitteilung ist, so
lernt er's nicht von seinen Empfindungen.
⍈
“Du mußt wissen – ich fürchte mich.” “Du mußt wissen – mir graut davor.” – Ja, man kann das || es auch in lächelndem Ton sagen. |
Denn denk Dir die Empfindungen hervorgerufen durch die
Gebärden des Grauns: die Worte
“mir graut davor” sind ja auch so eine Gebärde;
& wenn ich sie beim Aussprechen höre &
fühle, gehört das zu jenen übrigen
Empfindungen. Warum soll denn die ungesprochene
Gebärde die gesprochene begründen?
2 |
Denke, Einer wüßte, erriete,
daß ein Kind Empfindungen hat, aber keinen Ausdruck für
sie. Und nun wollte || will er das Kind
lehren, die Empfindungen auszudrücken. Wie
muß er eine Handlung mit einer Empfindung verbinden, daß sie ihr
Ausdruck wird? |
Kann er || man das Kind lehren:
“Siehst Du, so drückt man etwas aus –
das ist z.B. ein Ausdruck von
dem – & nun drück Deinen Schmerz
aus!”
3
|
“Sind diese Töne
denn nicht der beste Ausdruck dessen, was hier ausgedrückt werden
soll?” Wohl; aber das heißt nicht, daß sie
nicht durch ein Verständnis ihrer Umgebung zu verstehen &
also zu erklären sind.
4
|
Mit seinen Worten
“Als ich das Wort hörte, bedeutete es für
mich …” bezieht er sich auf einen Zeitpunkt
& auf eine Art der Wortverwendung.
(Was wir nicht begreifen, ist natürlich diese
Kombination.) Und der Ausdruck “Ich wollte damals sagen …” bezieht sich auf einen Zeitpunkt & auf eine Handlung. Ich rede von den wesentlichen Bezügen der Äußerung, um sie von den andern Besonderheiten unsres Ausdrucks abzulösen. Und wesentlich sind der Äußerung die Bezüge, die uns veranlassen würden, eine im übrigen uns fremde Ausdrucksweise || Art des Ausdrucks in diese bei uns gebräuchliche Form zu übersetzen. |
Wer nicht im Stande wäre, zu
sagen: das Wort “sondern” könne ein
Zeitwort & ein Bindewort sein, oder Sätze zu bilden, in
denen es einmal dies, einmal jenes ist, der könnte einfache
Schulübungen nicht bewältigen. Das aber wird von
einem Schüler nicht verlangt: das Wort außerhalb eines
Zusammenhangs so, oder so aufzufassen, oder zu
berichten, wie er's aufgefaßt habe. |
Die
Worte “die Rose ist
rot” sind sinnlos, wenn das Wort “ist” die
Bedeutung von “ist gleich” hat. –
Heißt dies: Wenn Du jenen Satz sprichst &
“ist” darin als Gleichheitszeichen meinst, so
zerfällt Dir der Sinn? Wir nehmen einen Satz & erklären Einem die Bedeutung jedes seiner Wörter; er lernt damit, sie anzuwenden & also auch jenen Satz. Hätten wir statt des Satzes eine Wortreihe ohne Sinn gewählt, so würde er sie nicht |
Und dennoch hat es auch mit dem
‘Zerfallen des Sinnes’ seine Richtigkeit.
Sie liegt in diesem Beispiel: Man könnte
Einem sagen: Wenn Du den Ausruf || die
Worte “Ei, ei!”
ausdrucksvoll sprechen willst, darfst Du nicht an Eier dabei
denken! |
Das
Erleben einer Bedeutung & das Erleben eines
Vorstellungsbildes. “Man erlebt hier
& dort,” möchte man sagen, “nur etwas
Anderes. Ein anderer Inhalt wird dem Bewußtsein
dargeboten – steht vor ihm.” – Welcher
ist der Inhalt des Vorstellungserlebnisses? Die Antwort
ist ein Bild, oder eine Beschreibung. Und was ist der
Inhalt des Bedeutungserlebnisses? Ich weiß
nicht, wie ich antworten soll. – Wenn jene Äußerung irgendeinen Sinn hat, so ist es der, daß die beiden Begriffe sich ähnlich zu einander verhalten, wie die von ‘rot’ & ‘blau’; & das ist falsch. |
Kann
man das Verstehen einer Bedeutung festhalten wie ein
Vorstellungsbild? Wenn mir also plötzlich eine
Bedeutung des Wortes einfällt, – kann sie mir auch vor der
Seele stehenbleiben? |
“Der ganze Plan stand mir mit einem Schlage vor der Seele
& blieb so fünf Minuten lang stehen.”
Warum klingt das seltsam? Man
möchte glauben: was aufblitzte & was stehen blieb,
konnte nicht dasselbe sein.
5 |
Ich
rief aus “Jetzt hab
ich's!”, es war ein Aufzucken: dann
konnte ich den Plan in seinen Einzelheiten darlegen. Was
sollte da stehenbleiben? Ein Bild
vielleicht. Aber “Jetzt hab'
ich's” hieß nicht, ich habe das Bild.
|
Wem eine Bedeutung eines Wortes
einfiel, & wer sie nicht wieder vergaß, kann nun
das Wort in dieser Weise anwenden. Wem die Bedeutung einfiel, der weiß sie nun, & der Einfall war der Anfang des Wissens. Wie ist er dann ähnlich einem Vorstellungserlebnis? |
Wenn ich sage “Herr
Schweizer ist kein Schweizer”, so meine ich das erste
“Schweizer” als Eigennamen, das zweite als
Gattungsnamen. Muß da also beim ersten
“S.” etwas anderes
in meinem Geiste vorgehen, als beim zweiten? (Es sei
denn, daß ich den Satz ‘papageienhaft’
ausspreche.) – Versuch das erste
“S.” als
Gattungsnamen & das zweite als Eigennamen zu meinen! – Wie macht man das? Wenn
ich's versuche || tue,
blinzle ich mit den Augen vor Anstrengung, indem ich versuche,
mir bei jedem der beiden Worte die richtige Bedeutung
vorzuführen. – Aber führe ich mir
denn auch beim gewöhnlichen Gebrauch der Wörter ihre
Bedeutung vor? |
Wenn
ich den Satz mit den vertauschten Bedeutungen ausspreche, so
zerfällt mir der Satzsinn. – Nun, er
zerfällt mir, aber nicht dem Andern, dem ich
die || jene Mitteilung mache. Was
schadet es also? – “Aber es geht
6 |
Was macht meine Vorstellung von ihm zu einer
Vorstellung von ihm? Nicht die Ähnlichkeit des Bildes. Von der Äußerung “Ich sehe ihn jetzt lebhaft vor mir” gilt ja die gleiche Frage, wie von der Vorstellung. Was macht meine || diese Äußerung zu einer Äußerung über ihn? – Nichts, was in ihr liegt, oder mit ihr gleichzeitig ist (‘hinter ihr steht’). Wenn Du wissen willst, wen er gemeint hat, frag ihn! (Es kann aber auch sein, daß mir ein Gesicht vorschwebt, ja daß ich es zeichnen kann, & weiß nicht, welcher Person es gehört, wo ich es gesehen habe.) |
Wenn
aber jemand beim Vorstellen, oder statt des Vorstellens zeichnete;
wenn auch nur mit dem Finger in der Luft. (Man
könnte das “motorische Vorstellung”
nennen.) Da könnte man ihn fragen
“Wen stellt das vor?” Und seine
Antwort entschiede. – Es ist ganz so, als hätte
er eine Beschreibung in Worten gegeben, & diese kann eben auch
statt der Vorstellung stehen.
7
|
“Ich glaube,
daß er leidet.” ‒ ‒ Glaube
ich auch, daß er kein Automat ist? Nur mit Widerstreben könnte ich das Wort in diesen beiden Zusammenhängen aussprechen. (Oder ist es so: ich glaube, daß er leidet; ich bin sicher daß er kein Automat ist? Unsinn!) |
Denke, ich sage von einem
Freunde: “Er ist kein
Automat.” – Was wird hier mitgeteilt,
& für wen wäre es eine Mitteilung?
Für einen Menschen, der den
Andern || ihn unter gewöhnlichen Umständen
trifft? Was könnte es ihm
mitteilen! (Doch höchstens, daß
er || dieser sich immer wie ein Mensch, nicht
manchmal wie eine Maschine benimmt.) |
“Ich glaube,
daß er kein Automat
ist” hat, so ohne weiteres, noch gar keinen Sinn.
|
Meine Einstellung zu ihm ist
eine Einstellung zur Seele. Ich habe nicht die Meinung,
daß er eine Seele hat. |
Die Religion lehrt, die Seele könne bestehen, wenn der Leib
zerfallen ist. Verstehe ich denn, was sie lehrt? – Freilich verstehe ich's – – ich kann
mir dabei manches vorstellen. Man hat ja auch Bilder von
diesen Dingen gemalt. Und warum sollte so ein Bild nur die
unvollkommene Wiedergabe des ausgesprochenen Gedankens
sein? Warum soll es nicht den gleichen Dienst
tun, wie das Wort? Und || , wie die
gesprochene Lehre? Und auf
den Dienst kommt es an.
|
Wenn sich uns das Bild vom Gedanken im Kopf
aufdrängen kann, warum dann nicht noch viel mehr das vom Gedanken
in der Seele? |
Der
menschliche Körper ist das beste Bild der menschlichen
Seele. |
Wie ist es aber
mit so einen Ausdruck: “Als Du es sagtest,
verstand ich es in meinem Herzen”? Dabei deutet
man auf's Herz. Und meint man diese
Gebärde etwa nicht?! Freilich meint man
sie. Oder ist man sich bewußt nur ein Bild zu
gebrauchen? Gewiß nicht. – Es ist
nicht ein Bild unsrer Wahl, nicht ein Gleichnis, & doch ein
bildlicher Ausdruck.
8 |
Denk Dir, wir
beobachteten die Bewegung eines Punktes (eines Lichtpunktes auf
einem Schirm, z.B.). Wichtige
Schlüsse der verschiedensten Art könnten sich aus dem
Benehmen dieses Punktes ziehen lassen. Aber wie
vielerlei läßt sich an ihm beobachten! – Die
Bahn des Punktes & gewisse || bestimmte ihrer
Maße (z.B. Amplitude &
Wellenlänge), oder die Geschwindigkeit & das Gesetz,
wonach sie sich ändert, oder die Anzahl, oder die Lage, der
Stellen, an denen sie sich sprungweise ändert, oder die
Krümmung der Bahn an diesen Stellen, &
unzähliges. – Und jeder dieser
Züge des Benehmens könnte der einzige sein,
welcher uns interessiert. Es könnte
z.B. alles an dieser Bewegung uns
gleichgültig sein, außer die Zahl der Schlingen in einer
gewissen Zeit. – Und wenn uns nun nicht nur
ein solcher Zug interessiert, sondern ihrer mehrere, so mag
jeder von ihnen uns einen besondern, seiner Art nach von allen andern
verschiedenen Aufschluß geben. Und so ist es mit dem
Benehmen des Menschen, mit den verschiedenen Charakteristiken dieses
Benehmens, die wir beobachten. |
So handelt die Psychologie vom Benehmen, nicht von der
Seele? Was berichtet der Psychologe? – Was beobachtet er? Nicht das Benehmen der Menschen, insbesondere ihre Äußerungen? Aber diese handeln nicht vom Benehmen. |
“Ich merkte, er war verstimmt.” Ist
das ein Bericht über das Benehmen, oder den
Seelenzustand? (“Der Himmel sieht
drohend aus”: handelt
|
Der
Arzt fragt:
“Wie fühlt er sich?” Die
Krankenschwester sagt: “Er
stöhnt.” Ein Bericht über's
Benehmen. Aber muß die Frage für die Beiden
überhaupt existieren, ob dieses Stöhnen wirklich echt,
wirklich der Ausdruck von etwas ist? Könnten
sie nicht z.B. den Schluß ziehen
“Wenn er stöhnt so müssen wir ihm noch
ein schmerzstillendes Mittel || Pulver
geben” – ohne ein Mittelglied zu
verschweigen? Kommt es denn nicht auf den Dienst an, in
welchen sie die Beschreibung des Benehmens stellen?
|
“Aber diese machen
dann eben eine stillschweigende Voraussetzung.”
Dann ruht der Vorgang unsres Sprachspiels
immer auf einer stillschweigenden Voraussetzung. |
Ich beschreibe
ein psychologisches
Experiment: den Apparat, die Fragen des
Experimentators, die Handlungen & Antworten
des Subjekts – und nun sage ich, dies sei eine Szene in einem
Theaterstück. – Nun hat sich alles
geändert. Man wird also erklären:
Wenn in einem Buch über Psychologie dieses Experiment in
gleicher Weise beschrieben wäre, so würde die Beschreibung
des Benehmens eben als Ausdruck von Seelischem verstanden, weil man
voraussetzt, das Subjekt halte uns nicht zum Besten, habe
die Antworten nicht auswendig gelernt, & dergleichen
mehr. – Wir machen also
9
eine
Voraussetzung? Würden wir uns wirklich so äußern: “Ich mache natürlich die Voraussetzung, daß …”? – Oder nur darum nicht, weil der Andre das schon weiß? |
Besteht eine Voraussetzung nicht, wo ein
Zweifel besteht? Und der Zweifel kann gänzlich
fehlen. Das Zweifeln hat ein Ende. |
Es ist hier wie mit dem Verhältnis:
physikalischer Gegenstand &
Sinneseindrücke. Wir haben
(hier) zwei
Sprachspiele, & ihre Beziehungen zu einander sind
komplizierter Art || Natur. – Will
man diese Beziehungen auf eine einfache Formel bringen, so
geht man fehl.
10
|
Denk Dir, Einer
sagte: jedes uns wohlbekannte Wort, eines Buchs
z.B., habe in unserm
Geiste || Geist
schon
einen Dunstkreis, einen ‘Hof’, schwach
angedeuteter Verwendungen um sich. – So, als
wäre auf einem Gemälde jede der Figuren
auch von zarten, nebelhaft gezeichneten Szenen,
gleichsam in einer andern Dimension, umgeben, und wir sähen
hier
die || diese Figuren || die || diese Figuren
hier in andern Zusammenhängen. – Machen
wir nur Ernst mit dieser Annahme! – Da zeigt es
sich, daß sie die Intention nicht zu erklären
vermag. Wenn es nämlich so ist, daß die Möglichkeiten der Verwendung eines Wortes beim Sprechen oder Hören uns in Halbtönen vorschweben – wenn es so ist, so gilt das eben für uns. Aber wir verständigen uns mit Andern, ohne zu wissen, ob auch sie diese Erlebnisse haben. |
Was würden wir denn
Einem entgegnen, der uns mitteilte bei
ihm sei das Verstehen ein innerer Vorgang?
‒ ‒ Was würden wir ihm entgegnen, wenn er sagte,
bei ihm sei das Schachspielenkönnen ein innerer Vorgang? – Daß nichts, was in ihm vorgeht, uns interessiert, wenn
wir wissen wollen, ob er Schach spielen kann. – Und
wenn er nun darauf antwortet, es interessiere uns eben doch:
– nämlich, ob er Schach spielen könne, – da
müßten wir ihn auf die Kriterien aufmerksam machen, die
uns seine Fähigkeit beweisen würden, & anderseits
auf die Kriterien der ‘inneren
Zustände’. Auch wenn Einer nur dann, & nur solange, das & das könnte, als er etwas bestimmtes fühlt, wäre das Gefühl nicht die Fähigkeit. |
Die Bedeutung
ist nicht das Erlebnis beim Hören oder Aussprechen des Wortes,
& der Sinn des Satzes nicht der Komplex dieser
Erlebnisse. – (Wie setzt sich der Sinn
des || dieses Satzes: “Ich
habe ihn noch immer nicht gesehen” aus den Bedeutungen
seiner Wörter zusammen?) Der Satz ist aus den
Wörtern zusammengesetzt, & das ist genug. |
Jedes Wort – so möchte man
sagen – kann zwar in verschiedenen Zusammenhängen
verschiedenen Charakter haben, aber es hat doch immer einen
Charakter – ein Gesicht. Es schaut uns doch an. – Aber auch ein gemaltes Gesicht schaut uns
an. |
Bist Du sicher,
daß es ein Wenn-Gefühl gibt; nicht
vielleicht mehrere? Hast Du versucht, das Wort in sehr
verschiedenartigen Zusammenhängen auszusprechen?
Wenn es z.B. den Hauptton des Satzes
trägt, & wenn ihn das nächste Wort
trägt. |
Denk Dir,
wir fänden einen Menschen, der uns, über seine
Wortgefühle, sagt: für ihn hätte
“wenn” & “aber” das
gleiche Gefühl. – Dürften wir ihm
das nicht glauben? Es würde uns vielleicht
befremden. “Er spielt gar nicht unser
Spiel” möchte man sagen. Oder auch:
“Das ist ein anderer Typus.”
Würden wir von diesem nicht glauben, er verstehe die Worte “wenn” & “aber”, so wie wir sie verstehen, wenn er sie so verwendet, wie wir? 11 |
Man
schätzt das psychologische Interesse der Wortempfindung falsch ein, wenn man sie als
selbstverständliches Korrelat einer Bedeutung ansieht; sie muß
vielmehr in einem andern Zusammenhang gesehen werden, in dem, der
besondern || speziellen Umstände, unter denen sie || des
Wenn-Gefühls falsch ein, wenn man es als
selbstverständliches Korrelat einer Bedeutung ansieht; es muß
vielmehr in einem andern Zusammenhang gesehen werden, in dem, der
besondern || speziellen Umstände, unter denen es
auftritt. |
Hat Einer
die das Wenn-Gefühl nie, wenn er das Wort
“wenn” nicht ausspricht? Es ist doch
jedenfalls merkwürdig, wenn || daß nur
diese Ursache dies Gefühl hervorruft || hervorrufen
sollte. Und so ist es überhaupt mit der
‘Atmosphäre’ eines Worts: – warum
sieht man es als so selbstverständlich an, daß nur
dies Wort diese Atmosphäre hat? |
Das Wenn-Gefühl ist nicht
ein Gefühl, das das Wort “wenn”
begleitet. |
Das
Wenn-Gefühl müßte zu vergleichen sein dem besondern
‘Gefühl’, das eine musikalische
Phrase || Wendung uns gibt. (So ein
Gefühl beschreibt man manchmal, indem man sagt “Es
ist hier, als ob ein Schluß gezogen würde”, oder
“Ich möchte sagen ‘also
…’”, oder “Ich möchte
hier immer eine Geste machen –” & (nun)
macht (man) sie.) |
Aber kann man dies Gefühl von der Phrase trennen?
Und doch ist es nicht die Phrase selbst; denn Einer kann sie
hören ohne dies Gefühl. |
Ist es darin ähnlich dem
‘Ausdruck’ mit welchem sie gespielt wird?
|
Wir sagen,
diese Stelle gibt uns ein ganz besonderes Gefühl.
Wir singen sie uns vor, & machen dabei eine gewisse
Bewegung, haben vielleicht auch irgend eine besondere
Empfindung. Aber diese Begleitungen – die
Bewegung, die Empfindung – würden wir,
außer in dem Zusammenhang mit jener Stelle, || in
anderem Zusammenhang gar nicht
wiedererkennen. Sie
wären || sind ganz leer, außer eben,
wenn wir diese Stelle singen. |
“Ich singe sie mit einem ganz bestimmten
Ausdruck”. Dieser Ausdruck ist nicht etwas, was
man von der Stelle trennen kann. Es ist ein anderer
Begriff. (Ein anderes Spiel.) |
Das Erlebnis ist diese Stelle, so gespielt
(so, wie ich es etwa vormache; eine Beschreibung
könnte es nur andeuten). |
Die vom Ding untrennbare Atmosphäre,
– sie ist also keine Atmosphäre. Was mit einander innig assoziiert ist, assoziiert wurde, das scheint zueinander zu passen. Aber wie scheint es das? wie äußert sich's, daß es zu passen scheint? Etwa so: Wir können uns nicht denken, daß der Mann, der so geheißen, so ausgeschaut, || diesen Namen, dies Gesicht, diese Schriftzüge hatte, nicht diese Werke, sondern etwa ganz andere (die eines andern großen Mannes) hervorgebracht hat. Wir können uns das nicht denken? Versuchen wir's denn? – 12 |
Es könnte
so sein: Ich höre, es male jemand ein Bild
“Beethoven
beim Schreiben der neunten Symphonie”. Ich
könnte mir leicht vorstellen, was etwa auf so einem Bild zu sehen
wäre. Aber wie, wenn Einer darstellen wollte, wie
Goethe ausgesehen hätte beim Schreiben der neunten
Symphonie? Da wüßte ich mir nichts
vorzustellen, was nicht ganz
unpassend || peinlich &
lächerlich wäre. 13
|
Daß wir einen Satz
verstehen, zeigt uns, daß wir ihn unter Umständen verwenden
könnten (wenn auch nur in einer Märchenerzählung),
aber es zeigt uns nicht, was, & wieviel
wir mit ihm anfangen können. 14
|
Leute, die uns nach
dem Erwachen || Aufwachen gewisse Begebenheiten
erzählen (sie seien dort & dort gewesen,
etc.). Wir lehren sie nun den Ausdruck
“Mir hat geträumt”, dem die
Erzählung folgt. Ich frage sie dann manchmal
“Hat Dir heute nacht etwas
geträumt?” & erhalte eine bejahende, oder
eine verneinende Antwort, manchmal eine Traumerzählung, manchmal
keine. Das ist das Sprachspiel. (Ich habe
jetzt angenommen, daß ich selbst nicht träume. Aber
ich habe ja auch nie Gefühle einer unsichtbaren Gegenwart
& Andre haben sie, & ich kann sie über ihre
Erfahrungen befragen.) Muß ich nun eine Annahme darüber machen, ob die Leute ihr Gedächtnis getäuscht hat, oder nicht; ob sie wirklich während des Schlafs diese Bilder vor sich gesehen haben, oder ob es ihnen nur nach dem Erwachen so vorkommt? Und welchen Sinn hat diese Frage? – Und welches Interesse?! Fragen wir uns das je, wenn uns Einer seinen Traum erzählt? Und wenn nicht, – ist es, weil wir sicher sind, sein Gedächtnis werde ihn nicht getäuscht haben? (Und angenommen, es wäre ein Mensch mit ganz besonders schlechtem Gedächtnis. –) |
Und heißt das, es sei unsinnig, je die Frage
zu stellen: ob der Traum wirklich während des Schlafs
vor sich gehe, oder ein
Gedächtnisphänomen des Erwachten sei? Es
kommt auf die Verwendung der Frage
an. || wird auf die Verwendung der Frage
ankommen. |
“Es scheint, der Geist kann dem Wort Bedeutung
|
Die
Evolution der höheren Tiere &
des Menschen & das Erwachen des Bewußtseins auf einer
bestimmten Stufe. Das Bild ist etwa dies: Die
Welt ist, trotz aller Ätherschwingungen, die sie
durchziehen, dunkel. Eines Tages aber macht der Mensch sein
sehendes Auge auf, & es wird hell.
Unsre || Unsere Sprache beschreibt zuerst einmal ein Bild. Was mit dem Bild zu geschehen hat, wie es zu verwenden ist, bleibt im Dunkeln. Aber es ist ja klar, daß es erforscht werden muß, wenn man den Sinn unsrer Aussage verstehen will. Das Bild aber scheint uns dieser Arbeit zu überheben; es deutet schon auf eine bestimmte Verwendung. Dadurch hat es uns zum Besten. 15 |
“Meine kinästhetischen Empfindungen belehren mich
über die Bewegungen & Lagen meiner
Glieder.” Ich lasse meinen Zeigefinger eine leichte pendelnde Bewegung mit kleinem Ausschlag machen. Ich spüre sie kaum, oder gar nicht. Vielleicht ein wenig in der Fingerspitze als ein leichtes Spannen. (Gar nicht im Gelenk.) Und diese Empfindung belehrt mich über die Bewegung? – denn ich kann sie genau beschreiben. |
“Du mußt sie eben doch fühlen, sonst
wüßtest Du nicht (ohne zu schauen) wie sich Dein Finger
bewegt.” Aber, es “wissen”,
heißt nur: es beschreiben können. – Ich
mag die Richtung, aus der ein Schall kommt nur angeben können,
weil er das eine Ohr stärker affiziert als das andre; aber das
spüre ich nicht in den Ohren; es bewirkt aber: ich
weiß, aus welcher Richtung der Schall kommt, ich blicke
z.B. in dieser Richtung. |
Eine
Empfindung kann uns über
die Bewegung, oder Lage eines Gliedes belehren. (Wer
z.B. nicht, wie der Normale, wüßte, ob
sein Arm gestreckt sei, den könnte ein stechender Schmerz
im Ellbogen davon überzeugen.) – Und so
kann auch der Charakter eines |
Was ist das Kriterium dafür, daß mich
ein Sinneseindruck über die Form & die Farbe
belehrt? |
Welcher Sinneseindruck? Nun
dieser; ich beschreibe ihn durch Worte, oder durch ein
Bild. || Abbild. Und nun: was fühlst Du, wenn Deine Finger in dieser Lage sind? – “Wie soll man ein Gefühl erklären? Es ist etwas unerklärbares, besonderes.” Aber den Gebrauch der Worte muß man doch lehren können! |
Ich suche nun nach dem grammatischen Unterschied.
|
Sehen wir einmal vom
kinästhetischen Gefühl ab! – Ich will
Einem ein Gefühl beschreiben, & sage ihm
“Mach's so, dann wirst
Du's haben”, dabei halte ich meinen Arm, oder
meinen Kopf in bestimmten Lage. Ist das nun eine
Beschreibung eines Gefühls, & wann werde ich
sagen, er habe verstanden, welches Gefühl ich gemeint
habe? – Er wird daraufhin noch eine
weitere Beschreibung des Gefühls geben
müssen. Und welcher Art muß die sein?
|
Ich sage
“Mach's so, dann wirst
Du's 16
haben.” Kann da nicht ein Zweifel sein?
muß nicht einer sein, wenn ein Gefühl gemeint ist?
|
Das schaut
so aus; das schmeckt so; das
fühlt sich so an.
“das” & “so”
müssen verschieden erklärt werden. |
Ein ‘Gefühl’ hat
für uns ein ganz bestimmtes Interesse. Und
dazu gehört z.B. der ‘Grad des
Gefühls’, der || sein
‘Ort’, die Übertäubbarkeit des einen durch
ein anderes. (Wenn die Bewegung sehr schmerzhaft ist, so
daß der Schmerz jede andre leise Empfindung an dieser Stelle
übertäubt, wird es dadurch unsicher, ob Du diese Bewegung
wirklich gemacht hast? Könnte es Dich etwa dazu
bringen, daß Du Dich mit den Augen davon
überzeugst?) 17
|
‘Hättest Du
mich gefragt “Was meinst Du mit dem Wort
…?” so hätte ich gesagt
…’ Aber wie konnte ich wissen, daß ich
so reagiert hätte, wenn …? –
Wie? Es gibt kein Wie. Aber es gibt
Anzeichen dafür, daß ich darin recht habe, es zu
sagen. 18
|
Wer den eigenen Kummer
beobachtet, mit welchen Sinnen beobachtet er ihn? Mit
einem besondern Sinn; mit einem, der den Kummer
fühlt? So fühlt er ihn
anders, wenn er ihn beobachtet? Und welchen
beobachtet er nun; den, welcher nur da ist, während er
beobachtet wird?
‘Beobachten’ erzeugt nicht das Beobachtete. (Das ist eine begriffliche Feststellung.) Oder: Ich ‘beobachte’ nicht das, was durch's Beobachten erst entsteht. Das Objekt des Beobachtens || der Beobachtung ist ein anderes || Anderes. |
Eine Berührung, die
gestern noch schmerzhaft war, ist es heute nicht mehr.
Heute fühle ich den Schmerz nur mehr || noch, wenn ich an ihn denke. (D.h.: unter gewissen Umständen.) Mein Kummer ist nicht mehr der gleiche: eine Erinnerung, die mir vor einem Jahr noch unerträglich war, ist es mir heute nicht mehr. Das ist das Resultat einer Beobachtung. |
Wann sagt man: jemand
beobachte? Ungefähr: Wenn er sich eine
günstige Lage versetzt, gewisse Eindrücke zu erhalten, um
(z.B.) was sie ihn lehren, zu
beschreiben. |
Wen man
abgerichtet hätte, beim Anblick von etwas Rotem einen bestimmten
Laut auszustoßen, beim Anblick von etwas Gelbem einen andern,
& so fort |
Ich lasse
meinen Blick in einem Zimmer
umherschweifen, plötzlich fällt er auf einen
Gegenstand von auffallender roter Färbung, & ich sage
“Rot!” – damit habe ich keine
Beschreibung gegeben. |
Sind die Worte “Ich fürchte mich” eine
Beschreibung eines Seelenzustandes? |
Ich sage “Ich fürchte
mich”, der Andre fragt mich: “Was
war das? War es
ein || Ein Schrei der Angst; oder
wolltest || willst Du mir mitteilen, wie Dir's
zumute ist; war || oder ist es eine Betrachtung über
Deinen gegenwärtigen Zustand?” –
Könnte ich ihm immer eine klare Antwort geben?
könnte ich ihm nie eine geben? Man kann sich sehr Verschiedenes vorstellen; || , z.B.: “Nicht, nicht! Ich fürchte mich!” “Ich fürchte mich; ich || . Ich muß es leider gestehen.” “Ich fürchte mich noch immer ein wenig, aber nicht mehr so, wie früher.” “Ich fürchte mich im Grunde noch immer, obwohl ich mir's nicht gestehn will.” “Ich quäle mich selbst mit allerlei Furchtgedanken.” “Ich fürchte mich, jetzt, wo ich furchtlos sein 19 sollte!” Zu jedem dieser Sätze gehört ein besonderer Tonfall, zu jedem ein anderer Zusammenhang. Man könnte sich Menschen denken, die gleichsam viel bestimmter dächten, als wir, & wo wir ein Wort verwenden, verschiedene verwendeten. |
Man fragt sich “Was bedeutet ‘ich
fürchte mich’ eigentlich, worauf ziele ich
damit?” Und es kommt natürlich keine
Antwort, oder eine, die nicht genügt. Die Frage ist: “In welcher Art Zusammenhang steht es?” |
Es
kommt keine Antwort, wenn ich die Frage
“Worauf ziele ich?”,
“Was denke ich dabei?” dadurch
beantworten will, daß ich die Furchtäußerung wiederhole
& dabei auf mich achtgebe, aus dem Augenwinkel gleichsam
meine Seele beobachte. Ich kann aber allerdings in einem
konkreten Fall fragen “Warum habe ich das gesagt, was
wollte ich damit?” – & ich könnte
die Frage auch beantworten; aber nicht auf Grund der
Beobachtung von Begleiterscheinungen des Sprechens. Und
meine Antwort würde die frühere
Äußerung ergänzen, paraphrasieren. |
Was ist Furcht? Was
heißt “sich fürchten”? Wenn
ich's mit einem Zeigen erklären wollte –
würde ich die Furcht spielen. |
Könnte ich Hoffen auch so
darstellen? Kaum. Oder gar
Glauben?
|
Meinen Seelenzustand (der Furcht etwa)
beschreiben, das tue ich in einem bestimmten
Zusammenhang. (Wie eine bestimmte Handlung nur in
einem bestimmten Zusammenhang ein Experiment ist.)
Ist es denn so erstaunlich, daß ich den gleichen Ausdruck in verschiedenen Spielen verwende? Und manchmal auch, gleichsam, zwischen den Spielen? |
Und rede ich denn immer mit sehr
bestimmter Absicht? – Und ist darum, was ich
sage, sinnlos? |
Wenn
es in einer Leichenrede heißt “Wir trauern um
unsern …”, so soll das doch der Trauer Ausdruck geben;
nicht den Anwesenden etwas mitteilen. Aber in einem Gebet
am Grabe wären diese Worte eine Art von Mitteilung. |
Das Problem ist doch dies:
Der Schrei, den man keine Beschreibung nennen kann, der
primitiver ist als jede Beschreibung, tut gleichwohl den Dienst einer
Beschreibung des Seelenlebens. |
Ein Schrei ist keine Beschreibung. Aber es gibt
Übergänge. Und die Worte “Ich
fürchte mich” können näher &
entfernter von einem Schrei sein. Sie können
ihm ganz nahe liegen, & ganz weit von ihm entfernt
sein. |
Wir sagen doch
nicht unbedingt von Einem, 20 er
klage, weil er sagt, er habe Schmerzen. Also
können die Worte “Ich habe Schmerzen”
eine Klage, & auch etwas anderes sein. |
Ist aber “Ich fürchte
mich” nicht immer, & doch manchmal, etwas der Klage
ähnliches, warum soll es dann immer eine Beschreibung
meines Seelenzustandes sein?
21
|
Wie ist man je dazugekommen,
einen Ausdruck wie “Ich glaube …” zu
gebrauchen? Ist man einmal auf ein Phänomen (des
Glaubens) aufmerksam geworden? Hatte man sich selbst & die Andern beobachtet & so das Glauben gefunden? |
Moore's Paradox läßt sich so aussprechen:
Die Äußerung “Ich glaube, es verhält
sich so” wird ähnlich verwendet der Behauptung
“Es verhält sich so”; & doch die
Annahme, ich glaube, es verhalte sich so, nicht ähnlich
der Annahme, es verhalte sich so. ¥ |
Ebenso: Die Aussage
“Ich glaube, es wird regnen” hat einen
ähnlichen Sinn, d.h., ähnliche
Verwendung, wie “Es wird regnen”, aber
“Ich glaubte damals, es werde regnen”
nicht einen ähnlichen, wie “Es hat damals
geregnet”. “Aber es muß doch ‘Ich glaubte’ eben das in der Vergangenheit sagen, was “Ich glaubte’ in der Gegenwart!” – Es muß doch √‒1 eben das für ‒ 1 bedeuten, was √1 für 1 bedeutet! Das heißt gar nichts. |
“Im Grunde beschreibe ich
mit den Worten ‘Ich glaube …’ den
eigenen Geisteszustand, – aber diese Beschreibung ist hier
indirekt eine Behauptung des geglaubten Tatbestandes
selbst.” – Wie ich, unter
Umständen, eine Photographie beschreibe, um das zu beschreiben,
wovon sie eine Aufnahme ist. Aber dann muß ich noch sagen können, daß ¥ ˃ |
⍈
[Zu || Nach §2 der vorigen
Seite, als eigenen §]
Da scheint es ja, als
wäre die Behauptung “Ich glaube” nicht
die Behauptung dessen, was die Annahme “ich glaube”
annimmt! |
Gäbe es ein Verbum mit der Bedeutung
‘fälschlich glauben’, so hätte das keine
sinnvolle erste Person im Indikativ des Präsens. |
Sieh's nicht als
selbstverständliche an, sondern als etwas sehr
Merkwürdiges, daß die Verben “glauben”,
“wünschen”, “wollen”, alle
die grammatischen Formen aufweisen, die “schneiden”,
“kauen”, “laufen” auch
haben. |
Das Sprachspiel
der Meldung || des Meldens kann so gewendet werden,
daß die Meldung den Empfänger nicht über ihren Gegenstand
unterrichten soll; sondern über den Meldenden.
So ist es z.B., wenn der Lehrer den Schüler prüft. (Man kann messen, um den Maßstab zu prüfen.) |
⍈
[Zu “ ˃” auf dieser Seite als
eigenen §] Man kann den
eigenen Sinnen mißtrauen, aber nicht dem
eigenen Glauben. |
Angenommen, ich führte einen Ausdruck –
z.B. den: “Ich
glaube” – so ein: Er soll dort der Meldung
vorgesetzt
22
werden, wo sie dazu dient über den Meldenden selbst Auskunft zu
geben. (Es braucht dem Ausdruck also keine Unsicherheit
anzuhängen. Bedenke, daß die Unsicherheit der
Behauptung sich auch unpersönlich ausdrücken
läßt: “Er dürfte heute
kommen”.) – “Ich glaube … ,
aber || & es ist nicht so”
wäre ein Widerspruch. |
“Ich glaube …” beleuchtet meinen
Zustand. Es lassen sich aus dieser Äußerung
Schlüsse auf mein Verhalten ziehen. Also ist hier eine
Ähnlichkeit mit den Äußerungen der
Gemütsbewegung, der Stimmung etc.. |
Wenn aber “Ich
glaube, es sei so” meinen Zustand beleuchtet, dann auch die
Behauptung “Es ist so”. Denn das
Zeichen “Ich glaube” kann's nicht
machen; kann es höchstens andeuten. |
(Denk Dir)
eine || Eine Sprache, in der
“Ich glaube, es ist so” nur durch den Ton der
Behauptung “Es ist so” ausgedrückt
wird. Statt “Er glaubt” heißt es
dort “Er ist geneigt, zu sagen …”
& es gibt auch die Annahme (den Konjunktiv)
“Angenommen, ich sei geneigt
etc.”, aber nicht eine
Äußerung: “Ich bin geneigt, zu
sagen”.
Moore's Paradox gäbe es in dieser Sprache nicht; statt dessen aber ein Verbum, dem eine Form fehlt. Das aber sollte uns nicht überraschen. Denk daran, daß man die eigene künftige Handlung in der Äußerung der Absicht vorhersagen kann. |
Ich sage vom Andern “Er scheint
zu glauben …” &
|
“Die Überzeugung
fühlt man in sich, man schließt nicht auf sie aus den eigenen
Worten, oder ihrem Tonfall.” – Wahr
ist: Man schließt nicht aus den eigenen Worten auf die
eigene Überzeugung; oder auf die Handlungen, die dieser
entspringen. |
“Da scheint es ja, als wäre die Behauptung
‘Ich glaube’ nicht die Behauptung dessen, was
die Annahme annimmt.” – Ich bin also versucht
nach einer andern Fortsetzung des Verbums in die erste Person des
Indikativ Präsens
auszuschauen. |
Ich
denke so: Glauben ist ein Zustand der Seele. Er
dauert an; & unabhängig vom Ablauf seines Ausdrucks
in einem Satz, z.B.. Er ist also eine
Art von Disposition des Glaubenden. Die offenbart
sich
mir, im Andern, in seinem Benehmen; seinen Worten. Und zwar
ebensowohl in einer Äußerung “Ich glaube
…”, wie in seiner || mir, im Andern, sein Benehmen;
seine Worte. Und zwar ebensowohl eine
Äußerung “Ich glaube …”, wie
seine einfache Behauptung. – Wie ist es
nun mit mir: wie erkenne ich selbst die eigene
Disposition? – Da müßte ich ja wie der Andre
auf mich achtgeben, auf meine Worte hören, aus ihnen
Schlüsse ziehen können! |
Horchte || Horche ich auf die Rede meines
Mundes, so könnte ich sagen, so könnte ich
sagen, ein Andrer spreche aus meinem Mund. |
“Nach meiner Äußerung zu
urteilen, glaube ich das.” Nun, es
ließen sich Umstände ausdenken, in denen so eine
Äußerung || diese Worte Sinn
hätten. Und dann könnte Einer auch sagen “Es regnet & ich glaube es nicht”, oder “Mir scheint, mein Ego glaubt das, aber es ist nicht so.” Man müßte sich dazu ein Benehmen ausmalen, das darauf deutet, zwei Wesen sprächen aus meinem Munde. |
Die Linie liegt schon in der
Annahme anders, als Du denkst. In den Worten “Angenommen, ich glaube …” setzt Du schon die ganze Grammatik, den gewöhnlichen Gebrauch, des Wortes “glauben” voraus– || , || des Wortes “glauben” voraus, den gewöhnlichen Gebrauch, den Du beherrscht. – Du nimmst nicht etwas an, was || einen Stand der Dinge an, der Dir, sozusagen, eindeutig durch ein Bild vor Augen steht, so daß Du dann eine andere als die gewöhnliche Behauptung an diese Annahme anstückeln kannst. – Du wüßtest gar nicht, was Du hier annimmst (d.h., was z.B. aus so einer Annahme folgt), wenn Dir nicht schon die || diese Verwendung von “glauben” geläufig wäre. |
⍈
Jene Fortsetzung könnte ich finden, wenn ich nur sagen
könnte “Ich scheine zu glauben”.
[Nach dem letzten § der vorigen Seite.] |
⍈
Jene Fortsetzung könnte ich finden, wenn ich nur sagen
könnte “Ich scheine zu glauben”.
[Nach dem letzten § der vorigen Seite.] |
Denk an
den Ausdruck “Ich sage …”,
z.B. in “Ich sage, es wird heute
regnen”, welches einfach der Behauptung
“Es wird …” gleichkommt.
“Er sagt, es wird …” heißt
|
Verschiedene Begriffe berühren sich hier & laufen ein
Stück Wegs miteinander. Man muß eben nicht glauben,
daß die Linien alle Kreise seien. |
Betrachte auch den Unsatz:
“Es dürfte regnen; aber es regnet
nicht.” Und hier muß man sich hüten, zu sagen: “Es dürfte regnen” heißt eigentlich: ich glaube, es wird regnen. – Warum sollte dann nicht umgekehrt dies jenes heißen? |
Betrachte
nicht die zaghafte Behauptung als Behauptung der
Zaghaftigkeit. 24 |
Zwei Verwendungen des Wortes
“sehen”. Die eine: “Was siehst Du dort?” – “Ich sehe dies” [es folgt eine Beschreibung, eine Bild Zeichnung, eine Kopie]. Die andere: “Ich sehe eine Ähnlichkeit in diesen beiden Gesichtern” – der, dem ich dies mitteile, mag diese || die Gesichter so deutlich sehen, wie ich selbst. Die Wichtigkeit: Der kategorische Unterschied der beiden ‘Objekte’ des Sehens. |
Der Eine
könnte die beiden Gesichter genau abzeichnen; der Andre in dieser
Zeichnung die Ähnlichkeit bemerken, die der erste nicht
sah. |
Ich betrachte ein Gesicht (z.B. ein
Gemälde), auf einmal bemerke ich seine Ähnlichkeit mit
einem andern. Ich sehe, daß es sich nicht
geändert hat; & sehe es doch anders. Diese
Erfahrung nenne ich “das Bemerken eines
Aspekts”. |
Seine Ursachen interessieren
den Psychologen. – |
Uns interessiert der Begriff & seine
Stellung in den Erfahrungsbegriffen. |
Da möchte
man vielleicht antworten: Die Beschreibung der
unmittelbaren Erfahrung, des Seherlebnisses, mittels einer
Deutung ist eine indirekte Beschreibung.
“Ich sehe die Figur als Kiste” heißt:
ich habe ein bestimmtes Seherlebnis, welches mit dem Deuten der Figur
als Kiste, oder mit dem Anschaun einer Kiste, erfahrungsgemäß
einhergeht. Aber wenn es das hieße, dann
müßte ich's wissen. Ich müßte
mich auf das Erlebnis direkt, & nicht nur indirekt beziehen
können. (Wie ich von Rot nicht unbedingt als der
Farbe des Blutes reden muß.) |
Die folgende Figur, welche ich aus
Jastrow entnommen habe, wird in meinen Bemerkungen
der
H.-E.-Kopf
heißen. Man kann ihn als Hasenkopf, oder als Entenkopf
sehen.
Und ich muß zwischen dem
‘stätigen Sehen’ eines
Aspekts
25 &
dem ‘Aufleuchten’ des Aspekts unterscheiden.
Das Bild mochte mir gezeigt worden sein, & ich darin nie etwas anderes als einen Hasen gesehen haben. |
Es ist hier
nützlich, den Begriff des Bildgegenstandes
einzuführen. Ein ‘Bildgesicht’
z.B. wäre die Figur
.
Es ist eine Figur, welche || die
ich als || wie ein Gesicht
behandle. ¤ Ich
verhalte mich zu ihm in mancher Beziehung wie zu einem menschlichen
Gesicht. Ich kann seinen Ausdruck studieren, auf ihn wie
auf den Ausdruck des Menschengesichtes reagieren. Ein Kind
kann zum Bildmenschen, oder Bildtier reden, sie behandeln, wie
es Puppen behandelt. |
Ich konnte also den
H.-E.-Kopf
von vornherein einfach als Bildhasen sehen.
D.h.: Gefragt,
“Was ist das?”, oder
“Was siehst Du da?”, hätte ich
geantwortet: “Einen Bildhasen”.
Hätte man mich weiter gefragt, was das sei, so hätte ich
zur Erklärung auf die
verschiedensten || allerlei Hasenbilder,
auch || vielleicht auf wirkliche Hasen gezeigt, von
dem Leben dieser Tiere geredet, oder sie
nachgemacht || nachgeahmt.
|
Ich
hätte auf die Frage “Was siehst Du
da?” nicht geantwortet: “Ich sehe
das jetzt als Bildhasen”. Ich hätte einfach
die Wahrnehmung beschrieben; nicht anders, als wären meine Worte
gewesen “Ich sehe dort einen roten
Kreis”. – Dennoch hätte ein Andrer
von mir sagen können “Er sieht die Figur
|
Zu sagen
“Ich sehe das jetzt als …”, hätte
für mich etwa so wenig Sinn gehabt, als wie
beim Anblick meines Bekannten die Worte || zu
sagen: “Ich sehe das jetzt als ein
Gesicht.” Man würde diese Äußerung
nicht verstehn. – Ebensowenig wie die
Äußerung: || diese: “Das ist
jetzt für mich eine Gesicht”, oder “Das
kann auch eine Gesicht || von Messer & Gabel die
Worte || zu sagen: “Ich sehe das jetzt als
Messer & Gabel.” Man würde diese
Äußerung nicht verstehn. – Ebensowenig wie
die Äußerung: || diese:
“Das ist jetzt für mich eine Gabel”, oder
“Das kann auch eine Gabel
sein”. |
Man
‘hält’ auch nicht, was man bei Tisch
als Messer &
Gabel || Eßbesteck erkennt,
für Messer & Gabel || ein
Eßbesteck; sowenig wie man,
um zu essen || beim Essen, für
gewöhnlich zu essen
versucht, oder zu essen || den Mund zu bewegen versucht, oder zu
bewegen trachten. |
Wer sagt “Jetzt ist es
für mich ein Gesicht”, den kann man fragen:
“Auf welche Verwandlung spielst Du
an?” |
Ich sehe
z.B. zwei Bilder; im dem einen
den
H.-E.-Kopf
umgeben von Hasen, im andern von Enten. Ich bemerke die
Gleichheit nicht. Folgt daraus, daß ich
beidemale etwas andres sehe? – Es gibt uns
einen Grund diesen Ausdruck hier zu gebrauchen. |
“Ich
habe es ganz anders gesehen, ich hätte es nie
erkannt!” Nun, das ist ein Ausruf.
Und er hat auch eine Rechtfertigung. |
Ich hätte nie daran
gedacht, die beiden Köpfe so auf
einander zu legen, sie so zu
vergleichen. 26
Denn sie legen eine andere
Vergleichsweise nahe. Der Kopf, so gesehen, hat mit dem Kopf, so gesehen, auch nicht die leiseste Ähnlichkeit – obwohl sie kongruent sind. |
Man zeigt mir
einen Bildhasen & fragt mich, was das sei; ich sage
“Das ist ein
H.”. Nicht
“Das ist jetzt ein
H.”. Ich teile die
Wahrnehmung mit. – Man zeigt mir den
H.-E.-Kopf
und fragt mich, was das sei; da kann ich sagen
“Das ist ein
H.-E.-Kopf”.
Aber ich kann auch ganz anders auf die Frage reagieren. – Die Antwort, es sei der
H.-E.-Kopf,
ist wieder die Mitteilung der Wahrnehmung; sage ich
aber || die Antwort “Jetzt ist es ein
H.” ist es || dies
aber nicht. Hätte ich
berichtet || gesagt “Es ist
ein Hase”, so hätte ich die Doppeldeutigkeit
nicht bemerkt, & || ich
hätte || & die Wahrnehmung
berichtet. || , so wäre mir die
Doppeldeutigkeit entgangen, & ich hätte die Wahrnehmung
berichtet. |
Der
Aspektwechsel: || . “Du würdest
doch sagen, daß sich das Bild jetzt gänzlich geändert
hat!” Aber was ist anders: mein Eindruck? meine Stellungnahme? – Kann ich's sagen? Ich beschreibe die Änderung, wie eine Wahrnehmung; ganz als hätte sich der Gegenstand vor meinen Augen geändert. |
“Ich
sehe ja jetzt das”, könnte ich sagen
(z.B. auf ein andres Bild
deutend). Es ist die Form der Meldung einer neuen
Wahrnehmung. |
Der Ausdruck des Aspektwechsels ist der
Ausdruck |
Ich sehe auf einmal die Lösung
eines Vexierbilds. Wo früher Zweige waren, ist jetzt
eine menschliche Gestalt. Mein Gesichtseindruck hat
sich geändert, & ich erkenne nun, daß er nicht
nur Farbe & Form hatte, sondern auch eine ganz bestimmte
‘Organisation’. – Mein
Gesichtseindruck hat sich geändert; – wie war er
früher; wie ist er jetzt? – Stelle ich ihn
durch eine genaue Kopie dar – & ist das keine gute
Darstellung? – so zeigt sich keine Änderung.
|
Und sag
nur ja nicht “Mein Gesichtseindruck ist doch
nicht die Zeichnung; er ist dies – – was
ich niemand zeigen kann.” – Freilich ist er
nicht die Zeichnung, aber auch nichts von der gleichen
Kategorie, das ich in mir trage. |
Der Begriff des
‘innern Bildes’ ist irreführend, denn das
Vorbild dieses Begriffs || für diesen
Begriff ist das ‘äußere
Bild’; & doch sind die Verwendungen der Begriffsworte
einander nicht ähnlicher, als die von
“Zahlzeichen” &
“Zahl”. (Ja, wer die Zahl das
“ideale Zahlzeichen” nennen wollte,
könnte damit eine ähnliche Verwirrung anrichten.)
|
Wer
die || eine ‘Organisation’ des
Gesichtseindrucks mit Farben & Formen zusammenstellt, geht vom
Gesichtseindruck als einem innern Gegenstand aus.
27 Dieser Gegenstand wird dadurch freilich ein
Unding; ein seltsam schwankendes Gebilde. Denn die
Ähnlichkeit mit dem Bild ist nun gestört. |
Wenn ich
weiß, daß es verschiedene Aspekte des Würfelschemas gibt,
kann ich den Andern, um zu erfahren, was er sieht, noch außer der
Kopie ein Modell des Gesehenen herstellen, oder zeigen lassen;
auch wenn er gar nicht weiß, wozu ich zwei
Erklärungen fordere. Beim Aspektwechsel aber verschiebt sich's. Es wird das der einzig mögliche Erlebnisausdruck, was früher nach der Kopie vielleicht eine unnütze Bestimmung schien, oder auch war. |
Und das
allein tut den Vergleich der ‘Organisation’
mit Farbe & Form im Gesichtseindruck ab. |
Wenn ich den
H.-E.-Kopf
als H. sah, so sah ich: diese Formen
& Farben (ich gebe sie genau wieder) – &
außerdem noch so etwas: dabei nun zeige ich auf eine
Menge verschiedener Hasenbilder. – Dies zeigt die
Verschiedenheit der Begriffe.
[Neue Zeile]
Das ‘Sehen als …’ gehört nicht zur
Wahrnehmung. ∢ [Siehe den obern Rand] [Zu ∢, an den vorhergehenden § anschließend] Und darum ist es wie ein Sehen & wieder nicht wie ein Sehen. |
Ich schaue auf ein Tier; man fragt
mich: “Was siehst Du?” Ich
antworte: “Einen Hasen.” –
Ich sehe in die Landschaft; plötzlich läuft ein Hase
vorbei. Ich rufe aus “Ein
Hase!” Beides, die Meldung & der Ausruf, ist ein Ausdruck der Wahrnehmung & des Seherlebnisses. || , kann man den Ausdruck der Wahrnehmung & des Seherlebnisses nennen. Aber der Ausruf ist es in anderm |
Aber da er die
Beschreibung einer Wahrnehmung ist, kann man ihn auch
Gedankenausdruck nennen. – Wer den Gegenstand
anschaut, muß nicht an ihn denken; wer aber das Seherlebnis
hat, dessen Ausdruck der || jener Ausruf ist, der
denkt auch an das, was er sieht. |
Und darum erscheint das
aufleuchten des Aspekts halb Seherlebnis, halb ein
Denken. |
Jemand sieht plötzlich eine Erscheinung vor sich, die er
nicht erkennt (es mag ein ihm wohlbekannter Gegenstand sein,
aber in ungewöhnlicher Lage, oder Beleuchtung
sein). Das || ; das
Nichterkennen dauert vielleicht nur sekundenlang. Ist es
richtig: er habe ein anderes Seherlebnis, als der,
welcher || der den Gegenstand gleich
erkannte? |
Könnte denn Einer die vor
ihm auftauchende, ihm unbekannte Form nicht ebenso genau
beschreiben, wie ich, dem sie vertraut ist? Und ist
das nicht die Antwort? – Freilich, im
allgemeinen wird es so nicht sein. Auch wird seine
Beschreibung ganz anders lauten. (Ich werde
z.B. sagen “Das Tier hatte lange
Ohren” – er: “Es waren da zwei
lange Fortsätze” & nun zeichnet es
sie.) |
Ich treffe Einen, den ich jahrelang nicht gesehen
28 habe; ich sehe ihn deutlich, erkenne ihm aber
nicht. Plötzlich erkenne ich ihn, sehe in seinem
veränderten Gesicht sein früheres. Ich glaube,
ich würde ihn jetzt anders portraitieren, wenn ich malen
könnte. |
Wenn ich nun meinen Bekannten in der
Menschenmenge erkenne, nachdem ich vielleicht schon längere Zeit
in seiner Richtung geschaut habe, – ist das ein besonderes
Sehen? oder ist es ein Sehen & Denken?
oder eine Verschmelzung der beiden – wie ich beinahe sagen
möchte? Die Frage ist: Warum will man das sagen? |
Derselbe Ausdruck, der
auch Meldung des Gesehenen ist, ist jetzt Ausruf des Erkennens.
|
Was ist
das Kriterium des Seherlebnisses? – Was soll das
Kriterium sein? Die Darstellung dessen, ‘was gesehen wird’. |
Der Begriff der
Darstellung des Gesehenen, sowie der Kopie, ist sehr dehnbar,
& mit ihm der Begriff des Gesehenen. Die
beiden hängen innig zusammen. (Und das heißt
nicht, daß sie ähnlich sind.) ∢ a37˙1 |
Sieht Einer ein Lächeln, das er nicht als Lächeln
erkennt, nicht so versteht, anders, als der es versteht? – Er macht es z.B. anders nach.
|
Die Figur a)
ist die Umkehrung der
Figur b) , wie die
Figur c)
die
Umkehrung von d)
. Aber
zwischen meinem Eindruck von c & d besteht ein
anderer Unterschied – möchte ich sagen
– als zwischen dem von a & von b.
(d sieht z.B. ordentlicher aus, als
c. Vergleiche eine Bemerkung von
Lewis Carrol.) d ist leicht
zu kopieren, c schwer. |
Denk Dir den
H.-E.-Kopf
in einem Gewirr von Strichen versteckt. Einmal nun bemerke
ich ihn in dem Bild, & zwar einfach als Hasenkopf.
Später einmal schaue ich das gleiche Bild an &
bemerke die gleiche Linie, aber als Ente, & dabei brauche ich noch
nicht zu wissen, daß es beidemale die gleiche Linie war.
Wenn ich später nun den Aspekt wechseln sehe, – kann ich
sagen, daß dabei die Aspekte H.
& E. ganz anders gesehen werden,
als da ich sie einzeln im Gewirr der Striche erkannte?
Nein. Aber der Wechsel ruft ein Staunen hervor, den das Erkennen nicht hervorrief. |
Wer in einer Figur
(1) nach einer andern (2) sucht, & sie dann
findet, der sieht (1) damit in einer neuen || auf
neue Weise. Er kann nicht nur eine neue
Beschreibung || Art der Beschreibung
von ihr geben, sondern jenes Bemerken war ein neues
Seherlebnis. |
Aber es muß nicht geschehen, daß
er 29 sagen möchte: “Die
Figur (1) sieht nun ganz anders aus; sie hat auch keine
Ähnlichkeit mit der früheren, obwohl sie mit ihr kongruent
ist!” ¥ [Eigener §] [Siehe nächste Seite.] |
Ist also die Kopie der Figur eine
unvollkommene Beschreibung meines
Seherlebnisses? Nein. – Es kommt doch auf
die Umstände an, ob, & welche, nähere
Bestimmungen notwendig sind. – Sie kann eine
unvollkommene Beschreibung sein; wenn eine Frage übrig
bleibt. (Beispiel:
Würfelschema.) |
¤Man kann natürlich sagen: Es gibt
gewisse Dinge, die sowohl unter den Begriff
‘Bildhase’, als ‘Bildente’
fallen. Und so ein Ding ist ein Bild, eine
Zeichnung. – Aber der Eindruck ist
nicht zugleich der von einer Bildente
& von einem Bildhasen. |
“Was ich eigentlich
sehe, muß doch das sein, was in mir durch Einwirkung des
Objekts zustandekommt.” – Das, was in mir
zustandekommt, ist dann so etwas wie
ein || eine Art Abbild, etwas, was man selbst
wieder anschauen, vor sich haben könnte;
beinahe || eigentlich so etwas wie eine
Materialisation. Und diese Materialisation ist etwas Räumliches & muß sich ganz in räumlichen Begriffen beschreiben lassen. Sie kann z.B. lächeln (wenn sie ein Gesicht ist), aber der Begriff der Freundlichkeit gehört nicht zu ihrer Darstellung, sondern ist dieser Darstellung fremd (wenn er ihr auch dienen kann). |
Fragst Du
mich, was ich gesehen habe, so werde ich vielleicht eine Skizze
herstellen können, die es
|
Der Begriff
‘sehen’ macht einen wirren Eindruck.
Nun, so ist er. – Ich sehe || schaue
in die Landschaft; mein Blick schweift, ich sehe allerlei klare
& unklare Bewegung; dies prägt sich mir klar
ein, jenes nur ganz verschwommen. Wie
gänzlich zerrissen uns doch erscheinen kann, was wir
sehen! Und nun schau an, was “Beschreibung des
Gesehenen” heißt! – Aber das ist eben,
was man eine Beschreibung des Gesehenen nennt. Es gibt
nicht einen eigentlichen, ordentlichen Fall so einer
Beschreibung – & das Übrige ist eben noch unklar,
harrt noch der Klärung, oder muß einfach als Abfall in den
Winkel gekehrt werden. |
Es ist hier für uns die ungeheure
Gefahr: feine Unterschiede machen zu wollen. –
Ähnlich ist || geht es, wenn man den Begriff des
physikalischen Körpers aus dem ‘wirklich
Gesehenen’ erklären will. – Es ist
vielmehr das alltägliche Sprachspiel hinzunehmen,
& falsche Darstellungen sind als dies zu
kennzeichnen. Das primitive Sprachspiel, das dem Kind
beigebracht wird, bedarf keiner Rechtfertigung; die Versuche der
Rechtfertigung bedürfen der Zurückweisung. |
⍈
[Zu der vorigen Seite, bei
∢] Es gibt hier eine Unmenge mit einander
verwandter Erscheinungen & möglicher Begriffe.
|
Betrachte nun als Beispiel die Aspekte des Dreiecks.
Das Dreieck kann gesehen
werden:
30 als
dreieckiges Loch, als Körper, als geometrische Zeichnung; auf
seiner Grundlinie stehend, an seiner Spitze aufgehängt; als
Berg, als Keil, als Pfeil oder Zeiger; als ein umgefallener
Körper, der (z.B.) auf der
kürzeren Kathete stehen sollte, als ein halbes Parallelogramm,
& verschiedenes andres. |
“Du kannst dabei einmal
an das denken, einmal an das, einmal es als
das ansehen, einmal als das, & dann
wirst Du's einmal so sehen, einmal
so.” – Wie
denn? Es gibt ja keine weitere Bestimmung.
|
Wie ist
es aber möglich daß man ein Ding einer Deutung
gemäß sieht? – Die Frage stellt es
als ein seltsames Faktum dar; als wäre hier etwas in eine Form
gezwängt worden, was eigentlich nicht hineinpaßt.
Aber es ist hier kein Drücken & Zwängen
geschehen. |
Wenn es scheint, es wäre für
eine solche logische Form || so eine Form zwischen den andern
Formen kein Platz, so mußt Du sie in einer andern
Dimension aufsuchen. Wenn hier kein Platz ist, so ist
er eben in einer andern Dimension. (In diesem Sinne ist auch auf der reellen Zahlenlinie nicht für imaginäre Zahlen Platz. Und das heißt doch: Die Anwendung eines || des imaginären Zahlzeichens || Zahlbegriffs ist ungeahnt unähnlicher der des reellen, als der Anblick der Rechnungen es || das offenbart. Wenn man zur Anwendung hinuntersteigt, dann || Man muß zur Anwendung hinuntersteigen, dann findet jener Begriff einen sozusagen ungeahnt verschiedenen Platz.) |
⍈
[Zum Zeichen ∢ a39
3 Blätter früher]
Halte die Zeichnung eines Gesichts || Kopfes verkehrt & Du kannst den Ausdruck des Gesichts nicht erkennen. Vielleicht kannst Du sehen, daß es lächelt, aber doch nicht genau, wie es lächelt. Du kannst das Lächeln nicht nachahmen, oder seinen Charakter genauer beschreiben. Und doch mag das verkehrte Bild das Gesicht eines Menschen höchst genau darstellen. |
Wie wäre diese
Erklärung: “Ich kann etwas als
das sehen, wovon es ein Bild sein kann”?
Das heißt doch: Die Aspekte im Aspektwechsel sind die, die die Figur unter Umständen ständig in einem Bild haben könnte. |
Ein Dreieck
kann ja wirklich in einem Gemälde stehen, in
einem andern hängen, in einem dritten etwas Umgefallenes
darstellen. – So zwar, daß ich, der Beschauer
nicht sage “Das kann auch etwas Umgefallenes
darstellen”, sondern “Das Glas ist umgefallen
& liegt in Scherben”. So reagieren wir auf
das Bild. |
Könnte ich sagen, wie ein Bild beschaffen sein muß,
um dies zu bewirken? Nein. Es gibt
z.B. Malweisen, die mir nichts in dieser
unmittelbaren Weise mitteilen, aber doch andern Menschen.
Ich glaube, daß Gewohnheit & Erziehung hier mitzureden
haben. |
Was heißt es nun, daß ich auf dem Bild die Kugel
‘schweben sehe’?
Liegt es schon darin, daß mir diese Beschreibung nächstliegende, selbstverständliche ist? Nein; das könnte 31 sie aus
verschiedenen Gründen sein. Sie könnte
z.B. einfach die herkömmliche sein.
Was aber ist der Ausdruck dafür, || dessen, daß ich das Bild nicht nur, z.B., so verstehe (weiß, was es darstellen soll), sondern so sehe? – Ein solcher Ausdruck ist: “Die Kugel scheint zu schweben”, “Man sieht sie schweben”, oder auch, in besonderem Tonfall, “Sie schwebt!” Das ist also der Ausdruck des Dafürhaltens. Aber nicht als solcher verwendet. |
Wir fragen uns hier nicht, was die
Ursachen sind & was in einem besondern Fall diesen Eindruck
hervorruft. |
Und ist es ein besonderer
Eindruck? – “Ich sehe doch etwas
anderes, wenn ich die Kugel schweben, als wenn ich sie
bloß daliegen sehe.” – Das heißt
eigentlich: Dieser Ausdruck ist
gerechtfertigt! (Denn, wörtlich genommen, ist es
ja nur eine Wiederholung.) (Und doch ist mein Eindruck auch nicht der einer wirklichen schwebenden Kugel. Vergleiche verschiedene || Es gibt Abarten des ‘räumlichen Sehens’, die || . Die Räumlichkeit der gewöhnlichen || einer Photographie, & die Räumlichkeit der Bilder durch's Stereoskop gesehen || dessen, was wir durch's Stereoskop sehen.) |
“Und ist es wirklich ein
anderer Eindruck?” – Um es zu beantworten,
möchte ich mich fragen, ob da wirklich
etwas anderes in mir existiert. Aber wie kann ich
mich davon überzeugen? ‒ ‒ Ich
beschreibe, was ich sehe, anders. |
Gewisse Zeichnungen sieht man immer als Figuren in der Ebene,
andere manchmal, oder auch immer, räumlich. Da möchte man nun sagen: Der Gesichtseindruck der räumlich gesehenen Zeichnungen ist räumlich; ist für's Würfelschema z.B. ein Würfel. (Denn die Beschreibung des Eindrucks ist die Beschreibung eines Würfels.) |
Und es ist dann
merkwürdig, daß unser Eindruck für manche Zeichnung etwas
Flaches, für manche etwas Räumliches
ist. Man fragt sich: “Wo soll
das enden?” |
Wenn ich das Bild eines dahinjagenden
Pferdes sehe, – weiß ich nur, daß diese
Bewegungsart gemeint ist? Ist es Aberglaube, daß ich
es im Bild dahinjagen sehe? – Und
tut dies nun auch mein Gesichtseindruck? |
Was teilt mir
einer mit, der sagt “Ich sehe es jetzt als
…”? Welche Folgen hat diese
Mitteilung? Was kann ich mit ihr anfangen?
|
Menschen assoziieren oft Farben mit Vokalen. Es
könnte sein, daß für Manchen ein Vokal, wenn er
öfters hintereinander ausgesprochen wird, seine Farbe
wechselt. a ist für ihn
z.B. ‘jetzt blau – jetzt
rot’. Es könnte die Äußerung “Ich sehe es jetzt als …” uns nicht mehr bedeuten, als die: “a ist für mich jetzt rot”. 32
(Gekoppelt mit physiologischen Beobachtungen könnte auch dieser Wechsel uns wichtig werden.) |
Da fällt mir ein,
daß es in Gesprächen über
ästhetische Gegenstände oft heißt || in Gesprächen
über ästhetische Gegenstände die Worte gebraucht
werden: “Du mußt es so
sehen, so ist es gemeint”; “Wenn Du es
so siehst, siehst Du, wo der Fehler liegt”;
“Du mußt diese Takte als Einleitung hören”;
“Du mußt nach dieser Tonart hinhören”;
“Du mußt es so phrasieren”
(& das kann sich auf's Hören wie
auf's Spielen beziehen). |
Die Figur
möge || soll eine konvexe Stufe
vorstellen & zur Demonstration irgendwelcher räumlichen
Vorgänge || von irgendwelchen räumlichen
Vorgängen verwendet werden. Wir ziehen dazu
etwa die Linie || Gerade
a durch die Mittelpunkte der beiden Flächen. – Wenn nun Einer die Figur nur auf Augenblicke
räumlich sähe, & auch dann bald als konkave, bald
als konvexe Stufe, so könnte es ihm dadurch schwer werden
unsrer Demonstration zu folgen. Und wenn für ihn der
flache Aspekt mit einem räumlichen wechselt, so ist es hier nicht
anders, als zeigte ich ihm während der Demonstration
gänzlich verschiedene Gegenstände. |
Was heißt
es, wenn ich, eine Zeichnung in der darstellenden
Geometrie betrachtend, sage: “Ich weiß, daß
diese Linie hier wieder zum Vorschein kommt, aber ich kann sie nicht
so sehen”?
Bedeutet || Heißt es einfach, daß mir die
Geläufigkeit des Operierens in der Zeichnung fehlt, daß ich
mich nicht so gut in ihr ‘auskenne’? – Nun, diese Geläufigkeit ist gewiß eines unserer
Kriterien. Das Kriterium ist eine gewisse || Was uns vom räumlichen Sehen der Zeichnung
überzeugt ist eine gewisse Art des
‘sich Auskennens’. Gewisse
|
Ich sehe,
daß auf dem Bild der Pfeil das Tier durchdringt.
Er hat es im Hals getroffen & ragt im Genick
heraus. Das Bild sei eine Silhouette. – Siehst Du den Pfeil – weißt
Du nur, das diese beiden Stücke Teile eines Pfeils darstellen
sollen?
(Vergleiche Köhlers Figur der einander durchdringenden Sechsecke.) |
⍈
[Folgt auf die 2
nächsten Bemerkungen] “Die Erscheinung nimmt einen zuerst
wunder || Wunder
wunder, aber es wird
gewiß eine physiologische Erklärung dafür gefunden
werden.” – Unser Problem ist kein kausales, sondern ein Begriffliches. |
“Das ist doch kein Sehen!”
‒ ‒ “Das ist doch ein Sehen!”
– Beide müssen sich begrifflich rechtfertigen
lassen. |
Würde mir das Bild des durchbohrten Tiers, oder der
einander durchdringenden
Kristalle || Sechsecke, nur
für einen Augenblick || für einen Augenblick nur
gezeigt, & ich sollte es || die Silhouette des durchbohrten
Tiers, oder der einander durchdringenden
Kristalle || Sechsecke, nur
für einen Augenblick || für einen Augenblick nur
gezeigt, & ich sollte sie danach beschreiben, so
wäre das die Beschreibung; sollte ich's
danach zeichnen, so würde ich
gewiß eine sehr
ungenauer || fehlerhafte Kopie
hervorbringen, aber sie würde eine Art Tier von einem Pfeil
33 durchbohrt zeigen, oder zwei Sechsecke die
einander durchdringen.
D.h.: Gewisse Fehler würde
ich nicht machen. |
Das erste, was mir an diesem Bild in
die Augen springt, ist: es sind zwei Sechsecke.
Nun schau ich sie an & frage mich: “Seh ich sie wirklich als Sechsecke?” – & zwar die ganze Zeit, während sie vor meinen Augen sind? (Vorausgesetzt daß sich ihr Aspekt dabei nicht geändert hat.) – Und ich möchte antworten: “Ich denke nicht die ganze Zeit an sie als Sechsecke.” |
Einer sagt mir:
“Ich habe es sofort als zwei Sechsecke gesehen.
Ja das war alles, was ich gesehen habe.”
Aber wie verstehe ich das? Ich denke, er
hätte auf die Frage “Was siehst
Du?” gleich mit dieser Beschreibung
geantwortet, auch hätte er sie nicht als eine von mehreren
möglichen behandelt. Sie ist darin gleich der Antwort
“Ein Gesicht”, wenn ich ihm die Figur
gezeigt
hätte. ¥ a76 a77∢ ∢ [Hier die zwei ersten §§ der nächsten Seite.] |
Es hätte ja auch
sein können, daß ich das Bild zuerst als etwas anderes sah,
& mir dann sagte “Ach, es sind zwei
Sechsecke!”. Der Aspekt hätte sich
also geändert. Und beweist das nun, daß
ich's tatsächlich als etwas Bestimmtes
sah? |
“Ist es ein echtes
Seherlebnis?” Die Frage ist: Inwiefern ist es eins. |
Es ist hier schwierig, zu
sehen, daß es sich um Begriffsbestimmungen handelt.
Ein || Der Begriff drängt sich auf. (Das darfst Du nicht vergessen.) |
⍈
[Zu ∢ a76 der
andern || vorigen Seite] Die beste Beschreibung, die ich von dem geben kann, was mir
auf einen Augenblick gezeigt wurde, ist das:
… “Der Eindruck war der von einem sich bäumenden Tier.” Es kam also eine ganz bestimmte Beschreibung. – War das das Sehen, oder war es ein Gedanke? |
Wann würde ich's denn ein bloßes wissen, kein
Sehen, nennen? – Etwa, wenn Einer das Bild wie
eine Werkzeichnung behandelte, es läse, wie eine
Blaupause. (Feine Abschattungen des
Benehmens. – Warum sind sie
wichtig? Sie haben wichtige Folgen.)
|
“Es ist für mich ein Tier, vom Pfeil
durchbohrt.” Ich behandle es als das; dies ist
meine Einstellung, zur Figur.
Das ist eine Bedeutung davon, es ein ‘Sehen’ zu
nennen. |
Kann ich aber auch im gleichen Sinne sagen:
“Dies sind für mich zwei
Sechsecke”? Nicht im gleichen Sinne, aber in
einem ähnlichen. |
Du mußt an die Rolle denken,
welche Bilder vom Charakter der Gemälde
(im Gegensatz zu Werkzeichnungen) in unserm Leben
spielen. Und hier besteht durchaus nicht
Einförmigkeit. || Und diese Rolle ist
durchaus nicht etwas Gleichförmiges.
34 Damit zu vergleichen: Man hängt sich manchmal Sprüche an die Wand. Aber nicht Lehrsätze der Mechanik. (Unser Verhältnis zu diesen beiden.) |
Von dem, der die
Zeichnung als dies Tier sieht, werde ich mir
andres || anderes
erwarten als von dem, der nur weiß, was sie darstellen
soll. || mir manches andre erwarten
als von dem, der nur weiß, was sie darstellen
soll. |
Besser aber wäre || wäre
nun || jedoch vielleicht dieser Ausdruck
gewesen: Wir
betrachten die Photographie, das Bild an unsrer Wand, als
das Objekt selbst (Mensch, Landschaft,
etc.) welches dargestellt wurde. || auf
ihnen dargestellt ist. |
Dies müßte nicht sein.
Wir könnten uns leicht Menschen vorstellen, die zu
diesen || solchen Bildern nicht dies
Verhältnis hätten. Menschen
z.B., die von Photographien abgestoßen
würden, weil ihnen ein Gesicht ohne Farbe, ja vielleicht ein
Gesicht in verkleinertem Maßstab, unmenschlich
vorkäme. |
Wenn ich nun sage “Wir
betrachten ein Portrait als Menschen”, – wann &
wie lange tun wir dies? Immer, wenn
wir's überhaupt sehen (& es nicht etwa als
etwas anderes sehen)? Ich könnte das || dies bejahen, & dadurch würde ich den Begriff des Betrachtens bestimmen. – Die Frage ist, ob noch ein anderer, verwandter Begriff für uns wichtig wird || Wichtigkeit hat, der eines So-Sehens (nämlich), das nur statt hat, während ich mich mit dem Bild als dem Gegenstand (der dargestellt ist) beschäftige. |
Ich könnte
sagen: Ein Bild lebt nicht immer für mich,
während ich es sehe.
“Ihr Bild lächelt mich von der Wand an.” Das muß es nicht immer tun, wenn gerade mein Blick darauf fällt. ¥ ∢[§ auf der 3. folgenden Seite.] |
(Ich strebe mit allen diesen Beispielen nicht || nicht mit
allen diesen Beispielen irgend eine Vollständigkeit
an. Nicht eine Klassifikation der psychologischen
Begriffe. Ich will nur meinen || Sie
wollen || sollen nur den Leser in den Stand
setzen, sich in begrifflichen Unklarheiten zu
helfen.) |
“Ich sehe es jetzt als
ein …” geht zusammen mit “Ich versuche,
es als ein … zu sehen”, oder “Ich kann
es noch nicht als ein … sehen”. Ich
kann || Du kannst aber nicht versuchen, das konventionelle
Bild eines Löwen als Löwen || dies zu sehen, sowenig wie ein
F als diesen
Buchstaben. (Wohl aber z.B.
als einen Galgen.) ¥ ∢[§ auf der 5. folgenden Seite.] |
Wie spielt man denn das Spiel: “Es könnte
auch das sein”? (Das, was
die Figur auch sein könnte – & das ist das, als was
sie gesehen werden kann – ist nicht einfach eine andere
Figur. Wer sagt “Ich sehe
als ↘”,
könnte noch sehr Verschiedenes meinen.)
Kinder spielen jenes || dieses Spiel. Sie betrachten || sagen von einer Kiste z.B., sie ist jetzt ein Haus; & sie wird darauf ganz als ein Haus ausgedeutet & eine Erfindung wird um sie gewoben. |
Und sieht das Kind die Kiste nun als
Haus? – “Er vergißt ganz, daß es eine Kiste ist; es ist für ihn tatsächlich ein Haus.” (Dafür gibt es bestimmte Anzeichen.) Von wem man das sagen würde, wäre es nicht auch richtig von diesem || Wäre es dann nicht auch richtig zu sagen, er sehe sie als Haus? 35 |
Und wer nun so spielen könnte, & in einer
bestimmten Situation mit besonderem Ausdruck
ausriefe “Jetzt ist es ein
Haus!” – der würde das Aufleuchten des Aspekts ausdrücken || dem
Aufleuchten des Aspekts Ausdruck geben. ¥ ∢[§ auf der 4. folgenden Seite.] |
Der Ausdruck der Stimme & Gebärde aber ist der
gleiche, als hätte sich das Objekt geändert &
wäre nun endlich zu dem oder jenem geworden.
Ich lasse mir ein Thema wiederholt und jedesmal in langsamerm || in einem langsamern Tempo vorspielen. Endlich sage ich “Jetzt ist es richtig”, oder “Jetzt erst ist es ein Marsch”, “Jetzt erst ist es ein Tanz”. – In diesem Ton drückt sich || man auch das Aufleuchten des Aspekts aus. |
‘Feine Abschattungen des
Benehmens.’ – Wenn sich mein Verstehen
eines Themas darin äußert, daß ich es mit dem richtigen
Ausdruck pfeife, so ist das ein Beispiel dieser feinen
Abschattungen. |
Die Aspekte des Dreiecks:
Es ist, wie wenn eine Vorstellung mit dem
Gesichtseindruck in Berührung käme & für
eine Zeit in Berührung bliebe. |
Du mußt bedenken, daß die
Beschreibung der ¥ ∢ |
Jene beiden Aspekte des
Doppelkreuzes (ich werde sie die Aspekte
A nennen) ließen sich z.B.
einfach dadurch mitteilen, daß der Betrachter abwechselnd auf
ein freistehendes weißes & auf ein freistehendes schwarzes
Kreuz zeigt. Ja, man könnte sich denken, daß dies eine primitive Reaktion eines Kindes wäre, noch ehe es sprechen kann. (Bei der Mitteilung der Aspekte A wird also auf einen Teil der Doppelkreuzfigur hingewiesen. – Den H. & E. Aspekt könnte man auf analoge Weise nicht beschreiben.) |
Nur der ‘sieht die Aspekte
H. &
E.’, der die Gestalten jener
beiden Tiere innehat. Eine analoge Bedingung gibt es
für die Aspekte A nicht. |
Den
H.-E.-Kopf
kann jemand einfach für das Bild eines Hasen halten, das
Doppelkreuz für das Bild eines schwarzen Kreuzes, aber die
bloße Dreiecksfigur nicht für das Bild eines umgefallenen
Gegenstands. Diesen Aspekt des Dreiecks zu sehen, braucht
es Vorstellungskraft. |
Die Aspekte
A sind nicht wesentlich räumliche Aspekte;
ein schwarzes Kreuz auf weißem Grunde nicht wesentlich eines, das
eine weiße Fläche zum Hintergrund hat. Man
könnte Einem den Begriff des schwarzen Kreuzes auf
andersfärbigem Grunde beibringen,
36 ohne
ihm je andere als auf Papierbogen gemalte Kreuze zu zeigen.
Der ‘Hintergrund’ ist hier einfach die
Umgebung der Kreuzfigur. Die Aspekte A hängen nicht in gleicher Weise mit einer möglichen Täuschung zusammen, wie die räumlichen Aspekte der Würfelzeichnung, oder der Stufe. ¥ ∢ a106˙1 ∢[§ auf der übernächsten Seite.] a107˙1 [4. Seite ⟶] a107˙2 [4. ⟶] |
Von einem beliebigen Schriftzeichen
– diesem etwa – kann ich mir
vorstellen, es sei der streng korrekt
geschriebene || ein streng korrekt geschriebener Buchstabe
irgendeines fremden Alphabets. Oder aber, es sei ein
fehlerhaft geschriebener; & zwar fehlerhaft auf die
eine, oder andere Weise. Es könnte
z.B. schleuderhaft geschriebene sein || :
z.B. schleuderhaft, oder typisch
kindisch-ungeschickt, oder bürokratisch
verschnörkelt. Es könnte in verschiedener Weise
vom korrekt geschriebenen abweichen. – Und je nach der
Erdichtung, mit der ich es umgebe, kann ich es in
verschiedenen Aspekten sehen. Und hier besteht enge
Verwandtschaft mit dem ‘Erleben der Bedeutung eines
Wortes’. |
⍈
[Zu ∢, vorige Seite, als
eigener §.] (Die Versuchung, zu
sagen “Ich sehe es so”, indem man
bei “es” & “so” auf das
Gleiche zeigt.) |
⍈
[Zu ∢, 3 Seiten früher,
als eigenen §.] Der
H.-E.-Kopf.
Man fragt sich: Wie ist es möglich, daß das
Auge, dieser Punkt, in einer Richtung blickt? – “Sieh, wie er
blickt!” (Und dabei
‘blickt’ man selbst.) Aber man sagt
& tut das nicht in einem fort, während man das Bild
betrachtet. Und was ist nun dieses “Sieh,
wie er blickt!” – ist es der Ausdruck
|
Ich möchte sagen, daß, was hier aufleuchtet, nur so lange
stehen bleibt, als eine bestimmte Beschäftigung mit dem
betrachteten Objekt dauert. (“Sieh,
wie er blickt”) – ‘Ich
möchte sagen’ – & ist es
so? – Frage Dich: “Wie lange
fällt mir etwas auf?” – Wie lange ist
es mir neu? |
Im Aspekt ist eine Physiognomie
vorhanden, die nachher vergeht. Es ist beinahe, als
wäre da ein Gesicht, welches ich zuerst (immer)
nachahme, & dann hinnehme, ohne es nachzuahmen. – Und ist das nicht eigentlich genug der
Erklärung? – Aber, ist es nicht zu
viel? |
“Ich bemerkte die Ähnlichkeit zwischen ihm
& seinem Vater für ein paar Minuten, dann nicht
mehr.” – Das könnte man sagen, wenn sich
sein Gesicht ändert & nur für kurze Zeit seinem
Vater ähnlich sieht. Aber es kann auch
heißen: Nach ein paar Minuten ist mir ihre
Ähnlichkeit nicht mehr aufgefallen. ¥ ∢ ¥ ∢ a˙111˙1, a111˙2, a111˙3, a111˙4 |
Die Ähnlichkeit fällt mir
auf, & das Auffallen erlischt. Sie fiel mir nur für wenige Minuten auf, dann nicht mehr. Was geschah da? – Wessen kann ich mich entsinnen? Mein eigener Gesichtsausdruck kommt mir in den Sinn, ich könnte ihn nachmachen. Hätte Einer, der mich nicht kennt, mein Gesicht gesehen, er 37 hätte
gesagt: “Es ist
Dir jetzt etwas an seinem Gesicht aufgefallen”. – Auch Worte fallen mir ein, die || fällt mir ein,
was ich bei so einer Gelegenheit etwa hörbar, oder nur
in mir selbst, sage. – Und das ist alles. – Und ist das das Auffallen? Nein.
Das sind die Erscheinungen des Auffallens; aber die
sind ‘was geschieht’. |
Ist das
Auffallen Schauen & Denken? Nein.
Viele unsrer Begriffe kreuzen sich hier. |
(‘Denken’ & ‘in der
Vorstellung sprechen’ (ich sage nicht “zu sich
selbst sprechen”) sind verschiedene Begriffe.)
|
⍈
[Zu ∢ vor 5 Seiten als
eigener §] Frage Dich nun nicht “Wie geht es mit
mir?” – Frage:
“Was weiß ich vom
Andern?” |
⍈ [Zu ∢
vor 4 Seiten als eigener §] Hörte ich Einen über das
H.-E.-Bild
reden, & jetzt, in gewisser Weise, über den
besondern Ausdruck dieses Hasengesichts, so würde ich
sagen, || :
er sehe das Bild jetzt als
Hasen. |
⍈ [Zu ∢ auf der
vorvorigen Seite.] Eine Art der
Aspekte könnte man “Aspekte der Organisation”
nennen. Wechselt der Aspekt, so sind Teile des Bildes
zusammengehörig, die früher nicht zusammengehörig
waren. |
Der Farbe des Objekts entspricht die
Farbe im Gesichtseindruck (dies Fließpapier scheint mir rosa,
& es ist rosa) – der Form des Objekts die Form im
Gesichtseindruck (es scheint mir rechteckig, & es ist
rechteckig) – aber was ich im Aufleuchten des Aspekts
wahrnehme, ist
¥ ∢[§ auf der nächsten Seite] |
Ich möchte
fragen || die Frage stellen: “Bin
ich mir der Raumhaftigkeit, Tiefe, eines Gegenstandes (dieses
Schrankes z.B.), während ich ihn sehe,
immer bewußt?”
Fühle ich sie, sozusagen, die ganze Zeit? – Aber stell die Frage in der dritten Person. – Wann würdest Du sagen, er sei sich ihrer immer
bewußt? wann das Gegenteil? – Man
könnte ihn ja fragen, – aber wie hat er gelernt, auf diese
Frage zu antworten? – Er weiß, was es heißt
“ununterbrochen Schmerzen || einen Schmerz
fühlen”. Aber das wird ihn hier nur verwirren
(wie es auch mich verwirrt). Wenn er nun sagt, er sei sich der Tiefe fortwährend bewußt, – glaub ich's ihm? Und sagt er, er sei sich ihrer nur von Zeit zu Zeit bewußt (wenn er von ihr redet, etwa) – glaub ich ihm das? Es wird mir vorkommen, als ruhten diese Antworten auf falscher Grundlage. – Anders aber, wenn er sagt, der Gegenstand käme ihm manchmal flach, manchmal räumlich vor. |
Es erzählt
mir Einer: “Ich sah die Blume an, dachte
aber an etwas anderes & war mir ihrer Farbe nicht
bewußt.” – Versteh ich das? – Ich kann mir einen sinnvollen Zusammenhang dazu denken;
es würde etwa weitergehen: “Dann
plötzlich sah ich sie & erkannte, daß es die
war, welche …” Oder auch: “Hätte ich mich damals abgewandt, ich hätte nicht sagen können, welche Farbe sie hatte”. “Er blickte sie an, ohne sie zu sehen.” – Das 38 gibt's. Aber was ist das
Kriterium dafür? – Es gibt da eben
verschiedene || verschiedenerlei
Fälle. |
“Ich habe jetzt mehr auf die
Form, als auf die Farbe geschaut.” Laß Dich
durch solche Wendungen des Ausdrucks nicht verwirren. Vor
allem, denk nicht “Was mag da wohl im Aug, oder im
Gehirn vor sich gehen?” |
⍈
[Zu ∢
a111˙1 auf der vorigen || vor
3 Seiten.] “Nachdem Dir
die Ähnlichkeit der
Beiden || beiden
aufgefallen war, – wie lange warst Du Dir ihrer
bewußt?” Wie könnte man diese Frage
beantworten? – “Ich habe bald nicht mehr an
sie gedacht” oder “Sie ist mir von Zeit zu
Zeit immer wieder aufgefallen” oder “Es ist
mir einigemale durch den Kopf gegangen: Wie ähnlich
sie doch sind!” “Ich habe gewiß eine
Minute lang die Ähnlichkeit angestaunt”.
So etwa sehen die Antworten aus. |
Ich kann im Dreieck jetzt das als
Spitze, das als Grundlinie sehen – jetzt das
als Spitze, || & das als
Grundlinie. – Es ist klar, daß dem Schüler,
der nur eben erst mit dem Begriff Spitze, Grundlinie,
etc., Bekanntschaft gemacht hat, die Worte
“Ich sehe jetzt das als Spitze” noch
nichts sagen können. – Aber das meine ich nicht
als Erfahrungssatz. Nur von dem würde man sagen, er sähe es jetzt so, jetzt so, der im Stande ist, mit Geläufigkeit gewisse Anwendungen von der Figur zu machen. Das Substrat dieses Erlebnisses ist das Beherrschen einer Technik. 39 |
Wie seltsam aber, daß dies die logische Bedingung
dessen || dafür sein soll, daß Einer das
& das erlebt! Du sagst doch
nicht, nur der ‘habe Zahnschmerzen’, der das
& das zu tun im Stande sei. – Woraus folgt,
daß wir's hier nicht mit dem selben Erlebnisbegriff zu
tun haben. Es ist ein anderer, wenn auch ein
verwandter. |
Ich kann das Würfelschema
als Schachtel sehen; – aber auch: einmal als
Papier-, einmal als Blechschachtel? – Was sollte ich dazu sagen, wenn jemand mich versicherte,
er könne es? – Ich kann hier eine Begriffsgrenze ziehen. Denke aber an den Ausdruck “empfunden” bei der Betrachtung eines Bildes. (“Man fühlt die Weichheit dieses Stoffes.”) (Das Wissen im Traum. “Und ich wußte, daß in dem Zimmer der … war.”) |
Wie
lehrst Du || lehrt man ein Kind, || (etwa beim Rechnen, || )
“Jetzt nimm diese Punkte
zusammen!” oder “Jetzt gehören
die zusammen”? Offenbar muß
“zusammennehmen” &
“zusammengehören” ursprünglich eine
andere Bedeutung für ihn gehabt haben, als die, etwas so, oder so
sehen. – Und das ist eine Bemerkung
über Begriffe, nicht über Unterrichtsmethoden. |
Nur
von Einem, der das & das kann, gelernt hat,
beherrscht, hat es Sinn zu sagen, er habe das
erlebt. Und wenn das närrisch klingt, mußt Du bedenken, daß der Begriff des Sehens || Erlebens hier modifiziert wird. (Eine ähnliche Überlegung ist oft nötig, um 39 das Schwindelgefühl in der Mathematik zu
vertreiben.) |
Wir
sprechen, machen Äußerungen, & erst
später erhalten wir ein Bild von ihrem Leben.
|
Wie konnte ich denn sehen, daß diese Stellung zaghaft war,
ehe ich wußte, daß sie eine Stellung, || & nicht die Anatomie dieses Wesens ist?
Aber heißt das nicht nur, daß ich diesen Begriff, der sich eben nicht nur auf Visuelles bezieht, dann zur Beschreibung des Gesehenen nicht anwenden könnte? – Könnte ich nicht dennoch einen rein-visuellen Begriff, sagen wir, des furchtsamen || Begriff, der zaghaften Stellung, des furchtsamen Gesichts, haben? |
Ein solcher
wäre dann mit den Begriffen
‘dur’ &
‘moll’ zu vergleichen, die
wohl einen Gefühlswert haben, aber auch einzig zur
Beschreibung der wahrgenommenen Struktur gebraucht werden
können. ∢ a107˙51, a107˙52 |
Denk nur an den Ausdruck
“Ich hörte eine klagende
Melodie”! Und nun die Frage:
“Hört er das Klagen?”
|
Und wenn ich (nun) antwortete:
“Nein, er hört es nicht; er empfindet es
nur” – was ist damit getan? Man kann ja
nicht einmal ein Sinnesorgan dieser ‘Empfindung’
angeben. Mancher möchte nun antworten: “Freilich hör ich's!” – Mancher: “Ich höre es eigentlich nicht.” Es lassen sich aber Begriffsunterschiede feststellen. |
Wir
reagieren anders auf den Gesichtseindruck, als der, der ihn
nicht als furchtsam (im vollen Sinne des Wortes)
erkennt. – Nun will ich aber nicht
sagen; || , wir spüren in den Muskeln &
Gelenken diese Reaktion, & dies sei die
‘Empfindung’. – Nein, wir
haben hier einen modifizierten Empfindungsbegriff.
|
Das Epitheton “traurig” auf das
Strichgesicht angewendet, z.B.,
charakterisiert die Gruppierung von Strichen in einem
Oval. Angewendet auf den Menschen hat es eine andere
(obgleich verwandte) Bedeutung. (Das
heißt aber nicht, daß der traurige Gesichtsausdruck
dem Gefühl der Traurigkeit ähnlich
sei!) |
Bedenke auch dies:
Rot & grün kann ich nur sehen, aber nicht
hören, – die Traurigkeit aber, soweit ich sie sehen
kann, kann ich sie auch hören. || ich sie in
seinem Gesicht sehen kann, kann ich sie auch in seiner Stimme
hören. |
Man könnte von Einem
sagen, er sei für den Ausdruck in einem Gesicht
blind. Aber fehlte deshalb seinem Gesichtssinn
etwas? Aber das ist natürlich nicht einfach eine Frage der Physiologie. Das Physiologische ist hier ein || unser Symbol für das Logische. 40
Das Durcheinander || Die Verwirrung & Öde der Psychologie ist nicht damit zu erklären, daß sie eine “junge Wissenschaft” sei; ihr Zustand ist mit dem der Physik z.B. in ihrer Frühzeit nicht zu vergleichen. (Eher noch mit dem gewisser Zweige der Mathematik, der Mengenlehre || . Mengenlehre.) (Es bestehenin der Psychologie nämlich || nämlich, in der Psychologie, experimentelle Methoden und Begriffsverwirrung. (Wie im andern Fall Begriffsverwirrung & Beweismethoden.) Das Bestehen der experimentellen Methode läßt uns glauben, wir hätten das Mittel, die Probleme, die uns beunruhigen, los zu werden; obgleich || wenn auch Problem & Methode windschief an einander vorbei laufen. |
Es ist für die Mathematik eine
Untersuchung möglich ganz analog unsrer Untersuchung der
Psychologie. Sie ist ebensowenig eine
mathematische, wie die andre eine psychologische.
In ihr wird nicht gerechnet, sie ist also,
z.B., nicht Logistik. Sie könnte
den Namen einer Untersuchung der ‘Grundlagen der
Mathematik’ verdienen.
41
|
Wer den Ernst einer Melodie empfindet, was nimmt der wahr? – Nichts, was sich durch Wiedergabe des Gehörten
mitteile ließe. |
Es ist beinahe, als ob das
‘Sehen des Zeichens in diesem
Zusammenhang’ ein Nachhall eines Gedankens wäre.
“Ein im Sehen nachhallender Gedanke” – möchte man sagen. |
Denk Dir eine physiologische
Erklärung für das Erlebnis. Es sei die:
Beim Betrachten der Figur bestreicht der Blick sein Objekt
wieder & wieder entlang einer bestimmten Bahn. Die
Bahn entspricht einer bestimmten || besondern
Form der Oszillation der Augäpfel beim Schauen.
Es kann geschehen, daß eine solche Bewegungsart in eine
andere überspringt & die beiden miteinander
abwechseln (Aspekte
A). Gewisse
Bewegungsformen sind physiologisch unmöglich; daher kann
ich z.B. das Würfelschema nicht als
zwei einander durchdringende Prismen sehen.
U.s.f.. Dies sei die
Erklärung. – “Ja, nun weiß ich,
daß es eine Art Sehen ist.” –
Du hast jetzt ein neues, ein physiologisches Kriterium des
Sehens eingeführt. Und das kann das alte Problem
verdecken, aber nicht lösen. – Der Zweck dieser
Bemerkung war aber uns vor Augen zu führen, was geschieht, wenn
uns eine physiologische Erklärung dargeboten wird. Der
psychologische Begriff schwebt über dieser
Erklärung unberührt. Und die Natur unsres
Problems wird
|
(Das Denken nach den Linien
physiologischer Hypothesen spiegelt uns manchmal falsche
Schwierigkeiten, manchmal falsche Lösungen vor.
Das beste Mittel dagegen ist der Gedanke, daß ich gar nicht
weiß, ob die Menschen, die ich kenne, wirklich ein Nervensystem
haben.) |
⍈ [Zu 102 als
Fortsetzung] Eliminiere Dir immer das
private Objekt, indem Du annimmst: es ändere sich
fortwährend; Du merkst es aber nicht, weil Dich Dein
Gedächtnis fortwährend || fortgesetzt
täuscht. |
Sehe ich wirklich jedesmal etwas
anderes, oder deute ich nur, was ich sehe, auf verschiedene
Weise? Ich bin geneigt das erste zu sagen.
Aber warum? – Deuten ist ein Denken, ein
Handeln; Sehen ein Zustand. || ein
Zustand des Bewußtseins. |
Nun, die
Fälle, in welchen wir deuten, sind leicht zu
erkennen. Deuten wir, so machen wir Hypothesen, die
sich als falsch erweisen mögen. – “Ich
sehe diese Figur als ein …” kann so wenig
verifiziert werden (oder nur in dem Sinne) wie
“Ich sehe ein leuchtendes Rot”. Es
besteht also eine Ähnlichkeit der Verwendung von
“sehen” in beiden
Zusammenhängen. |
Denk nun || nur ja
nicht, Du wüßtest im vorhinein, was
“Zustand des Sehens” hier
bedeutet! Laß Dich die Bedeutung
durch den Gebrauch lehren.
42 |
Wie merkt man, daß die
Menschen räumlich sehen? – Ich frage
Einen, wie das Terrain (dort) liegt, das er
überschaut. “Liegt es
so?” (ich zeige es mit der Hand)
– “Ja.” –
“Woher || Wie weißt Du
das?” – “Es ist nicht neblig, ich
sehe es ganz klar.” – Es werden nicht
Gründe für die Vermutung gegeben. Es
ist uns einzig natürlich, das Geschaute räumlich
darzustellen; während es für die ebene Darstellung,
sei es durch Zeichnung oder durch Worte, besonderer Übung
& eines Unterrichts bedarf. (Die
Sonderbarkeit der Kinderzeichnungen.) |
Gewisses am Sehen kommt uns rätselhaft
vor, weil uns das ganze Sehen nicht rätselhaft genug vorkommt. |
Wer eine Photographie betrachtet,
von Menschen, Häusern, Bäumen, dem geht Räumlichkeit an
ihr nicht ab. Es wäre uns nicht leicht, sie als
Aggregat von Farbflecken in der Fläche || Ebene zu
beschreiben, aber was wir im Stereoskop sehen schaut noch in anderer
Weise räumlich aus. |
(Es ist nichts weniger als selbstverständlich, daß
wir mit zwei Augen ‘räumlich’ sehen.
Wenn die beiden Gesichtsbilder in eins verschmelzen,
könnte man sich als Resultat ein verschwommenes
erwarten.) |
Der
Begriff des Aspekts ist dem Begriff der Vorstellung
verwandt. Oder: der Begriff ‘ich sehe es
jetzt als …’ |
Gehört dazu, etwas als Variation eines bestimmten Themas zu
hören, nicht Fantasie? Und doch nimmt man dadurch
etwas wahr. |
“Stell Dir das so geändert vor, so hast Du das
andere.” In der Vorstellung kann man einen
Beweis führen. |
Das Sehen des Aspekts & das Vorstellen unterstehen dem
Willen. Es gibt den Befehl “Stell Dir
das vor!” &
den: || , “Sieh
die Figur jetzt
so!”; aber nicht: “Sieh
das Blatt jetzt grün!” |
Es erhebt sich nun die Frage:
Könnte es Menschen geben, denen die Fähigkeit, etwas
als etwas zu sehen, abginge – & wie wäre
das?
Was für Folgen hätte es?
Wäre dieser Defekt zu vergleichen mit
Farbenblindheit, oder mit dem
Mangel || Fehlen des absoluten
Gehörs? – Wir wollen ihn
“Aspektblindheit” nennen – & uns nun
überlegen, was damit gemeint sein könnte.
(Eine begriffliche Untersuchung.) |
Der Aspektblinde soll die Aspekte
A nicht wechseln sehen. Soll er aber
(auch) nicht erkennen, daß das Doppelkreuz ein schwarzes
& ein weißes Kreuz enthält? Soll er also
die Aufgabe nicht bewältigen können:
“Zeig mir unter diesen Figuren solche, die ein
schwarzes Kreuz enthalten”? Nein, das soll er
können, aber er soll nicht sagen: “Jetzt
43 ist es ein schwarzes Kreuz auf weißem
Grund!” |
Soll er für die Ähnlichkeit zweier Gesichter blind
sein? – Aber also auch für die Gleichheit, oder
angenäherte Gleichheit? Das will ich nicht
festsetzen. (Er soll Befehle von der Art
“Bring mir etwas, was so ausschaut wie
das!” ausführen
können.) |
Soll
er das Würfelschema nicht als Würfel sehen
können? – Daraus würde nicht folgen,
daß er es nicht als Darstellung (z.B. als
Werkzeichnung) eines Würfels erkennen könnte.
Es würde aber für ihn nicht von einem
Aspekt in den andern überspringen. –
Frage: Soll er es, wie wir, unter Umständen
für einen Würfel halten können? – Wenn nicht, so
würde || könnte man das nicht wohl
eine Blindheit nennen. Der ‘Aspektblinde’ wird zu Bildern überhaupt ein anderes Verhältnis haben, als wir. |
(Anomalien dieser Art
können wir uns leicht vorstellen.) |
Aspektblindheit wird
verwandt sein dem Mangel des
‘musikalischen Gehörs’. |
Die Wichtigkeit dieses Begriffes liegt in dem
Zusammenhang der Begriffe ‘sehen des Aspekts’
& ‘erleben der Bedeutung eines
Wortes’. Denn wir wollen fragen:
“Was ginge dem ab, der die Bedeutung eines Wortes
nicht erlebt?” Was ginge z.B. dem ab, der die Aufforderung, |
Vor Gericht
z.B. könnte die Frage erörtert werden,
wie Einer ein Wort gemeint habe. Und es kann dies aus
gewissen Tatsachen geschlossen werden. – Es ist eine
Frage der Absicht. Konnte es aber in
ähnlicher Weise bedeutsam sein, wie er ein Wort – das Wort
“Bank” z.B. – erlebt
hat? |
Ich hätte
mit jemandem eine Geheimsprache vereinbart; “Turm”
bedeutet Bank. Ich sage ihm “Geh jetzt zum
Turm!” – er versteht mich & handelt
danach, aber das Wort “Turm” kommt ihm in dieser
Verwendung dennoch fremdartig vor, es hat noch nicht die
Bedeutung ‘angenommen’. |
“Wenn ich ein Gedicht, eine
Erzählung mit Empfindung lese, so geht doch etwas in mir vor, was
nicht vorgeht, wenn ich (die) Zeilen nur der Information wegen
überfliege.” – Auf welche Vorgänge
spiele ich an? – Die Sätze klingen
anders. Ich achte genau auf den Tonfall.
Manchmal hat ein Wort einen falschen Ton, tritt zu sehr, oder zu
wenig hervor. Ich merke es & mein Gesicht
drückt es aus. Ich könnte später über
die Einzelheiten meines Vortrags reden, z.B.
über die Unrichtigkeiten im Ton.
Manchmal schwebt mir ein Bild, gleichsam eine
Illustration vor. Ja, dies scheint mir zu helfen, im
richtigen Ausdruck zu lesen. Und
44 dergleichen könnte ich noch manches
anführen. – Ich kann auch einem Wort einen Ton
verleihen, der seine Bedeutung, beinahe als wäre das Wort ein
Bild der Sache, aus den übrigen heraushebt. (Und
dies kann natürlich durch den Bau des Satzes bedingt
sein.) |
Wenn ich
beim ausdrucksvollen Lesen dies Wort ausspreche, ist es ganz mit
seiner Bedeutung angefüllt. – “Wie
kann das sein, wenn Bedeutung der Gebrauch des Wortes
ist?” Nun, mein Ausdruck war bildlich
gemeint. Aber nicht, als hätte ich das Bild
gewählt, sondern es drängte sich mir auf. –
Aber die bildliche Verwendung des Wortes
konnte || kann ja mit der ursprünglichen nicht in
Konflikt geraten. |
Warum gerade dies Bild sich mir darbietet, ließe sich
vielleicht erklären. (Denke nur an den Ausdruck
& die Bedeutung des Ausdrucks “das treffende
Wort”.) |
Wenn mir aber
der Satz wie ein Wortgemälde
vorkommen kann, ja das einzelne Wort im Satz wie ein Bild, dann ist es
nicht mehr so verwunderlich, daß ein Wort, isoliert &
ohne Zweck ausgesprochen, eine bestimmte Bedeutung in sich zu
tragen scheinen kann. |
Denke hier an eine besondere Art der Täuschung, die auf diese
Dinge ein Licht wirft. – Ich gehe mit einem Bekannten
in der Umgebung der Stadt spazieren. Im Gespräch
zeigt es sich, daß ich mir die
|
“Aber was ist das für ein
seltsames Erlebnis?” – Es ist
natürlich nicht seltsamer als jedes
andere; es ist nur von andrer Art als diejenigen Erlebnisse, die wir
als die fundamentalsten betrachten, die Sinneseindrücke
etwa. |
“Mir
ist, als wüßte ich, daß die Stadt dort
liegt.” – “Mir ist, als paßte der
Name “Schubert” zu Schuberts Werken & seinem Gesicht.” |
Du kannst Dir das Wort
“weiche” vorsprechen & es dabei einmal als
Imperativ, einmal als Eigenschaftswort meinen. Und
nun sag “Weiche!” – & dann
45 “Weiche nicht vom
Platz!” – Begleitet das gleiche
Erlebnis beide male das Wort – bist Du sicher? |
Wenn ein feines Aufhorchen mir
zeigt, daß ich in jenem Spiel das Wort bald so, bald
so erlebe, – zeigt es mir nicht auch, daß
ich's im Fluß der Rede oft gar nicht
erlebe? – Denn, daß ich es dann auch bald
so, bald so meine, intendiere, wohl später || später
wohl auch so erkläre, stellt ja nicht in Frage.
|
Aber es bleibt dann die Frage,
warum wir denn bei diesem Spiel des Worterlebens auch von
‘Bedeutung’ & ‘Meinen’
sprechen. – Das ist eine Frage anderer Art.
‒ ‒ Es ist ja eben die charakteristische
Erscheinung dieses Sprachspiels, daß wir, in dieser
Situation, sagen, || den Ausdruck
gebrauchen: || sagen,
wir hätten das Wort in der
& der Bedeutung ausgesprochen, & diesen Ausdruck
aus jenem || dem andern Sprachspiel
herübernehmen.
¥∢ |
Gegeben die beiden Begriffe
‘fett’ & ‘mager’,
würdest Du eher geneigt sein, zu sagen, Mittwoch sei fett
& Dienstag mager, oder das Umgekehrte? (Ich
neige entschieden zum erstern.) Haben nun hier
“fett” & “mager” eine
andere, als ihre gewöhnliche Bedeutung? – Sie
haben eine andere Verwendung. – Hätte ich
also eigentlich andere Wörter gebrauchen sollen?
Doch gewiß nicht. – Ich will diese
Wörter (mit den mir geläufigen Bedeutungen)
hier gebrauchen. – Nun sage ich nichts
über die Ursachen der Erscheinung. Sie
könnten Assoziationen aus meinen Kindheitstagen
sein. Aber das ist Hypothese. Was immer die
Erklärung, – jene Neigung besteht. |
Gefragt, “Was meinst Du hier
eigentlich mit ‘fett’ &
|
Man
könnte hier von ‘primärer’ &
‘sekundärer’ Bedeutung eines Worts
reden. Nur der, für den das Wort jene Bedeutung hat,
verwendet es in dieser. |
Nur dem, welcher || der rechnen gelernt
hat – schriftlich oder mündlich – kann man,
mittels dieses Begriffs des Rechnens begreiflich machen, was
Kopfrechnen ist. |
Die
sekundäre Bedeutung ist nicht eine
‘übertragene’ Bedeutung. Wenn
ich sage “Der Vokal e ist für mich
gelb”, so meine ich nicht: ‘gelb’ in
übertragener Bedeutung – denn ich könnte, was ich
sagen will, gar nicht anders als mittels des Begriffs
‘gelb’ ausdrücken. |
Einer sagt mir:
“Wart auf mich bei der Bank.”
Frage: Hast Du, als Du das Wort aussprachst,
diese Bank gemeint? – Diese Frage ist von der Art
derjenigen: “Hast Du, auf dem Weg zu ihm,
beabsichtigt, ihm das & das zu sagen?”
Sie bezieht sich auf eine bestimmte Zeit (auf die Zeit des
Gehens, wie die erste Frage auf die Zeit des Redens) – aber
nicht auf ein Erlebnis während dieser Zeit.
Das Meinen ist so wenig ein Erleben, wie das
Beabsichtigen.
¥ ∢ [Drittnächste Seite] 46 |
Die
Absicht in der gehandelt wird
‘begleitet’ nicht die Handlung, sowenig wie der
Gedanke die Rede ‘begleitet’.
Gedanke & Absicht sind weder
‘gegliedert’ noch
‘ungegliedert’, weder einem einzelnen Ton zu
vergleichen, der während des Handelns oder Redens erklingt, noch
einer Melodie. |
‘Reden’ (ob laut, oder im Stillen)
& ‘Denken’ sind nicht
gleichartige Begriffe; wenn auch im engsten Zusammenhang.
|
Das
Erlebnis beim Sprechen & die Absicht haben nicht das gleiche
Interesse. (Das Erlebnis könnte
vielleicht einen Psychologen über die
‘unbewußte’ Absicht
belehren.) |
“Wir haben bei diesem Wort Beide an ihn
gedacht.” Nehmen wir an, jeder von uns hätte
dabei die gleichen Worte im Stillen zu sich gesagt – &
mehr kann es doch nicht heißen. – Aber
wären diese Worte nicht auch nur ein Keim?
Sie müssen doch zu einer Sprache
gehören & zu einem Zusammenhang, um wirklich der
Ausdruck des Gedenkens an jenen Menschen zu sein. |
Gott,
wenn er in unsre Seelen geblickt hätte, hätte dort nicht
sehen können, von wem wir sprachen. |
“Warum hast Du mich bei diesem Wort
angeschaut, hast Du an … gedacht?” –
Es gibt also eine Reaktion in diesem Zeitpunkt & sie wird
durch die Worte “Ich dachte
|
Du beziehst Dich mit dieser Äußerung auf den
Zeitpunkt des Redens. Es macht einen Unterschied,
ob Du Dich auf diesen, oder auf jenen Zeitpunkt
beziehst. Die bloße Worterklärung bezieht sich nicht auf den || ein Geschehnis im Zeitpunkt des Aussprechens. |
Das Sprachspiel “Ich meine (oder meinte)
das” (nachträgliche Worterklärung)
ist ganz verschieden von dem: “Ich dachte dabei
an …” Dies ist verwandt mit:
“Es erinnerte mich an …” |
“Ich habe mich heute schon
dreimal dran erinnert, daß ich ihm schreiben
muß.” Welche Wichtigkeit hat, was dabei in mir
vor sich ging? – Aber
anderseits, welche Wichtigkeit, welches Interesse hat der Bericht
selbst? – Er läßt gewisse Schlüsse
zu. |
“Bei
diesen Worten fiel er mir ein.” – Was ist die
primitive Reaktion, mit der das Sprachspiel anfängt?
– die dann in diese Worte umgesetzt werden kann. Wie
kommt es dazu, daß Menschen diese Worte gebrauchen?
Die primitive Reaktion konnte ein Blick, eine Gebärde sein, aber auch ein Wort. |
“Warum hast Du mich angeschaut & den Kopf
geschüttelt?” – “Ich wollte
Dir zu verstehen geben, daß Du …” Das
soll nicht eine || sollte keine Zeichenregel
ausdrücken, sondern den Zweck meiner
Handlung || Gebärde. ||
Das war nicht der Ausdruck
47 einer
Zeichenregel, sondern dessen, was ich bezweckte.
|
⍈
[Zu ∢ Ende
der drittletzten Seite.] Was unterscheidet sie aber vom Erlebnis? –
Sie haben keinen Erlebnisinhalt. Denn die Inhalte
(Vorstellungen z.B.) die sie
begleiten & illustrieren, sind nicht das Meinen oder
Beabsichtigen. |
Das Meinen ist kein Vorgang, der dies Wort
begleitet. Denn kein Vorgang könnte
die Konsequenzen des Meinens haben. (Ähnlich könnte man, glaube ich, sagen: Eine Rechnung ist kein Experiment, denn kein Experiment könnte die besondern Konsequenzen einer Multiplikation haben.) |
Es gibt
wichtige Begleitvorgänge des Redens, die dem gedankenlosen Reden
oft fehlen & es kennzeichnen. Aber
sie sind nicht das Denken. |
“Jetzt weiß
ich's!” || ich
weiter!” Was ging da vor?
‒ ‒ ‒ Wußte ich's also nicht, als ich
versicherte, jetzt wüßte ich's?
Du siehst es falsch an. (Wozu dient das Signal?) Und könnte || konnte man das ‘Wissen’ einer Begleitung des Ausrufs nennen? |
Das
vertraute Gesicht eines Wortes, die Empfindung, es habe seine
Bedeutung in sich aufgenommen, sei ein Bild ||
Ebenbild seiner Bedeutung, – es könnte
Menschen geben, denen das alles fremd ist. (Es
würde ihnen die Anhänglichkeit an ihre Worte
fehlen.) – Und wie äußern
|
Wie finde ich das ‘richtige’ Wort?
Wie wähle ich unter den Worten? Es ist
wohl manchmal, als vergliche ich sie nach feinen
Unterschieden des || ihres
Aromas || Geruchs:
Dies ist zu sehr … , dies zu sehr
… , – das ist das Richtige. –
Aber ich muß nicht immer beurteilen, erklären; ich
könnte oft nur sagen: “Es stimmt einfach
noch nicht.” Ich bin unbefriedigt, suche
weiter. Endlich kommt ein Wort:
“Das ist es!”
Manchmal kann ich sagen, warum. So schaut eben
hier das Suchen aus, & so das Finden. |
Aber ‘kommt’ nicht das Wort,
das Dir einfällt, in etwas besonderer Weise?
Gib doch acht! – Das genaue
Achtgeben || Hinhören
nützt mich nichts. Es könnte
doch nur entdecken, was jetzt in mir
vorgeht. Und wie kann ich, gerade jetzt, überhaupt drauf hinhören? Ich müßte doch warten, bis mir wieder ein Wort einfällt. Aber das Seltsame ist ja, daß es scheint, als müßte ich nicht auf die Gelegenheit warten; als könnte ich's mir vorführen, || sondern könnte mir's vorführen, auch wenn es sich nicht wirklich zuträgt. || , sondern könnte mir's vorführen, auch wenn es sich nicht wirklich zuträgt. Und wie? – Ich spiele es. – Aber was kann ich auf diese Weise erfahren? Was mache ich denn nach? – Charakteristische Begleiterscheinungen. Hauptsächlich: Gebärden, Mienen, Tonfall. |
Über einen feinen ästhetischen Unterschied
läßt sich
vieles || Vieles
sagen – das ist wichtig. – Die erste
Äußerung
48 mag freilich
sein: “Dies Wort paßt,
dies nicht” – oder dergleichen.
Aber nun können noch alle weit verzweigten
Zusammenhänge erörtert werden, die jedes der
Wörter schlägt. Es ist eben nicht mit
jenem ersten Urteil abgetan, denn es ist das Feld eines
Wortes, was entscheidet. |
“Mir liegt das Wort auf der Zunge.”
Was geht dabei in meinem Bewußtsein vor? Darauf
kommt's gar nicht an. Was immer vorging, war
nicht mit der || jener Äußerung
gemeint. Interessanter ist, was dabei in meinem
Benehmen vorging. – “Mir liegt das Wort
auf der Zunge” teilt Dir
mit, || : das Wort, das hierher
gehört, sei mir entfallen, ich hoffe es bald zu
finden. Im Übrigen tut jener
Wortausdruck nicht mehr, als ein gewisses wortloses Benehmen.
|
James will darüber eigentlich sagen:
“Was für ein merkwürdiges Erlebnis!
Das Wort ist noch nicht da, & ist doch, in einem
Sinne, schon da, – oder etwas ist da, was nur
zu diesem Wort heranwachsen kann.” –
Aber das ist gar kein Erlebnis. Als
Erlebnis gedeutet sieht es freilich seltsam aus.
Nicht anders, als die Absicht, gedeutet als Begleitung des
Handelns, oder aber
‒ 1 als
Kardinalzahl. |
Die Worte “Es liegt mir auf der Zunge” sind
so wenig der Ausdruck eines Erlebnisses, wie die:
“Jetzt weiß ich weiter!” –
Wir gebrauchen sie in gewissen Situationen, & sie
sind umgeben von einem Benehmen besondrer Art, auch von manchen
charakteristischen Erlebnissen. Insbesondre folgt
ihnen häufig das Finden des Worts. (Frage
49 |
⇒ [Zu Ort des
Schmerzes] Die Höhlung im
Zahn, die der Zahnarzt untersucht, erscheint mir viel größer
als sie ist. Ich zeige z.B. mit zwei
Fingern, wie groß sie mir vorkommt. – Wonach
bemesse ich die Entfernung der Finger? – Bemesse ich
sie überhaupt? Ist es richtig zu sagen: “Ich weiß zuerst, wie groß mir das Loch vorkommt, dann zeige ich's mit den Fingern”? Das ist, als sagte man: “Zuerst muß ich's zeigen können, – dann kann ich's zeigen.” – Soll es aber heißen “Zuerst sehe ich's in der Vorstellung, dann zeige ich's” – so muß es nicht so sein. Konnte das Vorstellen das erste sein, so auch das Zeigen. 50
|
Wenn die Begriffsbildung sich aus
Naturtatsachen erklären läßt, sollte uns dann nicht,
statt der Grammatik, dasjenige interessieren, was ihr in der
Natur zu Grunde liegt? – Uns interessiert wohl
auch die Entsprechung von Begriffen mit sehr allgemeinen
Naturtatsachen. (Solchen, die uns ihrer Allgemeinheit
wegen meist nicht auffallen.) Aber unser Interesse
fällt nun nicht auf diese möglichen Ursachen der
Begriffsbildung zurück; wir betreiben nicht Naturwissenschaft;
auch nicht Naturgeschichte, – da wir ja Naturgeschichtliches
für unsre Zwecke auch erdichten können. |
Ich
behaupte || sage nicht:
Wären die & die Naturtatsachen anders, so
hätten die Menschen andere Begriffe (im Sinne einer
Hypothese). Sondern: Wer glaubt, gewisse
Begriffe seien schlechtweg die richtigen, wer andere hätte,
sähe eben etwas nicht ein, was wir einsehen, – der möge
sich gewisse sehr allgemeine Naturtatsachen anders vorstellen,
als wir sie gewohnt sind, & andere Begriffsbildungen als die
gewohnten werden ihm verständlich werden. |
Vergleiche einen Begriff mit einer
Malweise: Ist denn auch nur unsre Malweise
willkürlich? Können wir nach Belieben eine
wählen? (Z.B. die der
Ägypter.) Oder handelt sich's da nur um
hübsch & häßlich?
51
|
Wenn ich sage “Vor
einer halben Stunde war er da” – nämlich aus der
Erinnerung – so ist das nicht die Beschreibung eines
gegenwärtigen Erlebnisses.
Erinnerungserlebnisse sind Begleiterscheinungen des Erinnerns. |
Erinnern hat keinen Erlebnisinhalt. – Ist das nicht doch durch Introspektion zu
erkennen? Zeigt sie nicht eben, daß nichts
da ist, wenn ich nach einem Inhalt ausschaue? – Das
könnte sie doch nur von Fall zu Fall zeigen. Und sie
kann mir doch nicht zeigen, was das Wort “erinnern”
bedeutet, wo also nach einem Inhalt zu suchen
wäre! Die Idee von einem Inhalt des Erinnerns erhalte ich nur durch ein Vergleichen der psychologischen Begriffe. Es ist ähnlich || ist von der Art des Vergleichens zweier Spiele. (Fußball hat Tore, Völkerball nicht.) |
Könnte man sich diese Situation denken: Einer
erinnert sich zum erstenmal im Leben an etwas & sagt:
“Ja, jetzt weiß ich, was
‘Erinnern’ ist, wie erinnern
tut.” – Wie weiß er, daß dies
Gefühl ‘Erinnern’ ist?
Vergleiche: “Ja, jetzt weiß ich, was
‘bremseln’
ist!” – (er hat etwas zum ersten mal
einen elektrischen Schlag gekriegt). – Weiß er,
daß es Erinnern ist, weil es durch Vergangenes hervorgerufen
wurde? Und wie weiß er, was Vergangenes ist?
Die Vergangenheitsformen der Sprache ¤ || Den Begriff des Vergangenen
lernt ja der Mensch, indem er sich erinnert. Und wie wird er in Zukunft wieder wissen, wie (Dagegen könnte man vielleicht von einem Gefühl “Lang, lang ist's her” reden, denn es gibt einen Ton, oder eine Gebärde, die Gewissen Erzählungen aus vergangenen Tagen angehören.) 52 |
Das stille,
‘innerliche’ Reden ist nicht ein halb verborgenes
Phänomen, als nähme man es durch einen Schleier wahr.
Es ist gar nicht verborgen, aber sein Begriff kann
uns leicht verwirren, denn er läuft, eine Strecke weit || weite Strecke,
hart am Begriff eines ‘äußern’ Vorgangs
entlang, ohne sich doch mit ihm zu decken. (Die Frage, ob beim innerlichen Sprechen Kehlkopfmuskeln innerviert werden, & ähnliches, mag großes Interesse haben, aber nicht für unsre Untersuchung.) |
Die enge Verwandtschaft des
‘innerlichen Redens’ mit dem
‘Reden’ drückt sich darin aus, daß sich
hörbar mitteilen läßt, was innerlich geredet
wurde; || , & daß das innerliche Reden eine
äußere Handlung begleiten kann. (Ich
kann innerlich singen, oder leise || still lesen, oder
Kopfrechnen & dabei mit der Hand den Takt
schlagen.) |
“Aber das innerliche Reden ist doch eine gewisse
Tätigkeit, die ich lernen muß!” Wohl;
aber was ist hier ‘tun’ & was ist hier
‘lernen’? Laß Dich die Bedeutung der Worte von ihren Verwendungen lehren! (Ähnlich kann man in der Mathematik oft sagen: Laß den Beweis Dich lehren, was bewiesen wurde.) |
“So rechne ich nicht wirklich, wenn ich im Kopf
rechne?” – Du unterscheidest doch
auch Kopfrechnen vom wahrnehmbaren Rechnen! Aber Du
kannst nur lernen, was ‘Kopfrechnen’ ist, indem Du
lernst, was ‘Rechnen’ ist; Du kannst Kopfrechnen nur
lernen, indem Du rechnen lernst.
|
Man kann sehr
‘deutlich’
innerlich || im Innern || in der
Vorstellung reden, wenn man dabei den
Tonfall der Sätze durch Summen (bei
geschlossenen Lippen) wiedergibt. Auch
Kehlkopfbewegungen helfen. Aber das Merkwürdige ist ja
eben, daß man die Rede dann in der Vorstellung hört,
& nicht bloß, sozusagen, ihr Skelett im Kehlkopf
fühlt. (Denn
es || das ließe sich ja auch denken, daß Menschen
still mit Kehlkopfbewegungen rechneten, wie man mit den Fingern
rechnen kann.) |
Eine
Hypothese, wie die, es ginge beim innerlichen Reden das
& das in unserm Körper vor, ist für uns nur insofern
von Interesse, als sie uns eine mögliche Verwendung der
Äußerung “Ich sagte zu mir selbst
…” zeigt; nämlich die, von der Äußerung
auf den physiologischen Vorgang zu schließen. |
Daß, was ein Andrer innerlich
redet, mir verborgen ist, liegt im Begriff
‘innerlich reden’. Nur ist
“verborgen” hier das falsche Wort; denn ist es
mir verborgen, so sollte es ihm selbst offenbar sein, er
müßte es wissen. Aber
‘weiß’ es nicht, nur den Zweifel, den es für
mich gibt, gibt es für ihn nicht. |
“Was Einer zu sich selbst im Innern
spricht, ist mir verborgen” könnte freilich auch
heißen, ich könne es zumeist nicht erraten, noch
auch (wie es ja möglich wäre) aus den Bewegungen
seines Kehlkopfs z.B. ablesen. 53 |
“Ich weiß, was ich will,
wünsche, glaube, fühle, … ”
(u.s.f. durch alle psychologischen
Verben) ist entweder Philosophen-Unsinn, oder aber
nicht ein Urteil a priori. |
“Ich weiß …” mag
heißen “Ich zweifle nicht …” –
aber es heißt nicht, die Worte “Ich zweifle
…” seien sinnlos, der
Zweifel logisch ausgeschlossen. |
Man sagt “Ich weiß”, wo man auch
sagen kann “Ich glaube”, oder
“Ich vermute”; wo man sich überzeugen
kann. (Wer mir aber
vorhalten
wollte || vorhält, || mir vorhielte, man sage
manchmal “Ich muß doch wissen, ob ich
Schmerzen habe!”, “Nur Du kannst
wissen, was Du fühlst” & ähnliches, der
soll sich die Anlässe
& den Zweck dieser Redensarten besehen || besehe sich die
Anlässe & den Zweck dieser Redensarten.
“Krieg ist Krieg!” ist (ja)
auch nicht ein Beispiel des Identitätsgesetzes.)
|
Der Fall läßt sich
denken, in dem ich mich davon überzeugen könnte,
daß ich zwei Hände habe. Normalerweise aber
kann ich's nicht. “Aber Du
brauchst sie Dir ja nur vor die Augen zu halten.”
– Wenn ich jetzt zweifle, ob ich zwei Hände
habe, dann brauche ich auch meinen Augen nicht zu trauen.
(Ebensogut könnte ich dann meinen Freund
fragen.) |
Damit
hängt zusammen, daß z.B. der Satz
“Die Erde hat Millionen von Jahren existiert”
einen klareren Sinn hat, als der: “Die Erde hat
in den letzten 5 Minuten existiert”. Denn,
wer das letztere behauptet, den würde ich fragen:
“Auf welche Beobachtungen bezieht sich dieser Satz;
& welche würden ihm entgegenstehen?”
– während |
“Ein neugeborenes Kind hat keine
Zähne.” – “Eine Gans hat keine
Zähne.” – “Eine Rose hat keine
Zähne.” – Das letztere –
möchte man sagen – ist doch offenbar wahr!
Sicherer sogar, als daß eine || die Gans keine
hat. – Und doch ist es nicht so klar. Denn
wo sollte eine Rose Zähne haben? Die Gans hat keine
in ihren Kiefern. Und sie hat natürlich auch keine in
den Flügeln, aber das meint niemand, der sagt, sie habe keine
Zähne. – Ja wie, wenn man sagte: Die
Kuh kaut ihr Futter & düngt dann damit die Rose, also hat
die Rose Zähne im Maul eines Tiers. Das wäre
darum nicht absurd, weil || möglich, weil
man von vornherein gar nicht weiß, wo bei der Rose nach Zähnen
zu suchen wäre. [Zusammenhang mit
‘Schmerzen im Körper des Andern’.] |
Ich kann wissen, was
der Andre denkt, nicht was ich denke. Es ist richtig zu sagen “Ich weiß, was Du denkst”, & falsch: “Ich weiß, was ich denke.” (Eine ganze Wolke von Philosophie kondensiert zu einem Tröpfchen Grammatik. || Sprachlehre. |
“Das Denken des Menschen geht im
Innern des Bewußtseins in einer Abgeschlossenheit vor sich, gegen
die jede physische Abgeschlossenheit ein
Offen-da-liegen || offen-da-liegen
ist.” Würden Menschen, die stets – etwa durch Beobachten des Kehlkopfs – die stillen Selbstgespräche des Andern 54 lesen
könnten, – würden die auch geneigt sein das Bild von
der gänzlichen Abgeschlossenheit zu gebrauchen? |
Spräche ich laut zu mir selbst,
in einer Sprache, die die Anwesenden nicht verstehen, so wären
meine Gedanken ihnen verborgen. |
Nehmen wir an es gebe einen Menschen, der
immer richtig erriete, was ich im Gedanken zu mir rede.
(Wie es ihm gelingt, ist gleichgültig.) Aber
was ist das Kriterium dafür, daß er es richtig
errät? Nun, ich bin wahrheitsliebend &
gestehe, er habe es richtig erraten. – Aber
könnte ich mich nicht irren? || ,
könnte || kann mich mein
Gedächtnis nicht täuschen? Und
könnte es das nicht immer, wenn ich – ohne zu lügen
– ausspreche, was ich bei mir gedacht habe?
‒ ‒ Aber so scheint es ja, es könne gar nicht
drauf ankommen || , es komme gar nicht drauf
an, ‘was in meinem
Innern || Geist vorgegangen ist.’
(Ich mache hier eine Hilfskonstruktion.) |
Für die
Wahrhaftigkeit || Wahrheit des
Geständnisses, ich hätte das & das
gedacht, sind die Kriterien nicht die der wahrheitsgemäßen
Beschreibung eines Vorgangs. Und die Wichtigkeit
des wahren Geständnisses liegt nicht darin, daß
irgend
ein || es irgend einen Vorgang mit Sicherheit richtig
wiedergibt. Sie liegt vielmehr in den besondern
Konsequenzen, die sich aus einem Geständnis ziehen lassen,
dessen Wahrhaftigkeit || Wahrheit
durch die besondern Kriterien der Wahrhaftigkeit
verbürgt ist. |
(Angenommen, daß die Träume uns wichtige
|
Es gibt ein Spiel:
‘Gedankenerraten’. Eine Variante davon
wäre die: Ich sage einen Satz in einer
Sprache || mache dem A eine Mitteilung in einer
Sprache, die B nicht versteht. B soll den
Sinn der Mitteilung erraten. – Eine
andre || andere
Variante: Ich schreibe einen Satz nieder, den der Andre nicht sehen kann.
Er muß den Wortlaut, oder den Sinn erraten. –
Noch eine Variante: Ich stelle ein
Jigsaw-Puzzle zusammen; der Andre kann mich
nicht sehen, errät aber von Zeit zu Zeit, was ich
denke || meine Gedanken & spricht sie
aus. Er sagt z.B.:
“Jetzt denkt er “Wo ist
nur dieses Stück!”” –
“Jetzt weiß ich, wie es
paßt!” – “Ich habe keine
Ahnung, was hierher gehört.” –
“Der Himmel ist immer das Schwerste.”
– u.s.f. –
& dabei aber brauche ich weder laut
noch auch im Stillen zu mir selbst sprechen. || gesprochen haben. |
Alles das
ist || wäre Erraten von Gedanken; &
daß || wenn es tatsächlich nicht
geschieht, so macht dies den Gedanken nicht
verborgener, als den physischen Vorgang, den man nicht
wahrnimmt. |
“Das Innere ist uns verborgen.”
– Die Zukunft
55 ist uns
verborgen. – Aber denkt der Astronom so, wenn er eine
Sonnenfinsternis berechnet? |
Wen ich, mit offenbarer Ursache, sich in Schmerzen
winden sehe, von dem denke ich nicht: seine Gefühle
seien mir doch verborgen. |
Wir sagen auch von einem Menschen, er sei uns durchsichtig.
Aber es ist für diese Betrachtung wichtig, daß ein Mensch
für einen andern ein völliges Rätsel sein kann.
Das erfährt man, wenn man in ein fremdes Land mit
gänzlich fremden Traditionen kommt; & zwar auch dann,
wenn man die Sprache des Landes beherrscht. Man
versteht die Menschen nicht. (Und nicht darum,
weil man nicht weiß, was sie zu sich selber sprechen.)
Wir können uns nicht in sie finden. |
“Ich kann nicht wissen, was
in ihm vorgeht” ist vor allen ein Bild.
Es ist der überzeugende Ausdruck einer
Überzeugung. Es gibt nicht die Gründe der
Überzeugung an. Sie liegen nicht auf der
Hand. |
Wenn ein
Löwe sprechen könnte, wir könnten ihn nicht
verstehn. |
Man kann
sich ein Erraten der Absicht denken, ähnlich dem Gedankenerraten,
aber auch ein Erraten dessen, was Einer nun tatsächlich tun
wird. Zu sagen “Nur er kann wissen, was er beabsichtigt” ist Unsinn; zu sagen “Nur er kann wissen, was er tun wird” falsch. Denn die Vorhersage, die im Ausdruck meiner Absicht liegt (z.B. “So wie es 5 Uhr schlägt gehe ich |
Zweierlei aber ist wichtig:
Das er || der Andre in vielen Fällen meine
Handlungen nicht voraussehen || vorhersehen
kann, während || wenn ich sie in meiner Absicht
vorhersehe, & || .
Und daß meine Vorhersage (im Ausdruck
meiner Absicht) nicht auf der gleichen Grundlage ruht, wie seine
Vorhersage meiner Handlung, & die Schlüsse, die aus
diesen Vorhersagen zu ziehen, ganz verschieden sind. |
Ich kann der Empfindung des Andern
so sicher sein, wie irgend eines Faktums. Damit
aber sind die Sätze “Er ist schwer
bedrückt”,
“25 × 25
= 625” & “Ich bin 60
Jahre alt” nicht zu ähnlichen Instrumenten
geworden. Die Antwort
liegt || Es liegt die Erklärung nahe: die
Sicherheit sei von andrer Art. ||
Die Antwort “Die Sicherheit ist
von andrer Art” liegt
nahe. – Sie
scheint auf einen psychologischen Unterschied
anzuspielen. || zu deuten.
Aber der Unterschied ist ein logischer.
|
“Aber schließt Du eben nicht nur vor dem Zweifel
die Augen, wenn Du sicher bist?” –
Sie sind mir geschlossen. |
Bin ich weniger sicher, daß dieser Mann Schmerzen
hat, als das 2 × 2
= 4 ist? –– Aber ist
darum das erste mathematische Sicherheit? –
‘Mathematische Sicherheit’ ist kein
psychologischer Begriff. Die Art der Sicherheit ist die Art des Sprachspiels. |
“Seine Motive weiß nur
er.” –
Das || ” – das ist ein Ausdruck
dafür, daß wir ihn nach seinen Motiven fragen. – Ist er
56 aufrichtig,
so wird er sie uns sagen; aber ich brauche mehr als Aufrichtigkeit um
seine Motive zu erraten. Hier ist die Verwandtschaft mit
dem Falle des Wissens. |
Laß es Dir aber auffallen, daß
es so etwas gibt, wie unser Sprachspiel: Das Motiv
meiner || der Tat gestehn. |
Die unsägliche Verschiedenheit aller der
tagtäglichen Sprachspiele kommt uns nicht zum
Bewußtsein, weil die äußern Formen ||
die Kleider unsrer Sprache alles
gleichmachen. ¥
∢ [§ auf der nächsten Seite] |
Was
ist der Unterschied zwischen Motiv & Ursache? –
Wie findet man das Motiv,
– || , & wie die Ursache?
|
Es gibt die Frage:
“Ist das eine zuverlässige Art, die Motive des
Menschen zu beurteilen?” Aber um so fragen
zu können, müssen wir schon wissen, was es bedeute:
“das Motiv beurteilen”; & das lernen wir
nicht, indem wir erfahren, was ‘Motiv’ ist
& was ‘beurteilen’ ist.
|
Man beurteilt die Länge
eines Stabes & kann eine Methode suchen, & finden, um
sie genauer, oder zuverlässiger zu
beurteilen. Also – sagst Du – ist, was
hier beurteilt wird, unabhängig von der Methode des
Beurteilens. Was Länge ist kann man nicht
mittels der Methode der Längenbestimmung erklären. – Wer so denkt macht einen Fehler.
Welchen? – Zu sagen “Die Höhe
des Mont Blanc hängt davon
ab, wie man ihn besteigt”, wäre seltsam. Und
‘die Länge immer genauer messen’, das will man
damit vergleichen, näher & näher an ein Objekt
heranzukommen.
(Darum hat das Wort “Methodologie” eine doppelte Bedeutung. “Methodologische Untersuchung” kann man eine physikalische Untersuchung nennen, aber auch eine begriffliche.) |
⍈ [Zu ∢ auf der vorigen Seite] Das Neue (Spontane, ‘Spezifische’) ist ein Sprachspiel. || ist immer ein Sprachspiel. |
Von der Sicherheit, vom Glauben möchte
man manchmal sagen, sie seien Tönungen des Gedankens; &
es ist wahr: sie haben einen Ausdruck im Ton der
Rede. Denk aber nicht an sie als
‘Gefühle’ beim Sprechen, oder Denken!
Frag nicht: “Was geht da in uns vor, wenn wir sicher sind, …?” – sondern: Wie äußert sich ‘die Sicherheit, daß es so ist’, in dem Handeln des Menschen? |
“Du kannst zwar über den Seelenzustand des
Andern völlige Sicherheit haben, aber sie ist immer nur
eine subjektive, keine objektive.” –
Diese beiden Wörter deuten auf einen Unterschied
von || zwischen
Sprachspielen. |
Es kann
ein Streit darüber entstehen, welches das richtige Resultat einer
Rechnung ist (z.B. einer
57 längern Addition). Aber so
ein Streit entsteht selten & ist von kurzer Dauer.
Er ist, wie wir sagen, ‘mit Sicherheit’ zu
entscheiden. Es kommt zwischen den Mathematikern, im allgemeinen, nicht zum Streit über das Resultat einer Rechnung. (Das ist eine wichtige Tatsache.) – Wäre es anders, wäre z.B. der Eine überzeugt eine Ziffer habe sich unvermerkt geändert, oder das Gedächtnis habe ihn, oder den Andern getäuscht, etc., etc. – so würde es unsern Begriff der ‘mathematischen Sicherheit’ nicht geben. |
Es könnte dann noch immer
heißen: “Wir können zwar nie
wissen, was das Resultat einer Rechnung ist, aber sie hat
dennoch immer ein ganz bestimmtes Resultat.
(Gott weiß es.)
Die Mathematik ist allerdings von der höchsten Sicherheit,
– wenn wir auch nur ein rohes Abbild von ihr
besitzen. || haben.” |
Aber will ich etwa sagen, die Sicherheit der Mathematik
beruhe auf der Zuverlässigkeit von Tinte
& Papier? Nein. (Das
wäre ein circulus vitiosus.) – Ich
habe nicht gesagt, warum es zwischen den Mathematikern nicht
zum Streit kommt, sondern nur, daß es nicht zum
Streit kommt. |
Es ist
wohl wahr, daß man mit gewissen Arten von Papier & Tinte
nicht rechnen könnte, wenn sie nämlich
gewissen seltsamen Änderungen unterworfen wären,
– aber daß sie sich ändern, könnte ja doch nur
wieder durch das Gedächtnis & den Vergleich mit
andern Rechenmitteln sich ergeben. Und wie prüft
man |
Das Hinzunehmende, Gegebene –
könnte man sagen – seien Lebensformen.
|
Hat es Sinn, zu sagen, die
Menschen stimmen in Bezug auf ihre Farburteile im
allgemeinen überein? – Wie wäre es,
wenn's anders wäre? – Dieser
würde sagen, die Blume sei rot, die jener als
blau anspricht, etc., etc.. –
Aber mit welchem Recht könnte man nun || dann die
Wörter “rot” & “blau”
dieser Menschen unsre
‘Farbwörter’ nennen? –
Wie würden sie z.B. jene || die Wörter gebrauchen lernen? || lernen jene || die Wörter zu gebrauchen? Und warum sollten wir das Sprachspiel, welches sie lernen, || ist das Sprachspiel, welches sie lernen noch das, was wir den Gebrauch der ‘Farbnamen’ nennen? Es gibt hier offenbar Gradunterschiede. |
Aber diese Überlegung muß auch
für die Mathematik gelten. Gäbe es die
volle Übereinstimmung nicht, so würden die Menschen auch
nicht die Technik lernen, die wir lernen. Sie wäre von
der unsern mehr, oder weniger verschieden, auch bis zur
Unkenntlichkeit. |
“Die mathematische Wahrheit ist doch unabhängig
davon, ob Menschen sie erkennen, oder nicht!”
– Gewiß: Die Sätze “Die
Menschen glauben, daß
2 × 2 =
4 ist” & “2 × 2 =
4” haben nicht den gleichen Sinne. Dieser
ist ein mathematischer Satz, jener, wenn er überhaupt einen Sinn
hat, kann etwa heißen, daß die Menschen auf den mathematischen
Satz gekommen sind. Die beiden haben
gänzlich verschiedene Verwendung. –
Aber was würde nun
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das heißen: “Wenn auch alle Menschen
glauben
2 × 2 sei
5, so wäre es doch 4.” – Wie sähe
denn das aus, wenn alle Menschen dies glaubten? –
Nun, ich könnte mir etwa vorstellen, sie hätten einen
andern Kalkül, oder eine Technik, die wir nicht
“rechnen” nennen würden. Aber
wäre das falsch? (Ist eine
Königskrönung falsch? Sie
könnte, von uns verschiedenen, Wesen höchst seltsam
erscheinen.) |
Mathematik ist freilich, in einem Sinne, eine Lehre, –
aber doch auch ein Tun. Und ‘falsche
Züge’ kann es nur als Ausnahme geben. Denn
würde, was wir jetzt so nennen, die Regel, so wäre damit das
Spiel aufgehoben, worin sie die falschen Züge
wären || sind. || sie falsche
Züge sind. |
“Wir lernen Alle das gleiche
Einmaleins.” Das könnte wohl eine Bemerkung
über den Arithmetik-Unterricht an unsern Schulen sein,
– aber auch eine Feststellung über den Begriff des
Einmaleins. (“In einem Pferderennen
laufen die Pferde, im allgemeinen, so schnell sie nur
können.”) |
Es gibt Farbenblindheit & Mittel, sie
festzustellen. Unter den normal Befundenen
herrscht, im allgemeinen, volle Übereinstimmung in deren
Farbaussagen. || In den Farbaussagen der normal Befundenen
herrscht, im allgemeinen, volle Übereinstimmung.
Das charakterisiert den Begriff der Farbaussagen. |
Diese
Übereinstimmung gibt es im
allgemeinen nicht in der Frage, ob eine Gefühlsäußerung
echt, oder unecht ist. |
Ich bin sicher, sicher, daß er sich nicht verstellt;
aber ein Dritter ist's nicht. Kann ich ihn immer
überzeugen?
|
“Du verstehst ja nichts!”
– so sagt man, wenn Einer
bezweifelt || anzweifelt,
was wir klar als echt erkennen, – aber wir können nichts
beweisen. |
Gibt es
über die Echtheit des Gefühlsausdrucks ein
‘fachmännisches’ Urteil? – Es
gibt auch da Menschen mit ‘besseren’ &
Menschen mit ‘schlechterem’ Urteil.
Aus dem Urteil des bessern Menschenkenners werden, im allgemeinen, richtigere Prognosen hervorgehen. Kann man Menschenkenntnis lernen? Ja; Mancher kann sie lernen. Aber nicht durch einen Lehrkurs, sondern durch ‘Erfahrung’. – Kann ein Andrer dabei sein Lehrer sein? Gewiß. Er gibt ihm von Zeit zu Zeit den richtigen Wink. – So schaut hier das ‘Lernen’ & das ‘Lehren’ aus. – Was man erlernt ist keine Technik; man lernt richtiger Urteilen. Es gibt auch Regeln, aber sie bilden kein System, & nur der Erfahrene kann sie richtig anwenden. Unähnlich den Rechenregeln. |
Das
Schwerste ist hier, die Unbestimmtheit richtig &
unverfälscht zum Ausdruck zu bringen. |
“Die Echtheit
des Ausdrucks läßt sich nicht beweisen; man muß sie
fühlen.” – Wohl, – aber was
geschieht nun weiter mit diesem Erkennen der Echtheit?
Wenn Einer sagt “Voilà comment
s'exprime un coeur
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épris” – & wenn er
auch einen Andern zu seiner Ansicht brächte, – welche
weiteren Folgen hat es? Oder hat es keine, &
endet das Spiel damit, daß dem
Einen schmeckt, was dem Andern nicht schmeckt?
Es gibt wohl Folgen, aber sie sind, möchte ich sagen, diffuser Art. Erfahrung, also mannigfaltige Beobachtung, kann sie Dich lehren; & Du kannst || man kann sie auch nicht allgemein formulieren, sondern nur in verstreuten Fällen ein richtiges, fruchtbares, Urteil fällen, eine fruchtbare Verbindung sehen. || feststellen. Und die allgemeinsten Bemerkungen ergeben höchstens, was wie die Trümmer eines Systems aussieht. |
Man kann wohl durch Evidenz davon
überzeugen || überzeugt
werden, daß Einer sich in dem & dem
Seelenzustand befinde, daß er z.B.
nicht heuchle || sich nicht
verstelle. Aber es gibt hier auch
‘unwägbare’ Evidenz. |
Die Frage ist: Was
leistet die unwägbare Evidenz?
Denk, es gäbe unwägbare Evidenz für die chemische Struktur (das Innere) eines Stoffes, so müßte sie sich doch nun durch gewisse wägbare Folgen als Evidenz erweisen. (Unwägbare Evidenz könnte Einen davon überzeugen, dies Bild sei ein echter …. Aber dies kann sich auch dokumentarisch als richtig erweisen.) |
Zur unwägbaren Evidenz gehören die
Feinheiten des Blicks, der Gebärde, des Tons.
Ich mag den echten Blick der Liebe erkennen, |
Frage Dich || Leg
Dir die Frage vor: Wie lernt der Mensch
einen ‘Blick’ für etwas kriegen?
Und wie läßt sich ein solcher Blick verwenden?
|
Verstellung ist
natürlich nur ein besonderer Fall davon, daß Einer,
z.B., eine Schmerzäußerung von sich
gibt & nicht Schmerzen hat. Wenn dies
überhaupt möglich ist, warum sollte denn dabei immer
Verstellung statthaben, – dieses sehr spezielle Muster auf || Thema in dem
Band || Bandmuster || Muster
des
Lebens? || diese sehr komplizierte Figur in
dem Band || Muster des Lebens?
|
Ein Kind
muß viel lernen, ehe es sich
verstellen || heucheln kann. (Ein Hund
kann nicht heucheln, || das nicht, aber er kann auch
nicht aufrichtig sein.) |
Ja es könnte ein Fall eintreten, in welchem wir sagen
würden: “Er || Dieser
glaubt, sich zu verstellen.”
|
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