65.
Wenn ich sage, dieses Gesicht hat den Ausdruck der Milde, Güte,
Feigheit, so scheine ich nicht nur zu meinen, daß wir den und den
Charakter mit dem Anblick des Gesichts assoziieren, also an ihn
denken, wenn wir das Gesicht sehen; sondern ich bin versucht, zu sagen,
das Gesicht sei ein Aspekt der Güte, oder der Feigheit selbst.
(Vergleiche Weininger.)
Man kann sagen: ich sehe die Feigheit in dieses Gesicht
hinein (und könnte sie auch in ein anderes hineinsehen); aber
jedenfalls scheint sie mit dem Gesicht nicht bloß assoziiert, äußerlich
verbunden; sondern die Furchtsamkeit ist von der Art der
Gesichtszüge.
Und wenn sich, z.B., die Züge ein wenig ändern,
so können wir von einer entsprechenden Änderung der Furcht reden.
Würden wir gefragt “Kannst du di
r
dieses Gesicht auch als Ausdruck des Mutes denken?”–
so wüßten wir, gleichsam, nicht, wie wir den Mut in diesen Zügen
unterbringen sollten.
Ich sage dann etwa: “Ich weiß nicht
, was das
hieße, wenn dieses Gesicht ein mutiges Gesicht
ist.” –
Aber wie sieht die Lösung so einer Frage aus?
Man sagt z.B.: ‘Ja, jetzt
versteh’ ich es; das Gesicht ist sozusagen gleichgültig gegen
die Außenwelt.”
Wir haben also Mut hineingedeutet.
Der Mut, könnte man sagen,
paßt jetzt wieder auf das
Gesicht.
Aber
was paßt hier
worauf?
(
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