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                    Es ist eine sehr merkwürdige
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Tatsache, daß ich mich bei dem Gebrauch der Sprache nicht erinnere, wie ich sie gelernt habe. Ich sage: “das Glas steht im Schrank; ich weiß nicht wie ich die Bedeutung von “Glas” & “Schrank” gelernt habe. Meine Anwendung der Wörter ist ganz losgelöst von
ihrem Erlernen
den Erklärungen die mir einmal gegeben wurden
. Es ist so, als hätte ich die Wörter selbst geprägt. Und hier werden wir wieder zu der Frage geführt: Wenn die grammatischen Regeln die von einem Wort handeln seine Bedeutung bestimmen, muß ich diese Regeln alle im Kopf haben, wenn das Wort für mich etwas bedeuten soll? Oder ist es hier wie in einem Mechanismus: das Rad, das stillsteht, das Rad in einer Lage, weiß, gleichsam nicht, welche Bewegung ihm noch erlaubt ist, der Kolben weiß nicht, welches Gesetz
seiner
der
Bewegung vorgeschrieben ist; & doch wirkt das Rad & der Kolben nur durch jene Gebundenheit.
        Soll ich also sagen: Die grammatischen Regeln wirken in der Zeit? (Wie jene Führung.)
        Also: Das Wort “
Schrank
Glas
” wirkt nur in der Art // durch die Art // seiner Anwendung. Und es wäre die seltsame Frage denkbar: “Wie kann ich dann gleich wissen, was ich mit “
Schrank
Glas
” meine, ich kann doch nicht
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die ganze Art der Anwendung auf einmal im Kopfe haben?”
          – Und ist es nicht ähnlich in einem Spiel? In irgend ei Man kann sagen, ich wisse die Regeln des Spiels, ‘habe sie im Kopf’,
während
wenn
ich spiele. Aber ist dieses ‘im Kopf haben’ nicht wirklich nur eine Hypothese? Habe ich sie nicht nur insofern im Kopf, als ich sie in jedem besondern Fall anwende? – Gewiß, dies Wissen ist nur das hypothetische Reservoir, woraus das wirklich gesehene Wasser fließt.
          Das Verständnis der Sprache – quasi des Spiels – scheint wie ein Hintergrund, auf dem der einzelne Satz erst Bedeutung gewinnt.