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     Nimm einmal ein Erlebnis, was Du “Erinnerungserlebnis” nennen würdest – – Um Dir vor die Seele zu rufen, was Du so nennst, erinnerst Du Dich etwa eines Geschehnisses vom vergangenen Tag. Ja, nun weißt Du also, was “Erinnerungserlebnis” heißt. Aber weißt Du es denn gewiß – ist es nicht möglich, daß Dir morgen ein ganz anderes inneres Erlebnis einfällt, wenn Du versuchst, Dir vor die Seele zu rufen,
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was mit diesem Wort benannt wird? Du wirst Dir dieses Erlebnis also besehen, & beschreiben, worin es besteht. Da wirst Du sehen, daß es verschiedenerlei ‘Erinnerungserlebnisse’ gibt & ihre Beschreibung wird etwa darin bestehen, daß Du die Worte angibst, die man in diesem Fall zu sagen geneigt ist, die Gebärde, Miene, die man macht, das Bild, was uns vorschwebt. – Nimm nun irgend ein solches Erlebnis & frage Dich, ob Du es unter allen Umständen “Erinnerungserlebnis” nennen würdest. Ich erinnere mich, N. in seinem Zimmer gesehen zu haben, ich sehe ihn vor mir, an seinem Schreibtisch sitzen: Ist dies Erinnerungsbild von andrer Art, als irgend ein Bild meiner Phantasie? Könnten die Lautreihen: “ich erinnere mich …” in einer andern Sprache nicht etwas ganz Anderes bedeuten?