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    Denke Dir jeder Mensch besäße von Geburt an eine Tafel auf der in Reihen Farbmuster angebracht sind. Lernt er
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nun im Lauf seiner Kindheit die Namen der Farben

,
indem die Erwachsenen auf ein Ding zeigen & einen Farbnamen dazu sagen – so schreibt es sich diesen Namen zu einer der Farben seiner Tafel. Ich will annehmen, niemand sähe, zu welchenm der Muster er
den
jenen
Namen schreibt. – Er wird dann dazu gebracht die Farbnamen im Verkehr auf die verschiedensten Weisen zu verwenden & ich nehme an er ist ein ‘normaler Mensch’, niemand sagt je, er sei farbenblind, er kenne die Farben nicht, er verwechsle sie, etc. ˇetc.. Der Verkehr
mittels dieser Worte
mit diesen Worten
geht reibungslos vor sich. An Er sagt, wie
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jeder Andere, die Blätter seien im Sommer grün, & würden
im Herbst
später
rot & gelb & braun rot, etc, etc.. Ich will nun annehmen, wenn er eine Farbe zu beurteilen hat, so
schaut
sieht
er immer abwechselnd auf den Gegenstand & auf
seine
das
Tafel – als vergliche er die Farben – & ferner: wenn man ihn zur Prüfung seines Farbsinnes fragt: “Welche Farbe heißt ‘rot’?” so zeigt er erstens für
sich
den
auf ein Muster seiner Tafel (das wird aber nicht sehen) & dann für den Fragenden auf einen roten Gegenstand. Ebenso wenn man ihn fragt: “Wie heißt diese Farbe?” (indem man auf irgend ein Ding zeigt)
schaut
schlägt
er erst auf seiner Tafel nach, dann
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sagt er den richtigen Namen. Und nun denk Dir wir fänden ˇirgendwie heraus, er habe auf
seiner
jener
Tafel zu einem grünen Muster das Wort “rot” geschrieben, zu einem roten, “blau”, u.s.w.! “Da war also alles ein Mißverständnis!” – Wieso denn? – “Nun, er meinte doch die ganze Zeit grün, wenn er “rot sagte”!” – Aber warum sagst Du denn das? Ist denn das das Kriterium dafür, was er mit einem Wort “meint”? Mußt Du das als Kriterium dafür nehmen? Hast Du es in der Praxis der Sprache als das Kriterium seines Meinens genommen? Warum sollst Du nicht ebensogut sagen: es ist ganz irrelevant
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für das, was er ‘meint’, worauf er auf seiner Tafel zeigt? Oder Du könntest sagen: “Es gibt zwei verschiedene Verwendungen des Wortes Ausdrucks [| ]die Farbe, die er meint’”; aber von Mißverständnis kann keine Rede sein. Erinnere Dich doch, was Du ein “Mißverständnis” nanntest!