Das Leben hier ist mir einesteils furchtbar, anderseits auch wieder hat es etwas schönes & auch freundliches. Ich liebe in gewissem Sinn meine Stube, mein Essen; auch habe ich eine gewisse Anhänglichkeit an die Menschen, die mit mir immer gleichmäßig nett & freundlich sind. Es ist ein gemütliches Verhältnis zwischen mir & ihnen: Ich glaube es wäre ihnen etwas leid, wenn
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ich reiste. Ich denke daran in einem Monat oder anderthalb zu reisen. Aber ich denke nie daran ohne Furcht: werde ich es erleben? wird etwas anderes mich früher schon zur Reise zwingen? etc.. Ich fürchte mich vor Krankheit & Tod, vor meinem & vor dem eines Freundes, oder einer Schwester, oder des Max, oder Paul. Und doch ist das alles falsch & schlecht & zum Teil sogar gemein; & doch fürchte ich mich. Es geht mir mit dem Leben beinahe, wie einer Dame, die in den “Don Carlos” ging, in der Meinung, es sei ein Lustspiel, & die nach einigen Akten indigniert aufstand, mit den Worten: “Il me semble que c'est une tragédie!”
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      Ich sehe das Leben falsch an, will das Schwere immer || hartnäckig wieder ignorieren, statt daß ich lerne, “daß mein Leben …”. Ich bin wie ein Kind, das immer und immer nur spielen möchte!