Kierkegaard
schreibt: Wenn das Christentum so leicht & gemütlich wäre, wozu hätte Gott in seiner Schrift Himmel & Erde in Bewegung gesetzt, mit ewigen Strafen gedroht –. – Frage: Warum aber ist dann diese Schrift so undeutlich? Wenn man jemand vor furchtbarer Gefahr warnen will, tut man es, indem man ihm ein Rätsel zu raten gibt, dessen Lösung etwa die Warnung ist? – Aber wer sagt, daß die Schrift wirklich undeutlich ist: ist es nicht möglich, daß es hier wesentlich war,1 ein
Rätsel aufzugeben? Daß eine direktere Warnung dennoch die falsche Wirkung hätte haben müssen? Gott läßt das Leben des Gottmenschen von vier Menschen berichten, von jedem anders, & widersprechend – aber kann man nicht sagen: Es ist wichtig, daß dieser Bericht nicht mehr als sehr gewöhnliche historische Wahrscheinlichkeit habe, damit diese nicht für das Wesentliche, Ausschlaggebende gehalten werde. Damit der Buchstabe nicht mehr [g|G]laube fände, als ihm gebührt & der Geist sein Recht behalte. D.h.: Was Du sehen sollst läßt sich auch durch den besten, ge-
nauesten Geschichtsschreiber nicht vermitteln; darum genügt, ja ist vorzuziehen, eine mittelmäßige Darstellung. Denn was Dir mitgeteilt werden soll, kann die auch mitteilen. (Ähnlich etwa, wie eine mittelmäßige Theaterdekoration besser sein kann als eine raffinierte, gemalte Bäume besser als wirkliche, – die die Aufmerksamkeit von dem ablenken, worauf es ankommt.) Das für Wesentliche, das für Dein Leben [w|W]esentliche aber legt der Geist in diese Worte. Du sollst gerade nur das deutlich sehen, was auch diese Darstellung deutlich zeigt. (Ich weiß nicht genau sicher,
wieweit dies alles ˇgenau im Geiste Kierkegaards ist.)
 

Editorial notes

1) There is an unidentified mark above the comma.