Ich habe manchmal über mein seltsames
Verhältnis zu Moore nachgedacht. Ich achte ihn hoch
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& habe eine gewisse
nicht geringe Zuneigung zu ihm.
Er dagegen? Er schätzt meinen Verstand, mein
philosophisches Talent hoch, d.h.
er glaubt daß ich
sehr gescheit bin aber seine Zuneigung zu mir ist
wahrscheinlich
recht gering. Und ich
konstruiere dies mehr als ich es fühle, denn er ist
freundlich zu mir, wie zu jedem & wenn er hierin mit
verschiedenen Leuten verschieden ist so merke ich doch
den Unterschied nicht weil ich
gerade
diese Nuance nicht
verstehe. Ich bin aktiv oder aggressiv er aber passiv
& darum merke ich während unseres Verkehrs gar nicht wie
fremd ich ihm bin. Ich erinnere mich darin an meine
Schwester Helene
der es mit Menschen geradeso geht. Es kommt dann
die peinliche
Situation
heraus daß man fühlt man habe sich den Menschen
aufgedrängt ohne daß man es wollte oder wußte.
Plötzlich kommt man darauf daß man mit ihnen
nicht so steht wie man annahm weil sie die Gefühle nicht erwidern
die man ihnen
entgegenbringt || entgegenträgt; man hat es aber
nicht bemerkt da die Verschiedenheit der Rollen in diesem Verkehr
auf jeden Fall so groß ist daß sich dahinter Nuancen von
Zuneigung & Abneigung leicht
verstecken können. Ich fragte
Moore heute,
ob er sich freue wenn ich zu ihm regelmäßig (wie im vorigen
Jahr) komme & sagte ich werde nicht gekränkt sein wie
immer die Antwort ausfalle. Er sagte es sei ihm
selbst nicht klar & ich: er solle
sich's überlegen & mir
mitteilen, was er versprach. Ich sagte
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ich könne nicht
versprechen daß mich die Antwort nicht traurig machen, wohl aber daß sie mich nicht kränken werde. – Und ich glaube daß es Gottes Wille mit mir ist, daß ich das hören
& es
tragen soll.