13.2.
     Mein Gewissen plagt mich & läßt mich nicht arbeiten. Ich habe in Schriften Kierkegaards gelesen & das hat mich noch mehr beunruhigt, als ich es schon war. Ich will nicht leiden; das ist es was mich beunruhigt. Ich will nicht auf irgendwelche Bequemlichkeit verzichten, oder auf einen Genuß. (Ich würde z.B. nicht fasten, oder mir auch nur im Essen Abbruch tun.) Aber ich will auch nicht gegen irgend jemand auftreten & mir Unfriede schaffen. Wenigstens nicht, wenn der Fall nicht unmittelbar unter meine Augen gerückt wird. Aber selbst dann fürchte ich, ich möchte mich drücken. Dazu lebt in mir eine unausrottbare Unbescheidenheit. Ich möchte mich bei aller Elendigkeit || Jämmerlichkeit immer mit den Bedeutendsten
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vergleichen. Es ist als könnte ich, nur Trost finden in der Erkenntnis meiner Jämmerlichkeit.
     Laß mich daran festhalten, daß ich mich nicht selbst betrügen will. D.h. ich will eine Forderung, die ich als solche anerkenne, mir selbst immer wieder als Forderung eingestehen. Das verträgt sich völlig mit meinem Glauben. Mit meinem Glauben, wie er ist. Daraus folgt, daß ich entweder die Forderung erfüllen werde, oder darunter leiden werde, sie nicht zu erfüllen, denn ich kann sie mir nicht vorhalten & nicht darunter leiden, daß ich ihr nicht genüge. Ferner aber: die || Die Forderung ist furchtbar || hoch. Das heißt: was immer am Neuen Testament wahr oder falsch sein mag, eines kann nicht bezweifelt werden, || : daß ich, um richtig zu leben, ganz anders leben müßte, als es mir behagt. Daß das Leben viel ernster ist, als es an der Oberfläche ausschaut. Das Leben ist ein furchtbarer Ernst.
     Das Höchste aber, das ich zu erfüllen
bereit bin, ist: “fröhlich zu sein in meiner Arbeit”. D.h.: nicht unbescheiden, gutmütig, nicht direkt lügnerisch, im Unglück nicht ungeduldig. Nicht, daß ich diese Forderungen erfüllte! aber ich kann es anstreben. Was aber höher liegt kann, oder will, ich nicht anstreben, ich kann es nur anerkennen & bitten, daß der Druck dieser Anerkennung nicht zu fürchterlich wird, d.h., daß er mich leben läßt, daß er also meinen Geist nicht verdunkle.
      Es muß dazu, gleichsam, durch die Decke, den Plafond, unter dem ich arbeite, über den ich nicht steigen will, ein Licht durchschimmern.