19.2.
 Heute nacht gegen morgen fiel mir ein, daß ich heute den alten Sweater herschenken sollte, den ich mir schon lange vorgenommen hatte, zu verschenken. Dabei aber kam mir auch, gleichsam als Befehl, der Gedanke, ich solle ˇzugleich auch den neuen herschenken den ich mir – übrigens ohne
eigentliches
großes
Bedürfnis – neulich in Bergen gekauft habe (er gefällt mir sehr). Ich war nun über diesen ‘Befehl’
sogleich in einer Art Bestürzung & Empörung, wie so oft in diesen letzten 10 Tagen. Es ist aber nicht, daß ich so sehr an diesem Sweater hänge (obwohl das irgendwie mitspielt), sondern was mich ‘empört’ ist, daß so etwas, & also alles von mir verlangt werden kann; & zwar verlangt, – nicht, daß es als gut oder erstrebenswert empfohlen wird. Die Idee, daß ich verloren sein kann, wenn ich es nicht tue. – Nun könnte man einfach sagen: “Nun, gib ihn nicht her! was weiter?” – Aber wenn ich nun dadurch unglücklich werde? Was heißt denn aber die Empörung? Ist sie nicht eine Empörung gegen Tatsachen? – Du sagst: “Es kann sein, daß von mir das furchtbar Schwerste verlangt wird.” Was heißt das? Es heißt ˇdoch: Es kann sein, daß ich morgen fühle, daß ich meine
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Manuscripte (z.B.) verbrennen muß; d.h., daß, wenn ich sie nicht verbrenne, mein Leben (dadurch) zu einer Flucht wird. Daß ich damit von dem Guten, von der Quelle des Lebens abgeschnitten bin. Und mich eventuell durch allerlei Possen über die Erkenntnis betäube, daß ich
es
verdammt
bin. Und wenn ich sterbe, dann
würde
werden
diese Selbstbeschwindelung ein Ende nehmen.
  Es ist nun ferners das wahr, daß ich nicht durch Überlegungen etwas zu etwas Rechtem machen kann, was mir in meinem Herzen als Possen erscheint. Keine Gründe der Welt könnten ˇz.B. beweisen, daß meine Arbeit wichtig & etwas ist, was ich tun darf & soll, wenn mein Herz – ohne einen Grund – sagt, ich habe sie zu lassen. Man könnte sagen: “Was Possen sind, entscheidet der liebe Gott.” Aber ich will diesen
Ausdruck jetzt nicht gebrauchen. Vielmehr: Ich kann mich, & soll mich, durch keine Gründe überzeugen, daß die Arbeit, z.B., etwas Rechtes ist. (Die Gründe die Menschen mir
sagen
angeben
würden, ˇ– Nutzen, etc – sind lächerlich). – Heißt das nun, oder heißt es nicht, daß meine Arbeit & Alles, was ich sonst genieße, ein Geschenk ist? D.h., daß ich mi nicht darauf ruhen kann, als auf etwas Festem, auch abgesehen davon, daß es mir durch Unfall, Krankheit, etc. genommen werden kann. Oder vielleicht richtiger: Wenn ich nun darauf geruht habe & es für mich etwas Festes war, & es nun nicht mehr fest für mich ist, ˇda ich eine Abhängigkeit fühle, die ich früher nicht gefühlt habe, (ich sage nicht einmal: ich erkennte jetzt eine Abhängigkeit, die ich früher nicht erkannt hatte), so
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habe ich das als Tatsache hinzunehmen. Das was mir fest war, scheint jetzt zu schwimmen & untergehen zu können. Wenn ich sage, ich muß es als Tatsache hinnehmen, so meine ich eigentlich: ich muß mich damit auseinandersetzen. Ich soll nicht darauf mit Entsetzen stieren, sondern glücklich sein dennoch. Und was
bedeutet
heißt
das für mich? – Man könnte ja sagen: “Nimm eine Medizin, damit diese Idee dieser Abhängigkeit vergeht (oder such nach so einer).” Und ich könnte mir natürlich denken, daß sie vorübergehen wird. (Auch etwa durch einen Wechsel der Umgebung.) Und wenn man mir sagte, ich sei jetzt krank, so
ist
wäre
das vielleicht auch wahr. Aber was sagt das? – Das heißt doch: “Flieh diesen Zustand!” Und angenommen, er hörte jetzt sogleich auf, mein Herz hört auf in den Abgrund zu sehen, es kann seine Aufmerk-
samkeit wieder auf die Welt richten, – aber damit ist ja die Frage nicht beantwortet, was ich tun soll, wenn mir das nicht geschieht (denn dadurch, daß ich es wünsche geschieht es nicht). Ich könnte also freilich nach einem Mittel gegen diesen Zustand suchen, aber solange ich das tue, bin ich ja noch in dem Zustand[,| (]weiß auch nicht, ob & wann er aufhören wird) &
soll
muß
also das Rechte, meine Pflicht, tun, wie sie es in meinem gegenwärtigen Zustand ist. (Da ich ja nicht einmal weiß, ob es einen zukünftigen geben wird.) Ich kann also zwar hoffen, daß er sich ändern wird, muß mich aber in ihm jetzt einrichten. Und wie tue ich das? Was habe ich zu tun damit er, so wie er ist, erträglich wird? Welche
Attitude
Stellung
nehme ich zu ihm ein? Die der Empörung? Das ist der Tod! In der Empörung schlage
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ich nur auf mich selbst los. Das ist ja klar! ; wen soll ich denn damit schlagen? Ich muß mich also ergeben. Jeder Kampf dabei ist ein Kampf mit mir selbst; & je stärker ich schlage, desto stärker werde ich geschlagen. Ergeben müßte sich aber mein Herz, nicht ˇeinfach meine Hand. Hätte ich Glauben, d.h., würde ich unverzagt tun wozu die innere Stimme mich auffordert, so wäre dieses Leiden geendet.