¥
⋎
S. 35/2, 3
Falsch, aber kein uninteressantes Denken. Wie ist es, wenn ich eine Bezeichnungsweise festsetze; wenn ich z.B. für den eigenen Gebrauch gewissen Farbtönen Namen geben will? Ich werde das etwa mittels einer Tabelle tun (es kommt immer auf derlei hinaus). Und nun werde ich doch nicht den Namen zur falschen Farbe schreiben (zu der Farbe der ich ihn nicht geben will). Aber warum nicht? Warum soll nicht ‘rot’ gegenüber dem grünen Täfelchen stehen und ‘grün’ gegenüber dem roten, etc.? – Ja, aber dann müssen wir doch wenigstens wissen, daß ‘rot’ nicht das gegenüberliegende 49 Täfelchen meint. –
Aber was heißt es “das wissen”,
außer, daß wir uns etwa
neben der geschriebenen Tabelle noch eine andere vorstellen, in der die
Ordnung richtiggestellt ist. –
“Ja aber dieses Täfelchen ist doch
rot, und nicht dieses!”
–
Gewiß; und das ändert sich ja auch nicht, wie
immer ich die Täfelchen und Wörter setze; und es wäre natürlich falsch,
auf das grüne Täfelchen zu zeigen und zu sagen “dieses ist
rot”.
Aber das ist auch keine Definition, sondern eine Aussage. –
Gut, dann nimmt aber doch unter allen möglichen Anordnungen die
gewöhnliche (in der das rote Täfelchen dem Wort
‘rot’ gegenübersteht) einen ganz besonderen Platz
ein. –
((Da gibt es jedenfalls zwei verschiedene
Fälle: Es kann die Tabelle mit grün
gegenüber ‘rot’
etc. so gebraucht werden,
wie wir die Tabelle in der gewöhnlichen Anordnung gewöhnlich
gebrauchen.
Wir würden also etwa dem, || den, der sie
gebraucht, von dem Wort ‘rot’ nicht auf das
gegenüberliegende Täfelchen blicken sehen, sondern auf das rote, das
schräg darunter steht (aber wir müßten auch diesen
Blick nicht sehen) und finden, daß er dann statt
des Wortes ‘rot’ in einen Ausdruck das rote
Täfelchen einsetzt.
Wir würden dann sagen, die Tabelle sei nur anders angeordnet
(nach einem andern räumlichen Schema), aber sie verbinde die
Zeichen, wie die gewohnte. –
Es könnte aber auch sein, daß der, welcher die
Tabelle benützt, von der einen Seite horizontal zur andern blickt und nun
in irgend welchen Sätzen das Wort ‘rot’ durch ein grünes
Täfelchen ersetzt; aber nicht etwa auf den Befehl “gib mir das
rote Buch” ein grünes bringt, sondern ganz richtig das rote
(d.h. das, welches auch wir ‘rot’
nennen).
Dieser hat nun die Tabelle anders benützt, als der Erste, aber
doch so, daß das
Wort ‘rot’ die gleiche Bedeutung für ihn hatte, wie
für uns.
(Zu einer Tabelle gehört übrigens wesentlich die
Tätigkeit des Nachschauens || Aufsuchens in der Tabelle.)
Es ist nun offenbar der zweite Fall, welcher || der uns interessiert und die Frage ist: kann ein
grünes Täfelchen als Muster der roten Farbe
dienen?
Und da ist es klar, daß dies (in
einem Sinn) nicht möglich
50 ist.
Ich kann mir eine Abmachung denken, wonach Einer, dem ich eine grüne
Tafel zeige und sage, male mir diese Farbe, mir ein Rot malt; wenn ich
dasselbe sage und zeige ihm blau, so hat er gelb zu malen
u.s.w., immer die komplementäre Farbe; und
daher kann ich mir auch denken, daß Einer meinen
Befehl auch ohne eine vorhergehende Abmachung so deutet.
Ich kann mir ferner denken, daß die Abmachung
gelautet hätte “auf den Befehl ‘male mir diese
Farbe’, male immer eine gelblichere, als ich Dir zeige”;
und wieder kann ich mir die Deutung auch ohne Verabredung denken.
Aber kann man sagen, daß einer ein rotes
Täfelchen genau kopiert, indem er einen bestimmten Ton von grün (oder
ein anderes Rot als das des Täfelchens) malt und zwar so, wie
er eine gezeichnete Figur, nach verschiedenen Projektionsmethoden,
verschieden und genau kopieren kann? –
Ist also hier der Vergleich zwischen Farben und Gestalten richtig, und
kann ein grünes Täfelchen einerseits als der Name einer bestimmten
Schattierung von rot stehen und anderseits als ein Muster dieses
Tones? wie ein Kreis als der Name einer bestimmten
Ellipse verwendet werden kann, aber auch als ihr Muster. –
Kann man also dort wie hier von verschiedenen Projektionsmethoden
sprechen, oder gibt es für das Kopieren einer Farbe nur eine
solche: das Malen der gleichen Farbe?
Wir meinen diese Frage so, daß sie nicht dadurch
verneint wird, daß uns die Möglichkeit gezeigt
wird, mittels eines bestimmten Farbenkreises und der
Festsetzung eines Winkels von einem Farbton auf irgend einen andern
überzugehn.
Das, glaube ich, zeigt nun, in wiefern das rote Täfelchen gegenüber dem
Wort ‘rot’ in einem andern Fall ist, als das
grüne.
Übrigens bezieht sich, was wir hier für die
Farben gesagt haben, auch auf die Formen von Figuren, wenn das
Kopieren ein Kopieren nach dem Augenmaß und nicht
eines mittels Meßinstrumenten ist. –
Denken wir uns nun aber doch einen Menschen, der vorgäbe “er
könne die Schattierungen von Rot in Grün kopieren” und auch
wirklich beim Anblick des roten Täfelchens mit allen
(äußeren) Zeichen des genauen
Kopierens einen grünen Ton mischte und so fort bei allen ihm
gezeigten51 roten Tönen.
Der wäre für uns auf derselben Stufe, wie Einer,
der || Diesem || Dem gegenüber wären wir
in der gleichen Lage, wie einer, ¤
der auf die gleiche Weise (auch durch
genaues Hinhorchen) Farben nach Violintönen mischte.
Wir würden in dem Fall sagen:
“Ich weiß nicht, wie er
es macht”; aber nicht in dem Sinne, als verstünden wir nicht die
verborgenen Vorgänge in seinem Gehirn oder seinen Muskeln, sondern, wir
verstehen nicht, was es heißt “dieser
Farbton sei eine Kopie dieses Violintones”.
Es sei denn, daß damit nur gemeint ist,
daß ein bestimmter Mensch
erfahrungsgemäß einen bestimmten Farbton mit
einem bestimmten Klang assoziiert
(ihn zu sehen behauptet, malt,
etc.).
Anderseits wäre ich vielleicht befriedigt, wenn man mir sagte, der Mann
kopiere insofern, als er einen dunkleren Ton || tiefern
Violinton dunkler male & die sieben Töne der Oktav in den
“sieben Farben des Regenbogens”.
Der Unterschied zwischen dieser Assoziation und dem Kopieren, auch
wenn ich selbst beide Verfahren kenne, besteht darin || zeigt sich darin, daß
es für die assoziierte Gestalt keinen Sinn hat, von
Projektionsmethoden zu reden, und daß ich von dem
assoziierten Farbton sagen kann “jetzt fällt mir bei dieser
Farbe (oder diesem Klang) diese Farbe ein, vor 5 Minuten war es
eine andere”.
etc..
Wir könnten auch niemandem sagen “Du hast nicht richtig
assoziiert”, wohl aber “Du hast nicht richtig
kopiert”.
Und die Kopie einer Farbe – wie ich das Wort gebrauche –
ist nur eine; und es hat keinen Sinn, (hier) von
verschiedenen Projektionsmethoden zu reden.)) |
To cite this element you can use the following URL:
BOXVIEW: http://wittgensteinsource.org/BTE/Ts-213,48r[3]et49r[1]et50r[1]et51r[1]et50v[1]_n
RDF: http://wittgensteinsource.org/BTE/Ts-213,48r[3]et49r[1]et50r[1]et51r[1]et50v[1]_n/rdf
JSON: http://wittgensteinsource.org/BTE/Ts-213,48r[3]et49r[1]et50r[1]et51r[1]et50v[1]_n/json