Ich nenne “πn” die Entwicklung von π bis zur n-ten Stelle. Dann kann ich sagen: Welche Zahl π'100 ist, verstehe ich; nicht aber π', weil π ja gar keine Stellen hat, ich also auch keine durch andere ersetzen kann. || Welche Zahl π'100 ist || bedeutet, verstehe ich; nicht aber, (welche) π', weil π ja gar keine Stellen hat, ich also auch keine durch andere ersetzen kann. Anders wäre es, wenn ich z.B. die Division a
5→3
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b als eine Regel zur Erzeugung von Dezimalbrüchen erkläre, durch Division und Ersetzung jeder 5 im Quotienten durch eine 3. Hier kenne ich z.B. die Zahl 1
5→3
:
7. – Und wenn unser Kalkül eine Methode enthält, ein Gesetz der Lagen von 777 in der Entwicklung von π zu berechnen, dann ist nun im Gesetz von π von 777 die Rede, und das Gesetz kann durch die Substitution von 000 für 777 geändert werden. Dann aber ist π' etwas anderes, als das, was ich oben definiert habe; es hat eine andere Grammatik, als die von mir angenommene. In unserm Kalkül gibt es keine Frage, ob π gleich oder größer ist als π' || ob π π' ist oder nicht und keine solche Gleichung oder Ungleichung. π' ist mit π unvergleichbar. Und zwar kann man nun nicht sagen “noch unvergleichbar”, denn, sollte ich einmal etwas π' Ähnliches konstruieren, das mit π vergleichbar ist, dann wird das eben darum nicht mehr π' sein. Denn π' sowie π sind ja Bezeichnungen für ein Spiel, und ich kann nicht sagen, das Damespiel werde noch mit weniger Steinen gespielt als das Schach, da es sich ja einmal zu einem Spiel mit 16 Steinen entwickeln könne. Dann wird es nicht mehr das sein, was wir “Damespiel” nennen. (Es sei denn, daß ich mit diesem Wort gar nicht ein Spiel bezeichne, sondern etwa eine Charakteristik mehrerer Spiele; und auch diesen Nachsatz kann man auf π' und π anwenden.) Da es nun ein Hauptcharakteristikum einer Zahl ist, mit andern Zahlen vergleichbar zu sein, so ist die Frage, ob man π' eine Zahl nennen soll und ob eine reelle Zahl; wie immer man es aber nennt, so ist das Wesentliche, daß π' in einem andern Sinne Zahl ist, als π. – Ich kann ja auch ein Intervall einen Punkt nennen; ja es kann einmal
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praktisch sein, das zu tun; aber wird es nun einem Punkt ähnlicher, wenn ich vergesse, daß ich hier das Wort “Punkt” in doppelter Bedeutung gebraucht habe?
     Es zeigt sich hier klar, daß die Möglichkeit der Dezimalentwicklung π' nicht zu einer Zahl im Sinne von π macht. Die Regel für diese Entwicklung ist natürlich eindeutig, so eindeutig, wie die für π oder √2, aber das ist kein Argument dafür, daß π' eine reelle Zahl ist; wenn man die Vergleichbarkeit mit andern reellen Zahlen || mit rationalen Zahlen für ein wesentliches Merkmal der reellen Zahl nimmt. Man kann ja auch von dem Unterschied zwischen den rationalen und den irrationalen Zahlen abstrahieren, aber der Unterschied verschwindet doch dadurch nicht. Daß π' eine eindeutige Regel zur Entwicklung von Dezimalbrüchen ist, bedeutet || konstituiert natürlich eine Ähnlichkeit zwischen π' und π oder √2; aber auch ein Intervall hat Ähnlichkeit mit einem Punkt, etc.. Allen Irrtümern, die in diesem Kapitel der Philosophie der Mathematik gemacht werden, liegt immer wieder die Verwechslung zu Grunde zwischen internen Eigenschaften einer Form (der Regel als Bestandteil des Regelverzeichnisses) und dem, was man im gewöhnlichen Leben “Eigenschaft” nennt (rot als Eigenschaft dieses Buches). Man könnte auch sagen; die ﹖– Widersprüche und Unklarheiten –﹖ werden dadurch hervorgerufen, daß die Mathematiker || Menschen einmal unter einem Wort, z.B. “Zahl”, ein bestimmtes Regelverzeichnis verstehen, ein andermal ein variables Regelverzeichnis; so als nennte ich “Schach” einmal das bestimmte Spiel, wie wir es heute spielen, ein andermal das Substrat einer bestimmten historischen Entwicklung.