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     Je genauer wir aber die tatsächliche Sprache uns ansehen, desto stärker wird der Widerstreit zwischen ihr und unsrer Forderung. (Die Kristallreinheit der Logik hatte sich mir ja nicht ergeben,
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sondern sie war ja eine Forderung.) Der Widerstreit wird unerträglich; die Forderung droht nun zu etwas Leerem zu werden. – Wir sind aufs Glatteis geraten, wo die Reibung fehlt, also die Bedingungen in gewissem Sinne ideal sind, aber wir eben deshalb auch nicht gehen können. Wir wollen gehen; dann brauchen wir die Reibung. Zurück auf den rauhen Boden!
     Hier erkennen wir nun, daß, was wir “Satz”, “Sprache”, nennen, nicht die formelle Einheit ist, die ich mir vorstellte, sondern die Familie mehr oder weniger miteinander verwandter Gebilde. – Was aber wird nun aus der Logik? Ihre Strenge scheint hier aus dem Leim zu gehen. – Verschwindet sie damit aber nicht ganz? – Denn wie kann die Logik ihre Strenge verlieren?! Natürlich nicht dadurch, daß man ihr etwas von ihrer Strenge abhandelt. – Das Vorurteil der Kristallreinheit kann nur so beseitigt werden, daß wir unsere ganze Betrachtung drehen. Und dadurch jene Reinheit eine andere Stelle erhält. (Man könnte sagen: die Betrachtung muß gedreht werden, aber um unser eigentliches Bedürfnis als Angelpunkt.)