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Wie würden wir mit der Wahrheit in Konflikt
geraten, wenn unsere Zollstäbe aus ˇsehr weichem Gummi wären, statt aus Holz und Stahl? – “Nun, wir würden nicht das richtige Mass des Tisches kennen lernen.” – Du meinst, wir würden nicht, oder nicht zuverlässig, die Masszahl erhalten, die wir mit unsern harten Massstäben erhalten. Der wäre also im Unrecht, der den Tisch mit dem dehnbaren Massstab gemessen hätte und behauptetˇe, er mässe nun 1.80 m nach unserer gewöhnlichen Messart; sagt er aber bloss, der Tisch misst 1.80 m nach
der seinen
seiner Messart
, so
ist das richtig
stimmt das
. – “Aber das ist dann doch überhaupt kein Messen!” –
Es ist unserm Messen ähnlich & kann unter
Gewiss, es ist nicht, was wir ‘messen’ nennen; kann aber unter
Umständen auch ‘praktische Zwecke’ erfüllen. (Ein Kaufmann könnte auf diese Weise verschiedene Kunden verschieden behandeln.)
           Einen Massstab, der sich bei
geringer
der
Erwärmung ausserordentlich stark ausdehnte, würden wir/– unter gewöhnlichen Umständen/– deshalb un unbrauchbar nennen. Wir könnten uns aber Verhältnisse denken, in denen gerade dies das Erwünschte wäre. Ich stelle mir vor, dass wir ˇnehmen die Ausdehnung mit freiem Auge wahrnehmen; und ˇwir legen Körpern in Räumen von ungleicher Temperatur die gleiche Masszahl der Länge beilegen, wenn sie auf dem Massstab, der fürs Auge bald länger bald kürzer ist, gleich weit reichen.
           Man kann dann sagen: Was hier “messen” und “L[ae|ä]nge” und “längengleich” heisst, ist etwas Anderes, als was wir so nennen. Der Gebrauch dieser Wörter ist hier ein anderer, als der unsere; aber er ist mit ihm verwandt, und auch wir gebrauchen diese Wörter auf vielerleiiel Weise.
           Plinius sagte, es sei eine Eigenschaft der Zahlen, dass ˇimmer nach je zehn eine höhere Art beginne. (Die logische Struktur der Welt. –)