In dem Folgenden teile ich veröffentliche ich Gedanken mit, die die Ergebnisse den Niederschlag philosoph[|i]scher Untersuchungen der die mich in dem letzten 16 Jahre sind beschäftigt haben. Sie betreffen viele Gegenstände: Den Begriff der Bedeutung, des Verstehens, des Satzes, der Logik, die Grundlagen der Mathematik, die Bewußtseinzustände und Anderes. Ich habe alle diese Gedanken als Bemerkungen, kurze Absätze, niedergeschrieben. Manchmal in längeren Ketten, über den gleichen Gegenstand, manchmal in raschem Wechsel von einem Gebiet zum andern überspringend. – Meine Absicht war es von Anfang, alles dies einmal in einem Buche zusammenzufassen, von dessen Form ich mir zu verschiedenen Zeit en verschiedene Vorstellungen machte. Wesentlich aber schien es mir, daß darin die Gedanken von einem Gegenstand zum andern in einer natürlichen und lückenlosen
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Folge fortschreiten sollten.
      Nach manchen misglückten Versuchen, meine Ergebnisse zu einem solchen Ganzen zusammenzuschweißen, sah ich ein, daß mir dies nie gelingen würde. Daß das [B|b]este, was ich schreiben konnte, immer nur philosophische Bemerkungen bleiben würden
Daß
; daß
meine Gedanken bald erlahmten, wenn ich versuchte, sie, gegen ihre natürliche Neigung, in einer Richtung weiterzuzwingen. ‒ ‒ Und dies hing freilich auch mit der Natur der Untersuchung selbst Untersuchung selbst zusammen. Sie nämlich zwingt uns, ein weites Gedankengebiet, kreuz und quer, nach allen Richtungen hin zu durchreisen. – Die philosophischen Bemerkungen dieses Buches sind gleichsam eine Menge von Landschaftskizzen, die auf diesen langen und verwickelten Fahrten entstanden sind.
      Die gleichen Punkte, oder beinahe die gleichen, wurden stets von neuem von verschiedenen Richtungen her berührt und immer neue Bilder entworfen. Eine Unzahl dieser war verzeichnet, oder uncharakteristisch, mit allen Mängeln eines schwachen Zeichners behaftet. Und wenn man diese ausschied, blieb eine Anzahl halbwegser übrig, die nun so angeordnet, oftmals beschnitten, werden mußten, daß sie dem Betrachter ein Bild der Landschaft geben konnten. – So ist also dieses Buch eigentlich nur ein Album.
      Ich hatte bis vor Kurzem den Gedanken an eine Veröffentlichung
meiner
der
Arbeit bei meinen Lebzeiten eigentlich aufgegeben. Er wurde allerdings von Zeit zu Zeit rege gemacht, und zwar hauptsächlich dadurch, daß ich erfahren mußte, daß meine Er-
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gebnisse, die ich in Vorlesungen, Skripten und Diskussionen weitergegeben hatte, vielfach misverstanden, mehr oder weniger verwässert, oder verstümmelt im Umlauf waren. Hierdurch wurde meine Eitelkeit
aufgestachelt
gereizt
und ich hatte immer wieder Mühe, sie zu beruhigen.
      Vor
vier
zwei
Jahren
nun
aber
hatte ich Veranlassung, mein erstes Buch (die “Logisch-philosophische Abhandlung”) wieder zu lesen und seine Gedanken zu erklären. Da schien es mir plötzlich, daß ich jene alten Gedanken und die neuen zusammen veröffentlichen sollte: daß diese nur durch den Gegensatz und auf dem Hintergrund meiner ältern Denkweise ihre rechte Beleuchtung erhalten könnten.
      Seit ich nämlich vor 16 Jahren mich wei wieder mit Philosophie zu beschäftigen anfing, mußte ich schwere Irrtümer in dem erkennen, was ich in jenem ersten Buche niedergelegt hatte. Diese Irrtümer einzusehen, hat mir – in einem Maße, das ich kaum selbst zu beurteilen vermag – die Kritik geholfen, die meine Ideen durch Frank Ramsey erfahren haben,– mit welchem ich sie, während der zwei letzten Jahre seines Lebens in zahllosen Gesprächen erörtert habe. – Mehr noch als dieser – stets kraftvollen und sichern – Kritik verdanke ich derjenigen, die ein Lehrer dieser Universität, Herr P. Sraffa, durch viele Jahre, unablässig an meinen Gedanken geübt hat. Diesem Ansporn verdanke ich die folgereichsten der Ideen diese Schrift.
      Aus mehr als einem Grunde wird, was ich hier ver-
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öffentliche, sich mit dem berühren, was Andere heute schreiben. – Tragen meine Bemˇerkungen keinen Stempel an sich, der sie als die meinen kennzeichnet, so will ich sie auch weiter nicht als mein Eigentum beanspruchen.
      Ich übergebe sie mit zweifelhaften Gefühlen der Öffentlichkeit. Daß es dieser Arbeit in ihrer Dürftigkeit und der Finsternis dieser Zeit beschieden sein sollte, Licht in ein oder das andere Gehirn zu werfen, ist nicht unmöglich,– aber
freilich
auch
nicht wahrscheinlich.
      Ich möchte nicht mit meiner Schrift Andern das Denken ersparen. Sondern, wenn es möglich wäre, jemand zu eigenen Gedanken anregen.
       Daß dieses Buch nicht gut ist, weiß ich. Aber ich glaube, daß die Zeit, in der es von mir verbessert werden könnte, vorüber ist. Ich hätte gerne eine gutes Buch hervorgebracht, ja ein sehr gutes; aber es ist nicht so ausgefallen. Und die Zeit ist vorbei, ˇIch hätte gerne ein gutes Buch hervorgebracht. Es ist nicht so ausgefallen; aber die Zeit ist vorbei, …
                      
Cambridge, im Januar 1945.