79.
Betrachte dieses Beispiel: Wenn man sagt,
“Moses hat nicht
existiert”, so kann das Verschiedenerlei bedeuten.
Es kann heißen: die Israeliten haben nicht
einen Führer gehabt, als sie aus
Ägypten ausgezogen sind || auszogen– – oder: ihr Führer hat nicht
Moses geheißen – –
oder: es hat keinen Menschen
gegeben, der alles das vollbracht hat, was die Bibel – 66 – von
Moses berichtet – –
etc., etc..– Nach
Russell können wir
sagen: der Name
“Moses” kann durch
verschiedene Beschreibungen definiert werden.
Z.B. als: “der Mann, welcher
die Israeliten durch die Wüste geführt
hat”, “der Mann, welcher zu dieser Zeit und an diesem
Ort gelebt hat und damals
‘Moses’ genannt
wurde”, “der Mann, welcher als Kind von der
Tochter Pharaos aus dem
Nil gezogen wurde”, etc..
Und je nachdem wir die eine, oder andere Definition
annehmen, bekommt der Satz
“Moses hat existiert”
einen andern Sinn, und ebenso jeder andere Satz, der von
Moses handelt. – Und
wenn man uns sagt, “N hat nicht
existiert”, fragen wir auch: “Was meinst
du? Willst du sagen, daß … , oder daß … ,
etc.?”
Aber wenn ich nun eine Aussage über Moses mache;,– bin ich immer bereit, irgend eine dieser Beschreibungen für “Moses” zu setzen? Ich werde etwa sagen: Unter “Moses” verstehe ich den Mann, der getan hat, was die Bibel von Moses berichtet, oder doch vieles davon. Aber wievieles? Habe ich mich entschieden, wieviel sich als falsch erweisen muß, damit ich meinen Satz als falsch aufgebe? Hat also der Name “Moses” für mich einen festen und eindeutig bestimmten Gebrauch in allen möglichen Fällen? – Ist es nicht so, daß ich sozusagen eine ganze Reihe von Stützen in Bereitschaft habe, und bereit bin, mich auf eine zu stützen, wenn mir die andere entzogen werden sollte, und umgekehrt? – – Betrachte noch einen andern Fall. Wenn ich sage “N ist gestorben”, so kann es mit der Bedeutung des Namens “N” etwa diese Bewandtnis haben: Ich glaube, – 67 – daß ein Mensch gelebt
hat, den ich (1) dort und dort gesehen habe, der
(2) so und so ausgeschaut hat (Bilder), (3) das
und das getan hat und (4) in der bürgerlichen Welt
diesen Namen “N” führt. –
Gefragt, was ich unter “N” verstehe,
würde ich alles das, oder einiges davon, und bei verschiedenen
Gelegenheiten Verschiedenes, aufzählen. Meine
Definition von “N” wäre also
etwas: “der Mann, von dem alles das || das alles stimmt”. –
Aber wenn sich nun etwas davon als falsch
erwiese! – Werde ich bereit sein, den
Satz “N ist gestorben” für falsch zu
erklären,– auch wenn nur etwas mir nebensächlich
scheinendes sich als falsch herausstellt? Wo aber ist
die Grenze des Nebensächlichen? –
Hätte ich in so einem Fall eine Erklärung des Namens
gegeben, so wäre ich nun bereit, sie abzuändern.
Und das kann man so ausdrücken: Ich gebrauche den Namen “N” ohne feste Bedeutung. (Aber das tut seinem Gebrauch so wenig Eintrag, wie dem eines Tisches, daß er auf vier Beinen ruht, statt auf dreien, und daher unter Umständen wackelt.) Soll man sagen, ich gebrauche ein Wort, dessen Bedeutung ich nicht kenne, rede also Unsinn? – Sage, was du willst, solange dich das nicht hindert || verhindert, zu sehen, wie es sich verhält. (Und wenn du das siehst, wirst du manches nicht sagen.) (Das Schwanken wissenschaftlicher Definitionen: Was heute als erfahrungsmäßige Begleiterscheinung des Sachverhaltes || Phänomens A gilt, wird morgen zur Definition – 68
– von “A”
benützt.) |
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