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      F. P. Ramsey hat einmal im Gespräch mit mir betont, die Logik sei eine “normative Wissenschaft”. Genau welche Idee ihm dabei vorgeschwebte hat, weiß ich nicht; sie war aber zweifellos eng verwandt mit der, die mir erst später aufgegangen ist: daß wir nämlich in der Philosophie den Gebrauch der Wörter oft mit Spielen, Kalkülen nach festen Regeln, vergleichen, aber nicht sagen können, wer die Sprache gebraucht, müsse ein solches Spiel spielen. ‒ ‒ Sagt man nun aber, daß unser sprachlicher Ausdruck sich solchen Kalkülen nur nähert, so steht man damit unmittelbar am Rande eines Mißverständnisses. Denn so kann es scheinen, als redeten wir in der Logik von einer idealen
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Sprache. Als wäre unsre Logik eine Logik, gleichsam, für den luftleeren Raum. Während die Logik doch nicht von der Sprache – bezw. vom Denken – handelt in dem Sinne, wie eine Naturwissenschaft von einer Naturerscheinung, und man höchstens sagen kann, wir konstruierten ideale Sprachen. Aber hier wäre das Wort ‘ideal’ irreführend, denn
das klingt
es schiene also
, als wären diese Sprachen besser, vollkommener, als unsere Umgangssprache; und als brauchte es den Logiker, damit er den Menschen endlich zeigt, wie ein richtiger Satz ausschaut.
      All das kann aber erst dann im rechten Licht erscheinen, wenn manch wir ˇman über die Begriffe Ideen des Verstehens, Meinens und Denkens ˇgrößere Klarheit gewonnen haben. Denn dann wird auch klar werden, was ˇuns dazu verleiten kann (ˇund mich verleitet hat) zu denken, daß, wer einen Satz ausspricht und ihn meint meint meint, oder versteht versteht versteht, damit einen Kalkül betreibt, nach bestimmten Regeln.