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      Es ist hier nützlich, sich zu überlegen, was man über ein Phänomen, wie das folgende, sagt:
Die Figu[t|r] F einmal als F, einmal als sein Spiegelbild sehen.
      Nun will ich fragen: Worin besteht es, die Figur einmal so, einmal anders sehen? – Sehe ich wirklich jedesmal etwas anderes? oder deute ich nur, was ich sehe, auf verschiedene Weise? – Ich bin geneigt, das erste zu sagen. Aber warum? Nun, Deuten ist eine Handlung. Es kann z.B. darin bestehen, daß Einer sagt “Das soll ein F sein”; oder daß er's nicht sagt, aber das Zeichen beim Kopieren durch ein F ersetzt; oder sich überlegt: “[w|W]as mag das wohl sein? Es wird ein F sein, das dem Schreiber misglückt ist.” – Sehen ist keine Handlung, sondern ein Zustand. Und wenn ich es nie für etwas,
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anderes als ein F gehalten, mir nie überlegt habe, was es wohl sein mag, so wird man sagen, ich sehe das Zeichen als F; wenn es sich auch anders sehen l man nämlich weiß, daß es sich auch anders sehen läßt.
      Wie ist man denn überhaupt zu dem Begriff des ‘Etwas als Etwas sehen’ gekommen? Bei welchen Gelegenheiten war für ihn ein Bedürfnis? // Bedarf // (Sehr häufig in der Kunst.) Dort überall, wo es sich um ein Phrasieren durchs Aug oder Ohr handelt. Wir sagen “Du mußt diese Takte als Einleitung hören,” “[d|D]u mußt nach dieser Tonart hin hören”, “Wenn man diese Figur einmal als … gesehen hat, ist es schwer, sie anders zu sehen”, etc. etc. “ich höre das Fran französische ‘ne … pas’ als zweiteilige Verneinung, aber nicht als ‘nicht ein Schritt’” // ‘nicht einmal ein Schritt’” // , etc. etc.. Ist es nun ein wirkliches Sehen oder Hören? Nun: so nennen wir es; mit diesen Worten reagieren wir in bestimmten Situationen. Und auf diese Worte reagieren wir wieder durch bestimmte Handlungen.