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      Aber ist nicht ein Zusammenhang zwischen dem grammatischen ‘privat sein’ der Gedanken und der Tatsache, daß wir im allgemeinen die Gedanken des Andern nicht erraten koennen, ehe er sie ausspricht. Es gibt doch ein Gedankenerraten in dem Sinne, daß Einer mir sagt: “Ich weiss, was Du [n|j]etzt gedacht hast” (oder “woran Du jetzt gedacht hast”) und ˇich zugeben muss, er habe meine Gedanken richtig erraten. Und dies kommt doch tatsaechlich sehr selten vor. Ich sitze oft, ohne zu reden, mehrere Minuten lang in meiner Klasse, und Gedanken gehen mir durch den Kopf; aber keiner meiner Hoerer koennte wohl erraten, was ich bei mir gedacht habe. Es waere doc aber doch auch moeglich, daß sie Einer erriete und aufschriebe, so als haette ich sie ausgesprochen. Und zeigte er mir das Geschriebene, so muesste ich sagen “Ja, ganz das habe ich mir gedacht.” – Und hier waere z.B. die Frage unentscheidbar: ob ich mich auch nicht irre; ob ich wirklich das gedacht hatte, oder nur, von seiner Niederschrift beeinflusst, mir nun fest einbilde, gerade
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dies gedacht zu haben.
      Und das Wort “unentscheidbar” gehoert zur Beschreibung des Sprachspiels.