64.
Es ist hier nützlich, sich zu überlegen, was man über ein Phänomen, wie
das folgende, sagt: die Figur
einmal als F,
einmal als sein Spiegelbild sehen.
Nun will ich fragen: Worin besteht es, die Figur einmal so,
einmal anders sehen? –
Sehe ich wirklich jedesmal etwas anderes?
Oder
deute ich nur, was ich sehe, auf verschiedene
Weise? –
Ich bin geneigt, das erste zu sagen.
Aber warum Nun, Deuten ist eine Handlung.
Es kann z.B. darin bestehen, daß Einer
sagt: “Das soll ein F sein”; oder daß
er's nicht sagt, aber das Zeichen beim Kopieren durch ein
F ersetzt; oder sich überlegt: “Was mag das
wohl sein?
Es wird ein F sein, das dem Schreiber mißglückt
ist.” –
Sehen ist keine Handlung, sondern ein Zustand.
Und wenn ich
es || das Zeichen
nie für etwas anderes, als ein F gehalten, mir nie überlegt habe,
was es wohl sein mag, so wird man sagen, ich
sehe das
Zeichen als ein F; wenn man nämlich weiß, daß es sich auch anders
sehen läßt.
Wie ist man denn überhaupt zu dem Begriff des ‘Etwas als
Etwas sehen’ gekommen?
Bei welchen Gelegenheiten war für ihn ein Bedürfnis?
(Sehr häufig in ästhetischen Betrachtungen.)
Dort überall, wo es sich um ein Phrasieren durchs Aug und Ohr
handelt.
Wir sagen “Du mußt diese Takte als Einleitung
hören”, “Du mußt nach dieser Tonart
hinhören”, “Wenn man diese Figur einmal als
… gesehen hat, ist es schwer, sie anders zu sehen”,
“Ich höre das franzö
sische– 18
–
‘ne … pas’
als zweiteilige Verneinung, aber nicht
als || in der
Bedeutung ‘nicht ein Schritt’”,
etc..
Ist es nun ein wirkliches Sehen oder Hören?
Nun: so nennen wir es; mit diesen Worten reagieren wir in
bestimmten Situationen.
Und
auf diese Worte reagieren wir wieder durch bestimmte
Handlungen.
(
⇒268﹖)