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     Auf die Idee des Bildwesens, welche nicht unähnlich einer mathematischen Idee ist, komme ich durch gewisse Darstellungsweisen, unter gewissen Umständen. Wenn jemand ein von mir geschriebenes Blatt sieht, so wird er, wenn er Lateinschrift lesen und schreiben kann, es leicht ziemlich genau kopieren können. Er braucht es nur lesen und wieder schreiben. Trotz der Abweichungen der Handschrift wird er mit Leichtigkeit ein halbwegs
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gutes Bild der Linien auf meinem Blatte hervorbringen. Hätte er Lateinschrift nicht lesen und schreiben gelernt, so wäre es ihm nur mit größter Mühe gelungen, jene verschlungenen Linien zu kopieren. Sollen ich nun sagen: wer dies gelernt hat, sähe das beschriebene Blatt ganz anders als eine Anderer? – Was wissen wir davon? Es könnte ja sein, daß wir Einem, ehe er schreiben und lesen gelernt hatte jenes Blatt zu kopieren gab; und dann wieder, nachdem er schreiben und lesen gelernt hatte. Und er wird uns dann vielleicht sagen: “Ja, jetzt sehe ich diese Linien ganz anders.” Er wird auch vielleicht erklären: “Jetzt sehe ich eigentlich nur die Schrift, die ich gerade lese.; alles andere ist Drum und Dran, was mich nichts angeht und ich kaum bemerke.” Nun, das heißt: er sieht das Bild anders – wenn er nämlich wirklich auch anders darauf reagiert.
     Ebenso wird, wer lesen gelernt hat, von dem Blatt, das nach der Länge und Quere beschrieben ist, einen andern Bericht geben können, als wer nicht lesen kann. Und Analoges gilt vom Sprechen und den begleitenden Geräuschen.