386.
     Man ist versucht, Regeln der Grammatik durch Sätze zu rechtfertigen von der Art “Aber es gibt doch wirklich vier primäre Farben”. Und gegen die Möglichkeit dieser Rechtfertigung, die nach dem Modell der Rechtfertigung eines Satzes durch den Hinweis auf seine Verifikation gebaut ist, richtet sich das Wort, daß die Regeln der Grammatik willkürlich sind.
     Kann man aber nicht doch in irgendeinem Sinne sagen, daß die Grammatik der Farbwörter die Welt, wie sie tatsächlich ist, charakterisiert? Man möchte sagen: Kann ich nicht wirklich vergebens nach einer fünften primären Farbe suchen? Nimmt man nicht die primären Farben zusammen, weil sie eine Ähnlichkeit haben; oder zum mindesten die Farben, im Gegensatz z.B. zu den Formen oder Tönen, weil sie eine Ähnlichkeit haben? Oder habe ich, wenn ich diese Einteilung der Welt als die richtige hinstellte, schon eine vorgefaßte Idee als Paradigma im Kopf? Von der ich dann etwa nur sagen kann: “Ja, das ist die Art, wie wir die Dinge betrachten”, oder “Wir wollen eben ein solches Bild machen”. Wenn ich nämlich sage: “die primären Farben haben doch eine bestimmte Ähnlichkeit miteinander” – woher nehme ich den Begriff dieser Ähnlichkeit? Ist nicht so, wie der Begriff ‘primäre Farbe’ nichts andres ist, als ‘blau oder rot oder grün oder gelb’, – auch der Begriff jener Ähnlichkeit nur durch die vier Farben gegeben? Ja, sind sie nicht die gleichen? – “Ja, könnte man denn auch rot, grün und kreisförmig zusammenfassen?” – Warum nicht?!
69