Die oben beschriebene Auffassung der
Bedeutung könnte man treffend durch folgendes Bild
darstellen: es
scheint || erscheint uns, als wäre das Wort eine sichtbare
Fläche eines Bedeutungskörpers.
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(Gleichnis von unsichtbaren Glaskörpern,
die auf einer Seite rot bemalt sind. Die Gestalt der
Körper hinter der F
läche bestimmt, so scheint
es, die Möglichkeit der Zusammenstellung der roten
Fläche.)
Mit anderen Worten,
es scheint die Geometrie eines Körpers in dem
Körper zu liegen. Man scheint sie aus ihm ablesen
zu können. Kann man die Geometrie eine
s
Würfels aus einem Holzwürfel ablesen oder aus der
Abbildung eines Würfels?
We
lche Rolle spielt denn die Abbildung
eines Würfels in der Geometrie? Sie ist das
Gemeinsame der Abbildungen, welche zur Geometrie des Würfels
gehören, nicht die Klasse ihrer Abbildungen.
Spricht die Geometrie von Würfeln? Sagt sie,
daß die Würfelform gewisse Eigenschaften
habe? Was könnte man eine Eigenschaft der
Würfelform nennen? Doch wohl das, was
ein w
ahrer Satz von ihr
aussagt, also wohl etwa, daß mein
Haus würfelförmi
g ist. Welcher
Satz behauptet eine Eigenschaft der Zahl 1? Der,
daß ich nur 1 Groschen in der Tasche habe,
aber nicht der, daß eins und eins zwei
sind. Das letztere ist eine Regel der Anwendung des
Wortes eins. So spricht die Geometrie nicht vom
Würfel, sondern konstituiert die Bedeutung des Wortes
“Würfel” usw. Die
Geometrie sagt nun z.B.
, die Kanten
eines Würfels sind gleich lang und nichts liegt näher als
die Verwechslung der Grammatik dieses Satzes mit der des
Satzes “die Seiten des Holzwürfels sind gleich
lang”. Und doch ist das eine eine
willkürliche gram
matische Regel, das andere ein
Erfahrungssatz. Merkt man nun,
daß der erste Satz kein Erfahrungssatz sei,
so mi
ßversteht man seine
Grammatik dahin, daß er nicht von einem
wirklichen Würfel handelt, doch aber von einem Würfel,
von einem idealen, dem geometrischen Würfel.
Dieses Mißverständnis ist von genau
derselben Art wie dasjenige, welches die Möglichkeit als eine
schattenhafte Wirklichkeit auffaßt und die
Fähigkeit, etwas zu tun, als ein schattenhaftes Tun.
So sagt man wirklich in der Geometrie statt
“z
wischen zwei Punkten
läßt sich eine Gerade
ziehen”, “je zwei Punkte liegen auf einer
Geraden”. Damit hängt auch
Nietzsches
Begründung der ewigen Wiederkehr zusammen; denn er
sagte: “Was geschehen kann,
muß einmal geschehen sein.”
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